AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
COVID-19-VwBG Art16 §1 Abs1
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:L515.2171062.1.00
Spruch:
L515 2171053-1/19EL515 2213691-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 8 Abs. 1, 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 55 FPG, Art. 16, § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beginnend mit 1.5.2020.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 8 Abs. 1, 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 55 FPG, Art. 16, § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beginnend mit 1.5.2020.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. am XXXX , diese wiederum vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 8 Abs. 1, 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 55 FPG, Art. 16, § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beginnend mit 1.5.2020.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , am XXXX geb., diese wiederum vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 55 FPG, Art. 16, § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beginnend mit 1.5.2020.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. am XXXX , diese wiederum vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3, AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie
Gemäß § 55 FPG, Art. 16, § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 beträgt die Frist für die
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. am XXXX , diese wiederum vertreten durch die RAe BISCHOF und LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2018, Zl. XXXX beschlossen:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe :
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß als „bP“ bzw. gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als „bP1“ bis „bP5“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 2.7.2015 (bP1 – bP3) bzw. nach ihrer Geburt im Inland (bP4 und bP5) bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein.
I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der bP3 – bP5.
Zusammengefasst brachten die bP vor, in Georgien unter prekären wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt zu haben. Die bP3 sei schwer behindert und hätten die bP in Georgien keinen Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung gehabt, weshalb sie sich nach Österreich begeben hätten.
Im Detail gaben die bP1 und bP2 Folgendes an:
(Angaben der bP1)„…
- Bei der Erstbefragung gaben Sie folgende Fluchtgründe zu Protokoll:
„Ich bin obdachlos, habe keine Arbeit. Ich habe einen Kleinbus besessen, damit habe ich gelegentlich Transportaufträge durchgeführt. Ich habe zusammen mit meiner Familie entweder im Auto oder bei verschiedenen Bekannten geschlafen. Mein Kind leidet unter Kinderlähmung und braucht medizinische Behandlung. Ich kann mir die Behandlung aber nicht leisten. Ich habe Shorta kennengelernt. Dieser hat mein Kind gesehen und hatte Mitleid. Er bot mir an, dass er für meine Familie die Flucht nach Europa organisiert.“
- Bei der Einvernahme am 10.11.2016 gaben Sie vor dem BFA folgendes an:
…
F: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund?
A: Mir geht es gut. Ja, ich bin gesund.
…
Vorhalt: In der Ersteinvernahme gaben Sie an Obdachlos zu sein. Bitte nehmen Sie Stellung dazu.
A: Das stimmt, ich habe keine eigene Wohnung. Ich habe in verschiedenen Mietwohnungen geschlafen und wenn ich die Miete nicht bezahlen konnte, habe ich im Auto geschlafen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich einen kleinen Minibus besessen habe.
…
Meine Mutter heißt XXXX , geb. XXXX . whft in XXXX ,
Ich habe zwei Schwestern und ein Brüder.
Schwestern:
- XXXX , geb. XXXX , whft in XXXX ,
- XXXX , geb. XXXX , whft in XXXX ,
Bruder:
- XXXX , geb. XXXX , whft in XXXX .
F: Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? Wenn ja, mit wem? (telefonisch, eMail, postalisch, etc. – regelmäßig?)
A: Ab und zu habe ich Kontakt mit meiner Mutter. Ich hatte mit meiner Mutter in Georgien Problem wegen meines Sohnes.
F: Was für Probleme waren es?
A: Mein Sohn ist krank und sie konnte mich nicht unterstützen und hat mir auch nicht geholfen.
F: Verstehen Sie sich mit denen gut?
A: Ich war mit meiner Frau und meinem Kind alleine. Meine Familie hat uns wegen meines Sohnes nicht geholfen.
F: Sind Sie verheiratet?
A: Ja, meine Frau heißt XXXX , …
…
F: Haben Sie Kinder?
A: Ja, einen Sohn namens XXXX , geb. XXXX , whft in Österreich, Asylwerber IFA XXXX ;
F: Geben Sie bitte an wann und wie Sie Georgien verlassen und nach Österreich gereist sind
A: Ich bin aus Georgien am 30.06.2015 legal mit dem Flugzeug nach Athen ausgereist. Nach 2 Tagen am Flughafen in Athen bis ich am 02.07.2015 legal in Wien angekommen. Wir sind alle drei zusammen ausgereist. Wir sind mit dem Taxi zum Flüchtlingslager XXXX gefahren und haben am selben Tag um Asyl angesucht.
…
F: Was war Ihr Zielland? Hatten Sie eines?
A: Österreich.
…
F: Sind Sie jemals konkreten persönlichen Verfolgungshandlungen durch private Dritte und/oder heimatliche Behörden, staatliche Stellen aufgrund Ihrer politischen Gesinnung, religiösen Glaubenszugehörigkeit, sozialen Stellung, Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt gewesen?
A: Nein, weder - noch.
…
F: Geben Sie bitte Ihre Fluchtgründe die Sie zur Ausreise aus Georgien veranlasst haben bekannt. Schildern Sie bitte von den ausschlaggebenden Gründen für Ihre jetzige Ausreise. Was ist in Ihrer Heimat passiert, dass Sie sich zur Flucht entschlossen haben? Schildern Sie die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge, dass sich ein Außenstehender ein Bild Ihrer Situation machen kann.
Schildern Sie Ihre Gründe bitte daher unter Angabe von Einzelheiten und anscheinenden Nebensächlichkeiten.
A: Mein Sohn ist sehr krank – Todkrank und ich hatte kein Geld und niemand wollte uns unterstützen. Ich hatte keine Wohnung und auch Geld und mein Sohn ist sterbenskrank und wird sind seinetwegen ausgereist.
F: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?
A: Ja.
F: Habe ich Sie richtig Verstanden? Sie sind aus rein wirtschaftlichen Gründen aus Georgien geflohen?
A: Ja. Wir haben aus wirtschaftlichen Gründen das Land verlassen und damit meinem Sohn geholfen wird.
F: Woran leidet Ihr Sohn?
A: Zerebrale Lähmung. Das ist während der Geburt passiert.
F: Sie wissen, dass die Krankheit im Georgien behandelbar ist?
A: Ja, aber in Georgien hatte er eine Therapie, die hat nicht geholfen. Seine gesundheitliche Situation hatte sich nur verschlechtert. Es hat Medikamente für Epilepsie bekommen. In Österreich hat er aber Fortschritte gemacht.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
A: Nein.
…
F: Besuchen Sie einen Deutschkurs? Sprechen Sie bereits Deutsch?
A: Ja, ich habe den Intensiv-Deutschkurs A1 besucht und mache am 24.04.2017 weiter.
F: Haben Sie einen sonstigen Bezug (Freunde, Bekannte) zu Österreich?
A: Ich arbeite bei der Firma XXXX für 200,- Euro im Monat. Ich habe Arbeitskollegen und bei uns im Heim unterstütze ich die alten Leute im Seniorenheim.
F: Wovon leben Sie zurzeit in Österreich?
A: Ich erhalte staatliche Unterstützung durch die Bundesbetreuung und vom Fahrtendienst. Meine Frau verdient dort in der Wäscherei ein wenig Geld. Bei Caritas zahlen wir keine Miete. Meine Frau erwartet ein zweites Kind.
F: Durch welche Arbeitstätigkeit könnten Sie denn in Österreich Ihr Leben finanzieren?
A: Ich habe als Metzger gearbeitet und ich kann bei der Firma XXXX weitermachen und sobald ich die Erlaubnis bekomme, werde ich jede Arbeit annehmen.
F: Möchten Sie noch irgendetwas angeben?
A: Ich habe nur eine Bitte. Erlauben Sie mir bitte dass ich hierbleiben kann und mein Kind gesund wird und er auf den eigenen Beinen stehen kann. Die gesundheitliche Lage meines Sohnes hat sich in Österreich verbessert. Ich bin dafür sehr dankbar.
…“
(Angaben der bP2)
- Bei der Erstbefragung gaben Sie folgende Fluchtgründe zu Protokoll:
„Wir waren obdachlos und hatten keine Aussicht auf Arbeit. Außerdem ist unser Sohn krank und wir können uns die Behandlung nicht leisten. ich fürchte, dass er in Georgien sterben würde.“
- Bei der Einvernahme am 10.11.2016 gaben Sie vor dem BFA folgendes an:
( … ) F: Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin?
A: Die Verständigung ist gut.
F: Haben Sie im Verfahren einen Vertreter oder Zustellbevollmächtigten?
A: Nein.
F: Der Verein Zeige vertritt Sie nicht mehr?
A: Nein.
F: In diesem Verfahren werden Sie und Ihr Sohn nicht vom Verein ZEIGE vertreten?
A: Nein.
F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen eine der anwesenden Personen vor?
A: Nein, es liegen keinerlei Einwände vor.
F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
A: Ja, ich habe keinerlei Probleme.
F: Können Sie sich auf die Einvernahme konzentrieren?
A: Ja.
F: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund? Sind Sie schwanger?
A: Mir geht es gut. Ja, ich bin gesund. Ich bin im sechsten Monat schwanger.
F. Wie geht es Ihrem Sohn?
A: Er ist krank. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Sohn an celebralen Lähmung leidet.
F: Befinden sich Sohn in Österreich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung, bekommt es regelmäßig Medikamente?
A: Ja, Setalin 100mg. Einmal in der Woche bekommt er eine Physiotherapie und jeden sechs Monat zum Orthopäden und einmal in drei Monate zum Neurologen zur Kontrolle.
F: Haben Sie aktuelle ärztliche Befunde?
A: Ja, Befunde vom OMR Dr. XXXX , FA für Kinder und Jugendheilkunde vom 29.03.2017.
F: Welche Behandlung hat Ihr Sohn im welchen Spital in Georgien bekommen?
A: Bevor wir ausgereist sind hat er einige Therapien bekommen die wir uns leisten konnten. Bessere und teurere Behandlungen konnten wir uns nicht leisten. Er hat Therapien mit Pferden und Schwimmen bekommen und auch normale Physiotherapien hat er gehabt. Er hat zu den Therapien die Medikamente Cerebrolisin, Nivalin, Aktovegin und Betrimin bekommen. Er wurde in der Polyklinik XXXX , Bezirk XXXX -a in XXXX ;
F: Gibt es staatlich geförderte Behandlungen für ICP in Georgien
A: Nein, wir sind zu der Polyklinik gegangen und wir haben alles selbst bezahlt. Eine Behandlung hat 7 Lari gekostet.
F: Welche Maßnahmen haben Sie Zuhause getroffen um das Kind zu pflegen.
A: Wir hatten weder einen Rollstuhl noch eine andere Unterstützungen bekommen. Ich habe mein Kind wie ein Baby in die Schule getragen. Ich habe mit Ihm Übungen gemacht.
F: Was war der ausschlaggebende Grund, dass Sie sich entschieden haben nach Österreich zu kommen?
A: Je älter unser Sohn geworden ist, desto schlimmer wurde seine gesundheitliche Lage. Auf Empfehlung von XXXX , haben wir beschlossen nach Österreich zu reisen.
F: Von woher kennt Ihr Mann den „ XXXX “?
A: Mein hat für Ihn gearbeitet.
F: Sie wissen aber schon, dass ICP in größeren Städten in Georgien staatlich gefördert wird – bis zu 7 Mal im Jahr wird die Behandlung bezahlt. Was sagen Sie dazu?
A: Wir haben aber nichts bekommen. Das einzige was wir vom Staat bekommen haben war die Blut- und Urinanalyse. Ansonsten haben wir alles selber bezahlt.
F: Seit wann hat Ihr Sohn diese Krankheit?
A: Von Geburt an.
F: Seit wann wurde Ihr Sohn therapiert? Wann hat die Behandlung angefangen?
A: Mit der Therapie wurde nach einer Operation mit 1 Jahr und sieben Monaten begonnen.
F: Hat es bei der OP Komplikationen gegeben?
A: Nach der OP hatte er hohen Blutdruck und Probleme mit den Hoden.
F: Wie lange wurde Ihr Sohn Therapiert? Bis zu welchen Zeitpunkt?
A: Sei seinem zweiten Lebensjahr bis zum achten Lebensjahr (Kurz vor der Ausreise – weil wir uns die Therapie nicht mehr leisten konnten.
F: Haben Sie Befunde aus Georgien?
A: Ja,
A: Mein Vater heißt XXXX , geb. XXXX und lebt in XXXX , Er hat eine eigene Landwirtschaft und alle in der Familie helfen mit.
Meine Mutter heißt XXXX , geb. XXXX . Sie lebt gemeinsam mit meinem Vater in XXXX und ist Hausfrau.
Ich habe eine Schwestern und ein Bruder.
Schwestern:
- XXXX , geb. XXXX , whft in XXXX ,
Bruder:
- XXXX (Koseform XXXX ), geb. XXXX , whft in XXXX ;
Anm: Die Daten der Geschwister stimmen mit den Daten der Erstbefragung überein.
F: Wovon leben Ihre Familienangehörigen im Heimatland?
