B-VG Art133 Abs4
Forstgesetz 1975 §17
NÖ ElWG 2005 §2 Abs1
NÖ NSchG 2000 §10
NÖ NSchG 2000 §18 Abs4
NÖ NSchG 2000 §7 Abs2
UVP-G 2000 §17 Abs2
UVP-G 2000 §17 Abs5
UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §6 Abs1
UVP-G 2000 §6 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W104.2234617.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Katharina David und den Richter Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerde der Umweltorganisation XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Genehmigungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30.6.2020, Zl. WST1-U-922/038-2020, mit dem der XXXX und der XXXX (im Folgenden: Projektwerberinnen), vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH, die Genehmigung für das Vorhaben „Windpark Paasdorf“ erteilt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Die von den Projektwerberinnen während des Beschwerdeverfahrens eingereichten Unterlagen
Spezifizierung der Ersatzaufforstungen und der Lenkungsflächen für den Rotmilan, übermittelt mit Schreiben der Projektwerberinnen vom 12.11.2020 (OZ 6) und
Beschreibung der Nachsorgemaßnahmen bei Rückbau des Vorhabens, Beilage 1 (S. 1-3) der Beschwerdebeantwortung vom 18.9.2020 (OZ 4)
bilden einen untrennbaren Bestandteil dieses Erkenntnisses. Die Genehmigung des Vorhabens erfolgt auf Grundlage dieser Projektunterlagen.
B)
Die Revision ist zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Behördliches Verfahren:
Mit Schriftsatz vom 6.12.2017 brachten die Projektwerberinnen bei der belangten Behörde den Antrag auf Durchführung eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens und Erteilung einer Genehmigung gemäß § 17 UVP-G 2000 für das Vorhaben der Errichtung und des Betriebes des „Windparks Paasdorf“, bestehend aus sechs Windenergieanlagen (= Windkraftanlagen, WKA) der Type Vestas V136 mit einer Engpassleistung von je 3,45 MW und einer Nabenhöhe von 166 m, im Gebiet der Stadtgemeinde Mistelbach ein. Dem Antrag waren nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderliche Unterlagen und die Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) angeschlossen.
Die belangte Behörde erteilte den Projektwerberinnen mit Schreiben vom 20.12.2017 den Verbesserungsauftrag, die Unterlagen für die Fachbereiche Bautechnik, Eisabfall, Grundwasserhydrologie, Lärmschutz, Luftfahrttechnik, Maschinenbautechnik und Naturschutz/Ornithologie zu ergänzen.
Mit Schriftsatz vom 30.11.2018 änderten die Projektwerberinnen ihren Genehmigungsantrag vom 6.12.2017 insbesondere dahingehend ab, dass nunmehr die Genehmigung der Errichtung und Betreibung von sieben WKA, davon sechs der Type Vestas V150 mit einer Engpassleistung von 4,2 MW, einem Rotordurchmesser von 150 m und einer Nabenhöhe von 166 m und eine der Type Vestas V136 mit einer Engpassleistung von 4,2 MW, einem Rotordurchmesser von 136 m und einer Nabenhöhe von 166 m, beantragt wurde. Dem Änderungsantrag war ein Konvolut an Einreichunterlagen angeschlossen.
Im Dezember 2018 wurde den mitwirkenden Behörden, dem Arbeitsinspektorat, der Standortgemeinde, der NÖ Umweltanwaltschaft, dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) sowie den von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen die UVE zur Stellungnahme bzw. die Projektunterlagen zur Überprüfung auf Vollständigkeit übermittelt.
Mit Schreiben vom 12.3.2019 erteilte die belangte Behörde den Projektwerberinnen neuerlich einen Verbesserungsauftrag und trug ihnen die Vorlage ergänzender Projektunterlagen auf. Die Projektwerberinnen kamen diesem Verbesserungsauftrag mit Urkundenvorlage vom 17.7.2019 nach.
Nach öffentlicher Auflage der Vorhabensunterlagen gemäß §§ 44a und 44b AVG mit der Möglichkeit, zum Vorhaben Stellung zu nehmen, und der Erstellung von Teilgutachten durch damit beauftragte Sachverständige und einer zusammenfassenden Bewertung der Umweltauswirkungen wurde am 25.5.2020 von der Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die Behörde den Projektwerberinnen die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Vorhabens „Windpark Paasdorf“.
2. Beschwerde:
Gegen diesen Bescheid brachte die im Spruch angeführte Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde ein, in der geltend gemacht wurde:
Zum behördlichen Verfahren:
– Die im Bescheid vorgesehenen Maßnahmen zur Hintanhaltung bzw. Minimierung der Beeinträchtigungen bzw. Gefahren der Schutzgüter (zB. Pflanzen, Tiere, Boden, Wasserhaushalt, Landschaft, Landschaftsbild) seien unzureichend;
– es liege ein erheblicher Verfahrensfehler vor, da die UVE zum gegenständlichen Vorhaben zahlreiche gesetzlich vorgegebene Angaben bzw. Beschreibungen (etwa zum Raumbedarf der Fundamente, zu den für die Rotorblätter verwendeten Materialien und deren Recyclebarkeit, zu den Emissionen und Immissionen beim Betrieb der WKAn, zu anderen geprüften realistischen Lösungsmöglichkeiten, etc.) nicht enthalte und unvollständig sei;
– die Behörde habe bei der Anberaumung und Durchführung der mündlichen Verhandlung die Bestimmung des § 3 COVID-19-VwBG missachtet und der Beschwerdeführerin entgegen § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG nicht die Möglichkeit gegeben, unter Verwendung von technischen Einrichtungen zu Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen, wodurch die Beschwerdeführerin ihre Argumente und Bedenken nicht vortragen und die Durchführung eines Lokalaugenscheins nicht beantragen habe können;
– in der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2020 sei nicht auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin eingegangen worden, wodurch die Behörde gegen § 44 Abs. 2 AVG verstoßen habe; insgesamt habe das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2020 nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen;
– die Behörde habe das der Beschwerdeführerin zu gewährende Parteiengehör missachtet und ihr nicht alle Gutachten, Teilgutachten und sonstigen relevanten Schriftstücke übermittelt bzw. sei eine Zustellung per E-Mail unzulässig und keine rechtsgültige Zustellung mit Zustellnachweis erfolgt;
– die beigezogenen Sachverständigen für Landschaftsbild/Raumordnung/Ortsbild (DI Thomas Knoll) und für Naturschutz/Ornithologie (Dr. Hans Peter Kollar) seien weder Amtssachverständige, noch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige und würden nicht auf gleicher fachlicher Ebene agieren, weshalb die Beschwerdeführerin diese ablehne;
– die zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen widerspreche in Teilen den Erfahrungen des Lebens und den Denkansätzen;
– die Bescheidbegründung sei mangelhaft, nicht nachvollziehbar sowie unschlüssig und setze sich nicht hinreichend mit den Einwendungen auseinander, die Behörde habe es unterlassen, ihrer Entscheidung das geltende Unionsrecht (etwa die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie) zugrunde zu legen, und die von der Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung sei im Ergebnis unrichtig, da das gegenständliche Vorhaben nicht umweltverträglich und daher nicht genehmigungsfähig sei.
Themenbereich Agrartechnik / Boden:
– Durch die Betonfundamente der Windkraftanlagen komme es zu einer massiven Schädigung bzw. Verdichtung des Bodens, weshalb die Auflage zu erteilen sei, dass die Windkraftanlagen sowie die damit verbundenen Bestandteile (zB. Transformatoren- und Schaltstationen, Verkabelungen, Zufahrtswege, etc.) nach Stilllegung der Windkraftanlage zu entfernen und die Gegebenheiten vor Baubeginn wiederherzustellen seien;
– sollten die Betonfundamente nach Stilllegung der Windkraftanlagen im Boden verbleiben, komme es zu einer erheblichen Belastung der Umwelt durch nachhaltige Einwirkung auf den Boden (Hindernis für die Wasserversickerung, die Landwirtschaft und tiefwurzelnde Bäume).
Themenbereich Bautechnik:
– Die Baugutachten, die nach Spruchpunkt 4.2.2 des angefochtenen Bescheides mindestens einen Monat vor Baubeginn zu erstellen sind, hätten bereits vor der Erlassung des Bescheides erstellt werden müssen;
– auch die Detailplanung der Fundamente, Erkundung der tatsächlichen Bodenverhältnisse und die Erstellung eines Notfallplanes hätten vor der Erlassung des Bescheides durchgeführt werden müssen;
– vor Bescheiderlassung sei kein Nachweis der Erdbebensicherheit vorgelegt worden; einen solchen Nachweis erst vor Baubeginn zu fordern, sei unzureichend.
Themenbereich Forst und Jagdökologie:
– Das Vorhaben greife in den Wald, den Boden und (Grund-)Wasserhaushalt sowie in die Wildökologie und Jagd ein;
– die unter Spruchpunkten 4.5.2 und 4.5.3 erteilten Auflagen seien zu unbestimmt, da aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, an welcher geeigneten Stelle im Nahbereich der Rodungsflächen die Ersatzaufforstungen vorzunehmen sind;
– die Rodung von Wald sei für das Vorhaben nicht unbedingt erforderlich und damit unzulässig, da in der Umgebung des geplanten Windpark-Standortes genügend agrar- bzw. landwirtschaftlich genutzte Flächen zur Verfügung stünden;
– das öffentliche Interesse an der Walderhaltung sei höher einzuschätzen als das öffentliche Interesse an der Energiegewinnung, zumal entgegen der Annahme der belangten Behörde weder ein Bedarf noch ein öffentliches Interesse an der Umsetzung des Vorhabens bestehe, da der gesamte Strombedarf in Niederösterreich bereits seit November 2015 zu 100 % aus erneuerbarem Strom bereitgestellt werde;
– es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Situation der heimischen Wälder durch Trockenheit und Borkenkäfer bereits dramatisch sei.
Themenbereich Landschaftsbild und Raumordnung:
– Das Erscheinungs- bzw. Landschaftsbild werde infolge Einbringens höhenwirksamer technogener Elemente durch das Vorhaben beeinträchtigt bzw. der bestehende Landschaftscharakter vorwiegend durch technische Elemente überformt, die bislang vorhandene agrar- bzw. landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft entwickle sich auch in Hinblick auf die bereits bestehenden Windkraftanlagen zu einer industriell geprägten Landschaft;
– es komme zu einer Lebensraumveränderung und zur Veränderung des Landschaftscharakters, sowie zu Fläschenverbrauch, Trennwirkungen und zu einer Veränderung der Funktionszusammenhänge;
– der Erholungswert der umgebenden, größtenteils noch unbeeinträchtigten Landschaft werde geschmälert (zB: Beeinträchtigung von Wanderwegen) und es komme zur einer Wertminderung der umliegenden Region hinsichtlich Grundstücken, Immobilien und Landwirtschaft;
– aufgrund der bereits gegebenen technogenen Vorbelastung des Gebietes durch Windkraftanlagen der weiter östlich gelegenen Windparks komme es durch die Errichtung der sieben vorgesehenen Windkraftanlagen des geplanten Windparks Paasdorf zu weiteren erheblichen Eingriffen in die Landschaft (Lichtverschmutzung durch Warnsignale, optische und akustische Störwirkung), sodass deren Aussehen derart beeinträchtigt werde, dass es hässlich und unansehnlich werde;
– die erteilten Auflagen in Spruchpunkt 4.6 des angefochtenen Bescheides seien nicht geeignet, das Landschaftsbild vor weiterer Verschandelung bis hin zu Verhässlichung durch die immens hohen technogenen Windkraftanlagen sowie vor den Immissionen der Windkraftanlagen zu bewahren, während die unter Spruchpunkten 4.8.20 bis 4.8.25 erteilten Auflagen (Tagesmarkierung) den Effekt der erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sogar verstärken würden;
– dass die genaue Lage sämtlicher betroffener Sachgüter laut angefochtenem Bescheid erst vor Baubeginn zu erheben und bestimmen sei, widerspreche den Bestimmungen des UVP-G 2000, da diese bereits vor Bescheiderlassung erhoben werden hätte müssen;
– bereits allein durch die Immissionswirkung auf die Landschaft bzw. das Landschaftsbild komme es zu einer erheblichen Beeinträchtigung, die durch Vorschreibung von Vorkehrungen nicht weitgehend ausgeschlossen werden könne;
– durch die in den Spruchpunkten 4.8.7 bis 4.8.30 erteilten Auflagen (Luftfahrt-Befeuerung, Tagesmarkierung, Markierung von Kränen während der Errichtungsphase) komme es zu einer Lichtverschmutzung sowie zu zusätzlichen Emissionen und Immissionen auf die Landschaft, was eine Verschandelung des Landschaftsbildes zur Folge habe. Maßnahmen, durch die diese belästigende bzw. belastende Auswirkung auf die Umwelt verhindert bzw. verringert würden, habe die belangte Behörde nicht geprüft.
Themenbereich Abfall/Maschinenbautechnik:
– dem belangten Bescheid könne nicht entnommen werden, wie mit den sonstigen Bestandteilen des Windparks (Turm, Gondel, Rotorblätter, Transformatoren- und Schaltstationen, Verkabelungen, etc.) nach dessen Stilllegung zu verfahren sei;
– es fehle an Auflagen für die Stilllegungs- und Nachsorgephase.
Themenbereich Naturschutz und Ornithologie:
– Die Schutzgüter Boden, Tiere (insbesondere Avifauna, Fledermausarten, Insektenfauna etc.), Pflanzen, Biologische Vielfalt, Lebensräume, Wasser, Luft und Klima sowie Sach- und Kulturgüter würden beeinträchtigt bzw. gefährdet;
– das Gutachten des Sachverständigen Dr. Hans Peter Kollar stütze sich betreffend das Schutzgut Biologische Vielfalt – Tiere, Pflanzen und Lebensräume auf Studien, die mit dem gegenständlichen Vorhaben in keinem Zusammenhang stehen; es sei jedoch erforderlich, entsprechende Studien und Gutachten für das Vorhaben betroffene Gebiet zu erstellen;
– es komme durch die Windkraftanlagen zu einer Zerschneidungs- und Barrierewirkung bzw. zu einem Hindernis-Barriereeffekt, wobei die Wirksamkeit der im Gutachten des Sachverständigen Dr. Hans Peter Kollar genannten auswirkungsmindernden Maßnahmen im vom Vorhaben betroffenen Gebiet nicht erprobt und nachgewiesen sei;
– das Vorhaben werde einen neuerlichen Brutversuch des Schwarzstorches im Kühbodenwald vereiteln;
– für den Wespenbussard würden laut Sachverständigen Dr. Hans Peter Kollar noch keine veröffentlichen Ergebnisse zum Verhalten gegenüber WKA vorliegen, was für eine gesetzes- und rechtskonforme Umweltverträglichkeitserklärung des Vorhabens jedoch unabdingbar sei;
– durch die Errichtung der Windkraftanlagen in mittel- oder unmittelbarer Nähe des Kühbodenwaldes bestehe ein hohes Kollisionsrisiko insbesondere für den Rotmilan, aber auch für den Mäusebussard, Habicht, Sperber und Uhu; die diesbezüglich getroffenen Maßnahmen seien unzureichend, es müsse sichergestellt sein, dass das Umfeld des Anlagenfußes aller Windkraftanlagen dicht bewachsen sei, um den Vögeln keine freie Sicht auf Mäuse und sonstige Kleinsäuger zu gewähren;
– auch für Fledermäuse bestehe ein hohes Kollisionsrisiko;
– die unter den Spruchpunkten 4.10.4 und 4.10.5 erteilten Auflagen seien zu unbestimmt, da nicht hervorgehe, wo die Pflanzung von Obstbäumen und die Aufforstung erfolgen solle;
– die erteilten Auflagen betreffend Nahrungsflächen für den Rotmilan (Spruchpunkte 4.10.6 bis 4.10.8) seien unzureichend, da erst spätestens drei Monate vor Inbetriebnahme des Vorhabens das Vorhandensein und die Geeignetheit der Flächen zu belegen seien;
– das Schutzbedürfnis des in Österreich gefährdeten Rotmilans, der die am häufigsten durch Windkraftanlagen getötete Vogelart in Europa sei, sei nicht hinreichend berücksichtigt worden;
– die Ergebnisse der in der UVE angekündigten Studie zur regionalen Fledermausaktivität würden noch nicht vorliegen, weshalb die erteilten Auflagen betreffend Fledermäuse (Spruchpunkte 4.10.9 und 4.10.10), die erst nach Vorliegen der Ergebnisse eine Anpassung der Abschaltzeiten unter Information der Behörde nach dem dann aktuellen Wissensstand vorsehen, unzureichend seien;
– auf die Auswirkungen des Vorhabens auf die Insektenfauna werde nicht eingegangen;
– das Vorhaben widerspreche den Zielsetzungen des NÖ NSchG 2000.
Themenbereich Schattenwurf und Eisabfall:
– Die Auflagen zur Vermeidung der Gefahrenimmission durch Eisabfall seien unzureichend;
– in der Aufgabenstellung zum Teilgutachten „Fachbereiche Eisabfall und Schattenwurf“ werde nicht auf das Erkenntnis des VwGH vom 27.1.2020, Ro 2018/04/0018 abgestellt bzw. verwiesen, weshalb das Teilgutachten „Fachbereiche Eisabfall und Schattenwurf“ unzureichend bzw. nicht aussagekräftig sei;
– das Gutachten des Sachverständigen Dr. Hans Peter Kollar sei unzureichend und nicht aussagekräftig, da sich dieses auf Studien stütze, die nicht in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben stünden, und lediglich unpräzise Aussagen treffe.
Es wurden die Anträge gestellt,
– eine „Vorabentscheidung durch den VwGH“ zur Klärung der Frage, ob die Energiegewinnung durch Windkraftanlagen in einem höheren öffentlichen Interesse liege als die Erhaltung von Wald und Waldboden, wenn andere (agrar- bzw. landwirtschaftlich genutzte) Flächen zur Verfügung stehen, zu beantragen;
– einen Vorabentscheidungsantrag an den EuGH zur Klärung der Frage, ob die Energiegewinnung durch Windkraftanlagen in einem höheren öffentlichen Interesse liege als die Erhaltung von Wald und Waldboden, wenn andere (agrar- bzw. landwirtschaftlich genutzte) Flächen zur Verfügung stehen, zu stellen;
– der Beschwerdeführerin alle bislang nicht übermittelten Gutachten, Teilgutachten und sonstigen relevanten Schriftstücke des Verfahrens zuzustellen;
– anstelle der von der Behörde beauftragten Sachverständigen für Landschaftsbild/Raum-ordnung/Ortsbild (DI Thomas Knoll) und für Naturschutz/Ornithologie (Dr. Hans Peter Kollar) allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige mit der Erstellung von Teilgutachten zu beauftragen;
– einen Lokalaugenschein vor Ort durchzuführen;
– eine mündliche Verhandlung durchzuführen;
– den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der verfahrenseinleitende Antrag abgewiesen wird;
– in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und an die Behörde zurückzuverweisen;
– in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass zusätzlich Auflagen zur Stilllegungs- und Nachsorgephase sowie die Auflage erteilt wird, dass im Fall der endgültigen Stilllegung des gesamten Windparks oder einzelner Windkraftanlagen des Windparks alle mit dem Betrieb verbundenen Bestandteile (wie Transformatoren- und Schaltstationen, Verkabelungen, Zufahrtswege) zu entfernen und die Gegebenheiten, wie sie vor Baubeginn vorlagen, wiederherzustellen sowie die dafür erforderlichen monetären Mittel vor Baubeginn bereit- und sicherzustellen sind.
3. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bis zur mündlichen Verhandlung:
Den Projektwerberinnen wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zur Beschwerde abzugeben. Mit Schreiben vom 18.9.2020 wurde die Beschwerdebeantwortung erstattet und ein Standfestigkeitsnachweis übermittelt. Mit Schreiben vom 12.11.2020 wurden von den Projektwerberinnen die Ersatzaufforstungsflächen und die Lenkungsflächen für den Rotmilan geografisch verortet.
Mit Schreiben vom 20.10.2020 wurde eine mündliche Verhandlung für den 11.12.2020 anberaumt.
Mit Schreiben vom 26.11.2020 nahm die Beschwerdeführerin zur Beschwerdebeantwortung der Projektwerberin ihrerseits Stellung und beantragte allgemein „die Übermittlung aller ihr bislang noch nicht übermittelten Gutachten, Teilgutachten und sonstigen relevanten Schriftstücke des gegenständlichen UVP-Verfahrens per RSb-Brief“ und die Abberaumung der mündlichen Verhandlung und Verschiebung auf einen Termin, bei dem keine Gefahr einer Ansteckung mit dem Corona-Virus mehr bestehe, in eventu um Mitteilung per RSb-Brief, welche technischen Voraussetzungen ihrerseits für eine Videokonferenz i.S.d. § 3 Abs. 3 COVOD-19-VwBG zu erfüllen seien und welche technischen Maßnahmen seitens des BVwG getroffen würden, um den Videokonferenzteilnehmern eine möglichst authentische Verhandlung zu ermöglichen.
Mit Schreiben vom 1.12.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass sie jederzeit im Wege der Akteneinsicht um Übermittlung einzelner Schriftstücke ersuchen könne und dass die Verhandlung wie anberaumt an Ort und Stelle stattfinden werde, da ausreichend Sorge für eine sichere Durchführung der Verhandlung getragen werde.
Mit Schreiben vom 7.12.2020 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen werde.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.12.2020 eine mündliche Verhandlung durch, in der amtliche und nichtamtliche Sachverständige herangezogen bzw. bestellt und um Ausführung und/oder Präzisierung ihrer im behördlichen Verfahren erstellten Gutachten aus den Bereichen Bautechnik, Landschaftsbild, Forstökologie und Naturschutz/Ornithologie ersucht wurden.
Mit Schreiben vom 22.12.2020 nahm die Beschwerdeführerin zum Verhandlungsprotokoll Stellung, kritisierte neuerlich die Durchführung der Verhandlung am Sitz des Gerichts und beantragte die Einholung einer „Vorabentscheidung des VfGH und/oder VwGH“ zu dieser Rechtsfrage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Zum Vorhaben:
Der Windpark Paasdorf soll sieben Windkraftanlagen (in der Folge kurz WKA) umfassen. Es sollen 6 WKA der Type Vestas V150 mit einer Engpassleistung von jeweils 4,2 MW, einem Rotordurchmesser von 150 m und einer Nabenhöhe von 166 m, sowie eine WKA der Type Vestas V136 mit einer Engpassleistung von 4,2 MW, einem Rotordurchmesser von 136 m und einer Nabenhöhe von 166 m errichtet und betrieben werden. In Summe ergibt sich für den geplanten Windpark Paasdorf eine Engpassleistung von 29,4 MW.
Die Zusage des Netzbetreibers für die Einspeisung des erzeugten Stroms in das Verteilnetz liegt derzeit für eine niedrigere Engpassleistung von in Summe 20,7 MW vor. Dies liegt an den derzeitigen Kapazitätsengpässen im vorgelagerten Netz, welche durch den laufenden Ausbau des Netzes einerseits und konkrete Bedarfsanalysen andererseits stetig abgebaut werden. Es ist davon auszugehen, dass bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Windparks Paasdorf eine netzseitige Abnahme der vollen Engpassleistung von 29,4 MW möglich sein wird. Sollte dies nicht der Fall sein, wird bis zu einer netzseitigen Zusage der Abnahme der vollen Kapazität im Umspannwerk Gaweinstal der Windpark Paasdorf mit einer verminderten Leistung von in Summe 20,7 MW betrieben. Dies bedeutet einen leistungsreduzierten Betrieb von 2,95 MW je Anlage anstatt der möglichen 4,2 MW.
