VwGH 2001/10/0101

VwGH2001/10/010128.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der E GmbH & Co KG (nunmehr: e GmbH & Co KG) in G, vertreten durch Mag. Caroline Pestal, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. März 2001, Zl. RU5-B 190/001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art12 Abs1 Z5;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §4 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2 Z1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2 Z3;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs3;
VwRallg;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art12 Abs1 Z5;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §4 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2 Z1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2 Z3;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (BH) vom 17. Juli 2000 wurde die Anzeige der Beschwerdeführerin vom 30. Mai 2000 auf Errichtung eines "Windparks" (Neubau von 50 Windkraftanlagen) in L unter Berufung auf die §§ 5 Abs. 1 Z. 1 und 5 Abs. 3 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-7, abgewiesen und gleichzeitig die Durchführung des angezeigten Vorhabens untersagt. Nach der Begründung sei das gegenständliche Projekt nicht bewilligungsfähig, da auf Grund des naturschutzfachlichen Gutachtens eine Gefährdung der Tierwelt (Aktionsraum und potentielles Brutgebiet der Großtrappe) auch bei Vorschreibung von Vorkehrungen nicht ausgeschlossen werden könne.

Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Neubau von 50 Windkraftanlagen gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 und § 38 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000, LGBl. 5500-0 (NÖ NSchG 2000), nicht bewilligt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass im Beschwerdefall (nunmehr) das NÖ Naturschutzgesetz 2000 anzuwenden sei. Gemäß § 38 Abs. 1 leg. cit. würde mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das NÖ Naturschutzgesetz, LGBl. 5500-7, außer Kraft treten.

Die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer Berufung im Wesentlichen gegen das von der BH eingeholte naturschutzfachliche Gutachten gewendet. Sie habe beantragt, die belangte Behörde möge den Bescheid der BH ersatzlos beheben und dieser den Antrag zur neuerlichen Befassung vorlegen, in eventu solle der Bescheid dahin gehend abgeändert werden, dass die Standorte (der Windkraftanlagen) 1-15, in eventu die Standorte 1-7, nicht untersagt würden.

Die belangte Behörde habe im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens ein weiteres Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. Nach diesem Gutachten sei das Vorhaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich seiner beeinträchtigenden Wirkung auf das Landschaftsbild, den Erholungswert und die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Landschaftsraum zu beurteilen. Zur Frage der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes habe die Sachverständige Folgendes ausgeführt:

"Windenergieanlagen (WEA) verändern - je nach vorhandener Landschaftsausstattung mit sie prägenden Elementen ('technischer' und 'natürlicher' Art) und ihrer großräumigen Morphologie - das Landschaftsbild nachhaltig und meist wesentlich. In der Literatur (s. u.) sind zahlreiche Untersuchungen und Bewertungsversuche zu dieser Thematik zu finden. WEA sind moderne industrielle Anlagen und geben damit einer Landschaft ein 'industrielles' Gepräge.

Im ggst. Fall handelt es sich um eine weitläufige, offene Landschaft, mit kaum übergeordneten Raumstrukturen. Dies bedeutet, dass WEA weithin sichtbar das Landschaftsbild beeinflussen. Proportionen und Maßstäblichkeiten des Landschaftsraumes werden grundlegend verändert. Auf Grund der großen geplanten Gesamthöhe der einzelnen Windkraftwerke von rund 100 Metern und der so gut wie fehlenden Ausstattung der Landschaft mit ähnlich hoch aufragenden oder anderen, ähnlich optisch dominanten, 'technischen' Elementen ('Vorprägung'), werden sie auch aus mittleren und größeren Distanzen optischer Hauptanziehungspunkt sein. Dies gilt sowohl für einzelne Anlagen, als auch - umso mehr -

für ganze Windparks.

Für den Fall der Errichtung von einigen wenigen Einzelanlagen, müsste eine genaue Prüfung des zu erwartenden landschaftlichen Eindruckes auf der Grundlage einer Fotomontage erfolgen (Kriterien dafür müssten vorher festgelegt werden).

