BVwG W212 2172074-1

BVwGW212 2172074-122.12.2017

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W212.2172074.1.00

 

Spruch:

W212 2172078-1/2E

 

W212 2172076-1/2E

 

W212 2172075-1/2E

 

W212 2172071-1/2E

 

W212 2172072-1/2E

 

W212 2172073-1/2E

 

W212 2172074-1/2E

 

W212 2172068-1/2E

 

W212 2172069-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 04.09.2017, Zl. Addis Abeba-OB/RECHT/0027/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX ,

3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 5.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 6.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 7.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX 8.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , 9.) mj.

XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Großmutter XXXX , alle StA Somalia, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 08.06.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Somalias und stellten am 03.12.2015 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (in der Folge: "ÖB Addis Abeba") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führten sie aus, die Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, Schwester der minderjährigen Dritt- bis Achtbeschwerdeführer und Tante der minderjährigen Neuntbeschwerdeführerin (Tochter der Viertbeschwerdeführerin), XXXX , geb. XXXX , sei in Österreich seit 04.09.2015 asylberechtigt.

 

1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 10.05.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder einer subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Volljährigkeit der Bezugsperson bereits gegeben sei.

 

1.3. Mit Schreiben vom 15.05.2017, übernommen am 16.05.2017, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson bereits volljährig sei und daher die gesetzliche Eigenschaft als Familienangehörige der Antragsteller nicht mehr gegeben sei. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

 

1.4. In einer Stellungnahme vom 22.05.2017 brachten die Beschwerdeführer vor, dass die Bezugsperson erst ein Jahr nach der Antragstellung der Beschwerdeführer zu einer Einvernahme geladen und ihr mitgeteilt worden sei, dass zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses eine DNA-Analyse erforderlich sei. Diese sei mit finanzieller Unterstützung durch das Rote Kreuz durchgeführt worden und habe Kosten von EUR 3000,- verursacht. Das Gutachten sei dem Bundesamt übermittelt worden. Die Behörde stütze ihre Entscheidung auf das Erkenntnis des VwGH vom 28.01.2016. Obwohl dies keiner weiteren Erläuterung bedürfe und auch für die Rechtslage seit dem 01.06.2016 gelte, könnten die gegenständlichen Anträge nicht ohne weiteres abgelehnt werden, da ein Vorabentscheidungsersuchen am EuGH anhängig sei, das sich mit derselben Problematik beschäftige. Die Behörde habe erst nach einem Jahr über den Status der Bezugsperson entschieden, obwohl die Entscheidung binnen sechs Monaten hätte erfolgen müssen. Die Wiederherstellung des Kontakts zur Familie hätte erst zwei Monate nach Statuszuerkennung erfolgen können und die Organisation der notwendigen Dokumente habe einen Monat gedauert. Diese Umstände hätten seitens der Behörde berücksichtigt werden müssen, andernfalls würde das Einreiseverfahren für Eltern unbegleiteter Minderjähriger zur reinen Glückssache verkommen. Die Vorgangsweise der Behörde mute höchst seltsam an. Die der Bezugsperson verursachten Kosten könnten mangels Einreise der Beschwerdeführer auch nicht rückerstattet werden. Abschließend wurde beantragt, die Einreise zu gewähren, in eventu das Einreiseverfahren bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.

 

1.5. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das BFA teilte dieses am 07.06.2017 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.

 

1.6. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 08.06.2017, zugestellt am 09.06.2017, verweigerte die ÖB Addis Abeba die Erteilung der Einreisetitel gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF mit der Begründung, die Bezugsperson sei volljährig.

 

1.7. Gegen diese Bescheide richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst das Vorbringen in der Stellungnahme vom 22.05.2017 wiederholt wurde. Für die Wahrung des Rechts auf Parteiengehör sei eine Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme angeführten Argumenten erforderlich, die in der Begründung des Bescheids wiederzugeben sei. Eine unterlassene Auseinandersetzung stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, was ein willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste.

