BVwG W226 1215272-5

BVwGW226 1215272-59.1.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W226.1215272.5.00

 

Spruch:

W226 1215272-5/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA DR KONGO, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.11.2015, Zl. 13-790148505-140273592, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.06.2016 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) brachte erstmals am 14.06.1999 einen Antrag auf Asyl ein, wo er angab, den Namen XXXX auch XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger der DR Kongo zu sein.

Im Rahmen seiner Befragungen am 15.07.1999 zu diesem ersten Verfahren gab er zu seinen Fluchtgründen an, den Herkunftsstaat wegen politischer Probleme verlassen zu haben. Im XXXX sei das Militär gekommen, um ihn umzubringen, da er und sein Bruder Mitglieder der MPR gewesen seien. Auf seinen Bruder sei geschossen worden, der BF habe fliehen können.

Da er in seinem Heimatland ein Anhänger bzw. Mitglied der Partei des früheren Präsidenten XXXX gewesen sei, werde er vom nunmehrigen Präsidenten verfolgt.

Am 04.11.1999 wurde aufgrund einer Anfrage an die Grundsatz- und Dublin-Abteilung des Bundesasylamtes mitgeteilt, dass er am XXXX in Frankreich einen Asylantrag gestellt hat, welcher am XXXX erstinstanzlich rechtskräftig negativ abgewiesen wurde.

Der erste Antrag des BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2000, Zl. 09 08.862, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Zugleich wurde die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in die DR KONGO gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt.

Das Bundesasylamt begründete diese Entscheidung dahingehend, dass das individuelle Vorbringen des BF völlig unglaubwürdig sei. Das Bundesasylamt führte diesbezüglich aus, dass der BF nachweislich bereits im Jahr XXXX in Frankreich einen Asylantrag gestellt habe, der im Jahr XXXX negativ beschieden worden sei. Der BF sei mehrfach ermahnt worden, wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen, dazu sei er offensichtlich nicht gewillt gewesen, sodass das Bundesasylamt zum Schluss gekommen ist, dass das gesamte Vorbringen auf einem Konstrukt beruhe.

Eine Berufung des BF gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.01.2000 wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2000, Zl. 215272/0-V/13/00, vollinhaltlich abgewiesen.

Mit 26.08.2000 wurde der BF von seiner Meldeadresse amtlich abgemeldet, da er nach unbekannt verzogen ist.

Am 25.07.2001 wurde über den BF die Schubhaft zwecks Erlassung einer Ausweisung, Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Abschiebung, in Schubhaft genommen. In seinen Befragungen vor Organwaltern der BPD Wien am 27.07.2001, 02.08.2001 und 14.08.2001 bestritt er, sich längere Zeit in Frankreich aufgehalten zu haben.

Es wurde im Übrigen vergeblich versucht, ein Heimreisezertifikat für den BF über die Botschaft der Demokratischen Republik Kongo in Deutschland zu bekommen.

2. Der BF stellte am 04.09.2001 einen Folgeantrag, den er in seiner Befragung am 14.09.2001 zusammengefasst wiederum mit der angeblichen Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 1999 und mit politischen Änderungen im Herkunftsstaat begründete. Er habe Propaganda für XXXX gemacht und könnte deshalb getötet werden. Er bestritt auch neuerlich, in Frankreich gewesen zu sein bzw. dort bereits einen Asylantrag gestellt zu haben.

Dieser Folgeantrag vom 04.09.2001 wurde durch das Bundesasylamt mit Bescheid vom 14.09.2001, Zl. 01 20.277-BAW, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Eine Berufung gegen diesen Bescheid wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 25.10.2001, Zl. 215.272/7-V/13/01, gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Am 05.10.2001 wurde der BF im Hinblick auf die Aussichtslosigkeit bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates aus der Schubhaft entlassen. Weiters wurde festgehalten, dass er nicht bereit sei, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bei der Botschaft der DR Kongo in Deutschland urgiert. Am 29.01.2002 brachte der BF einen Antrag auf Abschiebungsaufschub bei der BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, ein.

Am 30.01.2002 wurde von den deutschen Behörden mitgeteilt, dass der BF am XXXX in Deutschland unter dem Namen XXXX, geb. XXXX, Staatsangehöriger von Angola, einen Asylantrag gestellt habe, welcher bestandskräftig abgelehnt worden sei. Der BF sei am XXXX abgeschoben und am XXXX von den deutschen Behörden national zur Festnahme ausgeschrieben worden.

Er erklärte vor den deutschen Behörden, in Angola Musik gemacht zu haben. Seine Musik habe für eine ganz bestimmte Partei einen ganz bestimmten Hintergrund gehabt. Er habe Musik für die XXXX gemacht, mit der er auch sympathisiere. Er habe daraufhin mit den Leuten von der XXXX Probleme bekommen.

Der BF wurde in der Folge wiederholt in Schubhaft genommen - nämlich im Jahr 2002 und im Jahr 2003 und wurde weiter versucht, über die Botschaft der DR Kongo in Deutschland ein Heimreisezertifikat für den BF zu erlangen.

Im Zuge eines seiner fremdenrechtlichen Verfahren in diesem Zeitraum erklärte er am 28.10.2004 vor der BPD Wien im Zuge einer Einvernahme, dass er eigentlich Staatsbürger der Elfenbeinküste sei.

Am 18.11.2004 wurde gegen den BF ein Aufenthaltsverbot, Zl. XXXX, auf die Dauer von fünf Jahren, unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, erlassen. Eine dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid vom 09.12.2004, Zl. XXXX, von der Sicherheitsdirektion für das Bundeslandes Wien bestandskräftig abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem mit Erkenntnis vom 27.09.2005, Zl. 2005/18/0088-6, als unbegründet abgewiesen.

Infolge einer weiteren Anfrage bei den deutschen Behörden wurde am 12.01.2005 mitgeteilt, dass der BF bei seinem Asylantrag in Deutschland am 08.08.1994 angegeben habe, aus seinem Heimatland Angola nach Russland und dann nach Tschechien geflüchtet zu sein. Er habe seinen angolanischen Personalausweis mit sich geführt, welcher sich im Akt befinde. Er sei aufgrund seiner Angaben von den deutschen Behörden nach Tschechien zurücküberstellt worden.

Es erfolgte ein Ersuchen an die Botschaft der Republik Angola in Wien um Ausstellung eines Heimreisezertifikates.

Der BF wurde im Jahr 2005 neuerlich in Schubhaft genommen. Er wurde am 26.01.2005 vor der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, zwecks Identitätsfeststellung befragt, wo er erklärte, dass sich bezüglich seiner Identität nichts geändert habe. Er erklärte auf Nachfrage, wo seine Dokumente seien, dass er in die Slowakei fahren werde, um seine Dokumente zu suchen. Auf die Frage ob die Dokumente in der Slowakei seien, erklärte er, dass diese nicht dort seien, er aber mit seiner Verlobten alles finden werde. Auf die Frage, wie er heiße, erklärte er, diesen nicht zu nennen, da dieser ohnehin bekannt sei. Er komme aus Afrika, habe nicht mehr zu sagen und bleibe bei seinen Angaben.

Am 11.02.2005 wurden der BF vor der BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, erneut niederschriftlich einvernommen, wo sich nach Einschaltung des Konsuls der angolanischen Botschaft in Wien ergeben habe, dass der BF kein Staatsbürger von Angola sei. Sein angolanischer Personalausweis, den er 1994 in Deutschland verwendet habe, habe sich als Fälschung herausgestellt. Der BF glaube, von der Elfenbeinküste zu kommen. Er habe bis jetzt gelogen, dass er aus dem Kongo komme. Tatsächlich sei er Staatsangehöriger der Elfenbeinküste und laute sein richtiger Name XXXX: Er sei ca. XXXX Jahre alt, habe sein Geburtsdatum aber vergessen. Mehr wolle er nicht sagen.

Noch im Februar 2005 wurde an die Botschaft der Republik Côte d'Ivoire in Wien ein

Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates übermittelt.

Im Jahr 2008 wurde wiederum über den BF die Schubhaft verhängt. Im Zuge seiner Befragung am 18.01.2008 vor der BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, erklärte er zu seiner Identität, aus zwei Staaten zu stammen und zwar aus dem Kongo und der Elfenbeinküste. Früher habe er einen Personalausweis der Elfenbeinküste gehabt. Dieser sei auf den Namen seines Großvaters ausgestellt gewesen. Wiederum wurde die Botschaft der DR Kongo in Deutschland ersucht, ein Heimreisezertifikat für den BF auszustellen.

3. Nachdem der BF im Dezember 2008 neuerlich in Schubhaft genommen wurde, stellte er am 05.02.2009 einen weiteren Folgeantrag (den dritten Antrag) auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. In den vom Bundesasylamt hiezu durchgeführten Einvernahmen am 05.02.2009 und am 17.02.2009 führte der BF aus, dass die gleichen Probleme in der Heimat weiter bestehen würden, die er bereits erzählt habe.

Er sei gegen den gegenwärtigen Präsidenten XXXX, da dieser die Menschen ohne Grund töten lasse. XXXX sei kein Kongolese, sondern stamme aus Ruanda. Dieser habe den Krieg von Ruanda in den Kongo gebracht. Er sei Anhänger des Politikers XXXX, welcher in der Opposition und ein echter Kongolese sei. Für den Fall einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst vor dem Krieg und besonders vor Präsident XXXX und dessen Anhängern. Als Oppositioneller befürchte er bei einer Rückkehr von den Leuten von XXXX getötet zu werden.

Er sei ein Oppositioneller.

Zu seinem Leben in Österreich führte er an, dass er für die Stadt Wien Straßen gekehrt habe. Danach habe er auf der Straße gelebt und nichts getan. Seit dem Jahr 2001 werde er von der Caritas versorgt. Er bekomme Essen, Bekleidung und Taschengeld, das habe für ihn gereicht.

Der BF wurde erneut gefragt, wo er sich in den Jahren 1992 und 1993 aufgehalten habe und schilderte er erneut sein Leben und seine politischen Probleme im Herkunftsstaat.

Erneut wurde dem BF sein Aufenthalt in Frankreich im Jahre 1992 vorgehalten. Hiezu meinte der BF, dass dies nicht stimme.

Dieser Antrag auf internationalen Schutz vom 05.02.2009 wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 23.06.2009, Zl. 09 01.485-BAG, gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen, zugleich wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo gemäß § 8 AsylG 2005 abgewiesen und wurde der BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die DR Kongo ausgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und ergibt sich aus dem umfangreichen Verwaltungsakt, dass in weiterer Folge der Asylgerichtshof das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 AsylG 2005 am 26.03.2012 eingestellt hat.

Das Bundesasylamt übermittelte in weitere Folge mehrfach die Verwaltungsakten an den Asylgerichtshof mit dem Ersuchen um Fortsetzung des Asylverfahrens, worauf der Asylgerichtshof mehrfach unter Hinweis darauf, dass der BF nur über eine Obdachlosenmeldung verfüge, der Meldeverpflichtung jedoch nicht nachgekommen sei und sich somit weiterhin dem Asylverfahren entziehe, diesem Ansinnen nicht nachgekommen ist.

Mit Urteil des BG XXXX vom XXXX (RK 15.12.2014), Zl. XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens nach § 127 StGB, § 15 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 160,00 verurteilt.

4. Am 11.12.2014 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am 13.12.2014 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Dabei erklärte der BF, dass er den Asylantrag aus denselben Gründen wie im Jahr 2009 stelle, eben aufgrund der politischen Situation im Kongo. Er habe keine neuen Gründe. Er habe Angst, von der derzeitigen Regierung verhaftet und getötet zu werden, da er Oppositioneller sei.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte am 12.12.2014 der belangten Behörde schriftlich mit, dass keine Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens - bezogen auf den Asylantrag vom 05.02.2009 möglich sei, da das Bezug habende Verfahren vom Asylgerichtshof bereits am 26.03.2012 eingestellt wurde und eine Fortsetzung des Verfahrens nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr zulässig sei.

In Folge dessen erfolgte die Zulassung zum Verfahren und am 09.04.2015 eine detaillierte Einvernahme des BF zu seinen Fluchtgründen.

Erneut führte der BF aus, keinerlei Beweismittel vorlegen zu können, er halte sich seit 1999 in Österreich auf. Er stelle den Asylantrag mit denselben Gründen wie im Jahr 2009, wegen der politischen Situation in der DR Kongo. Er sei Oppositioneller. Es gebe keine neuen Fluchtgründe, aber er könne unmöglich in die Heimat zurück. Insbesondere im Osten der DR Kongo herrsche immer Krieg.

Der BF wurde erneut zu seiner persönlichen Situation in Österreich befragt, wobei er die Teilnahmen an einem Deutschkurs und regelmäßige Kirchgänge schilderte. Seit März 2012 sei er immer in XXXX gewesen. Er habe hier sehr gelitten und keine Arbeit gehabt. Er werde von der Caritas unterstützt.

Er sei schon 16 Jahr in Österreich und spreche bereits etwas Deutsch. Er habe eine Zeit lang beim Straßenreinigungsdienst in XXXX gearbeitet.

Er sei in keinem Verein Mitglied und auch sonst nicht integriert.

Nach Erörterung von Länderfeststellungen zur DR Kongo mit dem BF erklärte dieser, dass im Osten des Landes Frauen vergewaltigt werden würden.

Mit Bescheid des BFA vom 27.04.2015, Zl. 790148505-140273592, wurde dieser Antrag, ohne in die Sache einzutreten, gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in die DR Kongo gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX (RK 24.08.2015), Zl. XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens nach § 127 StGB, § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten verurteilt.

Gegen den Bescheid des BFA vom 27.04.2015 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, der mit Beschluss des BVwG vom 12.11.2015, Zl. W226 1215272-4/3E, stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass aus dem Bescheid des BFA vom 27.04.2015 nicht erkennbar sei, welche Entscheidung als Vergleichsentscheidung zur Begründung gegenständlicher Entscheidung herangezogen worden sei. Hier komme einzig die Entscheidung des Bundesasylamtes vom 14.01.2000 in Frage, mit dem inhaltlich über den ersten Asylantrag abgesprochen worden sei. Dieser Bescheid aus dem Jahr 2000 könne aber kein Vergleichsbescheid sein, wovon allein aufgrund der verstrichenen Zeit und aufgrund der politischen Ereignisse im Herkunftsstaat auszugehen sei. Es sei demnach jedenfalls eine maßgebliche Sachverhaltsänderung gegeben, die alleine in den allgemeinen politischen Veränderungen - somit losgelöst vom individuellen Vorbringen des BF - einen neuen Sachverhalt bewirken könnte, worauf der BF auch hingewiesen habe.

Das BVwG kam zum Ergebnis, dass das Vorbringen des BF verglichen mit dem Vergleichsverfahren aus dem Jahr 1999 keinesfalls einen identen Sachverhalt im Sinn der rechtlichen Normen aufweise, weshalb der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen - inhaltlichen - Bescheides an das BFA zurückverwiesen wurde.

Das BFA führte mit dem BF am 22.10.2015 eine ausführliche niederschriftliche Befragung durch.

Der BF erklärte dabei, aus der DR Kongo zu kommen. Er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, Angaben im Asylverfahren zu machen. Er habe Zahnschmerzen und nehme dagegen Schmerzmittel.

Er legte eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs bei der Caritas im ersten Halbjahr 2015 sowie eine E-Mail vom 07.08.2015 von XXXX an die Kanzlei XXXX.wien.gv.at bezüglich offener Krankenrechnungen vor.

Weitere Beweismittel habe er nicht vorzulegen. Er habe nie einen Reisepass besessen und besitze keine Identitätsdokumente. Es wäre auch sehr schwierig, sich solche zu besorgen, da seine Familie und Angehörigen bereits verstorben seien.

Er erklärte, XXXX zu heißen, am XXXX in XXXX geboren und Staatsangehöriger der DR Kongo zu sein. Er gehöre der Volksgruppe XXXX an und sei Christ. Seine Muttersprache sei Lingala. Seine letzte Wohnadresse und die Stadt, in der er gelebt habe, habe er bereits vergessen. Er könne lediglich den Stadtteil angeben. Er könne auch nicht angeben, in welchem Zeitraum er dort gelebt habe. Er habe auch vergessen, wann er die DR Kongo verlassen habe. Er wisse auch nicht mehr, ob er vor seiner Ankunft in Österreich die DR Kongo verlassen habe.

Er erklärte auch, nicht zu wissen, ob er schon einmal woanders um Asyl angesucht habe. Auf Vorhalt, wonach er am XXXX einen Antrag in Frankreich gestellt habe, meinte er, es nicht zu wissen. Er erklärte, alles vergessen zu haben. Er lebe seit 16 Jahren in Österreich und habe alles vergessen. Er könne auch nichts dazu sagen, wenn ihm vorgehalten werde, dass er die DR Kongo schon seit mindestens 1992 verlassen habe müssen.

Ihm wurden Mitteilungen der deutschen Behörden vorgehalten, wonach er im Jahr 1994 in Deutschland unter dem Namen XXXX, geb. XXXX, StA:

Angola, aufgetreten sei und einen Asylantrag gestellt habe. Er sei im selben Jahr nach Tschechien abgeschoben werden. Vor den deutschen Behörden habe er angegeben, sein Heimatland Angola mit einem Flugzeug verlassen zu haben. Er sei über XXXX nach Tschechien gereist, wobei er einen falschen Reisepass verwendet habe. Er sei dann weiter nach Deutschland gereist.

Er meinte hiezu, nichts zu wissen und alles vergessen zu haben. Er bekräftigte, Staatsangehöriger der DR Kongo zu sein. Beweis würden seine Sprachkenntnisse sein.

Auf weitere Nachfrage zu seinen Aufenthalten und Verfahren in Frankreich, Tschechien und Deutschland meinte er, schon mehrmals gesagt zu haben, nichts zu wissen. Er habe alles vergessen.

Der BF wurde wiederholt auf die Wahrheits- und Mitwirkungspflicht verwiesen, wobei er sich jeweils damit verantwortete, nichts zu wissen.

Er konnte sich schließlich auch nicht mehr daran erinnern, vor den österreichischen Behörden im Jahr 2004 und 2005 angegeben zu haben, XXXX XXXX zu heißen, sein Geburtsdatum vergessen zu haben und Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) zu sein.

Dem BF wurde schließlich vorgehalten, bewusst zu versuchen, über seine Identität zu täuschen, wobei der BF darin verharrte, aus der DR Kongo zu kommen und den von ihm angegeben Namen zu führen. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er stehe mit niemandem im Herkunftsstaat in Kontakt. Er habe auch in Österreich bzw. Europa keine familiären Anknüpfungspunkte. In Österreich lerne er Deutsch, besuche die Kirche, sehe TV und interessiere er sich für Politik und Fußball.

Sein straffälliges Verhalten in Österreich bezeichnete er als Fehler und meinte, verrückt geworden zu sein, da er im Park geschlafen habe.

Eine Deutsch-Prüfungsbestätigung könne er nicht vorlegen. Er besuche keine Bildungseinrichtung und sei kein Mitglied in einer Organisation oder einem Verein. In seiner Freizeit mache er nichts. Er sei hier nicht beschäftigt, da er die nötigen Papiere hiezu nicht habe.

Zu seinen Lebensumständen in der DR Kongo befragt, meinte er, zehn Jahre lang die Schule besucht zu haben. Er habe eine Lehre als Tischler gemacht und im Kreise seiner Familie gelebt. Wie seine wirtschaftliche Lage gewesen sei, wisse er nicht mehr und erklärte er, wegen seiner politischen Opposition Asyl beantragt zu haben.

Ihm wurden seine Angaben zum Reiseweg aus seiner Befragung am 12.06.1999 wörtlich vorgehalten - im Wesentlichen eine Flugreise - mit dem Hinweis, dass er diese Angaben auch am 15.07.1999 vor dem Bundesasylamt getätigt habe. Er erklärte, diese Angaben würden der Wahrheit entsprechen, was er ganz genau wisse.

Befragt, warum er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, meinte er, dass er dieselben Gründe wie immer schon habe. Er sei aufgrund der politischen Situation in der DR Kongo geflüchtet. Er suche aus Gründen der politischen Opposition in der DR Kongo um Asyl an. Dazu aufgefordert, seine Gründe ausführlich und genau zu schildern, wiederholte er lediglich aus Gründen der politischen Opposition in der DR Kongo um Asyl anzusuchen.

Befragt, wie sich die Lage in der DR Kongo seiner Meinung nach verändert habe, meinte er, dass alle Oppositionellen eingesperrt oder umgebracht werden würden, was er aus dem Fernsehen wisse. Er schaue immer Politik.

Sonstige Fluchtgründe habe er nicht.

Er sei Mitglied einer Partei XXXX aber keiner terroristischen Organisation. Bei dieser Partei sei er, seit er in Österreich sei. Ein konkretes Datum könne er nicht nennen. Befragt, wie er dann in der DR Kongo verfolgt worden sein will, wenn er erst in Österreich bei der Partei XXXX Mitglied geworden sei, meinte er, dass alle Oppositionellen umgebracht werden würden, was er im Fernsehen gesehen habe.

XXXX stehe für die Befreiung der DR Kongo -XXXX.