Jeweils drei bzw. vier WKA sind über ein 30 kV Erdkabelsystem elektrotechnisch miteinander verbunden. Von den jeweils letzten Anlagen erfolgt der Anschluss an das Verteilnetz über zwei Kabelsysteme in das Umspannwerk (UW) Gaweinstal. Ein Teil der Kabelleitungen verläuft somit auch in der Marktgemeinde Gaweinstal. Die kommunikationstechnische Anbindung erfolgt ebenfalls über diese Kabeltrasse im UW Gaweinstal.
Teil des Vorhabens ist neben der Errichtung von 7 WKA sowie von Kabelleitungen zwischen den WKA und zum Umspannwerk auch die Ertüchtigung der Zuwegung für den Antransport der Anlagenteile. Ebenfalls Teil des Vorhabens ist die Errichtung und der Betrieb von allen Nebenanlagen.
Diese Angaben erfließen aus dem Bescheid (S. 34 f) und wurden von keiner Partei bestritten.
Der von den Anlagen produzierte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Im öffentlichenNetz ist der jeweilige Netzbetreiber, in diesem Falle die Netz NÖ GmbH, dazu verpflichtet, die Energieflüsse nach den Grundsätzen der Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie, zu übernehmen. Die windparkinterne Verkabelung sowie die Einspeisung ins öffentliche Netz sind in der UVE beschrieben (B.01.01.00-02 Vorhabensbeschreibung Rev2, Kapitel 2.4.1).
Diese Angaben ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus der Beilage zur Beschwerdebeantwortung durch die Projektwerberin vom 18.9.2020 und wurden von keiner Partei bestritten.
1.2. Zum behördlichen Verfahren:
1.1.1. Zur Abhaltung der mündlichen Verhandlung:
Am 25.5.2020 führte die Behörde eine mündliche Verhandlung am ihrem Sitz durch. Der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde nicht Gelegenheit gegeben, unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der Verhandlung teilzunehmen, sodass sie einen Vertreter oder eine Vertreterin zur Verhandlung zu entsenden gehabt hätte, um an der Verhandlung teilnehmen.
Dies ergibt sich übereinstimmend aus der Beschwerde und dem Beschwerdevorlageschreiben der Behörde.
1.1.2. Zur Zustellung der Gutachten an die Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin hat die im behördlichen Verfahren erstellten Teilgutachten mit E-Mail vom 10.3.2020 erhalten, das Teilgutachten Eisabfall mit E-Mail vom 11.3.2020.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Sowohl der Bescheid (S. 56) als auch ein Aktenvermerk der Behörde vom 11.3.2020 (OZ 033/2019) weisen darauf hin, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin gegenüber der Behörde bestätigt hat, die Teilgutachten per E-Mail erhalten zu haben, jedoch gleichzeitig die Forderung ausgedrückt habe, dass ihm diese per Rsb zuzustellen seien.
Es ist nicht ersichtlich, warum die Vertreterin der Behörde bei der Beschwerdeführerin anrufen sollte, um sicherzugehen, dass die Gutachten angekommen sind, um dann die erhaltene Antwort nicht wahrheitsgemäß widerzugeben. Das Gericht geht daher davon aus, dass der von der Behörde widergegebene Sachverhalt der Wirklichkeit entspricht.
Die Behauptung in der Beschwerde, diese Gutachten nicht einmal elektronisch erhalten zu haben, ist nicht glaubwürdig.
Eine Zustellung der Gutachten in Papierform hat nicht stattgefunden.
Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen von Beschwerdeführerin und Behörde.
Im Kopf sämtlicher Eingaben der Beschwerdeführerin an die Behörde bis 14.3.2020 wurde eine E-Mail-Adresse angeführt.
Dies ergibt sich aus dem Akt, z.B. dem Schreiben vom 14.3.2020 betreffend die mündliche Verhandlung.
1.3. Zum Beschwerdeverfahren:
Mit Schreiben vom 20.10.2020 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den 11.12.2020 an.
Mit Schreiben vom 1.12.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin als Antwort auf ein Schreiben mit, dass sie jederzeit im Wege der Akteneinsicht um Übermittlung einzelner Schriftstücke ersuchen könne und dass die Verhandlung wie anberaumt an Ort und Stelle stattfinden werde, da ausreichend Sorge für eine sichere Durchführung der Verhandlung getragen werde. Die Verhandlung werde wie festgesetzt am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts in 1030 Wien stattfinden. Im dafür vorgesehenen Multifunktionssaal im 7. Stock werde es genug Platz und entsprechende Desinfektionsmaßnahmen geben, um jedes Risiko einer Ansteckung zu vermeiden.
Dies ergibt sich aus dem Akt des Beschwerdeverfahrens.
Im Verhandlungssaal, der dem Zustellbevollmächtigten der Beschwerdeführerin aus zahlreichen früheren Verhandlungen in UVP-Verfahren wohlbekannt ist, stand am Verhandlungstag für einen Vertreter oder eine Vertreterin der Beschwerdeführerin allein ein Raum von mindestens 45 m² ohne weitere Personen sowie Desinfektionsmittel zur Verfügung.
Dies ergibt sich aus Verhandlungsschrift, S. 3.
Der Raum wurde regelmäßig gelüftet. Zudem wurde am Ort der mündlichen Verhandlung während der gesamten Verhandlung sowohl ein Abstand von mindestens einem Meter zwischen den anwesenden Personen eingehalten als auch sichergestellt, dass sämtliche an der Amtshandlung teilnehmenden Personen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
Diese Feststellung ergibt sich aus eigener Anschauung des Gerichts.
1.4. Auswirkungsbeurteilung:
1.4.1. Agrartechnik/Boden/Wasser:
Der Flächenbedarf des Vorhabens beträgt 2,8 ha. Dies ergibt sich aus der UVE (B.01.01.00-02 Vorhabensbeschreibung Rev2, Kapitel 2.11) und aus der Vorhabensbeschreibung im angefochtenen Bescheid (Seite 43).
Die WKA sind auf eine Lebensdauer von 20 Jahren ausgelegt. Nach diesem Zeitraum können Anlageteile erneuert, neue WKA errichtet oder die gegenständlichen Anlagen abgetragen werden. Das Fundament wird im Falle einer Abtragung bis zu einer Tiefe von 1 Meter unter der Oberflächenkante gänzlich entfernt. Der Rest des Fundaments wird aufgebrochen; die einzelnen Teile verbleiben im Boden.
Dies ergibt sich aus der Vorhabensbeschreibung des angefochtenen Bescheides (S. 44).
In der Bauphase zum gegenständlichen Vorhaben kommt es durch die Errichtung der Kreisfundamente zu keinen maßgeblichen Eingriffen in das Grundwasser. So können lediglich die Tiefengründungen in grund- oder schichtwasserführende Zonen eintauchen. Jedoch ist das Antreffen maßgeblicher Mengen an Schichtwasser nicht zu erwarten, Wasserhaltungen sind demgemäß nicht erforderlich.
Das Niederschlagswasser, das im Bereich der durch das Fundament versiegelten Fläche anfällt, kann neben den Anlagen auf den unbefestigten Flächen versickern. Verunreinigungen des Grundwassers sind daraus nicht zu erwarten, eine Beeinträchtigung des Grundwasserhaushalts durch die Flächenversiegelung ist angesichts des geringen Ausmaßes der anlagenbedingt versiegelten Flächen nicht gegeben.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachten Wasserbautechnik und Gewässerschutz (S. 9 und 11). Diesen Feststellungen wurde im Beschwerdeverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Durch die geplante Tiefgründung bei den 6 WKA wird die Unterkante des Fundaments bis zu 1 Meter tief in den Untergrund einbinden. Pro Standort werden dann mehrere Ortbetonpfähle mit einer Tiefe bis zu 25 m ausgeführt werden. Diese Pfähle, die übliche Baumaßnahmen bei Tiefgründungen darstellen, können voraussichtlich in den lokalen Grundwasserschwankungsbereich bei den jeweiligen Standorten der einzelnen Anlagen eingreifen, eine Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen am Schutz des Grundwassers und eine Beeinträchtigung von fremden Wasserrechten mit Grundwassernutzung ist durch die geplanten Tiefgründungen mit Betonpfählen nicht zu erwarten, da es sich bei den jeweils angetroffenen Grundwasservorkommen um lokal begrenzte, sowie wasserwirtschaftlich unbedeutende Vorkommen handelt. In diesen Grundwasservorkommen befinden sich auch keine Wasserrechte mit Grundwassernutzung. Aufgrund der geringen Größe der Fundamentpfähle ist sowohl ein mengenmäßiger quantitativer Einfluss auf das lokale Grundwasservorkommen, als auch eine Veränderung der jeweiligen Grundwasserverlagerungsrichtung auszuschließen.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachten Grundwasserhydrologie (S. 2). Diesen Feststellungen wurde im Beschwerdeverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Abgesehen vom unvermeidbaren Flächenverbrauch von 2,8 ha wird der Boden nicht negativ beeinflusst. Sowohl im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Fläche der Gemeinde Mistelbach als auch zu den täglich österreichweit entzogenen landwirtschaftlichen Flächen ist der durch das gegenständliche Projekt bedingte Bodenverbrauch als gering bzw. vernachlässigbar einzustufen. Eine massive Schädigung/Verdichtung des Bodens liegt daher nicht vor.
Diese Feststellung ergibt sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachten Agrartechnik/Boden (S. 4). Auch diesen Feststellungen wurde im Beschwerdeverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
1.4.2. Bautechnik/Standsicherheit:
Aller Voraussicht nach werden die Fundamente der WKA PA1 bis PA6 als Pfahlgründung und das Fundament der WKA PA7 als Flachgründung ausgeführt. Die Entscheidung über die Gründungsvariante wird vor Bau entsprechend der Wirtschaftlichkeit und der detaillierten Untergrunduntersuchung getroffen. Die Fundamentunterkante befindet sich auf dem Niveau der Geländeroberkante. Das Fundament wird durch eine Anböschung von Erdreich vor äußeren Einflüssen geschützt.
Dies ergibt sich aus der Vorhabensbeschreibung des angefochtenen Bescheides (S. 42).
Die geplanten WKA sollen in der Erdbebenzone 1 errichtet werden. Die Berechnungen im vorgelegten Erdbebennachweis hinsichtlich der Standsicherheit der ggstdl. WKA wurden für die in Österreich schlechteste Fallzone 4 durchgeführt und ergaben, dass die maximalen Erdbebenbelastungen in Österreich von den WKA schadlos aufgenommen werden können. Die Lasteinwirkung durch Erdbeben ist somit für die geplanten WKA nicht maßgebend für deren Standsicherheit. Die Erdbebensicherheit der geplanten WKA ist daher gegeben.
Insgesamt ist bei Ausführung des Projektes gemäß den eingereichten Unterlagen und unter Einhaltung der erteilten Auflagen aus bautechnischer Sicht eine ausreichende Sicherheit für Personen und Sachen gewährleistet.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem nachvollziehbaren und schlüssigen von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachten für Bautechnik und aus den plausiblen und nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift, S. 5 und 6).
1.4.3. Abfall/Maschinenbautechnik/Nachsorge:
Die anfallenden Abfälle und Reststoffe werden gesammelt und ordnungsgemäß durch ein befugtes Unternehmen entsorgt. Dies ergibt sich aus der UVE (B.01.01.00-02 Vorhabensbeschreibung Rev2, Kapitel 4.11).
Nach der dauerhaften Außerbetriebnahme des Windparks wird ein Abbruch der Anlagen und Rückbau des Geländes erfolgen. Hierfür werden folgende Schritte durchgeführt:
- Aufbau der Krananlage auf der Kranaufstellfläche
- Demontage der Anlage und Abtransport der Teile
- Rückbau des Fundaments im festgelegten Ausmaß
- Rückbau aller Stellflächen
- Überdeckung aller Flächen mit Oberboden und Rekultivierung der Flächen für eine Rückführung in die land-, bzw forstwirtschaftliche Produktion im Einklang mit der Richtlinie für die sachgerechte Bodenrekultivierung (BMLFUW, 2. Auflage 2012).
Beim Rückbau wird insbesondere darauf geachtet, dass die rückgebauten Flächen dem Gelände angeglichen werden. Durch die in den nächsten Jahren anstehenden Erneuerungen der WKA und dem damit einhergehenden Abbau der Bestandsanlagen wird ein Markt für das Recycling von WKA entstehen. Im Zuge des Abbaus der Altanlagen werden vor Demontage der Rotorblätter und Gondeln etwaige Öle und Gase in der Anlage abgepumpt. Mittels geeigneter Autokräne werden die Rotorblätter, die Gondel und die einzelnen Turmteile durch geschultes Demontagepersonal nacheinander rückgebaut. Alle Komponenten werden entsprechend den zu diesem Zeitpunkt gültigen gesetzlichen Grundlagen verwertet bzw. entsorgt. Der Abtransport der einzelnen Anlagenteile erfolgt per LKW. Aus heutiger Sicht können die elektrotechnischen Anlagenteile (z.B. Transformatoren, Generatoren) in ihre Einzelbestandteile zerlegt und zu einem Großteil wiederverwendet werden. Die Turmkonstruktion besteht aus Stahl. Ein Zerkleinern und eine entsprechende Verwertung als Altmetall sind daher möglich und angedacht.
Die Rotorblätter bestehen aus glasfaserverstärktem Epoxidharz, Kohlenstofffasern und massiven Metallspitzen. Die Rotorblätter werden aus heutiger Sicht geschreddert und - falls möglich - einem Recycling-Prozess z.B. in der Zementindustrie als glasfaserverstärkter Beton zugeführt. Auch eine thermische Verwertung ist möglich. Alternativ ist auch eine Deponierung der Glasfasern auf einer entsprechend dafür vorgesehenen Deponie möglich.
Für die Entsorgung der Fundamente wird angenommen, dass diese zumindest bis auf 1 m unter GOK abgetragen werden und der entstandene Hohlraum wieder aufgefüllt sowie nach Maßgabe der bereits zitierten Richtlinie für die sachgerechte Bodenrekultivierung rekultiviert wird. Die im Boden verbleibenden Betonelemente werden aufgebrochen, um eine Versickerung von Oberflächengewässern zu ermöglichen. Eine landwirtschaftliche wie auch forsttechnische Nachnutzung der rückgebauten Flächen wird dadurch nicht beeinträchtigt. Je nach Anlagenstandort sind entsprechend der Empfehlung der Baugrunduntersuchungen Tiefgründungen (PA 1 bis PA 6) oder Flachgründungen (PA 7) geplant. Die Fundamente werden 3 Meter herausgezogen, wodurch die Fundamentunterkante lediglich etwa 14 cm (Tiefgründung V150), bzw. etwa 64 cm (Flachgründung V150, Tiefgründung V136) unter der Geländeoberkante zum Liegen kommt. Durch die beschriebene Entfernung bis auf einen Meter unter Geländeoberkante ist ersichtlich, dass die gesamte Fundamentplatte entfernt wird. Eine vollständige Entfernung der Gründungspfähle ist im Hinblick auf die Nachnutzung in Bezug auf die Wasserdurchlässigkeit und sogar mögliche Verwurzelungen aufgrund der geringen Pfahlquerschnitte nicht erforderlich.
Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben zur Nachsorge durch die Projektwerberinnen vor dem Bundesverwaltungsgericht in ihrer Stellungnahme vom 18.9.2020 (Beilage zur Beschwerdebeantwortung).
1.4.4. Forstökologie:
1.4.4.1. Für die Zuwegung und die Kabeltrasse im Zuge des ggstdl. Vorhabens sind temporäre und dauerhafte Rodungen erforderlich. Die geplanten WKA selbst kommen durchwegs auf landwirtschaftlich genutzten Flächen zu liegen.
Die Rodungen werden gemäß dem den Einreichunterlagen beiliegenden Rodungsverzeichnis durchgeführt. Die Rodungsflächen befinden sich in den politischen Gemeinden Mistelbach (KG Paasdorf und Lanzendorf) und Gaweinstal (KG Gaweinstal und Höbersbrunn). Das Ausmaß beträgt gemäß Vorhabensbeschreibung für temporäre Rodungen 1.545 m² und für dauerhafte (permanente) Rodungen 640 m² (inklusive sogenannter Formalrodungen). Im Bereich der Spülbohrungen, welche teilweise für die Verlegung der Kabeltrasse notwendig sind, wird Waldboden unterfahren. Daraus ergeben sich sogenannte Formalrodungen im Ausmaß von 80 m², die den permanenten Rodungen zuzurechnen sind.
Gemäß WEP (Waldentwicklungsplan)-Teilplan für Gänserndorf und Mistelbach weist die politische Gemeinde Mistelbach eine Gesamtfläche von ca. 13.139 ha auf. Die Waldfläche beträgt ca. 3.375 ha, das entspricht 25,7%. Die politische Gemeinde Gaweinstal hat eine Gesamtfläche von ca. 5.165 ha und eine Waldfläche von ca. 510 ha (9,9%). Die Waldflächenbilanz ist im Betrachtungszeitraum 1990 bis 2004 in beiden politischen Gemeinden positiv. Die Waldausstattung der betreffenden Katastralgemeinden stellt sich als sehr gering (KG Gaweinstal < 10 %), gering (KG Paasdorf und Höbersbrunn 10,1 bis 20 %) bis mittel (KG Lanzendorf 20,1 bis 50 %) dar.
Von den einzelnen Rodungen sind überdies die Waldfunktionsflächen 21 (221, Waldprozent 60,71%, Laub-Misch-Mittelwald, „Schrickerwald“), 20 (221, Waldprozent 78,54%, „Kühbodenwald“) und 1 (331, Waldprozent 3,59%, zusammenhängendes landwirtschaftlich genutztes Acker- und Weinbaugebiet) betroffen. Die Waldfunktionsflächen 20 und 21 (Nutzwald) erfüllen neben der Netzfunktion eine erhöhte Schutz- (Winderosion) und Wohlfahrtsfunktion (Klimaausgleich). Waldfunktionsfläche 1 (Schutzwald) erfüllt demgegenüber eine hohe Schutz- (Winderosion, Abschwemmung) und Wohlfahrtsfunktion (Klimaausgleich, Waldarmut).
Durch die einzelnen Spülbohrungen zur Verlegung der Kabeltrassen kommt es zu einer Beanspruchung von Waldboden in einer Tiefe von ca. 1,5 m, wodurch der Wurzelraum des forstlichen Bewuchses beeinträchtigt wird. Angesichts der Dauerhaftigkeit der Kabeltrasse stellen diese sogenannten Formalrodungen permanente Rodungen dar. Sie befinden sich im Bereich des Schutzwaldes (Waldfunktionsfläche 1). Daraus ergibt sich eine dauerhafte Beanspruchung von Waldboden zu waldfremden Zwecken im Ausmaß von 640 m².
Die rodungsgegenständlichen Waldflächen erfüllen wertvolle Funktionen am Standort und für die Region. In Anbetracht der erhöhten bzw. hohen Schutz- und Wohlfahrtswirkung der dauerhaften Rodungsflächen und der mangelhaften Waldausstattung der betreffenden Katastralgemeinden sind Ausgleichsmaßnahmen notwendig.
Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen (u.a. Ersatzaufforstungen von zumindest 1.920 m² an geeigneter Stelle im Nahbereich der Rodungsflächen unter Vorschreibung des Pflanzgutes, Rekultivierung der befristet zu rodenden Flächen) bestehen aus forstfachlicher Sicht keine Bedenken gegen die Erteilung einer Rodungsbewilligung zum Zweck der Errichtung und des Betriebes des gegenständlichen Windparks.
Diese Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem nachvollziehbaren und schlüssigen Teilgutachten Forst- und Jagdökologie des beigezogenen Sachverständigen DI Schachel.
1.4.4.2. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Rodung von Wald für das gegenständliche Vorhaben nicht unbedingt erforderlich, da in der Umgebung genügend agrar- bzw. landwirtschaftlich genutzte Flächen zur Verfügung stünden (Beschwerde, S. 19).
Festgestellt wird, dass während der Bauphase zum An- und Abtransport zum größten Teil landwirtschaftliche Wege verwendet werden. Damit die Schwerfahrzeuge beim Antransport der Anlagenteile von der Autobahnabfahrt zum Projektgelände gelangen können, ist es notwendig, einen Platz zum Wenden der Schwerfahrzeuge zu schaffen. Die zur Schaffung einer Wendemöglichkeit von Sonderfahrzeugen vorgesehene Rodungsfläche befindet sich nordöstlich der Autobahnabfahrt Schrick am nördlichen Rand des Schricker Waldes an der B46, nördlich der in der ÖK 50000 eingezeichneten Kote 266. In diesem Bereich zweigt ein Feldweg zu einer bereits bestehenden WKA des Windparks Paasdorf-Lanzendorf ab, bei der für die Sonderfahrzeuge eine Wendemöglichkeit besteht. Nach der Wendung ist vorgesehen, dass die Sonderfahrzeuge in umgekehrter Richtung auf die B46 zurückfahren, nach Norden bis zur Kote 215 zurückschieben und dann in die dort nach Südosten führende Landesstraße Richtung Höbersbrunn einbiegen, um zu den zu errichtenden WKA zu gelangen. Der Bedarf für temporäre Rodungen beträgt hier 125 m² Fläche. Diese Fläche wird nach Fertigstellung der Bauphase wieder aufgeforstet.
Als Alternative wurde die Schaffung einer Abbiegemöglichkeit bei Kote 215 angedacht. Die Umsetzung dieser angedachten Alternative hätte jedoch größere Massenbewegungen, Beeinträchtigung eines Gewässers und ebenfalls Rodungen zur Folge. Insgesamt würde die Schaffung einer Abbiegemöglichkeit bei Kote 215 zu einer wesentlich höheren Beeinträchtigung der Umwelt, darunter auch des Schutzgutes Wald, führen als die geplante Schaffung einer Wendemöglichkeit von Sonderfahrzeugen.
Im zweiten Bauschritt ist es erforderlich, Mittelspannungserdkabel von den WKA zum Umspannwerk Gaweinstal zu führen. Hierbei stellen die Eignungszone Windkraft und das Umspannwerk Gaweinstal Fixpunkte dar, zwischen denen die Verkabelung erfolgen muss. Die geplante Kabeltrasse, welche die Verbindung von den WKA zum Umspannwerk herstellen wird, verläuft im Wesentlichen auf landwirtschaftlichen Güterwegen und führt von der WKA PA02 südlich durch den Kühbodenwald auf einem bestehenden, jedoch teilweise verwachsenen Waldweg. Bevor das Umspannwerk Gaweinstal erreicht wird, quert die Kabeltrasse an zwei Stellen jeweils einen Windschutzgürtel. Die erste Querung befindet sich unmittelbar nach dem Autobahndurchlass nordwestlich von Gaweinstal im Anschluss an den sogenannten „Kirchfeldboden“. Die zweite Querung befindet sich in der sogenannten „Pfarrbreiten“ beim Helldorfer Bach. Zur Verlegung des Kabels wird ein Kabelpflug verwendet, der eine Breite von ca. 2 m aufweist. Der eigentliche Kabelgraben wird eine Breite von ca. 0,7 m aufweisen, die von Bewuchs freizuhalten ist. Bei der geplanten Führung der Kabeltrasse wurde auf die möglichst geringe Inanspruchnahme von Straßen und Siedlungen Bedacht genommen. Der permanente Rodungsbedarf für die Kabeltrasse beträgt 640 m² für jene Flächen, wo die Kabelleitung im Boden verbleibt. Für die Fläche, die die Bearbeitungsfahrzeuge für das Einpflügen der Kabel benötigen, besteht ein temporärer Rodungsbedarf von 1.420 m². Diese temporären Rodungsflächen werden nach der Bauphase wieder aufgeforstet.