 

1.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.09.2017 wies die ÖB Addis Abeba die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

 

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Als alleintragender Grund für die Abweisung der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

 

Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweise sich als ungeeignetes Mittel, um eine Familienzusammenführung herbeizuführen, und sei auf die durch NAG und FPG eröffneten Möglichkeiten zu verweisen. Für eine Aussetzung nach § 38 Abs. 2 AVG bestehe im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung kein Raum und stelle die Frage im Vorabentscheidungsverfahren wegen anders gelagerter Fallgestaltung keine Vorfrage zur Klärung der Hauptfrage dar. Wenn in der Beschwerde mit Verfahrensverzögerung argumentiert werde, so sei dies schon im juristischen Ansatz verfehlt, da dies selbst bei Zutreffen keinesfalls etwas an der anzuwendenden Norm ändern könnte. Für das BFA hätten sich unter Einbeziehung der eingebrachten Stellungnahme keine weiteren bzw. anderen Argumente ergeben, welche für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose sprechen würden. Ein willkürliches Verhalten der Behörde sei aus diesem Grund nicht feststellbar.

 

1.9. Am 13.09.2017 wurde bei der ÖB Addis Abeba ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Darin wurde auf die Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG verwiesen sowie vorgebracht, dass das anhängige Vorabentscheidungsersuchen für den gegenständlichen Fall von grundsätzlicher Relevanz sei.

 

1.10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, eingelangt am 02.10.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführer stellten am 03.12.2015 bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , genannt, welche die Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, Schwester der minderjährigen Dritt- bis Achtbeschwerdeführer und Tante der minderjährigen Neuntbeschwerdeführerin (Tochter der Viertbeschwerdeführerin) und in Österreich seit 04.09.2015 asylberechtigt ist.

 

Die Bezugsperson XXXX wurde am XXXX volljährig.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es sich bei den Antragstellern nicht um Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 handle. Die Bezugsperson sei volljährig.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Alter der Bezugsperson, ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft Addis Abeba und wurden von den beschwerdeführenden Parteien nicht bestritten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

 

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

 

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

 

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

 

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

 

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

 

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

 

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

 

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

 

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

 

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

 

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

 

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

 

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

 

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

 

§ 35 AsylG 2005 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:

 

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen."

 

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

 

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

 

§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:

 

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

 

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

 

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

 

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

 

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

 

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

 

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

 

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

 

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

 

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

 

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

 

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

 

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

 

Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson die in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, Schwester der minderjährigen Dritt- bis Achtbeschwerdeführer und Tante der minderjährigen Neuntbeschwerdeführerin, genannt.

 

Es ergibt sich aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei, dass die angegebene Bezugsperson im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde, nämlich am 08.06.2017, bereits volljährig war. Die Bezugsperson wurde kurz nach der elektronischen Antragstellung durch die Beschwerdeführer am 03.12.2015, nämlich am XXXX , volljährig, womit der Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auch bezüglich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nicht erfüllt ist. Die Dritt- bis Achtbeschwerdeführer als minderjährige Geschwister sowie die Neuntbeschwerdeführerin als Nichte der Bezugsperson werden per definitionem nicht vom Familienbegriff des § 35 Abs. 5 oder des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 erfasst.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung zu Zlen. Ra 2015/21/0230 bis 0231-3 unter anderem mit dem Begriff Familienangehöriger nach § 35 Abs. 5 Asylgesetz näher auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass aus den ErläutRV zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen sei. Auch sehe die RL 2003/86/EG den Nachzug von Aszendenten (insbesondere den Eltern) in ihrem Art. 4 Abs.2 lit. a nur optional vor.

 

Auch der Verfassungsgerichtshof sah in seiner Entscheidung vom 18.9.2015 zu E 360-361/2015-21 keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft der beschwerdeführenden Parteien als Familienangehörige iSd § 35 Abs. 5 AsylG 2005.

 

Diese Judikatur wurde vom VwGH auch in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254) bestätigt.

 

Die Neuregelung des § 35 Abs. 2a AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 kommt gegenständlich aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 24 AsylG 2005 nicht zur Anwendung. Dennoch ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) zu verweisen, in dem dieser festhält:

 

"11 Die Revision verweist zur Stützung ihrer Ansicht auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Neuschaffung des § 35 Abs. 2a AsylG 2005 (RV 996 dB 25. GP, 5 - diese finden sich wortgleich im Gesamtändernden Abänderungsantrag des Innenausschusses, 4/AUA 25. GP, 13, der zudem im Ausschussbericht, AB 1097 dB 25. GP, wörtlich wiedergegeben wurde). Diese lauten:

 

"Abs. 2a: Handelt es sich bei der Bezugsperson um einen unbegleiteten minderjährigen Fremden, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde, sollen im Falle des Familiennachzuges der Eltern des Minderjährigen die zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 (Unterkunftsnachweis, Krankenversicherung sowie feste und regelmäßige Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG) jedoch nicht erfüllt werden müssen. Daher ist vorgesehen, dass in solchen Fällen die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt gelten. Die Minderjährigkeit des zusammenführenden Fremden muss dabei im Zeitpunkt der Antragstellung des Familiennachzugs der Eltern vorliegen."