Bei der Durchführung des Gesamtprojektes (Windpark mit 50 Einzelanlagen), kann man auf Grund der vorhandenen landschaftlichen Ausprägung (flach, weite Einsehbarkeit, kaum aufragende Elemente) von einer weithin sichtbaren optischen Dominanz dieser bewegten technischen Bauwerke mit Sicherheit ausgehen. Eine nachhaltige Veränderung der Landschaftscharakteristik und auch der unmittelbaren Lebensräume der Menschen im Ortsbereich ist daher anzunehmen. Solch eine drastische und großräumig wirksame Veränderung der Landschaft ist aus naturschutzfachlicher Sicht durchaus problematisch und führt unter dem Blickwinkel der optischen Beeinträchtigung des landschaftlichen Erscheinungsbildes in Richtung 'industriell geprägte Landschaft' durch das ggst. Projekt zu einer ablehnenden Beurteilung."

Hinsichtlich der ökologischen Funktionstüchtigkeit habe die Amtssachverständige (unter Hinweis auf Literatur) Folgendes ausgeführt:

"Das Projektgebiet liegt im Marchfeld, westlich der Ortschaft L, das vorwiegend von intensiver Landwirtschaft mit fallweise eingestreuten Bracheflächen, vereinzelten Windschutzpflanzungen, Restbeständen von Obstalleen und verstreuten Ortschaften mit dörflichem Charakter geprägt wird. Die Oberfläche ist kaum reliefiert, die Höhenunterschiede, auch innerhalb größerer Räume, bewegen sich im Meterbereich. Die Standortverhältnisse sind heute fast durchwegs als homogen zu bezeichnen. ...

Das für den Windpark zur Errichtung vorgesehene Gebiet liegt im Aktions- und Brutbereich der Großtrappe, einer weltweit gefährdeten Vogelart. Sie ist in der Vogelschutzrichtlinie der EU 79/409/EWG im Anhang I geführt und ist entsprechend der Roten Liste Niederösterreichs und Österreich vom Aussterben bedroht (Kategorie 1). Im Raum von Niederösterreich gibt es noch vier Teilpopulationen dieser Vogelart.

Der Lebensraum dieses weltweit schwersten flugfähigen Vogels ist die weitläufige, gut überblickbare Steppenlandschaft. In Mitteleuropa werden auch landwirtschaftlich genutzte Gebiete als Sekundärlebensraum angenommen. Auf Grund der oft intensiven Bewirtschaftung von großen Schlagen kommt es jedoch oft zu Verlusten. ...

Die Trappenpopulation, ihre Entwicklung und ihr räumliches Verhalten im Großraum des Marchfeldes wird seit Jahren von Experten beobachtet und als Grundlage für die Entwicklung von Schutzstrategien verwendet.

Derzeit liegt eine Karte (Maßstab 1:250.000), die grob die Hauptaktionsräume dieser Vogelart zeigt, vor. (Kollar, 197, erg. 1998). Recherchen bei den einzelnen Bearbeitern ergaben jedoch, dass durchaus auch Bewegungen außerhalb dieser bezeichneten Räume stattfinden. ...

Windkraftanlagen wirken auf Grund ihrer Höhe und ihrer Beweglichkeit weit über ihren unmittelbaren Standort hinaus. Schon aus diesem Grund kann eine in einer Karte nur ungefähr gezogene Linie nicht als Grenzlinie für die Eignung eines Landschaftsraumes für ein Windkraftprojekt herangezogen werden.

Wie weit die Wirkung eines Windkraftwerkes bzw. eines ganzen Windparkes auf eine vorhandene Trappenpopulation reicht, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Schätzungen in der Literatur (siehe Anhang), die sich aber teilweise auf andere Vogelarten (teilweise mit ähnlichen 'Offenlandansprüchen') beziehen, gehen von Abständen von hunderten Metern bis zu Kilometerdistanzen aus. Generell herrscht jedoch noch großer Forschungsbedarf.