A: Sie leben von der Landwirtschaft.
F: Verfügen Sie im Heimatland über Haus- Grundbesitz? (Im Falle ja, wo genau, wer lebt in dem Haus, vl. Verpachtet etc.)
A: Nein. Meine Eltern haben ein Haus und eine Landwirtschaft. Wir haben Viehwirtschaft und bauen Gemüse an. Es sind ca. 200 – 300 m2.
F: Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? Wenn ja, mit wem? (telefonisch, e-mail, postalisch, etc. – regelmäßig?)
A: Manchmal rede ich mit meinen Eltern ca. einmal im Monat über Skyp.
F: Verstehen Sie sich mit denen gut?
A: Ja. Sie können sich von der Landwirtschaft erhalten.
F: Haben Sie nie versucht von Ihrer Familie Hilfe für Ihren Sohn zu bekommen?
A: Nein.
F: Sind Sie verheiratet?
A: Ja, mein Mann heißt XXXX , …
F: Haben Sie Kinder?
A: Ja, Mein Sohn heißt XXXX , … Ich bin schon wieder im sechsten Monat schwanger.
F: Geben Sie bitte an wann und wie Sie Georgien verlassen und nach Österreich gereist sind
A: Wir sind am 30.06.2015 von XXXX legal nach Athen geflogen. Dort haben wir uns zwei Tage dort aufgehalten. Dann sind wir mit dem Flugzeug legal direkt nach Wien geflogen und am 02.07.2015 eingereist.
F: Wer hat Ihre Ausreise organisiert und finanziert? Wie hoch waren die Kosten?
A: Ein Bekannter meines Mannes namens XXXX hat die ganze Reise organisiert und hat dafür 3.500,- USD bekommen.
F: Woher hatten Sie das Geld zur Ausreise?
A: Mein Mann hat seinen Minibus verkauft. Nachgefragt hat er die o.g. Summe bekommen.
F: Was war Ihr Zielland? Hatten Sie eines?
A: Austria.
F: Wann haben Sie den Entschluss zur Ausreise gefasst?
A: 15 Tage vor der Ausreise.
F: Fühlen Sie sich wohl, können Sie sich konzentrieren und verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?
A: Ja.
F: Warum stellten Sie gerade in Österreich einen Asylantrag?
A: Der XXXX hat meinen Mann gesagt, dass wir für unseren Sohn in Österreich eine sehr gute medizinische Versorgung bekommen, und dass die Österreichischen Ärzte sehr gut sind.
…
Nach vorheriger Manuduktion gebe ich an, dass ich für mich und meinen Sohn Anträge auf ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG stelle. Diese Anträge sollten sich auf das Asylverfahren meines Gatten, Herrn XXXX – XXXX geb. – IFA XXXX beziehen! Weder ich selbst noch mein Kind haben eigene Fluchtgründe!
F: Warum stellen Sie einen Asylantrag? Nennen Sie alle Ihre Fluchtgründe?
A: Ich habe keine eigenen Fluchtgründe. Ich bin mit meinem Gatten aus Georgien weg weil wir ein besseres Leben führen möchten und dass unser Sohn eine gute Behandlung bekommt. Ich beziehe mich hinsichtlich der Fluchtgründe auf meinen Mann. Dies gilt auch für meinen Sohn.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
A: Nein. Dies gilt auch für mein Kind.
F: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?
A: Ja.
F: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute nach Georgien zurückkehren würden?
A: Mein Sohn ist sehr krank. Er wird dort sterben. Sein Leben ist dort in Gefahr.
F: Was müsste geschehen, damit Sie nach Georgien zurückkehren können?
A: Freiwillig gehe ich nicht nach Georgien zurück.
Vorhalt: Sie wissen dass die Krankheit Ihres Sohnes in Georgien behandelbar ist. Was sagen Sie dazu?
A: In Georgien sagten die Ärzte, dass es meinen Sohn nicht besser gehen wird, egal welche Therapie er auch immer bekommen wird. Hier in Österreich haben uns die Ärzte Hoffnung gegeben, dass mein Sohn irgendwann selber gehen kann, wenn er die Therapie weiter macht.
F: Haben Sie jemals strafbare Handlungen in Georgien oder einem anderen Land begangen?
A: Nein, niemals.
F: Besuchen Sie einen Deutschkurs? Sprechen Sie bereits Deutsch?
A: Ja, ich habe den A1+ besucht und am 24.04.2017 mache ich mit dem Deutsch-Intensiv Kurs weiter.
F: Haben Sie einen sonstigen Bezug (Freunde, Bekannte) zu Österreich?
A: Nein, Ich helfe im Altersheim – wo wir wohnen.
F: Wovon leben Sie zurzeit in Österreich?
A: Ich erhalte staatliche Unterstützung durch die Bundesbetreuung und nebenbei von der Wäscherei.
F: Durch welche Arbeitstätigkeit könnten Sie denn in Österreich Ihr Leben finanzieren?
A: Ich bin bereit alles zu machen.
F: Wie haben sie die Dolmetscherin verstanden? Vom Inhalt, von der Sprache?
A: Danke, sehr gut. Ich habe alles verstanden.
F: Waren Sie in der Lage alles zu erzählen, Ihr Vorbringen umfassend vorzubringen? Hatten Sie genug Zeit dazu?
A: Ja. Ich habe alles gesagt was ich sagen wollte.
F: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren?
A: Ja.
F: Möchten Sie noch irgendetwas angeben?
A: Ich möchte meine Dankbarkeit ausdrücken. Solch eine Behandlung haben wir in Georgien nicht bekommen.
F: Haben Sie Einwände dagegen, dass erforderlichenfalls weitere Ermittlungen zu Ihrem Vorbringen in Georgien, auch unter Einschaltung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes, durchgeführt werden? Es werden dabei keinesfalls persönliche Daten an die Behörden Ihres Heimatstaates weitergegeben.
A: Ich habe nichts dagegen ( … ).
Die bP4 und bP5 beriefen sich auf die Gründe der Eltern bzw. der bP3 bzw. auf den gemeinsamen Familienverband.
I.2. Die Anträge der bP1 –bP4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB vom 25.8.2017 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gem. § 61 Abs. 3 FPG wurde die Durchführung der Außerlandesbringung der bP1 – bP4 bis 23.9.2017 aufgeschoben [Anm.: nach ho. Ansicht rechtswidrig, zumal § 61 FPG in der gegenständlichen Fallkonstellation nicht anwendbar ist].
I.2.1. Die bB ging davon aus, dass die bP3 an einer –nicht heilbaren und nur therapierbaren- zerebralen Lähmung (Zerebralparese) leidet, in Georgien Therapiemöglichkeiten bestehen und diese der bP3 in der Vergangenheit auch zugänglich waren. Sie stützte sich hier auf die Angaben der bP und eine Auskunft der Staatendokumentation der bB, welche wiederum auf eine Auskunft von IOM Tbilisi vom 13.2.2017 basiert.
Ebenso ging die bB davon aus, dass die bP1 – bP4 in Georgien über eine Existenzgrundlage verfügen und keine sonstigen Abschiebehindernisse –auch nicht aus dem Blickwinkels des Privat- und Familienlebens bestehen. Da die Geburt der bP4 erst kürzlich zurückliegt, wurde die Aufschiebung der Außerlandesbringung angeordnet.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es ergaben sich weiters keine Hinweise auf einen Sachverhalt, welcher zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb die Rückehrentscheidung in Bezug auf Georgien und die Abschiebung dorthin zulässig ist.
Die bB ging davon aus, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt und wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt.
Der Aufschub der Außerlandesbringung sei aufgrund der genannten Umstände geboten.
I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben, ausgenommen gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten und den angeordneten Aufschub der Außerlandesbringung.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorgegangen wäre. Aufgrund der Schwere der Behinderung der bP3 und der eingeschränkten Therapiemöglichkeiten in Georgien, sowie der angespannten individuellen wirtschaftlichen Situation und der schlechten wirtschaftlichen Lage in Georgien, würde sich eine Abschiebung nach Georgien als nicht zulässig darstellen und wäre den bP der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. In eventu wären ihnen zumindest ein Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG zu erteilen gewesen, weil sie bereits über gute Kenntnisse der deutschen Sprache bzw. „ansehnliche kulturelle Kenntnisse“ verfügen.
Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt und die entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen, wo hierauf eingegangen wird.
I.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde diese der ho. Gerichtsabteilung L523 zugewiesen. Im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens wurde festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist und wurde diese durch die Erlassung eines entsprechenden Beschlusses zuerkannt.
I.5. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 16.10.2018 wurden die Rechtssachen in Bezug auf die bP1 – bP4 der ho. Gerichtsabteilung L523 abgenommen und der ho. Gerichtsabteilung L515 neu zugewiesen.
I.6. Nach ihrer Geburt wurde der Antrag der bP5 auf internationalen Schutz ebenfalls mit im Spruch genannten Bescheid der bB vom 28.12.2018 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde trotz des Umstandes, dass den Beschwerden in Bezug auf die bP1 – bP4 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.
Die bB ging davon aus, dass in Bezug auf die bP5 keine individuellen Hindernisse, den Lebensmittelpunkt gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern nach Georgien zu verlegen, vorliegen.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.
Rechtlich führte die belangte Behörde wiederum aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es ergaben sich weiters keine Hinweise auf einen Sachverhalt, welcher zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb die Rückehrentscheidung in Bezug auf Georgien und die Abschiebung dorthin zulässig ist.
Die bB ging auch in diesem Fall davon aus, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt und wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt und bestünde aus diesem Grund keine Frist für die freiwillige Ausreise
I.7. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde im vollen Umfang erhoben. Die Begründung stellt sich im objektiven Aussagekern vergleichbar mit jener Beschwerde dar, welche die bP1 – bP4 einbrachten. Weiters beantragte der Rechtsfreund der bP der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt und die entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen, wo hierauf eingegangen wird.
I.8. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens und der Aktenlage festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung amtswegig schon deshalb zuzuerkennen ist, weil auch den Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide betreffend die bP1 – bP4 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (die von der bB vertretene Rechtsansicht würde letztlich dazu führen, dass die bP5 als Kleinkind ohne seine Eltern und Geschwister nach Georgien abzuschieben wäre) und wurde ein entsprechender Beschluss erlassen.
I.9. Seitens des ho. Gerichts wurde eine einzelfallbezogene Anfrage an den Verbindungsbeamten des BMI für Georgien und Aserbaidschan (Sitz in Georgien) gestellt. Das Antwortschreiben vom 5.8.2020 stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:
„…
1. War der BF tatsächlich mittel- und obdachlos?
Abklärungen durch den georgischen VA haben ergeben, dass der BF am 27.11.2008 in einer angesehenen Gegend in der Nähe von Tiflis ein Grundstück in der Größe von 1000m² um einen Preis von ca 60. – 65.000 USD) gekauft und dieses Grundstück im Juli 2012 “gewinnbringend" (keine genaueren Angaben) verkauft hat.
Am 15.05.2010 hat der BF eine Firma mit dem Namen “ XXXX " behördlich als Einzelunternehmen registrieren lassen. Nach vorliegenden Informationen beim Registeramt, ist diese Firma nach wie vor existent.
Hinsichtlich der angeblichen Mittellosigkeit und einer daraus resultierenden Obdachlosigkeit darf darauf verwiesen werden, dass der BF in einen Familienverband (eigene Familie, wie auch Familie der Ehefrau) in Georgien eingebunden ist. Neben zwei älteren Schwestern, die nach wie vor in Georgien registriert und wohnhaft sind, hat auch die Ehegattin XXXX ihren Vater und ihre Schwester in Georgien wohnhaft.
o Schwester XXXX , geb. am XXXX , PN: XXXX , wohnhaft in Region XXXX ; Lichtbild der Schwester XXXX :
…
o Schwester XXXX , geb am XXXX , PN: XXXX , wh. in Region XXXX . Lichtbild der Schwester XXXX ...
Familie der Ehegattin des BF:
o XXXX , Ehegattin des BF, geb am XXXX , PN: XXXX , wh. in Region XXXX ; LiBi der Ehegattin des BF:
o ...
o Ob XXXX an der angeführten Adresse tatsächlich noch wohnhaft ist, konnte nicht abgeklärt werden. Auf ihren Namen ist keine Wohnung / Haus registriert.
o XXXX , Vater der XXXX , geb. am XXXX , PN: XXXX , wh. in der Region XXXX , LiBi des Vaters der XXXX :
o …
o XXXX , Schwester der XXXX , geb. am XXXX , PN: XXXX , wh. in der Region XXXX , XXXX , LiBi der XXXX :
o ….
o XXXX soll ein Kleidergeschäft in Tiflis besitzen, näheres unbekannt.
Zu den Angaben hinsichtlich der vom BF angeführten Adresse an der er während der Zeit Oktober 2014 bis Mai 2015 in Tiflis wohnhaft gewesen sein soll, darf mitgeteilt werden, dass es diesen Straßennamen ( XXXX oder XXXX ) nicht gibt. In XXXX im angeführten Viertel ( XXXX ) sind einige mehrstöckige Gebäude angesiedelt, aber keines mit einer vom BF angegebenen Adresse.
