BVwG W184 2112510-1

BVwGW184 2112510-112.1.2016

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W184.2112510.1.00

 

Spruch:

W184 2112510-1/2E

W184 2112513-1/2E

W184 2112508-1/2E

W184 2112511-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX, 2.) XXXX, 3.) XXXX, 4.) XXXX, alle StA. Afghanistan, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 19.05.2015, Zl. KONS-1562/2014, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer behauptet, der Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer zu sein. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten am 19.08.2014 bei der österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde Frau XXXX und als letzte Wohnadresse XXXX in der Provinz XXXX angegeben. Neben den Geburtsurkunden der vier Beschwerdeführer wurde auch eine am XXXX in Afghanistan ausgestellte Heiratsurkunde über die am XXXXerfolgte Eheschließung des Erstbeschwerdeführers mit der Bezugsperson vorgelegt.

In der zu diesen Visumsanträgen eingeholten Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2015 betreffend eine Wahrscheinlichkeitsprognose gemäß § 35 AsylG 2005 wurde unter anderem ausgeführt, dass die Bezugsperson bei ihrer Einvernahme am 12.07.2010 angegeben habe, die Zweitbeschwerdeführerin sei 15 Jahre, der Drittbeschwerdeführer 14 Jahre und der Viertbeschwerdeführer 12 Jahre alt. Es bestünden daher starke Zweifel an der Familieneigenschaft. Außerdem habe die Ehe des Erstbeschwerdeführers mit der Bezugsperson noch nicht im Herkunftsstaat bestanden. Im Herkunftsstaat seien unwahre und gefälschte Urkunden jeglichen Inhalts erhältlich. Schließlich habe eine Recherche im Herkunftsstaat ergeben, dass weder die Bezugsperson noch die Beschwerdeführer in der angeblichen Herkunftsregion bekannt seien. Daher sei von einem tatsächlichen Aufenthalt in Pakistan auszugehen, weshalb auch in diesem Staat die Fortsetzung eines Familienlebens möglich wäre. Bei einer neuerlichen Antragstellung wären insbesondere DNA-Untersuchungen und Alterfeststellungsgutachten betreffend die Kinder notwendig.

Aufgrund dieser Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde den Beschwerdeführern mit Schreiben der Botschaft vom 18.04.2015 zusammenfassend zur Kenntnis gebracht, dass die Abweisung der Visumsanträge geplant sei, weil die Fortsetzung des Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson in Pakistan möglich sei und weil die Angaben der Beschwerdeführer zur Angehörigeneigenschaft mehrfach den Angaben der Bezugsperson im Asylverfahren widerspächen.

Die Beschwerdeführer brachten sodann in einer Stellungnahme vom 07.05.2015 vor, dass die Bezugsperson die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers und Mutter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer sei und seit dem Jahr 2013 in Österreich den Status des Asylberechtigten genieße. Die Fortsetzung des Familienlebens in Pakistan sei unmöglich, weil zu diesem Staat kein Bezug bestehe.

Die neuerliche Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2015 zu dieser Stelungnahme der Beschwerdeführer hat denselben Inhalt wie die erste Mitteilung vom 07.04.2015.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 AsylG 2005 abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass laut Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Zuerkennung des internationalen Schutzes nicht wahrscheinlich sei. Denn es sei die Fortsetzung des Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson in Pakistan möglich. Außerdem widerspächen die Angaben der Beschwerdeführer zur Angehörigeneigenschaft mehrfach den Angaben der Bezugsperson im Asylverfahren. Aufgrund der Bindungswirkung dieser Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt. Eine Bindungswirkung der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen gemäß § 35 AsylG 2005 bestehe seit der Einrichtung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr. Zudem müsste § 35 AsylG 2005 im Sinn der Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG ausgelegt werden. Der angefochtene Bescheid lege auch nicht näher dar, inwiefern die Angaben der Beschwerdeführer zur Angehörigeneigenschaft den Angaben der Bezugsperson widersprächen.

Mit einem am 18.08.2015 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres wurde dem Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt. Von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde abgesehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer behauptet, der Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer zu sein. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten am 19.08.2014 bei der österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 betreffend die Bezugsperson XXXX, die sich seit Juli 2010 in Österreich aufhält und seit Dezember 2013 Asylstatus genießt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte mit, dass die Zuerkennung des internationalen Schutzes nicht wahrscheinlich sei.

