VwGH Ra 2019/02/0170

VwGHRa 2019/02/017015.11.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der J GmbH in H, vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 25. Juni 2019, Zl. LVwG 41.11-3187/2018-6, betreffend Bewilligung der Errichtung einer LED-Werbeanzeige nach der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2
AVG §52
AVG §53
AVG §53 Abs1
AVG §7
AVG §7 Abs1
B-VG Art133 Abs4
StVO 1960 §84 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020170.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 24. Juli 2018 beantragte die revisionswerbende Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld die Bewilligung der Anbringung einer LED-Werbetafel auf einem näher bezeichneten Grundstück in der Gemeinde I. Das Grundstück befindet sich südlich der Autobahn A2, im Bereich einer näher bezeichneten Autobahnabfahrt in Fahrtrichtung W. 2 Mit Bescheid vom 9. November 2018 wies die Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld den Antrag der revisionswerbenden Partei gemäß § 84 Abs. 3 StVO ab. 3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, das Grundstück, auf dem die LED-Werbetafel errichtet werden solle, befinde sich südlich der A2, genau im Bereich einer näher bezeichneten Abfahrt in Fahrtrichtung W. Die geplante Werbeeinrichtung solle mit Wirkung auf die Verzögerungsspur-Verflechtungsstrecke der A2 mit einem Abstand von ca. 15 m zur Anlagengrenze der A2 positioniert werden. Das Grundstück sei als Bauland ausgewiesen. Im gegenständlichen Bereich der A2 bestehe eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Die durchschnittliche Verkehrsstärke betrage laut Belastungsplan 2012

35.800 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden. Der Schwerverkehrsanteil liege bei 12 %. Das auf der beantragten Werbetafel jeweils angezeigte Werbesujet werde nach einem gewissen Intervall sanft ausgeblendet und durch ein neues Werbesujet ersetzt. 5 Den festgestellten Sachverhalt stützte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend auf das Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen, den Akteninhalt sowie die Angaben des Geschäftsführers der revisionswerbenden Partei in der mündlichen Verhandlung.

6 In rechtlicher Hinsicht erwog das Verwaltungsgericht, dass aufgrund der vorliegenden Verkehrssituation - nämlich der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, der geplanten Errichtung am Beginn der Verzögerungsspur bei einer Abfahrt der A2, der starken Verkehrsfrequenz in diesem Bereich und der in bestimmten Zeitabständen wechselnden Werbebilder - die Ablenkung der Verkehrsteilnehmer als wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu qualifizieren sei. Die beantragte Bewilligung sei daher gemäß § 84 Abs. 3 StVO zu versagen. 7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass dem Erfordernis der gesonderten Darlegung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen wird, wenn die Revision die Ausführungen zu ihrer Begründetheit wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit enthält (vgl. etwa VwGH 15.4.2019, Ra 2019/20/0143;

28.3.2019, Ra 2019/07/0009; 18.3.2019, Ra 2018/08/0233;

11.12.2018, Ra 2017/01/0111, jeweils mwN). Ausgehend davon erweist sich die vorliegende Revision, deren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision wortident auch als Revisionsgründe angeführt werden, ohne dass zur Zulässigkeitsbegründung Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung formuliert werden, als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

12 Ungeachtet dessen gelingt es der Revision zudem nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen:

13 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe entgegen der hg. Judikatur die beantragten Beweise, nämlich die Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich Straßenverkehr und technische Physik/Lichttechnik sowie die Einvernahme des Privatsachverständigen DI L., zu Unrecht abgewiesen. Das herangezogene Gutachten des Amtssachverständigen sei unschlüssig, zumal dort nur ausgeführt werde, dass eine Werbung immer auf Blickzuwendung abziele und jede Art von Blickzuwendung eine Ablenkung der Verkehrsteilnehmer sei und somit die Verkehrssicherheit beeinträchtige. Wie der Sachverständige zu diesem Gutachten komme, sei nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht dargelegt, weshalb es dem mangelhaften Gutachten des Amtssachverständigen und nicht jenem des Privatsachverständigen folge. Schließlich wird die Befangenheit des Amtssachverständigen geltend gemacht. 14 Im gegenständlichen Verfahren war vom Verwaltungsgericht zu klären, ob die von der revisionswerbenden Partei beantragte Errichtung einer LED-Werbeanzeige am geplanten Standort eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit erwarten lässt. Nach der hg. Rechtsprechung hängt dies von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Behörde - somit auch das Verwaltungsgericht - hat dies vor der Erteilung der Bewilligung, erforderlichenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen, anhand der in § 84 Abs. 3 StVO genannten Voraussetzungen zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.2019, Ra 2018/02/0187, mwN). Dabei ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH 23.1.2009, 2008/02/0244, mwN).