Seit 1999 läuft ein Untersuchungsprojekt (mündl. Mitt. KOLLAR und WURM, 2001) im Rahmen der Errichtung des Windparkes Zurndorf im Burgenland. Untersuchungsgegenstand ist der Einfluss des Windparkes auf die vorhandene Trappenpopulation. Die beiden vergangenen Untersuchungsjahre (ein drittes folgt noch) lieferten jedoch nicht wirklich eindeutige Ergebnisse. Weiteres besteht die Vermutung, dass die Zurndorfer Verhältnisse hinsichtlich der Trappenpopulation und der Lebensraumverhältnisse nicht unmittelbar auf die Marchfelder Verhältnisse übertragbar sein werden, da die Burgenländische Population in engem Austausch mit einer relativ starken Trappenpopulation in Ungarn steht.

Gutachten:

Das eingereichte Windprojekt liegt inmitten von einem der Zentren der Trappenvorkommen im Marchfeld. Auf Grund der Lebensraumansprüche der Vogelart ist mit einem wesentlichen negativen Einfluss auf diese niederösterreichische Teilpopulation zu rechnen, der bis zu einem gänzlichen Verlust führen kann.

Auch einzelne Anlagen, die im Randbereich von den derzeit bekannten Hauptaktionsräumen der letzten Jahre liegen, bergen ein hohes Risiko der nachhaltigen Entwertung des Lebensraumes in sich. In der Literatur, bei einer derzeit laufenden Untersuchung und auf Grund von mündlichen Mitteilungen der mit der Untersuchung betrauten Fachleute (mündl. Mitt. WURM, 2000) ergeben sich Hinweise auf weiträumige negative Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Trappen. Auf Grund der derzeit schon extremen Belastungen der Marchfelder Trappenpopulation, kann auch nur das Risiko einer Belastungsverstärkung aus naturschutzfachlicher Sicht nicht in Kauf genommen werden.

Aus den angeführten Gründen werden aus naturschutzfachlicher Sicht sowohl das Gesamtprojekt als auch Einzelanlagen in Randlage, abgelehnt. ..."

Das Gutachten sei den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme geltend gemacht, dass das gegenständliche Gebiet nicht gemäß der Vogelschutz-Richtlinie oder der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie nach Brüssel gemeldet worden und daher kein Natura 2000-Gebiet sei. Ihrer Auffassung nach lägen keine Verfahrensergebnisse vor, die eine Ablehnung des Vorhabens rechtfertigen würden. Im Gutachten seien lediglich Mutmaßungen und Vermutungen angestellt worden.

Auf dieses Vorbringen sei zu erwidern, dass der angefochtene Bescheid nicht auf die §§ 9 bzw. 10 NÖ NSchG 2000 gestützt worden sei. Wenn die Sachverständige ausführe, dass die Großtrappe weltweit eine gefährdete Vogelart sei und im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie sowie in der Roten Liste Niederösterreichs angeführt sei, so diene dies der Veranschaulichung des Gefährdungsgrades dieser Tierart. Die nicht auf gleichem fachlichen Niveau vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin seien nicht geeignet, das Gutachten der Amtssachverständigen zu widerlegen. Auf Grund des erhobenen Sachverhaltes und der vorliegenden Gutachten, die als schlüssig und fachlich fundiert zu beurteilen seien, gelange die belangte Behörde zur Ansicht, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie wegen der Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit nicht zu bewilligen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Niederösterreichische Naturschutzgesetz 2000 anzuwenden. Gemäß § 38 Abs. 1 dieses Gesetzes tritt mit dessen Inkrafttreten das Niederösterreichische Naturschutzgesetz, LGBl. 5500-7, außer Kraft.