Die Projektwerberinnen haben sowohl hinsichtlich der erforderlichen Rodungen für die Wendemöglichkeit der Schwerlastfahrzeuge als auch hinsichtlich der Kabeltrasse Alternativen angedacht und geprüft. Dabei zeigte sich, dass die angedachten Alternativen zu einer wesentlich höheren Beeinträchtigung der Umwelt, darunter auch des Schutzgutes Wald, und des Verkehrs führen. Eine ausschließliche Inanspruchnahme der umliegenden agrar- bzw. landwirtschaftlichen Flächen zur Schaffung der Wendemöglichkeit bzw. der Verlegung der Kabel ist nicht möglich. Damit erweist sich die Rodung von Wald als erforderlich.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus den plausiblen Ausführungen der Projektwerberinnen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, die vom beigezogenen Sachverständigen für Forst- und Jagdökologie, DI Schachel, befürwortet und aus fachlicher Sicht als plausibel erachtet wurden (Verhandlungsschrift, S. 8 – 10).
1.4.4.3. Die Beschwerdeführerin moniert in ihrer Beschwerde weiter, dass aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, an welcher geeigneten Stelle im Nahbereich der Rodungsflächen die Ersatzaufforstungen vorzunehmen sind (Beschwerde, S. 11).
Festgestellt wird, dass im Projekt ausreichende Ersatzflächen für die vorzunehmenden Rodungsflächen vorgesehen sind. Bereits in der UVE haben sich die Projektwerberinnen verpflichtet, Aufforstungen im Ausmaß des dreifachen der Rodungsflächen im Folgejahr der Errichtung des Windparks durchzuführen, um dem geringen Waldbestand in der Region Rechnung zu tragen (51_UVE Fachbeiträge, Punkt 6.3.4, S. 148). Diese Maßnahme wurde vom beigezogenen Sachverständigen für Jagd- und Forstökologie in seinem Teilgutachten befürwortet und als zu erteilende Auflage vorgeschlagen. Die naturschutzrechtlichen und forstrechtlichen Auflagen des angefochtenen Bescheides sehen vor, dass Aufforstungen im Ausmaß von ca. 0,8 ha durchzuführen sind.
Die Projektwerberinnen haben die geplanten Ersatzaufforstungsflächen zwischenzeitlich spezifiziert bzw. festgelegt (vgl OZ 6, „Festlegung von Brach- und Aufforstungsflächen“). Es ist geplant, im Bereich der WKA PA1 auf den Grundstücken Nr. 1416/1, 1404/1 und 1402 KG 15034 Paasdorf mit Eichenmischwald im Ausmaß von 7.279,60 m² aufzuforsten. Diese Fläche befindet sich in unmittelbarer Nähe zu bereits bestehenden Eichenmischwäldern, konkret zwischen Haintaler Wald und Kühbodenwald. Die geplante Aufforstung des Weidenauwaldes befindet sich im Bereich des Weidenbaches östlich der Ortschaft Atzelsdorf (Grundstück Nr. 3212 KG 15013 Gaweinstal). An den Weidenbach angrenzend, der zwischen Atzelsdorf und Gaweinstal verläuft, soll eine derzeit als Wiese genutzte Fläche mit 0,1 ha Weidenauwald aufgeforstet werden. Aufgrund der Nahelage zum Bach sowie der hohen Bodenfeuchte eignet sich diese Fläche zur Aufforstung mit Weidenauwald.
Die von den Projektwerberinnen mittlerweile spezifizierten Ersatzaufforstungsflächen sind aus forstökologischer Sicht geeignet, die negativen Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Wald auszugleichen. Sowohl die Lage als auch das Flächenausmaß entsprechen den erteilten forstlichen Auflagen.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem von den Projektwerberinnen mit Urkundenvorlage vom 12.11.2020 vorgelegten Dokument der F&P Netzwerk Umwelt GmbH „Festlegung von Brach- und Aufforstungsflächen“ (OZ 6) und den Darlegungen des Sachverständigen für Jagd- und Forstökologie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift, S. 10).
1.4.5. Landschaftsbild und Raumordnung:
Der landschaftsbildfachliche Sachverständige hat in seinem Teilgutachten Landschaftsbild/Raumordnung in einem Landschaftsraum auf einer sechsteiligen Skala (Verbesserung/keine bis sehr geringe/geringe/mittlere/hohe/sehr hohe) die Auswirkung des Vorhabens auf das Landschaftsbild als „mittel“ eingestuft. Für den – am stärksten betroffenen – Landschaftsteilraum „Ladendorfer Hügelland“ beurteilt er die Auswirkungen während der Betriebsphase wie folgt:
„Verlust landschaftsbildprägender Elemente:
Die geplanten Anlagen befinden sich alle in intensiv genutztem Agrarland, zum Teil am Rand zu Eichenmischwäldern. In der Betriebsphase erfolgen dauerhafte Flächeninanspruchnahmen durch die Fundamentflächen, die Kranstellflächen, die Stichzuwegungen zu den Windenergieanlagen (Neubau) sowie durch den Trompetenneubau. Durch das Vorhaben werden lediglich in untergeordnetem Ausmaß landschaftsbildprägende, charakteristische bzw. naturnahe Landschaftselemente beansprucht. Vorwiegend sind Ackerflächen betroffen. Auf einer Fläche von rund 555 m² sin d permanente Rodungen notwendig. Die Eingriffsintensität wird mit mäßig eingestuft. Zum Ausgleich von Flächenverlusten von naturschutzfachlich höherwertigen Biotoptypen ist die Anlage von 1 ha des Biotoptyps artenreiche Ackerbrache und die Aufforstung von 0,5 ha des Biotoptyps Eichenmischwald und 0,1 ha Weidenauwald vorgesehen (siehe UVE -Zusammenfassung, Einlage D.01.01.00-00).
Veränderung des Erscheinungsbildes:
Das Vorhaben ist vom Landschaftsteilraum bereichsweise sichtbar. Sichtverschattungen entstehen teilweise durch das hügelige Geländerelief, Gebäudestrukturen und vorgelagerte Gehölzbestände. Bei einer Sichtbarkeit ist die Dominanzwirkung des Vorhabens für- Blickpunkte in der Mittel- und Fernwirkzone bereits vermindert. Für Blickpunkte in der Nahwirkzone ist eine hohe Dominanzwirkung zu erwarten. Durch die geplanten Windenergieanlagen werden höhenwirksame technogene Elemente in die Landschaft eingebracht, wobei die Fremdkörperwirkung durch die bestehenden Windenergieanlagen im Nahbereich des geplanten Vorhabens reduziert ist. Da bereits technogene Vorbelastungen durch Windenergieanlagen im Nahbereich der geplanten Anlagen bestehen, kommt es zu einer Fortführung bzw. zu einer Verstärkung der technogenen Überprägung der Landschaft, wobei es im Westen zu einer Ausweitung des durch Windenergieanlagen beeinträchtigten Landschaftsraumes kommt. Von Windpark unbeeinflusste Sichträume bleiben frei. Die Eingriffsintensität wird dementsprechend mit mäßig-hoch eingestuft.
Veränderung Funktionszusammenhänge:
Durch die geplanten Windenergieanlagen entsteht keine nennenswerte Linienstruktur wie z.B. bei Hochspannungsleitungen und Straßentrassen. Das Vorhaben bildet keine Sichtbarriere für bedeutende Sichtachsen. Für die Zuwegungen zu den Windenergieanlagen sind Wegetrassen neu zu errichten; soweit möglich wird jedoch auf das bestehende Wegenetz zurückgegriffen. Die Kabeltrassen werden als Erdleitungen ausgeführt. Die Eingriffsintensität wird dementsprechend mit gering eingestuft.
Gesamtbewertung:
Unter Berücksichtigung einer geringen-mäßigen Sensibilität und einer mäßigen-hohen Eingriffsintensität können die verbleibenden Auswirkungen auf das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft insgesamt mit mittel eingestuft werden.“
Aufgrund dieser schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen für Landschaftsbild, die dieser in der mündlichen Verhandlung erläutert hat und die in seinem Gutachten durch Fotomontagen illustriert sind, wird festgestellt, dass die Auswirkungen auf das Landschaftsbild als „mittel“ (Stufe drei auf einer fünfstufigen Auswirkungsskala) einzustufen sind.
Weiters wird festgestellt: Die Signalbeleuchtung als Maßnahme für die Flugsicherheit in der Nacht wird verschwimmend wahrnehmbar sein, jedoch kann die Anlage in der Nacht nur bei Mondhelligkeit gemeinsam mit der Landschaft wahrgenommen werden. Eine gemeinsame Wahrnehmung der Beleuchtung, die besonders sichtbar ist, wenn es dunkel ist, und der Landschaft, die maximal sichtbar ist bei hellem Mondschein, ist nicht in relevantem Ausmaß gegeben. Die Einschätzung der mäßig bis hohen Eingriffsintensität in die Landschaft wird durch die Auswirkungen der Signalbeleuchtung bei Nacht nicht verändert.
Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung.
Darüber hinaus wird festgestellt, dass im Hinblick auf den sich dynamisch entwickelnden Stand der Technik in der Luftfahrt- und Beleuchtungstechnik möglicherweise in Zukunft auf eine Dauerbeleuchtung der Anlagen überhaupt verzichtet werden kann, wie sich aus den nachvollziehbaren Darlegungen der Projektwerberin in der mündlichen Verhandlung ergibt.
1.4.6. Naturschutz und Ornithologie:
1.4.6.1. Schattenwurf:
Schatten, der über Brutstätten streicht, kann grundsätzlich eine Einwirkung darstellen. Die Auswirkungen des Schattenwurfs von WKA können, da keine unmittelbaren Verhaltensbeobachtungen vorliegen, am besten durch einen Vorher/Nachher-Vergleich anhand der Brutvogelwelt beschrieben werden. Die vorliegenden Brutvogelkartierungen vor und nach dem Bau von WKA aus Deutschland und Österreich haben keine Hinweise auf Änderungen von Brutdichten oder Vorkommen von Vogelarten im Auswirkungsbereich von WKA ergeben. Die Intensität und Häufigkeit der Beschattung wurde auf Grundlage des vorliegenden Schattenwurfgutachtens ermittelt. Beides zusammengenommen, liegt kein Hinweis darauf vor, dass Vögel (oder andere Kleintiere) durch den ihren Lebensraum überstreichenden Schatten der Rotoren beeinflusst würden. Das Ergebnis der vorhandenen Studien an verschiedenen Anlagentypen, dass jeweils keine Änderungen in Arteninventar, Zahl und Dichte der Brutvögel festzustellen waren, ist auch für den ggstdl. Typus von WKA zutreffend, da es nicht auf die Höhe die Anlage ankommt, sondern auf das regelmäßig wiederkehrende Überstreichen des Schattens über die Landschaft. Die Wirkung des Schattens wird allgemein eher überschätzt und hat keine relevanten Auswirkungen auf die Tierwelt.
Dies ergibt sich aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen, S. 18 ff, und dessen Darlegungen in der mündlichen Verhandlung.
1.4.6.2. Lärm:
Durch den vom Vorhaben ausgehenden Lärm werden die Brutvogelarten des Waldes möglicherweise gestört. Diese Störung wird allerdings zu keiner Beeinflussung oder Beeinträchtigung von populationsbiologischen Kenngrößen wie Brutdichte, Bruterfolg oder gar Vorkommen führen. Dies deshalb, weil mittlerweile zur Lärmempfindlichkeit von Vogelarten einige Arbeiten vorliegen, die zeigen, dass jene Vogelarten empfindlich gegen Dauerlärm sind, in deren Verhalten und Biologie leise Geräusche wie Balzrufe, Stimmfühlungsrufe oder Warnrufe eine Rolle spielen. Diese Arten kommen im Auswirkungsbereich des Vorhabens nicht vor (das wären z.B. der Triel, die Zwergdommel, der Wachtelkönig). Die Wachtel kommt in den Feldern vor und brütet sehr unregelmäßig und zerstreut in Feldkulturen, meist Getreidefeldern, und gilt in der Literatur als empfindlich gegen Dauerlärm. Windparks rufen keinen Dauerlärm in der Weise hervor, wie er als wirksam erkannt wurde. Als wirksam erkannt wurde Dauerlärm an vielbefahrenen Straßen.
Fledermäuse orientieren sich akustisch und sind daher für Auswirkungen von Lärm grundsätzlich empfänglich. Bestimmte Fledermausarten, die vor allem Geräusche von Insekten und der Vegetation wahrnehmen, können bei ihrem Jagdverhalten grundsätzlich durch Lärm beeinflusst werden, und zwar auch aus natürlichen Lärmquellen, wie rauschendem Schilf. Daher wurde geschlossen, dass ein Windpark abseits von sonstigen Lärmquellen grundsätzlich jeweils bei Betrieb einen Einflussfaktor darstellt und daher eine Zusatzbelastung bei ansonsten stillen Verhältnissen darstellen kann. Dieser Einfluss ist jedoch naturgemäß gering, weil die WKA bei Wind in Betrieb sind und daher Effekte wie rauschendes Schilf oder Laub ohnehin auftreten. Die zu erwartende Beeinträchtigung des Jagdraums einiger Fledermausarten durch flächige Lärmbelastung ist als gering erheblich einzustufen, da kein Verlust an Reproduktionseinheiten oder Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu erwarten ist, sondern eine zusätzliche Beeinträchtigung in einem vergleichsweise kleinen Teil des Jagdraums, der keine bedeutenden Ressourcen wie größere Stillgewässer, Wiesen oder Brachland enthält.
Aus der Biologie und dem Verhalten der Tiere auf mögliche Beeinträchtigungen kann geschlossen werden, dass Auswirkungen für weitere, auf dem Boden lebende, Tiere, z.B. Kleinsäuger und Wirbellose, ebenso nicht zu erwarten sind.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen, S. 14 ff, und dessen Darlegungen in der mündlichen Verhandlung.
1.4.6.3. Flächenverbrauch:
Da alle Standorte im Intensivackerland liegen, sind keine Lebensräume oder Vorkommen sensibler Tierarten durch Flächenverbrauch betroffen. Da die Zufahrten und die Kabelleitungen ebenfalls im Ackerland liegen und vorhandenen Wegen folgen, sind auch dadurch keine sensiblen Lebensräume geschützter Tierarten betroffen. Die Brutplätze der Wachtel wechseln sehr stark. Die nachgewiesenen Bruten im Ackerland sind selten. Eine Einschränkung des potentiellen Brutraumes durch die Standorte der Anlagen oder ihrer Zuwegungen ist auszuschließen. Auswirkungen infolge Meidewirkung auf die Wachtel sind möglich, ihr Lebensraum ist jedoch so weitläufig, dass derartige konkrete Auswirkungen wegen ihrer geringen Intensität nicht nachweisbar sind.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des naturschutzfachlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung und in seinem naturschutzfachlichen Teilgutachten S. 41 f.
1.4.6.4. Zerschneidung:
Da die beanspruchten Flächen alle im Intensivackerland liegen und keine kleinräumigen Lebensraumtypen betroffen sind, sind Zerschneidungen am Boden auszuschließen.
Bei allen auf S. 43 oben des Teilgutachtens genannten Vogelarten ist anzunehmen, dass diese den Anlagen ausweichen. Die Weihen sind dort gesondert angeführt, weil sie offene Flächen im bodennahen Flug auf der Nahrungssuche absuchen und auch in Windparks beobachtet wurden, den Anlagen selbst jedoch ausweichen.
Zerschneidungswirkung ist nicht gegeben, weil die Standorte selbst Inseln im Lebensraum sind. Genauso wie jede andere Störquelle, etwa die Ackerbewirtschaftung, werden sie umflogen. Zusammenhängende Windparks bilden keine Barriere, da Weihen und andere Greifvögel auch in der Nähe von Windparks zu beobachten sind. Sie umfliegen die einzelnen WKA und lassen sich von einer Zusammenballung von WKA nicht abhalten, das Gebiet zu durchfliegen und auch zu nutzen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des naturschutzfachlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung und in seinem naturschutzfachlichen Teilgutachten S. 42 f.
1.4.6.5. Kollision:
Für die meisten Brutvögel der Gehölze und des offenen Ackerlandes im Vorhabensgebiet sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen durch erhöhtes Kollisionsrisiko zu erwarten, da für diese Arten nach bisher vorliegenden Ergebnissen von Felderhebungen sehr geringe Vogelschlagsraten zu erwarten sind und da auch durch Verlust einzelner Individuen für keine der möglicherweise betroffenen gering sensiblen Arten Beeinträchtigung von bestandesbiologischen Kenngrößen wie Vorkommen, Dichte, Bruterfolg oder Bestandesgröße zu erwarten ist. Unter den im Vorhabensgebiet vorkommenden verbreiteten Brutvogelarten der offenen Ackerlandschaft ist keine im Hinblick auf das Vorhaben besonders sensible (kollisionsgefährdete) Art zu finden. Für einige Vogelarten, die überwiegend als Nahrungsgast von Gewässern her und hoch überfliegend im Gebiet zu erwarten sind, wie Stockente, Hohltaube und Rohrweihe, ist die Erhöhung des Kollisionsrisikos als nicht bis gering erheblich einzustufen, da die Bedeutung des Gebiets nach vorliegenden Ergebnissen als Nahrungsraum und außerbrutzeitliche Ressource vernachlässigbar ist und den Arten keine hohe Gefährdung durch Kollision an WKA zugeordnet wird. Gänse und der Kormoran, die überfliegend und ziehend von den Thaya-Stauseen und ev. vom March-Thaya – Zugkorridor her das Gebiet überstreichen, ziehen hoch, Nahrungsnutzung am Boden ist auf den nahrungsarmen offenen Feldern im Gebiet weder bekannt noch zu erwarten.
Der Schwarzstorch, der im Nahbereich des Windparks 2012 einen Brutversuch unternommen hat, ist nicht Brutvogel im Gebiet, und auch aus den ganzjährigen aktuellen Kartierungen sowie aus sonstigen Beobachtungen seither liegen keine Beobachtungen der Art vor. Eine erfolgreiche Brut des Schwarzstorchs im Kühbodenwald oder in einem der Waldstücke, die das Projektgebiet umgeben, ist nicht zu erwarten.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen, S. 44 ff, und dessen Darlegungen in der mündlichen Verhandlung.
Weiters wird zu den tatsächlich in benachbarten Wäldern brütenden Greifvögeln festgestellt:
Der Wespenbussard ist in Anhang 1 der Vogelschutz-Richtlinie angeführt und potentiell gefährdet. Er brütet in Wäldern und nutzt Dauergrünland in der Umgebung dieser Wälder, wo er vor allem bodenlebende Wespen ausgräbt, aber auch kleine Reptilien und Kleinsäuger erbeutet und zum Horst trägt. Daher bestünde Kollisionsgefahr an einer WKA, die zwischen dem Brutland und dem Dauergrünland stünde. Dies ist beim ggstdl. Vorhaben nicht der Fall. Der Wespenbussard hat zur Zeit der Erstellung des Teilgutachtens nicht gebrütet. Dass er doch in einem Wald brütet, ist jedoch nicht auszuschließen, weil er seinen Horst meist unauffällig in Laubbäumen anlegt und spät im Jahr kommt. Der Wespenbussard nutzt vorwiegend Dauergrünflächen in der Umgebung seines Horstes. Solche sind in der Nähe der betroffenen Wälder nicht vorhanden. Außerdem brütet der Uhu im Kühbodenwald und in fast allen Wäldern. Der Uhu ist der Spitzenprädator und ein Fressfeind des Wespenbussards.
Der Mäusebussard stellt die häufigste Greifvogelart in der Kulturlandschaft dar ist und nimmt in den Auflistungen der Kollisionen an WKA stets einen Spitzenplatz ein. Die meisten Flüge des Mäusebussards vom und zum Horst finden zur Brutzeit unterhalb der Rotorhöhen der vorgesehenen wie auch der bestehenden WKA statt. Bevorzugte Nahrungsräume sind Äcker mit reichem Angebot an Mäusen. Nur Balzflüge finden bei günstiger Thermik auch in größeren Höhen statt, meist aber über dem Brutwald. Auch Mäusebussarde, die sich nach der Brutzeit oft in Trupps sammeln, nutzen häufig die Thermik über Wäldern. Kollisionsrisiko besteht für diese weit verbreitete Art (die nicht durch die Vogelschutz-Richtlinie besonders geschützt und nicht gefährdet ist) nur in sehr geringem Ausmaß. Zwar nimmt der Mäusebussard in den statistischen Erhebungen von Vogelschlagsopfern einen wichtigen Platz ein, aufgrund der starken Verbreitung in Europa und den spezifischen Lebensgewohnheiten dieses Vogels ist ein Einzelindividuum dieses Vogels jedoch keinem ggü. dem natürlichen Lebensrisiko erhöhten Kollisionsrisiko bei der ggst. Art von WKA ausgesetzt.
Der Habicht ist ein Waldbewohner, der auch überwiegend im Wald und am Waldrand jagt. Lediglich das Eintragen von Beute ins Horstfeld kann nahe am Wald Kollisionsrisiko beinhalten. Der Habicht ist potentiell gefährdet, aber nicht in Anhang 1 der Vogelschutz-Richtlinie aufgenommen.
Der Sperber ist im Gebiet als Brutvogel des Waldes einzustufen, der ebenfalls nur beim Wechsel zwischen Einstandsgebieten oder am Zug im Offenland durchfliegt und dort theoretisch einem Kollisionsrisiko unterliegen könnte. Der Sperber ist kein spezifischer Bewohner des Offenlandes. Er ist kein spezifischer Brutvogel dieses Gebietes. Er ist nicht gefährdet und auch nicht von der Vogelschutz-Richtlinie besonders geschützt.
Der Uhu ist der Spitzenprädator und in der Kulturlandschaft mittlerweile sehr häufig – vor allem nach Einstellung der Bejagung. Er ist nicht gefährdet, aber durch die Vogelschutz-Richtlinie besonders geschützt.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen für das UV-GA, S. 46 ff, und dessen Darlegungen dazu in der mündlichen Verhandlung.
Weiters wird zu den das Gebiet regelmäßig aufsuchenden Vogelarten und Durchzüglern festgestellt:
Da der Brutplatz des Rotmilans, der beim Verfahren zum bestehenden Windpark Paasdorf-Lanzendorf eine Rolle gespielt hat, seit langem nicht mehr besteht und die nächstgelegenen Brutplätze 26 km entfernt in den Marchauen liegen, und da zudem die Wirksamkeit der dort vorgesehenen Maßnahmen zum Windpark Paasdorf-Lanzendorf zu erwarten ist, ist der Rotmilan im Projektgebiet des Windparks Paasdorf tatsächlich nur sehr selten zu erwarten, zumal dieses Gebiet keine bedeutenden Ressourcen für den Rotmilan enthält. Das Tötungsrisiko wird als Null eingeschätzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Rotmilan im Vorhabensgebiet auftaucht, ist so gering, dass auch das Kollisionsrisiko als nicht gegeben einzuschätzen ist. Dass im Teilgutachten die von den Projektwerberinnen vorgeschlagenen Ausgleichsflächen oder „Lenkungsflächen“ für sinnvoll befunden wurden, hat sein Bestreben in der Sicherstellung eines möglichst hohen Schutzniveaus in dem Sinn, dass man sich auf ein Leitbild Rotmilan geeinigt hat, um selbst letzte Restrisiken durch Vorhandensein der im Weinviertel errichteten oder vorgesehenen WKA zu beseitigen.