Eine Abklärung ob der BF tatsächlich ein Fahrzeug auf seinen Namen angemeldet hat / hatte ist für den VA nicht möglich. Da dadurch Informationen an georgische Behörden weitergeleitet werden müssten, ist aufgrund des Datenschutzes eine solche Anfrage auch für den VB nicht möglich.
VB-Anmerkung zu Obdachlosigkeit und Mittellosigkeit: Wie angeführt hat der BF sowohl einen eigenen, als auch einen durch seine Ehefrau existierenden Familienverband. Aufgrund der bisherigen beruflichen Erfahrungen in Georgien darf davon ausgegangen werden, dass sowohl eine Obdachlosigkeit als auch eine Mittellosigkeit dadurch eher schwer vorstellbar sind. Familien und – zugehörigkeit sind in Georgien traditionell ein sehr hohes Gut und werden vor allem auch im ländlichen Bereich berücksichtigt.
2. Gelten Behinderte in Georgien als stigmatisiert und werden sie bzw. die Eltern angefeindet?
Abklärungen bei „offenen Quellen“ haben ergeben, dass sich die Ehefrau des BF im Jahr 2014 bei den Verantwortlichen des „ XXXX “ in Tiflis dafür bedankt, dass ihr Sohn XXXX dort gerade in der zweiten Behandlungsphase ist und mit der Hilfe von Gott und dem Personal entsprechende Resultate erzielt werden können. Besonders bedankt sie sich bei „ XXXX “. Zum Namen des Sohnes ( XXXX ) und ihrem Namen (Mutter XXXX ) sind zusätzlich noch zwei Telefonnummern ( XXXX und XXXX ) angeführt. Link dazu siehe nachstehend:
XXXX
XXXX
…
Hinsichtlich der Angaben des BF dass Kinder bzw. deren Eltern in Georgien stigmatisiert werden darf zusätzlich noch mitgeteilt werden, dass u.a. der 4. Präsident Georgiens (2013-2018) Giorgi MARGVELASHVILI selber Vater eines Sohnes mit Down-Syndrom ist und während seiner Amtszeit gemeinsam mit seiner Gattin diverse Veranstaltungen für Kinder mit diversen Einschränkungen besucht, veranstaltet und unterstützt hat.
Generell sind die Georgier gegenüber Personen mit körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen sehr tolerant eingestellt.
Von einer Stigmatisierung kann daher nicht gesprochen werden.
…“
I.10.1. Seitens des ho. Gerichts wurde für den 5.11.2020 eine Beschwerdeverhandlung anberaumt. Gemeinsam mit der Ladung zur Verhandlung erfolgte eine Beweisaufnahme in Bezug auf die allgemeine Lage in Georgien und wurden die bP aufgefordert, im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Förderung des Verfahrens bzw. zur Mitwirkung im Verfahren, ihre aktuellen privaten und familiären Anknüpfungspunkte, sowie aktuelle Rückkehrhindernisse nach Georgien zu benennen und konkret zu bescheinigen. Im Falle eines umfangreichen Vorbringens wurden die bP angehalten, dieses vorab spätestens 1 Woche vor dem Verhandlungstermin beim ho. Gericht einzubringen.
I.10.2. Mit Schreiben vom 30.10.2019 teilte die Vertretung der bP mit, dass sie gegenwärtig (noch) nicht über aktuelle medizinische Bescheinigungen in Bezug auf die bP verfüge.
I.10.3. Der Verlauf der am 5.11.2020 durchgeführten Beschwerdeverhandlung stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
„…
RV legt eingangs weitere medizinische Unterlagen in Bezug auf P3 vor.
Gemeinsame Befragung der P:
…
RI: Wollen Sie ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand und dem Ihrer Kinder, insbesondere P3 vor der belangten Behörde oder in der Beschwerdeschrift ergänzen?
P1: Es ist so, dass seit damals eine Verbesserung des Gesundheitszustands der P3 eintrat. Es kam aber zusätzlich Epilepsie dazu. Den letzten Anfall hatte er heute. In der Pubertät ist die Verschlechterung des Zustandes zu erwarten. Es gibt hier spezielle geeignete Schulen für die P3, was in Georgien nicht der Fall ist.
RI: Was spricht gegen eine Behandlung in Ihrem Herkunftsstaat?
P2: Die P3 war in Georgien in Behandlung. Zum Teil haben wir die Kosten selbst tragen müssen. Sowohl wir als auch die Ärzte haben keine Verbesserung sehen können. Sein Zustand hat sich weiter verschlechtert und die Ärzte haben gesagt wir müssen wo anders hin.
RI: Sie wurden bereits beim BFA zu ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern bzw. hat sich diesbezüglich etwas geändert?
P2: Als Zeichen der Dankbarkeit würden wir gerne auch hier arbeiten, wenn es möglich ist und selbst die Kosten tragen die hier entstehen. Mein Mann arbeitet in der Firma XXXX seit drei Jahren. Ich habe auch einen Antrag mit.
RV legt weitere Empfehlungsschreiben vor.
RI an P: (ohne Dolmetscher) Sprechen Sie Deutsch?
P1: Ja.
P2: Bisschen aber nicht gut. Ich habe verstanden aber ich habe bisschen Problem.
RI an P1: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht?
P: Gestern ich habe gestern Schule, lernen schreiben und Anwalt gehen dann zuhause.
RI an P2: Wie sind Sie heute nach Linz gekommen?
P: Bitte? Wir kommen hier mit Auto gefahren.
RI: Wie würden Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich bestreiten, wenn Sie ein Aufenthaltsrecht bekämen?
P1: Ich besitze einen Führerschein und wo ich jetzt arbeite hat mir der Chef zugesichert, dass ich auch Vollzeit dort arbeiten kann.
P2: Ich würde arbeiten. Ich arbeite auch jetzt als Putzfrau und ich bügle.
RI: Haben Sie noch zu jemanden in ihrem Herkunftsstaat Kontakt?
P2: Ja wir haben beide Verwandte in Georgien, Eltern, Geschwister und halten auch Kontakt aufrecht zu ihnen.
RI: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. der Integration äußern?
P1: Ich bin selbsterhaltungsfähig, ich kann für meine Familie aufkommen und ich bitte nur um Erlaubnis dafür.
Einzelne Befragung der P
Befragung der P1
…
RI: Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde seitens der belangten Behörde abgewiesen und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.
P: Was ich dagegen sagen möchte ist, dass die Rückkehr sehr gefährlich für meinen Sohn wäre. Also in Georgien wäre er isoliert, zuhause. Es gäbe keine Möglichkeit eine Schule zu besuchen oder Kontakte zu anderen Kindern zu pflegen. Die Gesundheit unseres Sohnes ist uns am wichtigsten. Als er noch klein war hat meine Frau bzw. ich habe ihn getragen, jetzt wäre das nicht mehr möglich. Es gibt keine geeigneten Schulen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Es ist auch nicht möglich, dass man mit Rollstuhl eine Schule betreten kann. Als er klein war haben wir auch keinen geeigneten Kindergarten für ihn gefunden, weil keiner ihn haben wollte. Hier hat er sich an die Kinder gewöhnt, fühlt sich wohl. Es ist ganz anders als in Georgien. Außerdem hatten wir auch finanzielle Schwierigkeiten, für medizinische Behandlungen aufzukommen.
RI: Was würde Sie in Georgien konkret erwarten?
P: Ich persönlich hatte keine Schwierigkeiten in Georgien, ich bin nie verfolgt worden. Das einzige Problem wäre mein Sohn. Ich habe weder eine Wohnung in Georgien. Ich habe nur ein Auto besessen und habe dieses, um die Ausreise zu finanzieren, verkauft.
RI: Ihnen wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie sich hierzu äußern?
P: Es gibt keinerlei Unterstützung für Familien wie unsere. Ich habe bis 2015 mehrfach Ansuchen gestellt um eine Unterstützung zu erhalten und wurde nur einmalig unterstützt in dem ich 500 Lari erhielt.
RI: Wollen Sie sich weitergehend zu den Gründen der Kinder äußern?
P: Die anderen Kinder haben keine gesundheitlichen Probleme aber ich bin der Meinung, dass die Familie zusammenbleiben soll und dass die Geschwister zusammen aufwachsen sollen. Ich möchte noch einmal sagen, dass ich selbsterhaltungsfähig bin und die Kosten für meine Familie übernehmen kann.
Befragung der P2
…
RI: Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde seitens der belangten Behörde abgewiesen und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.
P: Laut dieser Begründung gibt es in Georgien alles Mögliche. Aber tatsächlich ist es nicht so, weil sonst würden wir uns nicht entscheiden in ein fremdes Land zu gehen. Wir haben uns an alle möglichen Stellen in Georgien gewandt, sei es die Stadtverwaltung oder Sozialdienststellen, keiner wollte uns helfen. Die Therapie hat 1090 Lari gekostet und die wäre alle zwei Monate notwendig gewesen und uns wurden vom Staat nur 400 Lari finanziert.
RI: Was würde Sie in Georgien konkret erwarten?
P: Da würde mein Sohn isoliert die ganze Zeit zuhause bleiben müssen. Er würde nie hinausgehen oder auf die Straße gehen können, oder einen Bus nehmen können, auch nicht mit dem Rollstuhl. Wir haben auch keine Wohnung dort.
RI: Ihnen wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie sich hierzu äußern?
P: Das was dort steht trifft nicht auf normale Bürger zu, vielleicht auf Geschäftsleute.
RI: Wollen Sie sich weitergehend zu den Gründen der Kinder äußern?
P: Gottseidank sind die anderen Kinder gesund und ich hätte gerne, dass sie in einem normalen, ruhigen Rechtsstaat aufwachsen dürfen.
Weitere gemeinsame Befragung der P
Fragen des RV:
RV: Die P3 ist seit 2013 oder 2014 schulpflichtig. Wie hat der konkrete Schulbesuch in Georgien ausgeschaut?
P2: Da XXXX den Kindergarten überhaupt nicht besucht hat in Georgien wollte ich das er die Schule besucht. Ich habe ihn bis zu Schule getragen, dann habe ich gewartet. Das habe ich aber nur für sechs Monate durchgehalten.
RV: Haben Sie von seitens der Schule oder des Sozialamtes irgendwelche Unterstützungen erhalten?
P2: Überhaupt keine. Das war eine ganz normale Schule.
RV: Wie lange war Ihr Sohn dann im Unterricht anwesend?
P2: Eine Unterrichtseinheit dauerte 45 Minuten und es waren fünf Unterrichtseinheiten.
RV: Haben Sie dann draußen gewartet?
P2: Er war dann in Österreich in solchen Stress als ich ihn zur Schule gebracht habe, dass ich auch hier ein Jahr lang vor der Türe gewartet habe, weil er sich nicht vorstellen konnte, dort alleine zu bleiben.
RV: Haben Sie in Georgien nach dem sechs monatigen Schulbesuch bei Ihrem Sohn irgendwelche Fortschritte sehen können?
P2: In Georgien nicht aber in Österreich schon. Es waren zu viele Kinder. Wenn man nicht aktiv war, war es nicht ausreichend nur die Schule zu besuchen.
RV: Wir haben im März eine medizinische Dokumentation der Behandlung in Georgien vorgelegt. Können Sie mir in wenigen Sätzen den Zustand Ihres Sohnes zum Zeitpunkt der Ausreise beschreiben?
P2: Der Zustand zum Zeitpunkt der Ausreise war: er konnte weder sitzen, noch normal essen, noch den Kopf selbstständig halten und der Arzt sagte, er könne uns nicht weiterhelfen.
…
Weitere Fragen des RI:
RI an P:
Beschreiben Sie den schulischen Fortgang der P3. Kann sie lesen, schreiben, rechnen, etc.?
P2: Die Lehrerin lobt in sehr. Er kann sprechen er kann rechnen, er versteht sehr viel.
P1: Er erledigt alles Hausübungen nach seinen Möglichkeiten.
RI konkretisiert die obige Frage
P1: Ja er kann lesen. Er hat schon motorische Probleme, das Schreiben ist schwierig aber er kann am PC schreiben. Rechnen kann er sehr gut.
RI: Kann er altersgemäß rechnen?
P2: Natürlich kann er den Gleichaltrigen keine Konkurrenz machen. Er hat schon Defizite aber er bemüht sich.
RI an BehV:
RI: Können Sie ad hoc Ausführungen zum georgischen Schulsystem in Bezug auf Kinder mit vergleichbaren Beeinträchtigungen wie die P3 tätigen?
BehV: Im konkreten Fall kann ich über die Möglichkeiten keine Auskunft geben.
Verfahrensleitender Beschluss des RI:
Die belangte Behörde wird als Partei im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren aufgefordert, sich innerhalb einer Frist von 4 Wochen zum georgischen Schulsystem insbesondere im Zusammenhang mit der P3 zu äußern.