 

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0230 und 0231, ausführlich unter Einbeziehung der diesbezüglichen Materialien mit der - im Rahmen der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auseinandergesetzt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), Bedacht genommen. Weiters hat er darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof infolge eines anlässlich an ihn herangetragenen Falles offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gehegt hat.

 

Der Verwaltungsgerichtshof ist im genannten Erkenntnis vom 28. Jänner 2016 zum Ergebnis gekommen, dass bei der Beurteilung, ob ein Einreisetitel zu den in § 35 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Zwecken an einen Elternteil eines minderjährigen Kindes auszustellen ist, - vor dem Hintergrund, dass gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 (sowohl in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 als auch danach) nur "Familienangehörige gemäß Abs. 5" den maßgeblichen Antrag stellen "können" - an der Relevanz der in § 35 Abs. 5 AsylG 2005 enthaltenen Definition des "Familienangehörigen" kein Zweifel bestehen kann, und dass ein Verständnis dahingehend, dass bei antragstellenden Eltern bezüglich des Kriteriums der Minderjährigkeit ihres in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz erhalten habenden Kindes auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. insbesondere Pkt. 3 der Entscheidungsgründe des angeführten Erkenntnisses vom 28. Jänner 2016). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof auch mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass eine erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 - sofern man sie überhaupt für möglich erachten würde - dergestalt, dass es im Verfahren nach § 35 AsylG 2005 auch bei antragstellenden Eltern eines minderjährigen Kindes für die Eigenschaft als "Familienangehöriger" hinsichtlich der Minderjährigkeit auf den Antragszeitpunkt ankomme, nicht in Betracht gezogen werden könne.

 

13 Die oben zitierten Erläuterungen vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil eine solche Auffassung mit dem Gesetz - wie im wiederholt zitierten Erkenntnis Ra 2015/21/0230 und 0231 umfassend dargelegt wurde und auf dessen Entscheidungsgründe im Einzelnen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - nicht im Einklang steht. Sollte der Gesetzgeber beabsichtigt haben, insoweit eine Gesetzesänderung herbeizuführen, hat eine solche in der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 keinen Niederschlag gefunden."

 

Wie der VwGH in Ra 2016/18/0253-0254 vom 21.02.2017 weiters ausführte, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn, wie im gegenständliche Fall, den Eltern einer im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG unterliegen würden.

 

Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mitteln, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrer in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Tochter bzw. Schwester zu entsprechen. Sie sind vielmehr auf die anderen, im NAG und FPG eröffneten Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen.

 

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf den in Österreich befindlichen Sohn bzw. Bruder nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

 

In Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist gegenständlich auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen.

 

Soweit von den Beschwerdeführern auf das beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsersuchen zur Frage des Begriffsverständnisses "unbegleiteter Minderjähriger" in Art. 2 lit. f der Richtlinie 2003/86/EG hingewiesen wird und die Beschwerdeführer der Sache nach vertreten, dass die Klärung dieser Frage eine Vorfrage im gegenständlichen Verfahren darstelle, so ist diesem Vorbringen zu entgegnen, dass die Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) zwar die Zusammenführung bestimmter Familienangehöriger fordert, diese aber nicht vorschreibt, in welcher Weise diese Zusammenführung zu normieren ist. Insbesondere geben die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht vor, dass im Rahmen des Familiennachzugs zu Asylberechtigten auch den nachziehenden Familienangehörigen ein asylrechtlicher Status zuteil werden muss. Da die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 in einem asylrechtlichen Kontext nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung darstellt, hat schon aus diesem Grund die Klärung der an den EuGH herangetragenen Rechtsfrage auf das gegenständliche Einreiseverfahren keine unmittelbare Auswirkung und stellt insofern keine Vorfrage dar.

 

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254), denen gleichgelagerte Sachverhalte wie der gegenständliche zugrunde lagen, keine Veranlassung gesehen hat, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

 

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Familienangehörigen von Asylberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 46 NAG ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus" erteilt werden). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

 

Die Vertretungsbehörden im Ausland verfügen auch nur über eingeschränkte Möglichkeiten und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).

 

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 03.12.2015, und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs. 1 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 anzuwenden.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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