Sowohl die nunmehr vorgesehene Ausgleichsfläche und die bereits für den Windpark Paasdorf-Lanzendorf vorgesehene Ausgleichsfläche liegen südöstlich von Schrick Richtung Nexinger-Teiche, wobei die Fläche für den Windpark Paasdorf-Lanzendorf direkt an den Teichen liegt. Beide Ausgleichsflächen sind somit vom Hauptbrutgebiet in den Marchauen ohne Querung eines Windparks zu erreichen, auch zwischen dem ehemaligen Brutplatz Nexinger Teiche und den Ausgleichsflächen liegt kein Windpark. Die Lage der vorgesehenen Lenkungsflächen ist zweckmäßig, weil sie zwischen der Windpark-Gruppe und den Brutgebieten des Rotmilans liegt und in eine vielfältige, strukturierte Kulturlandschaft eingebettet ist.
Rohrweihe, Wiesenweihe und Kornweihe, die – ebenso wie der Rotmilan – durch ihre Aufnahme in Anhang 1 der Vogelschutz-Richtlinie geschützt sind, die Vogelarten Turmfalke, Baumfalke (beide nicht durch die Vogelschutz-Richtlinie besonders geschützt) und Merlin (durch die Vogelschutz-Richtlinie besonders geschützt) begegnen sehr geringen Kollisionsrisiken. Auch für weitere durchziehende Vogelarten ist das Kollisionsrisiko nicht erheblich.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen, S. 48 ff, und dessen Darlegungen dazu in der mündlichen Verhandlung.
Zur Kollisionsgefährdung von Fledermäusen wird festgestellt:
In Österreich laufen seit Jahren genaue Erhebungen zur Flugaktivität von Fledermäusen in Abhängigkeit von Witterungsverhältnissen. Daher ist die Datenlage zur Aktivität von Fledermäusen einschließlich Zuggeschehen sehr gut. Auf Grundlage dieser Daten ist im Projekt eine Abschaltung der Anlagen zu sensiblen Fledermauszugzeiten vorgesehen. Auch die Randbedingungen, die Uhrzeit, Windgeschwindigkeit, Lufttemperatur und Niederschlagsintensität sind dabei berücksichtigt. Dieser Projektbestandteil wird als hochwirksam angesehen, Fledermauskollisionen zu vermeiden.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten des naturschutzfachlichen Sachverständigen für das UV-GA, S. 55 f, und dessen Darlegungen dazu in der mündlichen Verhandlung.
Zu den Auswirkungen auf die Insektenfauna wird festgestellt:
Mögliche Verluste an Fluginsekten stehen in keinem Verhältnis zum Aufkommen von Fluginsekten in der Luft und zu anderen Ursachen des Insektenschwundes. Die zahlreichen im Zuge von Windparkverfahren bereits angelegten „Ausgleichsflächen“ im Ausmaß von mittlerweile 546,5 ha allein im östlichen Niederösterreich tragen auch zur Bereicherung der Insektenfauna in nicht unwesentlichem Ausmaß bei.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Darlegungen des naturschutzfachlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung i.V.m. der Beilage zur Beschwerdebeantwortung der Projektwerberin, Pkt. 10, die vom Gutachter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich als nachvollziehbar bewertet wurden.
Schließlich wird festgestellt, dass mögliche erheblich nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere und deren Lebensräume, unter besonderer Berücksichtigung der Vögel, durch die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Nebenbestimmungen (Pkt. 4.10 des Spruches) hintangehalten werden. Dies ergibt sich aus dem naturschutzfachlichen Teilgutachten (S. 61 f) in Zusammenhang mit seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung.
Abschließend ist anzumerken, dass die der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 26.11.2020 angeschlossene Beilage „Recht auf Leben und Unversehrtheit“ von Protect keinen fachlichen Beitrag zum konkreten Vorhaben darstellt, sondern eine allgemeine Abhandlung zu den Gefahren der Windkraft für Tiere. Sie tritt den Ausführungen des Sachverständigen somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
1.4.7. Schattenwurf und Eisabfall:
Zum Schattenwurf wird festgestellt:
Je nach Standort von WKA kann vom Schattenwurf des sich drehenden Rotors eine Belästigung für Menschen ausgehen. Der periodisch auftretende Schatten verursacht je nach Drehzahl und Anzahl der Rotorblätter hinter der Anlage Lichtwechsel, die auf den Menschen störend wirken können.
Der maximale Einflussbereich der geplanten WKA beträgt ca. 1.900 m (Type Vestas V150) bzw. ca. 1.798 m (Type Vestas V136). Bei größerer Entfernung ist von keinen relevanten Beeinflussungen durch periodischen Schattenwurf auszugehen. Durch die geplanten WKA kommt es in den Siedlungsbereichen rund um den geplanten Windpark zu einer maximalen astronomischen Beschattungsdauer von 20 Minuten täglich. Es sind keine Überschreitungen des Richtwertes von 30 Minuten für die maximale astronomische Beschattungsdauer pro Tag zu erwarten.
Zur Gefahr des Eisabfalls wird festgestellt:
Unter bestimmten meteorologischen Bedingungen (Temperaturen um den Gefrierpunkt bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit) kann es an Rotorblättern von WKA zu Eisablagerungen kommen. Bei bestimmten Windverhältnissen ist ein Vertragen von gelösten Eisfragmenten möglich, was ein Risiko für sich in der Nähe der WKA befindliche Personen bedeuten kann. Dabei ist zwischen dem Risiko des Eisabwurfs (Wegschleudern von Eisstücken durch den sich drehenden Rotor) und dem Risiko des Eisabfalls (Vertragen abfallender Eisstücke durch den vorherrschenden Wind) zu differenzieren.
Im vorliegenden Fall ist als Schutzmaßnahme die Ausstattung der geplanten WKA mit dem Eiserkennungssystem „BLADEcontrol“ vorgesehen, das Eisansatz an jedem einzelnen Rotorblatt detektieren kann. Bei Erkennung von Eisansatz wird die jeweilige WKA automatisch abgeschaltet und der Rotor zum Stillstand (Trudelbetrieb) gebracht. Gleichzeitig ergeht eine Meldung an den Betreiber der WKA. Die Anlage bleibt in einem solchen Fall gestoppt, bis das Eiserkennungssystem das Vorliegen von Eisansatz wieder quittiert. Danach erfolgt ein automatisches Wiederanstarten der Anlagen. Ein Fehler oder Defekt am Eiserkennungssystem führt bei Umgebungstemperaturen unter 5°C zur automatischen Abschaltung der Windkraftanlage („fail-Safe“-Ausführung).
Weiter ist geplant, dass im Umkreis von mindestens 120 % der maximalen Blattspitzenhöhe auf den im Projektgebiet verlaufenden Zuwegungen zu den WKA Hinweisschilder mit Signalleuchten aufgestellt werden, die auf die Gefahr von Eisabfall hinweisen. Die Hinweisschilder nördlich der Anlage PA3 sowie südlich der Anlage PA6 sind nicht mit Signalleuchten ausgestattet. Stattdessen wird jeweils eine Signalleuchte am Turm der genannten WKA angebracht. Die Signalleuchten werden bei Detektion von Eisansatz aktiviert und erst nach dessen Quittierung wieder deaktiviert.
Da die geplanten WKA mit dem Eiserkennungssystem „BLADEcontrol“ ausgestattet sind, ist davon auszugehen, dass es nicht zum Wegschleudern von Eisstücken durch den sich drehenden Rotor (Eisabwurf) kommen kann. Abfallende Eisstücke können somit lediglich durch den vorherrschenden Wind vertragen werden (Eisabfall).
Die ermittelten Gefährdungsflächen der geplanten WKA überdecken Teile der landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftswege. Der Radweg Nr. 5, welcher südlich der geplanten WKA PA7 verläuft, wird nicht durch die ermittelten Gefährdungsflächen betreffend Eisabfall überdeckt.
Die Wahrscheinlichkeit für die Gefährdung von Leib und Leben von Personen in der Nähe der Anlagen durch Eisabfall setzt sich aus folgenden Parametern zusammen:
Wahrscheinlichkeit, dass Vereisungsbedingungen vorherrschen;
Wahrscheinlichkeit, dass genau an einem entsprechenden Punkt ein Eisstück am Boden auftrifft;
Häufigkeitsverteilung der Eisstückmasse;
Anzahl der abfallenden Eisstücke pro Jahr.
Die Auftreffwahrscheinlichkeit von abfallenden Eisfragmenten nimmt mit zunehmender Distanz von der WKA ab. Bei konservativ getroffenen Annahmen liegt das Individualrisiko, von einem abfallenden Eisfragment getroffen zu werden, laut vorliegendem Teil-Gutachten betreffend die Fachbereiche Eisabfall und Schattenwurf – für den Fall, dass die Warnhinweise ignoriert wurden – bei ca. 9,3*10-7 Treffern/Jahr.
Insgesamt geht die Gefährdung durch Eisabfall von den geplanten WKA unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutzvorkehrungen (Eiserkennungssystem, Hinweisschilder mit Signalleuchten) und der mit dem angefochtenen Bescheid unter Punkt 4.11 erteilten Auflagen (Nachweis der Inbetriebnahme des Eiserkennungssystems, Kontrollpflichten, Schulungen und Fortbildung der Mühlenwarte) nicht über die Gefährdung durch Eisabfall von sonstigen Baulichkeiten hinaus.
Diese Feststellungen betreffend Schattenwurf und Eisabfall ergeben sich aus dem nachvollziehbaren und schlüssigen von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachten betreffend die Fachbereiche Eisabfall und Schattenwurf, dem die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.
Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde darauf hinweist, in der Aufgabenstellung zum Teilgutachten sei nicht auf die aktuelle Rechtsprechung des VwGH hingewiesen worden, ist ihr entgegenzuhalten, dass es Aufgabe eines Sachverständigen ist, Tatsachenfragen zu beantworten. Einem Sachverständigen kommt hingegen nicht die Befugnis zu, Rechtsfragen zu beantworten. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, die Richtigkeit des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Das erkennende Gericht hegt keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachtens. Die Beschwerdeführerin vermochte im Verfahren nicht substantiiert und nachvollziehbar darzulegen, warum das Teilgutachten ihrer Ansicht nach unschlüssig, unzureichend oder unvollständig ist.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit:
Gemäß § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
2.2. Parteistellung und Zulässigkeit der Beschwerden:
Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen, oder denen diese Befugnis aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen zukommt (vgl. hiezu Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 3/2016, 369).
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine gem. § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte österreichische Umweltorganisation. Sie hat im UVP-Verfahren Einwendungen erhoben und so gem. § 19 Abs. 10 UVP-G 2000 im UVP-Verfahren als Partei teilgenommen. Sie ist aufgrund dieser Bestimmung auch berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.
Die hier behandelte Beschwerde erfüllt die Inhaltserfordernisse nach § 9 VwGVG und ist auch rechtzeitig.
2.3. Zu den Verfahrensrügen:
2.3.1. Die Beschwerdeführerin moniert in ihrer Beschwerde, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 3 Abs. 3 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (in der Folge: COVID-19-VwBG) i.d.F. BGBl I. Nr. 42/2020 insoweit missachtet, als der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit einer Teilnahme an der am 25.5.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung eingeräumt worden sei. Dadurch sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen, ihre Argumente und Bedenken vorzutragen und die Durchführung eines Lokalaugenscheins zu beantragen.
Dieser Einwand der Beschwerdeführerin ist im Ergebnis nicht berechtigt:
Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zustellgesetz und das Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (in der Folge: 12. COVID-19-Gesetz), BGBl I. Nr. 42/2020, kundgemacht am 14.5.2020, wurde § 3 COVID-19-VwBG novelliert. Gemäß § 9 Abs. 4 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 trat § 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
§ 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 lautet wie folgt:
„Mündliche Verhandlungen, Vernehmungen, Augenscheine, Beweisaufnahmen und dergleichen, mündlicher Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten
§ 3. (1) Mündliche Verhandlungen (§§ 40 bis 44 AVG; §§ 43 und 44 VStG), Vernehmungen (§§ 48 bis 51 AVG; § 24 VStG iVm. §§ 48 bis 51 AVG, § 33 VStG), Augenscheine, Beweisaufnahmen und dergleichen sind nur durchzuführen, wenn sichergestellt ist, dass am Ort der Amtshandlung zwischen den anwesenden Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann. Die an der Amtshandlung teilnehmenden Personen haben eine den Mund- und Nasenbereich gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion zu tragen; dies gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr oder für Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zugemutet werden kann. Der Leiter der Amtshandlung hat für die Einhaltung dieser Vorschriften zu sorgen; § 34 Abs. 2, 4 und 5 AVG ist anzuwenden.
(2) Die Behörde kann
1. mündliche Verhandlungen, Vernehmungen, Augenscheine und dergleichen unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchführen,
2. mündliche Verhandlungen, die andernfalls an Ort und Stelle abzuhalten wären, unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung am Sitz der Behörde oder an dem Ort abhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint, wobei Augenscheine und Beweisaufnahmen an Ort und Stelle diesfalls vor der Verhandlung stattzufinden haben, oder
3. Beweise unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung aufnehmen.
(3) Den Parteien und sonst Beteiligten, den erforderlichen Zeugen und Sachverständigen, den Dolmetschern und den sonst der Amtshandlung beizuziehenden Personen ist Gelegenheit zu geben, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Die Behörde hat die Parteien und sonst Beteiligten aufzufordern, bekanntzugeben, ob ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zur Verfügung stehen; ist dies nicht der Fall, so kann die Amtshandlung auch in ihrer Abwesenheit durchgeführt werden. Die Behörde hat diesfalls den Parteien und sonst Beteiligten, die aus diesem Grund an der Amtshandlung nicht teilnehmen können, in sonst geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, ihre Rechte auszuüben bzw. bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken.
(4) Ist gesetzlich vorgesehen, dass Beteiligte spätestens während der mündlichen Verhandlung Einwendungen erheben können, und wird die mündliche Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt, so hat die Behörde denjenigen Beteiligten, die nicht bereits rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, gemäß Abs. 3 bekanntgegeben haben, dass ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht zur Verfügung stehen, und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben, auf Verlangen Gelegenheit zur nachträglichen Erhebung von Einwendungen zu geben. Ein solches Verlangen ist spätestens drei Tage nach dem Tag zu stellen, an dem die Verhandlung durchgeführt wurde. Die Behörde hat solchen Beteiligten die Verhandlungsschrift (§ 14 Abs. 3 AVG) mit der Mitteilung zu übermitteln, dass es ihnen freisteht, binnen einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist bei der Behörde Einwendungen zu erheben. Werden solche Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben, so treten die Folgen des § 42 Abs. 1 AVG ein; die Aufforderung der Behörde hat auch einen Hinweis darauf zu enthalten. § 42 Abs. 3 AVG bleibt unberührt.
(5) Wird eine Amtshandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt, so braucht eine Niederschrift, außer vom Leiter der Amtshandlung, von keiner weiteren Person unterschrieben zu werden. Wird die Niederschrift elektronisch erstellt, so kann an die Stelle der Unterschrift des Leiters der Amtshandlung ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Leiters der Amtshandlung und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Niederschrift treten. § 14 Abs. 1 bis 4, 6 und 7 AVG bleibt unberührt.
(6) Die Behörde ist verpflichtet, mit den Beteiligten sowie mit sonstigen Personen im Rahmen der Durchführung des Verfahrens mündlich zu verkehren, wenn dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist und eine andere Form als die des mündlichen Verkehrs nach Lage des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt. Die Behörde ist zur Entgegennahme mündlicher Anbringen bei Gefahr im Verzug oder wenn ein einschreitender Beteiligter der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist oder diesem eine schriftliche Einbringung wegen einer Behinderung nicht zugemutet werden kann, verpflichtet. In sonstigen Fällen kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, das Anbringen innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist schriftlich einzubringen. Wird das Anbringen rechtzeitig schriftlich eingebracht, so gilt es als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht.“
Im vorliegenden Fall beraumte die belangte Behörde zunächst mit Schreiben vom 11.3.2020 eine mündliche Verhandlung für den 11.5.2020 an. Aufgrund von Einschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19 wurde die für den 11.5.2020 anberaumte Verhandlung mit Verhandlungsverständigung vom 24.4.2020 unter Hinweis auf § 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 24/2020 auf den 25.5.2020 verschoben. Zu diesem Zeitpunkt war § 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 noch nicht in Kraft und konnte daher von der belangten Behörde bei der Verhandlungsverständigung (noch) nicht berücksichtigt werden.
Allerdings war die novellierte Fassung des § 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 mangels Übergangsbestimmung von der belangten Behörde bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung am 25.5.2020 anzuwenden. Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung der Bestimmung des § 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 entsprochen hat.
Die mündliche Verhandlung fand am 25.5.2020 in Räumlichkeiten des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung statt. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung wies die Leiterin der Amtshandlung die Parteien auf die einzuhaltenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hin. Zudem wurde am Ort der mündlichen Verhandlung sowohl ein Abstand von mindestens einem Meter zwischen den anwesenden Personen eingehalten als auch sichergestellt, dass sämtliche an der Amtshandlung teilnehmenden Personen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
Damit hat die belangte Behörde die Vorgaben für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 3 Abs. 1 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 eingehalten.
Zu prüfen bleibt, ob die belangte Behörde dadurch, dass sie den Parteien keine Gelegenheit gab, unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der Amtshandlung teilzunehmen, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, gegen § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 verstoßen hat.
Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 ist unter anderem den Parteien Gelegenheit zu geben, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Fraglich ist, ob § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 dahingehend auszulegen ist, dass die Behörde verpflichtet ist, den Parteien Gelegenheit zur audiovisuellen Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung zu geben, oder ob der Behörde diesbezüglich Ermessen zukommt.
Die Gesetzesmaterialien (IA 437/A 27. GP und AB 136 BlgNR 27. GP ) halten dazu folgendes fest (Hervorhebungen durch das Gericht):
„[…] Der vorgeschlagene § 3 Abs. 1 normiert Verhaltensmaßregeln für die Durchführung von Amtshandlungen in (physischer) Anwesenheit anderer Personen. Die Befugnis des Leiters der Amtshandlung, Personen, die keine den Mund- und Nasenbereich gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion tragen, von der Amtshandlung auszuschließen, ist Teil der Sitzungspolizei (§ 34 AVG).
Um trotz der Beschränkung der Bewegungsfreiheit und persönlichen Kontakte zur Verhütung und Bekämpfung von COVID-19 den Verkehr der Behörden aufrechtzuhalten, soll der vorgeschlagene § 3 Abs. 2 und 3 in weitestmöglichem Umfang zur Durchführung von mündlichen Verhandlungen, Vernehmungen und dergleichen unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung ermächtigen. Die Behörde hat – wie im Ermittlungsverfahren sonst auch – Ermessen. Insbesondere auch im Hinblick auf den sich aus § 6 des Gesetzes ergebenden „mittelbaren“ Anwendungsbereich der Bestimmung auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes ist jedoch hervorzuheben, dass dieses Ermessen nur in einer Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, sowie sonstigen verfassungsgesetzlichen Bestimmungen nicht widersprechenden Weise geübt werden darf. In diesem Sinne und mit diesen Einschränkungen sind auch die nachfolgenden Erläuterungen zu verstehen (ohne dass darauf nochmals besonders hingewiesen wird).
[…]
Der vorgeschlagene Abs. 3 erster Satz schließt die (physische) Anwesenheit einzelner Personen am Ort der Amtshandlung nicht aus. Welche Personen der Leiter der Amtshandlung dieser unmittelbar beizieht (zB die erforderlichen Sachverständigen) und welchen er eine Teilnahme unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung ermöglicht, steht in seinem Ermessen. Die Parteien und sonst Beteiligten haben kein subjektives Recht darauf, bei der betreffenden Amtshandlung (physisch) anwesend zu sein, sondern nur darauf, „unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an [ihr] teilzunehmen“. Bei der Entscheidung, welche Personen anwesend sein können, ist insbesondere der Grundsatz der Waffengleichheit im Verfahren (Art. 6 EMRK) zu berücksichtigen. Die unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der Amtshandlung teilnehmenden Personen können sich gegebenenfalls auch in separaten Räumlichkeiten ein und desselben (Amts-)Gebäudes aufhalten.
[…]
Der vorgeschlagene Abs. 3 zweiter und dritter Satz ermächtigt grundsätzlich dazu, Amtshandlungen in Abwesenheit von Personen durchzuführen, denen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht zur Verfügung stehen, und trifft entsprechende Regelungen für Parteien und Beteiligte, die aus diesem Grund an der Amtshandlung nicht teilnehmen können. Um die mögliche Vorgangsweise der Behörde anhand des wohl häufigsten Falles der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu veranschaulichen: Die Behörde beraumt die Verhandlung in der im § 41 Abs. 1 AVG vorgesehen Form an, wobei sie in die Verständigung (Kundmachung) zusätzlich den Hinweis aufnimmt, dass für die Durchführung der Verhandlung technische Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung verwendet werden sollen. Darüber hinaus enthält die Verständigung (Kundmachung) die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen. Je nachdem, in welcher Form die mündliche Verhandlung kundgemacht wurde, hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung – an der sie unter Verwendung der betreffenden technischen Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung teilnimmt – Einwendungen erhebt. Auf Beteiligte, die an der mündlichen Verhandlung deswegen nicht teilnehmen können, weil ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht zur Verfügung stehen – und ihre Einwendungen daher auch nicht während der Verhandlung erheben können –, ist grundsätzlich § 42 Abs. 3 AVG anzuwenden. In der Regel werden solche Beteiligte ihre Einwendungen auch bis zum Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden erheben können (zB weil ihr die für die Zwecke der Verhandlung aufgelegten Pläne oder sonstigen Behelfe dies ermöglichen); es kann allerdings sein, dass sich die Auswirkungen eines Vorhabens erst auf Grund des Inhalts der Verhandlung (bzw. von aus diesem Anlass durchgeführten Augenscheinen oder Beweisaufnahmen) zuverlässig beurteilen lassen. In diesem Fall wird die Behörde den bekannten Beteiligten, die an der Verhandlung nicht teilgenommen haben, gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 3 dritter Satz – zweckmäßigerweise unter Anschluss der Verhandlungsschrift – nachträglich Gelegenheit zu geben haben, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zur Wahrung der Parteistellung schriftlich Einwendungen zu erheben.
[…].“
Aus den oben zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber der Behörde bei der Beurteilung, ob eine Amtshandlung unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt wird, Ermessen einräumen wollte. Bei der Ausübung dieses Ermessens soll die Behörde an den Grundsatz der Waffengleichheit im Verfahren nach Art. 6 EMRK gebunden sein. Der Gesetzgeber stellt in den Materialien klar, dass den Parteien kein subjektives Recht zukommt, bei der betreffenden Amtshandlung physisch anwesend zu sein, sondern lediglich darauf, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an ihr teilzunehmen. § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 ist daher dahingehend auszulegen, dass den Parteien – sofern ihnen nicht die Möglichkeit gegeben wird, bei der betreffenden Amtshandlung physisch anwesend zu sein – das subjektive Recht zukommt, unter Verwendung audiovisueller Mittel an der Amtshandlung teilzunehmen.