Seitens des ho. Gerichts wurde eine Anfrage an den Verbindungsbeamten des BMI in Tiflis getätigt (wird an Parteien ausgefolgt und ihrem wesentlichen Inhalt nach erörtert). Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem aktuellen Bericht des AA Berlin über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien, dass der Familienverband ein soziales Auffangnetz darstellt. Wollen Sie sich dazu äußern?
P1: Sowohl das Grundstück als auch die Firma haben tatsächlich einen Freund meines Onkels gehört und aus dem Verkauf dieses Grundstückes habe ich keinen Cent erhalten. Sowohl die Firma als auch das Grundstück waren nur auf meinen Namen registriert aber tatsächlich gehört haben sie mir nicht. Was den Sohn des vierten Präsidenten anbelangt so werden von seiner Frau ausschließlich Kinder mit Down Syndrom unterstütz und keine weiteren Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Ich kann das auch beweisen, dass das Grundstück welches erwähnt wurde tatsächlich jemanden anderes gehört hat und nicht mir.
P2: Was Verwandte und Angehörige in Georgien angelangt möchte ich dazu sagen, dass mein Vater an die 120 Lari Pension bezieht und einen Tumor im vierten Stadium hat und er kann nicht mal für sich selbst sorgen. Wäre es und möglich unseren Sohn in Georgien zu behandeln würden wir keinesfalls ohne Sprachkenntnisse, ohne irgendwas über dieses Land zu kennen, ausreisen und alles zurücklassen.
RI: Aus dem aufliegenden Quellenmaterial (insbesondere MEDCOI, Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu P3, den zitierten Ausführungen im ho. Erkenntnis L518 2152316, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartment EJPD, Focus Georgien, Reform im Gesundheitswesen: Staatliche Gesundheitsprogramme und Krankenversicherung vom 21.3.2018, Auskunft des VB des BMI in Tiflis, sowie dem im RIS veröffentlichten ho. Erkenntnis L515 2129428-1/10) ergibt sich, dass die Krankheiten der P3 in Georgien behandelbar sind und sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch Zugang zum georgischen Gesundheitssystem findet.
P2: Ich weiß nicht was in den Berichten steht, wir haben dass alles selbst durchgemacht. Wir haben uns an alle möglichen Stellen gewandt und konnten nicht einmal einen Rollstuhl bekommen. Den hätten wir selbst bezahlen müssen aber das war uns nicht möglich.
RI fragt den RV um seine Stellungnahmen zu dieser Beurteilung.
RV: Vorbehaltlich einer weiteren schriftlichen Stellungnahme zu 2, Unterpunkt 1 verweise ich auf die vorgelegten und eindeutigen Arztbriefe ab dem Jahr 2016 die sich mit dem von den BF geschilderten Gesundheitszustand der P3 völlig decken. Insbesondere wird auf den Befund von Mag. XXXX vom 05.04.2017 verwiesen, der einen äußerst schlechten Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Einreise und erste deutliche Verbesserungen zum angegeben Zeitpunkt wiedergibt. Insofern erscheint es unerheblich ob sich die BF in Georgien für die Behandlung der P3 ausdrücklich bedankt hätten.
RI fragt den BehV um seine Stellungnahmen zu dieser Beurteilung.
BehV: Keine Stellungnahme.
RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen wollen; dies wird verneint.
Ergänzend zum verfahrensleitenden Beschluss fordert RI die bB auf, sich zur Lage der P3 aus rechtlicher Sicht, insbesondere im Lichte des Urteils des EGMR zu Paposhvili gegen Belgien zu äußern.
RI fragt den RV, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.
RI fragt, ob eine weitere Erörterung des Akteninhaltes gewünscht wird, dies wird verneint.
RI fragt die P, ob sie die Dolmetscherin gut verstanden habe; dies wird bejaht.
Weitere Beweisanträge: RV verweist auf bereits gestellten schriftlichen Antrag auf Beiziehung eines medizinischen SV.
…“
Seitens des ho. Gerichts wird angeführt, dass die bP3 an der Verhandlung teilnahm. Sie saß in einem sichtlich gebrauchten, einfachen Erwachsenenrollstuhl und hatte sichtlich keine Probleme, in diesem Rollstuhl sicher zu sitzen.
I.11.1. Am 12.11.2020 gab die bB unter Beischluss eines Konvoluts an Beilagen folgende Stellungnahme ab:
„…
Bezüglich des Schulsystem für Kinder mit besonderen Bedürfnissen wird auf das Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge verwiesen (Beilage 1/Seite 6). Darin steht unter Bildungsinklusion dass es Schulen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen gibt, die einen eigenen Lehrplan erhalten. So wird auch angeführt, dass das Lernen in öffentlichen Schulen vollständig staatsfinanziert wird (Seite 6 oben).
Laut Angaben der Mutter, Frau XXXX beim BFA am 07.04.2017 leidet Ihr Sohn an einer Celebralen Lähmung. Unter dem Ausdruck infantile Zerebralparese oder Cerebralparese (von lat. Cerebrum „Gehirn“ und griech. parese „Lähmung“, häufig abgekürzt ICP oder CP) im engeren Sinn, etwas allgemeiner auch cerebrale Bewegungsstörung genannt, versteht man Bewegungsstörungen, deren Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung liegt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Infantile_Zerebralparese
Cerebralparese heißt eigentlich unvollständige Gehirnlähmung (cerebral = im Gehirn; Parese = unvollständige Lähmung). Natürlich ist nicht das Gehirn gelähmt, sondern es liegt eine nicht fortschreitende Fehlfunktion einiger Gehirnzellen vor. Das kindliche Gehirn wurde in den frühen Entwicklungsphasen geschädigt. Cerebrale Bewegungsbehinderungen stellen mit einer Häufigkeit von 2 bis 2,5 auf 1000Geburten die häufigste motorische Behinderung im Kindesalter dar. Trotz der beachtenswerten Fortschritte der Medizin hat ihre Häufigkeit in den westlichen Ländern in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich abgenommen. https://www.cerebral.ch/de/cerebralgelaehmt
Was ist cerebral gelähmt?
Wird während der Schwangerschaft, der Geburt oder in den ersten Lebensjahren das Gehirn geschädigt, führt dies oft zu Bewegungsbehinderungen unterschiedlichen Ausmaßes und Schweregrades. Sensorische (Seh- oder Hörstörungen), kognitive, Sprach- und Verhaltensbeeinträchtigungen sowie in gewissen Fällen auch eine Epilepsie können in variabler Ausprägung hinzukommen und bestimmen das Ausmaß der Einschränkungen im täglichen Leben entscheidend mit.
Ursachen
Die Schädigung des kindlichen Gehirns kann verschiedenste Ursachen haben, vorgeburtlich zum Beispiel Hirnfehlbildungen, Virusinfektionen, Gefäßverschlüsse. Während der Geburt können Sauerstoffmangel oder andere Komplikationen wie Hirnblutungen das Gehirn schädigen. In den ersten Lebensjahren sind es meist Unfälle mit Schädelhirnverletzungen, solche mit Sauerstoffmangel, zum Beispiel ein Ertrinkungsunfall oder Entzündungen der Hirnhäute oder des Gehirns, die eine zerebrale Bewegungsbehinderung zur Folge haben, auch Stoffwechselstörungen kommen ursächlich in Frage.
Gibt es eine Heilung?
Da meist ausgedehnte Hirnareale betroffen sind, kann im eigentlichen Sinn eine zerebrale Bewegungsbehinderung nicht geheilt werden. Mit gezielten Therapien wird jedoch eine möglichst große Selbstständigkeit erreicht. Der Verbesserung der Motorik und damit der Aktivitäten im Alltag kommt dabei eine wesentliche Rolle zu.
Wichtig ist, eine zerebrale Bewegungsbehinderung so schnell wie möglich zu erkennen und mit der unverzüglichen Einleitung geeigneter Therapien Gegensteuer zu geben. Dann bestehen berechtigte Erfolgschancen, die restlichen gesunden Hirnareale so weit zu bringen, dass sie mindestens teilweise die ausgefallenen Funktionen übernehmen können.
https://www.cerebral.ch/de/cerebral-gelaehmt
Am 07.04.2017 gab die Mutter des Patienten bei der Einvernahme vor dem BFA folgendes
an:
F: Wie geht es Ihrem Sohn?
A: Er ist krank. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Sohn an Celebralen Lähmung
leidet:
F: Seit wann hat Ihr Sohn die Krankheit?
A: Von Geburt an.
F: Seit wann wurde Ihr Sohn therapiert? Wann hat die Behandlung angefangen?
A: Mit der Therapie wurde nach einer Operation mit 1 Jahr und sieben Monaten begonnen.
F: Welche Behandlung hat Ihr Sohn im welchen Spital in Georgien bekommen?
A: Bevor wir ausgereist sind, hat er einige Therapien bekommen, die wir uns leisten konnten. Bessere und teurere Behandlungen konnten wir uns nicht leisten. Er hat Therapien mit Pferden und Schwimmen bekommen und auch normale Physiotherapien hat er gehabt. Er hat zu den Therapien die Medikamente Cerebrolisin, Nivalin, Aktovergin und Betrimin bekommen. Er wurde in der Polyklinik XXXX , XXXX -a in XXXX behandelt.
F: Wie lange wurde Ihr Sohn therapiert?
A: Seit seinem zweiten Lebensjahr bis zum achten Lebensjahr (Kurz vor der Ausreise – weil wir uns die Therapie nicht mehr leisten konnten.
Bezüglich der möglichen Behandlungen werden folgende Staatendokumentationsanfragen
beigefügt:
- GEOR_RF_MEV_bilaterale Zerebralparese_2018_02_28_K (Beilage 2)
- GEOR_RF_MEV_Cerebralparese_Hodenhochstand_2017_02_13_K (Beilage 3)
- GEOR_RF_MEV_Epilepsie, Entwicklungsstörung, Zerebralparese,
Leukoenzephalopatie_2017_12_04_K (Beilage 4)
Der Asylantrag zielte demnach darauf ab, eine Behandlung zu erhalten, die über die georgischen Verhältnisse hinausgehen und in Österreich sich auch nur wenige Menschen leisten können.
Anm. Das Erkenntnis des EGRM vom 13.12.2016, Bsw 41738/10 kann insofern nicht als Vergleich herangezogen werden, weil es sich im Fall von Herrn XXXX nicht um einen unheilbaren und lebensbedrohlichen Krebsfall handelt, sondern im schlimmsten Fall um eine dauerhafte Lähmungserscheinung. Diese Person wird im Allgemeinen nie eine Erwerbstätigkeit ausführen können und bedarf einer ständigen Betreuung.
Die Familie XXXX kommen aus der Landeshauptstadt Thibilis und haben Verwandte in Form von Großeltern, Onkeln und Tanten zu denen ein aufrechter Kontakt besteht und die die Familie notfalls unterstützen können, wenn auch Anfangs mit Unterkunft und Verpflegung. Und da der Vater einen Führerschein besitzt und auch gem. Protokoll des BVwG Arbeitswillig ist, ist eine Reintegration aufgrund seines gewohnten, kulturellen Umfeldes sowie der Muttersprache um ein vielfaches einfacher. Es wird bei einer allfälligen Rückkehr auf die aktuelle LIB des BFA zu Georgien (Beilage 5) hingewiesen. Das offizielle Existenzminimum pro arbeitenden Erwachsenen beträgt 161 GEL. Das durchschnittliche Monatsgehalt beträgt 900 GEL (Beilage 3).
Nach vorliegenden Informationen ist eine staatliche Unterstützung für Behinderte durch Verordnung der georgischen Regierung vom 23.07.2012, No: 279, geregelt. Dabei wird nachstehend unterschieden und entsprechend finanziell unterstützt:
Kindern mit Behindertenstatus (unter 18 Jahren) steht eine monatliche Entschädigung von
180,00 GEL zu (Beilage 2).
Anm. Ein Rollstuhl kann von österreichischer Seite auf Ansuchen dauerhaft zur Verfügung gestellt werden.
Die überwiegende Zahl der Rückkehrer wendet sich dem Familienverband zu und erhält dort Unterstützung. 2014 hat die georgische Regierung erstmalig aus eigenen Haushaltsmitteln Gelder für Reintegrationsprojekte durch sieben zivilgesellschaftliche Akteure zur Verfügung gestellt. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD – bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt „Targeted Initiative Georgia“ (finanziert aus einem Konsortium von EU-Mitgliedstaaten) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft.
Staatliche Repressalien gegenüber Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich (AA 10.11.2016) (Beilage 5)
In der Gesamtschau ist davon auszugehen, dass die Familie mit staatlicher Unterstützung und Unterstützung durch internationale Organisationen sowie der Unterstützung des eigenen Familienverbandes Ihr Familienleben in Georgien - wie auch zuvor - fortführen können.Zudem ist die Familie gemäß eigenen Angaben am 02.07.2015 legal in das Bundesgebiet eingereist. Die Einreise erfolgt jedoch mit einem Touristenvisum des „Consular Office of Greece in Thibilis“ und hatte eine Gültigkeit von XXXX 2015 bis XXXX 2015.