Befragt, seit wann er Mitglied dieser Partei sei, meinte er, dass er bereits erzählt habe, aus Gründen der politischen Opposition in der Demokratischen Republik Kongo um Asyl anzusuchen. Befragt, ob gegen ihn ein Gerichtsverfahren anhängig sei, meinte er, dass alle Oppositionsmitglieder nunmehr verfolgt werden würden. Nach ihm werde gefahndet, da er ein Oppositioneller sei. Die derzeitige Regierung suche nach ihm, was er im Fernsehen gesehen habe. Sein Name sei nicht genannt worden, würden aber alle Oppositionellen gesucht werden. Festgenommen bzw. in Haft gewesen sei er in Österreich, weil er hier illegal aufhältig gewesen sei.

Auf Nachfrage, die genauen Fluchtgründe 1992 und 1994 zu nennen, meinte er, es nicht mehr zu wissen.

Befragt, wieso er einen neuen Antrag stelle, wo er doch keine neuen Fluchtgründe habe, meinte er, politisches Asyl haben zu wollen.

Er wiederholte dann, in der DR Kongo Oppositioneller zu sein. In dieser Aussage verharrte er auch auf weitere Befragung.

Das BFA hielt dem BF letztlich vor, dass er nicht in der Lage sei, neue Fluchtgründe vorzubringen und sein Vorbringen vollkommen unglaubwürdig erscheine, wobei er daraufhin wiederum ausführte, Oppositioneller in der Demokratischen Republik Kongo zu sein und Asyl zu wollen. Die Lage in seinem Heimatland sei katastrophal. Im Osten des Landes gebe es Krieg.

Auf Nachfrage erklärte er, die XXXX und die XXXX nicht zu kennen. Auf Vorhalt, dass er im Jahr 1994 vor den deutschen Behörden erklärt habe, für die XXXX, für die er auch Musik mache, zu sympathisieren, er habe damals auch angegeben, Probleme mit den Leuten von der XXXX bekommen zu haben, meinte er auf diesen Vorhalt, es nicht zu wissen.

Nach neuen Gründen befragt, die eine Rückkehr unmöglich machen würden, gab er an, als Oppositioneller umgebracht zu werden.

Auf Vorhalt seiner langen Abwesenheit aus dem Herkunftsstaat, aufgrund der nicht wahrscheinlich sei, dass er dort im Fall einer Rückkehr als Oppositioneller erkannt werden würde, meinte er neuerlich, dass er als Oppositioneller in der DR Kongo umgebracht werden würde.

Als Oppositionellem würde ihm auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehen. Aufgrund seiner Antragstellung um politisches Asyl würde er im Herkunftsstaat auch nach all den Jahren als Oppositioneller erkannt werden. Er wisse, dass Personen, die aus dem Ausland in die DR Kongo zurückkehren würden, von der Regierung umgebracht werden würden. Befragt, wie die Regierung in der DR Kongo dies wissen solle, meinte er, die Regierung wisse es, wenn jemand Oppositioneller sei.

Dem BF wurden Länderinformationen zum Herkunftsstaat - insbesondere zum fehlenden Meldesystem und zur Größe - vorgehalten, woraufhin er meinte, die Regierung wisse darüber Bescheid, wer Oppositioneller sei.

Auf weiteren Vorhalten erklärte der BF weiterhin, als Oppositioneller für den Fall einer Rückkehr umgebracht zu werden, ohne weitere Details zu nennen.

Er habe keine weiteren Gründe und ersuche um Schutz durch die österreichische Regierung.

Mit dem BF wurden allgemeine Länderinformationen zur DR Kongo erörtert, woraufhin er meinte, dass es in der DR Kongo keine Sicherheit gebe. Er verzichtete auf Ausfolgung der Länderfeststellungen.

In Österreich werde er unterstützt. Er könne keine sonstigen Gründe nennen, die für seine Integration in Österreich sprechen würden.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 12.11.2015 wurden unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 11.12.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die DR Kongo abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die DR Kongo gemäß § 46 FPG zulässig ist und in Spruchpunkt IV. gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Dem Bescheid wurden aktuelle Länderinformationen zum Herkunftsstaat zugrunde gelegt.

Das BFA stellte die Identität des BF nicht fest. Die Ausreisegründe wurden aus näher dargelegten Gründen als nicht glaubwürdig beurteilt. Insbesondere hielt das BFA fest, dass der BF sowohl was seine Identität als auch was seine Aufenthalte in Europa betrifft, widersprüchliche bzw. offenbar unwahre Angaben getätigt habe.

In den rechtlichen Ausführungen wurde festgehalten, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft machen habe können. Aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen - so auch der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat - keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher im Lichte der GFK zur Gewährung von Asyl führen hätte können.

Zu Spruchteil II. wurde zusammenfassend festgestellt, dass beim BF keine individuellen Umstände vorliegenwürden, die dafür sprechen würden, dass er bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung iSd. Art. 3 EMRK darstellen würde. Auch sonst hätten sich keine Hinweise auf eine Verletzung bzw. Gefährdung iSd. § 8 AsylG 2005 ergeben.

Zu Spruchteil III. wurde im Rahmen der Beurteilung des Privat- und Familienlebens des BF festgehalten, dass ein Eingriff in dieses im konkreten Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt sei und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im konkreten Fall höher zu bewerten sei als private Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.

Es wurde insbesondere ausführlich dargelegt, dass der langjährige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet, nicht durch die österreichischen Behörden, sondern vom BF selbst verursacht worden sei. Der BF habe seine Identität über Jahre verschleiert bzw. widersprüchlich angegeben. Er habe vier unbegründete Anträge gestellt, sei sechs Mal in Schubhaft gewesen und habe sich seiner Außerlandesbringung bewusst entzogen bzw. eine solche verhindert. In Österreich sei er bereits zwei Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten und habe hier keine besonderen privaten oder familiären Interessen dargelegt. Dem BF sei deshalb kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen gewesen und sei mangels Anhaltspunkte auch nicht die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz in Frage gekommen.

Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die DR Kongo zulässig sei, zumal dem BF in der DR Kongo keine Gefährdung drohe, was bereits in Spruchpunkt II. ausführlich geprüft worden sei.

Mangels besonderer Umstände wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 20.11.2015 Beschwerde erhoben und dieser ein handschriftlich verfasstes Schreiben des BF beigefügt, wo er auf seinen 16 Jahre währenden Aufenthalt in Österreich verweist. Er habe bereits für die Stadt Wien gearbeitet und hier einen Asylantrag wegen der Situation im Kongo gestellt. Er habe im Kongo politische Probleme gehabt, da er zur Opposition gehöre. Viele Leute, die zur Opposition gehören, würden ins Gefängnis kommen oder getötet werden.

Er legte die bereits in der Einvernahme erörterten Unterlagen zur Integration vor, weiters eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs.

Mit schriftlicher Eingabe vom 25.01.2016 wurde bekanntgegeben, dass der BF RA XXXX zur Vertretung im Verfahren bevollmächtigt hat.

Zum Beweis der Herkunft des BF aus der DR Kongo wurde beantragt, einen länderkundlichen Sachverständigen und einen geeigneten Sprachsachverständigen dem gegenständlichen Verfahren beizuziehen, eine Stellungnahme von UNHCR und AI einzuholen sowie den BF ergänzend einzuvernehmen.

Das Verfahren sei mangelhaft geblieben. Hätte das BFA die nunmehr beantragten Verfahrensschritte gesetzt, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass der BF aus der DR Kongo stamme, seine Muttersprache Lingala sei, er dort Verfolgung als Oppositioneller ausgesetzt sei und er keine Bindungen zum Herkunftsstaat mehr habe.

Das BFA habe auch die im Beschluss des BVwG vom 09.06.2015 erteilten Aufträge für das weitere Verfahren nicht umgesetzt.

Der BF sei in Österreich gut integriert. Er befinde sich seit dem Jahr 1999 in Österreich. Er sei praktizierender Katholik und sei in der Pfarrgemeinde seines Aufenthaltsortes äußerst gut integriert. Er sei sehr hilfsbereit, habe in der Zwischenzeit die deutsche Sprache gut gelernt und zahlreiche Deutschkurse absolviert. Er habe keine Bindungen mehr zum Herkunftsstaat und würde für den Fall einer Rückkehr in die DR Kongo in eine ausweglose Situation geraten. In Österreich habe er sich hingegen gut integriert und gearbeitet. Er habe sich auch stets um Arbeit bemüht. Eine Abschiebung würde zweifellos einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben und damit eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten.

Die rechtsfreundliche Vertretung übermittelte mit Schriftsatz vom 12.04.2016 weitere Unterlagen zum Nachweis für eine erfolgte Integration des BF. Der BF sei praktizierender Katholik in der Pfarre XXXX. Er sei in die Pfarrgemeinde gut eingebunden. Zum Beweis wurde eine Bestätigung über den regelmäßigen Besuch des Gottesdienstes eines Dechants vom 21.03.2016 in Kopie vorgelegt. Weiter wurde ein Zeitungsbericht über Flüchtling in Kärnten übermittelt. Darin wird über die Unterkunft des BF berichtet und ist der BF im Bericht mit Foto abgebildet.

Bindungen zum Herkunftsstaat habe der BF nicht mehr.

Mit schriftlicher Eingabe vom 20.06.2016 wurde die Einvernahme einer näher bezeichneten Person (Herr XXXX) zum Beweis dafür beantragt, dass der BF aus der DR Kongo stamme und seine Muttersprache Lingala sei.

An der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 21.06.2016 nahmen der BF und ein Rechtsberater des Vereins Menschenrechte Österreich teil. Der Vertreter des BF ist ebenso wie ein Vertreter des BFA nicht erschienen.

Teil nahm auch ein Zeuge (Herr XXXX).

Er legte vor:

* Kurzarztbrief Klinikum XXXX vom 16.06.2016, in dem eine Anpassungsstörung diagnostiziert wird.

* ÖSD Zertifikat A1 vom 16.12.2015;

* Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs für Anfänger bei der Caritas aus Juni 2015 und vom 13.06.2016;

* Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs bei XXXX vom 20.11.2015 und vom 13.06.2016;

* Empfehlungsschreiben der Betreiber des Asylquartiers XXXX vom 13.06.2016;

* Empfehlungsschreiben von Frau XXXX vom 10.06.2016;

* Schreiben eines Architekten vom 13.06.2016, wonach sich der BF an einem Asylwerber-Projekt beteiligte, bei dem Radständer für die Aufenthaltsgemeinde geplant und hergestellt wurden.

Im Übrigen legte er weitere bereits zu einem früheren Zeitpunkt übermittelte und im Verfahrensgang angeführte Unterlagen zu integrativen Aspekten vor.

Zu Herrn XXXX befragt, meinte er, dass dieser der Präsident der Vereinigung der Kongolesen in Österreich sei. Er habe diesen in Österreich kennengelernt. Dessen Vornamen konnte er auf Nachfrage nicht nennen, auch nicht, wann und warum dieser die DR Kongo verlassen habe. Auch konnte er nichts zur Vereinigung der Kongolesen sagen und wollte sich auch nicht mehr erinnern, wann er an Treffen teilgenommen habe.

Der BF wurde zu seinem Gesundheitszustand, seinen Ausreisegründen und seine Integration im Bundesgebiet befragt.

Herr XXXX, der zur Verhandlung mitgekommen ist, hat zum Zeitpunkt seines Aufrufs das Gerichtsgebäude bereits verlassen. Statt diesem wurde ein anderer Zeuge, Herr XXXX namhaft gemacht, der erklärte, seit dem Jahr 2001 in Österreich aufhältig zu sein. Er habe mit dem BF in den Jahren 2003 bis 2006 zusammengewohnt, in den letzten Jahren mit ihm aber weniger Kontakt gehabt. Er erklärte, sich mit dem BF in der gemeinsamen Muttersprache Lingala zu unterhalten. Bei ihren Treffen würden sie über die politische Lage in der DR Kongo sprechen. Irgendwelche Details zum Fluchtvorbringen des BF seien dem Zeugen nicht bekannt, er glaube aber, dass sich der BF aufgrund eines großen Alkoholproblems nicht mehr daran erinnern könne. Ein Bruder des BF soll im Herkunftsstaat gestorben sein, was ein Kongolose, der aus Frankreich nach Wien gekommen sei, erzählt habe. Sie seien damals schockiert gewesen, dass dies der BF nicht gewusst habe.

Über Asylverfahren in anderen Ländern Europas habe der BF dem Zeugen nichts gesagt.

Der BF vermeinte, in Wien gegen XXXX demonstriert zu haben.

Auf Nachfrage, ob es auch andere Gründe, abgesehen seiner politischen Gründe gebe, weshalb er nicht in die DR Kongo zurückkehren könnte, meinte er, sein einziger Grund sei die Politik, "wegen der Opposition".

Zur Integration in Österreich befragt, erklärte er, drei Jahre lang bei der MA48 in Wien Straßen geputzt zu haben. Außerdem habe er Deutschkurse absolviert.

Die anwesende Rechtsberaterin erklärte, dass der BF keine konkrete Arbeitszusage habe.

Verlesen wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur DR Kongo sowie der Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin vom 06.09.2015 zur asylrelevanten Lage in der DR Kongo.

Der BF ersuchte um eine Frist von drei Wochen, damit sein Rechtsanwalt allenfalls zu den Länderberichten und zum Verfahren insgesamt eine Stellungnahme erstatten könne.

Der rechtsfreundliche Vertreter ersuchte am 08.08.2016 um Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 15.09.2016, da eine Besprechung mit dem BF in der Kanzlei des Rechtsvertreters notwendig sei.

In der Folge langte keine schriftliche Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten des BF, beinhaltend die zahlreichen niederschriftlichen Einvernahmen vor den Asylbehörden und der Fremdenpolizei, die Beschwerde vom 20.11.2015 sowie durch die Befragung des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.06.2016, durch Durchsicht der vorgelegten Unterlagen zu integrativen Aspekten und seinem Gesundheitszustand und schließlich durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur DR Kongo sowie in den Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin vom 06.09.2015 zur asylrelevanten Lage in der DR Kongo.

1. Feststellungen:

Feststellungen zum BF:

Der BF ist Staatsangehöriger der DR Kongo und Christ. Die Identität des BF konnte mangels Vorlage entsprechender Dokumente nicht festgestellt werden, wobei der BF im Verlauf seiner mittlerweile vier Asylverfahren auch erklärte, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein und XXXX, geb. unbekannt, zu heißen. In seinem in Deutschland durchgeführten Asylverfahren erklärte er, XXXX zu heißen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Angola zu sein.

Der BF stellte am 14.06.1999 seinen ersten Antrag auf Asyl in Österreich, der noch im Jahr 2001 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Zwei Folgeanträge am 04.09.2001 und am 05.02.2009 wurden ebenso rechtskräftig negativ entschieden. Den verfahrensgegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz stellte er am 11.12.2014.

Der BF hat im Übrigen bereits am 09.11.1992 einen Asylantrag in Frankreich gestellt, der am 02.04.1993 rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Weiters hat der BF am 05.08.1994 in Deutschland einen Asylantrag gestellt, der bestandskräftig abgelehnt und der BF am 10.08.1994 nach Tschechien abgeschoben wurde.

Gegen den BF wurde im November 2004 ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Über den BF wurde während seines jahrelangen Aufenthaltes im Bundesgebiet wiederholt die Schubhaft verhängt. Seine Abschiebung bzw. die Feststellung seiner Identität scheiterten jedoch bislang und konnte aufgrund seiner falschen Identitätsangaben und seine mangelnde Mitwirkungspflicht die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht erwirkt werden.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem BF in der DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Das Vorbringen zu den Verfolgungsgründen im Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft.

Der BF konnte in keiner Weise glaubhaft darlegen, im Herkunftsstaat eine politisch aktive und schon gar nicht eine in hervorgehobener Position für eine Oppositionspartei wahrgenommen zu haben. Auch ist keine aktive exilpolitische Tätigkeit und schon gar nicht in hervorgehobener Position feststellbar.

Die von ihm behaupteten gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlungen waren auch nicht glaubhaft.

XXXX war bis 1997 Präsident der DR Kongo und verstarb im Exil in Marokko im September 1997 infolge einer langjährigen Krebserkrankung. Aus den dem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderinformationen ergibt sich, dass es für Kriegshandlungen, politische Delikte und Meinungsdelikte, die zwischen 1996 und 2003 erfolgten, ein Amnestiegesetz gibt, das Straffreiheit zusichert. Weiters wird in den Länderfeststellungen klar festgehalten, dass die Mitgliedschaft in Auslandsorganisationen kongolesischer Oppositionsparteien oder die Teilnahme an deren Kundgebungen gegen die Regierung allein, zu keiner erkennbaren Gefährdung der betreffenden Person durch die Sicherheitsdienste führt und auch das Stellen eines Asylantrages allein zu keinen staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr führt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die DR Kongo in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der BF an einer dermaßen schweren, und akut lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, welche eine Rückkehr in die DR Kongo iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würde.

Der BF hält sich nach illegaler Einreise seit Juli 1999 durchgehend im Bundesgebiet auf und hat, wie bereits dargelegt, mittlerweile den vierten unbegründeten Antrag auf Asyl gestellt. Seiner Verpflichtung zur Ausreise ist er nicht freiwillig nachgekommen. Er hat auch ein im November 2004 auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot ignoriert und wurde wiederholt in Schubhaft genommen, scheiterte jedoch jeweils die Feststellung seiner Identität bzw. die Abschiebung.

Der BF hat vor den österreichischen Behörden über Jahre hindurch unwahre Angaben zu seiner Identität und seinen Verfolgungsgründen gemacht. Außerdem hat er zu Unrecht bestritten, in den 90er Jahren in Frankreich, Tschechien und Deutschland aufhältig gewesen zu sein. Der BF hat sich vor den deutschen Behörden in seinem Asylverfahren mit gefälschten Dokumenten ausgewiesen.

Auch die Verletzung seiner Mitwirkungspflichten und die Verletzung von Meldepflichten war festzustellen.

Die lange Verfahrensdauer ist demnach nicht durch die belangte Behörde verschuldet, sondern ist diese Folge des Verhaltens des BF selbst.

Der BF weist zwei strafrechtliche Verurteilungen vom 25.09.2013 (RK 15.12.2014) sowie 24.08.2015 (RK 24.08.2015) auf, wobei er jeweils wegen versuchtem Diebstahl zu einer Geldstrafe und einer bedingten Haftstrafe verurteilt wurde.

Der BF lebt in einer Asylunterkunft, in der er sich an Projekten für Asylwerber beteiligt. Er hat Deutschkursbesuchsbestätigungen vorgelegt sowie ein Sprachzertifikat Deutsch A1. Er hat sich im Bundesgebiet sonst nicht aus-, fort- oder weitergebildet. Er ist kein Mitglied in einem Verein und lebt er in Österreich weder in einer Lebensgemeinschaft noch in einer Ehe und gestalten sich seine sozialen Kontakte in Österreich auch nicht so, dass jemand für ihn eine Verpflichtungserklärung abgegeben hat. Der BF ist von Leistungen aus der Grundversorgung abhängig und er konnte nicht darlegen, die Abhängigkeit von staatlichen Leistungen in absehbarer Zeit überwinden zu können. Der BF hat vor Jahren bei der Straßenreinigung für die MA 48 geholfen. Er ist regelmäßiger Kirchgänger.

Dass eine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet erfolgt ist, konnte nicht festgestellt werden.

Es konnte nicht festgestellt werden, ob der BF im Herkunftsstaat über Familienangehörige bzw. Verwandte verfügt.

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des BF:

1. Politische Lage

Die Demokratische Republik Kongo ist eine zentralisierte konstitutionelle Republik (USDOS 27.2.2014). Sie gliedert sich in elf Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen. Das Parlament des Landes gliedert sich in zwei Kammern -Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse. Nach einer Verfassungsänderung im Januar 2011 wurde der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Ferner wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 2 .2015a).

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.11.2011 sind aufgrund von Vorwürfen wegen technischer Mängel, Manipulation und Wahlfälschung umstritten (AA 2 .2015a; vgl. USDOS 27.2.2014). Unter 11 Kandidaten wurde Staatspräsident Joseph Kabila im Amt bestätigt. Auf die fünfhundert Sitze des Parlaments hatten sich annähernd 19.000 Kandidaten beworben. Die "Präsidentielle Mehrheit", ein Parteienbündnis zur Unterstützung von Präsident Kabila, konnte im Parlament eine Mehrheit erringen. Dazu gehören als größte Parteien die von Kabila gegründete PPRD (62 Sitze, vorher 111), deren neugegründete Schwesterpartei PPPD (28 Sitze), der MSR (27 Sitze) sowie die PALU (19 Sitze, vorher 34; sie stellte bisher den Premierminister, Adolphe Muzito). Premierminister ist seit April 2012 Augustin Matata Ponyo Mapon, der der PPRD angehört (AA 2 .2015a).