§ 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 sieht hingegen nicht – wie von der Beschwerdeführerin angenommen – vor, dass den Parteien jedenfalls, also auch dann, wenn die Möglichkeit der physischen Teilnahme an der Amtshandlung besteht, Gelegenheit zu geben ist, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Ein subjektives Recht besteht vielmehr nur insoweit, als die Parteien in geeigneter Weise ihre Rechte ausüben und an der Sachverhaltsfeststellung mitwirken können müssen (so auch Cudlik/Lopatka, Amtshandlungen in der COVID-19-Lockerungsphase, ecolex 2020, 587 [589]). Dabei steht es im Ermessen der Behörde, ob sie es den Parteien ermöglicht, physisch an der Amtshandlung – etwa an einer mündlichen Verhandlung – teilzunehmen oder ob sie ihnen Gelegenheit gibt, unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der Amtshandlung teilzunehmen. Es handelt sich nach dem Willen des Gesetzgebers um zwei gleichwertige Alternativen, zwischen denen die Behörde zu wählen hat (vgl Greifeneder in Resch, Corona-HB1.02 Kap 15 Rz 19/1 und 19/4 [Stand 30.9.2020, rdb.at]).
Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde dafür entschieden, die mündliche Verhandlung mit physischer Präsenz der Parteien unter Einhaltung der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 durchzuführen. Dafür, dass die belangte Behörde bei der Ausübung des ihr nach dem Willen des Gesetzgebers eingeräumten Ermessens den Grundsatz der Waffengleichheit im Verfahren nach Art. 6 EMRK nicht beachtet hätte, sind im Verfahren keine Anhaltspunkte aufgekommen. Die belangte Behörde hat sämtliche Parteien und Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung am Amt der Niederösterreichischen Landesregierung geladen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die Vertreter der Beschwerdeführerin – anders als die sonstigen Parteien – aufgrund sachlicher Erwägungen, etwa aufgrund von Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe in Hinblick auf COVID-19, nicht in der Lage gewesen wären, persönlich an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Das Vorliegen derartiger Umstände hat die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, die belangte Behörde hätte ihr gegenüber eine Garantie-Erklärung dafür abgeben müssen, dass am Weg zum und vom Verhandlungsort sowie am Verhandlungsort selbst keine Gefahr einer Ansteckung mit dem Corona-Virus bestehe, ist ihr zu entgegnen, dass für eine solche Erklärung keine gesetzliche Grundlage besteht.
Insgesamt hat die belangte Behörde bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung auf ausreichenden Abstand und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes durch sämtliche bei der Amtshandlung anwesende Personen geachtet. Sie hat damit geeignete Vorkehrungen für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen und insbesondere die Vorgaben nach § 3 Abs. 1 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 eingehalten.
Eine Verletzung von § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 durch die belangte Behörde kann daher nicht erkannt werden.
2.3.2. In der Beschwerde wird weiters argumentiert, die Behörde habe das der Beschwerdeführerin zu gewährende Parteiengehör missachtet und ihr nicht alle Gutachten, Teilgutachten und sonstigen relevanten Schriftstücke übermittelt bzw. sei eine Zustellung per E-Mail unzulässig und keine rechtsgültige Zustellung mit Zustellnachweis erfolgt.
Dazu ist auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.4.2020, W248 2226256-1, zu verweisen, die der Beschwerdeführerin in einem anderen Verfahren zugestellt wurde und eine ähnliche Problematik betraf. Darin wird unter näherer Darlegung der anzuwendenden Rechtsgrundlagen darauf hingewiesen, dass das Zustellgesetz die Möglichkeit der Zustellung an einer elektronischen Zustelladresse bietet und dass eine elektronische Zustelladresse der Behörde u.a. dadurch „angegeben“ werden kann, dass diese in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren auf einem Eingabeschriftsatz angeführt oder ein Antrag über diese – etwa per E-Mail – eingebracht wird. Letzteres ist gegenständlich der Fall, da die Beschwerdeführerin die für die Übersendung der Gutachten verwendete E-Mail-Adresse in ihrer Kommunikation mit der Behörde selbst verwendet hat. Es handelt sich daher bei dieser E-Mail-Adresse um eine taugliche elektronische Zustelladresse der Beschwerdeführerin.
Selbst für den Fall, dass der belangten Behörde bei der Zustellung Fehler unterlaufen sein sollten, wurde im angesprochenen Erkenntnis, auf dessen Begründung verwiesen wird, festgehalten, dass selbst bei mangelhafter Zustellung die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist und damit der Zweck der Zustellung trotz aufgetretener Zustellmängel erreicht wurde. Eines formellen Zustellnachweises bedarf es dafür nicht. Heilbar sind demnach grundsätzlich alle Zustellmängel, soweit sie nicht einen unrichtigen Empfänger betreffen.
Da, wie in den Feststellungen dargelegt, der Beschwerdeführerin sämtliche Teilgutachten per E-Mail zugegangen sind, ist von einer wirksamen Zustellung dieser Schriftstücke auszugehen.
Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich die Möglichkeit geboten, in sämtliche Akten Einsicht zu nehmen und sich Abschriften davon herstellen zu lassen.
2.3.3. Die Beschwerdeführerin lehnt die beigezogenen Sachverständigen für Landschaftsbild/Raumordnung/Ortsbild und für Naturschutz/Ornithologie ab, weil sie weder Amtssachverständige noch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige seien und nicht auf gleicher fachlicher Ebene agieren würden. Da das Bundesverwaltungsgericht diese Sachverständigen auch im Beschwerdeverfahren beigezogen hat, ist auf dieses Vorbringen näher einzugehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kann die mangelnde Fachkunde eines Sachverständigen mit Erfolg nur durch ein konkretes Vorbringen geltend gemacht werden, wonach das vom Sachverständigen erstattete Gutachten unrichtig oder unvollständig ist (vgl. etwa VwGH 27.03.2019, Ra 2017/06/0005, Rz. 9, m.w.N.).
Mit ihren Ausführungen – welche insgesamt nicht fachkundig (etwa durch eine fachkundige Stellungnahme) untermauert wurden – vermochte die Beschwerdeführerin keine mangelnde Fachkunde in Bezug auf die betreffenden Sachverständigen aufzuzeigen. So haben die Sachverständigen sich zu den gerügten Aspekten in ihren gutachterlichen Ausführungen sowie Fragebeantwortungen in der mündlichen Verhandlung im verwaltungsbehördlichen Verfahren geäußert. Sie haben auch die ihnen jeweils von der belangten Behörde und vom Gericht gestellten Aufträge (Beweisfragen), wie in den Feststellungen und unten zu den einzelnen rechtlichen Themenbereichen dargelegt, ausreichend bearbeitet und beantwortet. Der bloße Umstand, dass ein Sachverständiger im Verwaltungsverfahren ein für die Partei nicht günstiges Gutachten erstattet hat, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen (VwGH 15.11.2019, Ra 2019/02/0170).
Das Bundesverwaltungsgericht sah sich daher nicht veranlasst, von der Beiziehung der hinsichtlich ihrer Fachkunde in Streit gezogenen Sachverständigen Abstand zu nehmen.
2.3.4. Zum Vorwurf der mangelnden Bescheidbegründung ist in Erinnerung zu rufen, dass das Bundesverwaltungsgericht sich immer wieder derartigen erheblichen Begründungsmängeln von UVP-Genehmigungsbescheiden gegenübersieht, was durchaus einen grundlegenden Missstand darstellt, der u.a. geeignet ist, den Zeit- und Kostenaufwand in verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu verlängern bzw. dorthin zu verschieben (vgl. etwa zuletzt ausführlich BVwG 31.3.2020, W104 2216410-1 Markgrafneusiedl Kies IV Deponie; BVwG 22.10.2020, W270 2211483-1 Enzersdorf/Fischa Deponie).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat seine diesbezügliche Rechtsprechung zu § 60 AVG, wonach in der Begründung des Bescheides eine Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter jede angewendete Rechtsvorschrift zu erfolgen hat und jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz in der Begründung des Bescheides ausreichend zu beantworten ist, auch nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz ausdrücklich aufrechterhalten und auf die Verwaltungsgerichte übertragen (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).
Auch im ggstdl. Verfahren ist der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass die Begründung des Bescheides in dem von ihr aufgezeigten Bereich nicht durchwegs den Anforderungen des § 60 AVG entspricht.
Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, rechtfertigen allerdings keine Zurückverweisung (VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005).
2.3.5. Im Übrigen sind der belangten Behörde unterlaufene Begründungs- und Feststellungsmängel des Bescheides im Hinblick auf die Ergänzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht als saniert zu betrachten (vgl. etwa VwGH vom 27.05.2011, 2008/02/0049).
Die Beschwerdeführerin bekam im Verfahren des Verwaltungsgerichts und der abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausreichend die Möglichkeit, sich zu den strittigen Punkten zu äußern, von den ergänzenden Stellungnahmen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Kenntnis zu nehmen und Fragen an die Sachverständigen und die mitbeteiligte Partei zu richten (zum Beschwerdeverfahren siehe weiters gleich unten). Sämtliche weiteren, der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden, Ermittlungsergebnisse wurden den Parteien bei Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Es ist festzuhalten, dass der der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegende Sachverhalt mängelfrei unter Wahrung sämtlicher Parteienrechte ermittelt worden ist.
2.3.6. Die sonstigen in der Beschwerde als Verfahrensrügen vorgebrachten Argumente beziehen sich auf unvollständige Unterlagen und eine unvollständige Prüfung von Umweltauswirkungen bzw. der Genehmigungsvoraussetzungen. Diese werden im Folgenden bei den einzelnen umweltrechtlichen Themenbereichen behandelt.
2.4. Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:
Wie oben unter Pkt. 2.3.1. ausführlich dargelegt, sieht § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG idF BGBl I. Nr. 42/2020 nicht vor, dass den Parteien jedenfalls, also auch dann, wenn die Möglichkeit der physischen Teilnahme an der Amtshandlung besteht, Gelegenheit zu geben ist, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Vielmehr steht es im Ermessen der Behörde, ob sie es den Parteien ermöglicht, physisch an der Amtshandlung – etwa an einer mündlichen Verhandlung – teilzunehmen oder ob sie ihnen Gelegenheit gibt, unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der Amtshandlung teilzunehmen.
Der hier ausschlaggebende Wortlaut wurde durch die Novelle BGBl. I Nr. 59/2020 des COVID-19-VwBG nicht verändert. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist diese Bestimmung auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwenden, soweit sie das AVG anzuwenden haben. Dies ist vorliegend der Fall (§ 42 Abs. 1 UVP-G 2000).
Es ist daher auf die Ausführungen zu Punkt 2.3.1. zu verweisen. Dass sich das Bundesverwaltungsgericht angesichts der epidemiologisch unproblematischen Situation am Sitz des Gerichts für die physische Abhaltung der mündlichen Verhandlung entschieden hat, ist daher nicht zu beanstanden; aus Sicht des erkennenden Senats wurde der dem Bundesverwaltungsgericht zukommende Ermessensspielraum nicht überschritten kann die Beschwerdeführerin aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Teilnahme über technische Übertragungseinrichtungen keinen Verfahrensfehler geltend machen. Die Verhandlung wurde zu Recht ohne ihre Teilnahme durchgeführt.
Zum diesbezüglichen Schreiben der Beschwerdeführerin vom 22.12.2020 ist darauf zu verweisen, dass sachverhaltsbezogenes Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung und des Ermittlungsverfahrens gemäß § 16 Abs. 3 i.V.m. § 40 Abs. 5 UVP-G 2000 nicht mehr berücksichtigt werden kann und dass die Möglichkeit der „Vorabentscheidung“ an den VfGH oder den VwGH nicht besteht.
2.5. Schutzgutübergreifende Aspekte der Genehmigung des ggstl. Vorhabens
2.5.1. Schutzgutübergreifende Genehmigungsvoraussetzungen (in der geltenden Fassung und auszugsweise, soweit in diesem Beschwerdeverfahren relevant):
§ 17 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000:
„Entscheidung
§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. […]
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(3) […]
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
(6) In der Genehmigung können angemessene Fristen für die Fertigstellung des Vorhabens, einzelner Teile davon oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgesetzt
werden. Die Behörde kann diese Fristen aus wichtigen Gründen verlängern, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin dies vor Ablauf beantragt. In diesem Fall ist der Ablauf
der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes über die Abweisung des Verlängerungsantrages gehemmt. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens oder eines Verfahrens gemäß § 18b können die Fristen von Amts wegen geändert werden.
[…]“
§§ 11 und 12 NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005 – ElWG 2005:
„§ 11
Voraussetzungen für die Erteilung der elektrizitätsrechtlichen Genehmigung
(1) Erzeugungsanlagen sind unter Berücksichtigung der Interessen des Gewässerschutzes entsprechend dem Stand der Technik so zu errichten, zu ändern und zu betreiben, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage oder durch die Lagerung von Betriebsmitteln oder Rückständen und dergleichen
1. das Leben oder die Gesundheit des Betreibers der Erzeugungsanlage,
2. das Leben oder die Gesundheit oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn nicht gefährdet werden,
3. Nachbarn durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen und Schwingungen, im Falle von Windkraftanlagen auch durch Schattenwurf, nicht unzumutbar belästigt werden,
4. die zum Einsatz gelangende Energie unter Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit effizient eingesetzt wird,
5. kein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan besteht und
6. sichergestellt ist, dass das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse berücksichtigt wird, sofern eine solche gemäß § 6 Abs. 2 Z. 17 beizubringen war.
(2) Unter Gefährdungen im Sinne des Abs. 1 Z 2 sind nur jene zu verstehen, die über solche hinausgehen, die von Bauwerken (z. B. Hochhäuser, Sendemasten, Windkraftanlagen) üblicherweise ausgehen. Unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen.
(3) Ob Belästigungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Erzeugungsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
(4) Ist für eine Erzeugungsanlage keine Bewilligung nach der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, erforderlich, sind die bautechnischen Bestimmungen, die Bestimmungen über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die Bestimmung des § 56 und die zur Umsetzung der MCP-Richtlinie getroffenen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Behörde ist ermächtigt, durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Abs. 1 zu erlassen.
§ 12 Erteilung der Genehmigung
(1) Die Erzeugungsanlage ist zu genehmigen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 erfüllt sind; insbesondere, wenn nach dem Stande der Technik und dem Stande der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen vermieden und Belästigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Dabei hat eine Abstimmung mit den Interessen des Gewässerschutzes zu erfolgen, soweit diese Interessen betroffen sind. Können die Voraussetzungen auch durch solche Auflagen nicht erfüllt werden, ist die elektrizitätsrechtliche Genehmigung zu versagen.
(2) Die Behörde kann in der Genehmigung anordnen, dass der Betreiber vor Baubeginn einen geeigneten Bauführer zu bestellen hat, wenn es Art oder Umfang des Vorhabens erfordert oder es zur Wahrung der im § 11 Abs. 1 Z 1 bis 3 und § 12 Abs. 1 zweiter Satz festgelegten Interessen sich als notwendig erweist. Der bestellte Bauführer hat die Errichtung der Erzeugungsanlage zu überwachen.
(3) Die Behörde hat Emissionen nach dem Stand der Technik durch geeignete Auflagen zu begrenzen.
(4) Die Behörde kann zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 11 Abs. 1 umschriebenen Interessen bestehen.
(5) Stand der Technik ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere jene vergleichbaren Verfahren, Einrichtungen, Bau- und Betriebsweisen heranzuziehen, welche am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind.
[…]“
§ 7 NÖ Starkstromwegegesetz:
Bau- und Betriebsbewilligung
§ 7
(1) Die Bau- und Betriebsbewilligung ist zu erteilen, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In dieser Bewilligung hat die Behörde erforderlichenfalls durch Auflagen zu bewirken, daß die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumordnung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und die öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind im Ermittlungsverfahren zu hören, soweit sie durch die Leitungsanlage betroffen werden.
(2) Die Behörde kann bei Auflagen, deren Einhaltung aus Sicherheitsgründen vor Inbetriebnahme einer Überprüfung bedarf, zunächst nur die Baubewilligung erteilen und sich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten.
(3) Soll in der technischen Ausführung der geplanten elektrischen Leitungsanlage von den Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen (§ 2 des Elektrotechnikgesetzes) oder von den allgemeinverbindlichen elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften (§ 3 des Elektrotechnikgesetzes) abgewichen werden, so ist die Bau- und Betriebsbewilligung nur unter der Auflage zu erteilen, daß eine entsprechende Ausnahmebewilligung des Bundesministeriums für Bauten und Technik für die geplante Abweichung erlangt wird.“
2.6. Natur und Landschaft:
Die §§ 7 und 18 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NSchG 2000 lauten:
„§ 7
Bewilligungspflicht
(1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich und funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:
1. die Errichtung und wesentliche Abänderung von allen Bauwerken, die nicht Gebäude sind und die auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Gebäuden stehen und von sachlich untergeordneter Bedeutung sind;
[…]
(2) Die Bewilligung nach Abs. 1 ist zu versagen, wenn
1. das Landschaftsbild,
2. der Erholungswert der Landschaft oder
3. die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum
erheblich beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann. Bei der Vorschreibung von Vorkehrungen ist auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft sowie einer leistungsfähigen Wirtschaft soweit wie möglich Bedacht zu nehmen.
(3) Eine erhebliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit des betroffenen Lebensraumes liegt insbesondere vor, wenn
1. eine maßgebliche Störung des Kleinklimas, der Bodenbildung, der Oberflächenformen oder des Wasserhaushaltes erfolgt,
2. der Bestand und die Entwicklungsfähigkeit an für den betroffenen Lebensraum charakteristischen Tier- und Pflanzenarten, insbesondere an seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten, maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird,
3. der Lebensraum heimischer Tier- oder Pflanzenarten in seinem Bestand oder seiner Entwicklungsfähigkeit maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird oder
4. eine maßgebliche Störung für das Beziehungs- und Wirkungsgefüge der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt untereinander oder zu ihrer Umwelt zu erwarten ist.
(4) Mögliche Vorkehrungen im Sinne des Abs. 2 sind:
- die Bedingung oder Befristung der Bewilligung,
- der Erlag einer Sicherheitsleistung,
- die Erfüllung von Auflagen, wie beispielsweise die Anpassung von Böschungsneigungen, die Bepflanzung mit bestimmten standortgerechten Bäumen oder Sträuchern, die Schaffung von Fischaufstiegshilfen, Grünbrücken oder Tierdurchlässen sowie
- Kompensationsmaßnahmen (Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen).
[…]“
„§ 18
Artenschutz
(1) Die Vorschriften zum Artenschutz dienen dem Schutz und der Pflege der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt. Der Artenschutz umfasst
1. den Schutz der Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensgemeinschaften vor Beeinträchtigungen durch den Menschen, insbesondere durch den menschlichen Zugriff, 2. den Schutz, die Pflege, die Entwicklung und die Wiederherstellung der Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten sowie die Gewährleistung ihrer sonstigen Lebensbedingungen und
3. die Ansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wildlebender Arten in geeigneten Biotopen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes.
(2) Wildwachsende Pflanzen oder freilebende Tiere, die nicht Wild im Sinne des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500, sind, deren Bestandsschutz oder Bestandspflege
1. wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes,
2. aus wissenschaftlichen oder landeskundlichen Gründen,
3. wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt oder
4. zur Erhaltung von Vielfalt oder Eigenart von Natur und Landschaft erforderlich ist, sind durch Verordnung der Landesregierung gänzlich oder, wenn es für die Erhaltung der Art ausreicht, teil- oder zeitweise unter Schutz zu stellen. In der Verordnung können die Tier- und Pflanzenarten, deren Vorkommen im Landesgebiet vom Aussterben bedroht ist, bestimmt werden.
(3) Durch Verordnung können nichtheimische Arten besonders geschützten heimischen Arten gleichgestellt werden, wenn deren Bestandsschutz erforderlich ist, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes Ursachen ihres bestandsgefährdenden Rückgangs zu beschränken oder auszuschließen, und die
1. in einem anderen Bundesland oder in ihrem Herkunftsland einen besonderen Schutz genießen,
2. in internationalen Übereinkommen, denen Österreich beigetreten ist, mit einer entsprechenden Kennzeichnung aufgeführt sind oder
3. nach gesicherten Erkenntnissen vom Aussterben bedroht sind, ohne in ihrem Herkunftsland geschützt zu sein.
(4) Es ist für die nach den Abs. 2 und 3 besonders geschützten Arten verboten:
1. Pflanzen oder Teile davon auszugraben oder von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, in frischem oder getrocknetem Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten. Dieser Schutz bezieht sich auf sämtliche ober- und unterirdische Pflanzenteile;
2. Tiere zu verfolgen, absichtlich zu beunruhigen, zu fangen, zu halten, zu verletzen oder zu töten, im lebenden oder toten Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten;
3. Eier, Larven, Puppen oder Nester dieser Tiere oder ihre Nist-, Brut-, Laich- oder Zufluchtstätten zu beschädigen, zu zerstören oder wegzunehmen sowie
4. Störungen an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten der vom Aussterben bedrohten und in der Verordnung aufgeführten Arten, insbesondere durch Fotografieren oder Filmen, zu verursachen.“
Eine inhaltlich entsprechende Regelung enthält § 3 NÖ JagdG 1974 für das Feder- und Haarwild.
2.6.1. Landschaft
2.6.1.1. Gemäß § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 ist die naturschutzrechtliche Bewilligung zu versagen, wenn das Landschaftsbild, der Erholungswert oder die ökologische Funktionstüchtigkeit der Landschaft erheblich beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann.
Gemäß § 7 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 ist die Errichtung von Bauwerken, die nicht Gebäude sind, bewilligungspflichtig. Gemäß § 4 Z 15 NÖ Bauordnung 2014 sind Gebäude oberirdische Bauwerke mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, wobei alle miteinander verbundenen Bauteile als ein Gebäude gelten. Eine WKA ist daher kein Gebäude und daher gemäß § 7 NÖ NSchG 2000 bewilligungspflichtig, wovon auch der angefochtene Bescheid ausgeht, da die entsprechenden Bestimmungen des § 7 bei den Rechtsgrundlagen angeführt sind.
Eine Interessenabwägung bei erheblicher Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 somit nicht vorgesehen. Wird das Landschaftsbild daher erheblich beeinträchtigt, kommt nach dieser Bestimmung nur eine Abweisung des Genehmigungsantrages in Frage.
An der Bedeutung des Begriffes „erheblich“ hängt daher vorderhand das Schicksal einer WKA, wenn diese – wie regelmäßig und wie auch im konkreten Fall – Auswirkungen auf das Landschaftsbild hat, die nicht durch Nebenbestimmungen abgemildert oder ausgeglichen werden können.
1.6.1.2. Dem angefochtene Bescheid ist keine Begründung zu entnehmen warum die Bewilligung nach § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 erteilt wurde. Implizit ist jedoch davon auszugehen, dass von einer nicht erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ausgegangen wurde. Dies auf Grundlage des landschaftsfachlichen Gutachtens, das in einem Landschaftsraum eine auf einer sechsteiligen Skala (Verbesserung/keine bis sehr geringe/geringe/mittlere/hohe/sehr hohe) als „mittel“ eingestufte Auswirkung feststellt und welches dem Bescheid zugrunde lag.
Der Begriff der „Erheblichkeit“ wird im Gesetz nicht definiert. Nach dem Duden bedeutet erheblich „beträchtlich, ins Gewicht fallend“; als Synonyme werden angeführt: „beachtlich, außerordentlich, ansehnlich“. Dieser Begriff lässt somit eine Auslegung in Richtung „nicht unbedeutend“, „von gewisser Bedeutung“ einerseits, aber auch in Richtung „von großer Bedeutung“, „stark“ „groß“ udgl. zu.