Seit dem 28.03.2017 besteht für die Einreise georgischer Staatsangehöriger in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die Teil des Schengen-Raums sind, Visumsfreiheit. Es ist festzuhalten, dass dabei der visafreie Aufenthalt in Österreich für Georgier in einem Zeitraum von 90 Tagen innerhalb einer Frist von 180 Tagen möglich ist. Für die Dauer des Aufenthalts in der Europäischen Union besteht keine Arbeitserlaubnis für georgische Staatsbürger. Georgier müssen zudem über einen gültigen biometrischen Reisepass verfügen. Der Zweck des Aufenthalts ist ebenfalls genau definiert. So ist bei der Einreise der Besitz ausreichender finanzieller Mittel (Kreditkarte oder Bargeld sowie eine Bürgschaft oder
Verpflichtungserklärung eines Gastgebers im Land der Einreise) für den Aufenthalt im Mitgliedstaat der EU nachzuweisen. Außerdem ist die Einreise von georgischen Staatsbürgern nur für bestimmte Zwecke, etwa Urlaubsaufenthalt, Besuch bei Angehörigen,Teilnahme an Veranstaltungen u. dgl., erlaubt.
Die BF verfügen weder über ausreichende finanzielle Mittel und haben zudem nach Ihrer Einreise nach Österreich Ihre gegenständlichen Asylanträge eingebracht und somit gegen den Zweck der Einreise verstoßen. Die mit einem gültigen biometrischen Reisepass legale Einreise am 02.07.2015 war daher rückwirkend als unrechtmäßig einzustufen.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes von besonderer Bedeutung, da dies sowohl für den sensiblen Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem gravierende Auswirkung hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere bei nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden, welche daher auch grundsätzlich über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, idR die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes in die gesellschaftlich unerwünschte, aber doch real vorhandene Schattenwirtschaft ausweichen, was wiederum erhebliche Folgewirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, S 857 mwN; AsylGH 11.8.2008, E9 309711-2/2008).
Im Übrigen ist nach der jüngeren EGMR Judikatur eine nähere Prüfung des Privatlebens in
der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl. NNYANZI gegen Vereinigtes Königreich, Urteil EGMR vom 08. April 2008 – Nr. 21878/06).
…“
I.11.2. Der Vertretung der bP wurde Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht, woraus diese Folgendes im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme angab:
„…
Ergänzend zur mündlichen Verhandlung wird zu VB- XXXX angemerkt, dass auch die Beschwerdeführer nicht von völliger Mittellosigkeit und Obdachlosigkeit in Georegien ausgehen. Hintergrund des gesamten Vorbringens ist die Erkrankung des mj XXXX und die damit im Zusammenhang stehenden Probleme, darunter auch solche finanzieller Natur, für eine medizinische und therapeutische Versorgung des Minderjährigen. Bekräftigt wird, dass die Beschwerdeführer keine finanziellen Reserven in Georgien mehr haben.
Die auf Seite 3 vom Verbindungsbeamten angegebene Adresse ist nicht vollständig. Sie lautet: XXXX . Es ist nicht verwunderlich, dass die angegebene Wohnung nicht gefunden werden konnte.
Aus der Anfragebeantwortung vom 04.12.2017 ergib sich für den vorliegenden Fall, dass Medikamentenkosten, (für den Fall dass es ein passendes gibt), bis zu 50% übernommen werden. Das in Österreich beim Mj XXXX verabreichte Medikament Trileptal etwa scheint gar nicht in der Beilage „Medical Country of Origin Information“ als verfügbar auf. Kosten für ein EEG oder ein MRI werden nicht übernommen, wobei ein MRI bei Selbstzahlung 600 – 4000 (!) Lari kostet. Die Pension für den Mj XXXX beträgt zum Vergleich monatlich 180 Lari. Behandlungen wegen Epillepsie kosten 15.000 Lari oder mehr. Davon werden max 70% übernommen (10500 Lari). Damit verliebe für den mj Beschwerdeführer jedenfalls aus dieser Therapie allein im günstigsten Fall ein Fehlbetrag von Lari 4500 jährlich. Andere Möglichkeiten einer Kostenübernahme bestehen nicht.
Dazu kommen laut Anfragebeantwortung Kosten für Physiotherapie und die Behandlung der Cerebralparese. Es werden einmalig 10 tägige Kurse pro Jahr (!) angeboten, bis zu 7 Sitzungen können davon ersetzt werden. Eine Sitzung kostet über 300 Lari. Die Rollstuhlkosten werden angeblich ersetzt.
Beim Mj Beschwerdeführer geht es jedoch um mehr als einige Medikamente und ein paar Sitzungen Physiotherapie. Das belegen die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ärztlichen Berichte vom 04.11.2019 eindrucksvoll. Ebenso im Vergleich der im Akt einliegende Physiotherapeutische Befund vom 05.04.2017. Es lässt sich daher für den vorliegenden Einzelfall aus L5182152319-1 nichts ableiten.
Vor allem ist dem Mj XXXX in Österreich ein Schulbesuch möglich, er führt ein menschenwürdiges Dasein. In Georgien wurde ihm der Schulbesuch nicht mehr ermöglicht. Er wird dort keinerlei Tagesstruktur haben und überhaupt nicht außerhalb der Familie gefördert werden.
…“
I.11.3. Seitens des ho. Gerichts wurde vom bereits genannten Verbindungsbeamten des BMI in Tbilsi herbeigeschaffte Arbeitsübersetzung einer Auskunft des georgischen Gesundheits-ministeriums in den Akt aufgenommen, welche wie folgt lautet:
„…
Entsprechend der Information, die wir vom entsprechenden Facharzt, Kinderneurologen erhalten haben, teilen wir Ihnen mit, dass eine Heilung der oben erwähnten Diagnose praktisch unmöglich ist, wird eine Behandlung in Georgien genauso wie im Ausland entsprechend den international anerkannten Regularien und Protokollen symptomatisch durchgeführt und umfasst sowohl Behandlungs-, als auch den Rehabilitationstherapien.
Daher ist die für den angeführten Patienten mit der mitgeteilten Diagnose erforderliche Behandlung und Rehabilitation von dafür in Georgien vorhandenen medizinischen Speziallanstalten und den dort tätigen Experten möglich.
Was die Kosten im Zusammenhang mit einer Behandlung und Verschreibung von Medikamenten mit der angeführten Erkrankung betrifft, wird festgestellt, dass es in Georgien kein staatliches Programm bezüglich Zerebralparese gibt. Da es in Ihrem Schreiben nicht detailliert dargestellt ist, welche genaue Behandlung und Behandlungsmittel erforderlich sind, kann nicht genau konkretisiert werden, ob in Georgien die vollständige oder nur teilweise Finanzierung der Kosten der für den Patienten erforderlichen medizinischen Behandlungen und Medikation abgedeckt werden.
Es ist jedoch erwähnenswert, dass es in Georgien ein „staatliches Programm über soziale Rehabilitation und Kinderfürsorge“ gibt und darin Maßnahmen „im Teilprogramm der Kinderrehabilitation/Habilitation“ therapeutische Interventionen vorgesehen sind, die die Möglichkeiten von physikalischer Therapie, der Individualtherapie für Behinderte, Rede-, und Sprachtherapie (Logopäde), der psychologischen Korrektur, der Verhaltenstherapie, sowie die Möglichkeit der Ausildung und des Trainings von Eltern, von Erziehern bei Adoption, von Verantwortlichen einer Erziehungsanstalt oder des gesetzlichen Vertreters entsprechend des Erlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales Georgien vom 18.12.2008 №278/o über „Zerebralparese“ , und der darin enthaltenen staatlichen Protokolle über die Vorgehensweise bei einer solchen Diagnose und der dazu vorhandenen nationalen Empfehlung in der Praxis umfasst.
Während eines Kalenderjahrs werden dem betreffenden Patienten insgesamt 8 jeweils zehntägige Behandlungskurse vollständig finanziert. Jeder Kurs besteht aus 22 Einzelbehandlungen, die therapeutische Interventionen beinhalten und entsprechend eines individuell erstellten Habilitation-/Rehabilitationsplans durchgeführt werden. Dieser Plan wird von einem interdisziplinären Team entsprechender Fachleute speziell für den konkreten Patienten zusammengestellt.
Falls der Patient zusätzliche Rehabilitationskurse oder solche Behandlungstherapien benötigt, die durch das oben erwähnte Programm nicht vorgesehen sind, müssen die entstehenden Kosten grundsätzlich persönlich finanziert werden.
Gleichzeitig ist aber vorgesehen, dass die Kosten solcher Zusatzbehandlungen, die im Rahmen des staatlichen Programms nicht gedeckt werden, von einer dazu eingesetzen Kommission erörtert werden, mit dem Ziel einer Entscheidung über die Unterstützung einer Finanzierung im Rahmen des „referalen Services“ zu treffen. Diese Kommission erörtert nach der Analyse der entsprechenden vorliegenden Unterlagen und Angaben zur Zusatzbehandlung die Möglichkeit der Erteilung der Finanzierung an den Kandidaten, und bestimmt ihre Höhe und Zweckmäßigkeit.
…“
I.11.4. Die Vertretung der bP äußerte sich im Rahmen einer weiteren schriftlichen Stellungnahme hierzu wie folgt:
„…
Soweit ein konkret auf den Sachverhalt bezogener Inhalt vorliegt ist anzumerken, dass es für Zerebralparese in Georgien „kein staatliches Programm“ gibt. In wie weit erforderliche Maßnahmen im Rahmen des Programmes „soziale Rehabilitation und Kinderfürsorge“ möglich sein sollen ist unklar. Logopädie, „psychologische Korrektur“ im Sinne einer Verhaltenstherapie, Ausbildung der Eltern sind als vorgeschlagene Maßnahmen inhaltlich ausfüllungsbedürftig und im konkreten Fall wenig hilfreich. Völlig unklar ist auch, was mit 8 mal 10 tätigen Behandlungskursen gemeint ist. Der Bericht geht abschließend selbst davon aus, dass eine genaue Information nicht erteilt werden könne.
Es bleiben die Ausführungen in der Stellungnahme vom 23.12.2019 aufrecht.
Im Verfahren wurde ganz konkret vorgebracht, welche Maßnahmen und Therapien der mj Beschwerdeführer erhält und welche großen Fortschritte seine Entwicklung im Vergleich zu Georgien gemacht hat. Es wird auf die Atteste der XXXX , des FA XXXX und der Klassenlehrerin, sämtliche vom 04.11.2019 verwiesen. Auf die zusätzlich bestehende Epilepsie wird hingewiesen.
Den Eltern des mj BF ist es gelungen, von der seinerzeitigen Schule des BF eine Auskunft zu erhalten. Es wird hiermit übermittelt:
- Georgischer Bericht der öffentlichen Schule Nr XXXX , samt Übersetzung vom 09.12.2019
Es ist daher davon auszugehen, dass der mj BF im Falle einer Rückkehr ohne Schule, ohne Ausbildungsplatz und ohne jede Tagesstruktur, ohne Entwicklungsmöglichkeit, einfach zuhause sein weiteres Dasein fristen wird müssen. Zudem würde bei auftretenden und zu erwartenden Komplikationen keine adäquate medizinische Versorgung bestehen, geschweige denn wären spezifische Kontrollen durchführbar oder im Ansatz in dieser Menge leistbar.
…“
In der oa. Auskunft der Schule wurde mitgeteilt, dass die bP3 die öffentliche Schule besuchte. Sie hätte in dieser Schule keine pädagogische Sonderbehandlung erhalten und wäre von der Mutter in die Schule begleitet worden.
I.12. Die oa. Ausführungen stellen die letzten Stellungnahmen der Verfahrensparteien dar.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien
Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.
Bei den volljährigen bP handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.
Die bP3 leidet an folgender Erkrankung leidet an Zerebralparese und Epilepsie und befand sich wegen der durch die Zerebralparese hervorgerufenen Symptome in Georgien in Therapie. Epileptische Anfälle traten in Georgien nicht auf.
Nachfolgende Unterlagen beschreiben den Gesundheitszustand der bP und geht das ho. Gericht davon aus, dass diese Berichte den Gesundheitszustand der bP3 authentisch wiedergeben:
Im Schreiben einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vom 29.3.2017 wird der Gesundheitszustand und Therapiebedarf der bP3 wird folgt beschrieben:
„…
Er sitzt im Rollstuhl, brauch regelmäßige Physiotherapie … da sonst seine Gelenke versteifen und die Pflege wesentlich schwieriger wird. Er hat diverse Ängste, die sich mit Sertralin verbessert haben. … Er hat … im August 15 bis Juli 16 im EEG immer wieder Epilepsie Ziechen gehabt, ist allerdings jetzt auch ohne Epilepsie Medikament anfallsfrei und hat seit Nov. 16 sauberere EEG´s.