2015 und 2016 sollen Kommunalwahlen, Provinzwahlen und schließlich auf nationaler Ebene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten werden (AA 2 .2015a). Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind für 2016 vorgesehen (FCO 12.3.2015).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Der kongolesischen Armee (Forces Armées de la République Démocratique du Congo - FARDC) gelang es im Jahr 2013 mit Unterstützung durch die UN-Stabilisierungsmission MONUSCO, die Rebellengruppe Bewegung 23. März (Mouvement du 23-Mars - M23) zu besiegen und aufzulösen. Der Konflikt im Osten der DR Kongo war damit jedoch noch nicht beendet, weil andere bewaffnete Gruppen ihre Operationsgebiete ausweiteten und nach wie vor gegen Zivilpersonen vorgingen (AI 25.2.2015). In den östlichen und nordöstlichen Landesteilen der Demokratischen Republik Kongo ist die Sicherheitslage somit weiterhin angespannt, von Reisen in diese Landesteile wird gänzlich abgeraten. Dies gilt in besonderem Maße für die Provinzen Orientale, Nord- und Süd-Kivu, Maniema (AA 25.3.2015; vgl. BMEIA 25.3.2015; vgl. FD 23.3.2015) und das nördliche Katanga (Tanganyika, Haut-Lomani, nördliches Haut-Katanga) (AA 25.3.2015; vgl. FD 23.3.2015). Im Osten der DR Kongo sind nach wie vor zahlreiche Rebellengruppen (M 23, LRA, FDLR, ADF-Nalu, diverse Mai-Mai-Gruppen etc.) aktiv, die teilweise von der offiziellen Armee des Landes gemeinsam mit den Soldaten der Mission der Vereinten Nationen in der DR Kongo (MONUSCO) bekämpft werden. Es finden daher regelmäßig kriegerische Handlungen in den genannten Gebieten statt (BMEIA 25.3.2015).

In den übrigen Landesteilen, inklusive der Hauptstadt Kinshasa, ist die Lage zwar relativ ruhig (FD 23.3.2015), dennoch besteht ein hohes Sicherheitsrisiko. Nur unbedingt erforderliche Reisen sollten unternommen werden. Unruhen, bzw. bewaffnete Aufstände können schon aus geringen Anlässen jederzeit und im ganzen Land ausbrechen. Oft geht die Polizei bei Demonstrationen scharf gegen die Demonstranten vor (BMEIA 25.3.2015).

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 27.2.2014), ist die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 27.2.2014; vgl. AI 25.2.2015). Im Jahr 2013 führte die Regierung ein Lohnzahlungssystem für Staatsbedienstete ein und Verbesserte damit die Regelmäßigkeit von Lohnzahlungen, Richter sind jedoch weiterhin Einflussnahme und Zwang seitens Beamten und einflussreichen Personen ausgesetzt (USDOS 27.2.2014). Das Justizsystem ist wenig leistungsfähig und leidet unter Ressourcenmangel (AI 25.2.2015). Übermäßig lange Untersuchungshaft, oft für Monate oder Jahre, bleibt ein Problem. Die Verzögerung von Verfahren wurzelt in justizieller Ineffizienz, administrativen Hindernissen, Korruption, finanziellen Engpässen und Personalmangel (USDOS 27.2.2014).

Laut Verfassung ist die Unschuldsvermutung vorgesehen. In der Praxis jedoch werden die meisten Angeklagten für schuldig gehalten und müssen ihre Unschuld beweisen. Obwohl die Regierung eine Rechtsvertretung zulässt, und in manchen Fällen zur Verfügung stellt, haben Anwälte oftmals keinen freien Zugang zu ihren Klienten. Während des Verfahrens haben Angeklagte das Recht auf einen Verteidiger, jedoch wird dieses in der Praxis manchmal missachtet. Gesetzlich ist vorgesehen, dass Angeklagte Zugang zu von der Regierung gehaltenen Beweismitteln gegen sie haben, jedoch wird dieses Recht in der Praxis unregelmäßig gewahrt. Angeklagte üben das Recht Zeugen der Anklage zu konfrontieren und zu befragen und Beweismittel oder Zeugen zu ihrer Verteidigung präsentieren zu können nicht regelmäßig aus, da Zeugen Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben. Angeklagte haben in den meisten Fällen das Recht auf Berufung, außer in Fällen, welche die nationale Sicherheit, bewaffnete Raubüberfälle und Schmuggel betreffen (USDOS 27.2.2014). Die Rechte von Angeklagten werden häufig verletzt (AI 25.2.2015).

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Die kongolesische Nationalpolizei (Police National Congolaise - PNC) untersteht dem Innenministerium. Ihre Hauptaufgabe ist die Durchsetzung der Gesetze sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Zur PNC gehören die "Schnelle Eingreiftruppe" ("Police d'Intervention Rapide" - PIR) und die "integrierte Polizeieinheit". Der nationale Geheimdienst (Agence Nationale de Renseignements - ANR) ist für interne und externe Geheimdienstaufgaben zuständig und untersteht dem nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten. Zu anderen staatlichen Sicherheitskräften zählen die Generaldirektion für Migration (DGM), verantwortlich für die Grenzkontrolle, unter dem Innenministerium sowie die Republikanische Garde (RG) unter der Präsidentschaftskanzlei. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) unterstehen dem Verteidigungsministerium und sind primär für die externe Sicherheit verantwortlich, spielen aber auch eine Rolle im Bereich der inneren Sicherheit (USDOS 27.2.2014).

Teile der staatlichen Sicherheitskräfte sind undiszipliniert und korrupt. Angehörige der PNC und FARDC fordern illegal Bestechungsgelder von Zivilisten an Checkpoints. Straffreiheit ist ein ernstes Problem (USDOS 27.2.2014). Die Straflosigkeit leistet nach wie vor weiteren Menschenrechtsverletzungen und -verstößen Vorschub (AI 25.2.2015). Es gibt jedoch Mechanismen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen, und die Regierung wendet diese Mechanismen vermehrt an, um gegen Korruption vorzugehen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Ein im Jahr 2011 verabschiedetes Gesetz kriminalisiert Folter, dennoch gibt es Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass die Sicherheitskräfte weiterhin Zivilisten, vor allem Häftlinge, foltern, und andere Formen grausamer, unmenschlicher und herabwürdigender Strafen anwenden (USDOS 27.2.2014). Folter und andere Misshandlungen sind im ganzen Land weit verbreitet und werden von den Sicherheitskräften häufig während rechtswidriger Festnahmen und Inhaftierungen angewendet. Es liegen Berichte über einige Todesfälle aufgrund von Folter vor. Sowohl die Polizei als auch Angehörige der Geheimdienste und der Präsidentengarde werden beschuldigt, für Folter und andere Misshandlungen verantwortlich zu sein (AI 25.2.2015). Es gibt einige Berichte, dass Regierungsbehörden gegen die für solche Taten verantwortliche Personen vorgehen (USDOS 27.2.2014). Es gibt Berichte, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte und von Rebellengruppen Zivilisten vergewaltigten, sowohl in der Konfliktzone im Ostkongo als auch anderswo (USDOS 27.2.2014; vgl. AI 25.2.2015).

Quellen:

6. Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, jedoch setzt die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um (USDOS 27.2.2014). Korruption bleibt bei der Regierung und in den Sicherheitskräften weit verbreitet (USDOS 19.4.2013; vgl. FH 23.1.2014). Bestechung ist gängige Praxis bei öffentlichen und privaten Transaktionen, vor allem in den Bereichen öffentliches Beschaffungswesen, Streitschlichtung und Besteuerung (USDOS 27.2.2014). Die DR Kongo lag im Jahr 2014 auf Rang 154 von 174 untersuchten Ländern im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International (TI 2015).

Quellen:

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Es gibt etwa 5.000 registrierte NGOs im Land, jedoch haben diese häufig ein ethnischen und lokalen Themen gewidmetes enges Betätigungsfeld (FH 23.1.2014). Es gibt eine Vielzahl von Vereinigungen und NGO's im Großraum Kinshasa und anderen Großstädten. Sie arbeiten in den Bereichen Unterstützung vergewaltigter Frauen, Waisen, Straßenkinder und alleinerziehender Mütter (IOM 10.2014). Die Sicherheitskräfte belästigen, schlagen und inhaftieren willkürlich lokale Menschenrechtsaktivisten und schüchtern diese ein. Lokale Menschenrechtsgruppen sind dann besonders vulnerabel in Bezug auf Belästigungen, willkürliche Verhaftungen und andere Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte, wenn sie über Opfer von Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte berichten, diese unterstützen oder über die illegale Ausbeutung der Ressourcen im Osten der DR Kongo berichten (USDOS 27.2.2014). Die Regierung kooperiert mit internationalen NGOs und der UNO und gestattet diesen den Zugang zu Konfliktgebieten. Berichterstatter sowie Entwicklungshelfer können dort tätig werden. Die Regierung kooperiert auch mit dem internationalen Strafgerichtshof (International Criminal Court - ICC) und dem Internationalen Strafgericht für Ruanda (International Criminal Tribunal for Rwanda - ICTR) (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

8. Ombudsmann

Obwohl die Regierung ein interministerielles Menschenrechtskomitee organisierte, das auf einer ad-hoc Basis zusammenkommt um high-profile Fälle zu untersuchen, bleibt dessen Effektivität limitiert. Ein Gesetz zur Einrichtung einer Menschenrechtskommission (Commission nationale des droits de l'homme - CNDH) wurde bereits 2013 von Präsident Kabila promulgiert (USDOS 27.2.2014). Mit Stand März 2015 ist die Organisation noch immer nicht funktionsfähig. Die Bestellung ihrer Mitglieder durch das Parlament gestaltet sich langwierig (SC 12.3.2015).

Quellen:

9. Wehrdienst

Zwischen dem Alter von 18 und 45 Jahren muss verpflichtender Militärdienst oder kann freiwilliger Militärdienst geleistet werden (CIA 22.6.2014).

Quellen:

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage ist unbefriedigend. Formal ein Rechtsstaat, werden in Kongo grundlegende Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht gewahrt. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist als äußerst problematisch einzuschätzen: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen (AA 2 .2015a; vgl. USDOS 27.2.2014). Straffreiheit ist ein gravierendes Problem (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

11. Meinungs- und Pressefreiheit

Gesetzlich sind Meinungs- und Pressefreiheit vorgesehen (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014). Üblicherweise können die Bürger die Regierung kritisieren, ohne dafür Repressionen fürchten zu müssen (USDOS 27.2.2014). Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist jedoch eingeschränkt (AI 25.2.2015; vgl. FH 23.1.2014). Insbesondere Kritik an der geplanten Verfassungsänderung wurde drastisch unterdrückt (AI 25.2.2015). Öffentliche Kritik der Regierung in Bereichen Konflikt und Aufstände sowie Verwaltung natürlicher Ressourcen und Korruption führte fallweise zu harten Repressionen (USDOS 27.2.2014). Es gibt Berichte, dass Sicherheitskräfte Journalisten, die Regierungsbeamte kritisieren, bedrohen, inhaftieren und attackieren (FH 23.1.2014).

Ein großes und aktives privates Pressewesen (sowohl für als auch gegen die Regierung) ist im ganzen Land tätig. Die Regierung erteilte einer großen Anzahl an Tageszeitungen eine Lizenz (USDOS 27.2.2014). Das Radio ist jedoch das dominante Medium im Land. Zeitungen bleiben vorwiegend auf die Städte beschränkt. Der Inhalt privater Fernseh- und Radiostationen ist teilweise eingeschränkt, in städtischen Regionen gibt es eine zunehmend lebhafte politische Debatte. Der Internetzugang wird nicht überwacht (FH 23.1.2014).

Quellen:

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich gewährleistet, wird aber in der Praxis von der Regierung eingeschränkt. Öffentliche Veranstaltungen müssen vorab bei den lokalen Behörden registriert werden (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014). Friedliche Zusammenkünfte und Demonstrationen werden routinemäßig verboten oder von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst (AI 25.2.2015).

Die Vereinigungsfreiheit ist gesetzlich gewährleistet (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014), das Recht ist in der Praxis jedoch eingeschränkt (FH 23.1.2014).

Quellen:

12.1. Opposition

Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.11.2011 wurde die UDPS von Etienne Tshisekedi mit 41 Sitzen stärkste Oppositionspartei; die Wahlen 2006 hatte sie boykottiert und war deshalb bisher nicht im Parlament vertreten. Tshisekedi hat sich zum eigentlich gewählten Präsidenten und die Parlamentswahlen für ungültig erklärt. Der MLC des in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in Untersuchungshaft sitzenden Jean-Pierre Bemba, bisher mit 64 Sitzen stärkste Oppositionspartei, erhielt 22 Sitze. Die neugegründete Partei UNC von Vital Kamerhe konnte 17 Sitze erringen, die von Senatspräsident Kengo wa Dondo vier. Parteien repräsentieren im Kongo nicht in erster Linie politische Strömungen, sondern spiegeln vor allem regionale und ethnische Loyalitäten wider (AA 2 .2015a).

Besonders Angehörige der politischen Opposition, Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen und Journalisten sahen sich im Jahr 2014 Repressalien ausgesetzt. Einige wurden festgenommen und misshandelt, andere nach unfairen Verfahren, die auf konstruierten Anklagen beruhten, inhaftiert (AI 25.2.2015).

Quellen:

13. Haftbedingungen

Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen bleiben weiterhin hart und lebensbedrohend (USDOS 27.2.2014). Das Strafvollzugssystem ist weiterhin unterfinanziert (USDOS 27.2.2014; vgl. AI 25.2.2015). Die meisten Gefängnisse sind personell unterbesetzt, unterversorgt und überbelegt (USDOS 27.2.2014). Die Untersuchungshäftlinge und verurteilten Straftäter sind in maroden Gebäuden untergebracht, und es herrschen Überbelegung und unhygienische Zustände. Viele Inhaftierte sterben infolge von Mangelernährung oder weil sie keine angemessene medizinische Versorgung erhalten (AI 25.2.2015; vgl. USDOS 27.2.2014)

In den meisten Fällen erlaubt die Regierung dem Roten Kreuz, der UN-Mission MONUSCO und NGOs den Zugang zu offiziellen Haftanstalten. Zugang zu illegalen, von der Regierung betriebenen Haftanstalten wird nicht gewährt (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

14. Todesstrafe

Die Todesstrafe ist nicht abgeschafft (AA 2 .2015a), wird aber nicht vollzogen (AA 10 .2015a; vgl. AI k.D.).

Quellen:

15. Religionsfreiheit

Die Verfassung und andere Gesetze schützen die Religionsfreiheit und die Regierung respektiert die Religionsfreiheit auch in der Praxis. Obwohl sich religiöse Gruppen bei der Regierung registrieren lassen müssen, operieren nicht-registrierte Gruppen ungehindert (USDOS 28.7.2014; FH 1.2013). Es gibt keine Berichte von gesellschaftlichen Verletzungen oder Diskriminierungen aufgrund von Religionszugehörigkeit, des Glauben oder der Religionsausübung (USDOS 28.7.2014).

Die Bevölkerung besteht zu 50% aus römisch-katholischen Christen, 35% Protestanten (inklusive Evangelikale), 5% Kimbanguisten (eine christlich inspirierte kongolesische Kirche) und 5% Muslime. Andere religiöse Gruppen sind in kleinerer Zahl präsent. Zu ihnen gehören etwa Zeugen Jehovas, Mormonen, griechisch-orthodoxe Christen und Juden. Der Rest gehört indigenen Religionen an (USDOS 28.7.2014).

Quellen:

16. Ethnische Minderheiten

Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit. Gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund der Ethnizität wird jedoch praktiziert (USDOS 27.2.2014) und ist ein großes Problem (FH 23.1.2014). Darunter fällt auch Diskriminierung bei Bewerbungsgesprächen. Es gibt keine Berichte über Maßnahmen der Regierung, dies zu unterbinden (USDOS 27.2.2014).

Im Land leben zwischen 200.000 und 500.000 Pygmäen (Twa, Baka, Mbuti, Aka, und andere), die als die ursprünglichen Bewohner des Landes gelten (USDOS 27.2.2014). Die Mehrheit der indigenen Bevölkerung nimmt aufgrund ethnischer Diskriminierung und mangelndem Zugang zu entsprechenden Institutionen in ländlichen Gegenden nicht am politischen Prozess teil (FH 23.1.2014; vgl. USDOS 27.2.2014). Gesellschaftliche Diskriminierung ihnen gegenüber ist weit verbreitet, und die Regierung schütze ihre zivilen und politischen Rechte nicht effektiv. Kämpfe im Osten der DR Kongo zwischen Rebellengruppen und Sicherheitskräften führten zur Vertreibung einiger pygmäischer Populationen (USDOS 27.2.2014). In manchen Gegenden werden Pygmäen entführt und versklavt (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014). Ruandisch sprechende Minderheiten in den Kivu Provinzen sind seit Jahrzenten Opfer von Gewalt und Hassreden (FH 23.1.2015).

Quellen:

17. Bewegungsfreiheit

Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014), Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet (USDOS 27.2.2014). Die Regierung schränkt diese Rechte manchmal ein. Sicherheitskräfte - und in einem größeren Ausmaß Rebellengruppen - richten Checkpoints auf Straßen, Häfen, Flughäfen und Märkten ein, und belästigen routinemäßig Zivilisten bzw. fordern Geld. Die Regierung unterwirft Reisende Immigrationsprozeduren bei Inlandsreisen am Flughafen, in Häfen, und beim Verlassen oder Betreten von Städten (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 23.1.2014). Aufgrund des unzulänglichen Verwaltungssystems kommt es oft zu Unregelmäßigkeiten bei der Ausstellung von Reisepässen. Beamte akzeptieren regelmäßig Bestechungsgelder, um die Ausstellung zu beschleunigen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

18. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die Niederschlagung der bewaffneten Gruppe M23 im Jahr 2013 ermöglichte die schrittweise Schließung von Lagern für Binnenflüchtlinge im Umkreis der Stadt Goma. Aufgrund der zunehmenden Gewalt gegen Zivilpersonen durch andere bewaffnete Gruppen mussten jedoch neue Lager für Personen errichtet werden, die vor Menschenrechtsverstößen flohen. Zum 17.12.2014 betrug die Zahl der Binnenflüchtlinge ungefähr 2,7 Mio. Menschen. Die meisten Vertreibungen wurden durch die bewaffneten Konflikte in den Provinzen Nordkivu, Südkivu sowie im Norden Katangas und im Distrikt Ituri ausgelöst (AI 25.2.2015).

Quellen:

19. Grundversorgung/Wirtschaft

Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land. Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Trotz starker Wachstumsraten in den letzten Jahren - der Internationale Währungsfonds prognostiziert 8,7 Prozent im Jahr 2014 - leben weite Teile der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Im "Index für menschliche Entwicklung" der Vereinten Nationen belegte die Demokratische Republik Kongo im Jahr 2014 den vorletzten Platz (AA 2 .2015b).

Die lokalen Märkte bieten in der Regel alle Grundnahrungsmittel an. Geschäfte und Supermärkte führen immer auch importierte Produkte für den privaten Haushaltsgebrauch. Staatliche Unternehmen liefern Wasser und Strom an Haushalte im ganzen Land, jedoch nur in den städtischen Gebieten. Die Wasserversorgung ist zudem von der Elektrizitätsversorgung abhängig, die aufgrund technischer Probleme nicht regelmäßig gewährleistet ist. In Kinshasa und den größeren Städten in der DR Kongo gibt es eine Vielzahl von Supermärkten, in denen Lebensmittel und Fabrikwaren erhältlich sind (IOM 10.2014).

Es gibt keinen größeren Sektor, der signifikante Beschäftigungsmöglichkeiten bietet, da die meisten Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre geplündert wurden. Darüber hinaus haben Bürgerkriege die Krise noch verstärkt. Neben dem staatlichen Arbeitsamt sind einige private Institutionen, wie z.B. "Job Factory" für das Beschäftigungswesen zuständig. Die wirtschaftliche Aktivität des Landes geht vor allem von kleinen Betrieben und Mikrounternehmen aus. Die Regierung plant eine Erneuerung der Verwaltung mit jungen, qualifizierten Mitarbeitern für eine Stärkung der öffentlichen Verwaltungskapazitäten und deren Modernisierung. UN Agencies und internationale Organisationen sind die Hauptakteure im Beschäftigungssektor, da sie junge qualifizierte Kongolesen landesweit rekrutieren (IOM 10.2014).

Quellen:

20. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind grundsätzlich unzureichend, im Landesinneren katastrophal. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. Behandlungsmöglichkeiten bei akuten Erkrankungen bietet das "Centre Médical de Kinshasa" (CMK), Avenue de Wagenia 168, B.P. 95 86 Kinshasa, Tel.: 00243-89 50

300. Dieses Gesundheitszentrum verfügt auch über eine Notaufnahme, das "Centre Privé d'Urgence" (CPU) (AA 25.3.2015).

Grundsätzlich gibt es in den großen Städten ein städtisches Krankenhaus, private Kliniken und Behandlungszentren für die Bevölkerung. In ländlichen Regionen stehen solche Einrichtungen nicht immer in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Die vorhandene Ausstattung ist häufig bereits mehrere Jahrzehnte alt. Die Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern ist kostengünstiger als in Privatkliniken. Trotzdem stehen diese den Menschen des Landes aufgrund der allgemeinen Armut nur selten zur Verfügung. Patienten mit ernsthaften Gesundheitsproblemen werden an höhere medizinische Einrichtungen überwiesen (IOM 10.2014).