Auch die Gesetzesmaterialien zu § 7 Abs. 2 geben keine eindeutige Auskunft über die Auslegung des Begriffes. Mit LGBL. Nr. 111/2015 wurde der bisherige Maßstab in § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 für die Bewertung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes von „nachhaltig“ in „erheblich“ umgeändert. Als Begründung wird in den Erläuterungen angeführt, dass sich bei genauer Betrachtung des Begriffes der Nachhaltigkeit herausgestellt habe, dass eine nachhaltige Beeinträchtigung auch alleine durch den dem Begriff immanenten Zeitfaktor gegeben sein könne, obwohl der Eingriff selbst naturschutzfachlich unbedeutend, aber auf Dauer und somit nachhaltig sei. Dies lege einen im Ergebnis nicht gewollten Beurteilungsmaßstab fest. Statt des Begriffs „nachhaltig“ werde auf den Begriff „erheblich“ zurückgegriffen. Dieser sei durch die Verwendung in Art. 6 der FFH-Richtlinie und auch in Umsetzung dieser Bestimmung in § 10 NÖ NSchG 2000, also bereits in diesem Gesetz, gebräuchlich. Darüber hinaus sei der Begriff durch seine internationale Verwendung im Bereich des Naturschutzes bereits erprobt, wodurch sowohl (europarechtliche) Judikatur zu dem Begriff vorhanden sei, als auch Leitfäden zur Beurteilung der Erheblichkeit existierten; auch in anderen Bereichen der nationalen Rechtsordnung finde sich der Begriff, wodurch neben der naturschutzrechtlichen auch auf weitere Judikatur zur Auslegung des Begriffes zurückgegriffen werden könne. Somit werde sowohl die Arbeit der Behörden erleichtert als auch die einhellige Anwendung der Bestimmungen gefördert.
Nach den Erläuterungen wohnt dem Begriff der „Erheblichkeit“ somit eine gewisse, um den reinen Zeitfaktor entkleidete – Kontinuität zum Begriff der „Nachhaltigkeit“ inne. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zum bisherigen Tatbestand der „nachhaltigen Beeinträchtigung“ des Landschaftsbildes (gemäß § 7 Abs. 2 NÖ NSchG aF) ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn das bewilligungspflichtige Vorhaben von zumindest einem Blickpunkt aus eine das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigende Wirkung nach sich zieht. Unter Landschaftsbild sei mangels einer Legaldefinition das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen. Die Beurteilung eines Objekts als maßgeblicher Eingriff setze nicht voraus, dass im betreffenden Bereich noch keinerlei Eingriff in das Landschaftsbild bestehe. Auch das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung liege im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes (VwGH 28.2.2005, 2001/10/0101). Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei eine maßgebliche und dauerhafte Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts. Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes liege vor, wenn das Bild der Landschaft prägende Merkmale durch das Vorhaben derart beeinflusst würden, dass sich der Gesamteindruck, den die Landschaft optisch vermittelt, nachteilig verändert. Die nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes hänge daher davon ab, wie sich das Vorhaben in das vorgefundene, durch bereits vorhandene Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge einfüge (VwGH 2. 12 2007, 2006/10/0116).
Geht man von dieser bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Vorgängerregelung der „nachhaltigen Beeinträchtigung“ aus und von der Begründung der Erläuterungen zur NSchG-Novelle 2015, dass sich bei genauer Betrachtung des Begriffes der Nachhaltigkeit herausgestellt habe, dass eine nachhaltige Beeinträchtigung auch alleine durch den dem Begriff immanenten Zeitfaktor gegeben sein könne, obwohl der Eingriff selbst naturschutzfachlich unbedeutend, aber auf Dauer und somit nachhaltig sei, so ergibt sich daraus einerseits, dass eine „erhebliche“ Beeinträchtigung jede nicht unbedeutende Beeinträchtigung darstellt (dies deutet in Richtung einer Bedeutung des Wortes „nachhaltig“ in Richtung „von gewisser Bedeutung“, „beachtlich“ und „jedenfalls nicht unbeachtlich“), andererseits verwendet der VwGH aber den Begriff der „Maßgeblichkeit“, der vom Duden als „von entscheidender Bedeutung; in bedeutendem Maße“ beschrieben wird (Synonyme: ausschlaggebend, bestimmend, beherrschend), was eher im Sinn von „groß“ und „stark“ zu verstehen ist.
Auch § 7 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 verwendet den Begriff der Maßgeblichkeit, wenn er definiert, wann eine erhebliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit vorliegt.
Gleichzeitig verweisen die Erläuterungen jedoch ausdrücklich auf das Begriffsverständnis nach § 10 des Gesetzes (Naturverträglichkeitsprüfung). Gemäß § 10 Abs. 1 NÖ NSchG 2000, der die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-Richtlinie über die Verträglichkeitsprüfung in Europaschutzgebieten umsetzt, sind Projekte, die ein solches Gebiet erheblich beeinträchtigen können, naturverträglichkeitsprüfungspflichtig. Hier löst der Tatbestand der Erheblichkeit die Bewilligungspflicht erst aus, es handelt sich hier um das Übertreten bestimmter Wirkschwellen. In § 10 des Gesetzes wird der Begriff derart verwendet, dass nicht erst schwerwiegende, sondern bereits Beeinträchtigungen „von gewisser Bedeutung“, die ins Gewicht fallen, zu einer Verträglichkeitsprüfung führen; diese soll ja dann erst klären, ob durch diese Auswirkungen die Erhaltungsziele des Schutzgebiets wirklich beeinträchtigt werden (vgl. dazu die Zusammenfassung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs im Urteil EuGH 29.7.2019, Rs C-411/17 , Rn 134: „Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass das in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie vorgesehene Erfordernis einer Prüfung eines Plans oder Projekts auf seine Verträglichkeit von der Voraussetzung abhängt, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass der Plan oder das Projekt das betroffene Gebiet erheblich beeinträchtigt. In Anbetracht insbesondere des Vorsorgegrundsatzes ist davon auszugehen, dass eine solche Gefahr besteht, wenn sich auf der Grundlage der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließen lässt, dass der Plan oder das Projekt die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele möglicherweise beeinträchtigt“; aus der Literatur vgl. dazu eingehend Frenz, Aktuelle FFH-Judikatur zu erheblichen Beeinträchtigungen und FFH-VP, Natur und Recht 2020, 94, mit Nachweisen u.a. auch zur Judikatur des deutschen Bundesverwaltungsgerichts).
Weiters verweisen die Erläuterungen auch auf europarechtliche Judikatur, Leitfäden und andere Bereiche der österreichischen Rechtsordnung.
Zur europarechtlichen Judikatur und Literatur siehe bereits die Zitate oben. Leitfäden zur FFH-Richtlinie, aber auch zur Einzelfallprüfung nach UVP-G 2000 reflektieren die Bedeutung, die dem Begriff nach der jeweiligen Rechtsvorschrift zukommt (vgl. etwa BMLFUW, Leitfaden Einzelfallprüfung gemäß UVP-G 2000, 2011, abrufbar unter https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/betrieblich_umweltschutz/uvp/uve_uvp_leitfaeden.html ; Leitfaden der Europäischen Kommission Leitfaden zu Windkraftprojekten und den Naturschutzvorschriften der EU, 2020, abrufbar unter https://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/wind_farms_de.pdf ).
Zur Verwendung des Begriffs in der österreichischen Rechtsordnung:
Das niederösterreichische Landesrecht kennt einige Bestimmungen, die den Begriff „erheblich“ in der Bedeutung von „maßgeblich“, „groß“, „sehr bedeutend“ verwenden:
So darf etwa gem. § 14f Landes-VertragsbedienstetenG die Dienstzeit von Nachtarbeitern, deren Dienst mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen körperlichen oder geistigen Anspannung verbunden ist (Nachtschwerarbeit), in einem 24-Stunden-Zeitraum, während dessen sie Nachtarbeit verrichten, acht Stunden nicht überschreiten. Dieses Gesetz verwendet an anderer Stelle auch die Wendung der „erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes“; hier sind wohl eine „große“ Anspannung und eine „starke“ Beeinträchtigung des Dienstbetriebs gemeint, da eine gewisse körperliche oder geistige Anspannung jede Arbeit erfordert und gewisse Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs immer wieder hingenommen werden müssen; ähnliche Bestimmungen enthalten weitere das Dienstverhältnis mit Körperschaften öffentlichen Rechts regelnde Rechtsvorschriften.
§ 2 Abs. 1 Z 14a NÖ ElWG versteht unter “erheblicher Modernisierung“ eine Modernisierung, deren Kosten mehr als 50 % der Investitionskosten für eine neue vergleichbare Anlage betragen (Legaldefinition);
Ähnlich § 14a Abs. 2 NÖ EnergieeffizienzG 2012, wonach eine erhebliche Modernisierung einer Anlage eine Modernisierung ist, deren Kosten mehr als 50 v.H. der Investitionskosten für eine neue vergleichbare Anlage betragen;
In vielen Bestimmungen des Landesrechts wird der Begriff „erheblich“ aber auch im Sinn von „eine gewisse Bedeutung“, eine (nicht allzu hohe) Schwelle überschreitend, „nicht unbedeutend“ verwendet:
Gem. § 13 Abs. 2 Landes-VertragsbedienstetenG hat der Vertragsbedienstete alle Tatsachen, die für den Anfall, die Änderung oder die Einstellung des Kinderzuschusses erheblich sind, innerhalb eines Monats anzuzeigen;
Gem. § 14 NÖ AuskunftspflichtG sind Genehmigungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, zugänglich zu machen und zu verbreiten;
Gem. § 3 Z 2 NÖ GrundverkehrsG ist Landwirt, wer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreitet (darunter fallen wohl auch Nebenerwerbslandwirte, die den überwiegenden Teil ihres Einkommens außerlandwirtschaftlich erwirtschaften);
Gem. § 4 NÖ IPPC-Anlagen und Betriebegesetz bedarf die Änderung einer IPPC-Anlage einer Bewilligung nach diesem Gesetz, wenn dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Personen oder die Umwelt eintreten könnten. Ist gem. § 6 Abs. 8 die durch die IPPC-Anlage verursachte Umweltverschmutzung so erheblich, dass neue Emissionsgrenzwerte festzulegen sind, darf jedermann in diese Entscheidung innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen ab der das Verfahren abschließenden Erledigung bei der Behörde Einsicht nehmen (daraus ist zu schließen, dass es Abstufungen der Erheblichkeit von „ins Gewicht fallen“ bis „sehr groß“ geben kann);
Gem. § 6 NÖ VeranstaltungsG können zur Vermeidung erheblicher Gefährdungen oder nachteiliger Auswirkungen einem Veranstalter von der Behörde mit Bescheid Auflagen erteilt, zeitliche Beschränkungen oder sonstige Maßnahmen vorgeschrieben werden (hier müssen die Gefährdungen oder nachteiligen Auswirkungen wohl nur eine gewisse Bedeutung aufweisen, die Behörde kann nicht erst bei großer Gefahr Auflagen erteilen);
Die Verordnung über Materialien zur Ausschmückung von Räumen für Veranstaltungen oder Festlichkeiten, LGBl 4400-8, fasst unter dem Begriff „erheblich qualmende Materialien“ die „stark qualmenden“ und die „normal qualmenden“ zusammen.
Nach dem UVP-G 2000 sind gewisse Arten von Vorhaben dann UVP-pflichtig, wenn eine Einzelfallprüfung ergeben hat, dass erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Dabei wird von der Vollzugspraxis und den Gerichten auf gewisse Schwellen abgestellt, die entweder verbal argumentiert oder durch fachlich begründete Mindesteinwirkungsgrößen begründet werden. Auch in § 6 Abs. 2 UVP-G 2000 wird der Begriff der Erheblichkeit verwendet. Erhebliche Umweltauswirkungen und die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP bzw. die Darstellung in der Unverträglichkeitserklärung sind nach diesen Bestimmungen immer dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer Gefährdung oder Schädigung von Schutzgütern begründet anzunehmen ist. Solche Erheblichkeitsschwellen stellen etwa sogenannte „Bagatellgrenzen“ bzw. „Irrelevanzkriterien“ dar, also generell anerkannte Wirkschwellen, bei deren Unterschreitung die Schädigung oder Belastung von Schutzgütern nicht erwarten wird (etwa die Mindestgeruchsschwelle von einem geringen Prozentsatz an Jahresgeruchsstunden, der Irrelevanzgrenzwert von einem geringen Prozentsatz des Jahresmittelgrenzwerts eines Luftschadstoffes udgl., vgl. dazu aus etwa das rezente Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.8.2020, W270 2226124-1). Dieses Verständnis von „Erheblichkeit“ unterscheidet sich wesentlich von jenem des „Schwerwiegens“ von Umweltbelastungen, die jedenfalls zu vermeiden sind und die nach einer Gesamtabwägung zu einer Abweisung trotz Erfüllung der sonstigen Genehmigungskriterien führen können (§ 17 Abs. 5 UVP-G 2000).
Auch die zusätzlichen Genehmigungskriterien des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 enthalten den Begriff der Erheblichkeit, danach sind Immissionen zu vermeiden, die erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen. Im Gegensatz zur schwerwiegenden Umweltbelastung sind erhebliche Belastungen solche, die Gefährdungen von Schutzgütern hervorrufen können, doch nicht in jedem Falle unzulässig sind.
Damit wurde der in den Erläuterungen gespannte Bogen untersucht und kein eindeutiges Ergebnis erreicht. Die Hinweise in den Erläuterungen zu § 7 Abs. 2 NÖ NSchG in der aktuellen Form führen sohin zu keinem Ergebnis betreffend die exakte Bedeutung der Wendung „erhebliche Beeinträchtigungen“.
Betrachtet man die Genese des Begriffs der „nachhaltigen Beeinträchtigung“, so stößt man weiters auf den in § 4 des Vorgängergesetzes NÖ NSchG verwendeten Begriff der „erheblichen Störung“ des Landschaftsbildes durch Werbeanlagen. Dazu hat der VwGH judiziert, eine erhebliche Störung des Landschaftsbildes sei durch eine betont hervortretende Disharmonie zwischen der Anlage und dem Bild der Landschaft gekennzeichnet (VwGH 14.12.1979, 2259/79/VwSlg 8267A/1972). Ob ein Eingriff als erhebliche Störung des Landschaftsbildes qualifiziert werden kann, müsse durch die Behörde besonders sorgfältig ermittelt werden, wenn die natürliche Landschaft durch bestehende Eingriffe nur mehr zum Teil erhalten ist (VwGH 10.9.1981, 81/10/0055). Auch diese Judikatur führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Der Gesetzesanwender ist somit auf den Sinn und Zweck und die Stellung der Wendung in ihrem systematischen Zusammenhang zurückgeworfen.
Der hier anzuwendende § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 definiert den Begriff der „erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes“, wie ausgeführt, nicht. Jedoch wird die – durch diese Bestimmung ebenfalls verpönte – erhebliche Beeinträchtigung des Naturhaushalts in § 7 Abs. 3 definiert.
Betrachtet man diese Bestimmung, so erhellt aus dieser Bestimmung, dass hier „maßgeblich“, also ein Begriff, den der Duden mit „von entscheidender Bedeutung; in bedeutendem Maße“ erklärt, nicht so verwendet wird, dass eine besonders starke Beeinträchtigung erfolgen muss. Betrachtet man das Ziel des Gesetzes gem. dessen § 1 (der als Auslegungshilfe herangezogen werden kann: vgl. zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung Liehr/Stöberl, Kommentar zum NÖ Naturschutzgesetz, 37, mit Judikaturhinweisen), nämlich die Natur in allen ihren Erscheinungsformen so zu erhalten, zu pflegen oder wiederherzustellen, dass ihre Eigenart und ihre Entwicklungsfähigkeit, die ökologische Funktionsfähigkeit der Lebensräume, die Vielfalt, der Artenreichtum und die standortgerechte Tier- und Pflanzenwelt sowie die Nachhaltigkeit der natürlich ablaufenden Prozesse regionstypisch gesichert und entwickelt werden, so wird es nicht darauf ankommen, dass die Beeinträchtigung des Bestandes etwa der regionalen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere der seltenen und gefährdeten Arten nur dann verboten ist, wenn er schwerwiegend ist oder großflächig erfolgt. Wird deren Lebensraum in seinem Bestand oder seiner Entwicklungsfähigkeit so beeinflusst, dass er sich insgesamt verschlechtert und nicht mehr regenerieren kann, liegt wohl ein maßgeblicher, weil bestimmender Eingriff vor. Diese Sichtweise kann auch für die erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gem. § 7 Abs. 2 nutzbar gemacht werden. Eine solche liegt demnach dann vor, wenn eine nicht nur unbedeutende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes von einigem Gewicht erfolgt. Dieses Ergebnis entspricht auch dem ausdrücklichen Bezug der Gesetzesmaterialien auf den Begriff der Erheblichkeit in § 10 desselben Gesetzes.
Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, muss bei Verwirklichung des Vorhabens unter Berücksichtigung einer geringen bis mäßigen Sensibilität und einer mäßigen bis hohen Eingriffsintensität mit mittleren verbleibenden Auswirkungen (Stufe 3 auf einer fünfteiligen Skala) auf das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft gerechnet werden.
Insbesondere für Blickpunkte in der Nahwirkzone ist eine hohe Dominanzwirkung zu erwarten. Durch die geplanten Windenergieanlagen werden höhenwirksame technogene Elemente in die Landschaft eingebracht, wobei die Fremdkörperwirkung durch die bestehenden Windenergieanlagen im Nahbereich des geplanten Vorhabens reduziert ist. Damit erfolgt eine nicht nur unbedeutende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes von einigem Gewicht.
Unter Berücksichtigung der sachverständigen Beurteilung und auf Grundlage des Auslegungsergebnisses kommt das Bundesverwaltungsgericht damit zum Schluss, dass das Vorhaben das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung kann auch nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden.
Die Genehmigung wäre demnach gem. § 7 NÖ NSchG 2000 zu versagen.
1.6.1.3. Das Schicksal des Genehmigungsantrages ist damit allerdings noch nicht entschieden, soll doch die Errichtung des ggstdl. Vorhabens der Gewinnung von Energie (Elektrizität) dienen, wobei in der Angelegenheit „lektrizitätswesen" auch eine Kompetenz des Bundes besteht (vgl. Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG). In diesem Zusammenhang ist der den Anwendungsbereich des NÖ NSchG 2000 regelnde § 4 zu beachten, der in seinem Abs. 1 bestimmt, dass „bei Anwendung dieses Gesetzes“ „kompetenzrechtliche Interessen des Bundes in Form einer Abwägung mit den Interessen des Naturschutzes zu berücksichtigen“ sind. Ungeachtet der nicht zu bezweifelnden Befugnis des Landesgesetzgebers, vermeidbare Eingriffe in Naturschutzinteressen zu untersagen bzw. durch die Erteilung von Auflagen und Bedingungen für einen entsprechenden Ausgleich zu sorgen, muss daher im Fall von Eingriffen, die nicht vermeidbar sind und deren nachteilige Folgen auch nicht ausgeglichen werden können, zumindest in Form einer Abwägung zwischen den Interessen des Naturschutzes und den anderen, den Eingriff bewirkenden Interessen auch für die gebotene Berücksichtigung kompetenzfremder Interessen Raum sein (vgl. dazu auch VfSlg 15552/1999). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist daher festzustellen, inwieweit die Ausführung des beantragten Windparks der Verwirklichung der vom Bund im Rahmen seiner Kompetenzen zulässiger Weise verfolgten öffentlichen Interessen dient. Dieses Interesse des Bundes ist mit den Naturschutzinteressen abzuwägen. Dabei ist ferner zu beachten, dass die Interessenabwägung in der Regel eine Wertentscheidung sein muss, da die konkurrierenden Interessen meist monetär nicht bewertbar sind. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzis zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen (VwGH 28.2.2005, 2001/10/0101).
Für eine Interessenabwägung enthalten die Projektunterlagen folgendes Material:
Der Genehmigungsantrag enthält zur Interessenabwägung nach Forstrecht folgende Angaben:
„Nachdem am Klimaschutz ein ‚besonders wichtiges öffentliches Interesse‘ (VwGH 13.12.2010, 2009/10/0020) sowie an der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie (VwGH 14.7.2011, 2010/10/0011) und an der Stromversorgung (VwGH 30.9.2002, 2000/10/0065) ‚ein langfristiges öffentliches Interesse‘ besteht, gehen die ASt davon aus, dass eine nach § 17 Abs 3 ForstG allenfalls durchzuführende Interessenabwägung für die Realisierung des Vorhabens spricht“
In der Einleitung zur UVE wird das Vorhaben wie folgt begründet:
„Seit mehr als 20 Jahren wird die Notwendigkeit des Klimaschutzes in einer Vielzahl von Klimakonferenzen stets erneuert. Zuletzt wurde bei der Klimakonferenz von Paris im Jahr 2015 prominent die Einhaltung des sogenannten 2 Grad Ziels, also ein Klimaabkommen beschlossen, das die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C im Vergleich zu vorindustriellen Levels vorsieht. In mehreren umfangreichen Untersuchungen und Modellrechnungen wurde in den letzten 15 Jahren festgestellt, dass je später mit der Reduktion der Emission von klimarelevanten Gasen angefangen wird, desto schwieriger eine Begrenzung der Folgen des Treibhauseffekts zu bewerkstelligen sein wird (vgl. z.B. IPCC 2007). Eine rasche Umsetzung des Vorhabens ist aus diesem Gesichtspunkt wesentlich.
Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern ist vor dem Hintergrund der notwendigen Treibhausgas‐Emissionsreduktion ein wichtiger Hoffnungsträger für die Zukunft. Gleichzeitig fördern sie die Unabhängigkeit von fossilen Ressourcen, die aufgrund ihrer Begrenztheit keine nachhaltige Grundlage für die Energieversorgung bilden. Umweltschutz und Luftreinhaltung sind wesentliche gesellschaftliche Ziele, die ebenfalls durch emissionsfreie Energieerzeugung unterstützt werden. Dies schließt die Förderung von Windenergie mit ein.
Weiters wird die Versorgungssicherheit durch das Vorhaben verbessert. Dies umfasst neben der technischen Sicherheit auch die Bedarfsdeckung, d.h. das Vorhandensein einer mengenmäßig ausreichenden, auch in der Zukunft gesicherten Verbrauchsmenge von Energie. Bei zu einem guten Teil auf endliche Ressourcen aufgebauter Energiewirtschaft kann die Versorgungssicherheit in diesem Sinn durch Bereitstellung von Erzeugungskapazitäten von erneuerbaren Energieträgern deutlich erhöht werden.
Etwaige durch den Rohstoff Wind bedingte Erzeugungsschwankungen können durch bestehende Pump‐Speicher‐Kraftwerke oder schnell startende konventionelle (Gas‐)Kraftwerke ausgeglichen werden. Diese teilweise Ausgleichsnotwendigkeit reduziert jedoch nicht die Verringerung der Treibhausgas‐Emission und Verbesserung der Versorgungssicherheit beispielsweise durch Einsparung von zusätzlichem Erdgasverbrauch durch das gegenständliche Vorhaben bezogen auf die produzierte Energiemenge.
Neben diesen überstaatlichen Rahmen gibt es einer Reihe von EU‐ und nationalen Gesetzgebungen, die die Förderung von Erneuerbaren Energien vorsehen:
Erneuerbare Energie Richtlinie
Die Richtlinie nennt die vermehrte Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen als das wesentliche Ziel, das zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Einhaltung des Kyoto‐Protokolls notwendig ist. Wesentlich ist, dass in der Erneuerbaren Energie Richtlinie verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch festgeschrieben wurden. Die Mitgliedstaaten haben dementsprechend Maßnahmen zu treffen, um effektiv zu gewährleisten, dass der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den in der Richtlinie angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt. „Österreich muss bis 2020 seinen Anteil an erneuerbaren Energien auf mindestens 34 % steigern. Für die Zweijahresperioden, beginnend ab 2011/12 bis 2017/18, wurden indikative Zwischenziele gesetzt. 2010 lag der Anteil erneuerbarer Energien in Österreich bei 30,8 % (STATISTIK AUSTRIA 2011a)“ (Umweltbundesamt 2012, S. 56). Daraus ergibt sich ein deutlicher Steigerungsbedarf bis zum Jahr 2020.