Gemäß § 38 Abs. 7 NÖ NSchG 2000 sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen dieses Gesetzes weiterzuführen (vgl. zu dieser Bestimmung das Erkenntnis vom 16. April 2004, Zl. 2001/10/0156, Pkt. 12.5.9. der Entscheidungsgründe). Ausgenommen hievon sind anhängige Entschädigungsverfahren nach § 18 NÖ Naturschutzgesetz, LGBl. 5500-7; diese sind nach den vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen. Gründe, die der Anwendung des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000 von Verfassung wegen entgegen stehen könnten, sind im vorliegenden Beschwerdefall nicht ersichtlich.

Der mit "Bewilligungspflicht" überschriebene § 7 NÖ NSchG 2000 lautet auszugsweise:

"(1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich und funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:

1. die Errichtung und wesentliche Abänderung von allen Bauwerken, die nicht Gebäude sind und die auch nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit Gebäuden stehen und von sachlich untergeordneter Bedeutung sind;

2. ...

(2) Die Bewilligung nach Abs. 1 ist zu versagen, wenn

  1. 1. das Landschaftsbild,
  2. 2. der Erholungswert der Landschaft oder
  3. 3. die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann. Bei der Vorschreibung von Vorkehrungen ist auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft sowie einer leistungsfähigen Wirtschaft so weit wie möglich Bedacht zu nehmen.

(3) Eine nachhaltige Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit des betroffenen Lebensraumes liegt insbesondere vor, wenn

1. eine maßgebliche Störung des Kleinklimas, der Bodenbildung, der Oberflächenformen oder des Wasserhaushaltes erfolgt,

2. der Bestand und die Entwicklungsfähigkeit an für den betroffenen Lebensraum charakteristischen Tier- und Pflanzenarten, insbesondere an seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten, maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird,

3. der Lebensraum heimischer Tier- oder Pflanzenarten in seinem Bestand oder seiner Entwicklungsfähigkeit maßgeblich beeinträchtigt oder vernichtet wird oder

4. eine maßgebliche Störung für das Beziehungs- und Wirkungsgefüge der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt untereinander oder zu ihrer Umwelt zu erwarten ist.

(4) Mögliche Vorkehrungen im Sinne des Abs. 2 sind:

die Bedingung oder Befristung der Bewilligung, der Erlag einer Sicherheitsleistung sowie die Erfüllung von Auflagen, wie beispielsweise die Anpassung von Böschungsneigungen, die Bepflanzung mit bestimmten standortgerechten Bäumen oder Sträuchern, die Schaffung von Fisch-Aufstiegen, Grünbrücken oder Tierdurchlässen.

(5) ..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, das verfahrensgegenständliche Vorhaben der Beschwerdeführerin sei wegen der nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie der ökologischen Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nicht zu bewilligen.

Dem hält die Beschwerdeführerin zunächst entgegen, die Ausführungen zum Landschaftsbild im Gutachten der Amtssachverständigen seien unvollständig. So sei der Umstand, dass sich im Umgebungsbereich der Standorte der Windkraftanlagen ein Umspannwerk, eine 110 KV-Freileitung sowie bestehende 20 KV-Freileitungen befänden, vernachlässigt worden. Hätte die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin berücksichtigt, dass im Marchfeld bereits eine Vielzahl an Windenergieanlagen bestünden, so wäre sie zu einem anderen Bescheid gelangte.

Nach dem oben wiedergegebenen § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 ist die Bewilligung nach Abs. 1 (unter anderem) zu versagen, wenn das Landschaftsbild oder die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann.

Danach sind die Versagungstatbestände des § 7 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 alternativ heranzuziehen; eine Bewilligung ist somit zu versagen, wenn (nur) einer der dort angeführten Versagungsgründe vorliegt.