Es kann nicht festgestellt werden, dass vor der Ausreise der Bezugsperson aus dem Herkunftsstaat Afghanistan eine Ehe nach staatlichem Recht zwischen dieser und dem Erstbeschwerdeführer bestand. Das Alter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Botschaft.

Der Erstbeschwerdeführer hat nicht einmal behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt, dass er vor der Ausreise der Bezugsperson aus dem Herkunftsstaat Afghanistan eine Ehe nach staatlichem Recht, d.

h. einschließlich Ehe-Registrierung, mit dieser geschlossen habe. Die vorgelegte afghanische Heiratsurkunde vom XXXX enthält die an diesem Tag vor dem Obersten Gerichtshof der Provinz XXXX erstatteten Aussagen von drei namentlich genannten Imamen und zwei namentlich genannten Zeugen, wonach die am XXXX, also 31 Jahre davor, erfolgte Eheschließung des Erstbeschwerdeführers mit der Bezugsperson bestätigt werde. Die Beweiskraft derartiger Urkunden ist allerdings gering, weil afghanische Personenstandsurkunden unwahren Inhalts weit verbreitet sind, zumal derartige Dokumente von den Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt werden (z. B. deutsches Auswärtiges Amt, 06.11.2015, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, S. 27).

Das Bundesamt ging zu Recht von der Unglaubwürdigkeit der behaupteten Geburtsdaten der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer aus, weil die Bezugsperson, also deren angebliche Mutter, in ihrem Asylverfahren jeweils ein um mehrere Jahre höheres Alter angegeben hatte. Demnach müssen die vorgelegten Geburtsurkunden der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer unwahren Inhalts sein. Dadurch stellen sich aber die Beschwerdeführer insgesamt als persönlich unglaubwürdig dar, wenn sie zum Zweck der Erschleichung eines Visums und des internationalen Schutzes derartige Urkunden gegenüber einer österreichischen Behörde verwenden, sodass auch das Alter des Viertbeschwerdeführers, der am ehesten noch minderjährig sein könnte, nicht ausreichend geklärt erscheint. Eine Feststellung des Alters der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer müsste daher durch Altersfeststellungsgutachten erfolgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

...

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

...

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

...

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesasylamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht (VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; 17.10.2013, 2013/21/0152; 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinn des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des Bundesasylamtes über die Prognose einer Asylgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Asylgewährung keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesasylamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asylberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Asylantrages zuständige Bundesasylamt die Asylgewährung nicht für wahrscheinlich erachtet.

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson die angebliche Ehefrau des Erstbeschwerdeführers und Mutter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer genannt. Die belangte Behörde führte über diesen Antrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durch und kam aufgrund der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des internationalen Schutzes nicht wahrscheinlich sei, zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Unabhängig von der Bindungswirkung der Mitteilung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl ist aber auch die vorgenommene Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Denn es bestanden wegen mehrerer widersprüchlicher Angaben und bedenklicher Urkunden Zweifel am Alter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer und letztlich an der Familienangehörigkeit aller Beschwerdeführer zur Bezugsperson im Sinn des § 35 Abs. 5 AsylG 2005.

Aber auch bei Wahrunterstellung des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers wäre dieser aus rechtlichen Gründen kein Familienangehöriger im Sinn der Legaldefinition des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, weil die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hat (vgl. auch Art. 9 Abs. 2 Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG):

Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung. Im vorliegenden Fall ist also die Gültigkeit der behaupteten Ehe nach afghanischem Recht zu beurteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches (Madani Qanun) vom 05.01.1977, Amtsblatt der Republik Afghanistan Band 19 (1977) Nr. 353, lauten in der unverändert in Geltung stehenden Stammfassung folgendermaßen:

"Art. 61

(1) Der Eheschließungsvertrag wird in einer öffentlichen Heiratsurkunde von der zuständigen Behörde in drei Kopien ausgefertigt und registriert; das Original wird bei der zuständigen Behörde verwahrt, und jeder der Vertragsparteien wird eine Kopie übergeben. Der Eheschließungsvertrag wird nach der Registrierung der in Art. 46 dieses Gesetzes vorgesehenen zuständigen Personenstandsbehörde mitgeteilt.