Ökostromgesetz
Das Ökostromgesetz (ÖSG 2012) dient zur Umsetzung der Ökostrom‐Richtlinie und der Erneuerbaren Energie Richtlinie der Europäischen Union. Das Ökostromgesetz nennt u. A. folgende Ziele:
Die Anhebung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2015 durch die Errichtung von zusätzlichen 700 MW Kleinwasserkraft und zusätzlichen 700 MW Windkraft, 500 MW Photovoltaik und 100 MW Biomasse und Biogas (vgl. ÖGS §4 (3)). Ausbauziele im Bereich Windkraft in der Höhe von zusätzlich 2.000 MW von 2010 bis 2020 (vgl. ÖSG 2012 § 4 (4)).
Niederösterreichische Energiestrategie
Heute liegt der Anteil erneuerbarer Energie in Niederösterreich bei ca. 89%. Bis 2015 hat sich das Land das Ziel gesetzt 100% des Strombedarfs aus erneuerbaren Energieträgern zu decken. Bis 2020 will Niederösterreich 50% seines gesamten Energiebedarfs aus Erneuerbaren Energieträgern bewerkstelligen.
Niederösterreichischer Energiefahrplan 2030
Am 17. 11. 2011 wurde der niederösterreichische Energiefahrplan 2030 im NÖ Landtag beschlossen. Für die Windkraft wurden in Niederösterreich konkrete Ausbauziele mit Zwischenschritten bis 2030 definiert. Im Jahr 2010 hat Windkraft in Niederösterreich etwa 11% der erneuerbaren Stromproduktion ausgemacht; 2015 soll der Anteil bereits bei 20% liegen.Um diese Ausbauziele zu erreichen, sind bis zum Jahr 2015 eine Reihe von Windparks im Ausmaß von mehreren Hundert MW Engpassleistung zusätzlich zu den mit Stand Dezember 2011 genehmigten und in Betrieb befindlichen Windparks zu errichten. Der Windpark Paasdorf‐Ladendorf kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Konkreter Beitrag des Vorhabens zum Klimaschutz
Das gegenständliche Vorhaben, der Windpark Paasdorf mit 6 Windkraftanlagen, wird einen jährlichen Nettoertrag von insgesamt ca. 51.750 MWh/Jahr, erwirtschaften. Das entspricht in etwa 0,075 % des Inlandsstromverbrauchs. Mit der Nutzung von Windenergie können beachtliche Mengen Kohlendioxid substituiert werden. Der Betrieb von Windenergieanlagen verursacht nahezu keinen Ausstoß von Treibhausgasen, Luftschadstoffen und Abfällen und erzeugt keine Radioaktivität, radioaktive Abfälle oder Abwärme. Da die Kapazitäten für Wasserkraftwerke (ausgenommen Kleinwasserkraft bis 10 MW) in Österreich weitestgehend erschöpft sind, muss – um den stetig steigenden jährlichen Energiebedarf abdecken zu können – Strom importiert bzw. durch den Neubau von kalorischen Kraftwerken erzeugt werden. Wird Kernenergie ersetzt, reduziert man das Risiko von Störfällen mit gravierenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Ebenso reduziert man die Erhöhung oder Freisetzung radioaktiver Strahlung im normalen Betrieb von Atomkraftwerken oder auch während des gesamten Herstellungsprozesses der Brennelemente. Darüber hinaus werden potenziell gefährliche Lager für Atommüll entlastet. Beim Ersatz aller fossilen Energieträger wird jedenfalls der Kohlendioxid‐Ausstoß reduziert, wodurch der anthropogene Treibhauseffekt verringert und ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der im Kyoto – Protokoll festgelegten Ziele geleistet wird. Wird Kohle ersetzt, werden Luftschadstoffemissionen wie S02, NOx und Staub reduziert und der Flächenverbrauch beim Kohleabbau vermindert. Wird Öl ersetzt, reduzieren sich Umweltzerstörungen, die durch (Pipeline‐)Leckagen oder Tankerunglücken verursacht werden. Wird Gas ersetzt, wird die Freisetzung von Methan (CH₄), welches wesentlich stärker treibhauswirksam ist als CO₂, aus lecken Leitungen verhindert und dem Treibhauseffekt entgegengewirkt. Von renommierten Umweltorganisationen, Energie‐ und Klimaexperten wird die Position vertreten, dass eine regenerative Energieversorgung der Zukunft aus einem Verbund mehrerer unterschiedlicher Energieerzeugungs‐ und Regelungsanlagen bestehen muss. Windenergieanlagen können im Verbund mit Solarstromanlagen, Blockheizkraftwerken oder Wasserkraftwerken konventionelle Kraftwerke vollwertig ersetzen. Eine Umstrukturierung der heutigen Energieversorgungsstruktur ist dafür erforderlich.
Zusammenfassung Öffentliches Interesse
Aus der mehrfach gesetzlich definierten Bevorzugung der Energieerzeugung, im Speziellen der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern, lässt sich nach den beschriebenen gesetzlichen und politischen Fakten schließen, dass der Gesetzgeber sie klar als im öffentlichen Interesse gelegen sieht.
Alternative Lösungsmöglichkeiten
Grundsätzlich wären 4 mögliche Alternativen denkbar: Bau des Windparks an einer anderen Stelle, Erzeugung des Stroms durch andere erneuerbare Energieträger, Verzicht auf die zusätzliche Stromproduktion und Ersatz durch Einsparung oder gänzlicher Verzicht auf die zusätzliche Stromproduktion (Nullvariante). Aufgrund der in den nächsten Jahrzehnten wesentlichen Notwendigkeiten nach erneuerbarer Energieproduktion – welche im Wesentlichen den vollständigen Verzicht von jeglichen fossilen Energieträgern in allen Lebensbereichen bis zum Jahr 2050 bedeuten, die sich so massiv darstellen, dass sie auch durch andere erneuerbare Energieträger nicht im notwendigen Ausmaß einfach decken lässt, sind die Nullvariante und die Variante der Erzeugung durch andere erneuerbare Energieträger keine nachhaltig sinnvolle Lösungsmöglichkeit. Einsparung von Energieverbrauch ist absolut notwendig – ohne diesen ist ein vollständiger Umstieg auf Erneuerbare Energieträger bis 2050 überhaupt nicht denkbar. Dass aber Einsparungsbemühungen so weit gehen können, dass ohne Zubau von Erneuerbarer Energieproduktion trotzdem der Verzicht auf fossile Energieerzeugung ermöglicht, ist kein realistisches Planszenario und wird nach Kenntnis der Autoren auch nicht in aktuellen Studien diskutiert. Bliebe nur mehr der Bau des Windparks an einer anderen Stelle, doch auch hier ist zu sagen, dass aufgrund der begrenzten raumordnungsfachlichen Rahmenbedingungen dies de facto in sehr kurzer Zeit zur Nullvariante führen würde – es wird also aufgrund der absoluten Dringlichkeit jeder Standort auszubauen sein, der die fachliche Eignung in allen Fachbereichen dazu erfüllt. Nach Bewertung aller Alternativen kann somit festgestellt werden, dass zur gegenständlichen Planung keine günstigere Lösungsmöglichkeit gefunden wurde.
Der angefochtene Bescheid enthält dazu folgende Aussagen:
„Dessen ungeachtet ist nach dem von der NÖ Landesregierung beschlossenen ‚Energiefahrplan 2030‘ angestrebt, den (immer noch steigenden) Stromverbrauch durch erneuerbare Energien in Niederösterreich bereitzustellen. Es soll der gesamte Energieverbrauch durch erneuerbare Energien abgedeckt werden. Ähnliche Zielsetzungen bestehen auch auf Bundesebene sowie Ebene der Europäischen Union. Das vorliegende Vorhaben leistet zu dieser Zielerreichung einen wesentlichen Beitrag. Ein Bedarf für das Vorhaben ist daher (auch österreichweit) gegeben“ (S. 121).
„Demnach ist für die Flächenwidmung ‚Grünland-Windkraftanlagen‘ eine strategische Umweltprüfung durchzuführen. Diese wurde durchgeführt. Ein wesentlicher Teil der strategischen Umweltprüfung ist die Beurteilung der allgemeinen Standorteignung für die Widmung zum Zweck eines bestimmten Vorhabens. Der Standortauswahl liegt nun eine rechtskräftige Flächenwidmung zugrunde, der wiederum ein entsprechendes Widmungsverfahren zugrunde liegt, für welches eine strategische Umweltprüfung durchgeführt wurde, die den Standorten eine allgemeine Eignung bescheinigt. Dies betrifft auch die Beurteilung der ‚Standortkonzentration‘ von Windkraftanlagen“ (S. 128/129).
„Abschließend sei nur erwähnt, dass die Flächen innerhalb einer Zone im Sinne der Verordnung über ein Sektorales Raumordnungsprogramm über die Windkraftnutzung in NÖ liegen. Der von der Antragstellerin gewählte Standort ist daher aus den genannten Gründen als geeignet anzusehen“ (S. 129/130).
1.6.1.4. Zu berücksichtigen ist weiters, dass das Vorhaben in einer Zone liegt, die gem. NÖ Sektoralem Raumordnungsprogramm (ROP) Windkraft in einer für die Errichtung von WKA vorgesehenen Zone liegt. Für dieses ROP wurde eine Strategische Umweltprüfung (SUP) mit ausführlicher Abwägung zur Auswahl der geeigneten Zonen und der Ausschlusszonen durchgeführt.
Bei dieser SUP wurde folgendermaßen vorgegangen:
Aufbauend auf dem § 19 des NÖ Raumordnungsgesetzes wurden niederösterreichweit Zonen festgelegt, in denen zukünftig die Neufestlegung einer Widmung „Grünland-Windkraftanlage“ durch die Gemeinde möglich sein sollte („§ 19-Zonen“). Dazu wurde ein fachlicher Abschichtungsprozess durchgeführt, der auf den fachlichen Vorgaben und Zielbestimmungen des § 19 Abs. 3b NÖ ROG 1976 basierte.
Neben der Berücksichtigung der einzelnen Zielvorgaben des Raumordnungsgesetzes wurde eine Balance angestrebt zwischen den Vorgaben des NÖ Energiefahrplans 2030 und einem Schutz der hohen Qualität der niederösterreichischen Landschaftsräume.
Im ersten Schritt des Abschichtungsprozesses wurden die rechtlichen Schutzabstände nach dem NÖ ROG 1976 umgesetzt. Im Weiteren wurden Schutzgebiete nach dem NÖ NSchG 2000, insbesondere auch Landschaftsschutzgebiete, Nationalparke sowie der Biosphärenpark Wienerwald oder die Weltkulturerbe-Gebiete Semmering und Wachau ausgeschieden.
Die weitere Bearbeitung erfolgte aufbauend auf dem NÖ Naturschutzkonzept, welches Niederösterreich in Teilräume gliedert, aufgrund deren naturräumlichen Charakteristika Entscheidungen zugunsten oder gegen Standortzonen für die Windkraftnutzung möglich wurden. Ein wesentlicher weiterer Einflussfaktor war die Berücksichtigung von ornithologischen Ausschlusszonen aufbauend auf einer aktuellen Studie von BirdLife. Das Ergebnis dieser Zonierung ergab 83 Zonen gemäß § 19 Abs. 3b NÖ ROG 1976 in allen Teilen Niederösterreichs. Die Gesamtfläche dieser Zonen beträgt rund 2 % der Fläche des Landesgebietes. Der Schwerpunkt der § 19-Zonen liegt im nördlichen Waldviertel, im nördlichen und östlichen Weinviertel, im Wiener Becken, im Bezirk Bruck sowie im Traisental. Zum Schutz des Alpenraumes von Niederösterreich wurden in diesen Gebieten keine § 19-Zonen festgelegt. In weiten Teilen des Mostviertels ergeben sich durch die Streusiedlungsgebiete keine umsetzbaren Gunstlagen für WKA.
Wesentliche Erholungsräume in Niederösterreich wie die Landschaftsschutzgebiete Wienerwald, Ötscher-Dürnstein, Schneeberg-Rax oder das Semmeringgebiet werden von WKA freigehalten. Aus der Sicht des Vogelschutzes besonders bedeutsam ist die Freihaltung eines Korridors entlang der March und entlang der Grenze zur Tschechischen Republik im Norden Niederösterreichs.
Die regionale Gewichtung wurde eingeschränkt durch die Siedlungsverteilung, wodurch besonders im Mostviertel und in der Buckligen Welt eine höhere Anzahl an § 19-Zonen nicht umsetzbar war. Im Weinviertel wurden im Sinne der Vermeidung von Kumulationswirkungen die Schwerpunkte in den landwirtschaftlichen Zonen entsprechend der bisherigen Entwicklung festgelegt. Größere Waldgebiete wurden nicht für Windkraftnutzung vorgesehen. Allenfalls wurden einzelne gut geeignete Windkraftstandorte auf Waldrandzonen eingeschränkt.
Im Waldviertel ergeben sich aus der Siedlungsstruktur die Schwerpunkte in den Waldgebieten. Durch die Festlegungen der ornithologischen Ausschlusszonen sowie durch die Berücksichtigung von Tourismus-Schwerpunktregionen entfielen weitere mögliche Zonen im Waldviertel. Gebiete mit herausragenden landschaftlichen Gegebenheiten und wesentlichen Schutzkonflikten mit Fragen des Vogelschutzes konnten weitgehend ausgeschlossen werden. In einzelnen Zonen bestehen weiterhin Konflikte mit Schutzgütern, die jedoch auf Ebene der Flächenwidmung auf Gemeindeebene vertiefend analysiert und entschieden werden können (Quelle: Umweltbericht im Rahmen des Raumordnungsverfahrens gemäß § 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-27, zur Aufstellung des Sektoralen Raumordnungsprogramms über die Windkraftnutzung in Niederösterreich, Knollconsult Umweltplanung ZT GmbH im Auftrag der NÖ Landesregierung, Mai 2014).
1.6.1.5. Im Hinblick auf die in den Vorhabensunterlagen und im Bescheid dargestellten – gewichtigen – Bundesinteressen zum Ausbau der erneuerbaren Energie im Allgemeinen und der Windkraft im Speziellen und darauf, dass das Land NÖ bei der Auswahl der Standorte für Windkraft bereits im Vorhinein sehr ausführlich die Interessen für und gegen die Windkraft abgewogen und in eine allgemeinverbindliche Vorschrift gegossen hat, für die solide Grundlagen in Form einer SUP vorliegen, liegt bei dem nachvollziehbaren Ergebnis der sachverständigen Prüfung („mittlere“ Restbelastung) ein Überwiegen von Bundesinteressen gegenüber der festgestellten erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Erholungswertes der Landschaft und daher Genehmigungsfähigkeit aus Sicht dieser Schutzgüter vor.
2.6.2. Ökologische Funktionsfähigkeit:
Eine erhebliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit des betroffenen Lebensraumes liegt nicht vor: Eine Störung des Kleinklimas, der Bodenbildung oder des Wasserhaushaltes, des Bestandes oder der Entwicklungsfähigkeit von Tier-und Pflanzenarten oder des Beziehungs- und Wirkungsgefüges der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt untereinander oder zu ihrer Umwelt liegt aufgrund der Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht vor. Die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Z 3 NÖ NschG 2000 ist daher gegeben.
Eine Veränderung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes wurde vom Naturschutzgesetzgeber gerade nicht als Versagungsgrund festgelegt (vgl. e contrario die ausdrückliche Bestimmung des § 8 Abs. 4 Z 5 NÖ NschG 2000 für Landschaftsschutzgebiete).
2.6.3. Artenschutz
Durch die Bestimmungen des § 18 NÖ NSchG 2000 und des § 3 NÖ JagdG 1974 werden Art. 12, 13 und 16 der Richtline 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) und Art. 5 der Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie) zum Artenschutz in nationales Recht umgesetzt und darüber hinaus spezifische artenschutzrechtliche Tatbestände geschaffen.
Zur Interpretation dieser Bestimmungen ist daher die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den umgesetzten Bestimmungen der genannten Richtlinien anzuwenden. Es war zu untersuchen, ob es im Licht dieser Judikatur durch das Vorhaben zu einer Verwirklichung einer oder mehrerer Tatbestände des § 18 Abs. 4 Z 2 bis 4 oder des § 3 Abs. 4 und 5 NÖ JagdG 1974 kommt:
Zu § 18 Abs. 4 Z 2 NÖ NSchG 2000, § 3 Abs. 4 und 5, jeweils Z 1, NÖ JagdG 1974 – Absichtliches Töten, Verletzen, Beunruhigen, Fangen von Tieren:
Dieses Verbot bezieht sich auf Einzelexemplare. Danach erfüllt jede absichtliche Tötungs- oder Verletzungshandlung in Bezug auf Einzelexemplare den Tatbestand, wobei auch jedes Inkaufnehmen als absichtliche Handlung gilt (EuGH 10.11.2016, C-504/14 Kyparissia; VwGH 10.8.2018, Ra 2018/03/0066; 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 380kV Salzburgleitung). Allerdings ist der Bezug auf das Individuum nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts – angelehnt an das deutsche Bundesverwaltungsgericht – dadurch relativiert, dass der Tatbestand nur dann als erfüllt angesehen wird, wenn für einzelne Individuen eine signifikante Erhöhung des Risikos zu befürchten ist, die über jenes Risiko hinausgeht, dem die Exemplare im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens unterliegen (BVwG 22.1.2016, W113 2107242-1, Handalm Windpark; 26.2.2019, W155 2120762-1/478E 380kV-Salzburgleitung; vgl. auch Hintermayr in Wiener Naturschutzrecht, § 10 Wr. NSchG Rz 7). Diese Sichtweise wurde inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt, der das Kriterium der signifikanten Erhöhung des Risikos der Tötung für geeignet hält, um zu beurteilen, wann von einem „in Kauf nehmen“ gesprochen werden kann und nicht beanstandet hat, dass das Bundesverwaltungsgericht für die Frage der Erhöhung des Tötungsrisikos auf das allgemeine Naturgeschehen (und die damit verbundenen Gefahren) sowie darauf abgestellt hat, inwieweit im betroffenen Lebensraum unabhängig vom geplanten Vorhaben für die jeweiligen Tiere bereits Risiken - etwa aus der Nutzung dieses Lebensraumes durch den Menschen – resultieren (VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 380kV Salzburgleitung, Rz 502).
Zu einer absichtlichen Tötung oder Verletzung kommt es in diesem Sinn weder in der Bau- noch in der Betriebsphase, da für die Bauphase (Bauzeitbeschränkungen) und die Betriebsphase (Abschaltzeiten), dort wo dies notwendig ist, durch Maßnahmen sichergestellt ist, dass das Risiko für einzelne Tiere, getötet zu werden, das allgemeine Tötungsrisiko nicht übersteigt.
Gefangen werden Tiere projektgemäß überhaupt nicht.
Eine absichtliche Beunruhigung geschützter Tiere wurde nicht festgestellt. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass für nicht geschützte und nicht gefährdete „Allerweltsarten“ im Schlussantrag in der Rechtssache C-473/19 vom 10.9.2020 unter Bezugnahme auf das Tötungsverbot nach Art. 5 Vogelschutz-Richtlinie und die Regelung des Art. 2 Vogelschutz-Richtlinie, der zufolge (auch) den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird, und auf das Fehlen einer passenden Ausnahmeregelung zum Ausgleich widerstreitender Interessen (Rn. 82 und 86 des Schlussantrages), vorgeschlagen wird (Rn. 90), das Tötungsverbot nach Art. 5 lit. a Vogelschutz-Richtlinie dann, wenn die Beeinträchtigung von Vögeln nicht bezweckt, sondern nur in Kauf genommen wird, nur anzuwenden, soweit dies notwendig ist, um diese Arten i.S. von Art. 2 Vogelschutz-Richtlinie auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, und dabei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung trägt; der Tatbestand der absichtlichen Tötung oder Beunruhigung wäre bei solchen Vogelarten daher nicht erfüllt, selbst wenn ein Risiko für Einzelexemplare bestünde, das das allgemeine Lebensrisiko übersteigt (VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 380kV Salzburgleitung, Rz 502).
Zu § 18 Abs. 4 Z 3 NÖ NSchG 2000, § 3 Abs. 4 und 5, jeweils Z 3, NÖ JagdG 1974 – Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten:
Zu einer Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten geschützter Arten kommt es im Zuge des Vorhabens nicht.
Zu § 18 Abs. 4 Z 4 NÖ NSchG 2000, § 3 Abs. 4 und 5, jeweils Z 2, NÖ JagdG 1974 – Absichtliche Störung:
Das Störungsverbot bezieht sich nicht auf einzelne Individuen, sondern auf Arten. Es ist auf Handlungen gerichtet, die in besonderer Weise geeignet sind, den Erhaltungszustand der geschützten Arten zu beeinträchtigen, insbesondere an Orten, die für diese Arten von besonderer Bedeutung sind oder wo sie bei der Fortpflanzung, Aufzucht, Überwinterung und Wanderung beeinträchtigt werden (vgl. wieder Schlussanträge der Generalanwältin in den Rs C-473/19 und C-474/19 vom 10.9.2020).
Um eine Störung zu bewerten, sind ihre Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art auf Populationsebene und biogeografischer Ebene in einem Mitgliedstaat zu berücksichtigen. So liegt eine „Störung“ im Sinne von Artikel 12 FFH-Richtlinie vor, wenn durch die betreffende Handlung die Überlebenschancen, der Fortpflanzungserfolg oder die Reproduktionsfähigkeit einer geschützten Art vermindert werden oder diese Handlung zu einer Verringerung des Verbreitungsgebiets führt (Leitfaden der Europäischen Kommission zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG , 2007, RNr. 39).
Wie in den Feststellungen dargelegt, werden derartige Störungen durch das Vorhaben nicht bewirkt. Dieser Verbotstatbestand ist daher nicht erfüllt.
Ergebnis:
Es kommt insgesamt nicht zur Erfüllung eines Verbotstatbestandes des § 18 Abs. 4 NÖ NSchG 2000 oder des § 3 Abs. 4 und 5 NÖ JagdG 1974.
2.6.4. Bleibende Schädigungen durch nachhaltige Einwirkungen:
Erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen, die geeignet sind, den Boden, den Pflanzen- oder Tierbestand bleibend zu schädigen, wurden im Beschwerdeverfahren nicht festgestellt; die Genehmigungsvoraussetzung des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 ist daher ebenfalls erfüllt.
2.7. Wald:
§ 17 ForstG 1975 lautet:
„Rodung
§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.“
Das ForstG 1975 nennt in seinem § 17 Abs. 4 ausdrücklich als Beispiel für ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung von Waldboden als zur Waldkultur die „Energiewirtschaft“.