Für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmales des § 7 Abs. 2 Z. 1 NÖ NSchG 2000 (nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes) genügt, dass das bewilligungspflichtige Vorhaben von zumindest einem Blickpunkt aus eine das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigende Wirkung nach sich zieht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0121, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Unter Landschaftsbild ist mangels einer Legaldefinition das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/10/0204).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt im Zusammenhang mit der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in landschaftsbildlicher Hinsicht in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - insbesondere auf sachverständiger Basis - beruhende großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft es erlaubt, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge gegen und daher vor einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssten. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt. Die Feststellung, ein Vorhaben beeinträchtige das Landschaftsbild, bedarf einer so ausführlichen Beschreibung des Bildes der Landschaft, dass die Schlussfolgerung der Störung dieses Bildes durch das Vorhaben nachvollziehbar gezogen werden kann. Handelt es sich um einen zusätzlichen Eingriff, dann ist entscheidend, ob sich diese weitere Anlage oder Einrichtung in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch bereits vorhandene menschliche Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einfügt oder eine Verstärkung der Eingriffswirkung hervorruft (vgl. dazu etwa das zum Burgenländischen Naturschutzgesetz 1990 ergangene Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2001/10/0093, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist nicht ersichtlich, dass das Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz, das den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides zugrunde liegt, mit Mängeln behaftet oder unschlüssig wäre. Die Sachverständige hat in dem oben wiedergegebenen Gutachten dargelegt, dass im Beschwerdefall eine "weitläufige, offene Landschaft mit kaum übergeordneten Raumstrukturen" vorliegt. Auf Grund der Gesamthöhe der einzelnen Windkraftwerke von rund 100 m und der so gut wie fehlenden Ausstattung der Landschaft mit ähnlich hoch aufragenden oder anderen, ähnlich optisch dominanten technischen Elementen würden die Windkraftwerke aus mittleren oder größeren Distanzen optischer Hauptanziehungspunkt sein. Auf Grund der vorhandenen landschaftlichen Ausprägung (flach, weite Einsehbarkeit, kaum aufragende Elemente) sei von einer weithin sichtbaren optischen Dominanz dieser bewegten technischen Bauwerke auszugehen. Dadurch komme es zu einer nachhaltigen Veränderung der Landschaftscharakteristik in Richtung "industriell geprägte Landschaft".

Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Für die Darlegungen des Sachverständigen spricht auch die mit dem Einreichprojekt der Beschwerdeführerin vorgelegte Fotodokumentation.

Soweit die Beschwerdeführerin auf bereits vorhandene Objekte (Umspannwerk, KV-Leitungen) verweist, ist ihr zu erwidern, dass die Beurteilung eines Objektes als maßgeblicher Eingriff nicht voraussetzt, dass im betreffenden Bereich noch keinerlei Eingriff in das Landschaftsbild besteht. Auch das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung liegt im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 11. Juni 2001, Zl. 99/10/0200).

Die Auffassung der belangten Behörde, das gegenständliche Projekt bewirke eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Sinne des § 7 Abs. 2 Z. 1 NÖ NSchG 2000 ist daher nicht zu beanstanden.

Bei diesem Verfahrensergebnis kann dahin stehen, ob durch das Projekt (im Zusammenhang mit der Trappenpopulation) auch eine nachhaltige Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nach § 7 Abs. 2 Z. 3 iVm § 7 Abs. 3 Z. 2 bzw. 3 leg. cit. gegeben ist. Der Vollständigkeit halber sei allerdings darauf verwiesen, dass die gesetzmäßige Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere bzw. Pflanzen Bezug nehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falles, auf die Art der beantragten Maßnahme und die von dieser ausgehenden Auswirkungen auf die geschützten Güter Bedacht nehmende Feststellungen voraussetzt (vgl. dazu das bereits genannte Erkenntnis vom 16. April 2004, Pkt. 19.5.1. der Entscheidungsgründe). Bloße Hinweise auf "weiträumige negative Auswirkungen", "nicht wirklich eindeutige Ergebnisse" oder das Bestehen von "großem Forschungsbedarf" entsprechen den dargelegten Anforderungen nicht.