Falls er wieder nach Georgien zurück muss, hat er dort keine entsprechende Förderung und keine angstlösende Medikation, was seine Lebensqualität, sowie die Lebensqualität der Familie massiv verschlechtern würde. …“
Laut dem Schreiben eines weiteren Facharztes für Kinder und Jugendheilkunde vom 4.11.2019 wird die aufgetretene Epilepsie medikamentös behandelt, was zu einer zufriedenstellenden Reduktion der Anfallsfrequenz und –stärke führte. Weitere engmaschige EEG und klinische Kontrollen sind unbedingt erforderlich.
Laut einem Schreiben der Schule vom 4.11.2019, welche die bP3 besucht, befindet sie sich in einer Integrationsklasse. Neben der körperlichen Behinderung würden gravierende Störungen in verschiedenen Bereichen der sensorischen Integration vorliegen. Für eine weitere positive Entwicklung sei aus der Sicht der Schule die Arbeit in der Kleingruppe mit intensiver, individueller Förderung und Zuwendung notwendig.
Ein von einer Physiotherapeutin verfasstes Schreiben vom 4.11.2019 gibt darüber Auskunft, dass in Bezug auf die bP3 ein Rollstuhl, Lagerungsschienen für die Nacht und orthopädische Sandalen verordnet worden sei. Seit Oktober 2015 beziehe sie 1 x wöchentlich Physiotherapie.
Weitere Bescheinigungen über aktuell erforderliche Therapien bzw. Medikationen wurden seitens der bP im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Verfahrensförderung und Mitwirkung nicht vorgelegt.
Die in Bezug auf die bei bP3 auftretenden Erkrankungen sind in Georgien behandelbar bzw. sind die Symptome therapierbar und hat sie auch Zugang zum georgischen Gesundheitssystem. Soweit sie bzw. ihre Eltern im Falle der notwendigen Behandlung mit einem Selbstbehalt belastet werden, steht es ihnen im Falle der Bedürftigkeit frei, die Kostenübernahme des Selbstbehaltes durch den Staat zu übernehmen, worüber eine eigens hierfür eingerichtete Kommission entscheidet.
Die bP3 wäre vom georgischen Bildungssystem nicht ausgeschlossen. Einerseits existieren Schulden für Kinder mit besonderen Bedürfnissen und andererseits bestünde die Möglichkeit des häuslichen Unterrichts.
Die volljährigen bP haben Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und es steht ihnen frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen, wobei die bP2 aufgrund der Pflegebedürftigkeit der bP3 von dieser Möglichkeit nur sehr eingeschränkt Gebrauch machen kann.
Ebenso haben die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähigen als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und könnten dieses in Anspruch zu nehmen.
Ebenso wird auf die Existenz eines Hilfsprogramms für Rückkehrer verwiesen, welches ua. auch die Möglichkeit der Zurverfügungstellung einer Unterkunft mitumfasst.
Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird erwarten (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN, sowie die bereits im gegenständlichen Erkenntnis genannten Quellen zu diesem Thema) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.
Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.
Die bP verfügen im Rahmen einer Gesamtschau über eine wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich gesicherten Existenzgrundlage. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.
Die bP1 – bP3 halten sich seit 4 Jahren und 9 Monaten, die bP 4 seit ihrer Geburt im Juli 2017 und die bP5 seit ihrer Geburt im Oktober 2018 im Bundesgebiet auf.
Familienangehörige leben nach wie vor in Georgien und sich sichtlich in der Lage, dort ihr Leben zu meistern.
Die bP haben über die Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit ihrer Einreise und anschließenden Antragstellung im Bundesgebiet auf. Die bP1 – bP3 reisten rechtswidrig und mit Hilfe eines erschlichenen Visums in das Bundesgebiet ein. Die bP sind nicht selbsterhaltungsfähig. Die bP1 und 2 beherrschen die deutsche Sprache so weit, dass sie sich in dieser Sprache verständigen können. In Bezug auf die bP3 – bP5 ist davon auszugehen, dass sie die deutsche Sprache ihrem Entwicklungsstand bzw. familiären Umfeld entsprechend beherrschen. Sie sind strafrechtlich unbescholten.
Die Identität der bP steht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien
II.1.2.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien geht das ho. Gericht davon aus, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Ebenso besteht ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien bietet.
II.1.2.2.2. Bei der Republik Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.
II.1.2.2.3Das ho. Gericht hält weiters konkretisierend folgende Umstände fest:
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL (ca. 24 EUR) monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL (ca. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Existenzminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 11.12.2017).
Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Knapp 22 % der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigrant machen mit rund 11,8% einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 11.2018).
Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2016 sind 67,5% der Bevölkerung über 15 Jahren erwerbstätig (in Städten 59,9% und in ländlichen Gegenden 75,2%). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25- Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren. Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2018).
Die Arbeitslosenquote betrug 2018 12,7% (2017: 13,9%) (GeoStat 2019a). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbständig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2019 bei den Männern bei 1.294 Lari [rund 400 €] und bei den Frauen bei 876 [rund 270 €] (GeoStat 2019b).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
ADA – Austrian Development Agency (11.2018): Georgien – Länderinformation, https://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/LI_Georgien_Nov2018.pdf , Zugriff 30.8.2019
GeoStat – National Statistics Office of Georgia (2019a): Employment and Unemployment, https://www.geostat.ge/en/modules/categories/38/employment-and-unemployment , Zugriff 30.8.2019
GeoStat – National Statistics Office of Georgia (2019b): Wages, https://www.geostat.ge/en/modules/categories/39/wages , Zugriff 30.8.2019
OM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt GEORGIEN, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Georgia_DE.pdf , Zugriff 30.8.2019
Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:
Existenzhilfe
Re-Integrationshilfe
Pflegehilfe
Familienhilfe
Soziale Sachleistungen
Sozialpakete
Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von 10-60 GEL pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft Schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2018).
Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden.
Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.). Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b, vgl. US-SSA 3.2019).
Quellen:
Agenda.ge (3.1.2019): Georgia’s new pension system comes into play, https://www.agenda.ge/en/news/2019/13 , Zugriff 30.8.2019
IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt GEORGIEN, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Georgia_DE.pdf , Zugriff 30.8.2019
OCM - Open Caucasus Media (14.12.2018): Opinion | Georgia’s pension reforms do nothing for most Georgians, https://oc-media.org/opinion-georgia-s-pension-reforms-do-nothing-for-most-georgians/ , Zugriff 30.8.2019
SSA – Social Service Agency (o.D.a.): Pecuniary Social Assistance (Subsistence Allowance), http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=35 , Zugriff 30.8.2019
SSA – Social Service Agency (o.D.b.): Reimbursement of leave for maternity and childcare, as well as for adoption of a new-born child, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=375 , Zugriff 30.8.2019
US-SSA – US Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018, Georgia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005493/georgia.pdf , Zugriff 12.9.2019
Im Jahr 2010 war das Gesundheitswesen bis auf wenige Ausnahmen privatisiert. Der Staat überließ es dem freien Markt, das Gesundheitswesen zu regulieren. Die Privatisierung hatte als Kehrseite, dass einem wesentlichen Teil der Bevölkerung der Zugang zum Gesundheitswesen aus finanziellen Gründen verwehrt blieb oder ein Krankheitsfall zu existenzbedrohenden finanziellen Engpässen führte. Ab 2007 steuerte der georgische Staat gegen, indem er kostenlose Krankenversicherungen und kostenlose medizinische Dienstleistungen für bestimmte vulnerable Gruppen einführte. 2013 schließlich wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen.
Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018).
Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen Letter of Guarantee über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018).
Das staatliche Gesundheitssystem umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen. Universal Health Care:
Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus
Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt
Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten
Dialyse ist ebenfalls gewährleistet
Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von 70 GEL muss entrichtet werden.
Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit
Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health). Informationen über Anbieter finden sich hier: http://cloud.moh.gov.ge/Default.aspx?languagePair=en-US (IOM 2018)
Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018). Ambulante und stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2018). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2018). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2018). Divergierende Angaben gibt es beim Thema Chemotherapie und Geburten. So werden laut SEM onkologische Behandlungen und Geburten zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018), laut IOM hingegen werden bei Chemotherapie 80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL, und bei Geburten Kosten nur bis zu 500 GEL, bzw. bei Kaiserschnitten nur bis zu 800 GEL übernommen (IOM 2018).
Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2018).
Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 27.8.2018).
Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 15-05 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden. Dokumente: nur gültiger Ausweis (IOM 2018).
Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem das Rezept zu erhalten (IOM 2018).
Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
IOM – International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt GEORGIEN, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Georgia_DE.pdf , Zugriff 30.8.2019
SEM – Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (ehemals: Bundesamt für Migration) (21.3.2018): Focus Georgien: Reform im Gesundheitswesen: Staatliche Gesundheitsprogramme und Krankenversicherung, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/europa-gus/geo/GEO-reform-gesundheitswesen-d.pdf , Zugriff 2.9.2019
VB - Verbindungsbeamter des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per E-Mail
In Georgien gibt es ein gut entwickeltes Netzwerk von Bildungsinstitutionen. Georgien bemüht sich sehr um Bildungschancen, vor allem im Bereich der höheren Bildung. Das System der Fort- und Weiterbildungseinrichtungen ist ebenfalls gut ausgebaut.
Die allgemeine Bildung wird in Georgien durch das entsprechende Gesetz vom 08.04.2005 geregelt und ist im Erlass 36/N zur Anerkennung des nationalen Lehrplans vom 11. März 2011 des Georgischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft festgeschrieben.
Die gesamte allgemeine Bildung besteht aus drei Ebenen: der Grund-, Haupt- und weiterführenden Ebene.
Die Grund- und Hauptebene sind hierbei verpflichtend.
Bildungsinklusion
Bildungsinklusion bedeutet, dass Schüler mit besonderen Bedürfnissen mit ihren Bezugspersonen in den allgemeinen Bildungsprozess eingebunden werden. Die Schüler erhalten einen individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen oder geänderten Lehrplan.
Schüler mit den folgenen Konditionen werden als Schüler mit besonderen Bedürfnissen angesehen:
- Körperliche Behinderung
- Geistige Behinderung
- Behinderung der Sinne (Hören und/oder Sprechen)
- Sprachstörungen
- Verhaltens- oder emotionale Störungen
- Schüler die einen Langzeitaufenthalt im Krankenhaus benötigen
- Schüler, die den Ansprüchen des staatlichen Lehrplans aufgrund von Krankheiten oder sozialen Umständen nicht genügen können Schüler, die im Vergleich zu ihren Mitschülern Lernschwierigkeiten aufweisen, werden als Schüler mit besonderen Bedürfnissen angesehen und erhalten daher einen individuell gestalteten Lehrplan.
Der individuelle Lehrplan für Schüler mit besonderen Bedürfnissen wird basierend auf dem nationalen Lehrplan ausgearbeitet und strebt eine maximale Begegnung der Bildungsbedürfnisse, der Interessen und individuellen Fähigkeiten an. Die individuellen Lehrpläne werden bis 1 Woche vor Beginn des akademischen Schuljahres bzw. innerhalb eines Monats zur Feststellung der speziellen Bildungsbedürfnisse eines Schülers erstellt.
Falls ein Schüler mit besonderen Bedürfnissen auf längerfristige Behandlung im Krankenhaus angewiesen ist, oder aus gesundheitlichen Gründen die Schule länger nicht besuchen kann, kann sich die Schule an ein interdisziplinäres Team wenden, die darüber entscheiden kann, ob das Kind zu Hause unterrichtet werden kann. In diesem Fall ist er zwar in der Schule eingeschrieben, nimmt aber nicht am Unterricht teil. Die Schule erstellt einen speziellen Lehrplan für den Heimunterricht.
Quelle:
Deutsches Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderinformationsblatt Georgien, Juni 2014
Rückkehrer und Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen – wie IOM oder ICMPD – bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge und seit 2014 von IOM geführt, bietet Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen (AA 27.8.2018).
Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden. Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, sollen die NGOs für das gesamte Staatsgebiet folgende Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen: Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten, Finanzierung einkommensgenerierender Projekte, Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten und die Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).
Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.): “Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants" Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769 , Zugriff 2.9.2019
SCMI – State Commission on Migration Issues (9.3.2018): Implementation of the 2018 State Program on Reintegration Assistance to Returned Georgian Migrants has started, http://migration.commission.ge/index.php?article_id=304&clang=1 , Zugriff 2.9.2019
II.1.2.2.4. Coronavirus COVID-19
Mit Stichtag 1.4.2020 sind in Georgien offiziell 115 registrierte Corona-Falle bekannt (https://www.google.com/covid19-map )
Die Personen, die sich im Laufe der letzten 14 Tage ua. in Österreich aufhielten, sind bei der Einreise nach Georgien verpflichtet, für eine intensive epidemologische, Untersuchung bereitzustehen und im Anschluss eine 14-tägige Quarantäne anzutreten.
Die georgischen Behörden erarbeiteten einen Aktionsplan zur Eindämmung der Infektion der Bürger mit dem Virus COVID-19 (https://stopcov.ge/en ).