Die belangte Behörde führte auf S. 121-122 des angefochtenen Bescheides eine forstrechtliche Interessenabwägung durch, die aus Sicht des erkennenden Senates keinen Bedenken begegnet, und wie folgt zu ergänzen ist:
Bei der Planung des Vorhabens wurde darauf Rücksicht genommen, dass Rodungen nur in einem unmittelbar notwendigen, sehr geringen Ausmaß erfolgen. Zu diesen Rodungen wurde festgestellt, dass sie im Hinblick auf ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt (§ 17 Abs. 4 UVP-G 2000) nicht vermeidbar sind bzw. eine Vermeidung der vorgesehenen Rodungen insgesamt größere Umweltauswirkungen nach sich ziehen würde als die vorgesehenen Rodungen. Dies stützt das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung zusätzlich, wonach das öffentliche Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
2.8. Abfall, Nachsorge:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 UVP-G 2000 sind allfällige Nachsorgemaßnahmen in der Umweltverträglichkeitserklärung anzuführen. Gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 lit. c sind Abfälle nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
Wie in den Feststellungen angeführt, werden die beim Bau und beim Abbau der Anlagen anfallenden Abfälle und Reststoffe gesammelt und ordnungsgemäß durch ein befugtes Unternehmen entsorgt. Im Übrigen enthält der Bescheid eine Wiederholung der gesetzlichen Anordnung, dass Abfälle nach dem Stand der Technik zu vermeiden bzw. ordnungsgemäß zu entsorgen sind. Das Vorhaben enthält nun auch spezifische Maßnahmen zur Nachsorge nach endgültiger Einstellung des Betriebs (s. Spruchpunkt II dieses Erkenntnisses). Diese lassen nach Ansicht des Gerichts eine Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzung des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. c UVP-G 2000 erwarten. Darüber hinaus ordnet § 18 NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005 (NÖ ElWG 2005) an, dass der Betreiber einer genehmigten Erzeugungsanlage bei einer Auflassung oder Unterbrechung des Betriebes der Anlage die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung einer Gefährdung oder Belästigung zu treffen hat. Der Betreiber der Erzeugungsanlage hat den Beginn der Auflassung und seine Vorkehrungen anlässlich der Auflassung der Behörde vorher anzuzeigen. Gegebenenfalls hat die Behörde zusätzliche Vorkehrungen zum Schutz auch öffentlicher Interessen vorzuschreiben. Im Fall der Auflassung einer WKA hat die Behörde jedenfalls die Entfernung der oberirdischen Teile anzuordnen.
In einer Zusammenschau der angeführten Maßnahmen und rechtlichen Verpflichtungen ist die abfallbezogene Genehmigungsvoraussetzung des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. c UVP-G 2000 erfüllt.
2.9. Sicherheit und Gesundheit:
Die Erzeugung, Übertragung, Verteilung von und Versorgung mit elektrischer Energie in Niederösterreich wird durch das NÖ ElWG 2005 geregelt, wobei es sich bei den geplanten WKA zweifelsohne um Erzeugungsanlagen handelt, die der Genehmigungspflicht nach § 5 NÖ ElWG 2005 unterliegen. Gemäß § 11 NÖ ElWG 2005 sind Erzeugungsanlagen unter Berücksichtigung der Interessen des Gewässerschutzes entsprechend dem Stand der Technik unter anderem so zu errichten, zu ändern und zu betreiben, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage oder durch die Lagerung von Betriebsmitteln oder Rückständen und dergleichen das Leben oder die Gesundheit oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn nicht gefährdet werden (Z 2) sowie Nachbarn durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen und Schwingungen, im Fall von WKA auch durch Schattenwurf, nicht unzumutbar belästigt werden (Z 3). Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind unter Gefährdungen im Sinne des Abs. 1 Z 2 leg. cit. nur jene zu verstehen, die über solche hinausgehen, die von Bauwerken (z.B. Hochhäuser, Sendemasten, WKA) üblicherweise ausgehen. Ob Belästigungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 leg. cit. zumutbar sind, ist gemäß Abs. 3 leg. cit. danach zu beurteilen, wie sich die durch die Erzeugungsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
Auch § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 sieht eine Reihe von Genehmigungsvoraussetzungen in Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge vor, soweit diese nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen sind. Gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 lit. a und c UVP-G 2000 ist die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten, wobei unter anderem jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden (lit. a leg. cit.) oder zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1994 führen (lit. c leg. cit.).
In ihrer Beschwerde moniert die Beschwerdeführerin insbesondere, dass das im Administrativverfahren eingeholte Teilgutachten betreffend die Fachbereiche Eisabfall und Schattenwurf unzureichend sei. Dies begründet sie damit, dass in der Aufgabenstellung zum genannten Teilgutachten betreffend den Begriff der Gefährdung auf mehrere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.2.2009, 2006/05/0283; VwGH 19.1.2010, 2009/05/0020 und VwGH 15.5.2014, 2011/05/0094) verwiesen werde, dabei jedoch ein aktuelles Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.1.2020, Ro 2018/045/0018), das dezidiert auf Gefahrenimmissionen durch Eisabfall bei WKA eingehe, vollkommen außer Acht gelassen werde. Aus diesem Grund erweise sich das genannte Teilgutachten nach Ansicht der Beschwerdeführerin als unzureichend bzw. nicht aussagekräftig und werde von der Beschwerdeführerin abgelehnt. Weiter führt die Beschwerdeführerin aus, die im Anhang „Bedingungen, Auflagen und Maßnahmen sowie Befristungen“ zur zusammenfassenden Bewertung der Umweltauswirkungen vorgesehenen und unter Spruchpunkt 4.11 des angefochtenen Bescheides tatsächlich erteilten Auflagen zur Vermeidung der Gefahrenimmission durch Eisabfall seien unzureichend.
Vorab ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten nur auf gleicher fachlicher Ebene durch ein gleichwertiges Gutachten oder durch fachliche fundierte Argumente tauglich bekämpft werden kann (VwGH 25.4.2005,2005/12/0195, „fundiertes“ Gegengutachten, vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0154, 19.6.1996, 95/01/0233, 27.6.2003, 2002/04/0195). Ein solches fundiertes Gegengutachten hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Sie beschränkt sich in ihren Ausführungen betreffend Eisabfall und Schattenwurf darauf, dass die belangte Behörde den Sachverständigen bei der Aufgabenstellung auf ein aktuelles Erkenntnis des VwGH (VwGH 27.1.2020, Ro 2018/045/0018) hinweisen hätte müssen, weshalb das Teilgutachten aus ihrer Sicht unzureichend sei.
Damit gelingt es der Beschwerdeführerin jedoch nicht, die Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Teilgutachtens darzulegen, zumal es Aufgabe eines Sachverständigen ist, Tatsachen klarzustellen und aufgrund seiner Sachkenntnisse deren allfällige Ursachen oder Wirkungen festzustellen. Dabei muss der Sachverständige immer im Bereich der Tatsachen bleiben und darf keine Rechtsfragen lösen (VwGH 29.10.2015, 2012/07/00449). Dass die Behörde den Sachverständigen nicht auf aktuelle Rechtsprechung hingewiesen hat, vermag daher keine begründeten Zweifel an der Vollständigkeit und Schlüssigkeit des betreffenden Teilgutachtens zu wecken. Im Übrigen ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, dass das genannte Erkenntnis des VwGH vom 27.1.2020 datiert und von der Behörde bei Beauftragung des Sachverständigen mit Schreiben vom 7.10.2019 schon aus diesem Grund nicht berücksichtigt werden konnte.
Die Beschwerdeführerin wendet sich im Ergebnis mit obigem Vorbringen (lediglich) gegen die Feststellung der belangten Behörde, wonach es durch die geplanten WKA zu keiner wie immer gearteten Gesundheitsgefährdung, etwa durch Eisabfall, komme (vgl. Bescheid, S. 74). Hingegen tritt die Beschwerde der Feststellung, wonach es zu keinen unzumutbaren Belästigungen von Anrainern, etwa durch Schattenwurf, komme, nicht entgegen. Auch das Bundesverwaltungsgericht kann in Hinblick auf die nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen für Schattenwurf und Eisabfall keine unzumutbare Belästigung von Nachbarn durch Schattenwurf erblicken.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin zur von den geplanten WKA ausgehenden Gefahr des Eisabfalls ist auszuführen, dass bei der Beurteilung der Umweltverträglichkeit gemäß UVP-G 2000 zwischen der (Normal-)Errichtungsphase, dem (Normal-)Betrieb, Störfällen, die nach vernünftiger Einschätzung als charakteristisch und typisch für den jeweiligen Vorhabenstyp sind, und außergewöhnlichen Ereignissen, die zwar denkmöglich, aber nicht typisch für ein Vorhaben sind, zu unterscheiden ist. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, sind neben dem Normalbetrieb jene Störfälle zu beurteilen, die charakteristisch und typisch für den jeweiligen Vorhabenstyp sind und regelmäßig und vorhersehbar auftreten.
Es ist unstrittig, dass es sich bei Eisabfall rechtlich gesehen um Immissionen auf Nachbargrundstücke handelt. Aus § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000 ergibt sich, dass die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten ist. Werden durch Immissionen (im vorliegenden Fall von WKA) das Leben, die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum bzw. sonstige dingliche Rechte von Nachbarn gefährdet, sind Vorhaben nicht genehmigungsfähig.
Allerdings ist unter Gefährdung nicht jede denkbare Gefahr, die von dem geplanten Vorhaben ausgehen kann, zu verstehen. Der VwGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass es darauf ankommt, ob die (durch das geplante Vorhaben drohenden) Gefahren durch Schnee- und Eisabwurf über jene Gefahren hinausgehen, die von in Grenznähe möglichen bzw. typischerweise zulässigen Bauwerken ausgehen, von welchen ebenfalls Schnee- oder Eisabwurf in Frage kommt (vgl VwGH 26.2.2009, 2006/05/0283; 19.1.2010, 2009/05/0020; 15.5.2014, 2011/05/0094). Dies bedeutet, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit von Eisabwurf, die vom geplanten Vorhaben ausgeht, mit der Eintrittswahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit von Eisabwurf, die typischerweise von auf Nachbargrundstücken zulässigen Baulichkeiten ausgehen kann, zu vergleichen ist.
Der beigezogene Sachverständige für Eisabfall und Schattenwurf hat in seinem Gutachten nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass das eingereichte Vorhaben dem Stand der Technik entspricht und aufgrund des vorhandenen Eiserkennungssystems die von den geplanten WKA ausgehende Gefahr des Eisabfalls mit Eisabfall von statischen Bauwerken verglichen werden kann. Das von den geplanten WKA ausgehende Risiko einer Gefährdung durch Eisabfall unterschreitet aufgrund der getroffenen Maßnahmen (Eiserkennungssystem samt automatischer Abschaltung bei Eisansatz, Hinweisschilder mit Signalleuchten) das gesellschaftlich akzeptierte Risiko. Die Gefährdung bezüglich Eisabfall von den geplanten WKA geht laut Sachverständigem auch nicht über die Gefährdung durch Eisabfall von sonstigen in Grenznähe errichteten Baulichkeiten hinaus.
Im Ergebnis führt die belangte Behörde daher zu Recht aus, die dennoch vorhandene theoretische Gefährdung durch Eisabfall sei aufgrund der sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeit nicht mehr dem Bereich der typischen und damit genehmigungsrelevanten Störfälle zuzurechnen, weshalb dies der Genehmigungsfähigkeit nicht entgegenstehe.
Der Entscheidung des VwGH vom 27.1.2020, Ro 2018/04/0018, lag ein Verfahren betreffend die elektrizitätsrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer WKA nach dem NÖ ElWG 2005 zugrunde. Die Eigentümer zweier benachbarter Liegenschaften erhoben gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und brachten unter anderem vor, das projektgegenständliche Windrad bringe eine massive Gefährdung durch den mit dessen Betrieb verbundenen Eisabfall mit sich. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gab der Beschwerde statt und wies den Genehmigungsantrag ab. Begründend führte es im Wesentlichen aus, die benachbarten Grundstücke würden in einer Umgebung der Anlage liegen, in der ein wenn auch nur geringes Eisabfallrisiko und damit auch das Risiko bestehe, von herabfallenden Eisstücken getroffen und verletzt zu werden. Damit führe die Anlage zu einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Nachbarn und sei nicht genehmigungsfähig. Mit seinem Erkenntnis bestätigte der VwGH im Ergebnis die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes und führte aus, ein Nachbar müsse in Bezug auf die absolut geschützten Rechtsgüter im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 2 NÖ ElWG 2005 keine aufgrund der konkreten Eigenschaften der projektierten Anlage vorhersehbaren, diese Schutzgüter gefährdenden Immissionen auf sein Grundstück hinnehmen. Auf die Feststellung eines voraussehbaren Schadeneintritts stelle das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht ab, weshalb es keiner Feststellungen betreffend ein konkretes Verletzungs- oder Tötungsrisiko bedürfe. Warnhinweise seien nicht ausreichend, wenn der benachbarte Liegenschaftseigentümer die gefährdenden Immissionen nicht hinnehmen müsse.
Wenn die Beschwerdeführerin daraus ableitet, die gegenständlich geplanten WKA seien nicht genehmigungsfähig, übersieht sie, dass der VwGH seine Entscheidung vom 27.1.2020, Ro 2018/04/0018, maßgeblich auf den Schutz der Nachbarn stützt. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, leitet sich dieser Grundsatz aus dem Eigentums- bzw. Verfügungsrecht des Nachbarn ab und kann nicht auf den allgemeinen Gesundheitsschutz der Bevölkerung ausgedehnt werden, der kein Rechtsanspruch zukommt, Fremdgrund uneingeschränkt nutzen zu dürfen. Die Gefährdung der übrigen Bevölkerung wird durch die vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere auch durch die aufgestellten Hinweisschilder mit Signalleuchten, die auf die Gefahr von Eisabfall hinweisen, auf ein gesellschaftlich anerkanntes und gesetzlich zulässiges Maß reduziert.
Im Übrigen hält der VwGH in seiner Entscheidung vom 27.1.2020, Ro 2018/04/0018, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur NÖ ElWG-Novelle 2011 fest, dass gesellschaftlich anerkannte Risiken keine Gefährdungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 2 NÖ ElWG 2005 darstellen. Über dieses Maß hinausgehende Risiken seien vor diesem Hintergrund jedoch sehr wohl als relevante Gefährdungen im Sinne der angeführten Gesetzesstelle anzusehen (vgl. VwGH 27.1.2020, Ro 2018/04/0018, Rz 29).
Im vorliegenden Fall kommt der Sachverständige in seinem Teilgutachten zum Ergebnis, unter Berücksichtigung der empfohlenen risikominimierenden Maßnahmen sei das Gesamtrisiko für Passanten, die die Zuwegungen zum gegenständlichen Windpark für Freizeitaktivitäten nutzen, von herabfallenden Eisstücken Schaden zu nehmen, geringer als das allgemein akzeptierte Risiko. Daraus ergibt sich in Einklang mit der oben zitierten Judikatur, dass das Risiko nicht über das gesellschaftlich anerkannte Risiko hinausgeht und daher nicht als relevante Gefährdung anzusehen ist.
Insgesamt gehen die Einwendungen der Beschwerdeführerin damit ins Leere. Durch das Vorhaben ist unter Berücksichtigung der getroffenen Schutzmaßnahmen (Eiserkennungssystem samt Abschaltung der Anlagen bei Eisansatz, Hinweisschilder mit Signalleuchten) und der mit dem angefochtenen Bescheid unter Punkt 4.11 erteilten Auflagen (Nachweis der Inbetriebnahme des Eiserkennungssystems, Kontrollpflichten, Schulungen und Fortbildung der Mühlenwarte) keine Gefährdung der Gesundheit oder unzumutbare Belästigung der Nachbarn zu befürchten. Die Genehmigungskriterien des § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 i.V.m. § 11 Abs. 1 NÖ ElWG 2005 und des § 17 Abs. 2 Z 2 lit. a und c UVP-G 2000 werden daher eingehalten.
2.9 Gesamtbewertung:
2.9.1. § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000 enthält das allgemeine Gebot, die Immissionsbelastung von Schutzgütern so gering wie möglich zu halten (Immissionsminimierungsgebot). Das Immissionsminimierungsgebot ist im Sinn des Verhältnismäßigkeitsprinzips auszulegen, sodass jeweils zu prüfen ist, ob die Anwendung zusätzlicher Maßnahmen noch im Verhältnis zu der damit insgesamt erreichten Verringerung der Immissionsbelastung steht (Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 173). Diese Norm enthält kein generelles, absolutes Schadstoffminimierungsgebot, sondern ein Gebot, die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten. Ein absolutes Gebot enthält diese Bestimmung nur hinsichtlich der Vermeidung der in lit. a bis c genannten Immissionen. Werden aber keine Schutzgüter beeinträchtigt und entspricht das Vorhaben dem Stand der Technik, so kann mit der bloßen Behauptung, es hätten noch strengere Grenzwerte vorgeschrieben werden können, keine Rechtswidrigkeit eines Bescheides iSd § 17 UVP-G 2000 dargetan werden (zuletzt VwGH 9.9.2015, 2013/03/0120).
Das Beschwerdeverfahren hat ergeben, dass keine Schutzgüter in einem erheblichen Maß beeinträchtigt werden und Immissionen gem. § 17 Abs. 2 Z 2 lit. a bis c jedenfalls vermieden werden.
Dem Immissionsminimierungsgebot ist daher entsprochen.
2.9.2. Gemäß § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 ist eine Gesamtbewertung durchzuführen.
Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Unionsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
Die Gesamtbewertung gem. § 17 Abs 5 UVP-G 2000 fordert zunächst eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen, d.h. in Summe und im Verhältnis zueinander zu beurteilen sind. I.S. dieses Prüfungsmaßstabs kommen als schwerwiegende Umweltbelastungen einerseits von den Verwaltungsvorschriften und § 17 Abs 2 UVP-G 2000 nicht erfasste Arten von Umweltbelastungen in Frage, andererseits Umweltbelastungen, die von den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zwar erfasst werden, nach diesen aber keinen Versagungsgrund bilden, sondern erst aufgrund einer Gesamtbewertung als schwerwiegend eingestuft werden müssen. Es ist zu prüfen, ob durch etwaige zusätzliche Aspekte, wie etwa Synergien, Überlagerungen, Kumulationseffekte, im Rahmen der integrativen Betrachtungsweise gegenüber der isolierten Betrachtung der einzelnen materiengesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen schwerwiegende Umweltbelastungen i.S.d § 17 Abs 5 UVP-G 2000 zu erwarten sind (VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 Schigebiet Hochsonnberg, RNr. 73, 74).
Die Behörde hat auf Basis detaillierter Fragestellungen an die Sachverständigen in der zusammenfassenden Bewertung und in den Teilgutachten bereits geprüft, ob schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten sind, die nicht Gegenstand von gesetzlichen Zulässigkeitsregelungen sind. Dabei basieren die Inhalte jedes Fragenbereiches auf einer Beeinflussungstabelle und einer Relevanzmatrix sowie auf den Genehmigungstatbeständen des UVP-G 2000 und der Materiengesetze. Die in der Relevanzmatrix und in der Beeinflussungstabelle dargestellten direkten und indirekten Umweltauswirkungen werden in der Folge als Risikofaktoren bezeichnet. Die Relevanzmatrix ermöglicht es, im Hinblick auf das Vorhaben die möglichen, relevanten, mittelbaren und unmittelbaren Beeinflussungen der Schutzgüter darzustellen und miteinander in Beziehung zu setzen. Die Relevanzmatrix ermöglicht eine Analyse der Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Umweltauswirkungen und Schutzgütern. Aufgrund der Relevanzmatrix ergaben sich Themenbereiche und Fragestellungen, die in der Beeinflussungstabelle aufgelistet wurden. Jeder Risikofaktor wurde einem oder mehreren Gutachtern zur Bearbeitung im Teilgutachten vorgelegt. Mit dieser Methode ist für das Bundesverwaltungsgericht dafür Sorge getragen, dass Kumulations- und Überlagerungs- sowie Wechselwirkungen bestmöglich erfasst werden.
§ 17 Abs. 5 UVP-G 2000 hat eine Auffangfunktion für jene Umweltauswirkungen, die im Rahmen der anzuwendenden Materiengesetze sowie des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 nicht ausreichend berücksichtigt werden können, wie beispielsweise Wechselwirkungen, Kumulierungen und Verlagerungen. Im Lichte dieses Verständnisses kommen etwa Belange der Raumordnung und des Klimaschutzes, Sach- und Kulturgüter sowie allfällige Wechselwirkungen, Verlagerungen und Kumulierungen zwischen den betroffenen Umweltmedien als Aspekte in Betracht, die nicht bereits Gegenstand der Prüfung nach den anzuwendenden Materiengesetzen sowie des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 waren und deshalb durch § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 erfasst werden. Bereits die behördliche Prüfung hat ergeben, dass keine schwerwiegenden Umweltauswirkungen aufgrund von Verlagerungs- und Kumulierungseffekten sowie Wechselwirkungen zwischen den Umweltmedien zu Tage traten, die nicht bereits nach den anzuwendenden Genehmigungstatbeständen geprüft und durch Nebenbestimmungen auf ein erträgliches Maß vermindert werden hätten können.
Auch das Beschwerdeverfahren hat – gerade auch unter Mitbetrachtung früherer in räumlicher Nähe genehmigter gleichartiger Vorhaben – bestätigt, dass keine derartigen Auswirkungen zu erwarten sind.
2.10. Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil zu der für die Beteiligungsrechte von Parteien unter COVID-19-Bedingungen relevanten Frage, ob diese jedenfalls das Recht haben, an einer physisch abgehaltenen Verhandlung über technische Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung teilzunehmen oder nicht, Rechtsprechung des Verwaltunsgerichtshofs fehlt. Es kommt ihr auch über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Zwar ging das Bundesverwaltungsgericht unter Rückgriff auf die Erläuterungen davon aus, dass es in seinem – wenn auch beschränkten – Ermessen stand, ob es eine elektronische Teilnahme anzubieten hatte. Fallbezogen kam es zum Schluss, dass die Ermöglichung einer solchen Art der Teilnahme nicht anzubieten war.
Doch könnte die Bestimmung des § 3 Abs. 3 erster Satz COVID-19-VwBG – gerade in Anbetracht der Formulierung „ist…Gelegenheit zu geben“ – so verstanden werden, dass die Möglichkeit zur Ausübung von Parteienrechten über elektronische Mittel jedenfalls anzubieten (bzw. auch tatsächlich zu ermöglichen) ist. Die Lösung dieser Frage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch von Relevanz für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über eine allfällige Revision: So hätte die beschwerdeführende Partei etwa auf Grund von Ausführungen von zur Erörterung deren Gutachten anwesender Sachverständiger an diese weitere Fragen stellen oder Äußerungen erstatten können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es in der Folge zu anderslautenden Sachverhaltsfeststellungen gekommen wäre und in Anbetracht dieser die rechtlichen Schlussfolgerungen anders ausgefallen wären. Sieht der Verwaltungsgerichtshof nun eine Verletzung einer Verfahrensvorschrift, weil gemäß § 3 Abs. 3 jedenfalls ein Anspruch auf eine Teilnahme durch elektronische Mittel anzubieten (bzw. auch tatsächlich zu gewähren) gewesen wäre und bejaht er auch die Relevanz dieses Verstoßes, so hätte er die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aufzuheben.
Auch zur Auslegung des Begriffs „erheblich“ in § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor. Doch ist der Wortlaut der dazu angewendeten Rechtsvorschrift des § 4 NÖ NSchG bereits für sich genommen so eindeutig, dass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, und wurde eine entsprechende Interessenabwägung durchgeführt, die grundsätzlich nicht revisibel ist. Eine Relevanz für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über eine allfällige Revision ist somit nicht ersichtlich.
Zu sonstigen bei der Entscheidung maßgeblichen zu lösenden Rechtsfragen liegt bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor: Dies betrifft etwa die Zustellung von Schriftstücken in elektronischer Form, die Fachkunde von Sachverständigen, den Artenschutz, die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit durch Windkraftanlagen und die Gesamtbewertung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