(2) Wenn die Registrierung des Eheschließungsvertrages in dieser Weise nicht möglich ist, findet sie in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise statt.

...

Art. 66

Der Eheschließungsvertrag wird in einer einzigen Zusammenkunft durch ausdrückliches Angebot und ausdrückliche Annahme, welche Unverzüglichkeit und Dauerhaftigkeit, aber keine Zeitbegrenzung beinhalten, geschlossen.

...

Art. 77

Für die Ordnungsgemäßheit und Gültigkeit der Eheschließung sind folgende Voraussetzungen erforderlich:

1. Ordnungsgemäße Abgabe von Angebot und Annahme durch die Vertragsparteien oder durch ihre Vormünder bzw. Vertreter,

2. die Anwesenheit zweier geschäftsfähiger Zeugen,

3. das Nichtvorhandensein von dauerhaften oder zeitweiligen Ehehindernissen zwischen den Eheschließenden."

Nach Art. 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist also für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages seine Registrierung vorgeschrieben, und zwar zumindest "in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise". Ohne den Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl. Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S. 16).

In der Praxis registriert allerdings die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung die Eheschließung nicht bei den staatlichen Behörden, weil die Form der Ehe nach islamischem Recht (Scharia-Familienrecht) für alltägliche Angelegenheiten ausreichend ist, sodass in Afghanistan eine gültige Ehe nach staatlichem Recht die Ausnahme darstellt (vgl. Rights & Democracy, A Woman's Place:

Perspectives on Afghanistan's Evolving Legal Framework, 2010, S. 27-36; Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Family Structures and Family Law in Afghanistan - A Report of the Fact-Finding Mission to Afghanistan January-March 2005, S. 19-20).

Soweit die Beschwerdeführer mit dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK argumentieren, in dessen Schutzbereich auch Lebensgemeinschaften fallen, ist zu bemerken, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurde, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen, wie bereits dargelegt wurde.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (vgl. § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG betreffend die Familienzusammenführung mit einem Asylberechtigten). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt.

Eine Verlagerung dieser umfassenden Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Einwanderung nach Österreich - einschließlich der Erfordernisse des Art. 8 EMRK (vgl. VfGH 06.06.2014, B 369/2013; 23.11.2015, E 1510-1511/2015) - vom Verfahren der Einwanderungsbehörde in das relativ formalisierte Verfahren der Vertretungsbehörde im Ausland, in dem es nur um die Erteilung eines Visums mit viermonatiger Gültigkeitsdauer (§ 26 FPG) und nicht um einen Abspruch über den in Betracht kommenden Aufenthaltstitel selbst geht (vgl. VfGH 24.11.2003, B 1701/02), ist nach der dargestellten Rechtslage nicht vorgesehen.

Die Vertretungsbehörden im Ausland verfügen nur über eingeschränkte Möglichkeiten und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).

Die Beschwerdeführer haben aber auch nicht plausibel dargelegt, dass eine Fortführung des Privat- und Familienlebens - nach fünfjähriger Trennung - nicht auch in einem anderen Staat möglich wäre (§ 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005), etwa in Pakistan. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR wird durch die EMRK kein Recht eines Fremden, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort niederzulassen, als solches garantiert. Wo es um die Einwanderung geht, kann nicht angenommen werden, dass Art. 8 EMRK einem Staat eine allgemeine Verpflichtung auferlegt, die Wahl anzuerkennen, welche Ehepaare hinsichtlich eines Landes für ihre eheliche Niederlassung getroffen haben und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben (z. B. EGMR 20.06.2002, 50963/99, Al-Nashif, Rn. 114).

Zur Verfahrensrüge wegen unvollständiger Gewährung des Parteiengehörs wird bemerkt:

Gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG darf eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte. Dieser Vorschrift hat die belangte Behörde entsprochen. Eine Anwendung der Bestimmungen des AVG, etwa des § 45 Abs. 3 AVG in dem durch die Rechtsprechung des VwGH herausgearbeiteten Inhalt, auf das gegenständliche Verfahren der Botschaft ist nicht vorgesehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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