Struktur der medizinischen Versorgung:

Medikamente für die Behandlung einiger Krankheiten (Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, Kinderkrankheiten, HIV) stehen in kleinen medizinischen Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, kleine Behandlungsstationen), Gesundheitszentren, städtischen Krankenhäusern und Fachzentren sowie Spezialkliniken zur Verfügung. Es gibt kein Krankenversicherungssystem in der DR Kongo. Es gibt viele kleine medizinische Einrichtungen (Armenapotheken, medizinische Stationen) in jeder Gemeinde in Kinshasa und in jedem Verwaltungsbezirk in bestimmten Regionen. Große Städte sowie bestimmte Regionen der Verwaltungsbezirke verfügen über je ein städtisches Krankenhaus sowie eine Spezialklinik. Darüber hinaus gibt es in Kinshasa einige öffentliche und private Kliniken (IOM 10.2014).

Quellen:

21. Behandlung nach Rückkehr

Die Mitgliedschaft in Auslandsorganisationen kongolesischer Oppositionsparteien oder die Teilnahme an deren Kundgebungen gegen die Regierung führen zu keiner erkennbaren Gefährdung der betreffenden Person durch die Sicherheitsdienste. Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt hat (AA 6.11.2013). Sofern vor der Rückkehr keine Absprachen oder Vereinbarungen getroffen wurden, sollten Heimkehrer keine finanzielle Unterstützung oder Pensionsleistungen erwarten (IOM 10.2014).

Quellen:

AUSWÄRTIGES AMT Berlin vom 6.September 2015, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo (Stand: August 2015)

Besondere Hinweise zum Lagebericht Demokratische Republik Kongo: Der Bericht beruht vorrangig auf Erkenntnissen, die die deutsche Botschaft Kinshasa im Rahmen ihrer Kontakte und Recherchen (s. Ziffer 4) gewonnen hat. Daneben wurden u.a. folgende Dokumente ausgewertet:

Zusammenfassung

? Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der regulären kongolesischen Armee (FARDC), der Sicherheitsdienste und der Polizei sowie der Rebellengruppen sind vor allem in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu sowie im Norden der ehem. Provinz Katanga (jetzt Prov. Tanganyka) an der Tagesordnung. Die Friedensmission der Vereinten Nationen (MONUSCO) und Beobachter aus der Zivilgesellschaft machen einhellig die FARDC, die Polizei und den Nachrichtendienst für knapp die Hälfte der begangenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich.

? Die Zahl der Binnenflüchtlinge in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu liegt weiterhin bei ca. 800.000. Im ganzen Land gibt es nach Angaben von UNOCHA ca. 2,7 Millionen Binnenflüchtlinge.

? Das Justizsystem arbeitet häufig willkürlich und selektiv. Korruption ist allgegenwärtig. Die Konsequenzen sind gravierende Verletzungen der Verfahrensrechte von Angeklagten sowie die Missachtung der elementaren Rechte von Gefangenen. Einige positive Entwicklungen sind durch die Einrichtung eines Verfassungsgerichts und im Bereich der Militärjustiz zu beobachten.

? Politische Parteien, Nichtregierungsorganisationen und Journalisten, die der Opposition zugerechnet werden, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Ziel ist die Einschüchterung politischer oder publizistischer Kritiker der Regierung, insbesondere während des anstehenden Wahlzyklus (2015-2016).

? Die Lage ethnischer Minderheiten im Vielvölkerstaat Demokratische Republik Kongo (rund 250 ethnische Gruppen) bleibt zum Teil schwierig, eine systematische und zielgerichtete Verfolgung ist jedoch nicht auszumachen.

? Die Religionsfreiheit wird grundsätzlich gewährt.

? Die medizinische Versorgung ist unzureichend. Nur in den größeren Städten steht modernere Medizintechnik zur Verfügung, auf dem Lande ist die Versorgung sehr mangelhaft. Medizinische Leistungen sind teuer, örtliche Versicherungen decken nur eine Grundversorgung ab.

? Allein auf Grund eines Asylantrags oder wegen irregulären Aufenthalts im Ausland werden Rückkehrer nicht strafrechtlich verfolgt. Eine Behelligung durch staatliche Stellen bei der Einreise kann nicht ausgeschlossen werden; dieser Gefahr sind auch normale Reisende ausgesetzt.

? Offizielle Dokumente werden weiterhin häufig gefälscht. Insbesondere gilt dies für Dienst- und Diplomatenpässe, Geschäftseinladungen, Mitgliedsnachweisen in politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, Geburts- und Heiratsurkunden sowie Bescheinigungen über Haftzeiten.

I.Allgemeine politische Lage

1. Überblick

Die Demokratische Republik (DR) Kongo befindet sich weiterhin in einer Übergangsphase. Die gewaltsamen nationalen und internationalen Auseinandersetzungen auf dem Boden des Landes endeten zwar offiziell 2002, jedoch können die Konflikte des Landes auch nach über zehn Jahren nicht als überwunden gelten. Das Land ist unitarisch organisiert. Mit der zum 31.

Juli 2015 offiziell in Kraft gesetzten Dezentralisierung (von 11 auf 26 Provinzen) wird eine Verfassungsvorgabe umgesetzt und eine bürgernähere Verwaltung aufgebaut werden. Die Einrichtung der neuen Provinzialverwaltungen ist jedoch weder personell noch materiell gesichert.

Formell ist der Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie gelungen. Eine rechtsstaatliche Verfassung wurde 2006 verabschiedet. Die Präsidial- und Parlamentswahlen vom November 2011 waren nach der Wahl 2006 die zweiten demokratischen Wahlen seit 1965.

Präsident Joseph Kabila gewann die Wahl mit knapp 50% der Stimmen. Wahlvorbereitung, Wahlkampf und die Wahlen selbst waren von zahlreichen Unregelmäßigen und Fälschungen gekennzeichnet. Die Regierung nutzte ihre Machtstellung aus und setzte den von ihr dominierten Verwaltungsapparat zu Wahlkampfzwecken ein. Die staatlichen Medien berichteten fast ausschließlich über den amtierenden Präsidenten Kabila. Die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union attestierte den Wahlen "einen Mangel an Glaubwürdigkeit". Eine Anfechtung der Präsidentschaftswahlen vor dem Obersten Gerichtshof durch den Präsidentschaftskandidaten Vital Kamerhe wurde abgewiesen, das vorläufige amtliche Endergebnis ohne inhaltliche Prüfung bestätigt. Die formal-institutionellen Verbesserungen (zuletzt Einrichtung eines Verfassungsgerichts im Juli 2014, das 2015 mit ersten Entscheidungen seine Arbeit aufgenommen hat), haben bisher nur überschaubare Fortschritte bei der Bewältigung der enormen Probleme des Landes gebracht. Auch die Menschenrechtskommission konnte 2015 etabliert werden; ihr mangelt es noch an Fachkompetenz und einem institutionellen Unterbau. Politische Spannungen, die auch in verstärkter Sichtbarkeit von Polizei, Geheimdienst und Streitkräften führen, wachsen im Vorfeld des aktuellen Wahlzyklus (Kommunal-, Provinzial-, Parlamentsund Präsidentschaftswahlen von Oktober 2015 bis November 2016).

Ein unbewältigtes politisches Problem sind die gewalttätigen Auseinandersetzungen im Osten des Landes, insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, sowie Teilen der ehem. Provinzen Orientale und im Norden der ehem. Provinz Katanga. Regionen innerhalb dieser Provinzen werden nicht durch die staatlichen Sicherheitskräfte kontrolliert. Die strukturellen Ursachen der Auseinandersetzungen stehen im Zusammenhang mit dem Völkermord in Ruanda und den anschließenden Vertreibungen und Kämpfen auf dem Gebiet der DR Kongo. Bei den andauernden Konflikten handelt es sich um komplexe soziale Auseinandersetzungen um regionale bzw. lokale Vorherrschaft, Zugang zu Land und natürlichen Ressourcen, befeuert von inter-ethnischen Spannungen. Trotz erheblicher natürlicher Ressourcen steht die DR Kongo vor unbewältigten wirtschaftlichen Herausforderungen. Obgleich die DR Kongo hohe Wirtschaftswachstumsraten in den letzten Jahren zu verzeichnen hat, konnten kaum nennenswerte Fortschritte für die breite Bevölkerung erzielt werden. Nicht nur in den Krisengebieten des Landes, sondern auch in den meisten anderen Landesteilen, insbesondere in ländlichen Gegenden, ist das Leben von Armut geprägt. Im Bericht über menschliche Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen ("Human Development Index", HDI des UNDP) belegt die DR Kongo 2014 den vorletzten Platz. In der DR Kongo mit ihren ca. 70 Mio. Einwohnern gibt es schätzungsweise nur 1,5 Mio. formelle Arbeitsplätze, davon über 1 Mio. im schlecht bezahlten öffentlichen Dienst (überwiegend 100 US-Dollar/ Monat oder weniger). Der Bergbausektor (Massenproduktion von Kupfer und Kobalt, wertvolle Mineralien wie Gold, Coltan, andere Erze) der DR Kongo ist hauptverantwortlich für das beachtliche Wirtschaftswachstum (9,1% prognostiziert für 2014 nach 8,7 % im Vorjahr) des Landes, der damit geschaffene Wohlstand wird jedoch nicht breitenwirksam. Die weit verbreitete Korruption und eine vor allem während der Mobutu-Zeit (1965-1997) entwickelte Bereicherungsmentalität der politischen Klasse wirken fort und hemmen Fortschritte in nahezu allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Im "Corruption Perceptions Index 2014" von Transparency International belegt die DR Kongo

Platz 154 von 175. Im "Doing-Business"-Bericht der Weltbank aus dem Jahr 2015 belegt die DR Kongo Platz 184 von 189 Ländern. Lediglich der Mo-Ibrahim-Index zur Regierungsführung in Afrika (2014) verzeichnet für die DR Kongo eine Verbesserung (von Platz 51 auf Platz 47 von 52 Staaten). Im World Press Freedom Index belegt die DR Kongo 2015 Platz 150 von 180.

Neben den staatlichen Streitkräften (Forces Armées de la République Démocratique du Congo, FARDC) sind eine Vielzahl von Milizen bzw. paramilitärischen Verbänden im Osten des Landes aktiv. Ein Hauptakteur, die "Bewegung des 23. März" (Mouvement du 23 Mars, kurz M23), eine Gruppe unter der Führung Tutsi-stämmiger zwischenzeitlicher Offiziere der FARDC, die mit Waffengewalt versuchte, nördliche Teile der Provinz Nord-Kivu unter ihre Kontrolle zu bringen, konnte Ende 2013 durch gemeinsame Anstrengungen der FARDC und der derzeit weltweit größten VN-Friedensmission MONUSCO neutralisiert werden. Die endgültige Demobilisierung der nach Uganda und Ruanda geflüchteten M23-Kämpfer steht noch aus; in den Genuss des 2014 erlassenen kongolesischen Amnestiegesetzes (s. unten II.1.5.) kommt nur ca. ein Drittel der M23-Kämpfer; obwohl Anfang August 2015 erste Rückführungen in die DR Kongo begonnen haben, weigern sich viele der 886 Berechtigten aus Misstrauen in die Zusagen der kongolesischen Behörden zurückzukehren. Die bisher amnestierten M23-Kämpfer und die aus Uganda zurückzuführenden Personen sind im Camp Kamina

untergebracht, nachdem es im Oktober 2014 zu einer erschreckenden Unterversorgung dieses Personenkreises im aufgelösten Camp Kotakoli (ehem. Prov. Equateur) mit ca. 100 Hungertoten gekommen war.

Die Hutu-Miliz "Front Démocratique de la Libération du Rwanda" (FDLR) besteht aus den Resten der ehemaligen ruandischen Armee aus der Zeit vor dem Genozid 1994 und Angehörigen von Milizen, die am Genozid in Ruanda aktiv beteiligt waren. Die Bemühungen, die FDLR durch Gemeinschaftsoperationen von MONUSCO und FARDC zu bekämpfen, sind wegen politischer Differenzen über die Zukunft der VN-Mission in der DR Kongo zum Erliegen gekommen, der Mitte 2014 begonnene Demobilisierungsprozess dieser Miliz ist damit weitgehend stecken geblieben. Zwischen internationaler Gemeinschaft und kongolesischer Regierung umstritten ist die zahlenmäßige Stärke der FDLR: Die Regierung anerkennt nur einen kleinen, wenige Hundert Personen umfassenden Kern, während die internationalen Schätzungen sich auf ca. 1100 Kämpfer belaufen. Die Lebensverhältnisse bereits demobilisierter FDLR-Kämpfer in den Lagern in Kisangani und Kitona sind schlecht (die unzureichende Versorgungslage wird bereits mit der im Camp Kotakoli, s. oben, verglichen), was andere FDLR-Kämpfer und deren Angehörige vom Demobilisierungsprozess abschreckt. Theoretisch könnten die Demobilisierten nach Ruanda zurückkehren, es besteht bei den meisten jedoch die Befürchtung, ebenso wie die FDLR-Führung dort vor Gericht gestellt und bestraft zu werden. Überlegungen über die Aufnahme des Führungszirkels in einen Drittstaat sind zunächst auf Eis gelegt worden.

Ebenfalls aus dem Ausland (Uganda) stammt die in der neuen Provinz Ituri (ehem. Nordöstliches Orientale) und im Norden der Provinz Nord-Kivu operierende Miliz "Allied Democratic Forces-National Army for the Liberation of Uganda" (ADF-NALU). Die Erfolge der FARDC mit MONUSCO-Unterstützung gegen die ADF waren mit hohen Opferzahlen auf beiden Seiten verbunden, konnten die ADF jedoch nicht davon abhalten, zwischen Oktober 2014 und Januar 2015 in der Gegend um Beni zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung zu begehen. Auch wenn die Intensität dieser Gewalttaten leicht nachgelassen hat, besteht die Bedrohung weiterhin. Die Einstellung der systematischen Zusammenarbeit zwischen FARDC und MONUSCO und die Erschöpfung der eingesetzten FARDC-Soldaten hat die endgültige Niederschlagung der ADF bisher verhindert. Die Festnahme der ADF-Führers Jamal Mukulu (in Tansania und dessen anschließende Auslieferung nach Uganda, entgegen den Forderungen der kongolesischen Regierung) hat bisher auf die Schlagkraft der ADF keine signifikanten Auswirkungen gehabt.

Die Gruppe "Front de Résistance patriotique d'Ituri" (FRPI) hat ebenfalls in der Provinz Ituri ihr Hauptoperationsgebiet. Sie terrorisiert die Zivilbevölkerung, nutzt ethnische Spannungen in der Region vor allem zum Handel mit Gold und Holzkohle. Berichte, dass sie geschlagen sei, haben sich bisher nicht bewahrheitet, auch wenn ihre Kampfkraft 2015 nachgelassen hat. Teils aus Frustration über die erfolglosen Bemühungen der Staatsorgane, Sicherheit zu schaffen, teils aus historischen Gründen aus der Zeit der Bürgerkriege existieren neben den genannten Milizen zahlreiche lokale (kongolesische) bewaffnete Gruppen, die unter dem Sammelbegriff "Maï-Maï" firmieren (meist verbunden mit dem "Kriegsnamen" ihres Anführers: "Maï-Maï Cheka", "Maï-Maï Raia Matuomboki" usw.). Sie säen Unsicherheit aus diversen ethnischen, ökonomischen und (lokal-) politischen Gründen.

Die Frontlinien sind wenig stabil und sich wandelnde Allianzen zwischen einzelnen Gruppierungen verändern die Lage regelmäßig. Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyarwanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer wahlloser Gewalttaten.

Rund 2,7 Mio. Menschen gelten derzeit als binnenvertrieben, der Großteil im Osten und Nordosten des Landes. Flüchtlinge müssen nicht selten ein- bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können. In der DR Kongo befindet sich die derzeit größte VNFriedensmission, MONUSCO, mit über 22.000 Soldaten und Polizisten einschließlich einer "Interventionsbrigade" von 3000 Mann. Der VN-Sicherheitsrat hat das MONUSCO-Mandat mit Resolution 2211 (2015) um ein Jahr verlängert, sieht jetzt aber erstmals eine Ausstiegsstrategie vor. Die Forderungen der kongolesischen Regierung nach einer signifikanten Verringerung der VN-Truppen (zugestanden bisher ca. 1800) behindert derzeit einen effizienten Einsatz der Interventionsbrigade (insb. gegen die FDLR und ADF), die noch beim Kampf gegen die M23-Miliz erfolgreich war.

1.1. Politisches System

Die am 18. Februar 2006 verkündete Verfassung etablierte ein moderates Präsidialregime nach französischen Muster, in dem die Nationalversammlung auf Vorschlag des Präsidenten den Premierminister wählt. Die Abgeordneten werden in freier und geheimer Wahl vom Volk gewählt. Gleiches gilt auch für Mitglieder der Provinzialversammlungen, die ihrerseits die Mitglieder der ersten Kammer des Senats bestimmen. Durch die Verfassung wurden einige föderale Elemente eingeführt, indem etwa die Zahl der Provinzen von 11 auf 26 erhöht wurde und diese eigene Zuständigkeiten im Bereich der Finanzverwaltung erhielten - so dürfen sie insbesondere einen Teil der Steuereinnahmen selbst verwenden und verwalten. Diese Reform wurde - bei scharfer Kritik im In- und Ausland über den Zeitpunkt und die unzureichende Vorbereitung zeitgleich mit der Vorbereitung des Wahlzyklus 2015/16 - zum 31. Juli 2015 umgesetzt. Sie bleibt politisch weiter umstritten. Die für Ende August 2015 vorgesehenen Gouverneurswahlen durch die neu zusammengesetzten, aus den alten Provinzversammlungen hervorgegangenen neuen Provinzparlamente wurden auf den 6. Oktober 2015 verschoben; nach dem gültigen Wahlkalender der "Unabhängigen nationalen Wahlkommission" (Commission Electorale Indépendante, CENI) vom 12. Februar 2015 sollen die Provinzparlamente bereits am 25. Oktober 2015 gewählt werden.

1.2. Parlament

Die Ergebnisse der gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen abgehaltenen Wahlen zur Nationalversammlung wurden am 27. Januar 2012 von der CENI verkündet. Die bisherige Regierungskoalition "Majorité Présidentielle" MP errang deutlich mehr Sitze als ihre Gegner.

Zusammen mit neuen Allianzpartnern kam die größte Regierungspartei "Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie" (PPRD) auf 340 Sitze. Die großen Oppositionsparteien "Union pour la Démocratie et le Progrès Social" (UDPS), "Mouvement de Libération du Congo" (MLC), "Union pour la Nation Congolaise" (UNC), "Rassemblement Congolais pour la Démocratie - Kisangani Mouvement de Libération" (RCD-KML), "Union des Fédéralistes du Congo" (UFC) errangen demgegenüber nur etwa 80 Sitze. 91 Parteien zogen ins Parlament ein. Die meisten der 42 Abgeordneten der oppositionellen UDPS haben ihr Mandat angetreten. Sie wurden von ihrem Parteichef Etienne Tshisekedi aus der UDPS ausgeschlossen, da dieser das Wahlergebnis ablehnt und das Parlament nicht anerkennt. Am 12. April 2012 hat die Nationalversammlung der DR Kongo nach wiederholter Verschiebung ihren Präsidenten und weitere sechs Präsidiumsmitglieder gewählt. Der aktuelle Parlamentspräsident Aubin Minaku gehört zur Präsidentenpartei (PPRD). Aufgrund von Uneinigkeit

unter den Oppositionsparteien konnte die Position des "Sprechers" der parlamentarischen

Opposition immer noch nicht gefüllt werden.

1.3. Regierung

Staatspräsident Joseph Kabila hat am 18. April 2012 Augustin Matata Ponyo Mapon zum Premierminister ernannt. Der bisherige Finanzminister ersetzt Adolphe Muzito, der vom Amt des Premierministers zurückgetreten war, um sein Abgeordnetenmandat annehmen zu können. Die Regierung Matata Ponyo hat sich ein wirtschaftliches und politisches Reformprogramm aufgegeben. Einige konkrete Maßnahmen zur Förderung von guter Regierungsführung konnten umgesetzt werden (Gehaltsüberweisungen im öffentlichen Dienst, beabsichtigte Einführung einer Pensionskasse, makroökonomische Stabilität), andere Vorhaben stocken. Trotz seiner formalen Rolle als Regierungschef ist der Premierminister abhängig vom Präsidenten und seinem Beraterstab, der gerade im Hinblick auf ökonomische Entscheidungen die Prärogative behält. Die starke Stellung, die PM Matata sich seit seiner Wahl im April 2012 erarbeitet hat, konnte er nicht halten: Nach einer alle Parteien und die Zivilgesellschaft einschließenden "nationalen Konzertation" genannten Konferenz 2013 band Staatspräsident Kabila weitere, bisher oppositionelle Abgeordnete in die Regierung ein. Neue, persönlich dem Staatspräsidenten verbundene Minister (u.a. der bisherige PPRD-Generalsekretär Boshab, der jetzt Vizepremier ist und das mächtige Innenressort leitet) schmälerten Matata Ponyos Machtbasis innerhalb des Ministerrats.

1.4. Justizsystem

Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Symptomatisch ist die Absetzung sämtlicher Richter des obersten Gerichtshofs und des obersten Berufungsgerichts durch Präsident Kabila aus politischen Gründen und ihre Ersetzung durch ihm gewogene Richter im Oktober 2008 sowie die Entlassung von weiteren mehreren tausend Justizmitarbeitern im Frühjahr 2010. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert.