Die georgische Präsidentin hat den Ausnahmezustand, der bis 21. April in Kraft bleiben soll, beschlossen. U.A. bedeutet das:
Alle Geschäfte bis auf Lebensmittel, Tankstellen, Postämter und Banken bleiben geschlossen
Schulen und Universitäten sind bereits geschlossen
Ab 18.3. Mitternacht wurden die Einreisebestimmungen nach Georgien verschärft. Ausländische Reisende - mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Diplomaten - dürfen dann nicht mehr einreisen. Alle Flugverbindungen mit wenigen Ausnahmen wurden eingestellt. Vereinzelt finden Repatriierungsflüge für georgische Staatsbürger statt. Die Landgrenzen zu den Nachbarn AZ, ARM, TK und RU wurden bereits geschlossen.
Ab 31.3. wird über das ganze Land eine Quarantäne verhängt, der öffentliche Verkehr eingestellt und es gilt ein Versammlungsverbot für mehr als drei Personen. Für die Nacht zwischen 21:00 und 6:00 wird ein generelles Ausgehverbot erlassen.
https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/georgien-coronavirus-einreisebeschraenkungen.html
II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Die bP halten sich in Österreich auf, um der bP3 den Zugang zum österreichischen Medizinsystem zu ermöglichen. Hierzu ist jedoch festzuhalten, dass die bP3 aufgrund ihrer Erkrankungen keine notwendigen Behandlungen benötigt, welche ihr in Georgien nicht zugänglich wären. Es steht ihr im Falle einer Rückkehr nach Georgien das georgische Gesundheitssystem offen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass in Georgien Behinderte bzw. deren Familienmitglieder stigmatisiert werden, im Gegenteil die georgische Gesellschaft verhält sich gegenüber Behinderten tolerant.
Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in die Republik Georgien über keine Existenzgrundlage verfügen würde.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den vorgelegten Dokumenten.
II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau ausreichende Aktualität zu. Dort wo das ho. Gericht auf älteres Quellenmaterial zurückgreift, kommt diesen aufgrund des Fehlens eines jeglichen Hinweises, dass sich die Lage in Georgien in den darin genannten Punkten in relevanter Weise änderte, nach wie vor Aktualität zu.
Die bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.
Die Feststellung wonach die bP3 in Georgien Zugang zu adäquater medizinsicher Versorgung und zu Bildung finden wird, ergibt sich insbesondere aus dem den bP zur Kenntnis gebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation der bB, dem in der Beschwerdverhandlung erörterten Quellenmaterial, dem von der bB in der Stellungnahme vom 22.11.2019 genannten Quellen, sowie der Auskunft des unter I.11.3. genannten Auskunft des georgischen Gesundheitsministeriums, sowie den von den bP beigebrachten Quellen In Bezug auf mögliche Medikationen wird auch auf die öffentlich zugängliche Essential Drug List of Georgia verwiesen (in ihrer Zusammensetzung basierend auf Empfehlungen der WHO).
Ungeachtet des Umstandes, dass seitens des ho. Gerichts in Bezug auf die medizinische Versorgungslage regelmäßig umfassendes Parteiengehör gewährt wurde, wird seitens des ho. Gerichts darauf hingewiesen, dass die Ausgestaltung des georgischen Gesundheitssystems für die bP als georgische Staatsbürger und die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt anzusehen ist.
Soweit die Verfahrensparteien Quellen vorlegten (insbesondere die von der bB in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2019 genannten Quellen bzw. von den bP in der Stellungnahme vom 23.12.2019 beigeschlossene Quelle) ist festzuhalten, dass diese in Bezug auf ihren objektiven Aussagekern mit den ho. getroffenen Quellenmaterial nicht im Widerspruch stehen, zumal auch das ho. Gericht nicht verkennt, dass die Standards des georgischen Gesundheitssystems hinter dem Österreichischen zurückbleiben und die dort vorgesehenen Selbstbehalte zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung führen können.
Die Feststellungen zur Lage in Georgien in Bezug auf den Coronavirus COVID-19 werden aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen in einer Vielzahl von öffentlich zugänglichen Quellen als notorisch bekannt angesehen.
II.2.4. Das ho. Gericht kann sich aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahren ein klares Bild vom maßgeblichen Sachverhalt (§ 37 AVG) machen, welcher sich im antragsbedürftigen Verfahren im Wesentlichen aus der Begründung des Antrages und dem dem ho. Gericht notorisch bekannten Wissen ergibt.
Da sich die bP seit Einbringung der letztmaligen Stellungnahme nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren bzw. ihrer Verpflichtung zur Verfahrensförderung (§ 39 Abs. 2a AVG) eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht jedenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, zieht das ho. Gericht den Schluss, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat. Ebenso ergeben sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen aus dem notorisch bekannten Gerichtswissen keine solche Änderungen.
Wie bereits erwähnt, ist auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren besonders Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung – und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Dies gilt insbesondere in Bezug auf die der persönlichen Sphäre der Partei zugehörige Umstände (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).
Im Lichte der im Vorabsatz dargelegten Ausführungen beurteilt das ho. Gericht den aktuellen Behandlungsbedarf, woraus sich ergibt, dass dieser gegenwärtig im Wesentlichen in der Behandlung der Epilepsie, der Bereitstellung eines Rollstuhles, von Lagerungsschienen für die Nacht, orthopädische Sandalen und 1 x wöchentlicher Physiotherapie, sowie die soziale Betreuung in der Schule liegt. Im Zweifel wird basierend auf die Angaben der Mutter auch das periodische Aufsuchen eines Orthopäden und Neurologen angenommen.
Wenn eine Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde ohne die Nennung einer Referenzquelle oder spezieller über die medizinische Ausbildung hinausgehendem Fachwissens angibt, die bP3 würde in Georgien diese Behandlung nicht erhalten, so ist festzuhalten, dass sie aus Sicht des ho. Gerichts als Medizinerin nicht über jene länderspezifischen Kenntnisse verfügt, um diese Frage beurteilen zu können und die vom ho. Gericht herbeigeschaffte Quellenlage das Gegenteil ergibt. Abgesehen von diesem Umstand gab die Fachärztin nicht an, dass ein Abbruch der Behandlung zu einer unmittelbaren Lebensgefährdung oder einen qualvollen Zustand führen würde, sondern zu einer erheblichen Verringerung der Lebensqualität führen würde.
Der Einwand des Vertreters, der schlechte Zustand der bP3 bei Beginn der Behandlung indiziere die nicht adäquate Behandlung in Georgien, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Behandlung für die Reise nach Österreich abgebrochen wurde und sich die Art der Reise für die bP3 äußerst strapaziös dargestellt haben muss, wenn die bP1 etwa bei den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angibt, die Familie hätte auf dem Athener Flughaften 2 Tage auf den Anschlussflug nach Österreich gewartet. Ein dermaßen langes Zuwarten ist unter diesen Umstanden schon für einen gesunden Menschen eine erhebliche Belastung und für die bP3 umso mehr. Dass die bP3 zum Zeitpunkt, als die Behandlung in Österreich nach einem gewissen Zeitraum fortgesetzt werden konnte, gezeichnet war, ist im Lichte der erlittenen Strapazen daher selbsterklärend. Ebenso erscheint es für das ho. Gericht menschlich nachvollziehbar, dass die bP im Hinblick auf den erhofften Ausgang des Verfahrens bestrebt sind, die Lage in Georgien im Allgemeinen und die Ausgestaltung des georgischen Gesundheitswesens im Besonderen in einem möglichst negativen Licht darzustellen.
In Bezug auf den gestellten Beweisantrag, in Bezug auf die bP, ein fachärztliches Gutachten einzuholen wird festgehalten, dass hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rsp des VwGH nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.1.1996, 94/13/0152; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174). Diesem Antrag mag kein relevantes Beweisthema entnommen werden, weil sie bereits von sich aus Bescheinigungsmittel vorlegte, welche den aktuellen Gesundheitszustand und die aktuelle Behandlungs-bedürftigkeit wiedergeben und die bP bzw. deren Vertretung nicht vorbrachte, dass ein weiterer dringender Behandlungsbedarf vorliegt, welcher in den genannten bzw. von der Vertretung der bP vorgelegten Bescheinigungsmitteln nicht genannt ist. Ebenso bestehen keine Hinweise, dass eine Behandlungsbedürftigkeit vorliegt, welche die bP3 bzw. deren Vertretung im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Verfahrensförderung und Mitwirkung nicht bescheinigen könnte. Es ist grundsätzlich auch festzuhalten, dass laut herrschender Judikatur ärztlichen Attesten –wie sie von der Vertretung der bP vorgelegt weruden- die gleiche Beweiskraft zukommt wie ärztlichen Sachverständigengutachten, zumal es auf die innere Wahrheit eines Beweismittels ankommt (VwSlgNF 2453 A). Auch zu den Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat kann aus einem solchen fachärztlichen Gutachten nichts gewonnen werden, weil es sich hierbei aufgrund des Fehlens eines entsprechenden Fachwissens des Mediziners um kein taugliches Beweismittel handeln würde.
Das ho. Gericht ist daher nicht verhalten, dem Beweisantrag zu entsprechen.
Auch ist das ho. Gericht dazu nicht verhalten, zumal es sich auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt aber der Beschwerdeführer jedoch mit dem hier erörterten Beweisantrag.
Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger – Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).
Aufgrund der oa. Überlegungen gelangt das ho. Gericht zu Überzeugung, dass sich das Vorbringen der bP, in Georgien über keine Existenzgrundlage zu verfügen und die bP3 fände keinen Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung und zu Schulbildung als sich nicht glaubhaft darstellte. Auch ergaben sich amtswegig im Rahmen der einer Gesamtbetrachtung bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf die Existenz von relevanten Rückkehrhindernissen.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Gem. § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013 hat das ho. Gericht das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat und ist somit vom Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit der Republik Georgien auszugehen. Die bP brachten keinen qualifizierten Sachverhalt vor, welche diesen Grundsatz im gegenständlichen Einzelfall erschüttern würden (vgl. Erk. des VwGH vom 15.10.20014 G237/03; vgl. auch Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, sowie Anhang I zur RL).
Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungs-relevanten Lage in der Republik Georgien verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.
Im gegenständlichen Fall kann aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit der Republik Georgien auch davon ausgegangen werden, dass die georgischen Behörden gewillt und befähigt sind, Menschen, die sich auf dem von der georgischen Zentralregierung kontrolliertem Territorium befinden, vor Übergriffen und Repressalien wirksam und nachhaltig zu schützen.
Zu A) (Spruchpunkt I)
II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) …
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. | dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder |
2. | der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat. |
...“
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
In Bezug auf die bP1 – bP4 wurde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten keine Beschwerde eingebracht, weshalb in diesem Punkt keine anhängige Beschwerdesache vorliegt.
In Bezug auf die bP5 kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung nicht festgestellt werden, dass sie nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK zu rechnen hätte. Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen. Die bP5 gehört zwar der sozialen Gruppe der Familie an, es ergeben sich jedoch auch hieraus keine Hinweise auf eine wahrscheinliche Verfolgung. Dies ist insbesondere in Bezug auf die Familieneigenschaft mit der behinderten bP3 nicht anzunehmen.
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. | der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder |
2. | … |
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
…“
Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, beschränken sich auf den Herkunftsstaat.
Art. 2 EMRK lautet:
„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
…
Art. 3 EMRK lautet:„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Herkunftsstaat des Antragstellers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.3.2. Einzelfallspezifisch werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Georgien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Regionen Abchasien und Südossetien bzw. jene Regionen Zentralgeorgiens, welche unmittelbar an Abchasien oder Südossetien angrenzen nicht angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in den Personen der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Aus der sich aufgrund der Präsenz des Coronavirus COVID-19 in Georgien kann aufgrund der Zahl der Infektionen, sowie des typischen Krankheitsverlaufes und der personellen Situation der bP (insbesondere deren Alter und Gesundheitszustand [laut einer Vielzahl an öffentlichen und notorisch bekannten Quellen zählt auch die bP3 aufgrund ihrer Erkrankung nicht zu den typischen Risikogruppen [vgl. repräsentativ https://www.msges.at/2020/03/coronavirus-risikogruppen/ ]), sowie des Umstandes, dass der georgische Staat auf die Situation reagierte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr iSd Art. 2 bzw. 3 EMRK ausgesetzt wären. Ebenfalls kann dies nicht aus der Verpflichtung, sich anlässlich der Einreise einer Untersuchung zu unterziehen, bzw. sich in Quarantäne zu begeben, abgeleitet werden. Ebenso sind die vom georgischen Staat angeordneten Restriktionen nicht als dauerhaft, sondern als vorübergehend zu qualifizieren.
Zur individuellen Versorgungssituation der bP wurde bereits festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Aufgrund der bereits getroffenen Ausführungen ist jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.
Zum Gesundheitszustand der bP, insbesondere der bP3 wird festgehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).
Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier auf die Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden hingewiesen, wo die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina bejaht wurde, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig unterliegt.
Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes „real risk“.
Soweit die bP3 durch die Vorlage von verschiedenen Bescheinigungsmitteln vorbringt, eine Überstellung wäre aufgrund aus medizinischer bzw. therapeutischer Sicht nicht vertretbar, ist festzuhalten, dass der Maßstab der Beurteilung der Zulässigkeit der Überstellung der bP3 aus juristischer und therapeutisch/medizinischer Sicht ein unterschiedlicher ist. Wenngleich es die Aufgabenstellung der Angehörigen eines medizinischen, bzw. therapeutischen Berufes ist, den bestmöglichen psychischen Zustand der bP3 zu erhalten bzw. (Wieder-)herzustellen und aus dieser Sicht daher jede Maßnahme strikt abzulehnen ist, welche diesem Ziel entgegensteht, hat die bP3 aus juristischer Sicht jede Maßnahme hinzunehmen, welche keinen Eingriff in die durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen.
Diese Gegenüberstellung zeigt, dass die bP3 aus juristischer Sicht Beeinträchtigungen der Gesundheit hinzunehmen hat, welche von Angehörigen eines medizinischen bzw. therapeutischen Berufes jedenfalls abzulehnen sind, nämlich genau jene, welche zwar aus medizinisch-therapeutischen Sicht eine Beeinträchtigung bzw. ein Hindernis zur (Wieder-) herstellung der Gesundheit, aber noch keinen Eingriff in die durch Art. 3 EMRK dargestellten Rechte darstellen.
Aufgrund der hier vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung mag zwar dem Verfasser des zu erörternden Bescheinigungsmittels insoweit nicht entgegengetreten werden, als hieraus ableitbar ist, dass der Standard der medizinischen Versorgung in Georgien erheblich unter dem hierzulande liegt, womit jedoch noch nicht gesagt ist, dass dies zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führt.
Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP3 keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Im gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die bP vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Georgien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der bP beschriebenen Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktisch Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der bP gelegenen Umständen kam nicht hervor.
Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich als Abschiebestaat in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.
II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):
§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:
„§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. …
2. …
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. – 5. …
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) ...“
§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) –(4) …
§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) – (6) …“
§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:
„§ 52. (1) …(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. …
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. – 4. …
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3)- (11)...“
§ 55 FPG lautet:
„Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) …
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) …
(5) …“
Art. 16 § 1 Abs. 1 2.COVID-19-Gesetz lautet:
§ 1. (1) In anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen. Dies gilt auch für Verjährungsfristen, jedoch nicht für verfassungsgesetzlich festgelegte Höchstfristen und für Fristen nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“
II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Die bB erteilte der bP zurecht kein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG, zumal der Aufenthalt der bP nicht gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, dies nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist und die bP auch nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die bP auch nicht glaubhaft machte, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Bei dem Begriff „Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK“ handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991), weshalb die familiären Bande der bP untereinander kein schützenswertes Familienleben begründen, weil sie alle im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sind.
II.3.4.4. Im gegenständlichen Fall halten sich die bP den bereits festgestellten Zeitraum im Bundesgebiet auf. Folg man Chvosta, welcher, soweit ersichtlich im Schrifttum bisher unwidersprochen ausführte und dem sich auch das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall anschließt, dass bei [Anm.: damals] Ausweisungen von Asylwerbern nach 10 AsylG [Anm. vgl. § 75 Abs. 23 AsylG] ab einer Verfahrensdauer von 6 Monaten jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben anzunehmen sein wird, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach sich zieht (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74), ist mangels weiterer qualifizierter Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Verweildauer im Bundesgebiet im gegenständlichen Fall noch kein relevantes Privatleben begründet. Auch ergaben sich im Ermittlungsverfahren sonst keine Hinweise auf das Vorliegen eines relevanten Familienlebens, zumal sämtliche Familienmitglieder im selben Umfang von der Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gleichermaßen potentiell betroffen sind. Weitergehende relevante private Anknüpfungspunkte im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK kamen nicht hervor. Eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK konnte somit mangels Vorliegens relevanter privater bzw. familiärer Anknüpfungspunkte unterbleiben.
II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst –bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.
II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und Familienleben darstellt.
II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl bei der bB als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.
II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.
Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass eine Aufenthaltsdauer zu kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können.
Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP1 und bP2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.
Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]
Die bP verfügen über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte
- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]
Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP –so wie jedem anderen Fremden auch- sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.
Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.
Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.
Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).
- Grad der Integration
Die volljährigen beschwerdeführenden Parteien sind –in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.
Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die volljährige bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. Legale, ernsthafte und taugliche Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Gebieten des österreichischen Arbeitsmarktes unternommen hätte, der auch Asylwerbern zugänglich ist (vgl. hierzu etwa http://www.ams.at/_docs/400_Asyl-Folder_DEUTSCH.pdf ).
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen- Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Zur vorgelegten Einstellungszusage ist festzuhalten, dass diese lediglich eine einseitige, sichtlich nicht einklagbare Willenserklärung darstellt. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine rechtsverbindliche Zusage bestünde, die bP im Falle es Erhalt eines Bleiberechts auf Dauer einzustellen, ist festzuhalten, dass entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einer bloßen Arbeitsplatzzusage für den hypothetischen Fall eines legalen Aufenthalts in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen kann (vgl. VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).
Die vorgelegten Empfehlungsschreiben dokumentieren, dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Bundesgebiet aufbauten, bzw. von den dort genannten Personen unterstützt werden, bzw. diese laut ihrem subjektiven dafürhalten ein Verbleiben der bP in Österreich befürworten, eine außergewöhnliche Integration in hier rechtlich relevanter Weise ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.
Rechtsverbindliche Erklärungen, für Kosten, welche sich aus dem Aufenthalt der bP im Bundesgebiet ergeben könnten, bzw. für den Unterhalt der bP aufzukommen, liegen seitens der Unterstützer der bP nicht vor.
Zum Schulbesuch von bP3 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN). Dies gilt in ähnlicher Form auch für einen allfälligen Besuch des Kindergartens durch bP4.
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
Zur minderjährigen bP3 ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser „Vermittlungseffekt“ bis in die Gegenwart nachwirkt.
In Bezug auf die bP4 und bP5 ist festzuhalten, dass sie sich in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN) befinden. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.
Es wird im gegenständlichen Fall auch darauf hingewiesen, dass es nunmehr an den Eltern der minderjährigen bP liegen wird, ihrer Verpflichtung zum Bundesgebiet nachzukommen und nicht in weiterer Folge rechtswidrig in diesem zu verharren, zumal sie durch ein solche Verhalten die Eingliederung ihrer Kinder verzögern bzw. erschweren und ihnen somit schaden würden.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Die bP sind strafrechtlich unbescholten.
Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Die bP1 – bP3 reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzte sie hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.
Zur Rechtswidrigkeit der Einreise ist im gegenständlichen Fall zwar festzuhalten, sie mittels eines erschlichenen Visums einreisten, indem sie sichtlich touristische Zwecke vortäusten. Bei der Bekanntgabe des wahren Reisezweckes (dauerhafte Niederlassung im Schengenraum) wäre ihnen kein Visum erteilt worden.
Der Reisezweck der bP ist vom mit dem Visum gestatteten Reisezweck nicht erfasst, weshalb sie visapflichtig gewesen wären und somit rechtswidrig einreisten.
Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen rechtswidrigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.
Im gegenständlichen kommt zusätzlich hinzu, dass eine erhebliche Motivation der bP, ihren Herkunftsstaat zu verlassen und nach Österreich einzureisen, im Wesentlichen davon getragen war, das österreichische Gesundheitssystem dem georgischen vorzuziehen –obwohl dies aus dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK nicht erforderlich war, weil das georgische Gesundheitssystem entsprechende, wenn auch allenfalls auf niedrigerem Niveau und den bP, insbesondere der bP3 zugängliche Leistungen bietet- und hierdurch nicht unerhebliche Kosten für die Allgemeinheit in Österreich verursachte. Das Verhalten der bP widerspricht auch dem öffentlichen Interesse des finanziellen Wohles des Landes.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall die Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Auch sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die zeitliche Komponente nicht das allein ausschlaggebende Faktum darstellt.
-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die bP
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem –unter Eingriffsvorbehalt sehenden- Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.
Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.
- Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern, Kindeswohl
Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10, U613/10 und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua. Obwohl die dort genannten minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter, nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.
Im gegenständlichen Fall sind aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch nicht aus dem Blickfeld des Kindeswohles unzulässig, zumal allfällige ungünstigere Entwicklungs-bedingungen im Ausland für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls begründen, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt (OGH 08.07.2003, Zl. 4Ob146/03d unter Verweis auf Coester in Staudinger, BGB13 § 1666 Rz 82 mwN). Zudem gehören die sozioökonomischen Verhältnisse der Eltern grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes (ebd.). Im gegenständlichen Fall sind die Eltern und die bPxxx georgische Staatsbürger und sind alle im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bedroht.
Bei den bP3 – bP5 handelt es sich um jüngere Kinder, welche die die sozioökonomischen Verhältnisse mit bP1 und bP2 teilen, deren überwiegende Anknüpfungspunkte sich aus der Kernfamilie ergeben und kam im Verfahren auch hervor, dass sich die überwiegende Zahl der Verwandten der bP in Georgien befinden und sie dort über ihre Eltern über soziale Anknüpfungspunkte verfügen wird.
Wenn in Bezug auf die bP3 darauf hingewiesen wird, dass sie in Österreich eine Integrationsklasse besuchen kann, wird darauf hingewiesen, dass sie auch in Georgien nicht vom Schulsystem ausgeschlossen ist und auch das georgische Schulsystem Möglichkeiten und Instrumentarien vorsieht, die bP3 entsprechend ihren besonderen Bedürfnissen zu unterrichten.
- weitere Erwägungen
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs. 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.
Mit dem seit der Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde.
Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend- aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.
II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht verunmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.
II.3.4.8. Zulässigkeit der Abschiebung
II.3.4.8.1. Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre, die bP dort der Gefahr einer Verfolgung aus einem Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK bestünde oder eine Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegenstünde.
Im gegenständlichen sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden bzw. werden hierzu bereits zu den Ausführungen zu den Punkten II.3.2., II.3.3., sowie II.3.4.8.2. des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 50 Abs. 1 und 2 FPG erforderlichen Subsumtionen bereits vorwegnehmen.
II.3.4.8.2. Eine im § 50 Abs. 3FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.
II.3.4.9. Die bB erteilte der bP zurecht kein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG, zumal der Aufenthalt der bP nicht gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, dies nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist und die bP auch nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die bP auch nicht glaubhaft machte, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
II.3.4.10. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
II.3.4.11. Da den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, ist eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.
Gem. § 55 Abs. 2 erster Satz FPG ist grundsätzlich Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dass besondere Umstände, welche die bP bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurden nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die hier vorliegenden Umstände gehen letztlich nicht über jene Umstände in relevanter Weise hinaus, wie sie jeden Fremden, welcher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist, betreffen. Auch wurden keine weiteren Umstände und kein entsprechender Ausreisetermin seitens der bP genannt. Aufgrund der gegenwärtigen Situation (Beschränkungen aufgrund der Maßnahmen zur Hintanhaltung der Verbreitung des Coronavirus COVID-19), sowie aufgrund des vom Gesetzgeber in Art. 16 § 1 (1) 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020 normierten Grundsätzen wird anlassbezogen die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen, beginnend mit 1.5.2020 festgesetzt.
Sollte aufgrund geänderter Umstände eine freiwillige Ausreise bis zum genannten Zeitpunkt aus Gründen, welche die bP nicht zu vertreten haben, nicht möglich sein, hätten sie durch eine entsprechende, auf diesen Umstand abzielende Antragstellung bei der bB hierauf zu reagieren
II.3.4.12. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, ist die Beschwerde gegen den entsprechenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
II.3.5. Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in bezug auf bP5
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den Beschluss des VwGH vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die Beschlüsse des VwGH vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
Der Beschluss auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher zurückzuweisen.
II.4. Familienverfahren.
Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung ergingen, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.
II.5. Absehen von der Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung
§ 24 VwGVG lautet:
„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
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1. | der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder | |||||||||
2. | die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. | |||||||||
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Es sie an dieser Stelle nachmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit dieses Staates diesbezügliche Fragen jedenfalls als geklärt anzusehen sind und keiner weiteren Verhandlung bedürfen.
Im gegenständlichen Fall wurde eine Verhandlung durchgeführt und hat sich das ho. Gericht einen persönlichen Eindruck von den bP verschafft. In Bezug auf das nach der Verhandlung durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren wurde schriftliches Parteiengehör gewährt und war die neuerliche Verschaffung eines bereits gewonnenen persönlichen Eindrucks nicht erforderlich. Die Voraussetzungen § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts sind im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur (z. B. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, VwGH 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10) sind in Bezug auf das ergänzende Ermittlungsverfahren erfüllt
Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer nochmaligen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, insbesondere des subsidiären Schutzes im Lichte von Erkrankungen, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.
Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auch die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen.
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
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