15 Soweit die revisionswerbende Partei der Ansicht ist, es wären zur Beurteilung der Frage, ob fallbezogen eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu erwarten sei, ergänzende Beweisaufnahmen - insbesondere weitere Sachverständigengutachten - einzuholen gewesen, ist festzuhalten, dass es nach der ständigen hg. Rechtsprechung der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. erneut VwGH 9.5.2019, Ra 2018/02/0187, mwN).

16 Im gegenständlichen Fall stützte das Verwaltungsgericht seine rechtliche Beurteilung, wonach durch die Errichtung der LED-Werbetafel eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit anzunehmen sei, auf ausreichende Sachverhaltsfeststellungen. Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, dass eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit unabhängig von der Leuchtstärke der Werbetafel vorliege, weshalb es von der Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich technische Physik/Lichttechnik absah. Die Revision legt weder dar, dass diese Einschätzung grob fehlerhaft war, noch zeigt sie konkret auf, inwiefern die Aufnahme weiterer Beweise zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätte. Die Abstandnahme von den beantragten Beweisen ist daher nicht zu beanstanden.

17 Insofern die Revision einen Begründungsmangel moniert und dazu ausführt, das Verwaltungsgericht habe sich über das von der revisionswerbenden Partei beigebrachte Gutachten des Sachverständigen DI L. begründungslos hinweggesetzt, wird damit ein Verfahrensmangel geltend gemacht.

18 Bei Verfahrensmängeln muss nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0257, 0258, mwN). 19 Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision nicht gerecht, zumal nicht dargelegt wird, welche anderen Feststellungen das Verwaltungsgericht auf Grundlage des Gutachtens des Privatsachverständigen hätte treffen müssen und inwieweit diese zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätten. Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht - gestützt auf die Ausführungen des Amtssachverständigen - begründend dargelegt, weshalb es von einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ausging. Es stützte diese Einschätzung auf die in diesem Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, der geplanten Errichtung der Werbetafel am Beginn der Verzögerungsspur bei einer Abfahrt der A2, der starken Verkehrsfrequenz in diesem Bereich und der in bestimmten Zeitabständen wechselnden Werbebilder. Diesen entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen tritt das von der revisionswerbenden Partei beigebrachte Privatsachverständigengutachten in keiner Weise entgegen, sondern erschöpft sich darin, rechtliche Einschätzungen wiederzugeben und (nicht relevante) Ausführungen zur Helligkeit der LED-Werbetafel zu treffen. Im Ergebnis ist somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ersichtlich.

20 Wenn die revisionswerbende Partei schließlich rügt, der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten auch rechtliche Beurteilungen vorgenommen, wird damit eine Unschlüssigkeit des Gutachtens nicht aufgezeigt, zumal der Umstand, dass ein Sachverständiger teilweise in Überschreitung seiner Aufgaben auf Rechtsfragen eingeht, nur zur Unbeachtlichkeit dieser Teile seiner Aussagen führt (vgl. VwGH 16.12.2014, 2013/03/0108, mwN). 21 Soweit darin zudem eine Befangenheit des Amtssachverständigen erblickt wird, ist festzuhalten, dass Stellungnahmen eines Sachverständigen zu Rechtsfragen für sich allein nicht zu dessen Befangenheit führen (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/03/0018 bis 0020, mwN). Auch mit der Behauptung, das "Amtsgutachten" gehe "ohnedies von einer Ablenkung durch jede Werbung aus", vermag die revisionswerbende Partei weder eine Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen noch eine Unschlüssigkeit des Gutachtens aufzuzeigen. Nach der hg. Rechtsprechung ist die Würdigung eines Sachverständigengutachtens Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/04/0036, mwN). Der Umstand, dass der Amtssachverständige vorliegend eine für die revisionswerbende Partei ungünstige gutachterliche Stellungnahme erstattet hat, vermag eine Befangenheit ebenso nicht zu begründen (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2016/04/0040, mwN).

22 Im Ergebnis werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

23 Von der Durchführung der in der Revision beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 15. November 2019

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