Das Schicksal der vorliegenden Beschwerde ist damit allerdings noch nicht entschieden.

Die Errichtung der gegenständlichen Anlage soll der Gewinnung von Energie (Elektrizität) dienen, wobei in der Angelegenheit "Elektrizitätswesen" auch eine Kompetenz des Bundes besteht (vgl. Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG).

In diesem Zusammenhang ist der den "Anwendungsbereich" des NÖ NSchG 2000 regelnde § 4 zu beachten, der in seinem Abs. 1 Folgendes bestimmt:

"(1) Bei Anwendung dieses Gesetzes sind kompetenzrechtliche Interessen des Bundes in Form einer Abwägung mit den Interessen des Naturschutzes zu berücksichtigen."

Mit dieser Bestimmung sollte dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1999, VfSlg. 15.552, mit dem der den Anwendungsbereich regelnde § 2 des (früheren) NÖ Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 5500-5, als verfassungswidrig aufgehoben worden ist, entsprochen werden (vgl. dazu etwa den Antrag der Abgeordneten Knotzer, ua. zum NÖ Naturschutzgesetz 2000, S. 2). Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedeute der Umstand, dass für ein Projekt mehrere Genehmigungen nebeneinander erforderlich und diese überdies nach den Rechtsvorschriften verschiedener Kompetenzträger zu erteilen oder zu versagen seien, nicht, dass jeder Kompetenzträger in der Ausgestaltung seiner Gesetzgebungskompetenz auch in dem Sinne völlig frei wäre, in seiner Regelung einen bestimmten Regelungsaspekt absolut zu setzen und damit die Kompetenzen anderer Gebietskörperschaften auszuhöhlen oder zu unterlaufen. Der den Bundesstaat konstituierenden Bundesverfassung müsse nämlich unterstellt werden, die Grundlage einer harmonisierenden Rechtsordnung zu sein, in der (allenfalls divergierende) Interessen von Bund und Ländern, auch soweit diese in Akten der Gesetzgebung ihren Niederschlag finden, aufeinander abgestimmt seien. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Landes- (ebenso wie jener des Bundes-)gesetzgebers sei deshalb insoweit eingeschränkt, als es ihm verwehrt sei, Regelungen zu treffen, die sich als sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der gegenbeteiligten Rechtssetzungsautorität darstellten (VfSlg. 10.292/1984). Ungeachtet der nicht zu bezweifelnden Befugnis des Landesgesetzgebers, vermeidbare Eingriffe in Naturschutzinteressen zu untersagen bzw. durch die Erteilung von Auflagen und Bedingungen für einen entsprechenden Ausgleich zu sorgen, müsse daher im Falle von Eingriffen, die nicht vermeidbar sind und deren nachteilige Folgen auch nicht ausgeglichen werden können, zumindest in Form einer Abwägung zwischen den Interessen des Naturschutzes und den anderen, den Eingriff bewirkenden Interessen auch für die gebotene Berücksichtigung kompetenzfremder Interessenraum sein.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hätte die belangte Behörde daher festzustellen gehabt, inwieweit die Ausführung des beantragten Windparks der Verwirklichung der vom Bund im Rahmen seiner Kompetenzen zulässiger Weise verfolgten öffentlichen Interessen dient. Dieses Interesse des Bundes wäre mit den Naturschutzinteressen abzuwägen gewesen. Dabei ist ferner zu beachten, dass die Interessenabwägung in der Regel eine Wertentscheidung sein muss, da die konkurrierenden Interessen meist monetär nicht bewertbar sind. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzis zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 31. Oktober 2004, Zl. 2001/10/0252 mwH).

Da eine Interessenabwägung rechtswidriger Weise unterblieb, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003. Neben dem pauschaliertem Schriftsatzaufwand war ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuzuerkennen.

Wien, am 28. Februar 2005

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