Im April 2015 lud Justizminister Thambwe (erstmals seit 1996) Vertreter aller juristischen Berufe zu einer Generalversammlung, die schonungslos - und in Anwesenheit des Staatspräsidenten - den Zustand der Justiz beleuchtet (Korruptionsanfälligkeit, Unterfinanzierung, kaum vorhandene sachliche Ausstattung wie Schreibmaschinen oder Papier). Der nunmehr offiziell festgestellte Mangel deckt sich mit Erkenntnissen des Auswärtigen Amts und nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen. Die Teilnehmer kamen zu dem Ergebnis, dass es noch Jahre dauern werde, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte.

Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg.

Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Taten. Sie ist überlastet, aber nach Einschätzung des Gemeinsamen Menschenrechtsbüros der Friedensmission MONUSCO und des Menschenrechtskommissars und Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sehr bemüht, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) wirksam zu bekämpfen. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als in der Ziviljustiz.

Im Hinblick auf die Aufarbeitung von schwersten Völkerrechtsverbrechen in der DR Kongo besteht eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Am 06. Oktober 2004 haben der IStGH und die DR Kongo ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Untersuchung von nach dem 01. Juli 2002 begangenen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Völkermord unterzeichnet. Derzeit befinden sich vier kongolesische Staatsangehörige im Gewahrsam des IStGH. Dabei handelt es sich um Thomas Lubanga, den Führer der Rebellengruppe "Union des Patriotes Congolais" (UPC), der im März 2012 durch den IStGH verurteilt worden ist, Germaine Katanga, Anführer der Streitkräfte für Patriotischen Widerstand in Ituri (FRUPI) und Jean-Pierre Bemba, der Gegenkandidat von Staatspräsident Kabila bei den Präsidentschaftswahlen 2006. Im April 2013 wurde darüber hinaus ein Anführer der Rebellengruppe M23 (und vormals des "Congrès national pour la défense du peuple"), Bosco N'taganda, nach Den Haag überstellt. Mathieu Ngudjolo, Anführer der Rebellen-bewegung "Front des nationalistes et intégrationnistes" (FNI) wurde am 18. Dezember 2012 freigesprochen.

2. Betätigungsmöglichkeiten von Menschenrechtsorganisationen

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Die Zivilgesellschaft wird sich der Bedeutung des Schutzes der Menschenrechte, zumindest in den größeren Städten, immer bewusster. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der unabhängigen Presse Rückhalt. Allerdings sind ihre Mitglieder bei konkreten Recherchen, die Regierungsmitglieder oder andere Mitglieder der kongolesischen Machtelite betreffen, Bedrohungen und Einschüchterungen ausgesetzt. Morddrohungen und Einschüchterungsversuche (z.B. durch vorläufige Verhaftungen) gegen Menschenrechtsverteidiger sind verbreitet. Im Zuge der Vorbereitung des Wahlzyklus 2015/16 und nach der "Protestwoche" gegen ein neues Wahlgesetz (19. bis 25. Januar 2015) zeigte insbesondere der Geheimdienst ("Agence Nationale de Renseignements", ANR) erhöhte Nervosität. Die Überwachung von Menschenrechtsorganisationen hat sich erheblich verstärkt, Veranstaltungen werden zuweilen aufgelöst und Teilnehmer festgenommen (Gruppen Filimbi und LUCHA). Ein herausragender und bis heute nicht abgeschlossener Fall ist der des Menschenrechtlers Floribert Chebeya, Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation "Voix des Sans Voix". Er wurde am 02. Juni 2010 tot in Kinshasa aufgefunden und scheint während eines Besuches bei der Polizei von Kinshasa einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen zu sein. Hochrangige Polizeioffiziere wurden in diesem Fall vor ein Militärgericht gestellt und am 23. Juni 2011 zum Tode verurteilt. Kongolesische NROs interpretieren den Fall als einen Auftragsmord an einem prominenten Menschenrechts-Verteidiger. Die politische Verantwortung für Chebeyas Tod sehen sie beim damaligen nationalen Polizeichef John Numbi, der zwar von seinem Posten suspendiert, jedoch nie angeklagt wurde. Der Berufungsprozess dauert noch an. Eine Verurteilung Numbis, der eng mit dem Machtapparat des Präsidenten Kabila verflochten ist, gilt als sehr unwahrscheinlich.

3. Rolle und Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden und des Militärs

3.1. Polizei

Formell hauptverantwortlich für die öffentliche Sicherheit ist die nationale Polizei des Kongo ("Police Nationale Congolaise", PNC), die dem Innenminister unterstellt ist. De facto werden polizeiliche Aufgaben aber auch von den kongolesischen Streitkräften FARDC (Verteidigungsministerium), der Garde Républicaine (Präsidialamt) und dem Inlandsgeheimdienst ANR (Sicherheitsberater des Staatspräsidenten) übernommen. Die Polizei kann kaum nach rechtsstaatlichen Grundsätzen arbeiten. Die äußerst geringen Bezüge der Polizisten (im Regelfall unter 100 US-Dollar/Monat) werden vor allem in der Provinz noch nicht vollständig per Banktransfer ausgezahlt. Die grundsätzlich eingeführte Auszahlung der Gehälter per Banküberweisung verspricht jedoch Verbesserung in dieser Hinsicht, denn so soll die Veruntreuung von Gehaltszahlungen durch Vorgesetzte verhindert werden. Wie in anderen Behörden auch, wird bei der Polizei das Einkommen im Außendienst und im Besucherverkehr durch "Nebeneinnahmen", also Korruption, sichergestellt. Ein Teil dieser "Einnahmen" ist in der Regel bei der übergeordneten Stelle abzuliefern, die über die Vergabe der einträglichen Posten befindet. Die Regierung hat sich dazu bekannt, im Rahmen der beabsichtigten Reform des Sicherheitssektors (Polizei, Streitkräfte, Justiz) und in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft den gesamten Polizeisektor einer Reform zu unterziehen. Die im September 2014 ausgelaufene EU-Polizeimission EUPOL hat dazu einen Beitrag geleistet. Die im Alltag weiterhin sehr spürbare Korruption der Polizei wird sich nur durch eine deutliche Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen bekämpfen lassen. Davon ist man noch weit entfernt.

Im November 2013 führte die PNC die Operation "Likofi" (Faustschlag) gegen das organisierte Bandenwesen im Land durch. Die Polizei agierte mit Härte, in Kinshasa kamen ca. 350 Beschuldigte in Untersuchungshaft. Meldungen von Presse- und Menschenrechtsorganisationen zufolge gab es mehrere Dutzend Fälle von extralegalen Tötungen und Verschwindenlassen.

Das Menschenrechts-Büro der Vereinten Nationen zählte im ersten Halbjahr 2015 1481 Menschenrechts-Verletzungen auf dem Territorium der DR Kongo, die Sicherheitskräfte (PNC, FARDC, ANR) seien für 45% dieser Verletzungen verantwortlich gewesen (dabei wurden 1648 Menschen betroffen von insgesamt ca. 4700). Darunter fielen 125 Fälle außerlegaler Hinrichtungen mit 171 Opfern. Die Zahl der betroffenen Menschen, die unter Polizeigewalt litten, lag mit 1071 zwar höher als die Opfer von Gewalttaten der Streitkräfte (489), jedoch gingen insgesamt 317 Menschenrechtsverletzungen auf das Konto der Streitkräfte, 303 auf das der Polizei. Auch wenn der Schwerpunkt der massiven Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Organe erneut in den Ostprovinzen lag, zeigte sich im Westen der DR Kongo ein signifikanter Anstieg der Menschenrechtsverletzungen (72 im Vergleich zu 53 im Vorjahreszeitraum), vor allem durch Polizei und ANR im Zusammenhang mit den Vorbereitungen auf den Wahlzyklus (vor allem Verstöße gegen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit).

3.2. Militär

Die kongolesischen Streitkräfte ("Forces Armées de la République Démocratique du Congo", FARDC) sind zwar zahlenmäßig stark (ca. 130 000 Mann), aber aufgrund fehlender Ausbildung, mangelhafter Bezahlung, unzureichender Ausstattung und schwachen Führungs- und Kommandostrukturen nicht in der Lage, den konsequenten Durchgriff des kongolesischen Staates in den Unruheprovinzen im Osten des Landes zu gewährleisten.

Teil der Friedensschlüsse von 2002 und 2009 war die Integration vieler vormals verfeindeter Milizen in die FARDC; in den letzten Jahren hat die Integration ("brassage") von ca. 50 bewaffneten Gruppen stattgefunden. Teile der ab März 2009 zu integrierenden Milizen verweigerten die Kooperation ganz oder haben sich enttäuscht de facto wieder aus der FARDC gelöst, um wie zuvor Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung zu begehen und sie auszuplündern (z.B. die ehem. Miliz M23 oder ihre Vorgängerin CNDP). Immer noch verlangen Mitglieder bewaffnete Gruppen im Gegenzug zu ihrer Kapitulation die Aufnahme in die Streitkräfte, meist in dem militärischen Rang, den sie in der bewaffneten Gruppe innehaben (d.h. eine ohne geregelte Ausbildung durchlaufen zu haben) und häufig auch unter der Bedingung, als geschlossener Verband (d.h. die Loyalität wird gegenüber den bisherigen Bandenchefs, diesmal in der Position militärischer Führer, weiterhin ausgeübt).

Der kongolesischen Armee werden innerhalb der Sicherheitskräfte die meisten Menschenrechtsverletzungen in der DR Kongo zugeschrieben. Insbesondere im Osten des Landes kommt die Armee ihrem Schutzauftrag gegenüber der Zivilbevölkerung nicht nach. Im Gegenteil fordern gewaltsame Übergriffe auf die Zivilbevölkerung sowie der Einsatz von Waffengewalt gegen Rebellengruppen ohne Rücksicht auf Zivilisten regelmäßig Opfer, auch solche sexualisierter Gewalt (allerdings ohne Häufung wie 2012 in der Kleinstadt Minova, wo 135 Fälle dokumentiert worden sind, die jedoch Gegenstand von Strafverfahren sind.

3.3 Sicherheitsdienste

In der DR Kongo sind verschiedene Sicherheitsdienste und -organe tätig, deren Aufgabengebiete sich teilweise gewollt überschneiden. Diese Dienste unterliegen grundsätzlich kaum einer gerichtlichen Kontrolle, bekannt gewordenem Fehlverhalten wird jedoch in Einzelfällen gerichtlich nachgegangen. Eigenmächtiges Vorgehen einzelner Angehöriger der Dienste ist nicht ungewöhnlich; in solchen Fällen setzen sie sich gegen Bestechungsgelder für die persönlichen Interessen Dritter ein, meist in Zivil- und Arbeitsrechtsstreitigkeiten.

Im Sicherheitsbereich gibt es u.a. folgende Institutionen:

II. Asylrelevante Tatsachen

1. Staatliche Repressionen

1.1. Politische Opposition

Politische Parteien können sich betätigen. Im Vorfeld der 2006 durchgeführten Wahlen sind zahlreiche Parteien neu gegründet worden. Zur Parlamentswahl waren insgesamt 213 Parteien angetreten. Auch ehemalige Rebellenbewegungen wie MLC ("Mouvement de Libération du Congo") oder RCD-Goma ("Rassemblement Congolais pour la Démocratie") wurden als Parteien anerkannt und registriert; der Bewegung "Bundu dia Miala" (s. unten) wird die Zulassung als politische Partei durch das Innenministerium allerdings verweigert. Im Vorfeld der Wahlen 2011 hielt die unabhängige Wahlkommission Kontakt zu 278 zugelassenen Parteien. Im Hinblick auf den Wahlzyklus 2015/16 (Lokal-, Provinz- und Parlaments- bzw. Präsidentschaftswahlen) hat die staatliche Wahlbehörde CENI mehr als 400 Parteien registriert.

Die einfache Mitgliedschaft in einer Partei, die sich als Oppositionspartei definiert, zieht keine Repressionsmaßnahmen nach sich. Aktivisten, die sich an Kundgebungen beteiligen und als Wortführer auffallen, riskieren jedoch Inhaftierung und Misshandlung. Meistens, aber nicht immer, ist der Freiheitsentzug nur vorübergehend. Darüber hinaus geschieht es immer wieder, dass tatsächliche oder vermeintliche Gegner des Staatspräsidenten ohne Rechtsgrundlage festgenommen werden. Auch im Parlament vertretene Oppositionspolitiker werden Ziel von Einschüchterungen und Verfolgungen durch kongolesische Gerichte. Zuletzt wurde der Oppositionspolitiker Pierre-Jacques Chalupa wegen Erschleichung der kongolesischen Staatsbürgerschaft zunächst mit ungültigen Dokumenten zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt - ein Vorwurf, der bei ausländischen Beobachtern auf ernste Zweifel stößt - dann aber Anfang 2014 wieder freigelassen).

Der Oppositionspolitiker Eugène Diomi Ndongala wurde im Juni 2012 vom ANR für 100 Tage festgehalten, ohne die Möglichkeit zu bekommen, seine Familie oder einen Anwalt zu kontaktieren oder notwendige ärztliche Versorgung zu erhalten. Er ist in der Zwischenzeit wegen - von ihm und seinen Anhängern bestrittener - Sexualdelikte zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Am 5. August 2014 wurde der prominente Oppositionspolitiker, Parlamentsabgeordnete und Generalsekretär der Partei UNC (Präsident Vital Kamerhe), Jean-Bertrand Ewanga, wegen Äußerungen auf einer Demonstration am Vortag verhaftet. Die Umstände der Verhaftung (Umstellung des Wohnhauses noch in der Nacht, Abführung im Morgengrauen) und der Tatvorwurf (u.a. "Verunglimpfung des Staatschefs") bestätigen eine Politik der Einschränkung bzw. Einschüchterung der Opposition unter der Regierung Kabila. Ewanga wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt und erst am 1. August 2015 freigelassen.

Die Immunität der Abgeordneten ist unter Staatspräsident Kabila von eingeschränkter Bedeutung: seit Anfang 2012 sind bereits 6 Abgeordnete aus mutmaßlich politischen Gründen strafrechtlich verfolgt und teilweise verurteilt worden.

Die größte Oppositionspartei ist die UDPS ("Union pour la Démocratie et pour le Progrès Social") unter ihrem Vorsitzenden Etienne Tshisekedi. Im Vorfeld des Wahlkampfes für die Wahlen im November 2011 konnte die UDPS mehrere Massenveranstaltungen in Kinshasa ohne nennenswerte Behinderungen durch Sicherheitskräfte durchführen. Mobutu-Anhänger sowie das Führungspersonal der Mobutisten-Partei MPR ("Mouvement Populaire de la Révolution") unterliegen keiner gezielten Verfolgung. Behinderungen der Partei des Kabila-Konkurrenten in den Wahlen 2006, Jean-Pierre Bemba ("Mouvement de Libération du Congo", MLC) nach Aufnahme des bisherigen MLC-Generalsekretärs Thomas Luhaka in die Regierung und dessen daraufhin erfolgtem Parteiausschluss im Vorfeld der Kandidatenanmeldung für den Wahlzyklus 2015/16 waren geringfügiger und vorübergehender Natur (Negierung der Rechtmäßigkeit der Amtsübernahme als Generalsekretärin Eve Babazaida durch das Innenministerium). Auch hat Widerstand gegen Überlegungen von Staatspräsident Kabila und/oder seiner engen Gefolgsleute, die Amtszeit des Präsidenten über Dezember 2016 hinaus zu verlängern ("glissement") innerhalb der Regierungskoalition zwar zu Maßregeln und Drohungen geführt; letztlich sind nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts jedoch noch keine tatsächlichen Einschränkungen in der politischen Bewegungsfreiheit der Betroffenen eingetreten (z.B. ehem. Gouverneur der Provinz Katanga, Moïse Katumbi, PPRD, Mitglieder der Koalitionspartei "Mouvement Social pour le Renouveau", MSR).

1.2. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit

Versammlungen und Demonstrationen sind grundsätzlich erlaubt, müssen aber angemeldet werden. Versammlungsverbote können bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgesprochen werden. Dies wird in einzelnen Fällen weit ausgelegt, so zum Beispiel bei der geplanten Kundgebung gegen den Anstieg von Energiepreisen in der damaligen Provinz Bandundu im April 2013 - die Veranstaltung wurde verboten, die Organisatoren verhaftet. In der Vorwahlkampfphase 2011 hat es in der Hauptstadt Kinshasa sowohl friedliche als auch gewalttätige Demonstrationen gegeben. Zeitlich eng befristete Demonstrationsverbote wurden ausgesprochen. Im Zusammenhang mit dem "Gipfel der Frankophonie" im Oktober 2012 wurden Demonstrationen der UDPS verboten. Massive Einschränkungen erlebte die Versammlungsfreiheit im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen zu einer Novelle des Wahlgesetzes im Januar 2015. Bei nicht genehmigten Protestaufzügen griffen die Sicherheitskräfte in Kinshasa, Goma und Bukavu auch mit letalen Waffen gegen Demonstranten und

Plünderer durch. Während die Regierung 23 Tote zählte, vermeldete die NRO "Human Rights Watch" 42 Tote.

Die Vereinigungsfreiheit wird nicht beschränkt, soweit von den Sicherheitsorganen keine vermeintlich staatsfeindlichen Ziele vermutet werden. Insbesondere außerhalb Kinshasas wird häufig neu gegründeten NROs die Zulassung verweigert. Damit werden ihre juristischen Handlungsmöglichkeiten, insbesondere der Zugang zu Gerichten, eingeschränkt. Im März 2015 sprengte die Polizei, unterstützt vom Geheimdienst ANR, eine Versammlung politischer Aktivisten aus der DR Kongo, dem Senegal und Burkina Faso. Die Veranstaltung diente der Sensibilisierung jüngerer Wähler im anstehenden Wahlzyklus und wurde vom Entwicklungsdienst der USA finanziell gefördert. Die ausländischen Teilnehmer wurden nach kurzer Haft abgeschoben, gegen die kongolesischen Teilnehmer der Plattform "Filimbi" (Yves Makwambala) wird hingegen wegen "Anschlags gegen das Staatsoberhaupt, Hochverrats und Landfriedensbruchs" vorgegangen. Zeitgleich wurde in Goma die Plattform "LUCHA" ("Lutte pour le Changement") aufgelöst und deren Protagonist Fred Bauma in Haft genommen (zunächst durch die ANR, die Untersuchungshäftlinge hatten wochenlang keinen Zugang zu Anwälten und erfuhren die ihnen vorgeworfenen Straftaten nicht). Die Strafverfolgungsbehörden ließen das Ergebnis eines Untersuchungsausschusses der Nationalversammlung unbeachtet, das die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Makwambala und Bauma sowie ihre Entlassung aus der Untersuchungshaft verlangt.

Die Medienlandschaft ist vielfältig. Es existiert eine Reihe von privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie Printmedien. Zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen werden veröffentlicht (allein in Kinshasa ca. 15-20). Neben dem staatlichen Sender "Radio Télévision Nationale Congolaise" (RTNC) mit vier Programmen gibt es viele private Fernsehstationen. Auch unterhalten die katholische Kirche ("Radio Elikya") sowie diverse Frei- und Erweckungskirchen und die Kimbanguistengemeinde eigene Fernsehsender. "Radio France Internationale" und die BBC senden von Kinshasa aus. Im Zuge der Unruhen im Januar 2015 wurden Radio Elikya und weiteren Radiosendern die Sendelizenz entzogen. Erst nach einem Gespräch zwischen Kardinal Monsengwo und Staatspräsident Kabila durfte der Kirchensender wieder ausstrahlen.

Als einziger landesweiter Radiosender operiert das von der MONUSCO und der Stiftung Hirondelle initiierte unabhängige Informationsradio "Radio Okapi".

Der Zugang zum Internet, das auch von Menschenrechtsorganisationen immer wirksamer für die Informationsverbreitung genutzt wird, wird in der Regel nicht behindert. Auch regierungskritische Internetseiten, die kongolesische Oppositionelle im In- und Ausland betreiben, werden nicht gesperrt. Mobiltelefonie und Internet wurden jedoch unmittelbar nach Ausbruch der Januar-Unruhen gesperrt, die Betreiber von der Regierung angewiesen, ihre Sender für gut vier Wochen abzuschalten. Auch nachdem Mobiltelefonie wieder möglich war, blieb das mobile Internet lange Zeit nicht erreichbar, soziale Medien (twitter, facebook, aber auch youtube) konnten erst im März 2015 wieder ans Netz gehen.

Öffentliche, wenn auch gemäßigte Kritik an der Regierung sowie die Thematisierung von Menschenrechtsverletzungen, die durch Regierungsorgane begangen werden, sind - soweit nicht der Staatspräsident betroffen ist, s.u. - möglich und in regierungskritischen Presseorganen auch verbreitet. Die Positionen der politischen Opposition sowie von NROs, Gewerkschaften und Kirchen werden in den Printmedien und privaten Radio- und Fernsehstationen in der Regel vollständig abgedruckt bzw. verlesen. Vor persönlicher Kritik wird nicht zurückgeschreckt, wobei sich jedoch alle Medien gegenüber der Person des Staatspräsidenten, seiner Familie und Entourage bzw. weiterer führender Regierungsmitglieder stark zurückhalten. Im Herbst 2013 wurde einem Mitglied der Nationalversammlung, das sich in einem Radiointerview kritisch über die Person des Staatspräsidenten geäußert haben soll, in einem Eilverfahren die parlamentarische Immunität entzogen; anschließend erfolgte eine Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Landesverrats, ebenso erging es dem Generalsekretär der Oppositionspartei UNC, Ewanga (s. oben II.1.1.).

Die DR Kongo liegt auf der Rangliste 2015 von "Reporter ohne Grenzen" hinsichtlich Pressefreiheit auf Platz 150 von 180. Es gibt gezielte staatliche Behinderungen der Pressefreiheit:

Dabei lassen sich Justiz und Polizei von einflussreichen Persönlichkeiten - nicht nur aus der Regierung, sondern auch aus dem Wirtschaftsleben - instrumentalisieren. Wie in zahlreichen persönlichen Gesprächen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft Kinshasa sowie durch unabhängige Berichte bestätigt, ist ein weiteres Muster der Versuch, einzelne Journalisten, z.B. durch kurzzeitige Inhaftierung und anonyme Morddrohungen, massiv einzuschüchtern. Dies führt oftmals zu einer Selbstzensur.

Medien, die eng mit Oppositionspolitkern verbunden sind, stehen unter der besonderen Beobachtung der Regierung. Dem Fernsehsender RLTV ("Radio Télé Lisanga"), der dem Oppositionspolitiker Tshisekedi nahesteht, wurde wiederholt die Sendelizenz entzogen. Die meist vorübergehende Schließung lokaler Radio- und Fernsehstationen muss nicht zwangsläufig von der Regierung veranlasst worden sein; sie kann auch in der Willkür lokaler Machthaber begründet sein. Als Grund wird z.B. Verleumdung oder ein Verstoß gegen das Pressegesetz geltend gemacht. Die Anklage wegen Rufschädigung wird mit einer hohen Schadensersatzforderung verbunden.

1.3 Minderheiten

Das Verhältnis zur Minderheit der Banyamulenge (verschiedene aus Zentral- und Ost-Afrika in den Kongo eingewanderter Stämme, darunter Tutsi) ist nach wie vor schwierig. Zwar werden innerhalb der kongolesischen Gesellschaft Banyamulenge, die von Hutus häufig mit ruandischen Tutsis gleichgesetzt werden, nicht mehr systematisch diskriminiert. In den beiden Provinzen Nord- und Süd-Kivu bestehen allerdings starke Ressentiments gegen diese Minderheit, die vor allem in Konflikten um traditionelle Landnutzungsrechte zum Ausdruck kommen. In den Auseinandersetzungen in Nord- und Süd-Kivu spielen auch ethnische Dimensionen eine zunehmende Rolle: (angebliche) ethnische Zugehörigkeiten werden zu politischer und militärischer Mobilisierung einzelner Bevölkerungsgruppen eingesetzt.

Ruandophone Minderheiten, oftmals historisch aus Ruanda stammend und die Sprache Kinyarwanda sprechend, werden häufig, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, als nicht-kongolesisch diskriminiert und angefeindet. Hintergrund ist, dass es lange umstritten war, ob auch Tutsi-stämmige Einwohner die kongolesische Staatsangehörigkeit innehaben.

Teilweise waren Tutsi schon vor der Kolonialzeit im Ostkongo ansässig, viele wurden aber erst nach dem ersten Weltkrieg durch die belgische Kolonialmacht aus Ruanda in den Kongo umgesiedelt. Einige kamen sogar erst 1959/1960 als Flüchtlinge in den Kongo. Das inzwischen verabschiedete neue Staatsangehörigkeitsgesetz hat den Zeitpunkt für die Bestimmung der Nationalität von 1885 auf den Tag der Unabhängigkeit des Staates am 30. Juni1960 verlegt, ohne dass sich dadurch die Akzeptanz der Minderheit der Banyamulenge in der Bevölkerung verbessert hätte.

Über diskriminierende Behandlung klagen auch die Pygmäen aus den Provinzen Nord-Kivu und Süd-Kivu bzw. den ehem. Provinzen Equateur und Orientale, die nach eigenen Angaben gegen ihren Willen von Armee und Rebellenbewegungen als Zuträger, Aufklärer oder für sonstige Soldatendienste herangezogen werden. Pygmäen gelten als sozial benachteiligt. NROs, die Pygmäeninteressen vertreten, können frei agieren.

Die Volksgruppe der Mbororo sieht sich zunehmend Marginalisierung und gewalttätigen Angriffen ausgesetzt. Es handelt sich bei den Mbororo um nomadische Rinderzüchter, die sich im Grenzgebiet zwischen der DR Kongo und der Zentralafrikanischen Republik bewegen. Den kongolesischen Streitkräften (FARDC) wird vorgeworfen, seit Sommer 2012 die Mbororo gewaltsam aus dem Gebiet der DR Kongo zu vertreiben. Laut Berichten des Menschenrechtsbüros der Friedensmission MONUSCO kam es dabei zu Erschießungen von Mbororo durch die FARDC sowie zu Plünderungen ihrer Besitztümer.

1.4. Religionsfreiheit

Grundsätzlich ist die Ausübung der Religion nicht eingeschränkt. Allerdings gibt es Aktionen von Sicherheitsorganen in Kirchen oder Pfarrsälen, wenn befürchtet wird, dass dort verbotene politische Veranstaltungen stattfinden. Sowohl in Kinshasa als auch in den Provinzen kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Personen, die der Hexerei beschuldigt werden. Der Hexenglaube ist im Land in allen Bevölkerungsschichten weit verbreitet. Übergriffe geschehen meist durch Privatpersonen und werden von der Polizei nicht geahndet. Opfer sind in der Regel von ihren Eltern wegen des Hexereiverdachts verstoßene Straßenkinder. "Charismatische" und im Grunde auf Gelderwerb angelegte "freie Kirchen" im Land - deren Zahl in Kinshasa allein auf 1500 geschätzt wird - machen sich den Hexenglauben zunutze und befördern ihn noch.

1.5. Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis

Es gibt keine einheitliche Praxis der Strafverfolgung und Strafzumessung. Häftlinge müssen innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt werden, der über die weitere Inhaftierung entscheidet. Diese Vorschrift wird jedoch nur selten befolgt. Justiz und Polizei können von einflussreichen und zahlungskräftigen Personen dazu instrumentalisiert werden, Strafverfahren einzuleiten oder zu verhindern. Die Anstifter werden auch in gravierenden Fällen nicht verfolgt. Sippenhaft ist verboten. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sie in Einzelfällen, insbesondere durch das Militär oder ihm nahe stehende Sicherheitsdienste, praktiziert wird. Im Prozessrecht der DR Kongo ist es möglich, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche durch Strafurteil (i.d.R. Haft) zu erzwingen, wenn sich herausstellt, dass der Anspruch durch deliktisches Handeln des Anspruchsgegners begründet ist (z.B. Betrug, Nötigung u.ä.). Es kommt immer wieder vor, dass solche Vorwürfe konstruiert und durch korrupte Gerichte auf Schadensersatz (und damit Haft) erkannt wird.

Am 15.04.2003 erließ Präsident Kabila ein Amnestiedekret, das für Kriegshandlungen, politische Delikte und Meinungsdelikte, die zwischen dem 02. August 1998 und dem 04. April 2003 begangen worden waren, Straffreiheit zusichert. Ausgenommen sind Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Das am 29. November 2005 verabschiedete Amnestiegesetz für politische Verbrechen (1996-2003) soll dieses Dekret ergänzen und gewährt in Art. 2 Amnestie für Kriegshandlungen ("faits de guerre") sowie politische Verbrechen und Meinungsdelikte ("infractions politiques et d'opinion"). Anfang 2014 trat ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft, das auf Straftaten im Zusammenhang mit verschiedenen Rebellionen im Zeitraum 2006-2013 gemünzt und vor allem für die im November 2013 beendete M23-Rebellion von Bedeutung ist (s. oben I.1.).

1.6. Militärdienst

Es gibt keine allgemeine Wehrpflicht. Desertion kann gem. Art. 45 des Code Pénal Militaire (Militärstrafgesetzbuch) mit dem Tod bestraft werden. In den Unruheprovinzen wird Fahnenflucht strenger kontrolliert und verfolgt. Generell werden Deserteure zur Bewährung wieder an die Front geschickt.

1.7. Exilpolitische Aktivitäten

Viele Exilpolitiker sind im Zuge der politischen Öffnung unter Präsident Joseph Kabila zurückgekehrt, um im Kongo politisch aktiv zu werden. Beispiele hierfür sind Joseph Olenghankoy (FONUS - "Forces Novatrices pour l'Union et la Solidarité"), Etienne Tshisekedi (UDPS - "Union pour la Démocratie et le Progrès Social"), Pierre Pay Pay (CODECO - "Coalition des Démocrates Congolais"), François Lumumba und andere.

Die Regierung misst den exilpolitischen Tätigkeiten ihrer Landsleute in Deutschland, im Vergleich zu denen in Belgien oder Frankreich, grundsätzlich wenig Bedeutung bei, soweit es sich nicht um die Aufforderung bzw. Anstiftung zu Straftaten handelt, die auf ihrem Staatsgebiet begangen werden sollen. Staatspräsident und Regierung zeigen sich in jüngster Vergangenheit jedoch zunehmend über die diesen Gruppen in Europa und Nordamerika eingeräumte politische Freiheit irritiert, eine politische Verfolgung besonders regierungskritischer Persönlichkeiten im Falle ihrer Rückkehr erscheint nicht ausgeschlossen.

2. Repressionen Dritter

Gezielte Verfolgungen von Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung durch nichtstaatliche Akteure manifestieren sich in Übergriffen nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen gegen die Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit den bewaffneten Konflikten in verschiedenen Landesteilen. Insbesondere trifft das auf die Hutu-Gruppe FDLR und diverse "Maï-Maï"-Gruppierungen zu, die die Zivilbevölkerung in den Kivu-Provinzen gezielt terrorisieren.

In anderen Provinzen stellen kleinere Gruppen Bewaffneter häufig die Hausmiliz des Gouverneurs, Bürgermeisters oder auch einflussreicher Landbesitzer dar. In diesen Fällen ist der Zentralstaat in der Regel nicht in der Lage, Repressionen zu stoppen. Inwieweit er hierzu auch nicht willens ist, muss in jedem Einzelfall gesondert beantwortet werden. Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem "aus dem Land", d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. UNHCR und Nicht-NROs können nur einen Teil der Flüchtlinge betreuen. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen im Osten des Landes noch immer ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz verstärkter Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen.

3. Ausweichmöglichkeiten

In mehreren Fällen ist es gesuchten Personen gelungen, sich der Strafverfolgung oder dem Zugriff der Sicherheitsbehörden durch einen Ortswechsel ins Innere des Landes zu entziehen.

Weite Teile, so der Westen, der Süden und das Zentrum, sind von den andauernden bewaffneten Konflikten nicht betroffen. Ein Ausweichen in den Ost- und Nordostteil des Landes ist dagegen wegen der immer wieder aufkommenden Scharmützel, Auseinandersetzungen und Gefechte problematisch. Ein Ausweichen kann auch faktischen Hürden begegnen, da die schlechte Infrastruktur nicht nur das Reisen im Land behindert und die örtliche Bevölkerung häufig nicht zur Aufnahme von Personen anderer Ethnien bzw. aus anderen Gebieten bereit ist, sondern weil aufgrund dieser Umstände ein ökonomisches Überleben auf massive Probleme stößt (keinerlei Möglichkeit für Erwerbseinkommen).

III. Menschenrechtslage

1. Schutz der Menschenrechte in der Verfassung

Als Rechtsnachfolger der vormaligen Republik Zaire bzw. nach eigenem Beitritt ist die DR Kongo Vertragsstaat folgender internationaler Menschenrechtsabkommen:

Die Verfassung enthält in ihrem 2. Abschnitt (Artikel 11 ff.) einen umfassenden Grundrechtskatalog. Die Menschenrechtslage bleibt gleichwohl unbefriedigend. Durch Soldaten der FARDC und durch die Milizen (vor allem aktuell ADF, FDLR, FRPI, LRA und verschiedene kleinere Maï-Maï Gruppen) kommt es nach wie vor zu willkürlichen Tötungen, körperlichen Misshandlungen, Plünderungen und Zerstörungen, deren Opfer die Zivilbevölkerung ist. MONUSCO und Beobachter aus der Zivilgesellschaft machen einhellig die Sicherheitskräfte für knapp die Hälfte der begangenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Im Zuge der verstärkten Instabilität im Osten des Landes seit Beginn des Jahres 2012 häufen sich dort die Menschenrechtsverletzungen durch staatliche und nichtstaatliche Akteure.

2. Folter

Viele Beobachter (Menschenrechtsorganisationen, MONUSCO, EU-Missionen, NROs und die Botschaft) gehen davon aus, dass - entgegen dem in Art. 16 der Verfassung statuierten ausdrücklichen Verbot - Folter in Gefängnissen, Polizeistationen und geheimen Haftanstalten durch Militär und Sicherheitskräfte nach wie vor angewandt wird. Dies betrifft nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Provinzen. Am 20. Juli 2011 trat ein Gesetz zum Verbot der Folter in Kraft. Kongolesische Menschenrechtsorganisationen begrüßten das Gesetz und mahnten angesichts der fortgesetzten Praxis seine gewissenhafte Umsetzung an.

3. Todesstrafe

Das Strafgesetzbuch sieht in Art. 5 die Todesstrafe vor. Sie kann verhängt werden bei Mord, Tötung unter Verwendung von Giftmitteln, Körperverletzung mit Todesfolge, räuberischer Erpressung mit Todesfolge, Brandstiftung unter vorsätzlicher Inkaufnahme des Todes von betroffenen Personen, Vergewaltigung mit Todesfolge, bewaffnetem Aufstand gegen die Staatsgewalt, Hochverrat, Abwerbung von Militärangehörigen für fremde Streitkräfte, Spionage, Attentatsversuchen gegen den Staatschef, Massaker an der Zivilbevölkerung und Zerstörung ihrer Siedlungen sowie Aktionen bewaffneter Banden, die zur Plünderung und/oder Diebstahl von Waffen geführt haben.

Das Militärstrafgesetzbuch sieht gleichfalls in Art. 26 die Todesstrafe vor, die bei sämtlichen terroristischen Akten begangen durch Militärs sowie bei Fahnenflucht, Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, Befehlsverweigerung oder einem Attentat auf Mandatsträger ausgesprochen werden kann. Der Versuch wird mit lebenslänglicher Haft bestraft.

Im Kriegszustand muss die Todesstrafe bei Versuch wie bei Vollendung der genannten Straftaten verhängt werden. In Verfahren vor den Militärgerichten werden regelmäßig Personen zum Tode verurteilt.

Seit 2004 ist die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt worden. Präsident Kabila hat die Aussetzung sämtlicher Vollstreckungen angeordnet. Laut Art. 16 Abs. 1 der Verfassung von 2006 ist die Persönlichkeit des Menschen unverletzlich, und der Staat hat die Pflicht, sie zu respektieren und zu schützen. Ob diese Bestimmung der Vollstreckung der Todesstrafe entgegensteht, ist umstritten. Eine Anpassung der bisherigen Bestimmungen beider Strafgesetzbücher an die verfassungsrechtliche Norm wird zwar von der Regierung unterstützt, aber aufgrund der Befürwortung der Todesstrafe durch die Bevölkerung nicht weiter verfolgt.

Justizminister Thambwe hat nach Amtsantritt am 7. Dezember 2014 angekündigt, das faktische Moratorium durch einen Erlass zu verschriftlichen (ohne dass das Gesetz damit geändert würde).

Das Justizministerium der DR Kongo hat am 20. August 2015 der Botschaft in Kinshasa mitgeteilt, dass in allen Fällen, in denen die Todesstrafe vorgesehen ist (Terrorakte, besonders grausame Ausführung von Straftaten), diese stets in eine lebenslange Haftstrafe (ohne Möglichkeit vorzeitiger Entlassung im Wege der frühzeitigen Haftprüfung) umgewandelt werde. In derselben Mitteilung bestätigt das Justizministerium, dass in Auslieferungs- und Überstellungsfällen in gleicher Weise verfahren werde (d.h. auch bei drohender Todesstrafe im Falle einer Verurteilung Umwandlung in Haftstrafe; kein Vollzug aufgrund des Moratoriums). Es liegen allerdings noch keine praktischen Erfahrungen mit Auslieferungen und Über-stellungen vor.

4. Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen

4.1. Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Verhaftungen

Es kommt häufig zu willkürlichen Festnahmen von Personen, die verbotener politischer Betätigung verdächtigt werden. Körperstrafen und gerichtlich verhängte Prügelstrafen gibt es nicht. Unverhältnismäßig lange Strafen sind relativ selten. Oftmals wird, wenn endlich ein Urteil ergeht, der Betroffene unter Anrechnung der viel zu langen Untersuchungshaft freigelassen. Andererseits gibt es viele Inhaftierte, die jahrelang auf ihren Prozess oder die Ausfertigung ihres Urteils warten. Politisch als gefährlich eingestufte Personen werden jedoch i.d.R. erst nach mehreren Wochen oder gar Monaten der Justiz überstellt, sondern von den Sicherheitsdiensten ohne jede Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung festgehalten.

4.2. Haftbedingungen

Der Zustand der Gefängnisse ist - auch im Vergleich zu anderen Staaten in Afrika - sehr schlecht: Die Gefangenen sind staatlicherseits unterversorgt, haben kaum Zugang zu medizinischer Versorgung und leben unter prekären sanitären Bedingungen.

Die Gefängnisse sind massiv überbelegt. Das zentrale Gefängnis der Hauptstadt Kinshasa ("Prison de Makala") hat eine Überbelegungsrate von bis zu 400%. Es kommt immer wieder zu Massenausbrüchen, auch weil die Bausubstanz der Gebäude (meist Anfang 20. Jahrhundert) marode ist. Mit Mitteln der EU wurde ein Teil des Zentralgefängnisses von Kinshasa rehabilitiert. In der Regel können dort nur solche Häftlinge einsitzen, die über ein gewisses Vermögen verfügen oder auf besondere (z.B. konsularische oder politische durch fremde Missionen) Betreuung oder die Unterstützung ihrer Familie zurückgreifen können. Fehlende zentrale oder regionale Aufsicht, mangelnde oder zweckentfremdete Finanzmittel und unzureichend ausgebildetes Personal sind Gründe für diese Zustände in kongolesischen Gefängnissen. Untersuchungshaft wird schnell angeordnet. Zwei Drittel der im Zentralgefängnis in Kinshasa einsitzenden Gefangenen warten auf ihr Verfahren. Die Versorgung der Gefangenen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten muss weitgehend von deren Verwandtschaft organisiert werden. Dies wird häufig noch dadurch erschwert, dass es bei den oft willkürlichen und unbegründeten Verhaftungen nicht üblich ist, Verwandte oder Anwälte über den Verbleib des Verhafteten zu informieren. Hinzu kommt, dass Häftlinge nicht selten grundlos und ohne Information über ihren Verbleib von einer Haftanstalt in eine andere verlegt werden. Zwischen der Verhaftung und der Eröffnung eines Prozesses können mitunter Monate oder gar Jahre liegen. Die Haftbedingungen hängen sehr stark auch von der Person des Gefängnisdirektors ab. Der aktuelle Direktor des Makala-Gefängnisses, ein Oberst der Armee, ist bemüht, die Versorgungslage der Gefangenen ein wenig zu verbessern, etwa durch gefängniseigene Obst- und Gemüsezucht. Seine Bemühungen wurden jedoch jüngst durch die zeitweise Einsetzung eines neuen Direktors (der bei der Staatsanwaltschaft arbeitet) erschwert bzw. unterbrochen.

Am 08. März 2001 hat Präsident Kabila die Schließung aller irregulären, d.h. nicht von der Staatsanwaltschaft kontrollierten Hafteinrichtungen (sog. "cachots" oder "Amigos") verfügt. Eine Reihe dieser zuvor auf 200 geschätzten geheimen und 250 offiziellen Arrestzellen ist tatsächlich nach übereinstimmenden Auskünften verschiedener NROs geschlossen worden. Allerdings gehen diese ebenso wie das Gemeinsame Menschenrechtsbüro der MONUSCO und des Menschenrechtskommissars davon aus, dass nach wie vor Arrestzellen der Sicherheitsdienste in Betrieb sind.

5. Lage ausländischer Flüchtlinge

Die kongolesische Verfassung sieht in ihrem Art. 33 vor, dass Flüchtlings- bzw. Asylstatus gewährt wird. Gesetzliche Ausführungsbestimmungen existieren jedoch nicht. In der Praxis übernimmt daher der UNHCR die Auswertung von Asylgesuchen. Abschiebungsaktionen kommen vor allem unter dem Gesichtspunkt der Reziprozität vor. So kam es 2009 zu Ausweisungen von angolanischen Staatsangehörigen aus der damaligen Provinz Bas-Congo, unter ihnen auch anerkannte Flüchtlinge. Dem war die Ausweisung von circa 1800 Kongolesen aus Angola vorhergegangen. Es kommt weiterhin immer wieder zu Ausweisungen durch die kongolesische oder angolanische Seite, zuletzt an der Grenze der ehem. Provinz Bandundu und Angola

Nach Angaben des UNHCR befanden sich Mitte 2015 insgesamt 225.019 ausländische Flüchtlinge in der DR Kongo. Hierunter stammten 117.296 aus Ruanda, 94.133 aus der Zentralafrikanischen Republik, 9263 aus Burundi sowie weitere ca. 4300 aus anderen Ländern. Aus dieser Personengruppe hatten nur 5400 einen Asylantrag gestellt. Der UNHCR führt für alle diese Gruppen Rückkehrprogramme durch. Soweit sie keine Arbeit finden, sind die Flüchtlinge auf die Unterstützung durch den UNHCR und das Welternährungsprogramm und andere, meist kirchliche, Organisationen angewiesen.

IV. Rückkehrfragen

1. Situation für Rückkehrer

1.1. Grundversorgung

In den Jahren 2013-14 sind bislang insgesamt 56.500 kongolesische Flüchtlinge in die DR Kongo zurückgekehrt, davon ca. 40.000 im ersten Halbjahr 2014. In dieser Zahl sind allerdings die über 140.000 Kongolesen, die 2014 aus Kongo-Brazzaville zurückgekehrt sind, nicht enthalten. Die Polizei von Kongo-Brazzaville hatte nach eigenen Angaben im Rahmen der Aktion "Ohrfeige des Älteren" ca. 2000 illegale Staatsangehörige der DR Kongo ausgewiesen, die Bedingungen für die zu Hunderttausenden im reicheren Nachbarland lebenden Staatsangehörige der DR Kongo de facto so verschlechtert, dass es zu einem Massen-Exodus kam. Die Rückkehrer werden weitestgehend ohne externe Hilfe von der Metropole Kinshasa und den westlichen Heimatprovinzen der Rückkehrer absorbiert. Die soziale Lage der Bevölkerung hat sich dadurch noch einmal verschlechtert. 442.000 kongolesische Staatsangehörige lebten nach UNHCR-Angaben vom Juni 2015 immer noch in den Nachbarländern, neben der Republik Kongo vor allem in Uganda, Ruanda, Tansania und Burundi. UNHCR hat im August 2015 mehr als 600 Staatsangehörige der DR Kongo aus der Zentralafrikanischen Republik zurückgeführt.

Rückkehrer sind zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf Unterstützung aus dem Familienkreis bzw. durch NROs (international oder national) oder kirchliche Institutionen angewiesen. Staatliche Hilfe (Aufnahmeeinrichtung, Wohnraum, Sozialhilfe) steht nur sehr begrenzt zur Verfügung.

Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Auch innerhalb der Großfamilie gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt Kinshasa ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Die Zentral- und Provinzregierungen versuchen jedoch, mit agroindustriellen Projekten gegenzusteuern. Die Musterfarm N'Sele bei Kinshasa trägt mittlerweile maßgeblich zur Versorgung der Hauptstadt bei. Darüber hinaus werden landwirtschaftliche Produkte aus der Nachbarprovinz, dem ehem. Bandundu, eingeführt. Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung. Eine

Ausnahme bilden die Provinzen Nord- und Süd-Kivu, da die Vertriebenen oft keine Möglichkeit

haben, sich neu anzusiedeln und zumindest eine Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben. Ferner können sie von internationalen Hilfsorganisationen wegen der weiterhin agierenden Rebellen- und lokalen Maï-Maï-Gruppen immer noch nicht auf dem gesamten Territorium der DR Kongo agieren. Nach der Auflösung der Rebellenbewegung M23 sind Zentral- und Provinzregierung in Nord-Kivu mit den Sicherheitskräften (einschließlich der MONUSCO) bemüht, die staatliche Autorität in den zurückgewonnenen Gebieten wieder zu etablieren und das wirtschaftliche Leben dort wieder in Gang zu bringen. Im Bericht über menschliche Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen ("Human Development Index", HDI des UNDP) 2014 nimmt die DR Kongo vor Niger Platz 186 von 187 Ländern ein.

Wegen der allgemein schlechten Versorgungslage können Minderjährige ohne familiären Rückhalt bei ihrer Rückkehr ihre Versorgung alleine nicht sicherstellen. Können rückkehrpflichtige Minderjährige nicht durch ihre Familie oder andere Bezugspersonen aufgenommen werden, würde die Botschaft Kinshasa versuchen, über kirchliche Organisationen oder über UNICEF einen Kontakt zu einer Nichtregierungsorganisation herzustellen, die elternlose Kinder betreut. Um eine Unterbringung einigermaßen sicherzustellen, ist ein Vorlauf von mindestens sechs Wochen erforderlich.

1.2. Medizinische Versorgung

Das Gesundheitswesen ist nach wie vor in sehr schlechtem Zustand. Staatliche Krankenhäuser waren schon vor der Rebellion von 1997 heruntergewirtschaftet bzw. ausgeplündert, und die Hygiene ist, vor allem bei komplizierten Eingriffen, völlig unzureichend. Der Großteil der Bevölkerung kann nicht hinreichend medizinisch versorgt werden. Laut einer 2005 veröffentlichten Studie von "Ärzte ohne Grenzen", die der Einschätzung des Auswärtigen Amts entspricht, haben zwischen 45 % und 67 % von 4.900 befragten Familien in den entlegenen Regionen im Landesinneren - Basankusu, Inongo, Lubutu, Kilwa und Bunkeya - keinerlei Zugang zu medizinischer Versorgung.

Die Lage hat sich nach allgemeiner Meinung wie auch nach Einschätzung des Auswärtigen Amts seitdem nicht wesentlich verbessert. Der Bericht und andere Organisationen, wie z.B. der UNHCR, bezeichnen die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Ein funktionierendes Krankenversicherungssystem für die Bevölkerungsmehrheit existiert nicht. Nur im formellen Sektor (ca. 1,5 Mio. Beschäftigte, darunter der öffentliche Dienst) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung mit einem sehr eingeschränkten Leistungsspektrum. In der Regel zahlen Arbeitgeber die Behandlungskosten ihrer Beschäftigten. Die Behandlungskosten Arbeitsloser müssen, soweit überhaupt möglich, von den Familienangehörigen aufgebracht werden. Nur wenn der Patient über die notwendigen Geldmittel verfügt, können die meisten vorkommenden Krankheiten überhaupt diagnostiziert und - mit Einschränkungen - fachgerecht behandelt werden.

Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten, vor allem in Kinshasa und Lubumbashi, hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser und fachkundige Ärztinnen bzw. Ärzte zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der gegen Bezahlung binnen weniger Tage so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Im Einzelnen: Nach Angaben u.a. der GIZ, die sich mit Erkenntnissen des Auswärtigen Amts decken, soll die AIDS-Infektionsrate ca. 4,2 % der Gesamtbevölkerung betragen. Nur 1,6 % (ca. 5.000 Personen) derer, die eine retrovirale bzw. anti-retrovirale Therapie bräuchten, erhalten diese auch. Dies resultiert zum einen aus dem für viele nach wie vor unerschwinglichen Preis (s.u.), zum anderen daraus, dass fortgeschrittene medizinische Versorgung in weiten Teilen des Landes nicht zur Verfügung steht.

Im Rahmen der Therapie gibt es zwei alternative Behandlungsmöglichkeiten: Entweder wird mit Stavudine/Lamivudine/Névirapine, letzteres austauschbar durch Efavirenz, behandelt, oder mit

Abacavir/Didanosine/Lopinavir/Ritonavir. Die Behandlungskosten für beide Alternativen liegen bei monatlich 20,- bis 25,- USD.

Nach Auskunft des Universitätskrankenhauses Kinshasa können Psychosen jeglicher Art behandelt werden. Die dafür benötigten Medikamente sind in Kinshasa erhältlich, allerdings für weite Teile der Bevölkerung unerschwinglich. Langzeittherapien finden daher kaum statt.

Diabetes Mellitus I und II mit Bluthochdruck sind in Kinshasa behandelbar. Insulin ist ohne weiteres erhältlich, wenngleich für viele Kongolesen nicht bezahlbar. Je nach Qualität des Krankenhauses können die Kosten zwischen 1,80 und 50 USD pro Tag liegen. Laut Auskunft der Heilsarmee werden zu dem niedrigsten Satz drei Viertel aller Kranken behandelt. Spritzen und Insulin kosten dann 0,53 USD. Blutzuckerkontrollen können durchgeführt werden.

Gegen Malaria wird hauptsächlich das Medikament Coartem eingesetzt. Auch für Patienten mit Glucose-6-Phosphatdehydrogenase-6-Mangel sind in Kinshasa und den größeren Städten geeignete Malariamedikamente erhältlich.

Asthma und Bronchialkrankheiten können adäquat behandelt werden.

Die Regierung unterhält ein Programm, das Patienten landesweit eine kostenlose Tuberkulosediagnose ermöglicht. Wegen der Transportprobleme in praktisch allen Teilen des Landes ist das Programm jedoch für einen Großteil der Landbevölkerung nicht zugänglich. Die Behandlung der Tuberkulose ist hingegen nicht kostenfrei. Geeignete und bezahlbare Medikamente stehen zur Verfügung, allerdings ist der Zugang zu diesen nur für die Bevölkerung in den größeren Städten problemlos gewährleistet.

Sichelzellenanämie kann landesweit behandelt werden, die notwendigen Medikamente sind problemlos erhältlich.

Chemotherapien können durchgeführt werden. Sie sind allerdings für die meisten Kongolesen unbezahlbar. Krebs im fortgeschrittenen Stadium ist nach wie vor nicht behandelbar, insbesondere steht mangels technischer Ausstattung keine Strahlentherapie zur Verfügung.

Ebenso wenig sind Herzoperationen durchführbar.

2. Behandlung von Rückkehrern

Die Mitgliedschaft in Auslandsorganisationen kongolesischer Oppositionsparteien oder die Teilnahme an deren Kundgebungen gegen die Regierung allein führen zu keiner erkennbaren Gefährdung der betreffenden Person durch die Sicherheitsdienste.

Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe.

3. Einreisekontrollen

Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N'Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, "Direction Générale de Migration" (DGM), befragt. Ebenfalls werden alle ankommenden Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die ausliegenden Fahndungslisten abgeglichen.

Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert. Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den ANR ("Agence Nationale de Renseignement", ziviler Nachrichtendienst) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Gegenteilige Berichte einiger Menschenrechtsorganisationen und die von ihnen genannten Referenzfälle wurden eingehend geprüft, konnten aber in keinem Fall bestätigt werden.

Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen besuchen in besonders gelagerten Fällen im Auftrag des Auswärtigen Amts zurückgekehrte Personen an ihren Wohnadressen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation kann sich jedoch schnell und dramatisch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen. Insbesondere, wenn sie oppositionellen Bewegungen angehören bzw. mit ihnen sympathisieren, können sie relativ schnell zum Beobachtungsobjekt für die Sicherheitsdienste werden.

4. Abschiebewege

Abschiebungen in die DR Kongo sind nur auf dem Luftweg möglich. Abschiebungen mit Air France über Paris, SN Brussels Airlines über Brüssel, KLM/Kenya Airways (Amsterdam-Nairobi-Kinshasa) und South African Airways (Frankfurt-Johannesburg-Kinshasa) sind möglich, ebenso mit Ethiopian Airlines (Frankfurt-Addis Abeba-Kinshasa), Air Zimbabwe über Harare nach Lubumbashi/Kinshasa oder Cameroon Airlines über Lagos bzw. Duala nach Kinshasa. Auch bietet Turkish Airlines eine tägliche Verbindung nach Kinshasa via Istanbul an. Zurzeit wird fast ausschließlich die Route Paris-Kinshasa mit Air France und Brüssel-Kinshasa mit SN Brussels Airlines benutzt. Gelegentlich werden auch gemeinsame

Charterflüge mehrerer Schengen-staaten durchgeführt. Begleitete sowie unbegleitete Abschiebungen aus Deutschland werden von den kongolesischen Einwanderungsbehörden akzeptiert, wenn sie zuvor förmlich mit Verbalnote durch die Botschaft in Kinshasa angekündigt wurden. Dieser Verbalnote ist eine Kopie des durch die kongolesische Botschaft in Berlin vollständig ausgefüllten Passersatzpapiers sowie die Adresse im Heimatland beizufügen.

V. Sonstige Erkenntnisse über asyl- und abschieberechtlich relevante Vorgänge

1. Echtheit der Dokumente

1.1. Echte Dokumente unwahren Inhalts

Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann jedes Dokument (Reisepass, Personalausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung, Scheidungsurteil, Haftbefehl, offizielle Bestätigungsschreiben jeglicher Art) mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle käuflich erworben werden. In Anbetracht der weitgehenden Dysfunktionalität des Personenstandswesens in der DR Kongo hat das Auswärtige Amt im Mai 2000 die Legalisierung kongolesischer Urkunden eingestellt und durch ein ersatzweise durchgeführtes Urkundenprüfungsverfahren mittels vertrauensanwaltlichem Beauftragten ersetzt. Dieses Verfahren wird inzwischen in allen Fällen der Visumserteilung zwecks Ehegatten- bzw. Kindesnachzug sowie in Fällen ohne Visumbezug auf Ersuchen deutscher Innenbehörden (Standesämter und Staatsangehörigkeitsbehörden) angewandt.

Am 01. März 2013 wurde die Zuständigkeit für die Erteilung von Schengenvisa für die Bundesrepublik Deutschland von der Deutschen Botschaft Kinshasa an die Botschaft des Königreichs Belgien in Kinshasa abgegeben ("Maison Schengen", gilt nur für Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, nicht für in der DR Kongo aufenthältige Drittstaater). Mit Ausnahme von Griechenland und Spanien lassen sich mittlerweile alle Schengen-Staaten vertreten. Der damalige spanische Botschafter wurde Anfang 2014 wegen Visa-Korruption aus Kinshasa abgezogen (auch erhöhte Anzahl von Visa-Antragstellern, die mit einem Visum der spanischen Botschaft in Kinshasa in die Bundesrepublik eingereist sind).

Normale Reisepässe werden nach offiziellen Angaben vom Außenministerium gegen eine Verwaltungsgebühr von umgerechnet ca. 150 USD ausgestellt. Gegen Aufpreis kann eine beschleunigte Ausstellung erreicht werden. Reisepässe sind kein zuverlässiger Nachweis der Identität, da sie entweder mit einem bestimmten Inhalt gekauft werden oder schon die bei ihrer Ausstellung vorzuweisenden Dokumente gefälscht oder inhaltlich unrichtig (z.B. aufgrund einer ohne weitere Nachprüfung ausgestellten "attestation de naissance") sein können.

Zur illegalen Aus- bzw. Einreise nach Europa schließen sich Personen, oftmals sogar unter Vorlage eines kongolesischen Dienstpasses, häufig offiziellen Delegationen oder Künstlergruppen an und sind für die jeweiligen Visa ausstellenden Botschaften nur schwer von den tatsächlichen Mitgliedern dieser Gruppen zu unterscheiden. Von dieser Gruppe der Ausreisewilligen werden bis zu 3.000 USD an betreffende Gruppen gezahlt, wovon diese die Reise finanzieren.

Auch nicht-kongolesische Staatsangehörige, die sich in der DR Kongo aufhalten, versuchen mit solchen Dokumenten nach Europa einzureisen. In vielen kongolesischen Ministerien (z.B. Erziehungs-, Arbeits- und Sozialministerium) gibt es Netzwerke, die käufliche, gefälschte "Ordres de Mission" zu unterschiedlichsten Zwecken ausstellen.

1.2. Zugang zu gefälschten Dokumenten

Da inhaltlich unrichtige, aber formal echte Dokumente (s.o.) leicht beschaffbar sind, stellen ver- bzw. gefälschte, formal unechte Dokumente kein sehr verbreitetes Problem dar.

2. Zustellungen

Zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der Bundesrepublik Deutschland besteht kein Abkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsangelegenheiten, d. h. unmittelbarer Zustellungsverkehr zwischen den Behörden wird nicht praktiziert. Förmliche Zustellungen sind wegen des desolaten Justiz- und Personenstandswesens ohnehin nicht erfolgversprechend. Formlose Zustellungen können auf Antrag durch die Botschaft innerhalb Kinshasas in eigener Zuständigkeit ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Empfängers vorgenommen werden. Da auch das staatliche Postwesen nicht funktioniert, hat die Zustellung insbesondere außerhalb Kinshasas keinen Erfolg. Wird der Botschaft Kinshasa eine aktuelle Telefonnummer des Adressaten mitgeteilt, kann letzterer gebeten werden, das Schreiben in der Botschaft abzuholen.

3. Feststellung der Staatsangehörigkeit

Die wichtigste Änderung des 2004 verabschiedeten Gesetzes zur Staatsangehörigkeit ("Loi relative à la nationalité") ist die Verlegung des Zeitpunktes für die Bestimmung der Nationalität von 1885 auf den Tag der Unabhängigkeit des Landes, den 30. Juni 1960 (s. oben II.1.3). Im Übrigen hält es an den tragenden Grundsätzen des alten Staatsangehörigkeitsrechts fest. Die Feststellung der kongolesischen Nationalität bleibt schwierig, da viele Register während der kriegerischen Auseinandersetzungen zerstört worden sind (s. oben V.1.1), die Verwaltung fast überall im Land seit Jahren nicht mehr funktioniert und Kongolesen daher oft keinen Nachweis über ihre Herkunft besitzen. Das Recht in der DR Kongo kennt die doppelte Staatsangehörigkeit nicht, es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass sie in der Praxis vorkommt.

4. Ausreisekontrollen und Ausreisewege

4.1. Ausreisekontrollen

Kongolesische Staatsangehörige werden bei der Ausreise am Flughafen Kinshasa/N'Djili streng kontrolliert. Fast alle Fluglinien kontrollieren mit eigenen Sicherheitsbediensteten zusätzlich sämtliche Reisedokumente. Dieser Standard wird allerdings bei der Ausreise mit afrikanischen Fluglinien nicht gewahrt. Beim Erreichen des Flughafens Brüssel werden die Flugpassagiere bei Verlassen des Flugzeugs von der belgischen Polizei kontrolliert. Die Zahl der Fluggäste, die versuchen, mit ge- oder verfälschten Dokumenten auszureisen, ist unverändert sehr hoch. Missbrauchsfälle werden in zunehmender Zahl durch eine bessere Abstimmung unter den Schengen-Botschaften bzw. durch zentrale Bearbeitung in der "Maison Schengen" in Kinshasa aufgedeckt. Besonders bei reisenden Kindern ist die Identitätsfeststellung schwierig.

4.2. Ausreisewege

Illegale Ausreisen über den Kongo-Fluss von Kinshasa ins gegenüberliegende Brazzaville scheinen weiterhin möglich. Im Zuge der Massenausweisungen von Staatsangehörigen der DR Kongo aus Brazzaville und damit einhergehenden Spannungen sind die Grenzkontrollen allerdings verschärft worden. Die Ausreisebestimmungen für ledige Frauen und unbegleitete Kinder sind ebenfalls verschärft worden. In einigen bekannt gewordenen Fällen haben sich Ausreisewillige bei regelmäßig pendelnden Händlern eingekauft, die mit den kontrollierenden Beamten persönlich bekannt sind. Die Überquerung des Kongo ist auch mit kleinen Booten (Pirogen) möglich. Allerdings schießt das Militär ohne Vorwarnung auf solche illegalen Grenzgänger, die sich nicht zuvor die Passage bei den Soldaten erkauft haben. Kongolesen aus der Demokratischen Republik Kongo, die aus Kinshasa über den Fluss in die Republik Kongo gelangt waren, konnten über Brazzaville Frankreich erreichen. Wegen der lückenhaften Kontrollen ist es zwischen Kontrolle und Besteigen des Flugzeugs häufig möglich, Papiere und Personen auszutauschen oder sogar Personen in das Flugzeug zu schmuggeln. Am Flughafen in Brazzaville kontrolliert lediglich Air France seine Fluggäste.

Häufig finden illegale Einreisen über diesen Weg mittels manipulierter Passersatzpapiere, die bereits europäische Aufenthaltstitel enthalten, statt.

Weitere bekannte Reiserouten für illegal von Kinshasa aus in die EU Einreisende sind Kinshasa - Kampala - EU, bzw. Kinshasa - Bujumbura - Daressalam - EU, Kinshasa - Addis Abeba - EU, Kinshasa - Windhuk - EU, Kinshasa - Luanda - EU.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes kommt nach Einvernahme des BF und dem damit gewonnen Eindruck von diesem zum klaren Ergebnis, dass die behauptete Verfolgung im Herkunftsstaat nicht den Tatsachen entspricht und eine Rückkehr in die DR Kongo in keiner Weise eine Verfolgung bzw. Gefährdung des BF im asylrelevanten Ausmaß nach sich zieht.

Das Fluchtvorbringen des BF stellt sich auf das Wesentliche beschränkt folgendermaßen dar:

Der BF will Sympathisant bzw. Mitglied einer Oppositionspartei des langjährigen und im Jahr 1997 verstorbenen Präsidenten der DR Kongo XXXX gewesen sein. Im Zuge seines ersten Asylverfahrens schilderte er am 15.07.1999, Mitglied der ehemaligen Regierungspartei XXXX gewesen zu sein. Auch sein Bruder sei Mitglied dieser Partei gewesen und sei bei ihnen zuhause versucht worden, sie umzubringen, wobei auf seinen Bruder geschossen worden sei, er jedoch fliehen habe können.

Dieses Vorbringen ist nunmehr einer Beurteilung auf seine Glaubwürdigkeit zu unterziehen.

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP ; AB 328 BlgNR 18. GP ] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:

203.037-0/IV/29/98 uva.m.)

Der erkennende Richter hält nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung mit dem BF und dem damit von ihm gewonnen persönlichen Eindruck fest, dass das Vorbringen des BF die soeben genannten Kriterien, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall fehlt es an jeglicher Substanz der Verfolgungsbehauptung. Das Vorbringen ist vollkommen oberflächlich und vage gehalten und hat sich dieses Vorbringen auch massiv widersprüchlich dargestellt.

Im Übrigen ist die persönliche Glaubwürdigkeit des BF aufgrund seiner jahrelangen Falschangaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu verneinen gewesen und ist überhaupt fraglich, ob der BF zum Zeitpunkt der von ihm genannten fluchtauslösenden Ereignisse in der DR Kongo aufhältig gewesen ist.

Tatsache ist, dass der BF bereits in den frühen 90er Jahren in Europa in Erscheinung getreten ist und in Frankreich und Deutschland Asylanträge gestellt hat, die bestandskräftig abgelehnt wurden. Im Jahr 1994 wurde er von Deutschland nach Tschechien abgeschoben und ist er in der Folge bis zu seiner Antragstellung in Österreich nicht mehr in Erscheinung getreten. Weit über ein Jahrzehnt hat der BF dies abgestritten und die Asyl- und Fremdenbehörden in Österreich bewusst getäuscht.

Auch im Zuge des gegenständlichen Asylverfahrens hat der BF vor dem BFA am 22.10.2015 noch abgestritten, in Frankreich oder Deutschland gewesen zu sein. Das BVwG bzw. der erkennende Richter selbst, hat die Angelegenheit an das Bundesamt zurückverwiesen und einen ganz klaren Auftrag erteilt, den BF zu bestimmten Aspekten seines Vorbringens über die vielen Jahre in Österreich einzuvernehmen. Die belangte Behörde hat das am 22.10.2015 ganz korrekt gemacht. Das Problem ist aber, dass der BF zu allen relevanten Fragen stereotyp gesagt hat, dass er das alles nicht beantworten kann, weil er es vergessen hat. Hiezu meinte der BF, er hätte "Ja" sagen sollen. Er gestand nunmehr, nach weit über einem Jahrzehnt erstmals ein, in Deutschland und in Frankreich gewesen zu sein. (S. 5 Verhandlungsprotokoll) Seine Verantwortung, wonach ihm vom BFA vorgehalten worden sei, kein Kongolese zu sein und er beim Interview Zahnschmerzen gehabt habe (S. 5 Verhandlungsprotokoll), sind evidenter maßen Schutzbehauptungen und zielen völlig ins Leere. Vielmehr wurden dem BF lediglich seine Falschangaben vorgehalten, die er über ein Jahrzehnt aufrecht gehalten hat.

In der Beschwerdeverhandlung wurde der BF näher zu seinen Anträgen in Frankreich und Deutschland befragt, insbesondere, welche Probleme er dort angegeben hat und unter welcher Identität er in Frankreich aufgetreten ist. Hiezu meinte er vollkommen unpassend, dass das Problem sei, dass die DR Kongo eine Diktatur sei. Auf neuerliche Nachfrage, was er im Jahr 1992 konkret in Frankreich vorgebracht hat und unter welcher Identität er aufgetreten ist, meinte er, in Frankreich den gleichen Namen wie jetzt genannt zu haben. In Deutschland habe er einen Antrag mit anderem Namen gestellt und gesagt, er sei aus Angola. Dies sei falsch gewesen, da er ja aus der DR Kongo stamme. (S. 6 Verhandlungsprotokoll)

Hier war festzuhalten, dass dies ja eines der Probleme in den Verfahren des BF darstellt. Die österreichischen Behörden wissen nämlich seit Jahren durch eine Mitteilung der deutschen Behörden, dass der BF dort als Staatsbürger von Angola aufgetreten ist und es ist auch aktenkundig, dass die Botschaft von Angola den Ausweis, den der BF in Deutschland verwendet hat, als Fälschung erkannt hat. Diese Umstände hat der BF aber über all die Jahre bestritten, dass er jemals in Deutschland gewesen ist und dort angegeben hat, Staatsbürger von Angola zu sein. Er meinte nunmehr hierzu lapidar, "Ja, ich war in Deutschland". (S. 6 Verhandlungsprotokoll)

Es war demnach festzuhalten, dass der sich auf Seite 435 des Fremdenaktes befindliche Nachweis, dass der BF in Deutschland unter ganz anderer Identität und ganz anderer Staatsbürgerschaft aufgetreten ist, zutreffend ist. Auf Seite 485 des Fremdenaktes findet sich weiters eine Mitteilung der Botschaft des behaupteten Herkunftsstaates DR Kongo, dass Zweifel an der kongolesischen Staatsangehörigkeit des BF geäußert werden. Insbesondere aber findet sich auf Seite 753 des Fremdenaktes eine Einvernahme des BF vor dem deutschen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, wo er sich als Staatsangehöriger Angolas ausgibt und konsequenterweise völlig andere Fluchtgründe schildert. Diese Einvernahme datiert aus dem Jahr 1994, der BF hat bei dieser Gelegenheit ein offensichtlich gefälschtes Dokument vorgelegt, welches sich in Ablichtung im Fremdenakt befindet.

Nachdem dies nunmehr auch vom BF bestätigt worden ist, stellt sich natürlich die Frage, wo sich der BF ab dem Jahr 1994, als er nach Tschechien rücküberstellt worden ist, bis 1999, wo er nach Österreich gekommen ist, aufgehalten hat.

Der BF erklärte hierzu im Zuge der Beschwerdeverhandlung, lange Jahre in Tschechien gewesen zu sein. Er meinte, sich dort mehrere Jahre aufgehalten zu haben, gab in der Folge jedoch an, in die DR Kongo zurückgekehrt zu sein und erst im Jahr 1999 nach Österreich zurückgekommen zu sein. (S. 6 Verhandlungsprotokoll) Auf nähere Nachfrage zu seiner Rückkehr von Tschechien in die DR Kongo meinte der BF, mit einem kongolesischen Freund mit falschen Papieren in die DR Kongo zurückgekehrt zu sein. Er konnte jedoch nicht näher angeben, wann er in die DR Kongo zurückgekehrt sein will. Er gab unbestimmt an, er sei drei Jahre in der DR Kongo gewesen, bevor er wieder nach Europa (Österreich) gekommen sei. Er habe sich in der DR Kongo wiederum in seiner Heimatregion XXXX in XXXX aufgehalten.

Zumal der BF seine Aufenthalte in Deutschland und Frankreich zu Beginn der 90er Jahre konsequent währen weit über ein Jahrzehnt bestritten hat, wird ihm nicht geglaubt, dass er sich nach mehreren Jahren Aufenthalt in Europa für drei Jahre in die DR Kongo begeben hat, um dann wiederum nach Europa zu reisen. Dieses Vorgehen hätte überhaupt keinen Sinn. Der BF will ja Anhänger des langjährigen, bis 1997 regierenden Präsidenten XXXX gewesen sein. Er will jedoch Anfang der 1990er Jahren aus politischen Gründen geflohen sein, wo es doch dafür keine Veranlassung gegeben hat, will der BF doch Anhänger des amtierenden Präsidenten gewesen sein. Umgekehrt macht es auch keinen Sinn, dass der BF gerade nach der Entmachtung des von ihm unterstützten Präsidenten in die DR Kongo zurückgekehrt sein will, sich für die Oppositionspartei des entmachteten Präsidenten engagiert haben will, um nach drei Jahren wieder aus den Herkunftsstaat auszureisen.

Zumal der BF auch in Österreich über Jahre hindurch immer wieder unbekannten Aufenthalts bzw. obdachlos gemeldet war und bereits seit seiner Einreise in Europa im Jahr 1992 immer wieder von den Behörden unerkannt in unterschiedlichen Staaten Europas Aufenthalt genommen hat, erscheint es bei weitem lebensnaher, dass der BF sich seit dem Jahr 1992 durchgehend in Europa aufgehalten hat und nicht für ca. drei Jahre in die DR Kongo zurückgekehrt ist. Unter dieser Prämisse war seinem Vorbringen über eine Verfolgung in der DR Kongo vor seiner Ausreise im Jahr 1999 bereits aufgrund von Denkunmöglichkeit die Glaubwürdigkeit zu versagen.

Es kann aber dahingestellt bleiben, ob der BF tatsächlich für wenige Jahre in die DR Kongo gewesen ist, da er eine politische Verfolgung im Jahr 1999 nicht glaubhaft schildern konnte.

Im Zuge seiner ersten Antragstellung erklärte er nämlich, dass er und sein Bruder Mitglied der XXXX gewesen seien und Soldaten ihn und seinen Bruder deshalb in der Nacht, als sie zuhause geschlafen hätten, töten hätten wollen. Sie hätten auf seinen Bruder geschossen und der BF habe fliehen können.

In der Beschwerdeverhandlung gab er an, dass er keine Familie mehr in der DR Kongo habe. Seine Eltern und seine zwei Schwestern seien während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet gestorben (S. 7 Verhandlungsprotokoll). Die Existenz eines Bruders erwähnte er zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Er erklärte weiter, dass zwei Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet zuerst sein Vater und in der Folge seine Mutter und seine beiden Schwestern innerhalb einiger Jahre verstorben seien, wobei er das genaue Datum nicht nennen könne. Er habe davon von einem Freund in der DR Kongo erfahren, mit dem er telefoniert habe. Dieser habe ihm außerdem mitgeteilt, dass es das Haus seiner Familie nicht mehr gebe.

Bei Durchsicht der umfassenden Verwaltungsakten haben sich jedoch Widersprüche zu seinen Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben. So erklärte er im Jahr 1999 noch, dass sein Vater bereits im Jahr XXXX verstorben sei. Damals erwähnte er auch keine Schwestern, dafür jedoch einen Bruder, der eine entscheidende Rolle in seiner Fluchtgeschichte gespielt haben soll, den er in der Beschwerdeverhandlung bei Aufzählung seiner Familienangehörigen überhaupt nicht erwähnt hat.

Er meinte hiezu, dass er einen Bruder - XXXX - gehabt habe, der aber gestorben sei, als er in Österreich gewesen sei. Er gab weiter an, dass dieser so etwa im Jahr XXXX gestorben sei. Er meinte dann schließlich auf Nachfrage auch, er sei der einzige aus seiner Familie gewesen, der die DR Kongo aus politischen Gründen verlassen habe müssen. (S. 8 Verhandlungsprotokoll)

Auch dieses Vorbringen deckt sich nicht mit seinem ursprünglichen Fluchtvorbringen, hat er doch im gesamten Asylverfahren in Österreich im Jahr 1999 - wie zuvor dargelegt - geschildert, dass bei seiner Flucht im Rahmen einer Hausdurchsuchung sein Bruder erschossen worden sei, da dieser - wie der BF - bei derselben Oppositionspartei gewesen sei. Hier war im Übrigen festzuhalten, dass er auch in Deutschland ein ganz ähnliches Vorbringe erstattet hat. Auch in seinen Schilderungen dort gibt es eine Hausdurchsuchung. Bei dieser soll jedoch sein Vater erschossen worden sein, während ihm die Flucht gelungen sei. Seine Rechtfertigung, wonach er in Deutschland gesagt habe, aus Angola zu stammen, zeigt lediglich auf, dass der BF in allen Aspekten seines Vorbringens die Unwahrheit gesagt hat.

Soweit er sich damit zu rechtfertigen versucht, dass alles was er in Deutschland gesagt habe, falsch sei und alles was er in Österreich gesagt habe, die Wahrheit sei, ist das bereits dadurch widerlegt, dass er in Österreich weit über ein Jahrzehnt abgestritten hat, in Frankreich oder Deutschland Asylanträge gestellt zu haben. In Österreich hat er im Übrigen zwischenzeitig auch behauptet, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein und vollkommen anders zu heißen.

Es ist auch denkunmöglich, dass sein Bruder einerseits nach seiner Ausreise eines natürlichen Todes gestorben sein soll, andererseits sein Bruder bereits im Jahr 1999 von den staatlichen Behörden in seinem Haus erschossen worden sein soll. Der BF meinte hiezu vollkommen unlogisch, dass sein Bruder im Jahr 1999 von der Polizei getötet worden sei, da dieser in politischer Opposition gewesen sei. Dies sei fünf Jahre nach seiner Einreise nach Österreich gewesen. (S. 8 Verhandlungsprotokoll)

Vollkommen unverhofft meinte der BF auf nochmaligen Vorhalt seiner Ausführungen aus dem Jahr 1999 wiederum in einer neuen Version, dass es sich um einen anderen Bruder gehandelt habe. Sein Bruder, der im Jahr 1999 im Haus gestorben sei, sei sein Bruder XXXX gewesen. Fünf Jahre später sei sein Cousin XXXX gestorben. (S. 9 Verhandlungsprotokoll).

Der BF wurde in der Folge nach dem Namen seines Vaters befragt. Er erklärte, dass dieser XXXX mit Vornamen geheißen habe (S. 9 Verhandlungsprotokoll). Auch hier wird deutlich, dass das Aussageverhalten des BF vollkommen beliebig und widersprüchlich ist, hat er doch den Namen seines Vaters bislang mit XXXX angegeben. Außerdem hat er bislang angegeben, dass sein einziger Bruder mit Vornamen XXXX heiße. Der BF meinte in der Folge lapidar, sein Bruder heiße XXXX (S. 9 Verhandlungsprotokoll), was offensichtlich eine Schutzbehauptung darstellt, ändert der BF doch von Frage zu Frage je nach Belieben sein Vorbringen.

Der vom BF namhaft gemachte Zeuge erklärte im Zuge der Beschwerdeverhandlung, dass der BF einen Bruder gehabt habe. Vor fünf Jahren sei ein Kongolese, glaublich aus Frankreich nach Wien gekommen und habe gesagt, dass der Bruder des BF gestorben sei. Dieser Besucher aus Frankreich habe das dem BF erzählt, es sei aber auch der Zeuge dabei gewesen. Er wisse nicht, wie dieser Bruder des BF genau geheißen habe, vielleicht XXXX. (S. 11 Verhandlungsprotokoll)

Insgesamt betrachtet gestaltet sich das gesamte Vorbringen, von welcher Seite man es auch betrachtet, als vollkommen widersprüchlich und beliebig.

War aufgrund diese Ergebnisses bereits zu verneinen, dass der BF aus den von ihm genannten Gründen im Herkunftsstaat Verfolgung ausgesetzt gewesen ist, konnte er auch sonst in keiner Weise glaubwürdig darlegen, im Herkunftsstaat oder in Österreich politisch tätig gewesen zu sein. Auch die namhaft gemachten Zeugen konnten eine politische Tätigkeit bzw. Probleme des BF im Herkunftsstaat nicht glaubhaft vermitteln.

Festzuhalten ist, dass der BF einen Tag vor der Beschwerdeverhandlung einen Zeugen - XXXX, namhaft gemacht hat, der laut Entscheidung des UBAS vom 12.09.2005, Zl. 232.709/0-XII/36/02, am 23.01.2002 in das Bundesgebiet eingereist ist und dem Asyl und damit die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Zu diesem überraschend genannten und im gesamten Verfahren nicht erwähnten Zeugen wurde der BF in der Beschwerdeverhandlung befragt. Er erklärte, dass Herr XXXX der Präsident der Vereinigung der Kongolesen in Österreich sei und dieser zum Beweis dafür namhaft gemacht worden sei, dass der BF aus der DR Kongo stamme. Er erklärte, Herrn XXXX erst in Österreich kennengelernt zu haben, diesen aber schon seit sechzehn Jahren zu kennen (S. 3 Verhandlungsprotokoll). Hier war bereits festzuhalten, dass sich Herr XXXX erst vierzehn Jahre im Bundesgebiet aufhält. Der BF verneinte, dass Herr XXXX irgendetwas über die Fluchtgründe des BF wisse. Der BF konnte auch den Vornamen von Herrn XXXX nicht nennen und meinte vollkommen allgemein, dass dieser immer diese Treffen der Vereinigung veranstalte (S. 3 Verhandlungsprotokoll) In der Folge konnte er auch nichts zu Größe und Sitz der Vereinigung nennen, der Herr XXXX vorsteht. (S. 4 Verhandlungsprotokoll)

Zumal der BF Herrn XXXX im Herkunftsstaat nicht gekannt hat, kann dieser offenbar nicht die Identität des BF bestätigen.

Es mutet auch die Verantwortung des BF absurd an, wonach er nichts zu Vereinigung von XXXX wisse, da er ja in Kärnten lebe und nicht in XXXX (S. 4 Verhandlungsprotokoll). Es ist doch vielmehr so, dass sich der BF den Großteil seines Aufenthaltes im Bundesgebiet in der Region um XXXX aufgehalten hat. Hier wurde er beispielsweise in den Jahren 2014 und 2015 rechtskräftig verurteilt und hier hat er sich im Sommer 2014 in einem XXXX Spital ohne Versicherung behandeln lassen. Er berief sich hier wiederum darauf, es vergessen zu haben. Die Treffen seien lange her gewesen und wohne er jetzt in Kärnten (S. 4 Verhandlungsprotokoll).

Auf weitere Befragung zu XXXX konnte er nicht sagen, aus welchem Grund XXXX die DR Kongo verlassen hat. Er meinte, mit diesem nie direkt darüber gesprochen zu haben, wisse aber, dass es immer um politische Probleme gehe (S. 4 Verhandlungsprotokoll).

Aus den Ausführungen des BF wird jedoch klar, dass ihm besagter Herr XXXX überhaupt nicht näher bekannt ist und sie sich zweifelsfrei im Herkunftsstaat nicht gekannt haben, weshalb dieser evidenter maßen weder über die Identität des BF noch über dessen Verfolgungsgründe irgendwelche Aussagen treffen kann. Der BF konnte letztlich auch nicht nachvollziehbar erklären, warum er auf die Freundschaft mit XXXX nicht schon früher hingewiesen hat, sondern diesen einen Tag vor der Beschwerdeverhandlung namhaft gemacht hat (S. 4 Verhandlungsprotokoll).

Soweit Herr XXXX deshalb namhaft gemacht wurde, um die Herkunft des BF aus der DR Kongo zu bestätigen, war festzuhalten, dass aufgrund der Sprach- und Ortskenntnisse des BF von seiner Herkunft aus der DR Kongo ausgegangen wird, zumal sich seine Angaben in Deutschland zu seiner Staatsangehörigkeit und Identität als falsch herausgestellt haben. Auch die zwischenzeitige Nennung einer anderen Staatsangehörigkeit in Österreich - Elfenbeinküste - erfolgte offenbar lediglich zu Täuschungszwecken, um seine Identität zu verschleiern und im Endeffekt seine Abschiebung zu vereiteln.

Aus diesem Vorbringen war im Übrigen erkennbar, dass der BF offenbar nicht - wie von ihm dargelegt - ein politisch interessierter Mensch - und schon gar kein Oppositioneller zum derzeitigen Machthaber in der DR Kongo ist, hätte er sonst wohl Näheres zu den politischen Fluchtgründen von Herrn XXXX und dessen Vereinigung, bei der er sich an politischen Diskussionen und Veranstaltungen beteiligt haben will, sagen können. Hier wird im Übrigen auch deutlich, dass der BF keine exilpolitische Tätigkeit entfaltet. Dies zeigt sich auch bei Befragung des von ihm namhaft gemachten Zeugen. Der Zeuge Herr XXXX erklärte, Asyl leider nicht bekommen zu haben, aber österreichischer Staatsbürger zu sein, da er hier geheiratet habe. Den BF habe er im Jahr 2001 in Wien kennengelernt und mit diesem von 2003 bis 2006 zusammen gewohnt. In den letzten Jahren hätten sie weniger Kontakt gehabt. Er erklärte, sich mit dem BF in der Sprache Lingala zu unterhalten, weshalb er darauf schließe, dass der BF Staatsangehöriger der DR Kongo sei. Bei den gemeinsamen Treffen würden sie über die politische Lage im Kongo sprechen. Der Zeuge verneinte, mit dem BF über dessen Fluchtgründe gesprochen zu haben. Der Zeuge wusste auch nichts über die Antragstellung des BF in anderen europäischen Ländern und meinte auch, nichts Genaues über die Familie des BF zu wissen. Nach einer politischen Betätigung des BF befragt, meinte der Zeuge, der BF sei einmal bei einer Gruppe gewesen, die sich oppositionsmäßig betätigt habe, wisse der Zeuge jedoch nicht mehr, wann dies gewesen sei und habe sich der Zeuge bei dieser Gruppe auch nicht engagiert. (S. 10 und 11 Verhandlungsprotokoll).

Der Zeuge konnte demnach lediglich bestätigen, dass der BF eine Sprache spricht, die in der DR Kongo gesprochen wird. Das Vorbringen um eine politische Betätigung des BF war dermaßen vage und unbestimmt, dass von keiner politischen Betätigungen des BF auszugehen ist. Der bloße Umstand, dass Gespräche mit anderen Kongolesen über die politischen Gegebenheiten in der DR Kongo besprochen werden, weist auf keine exilpolitische Tätigkeit hin. Darüber hinaus konnte der Zeuge nichts Erhellendes zum BF bzw. zu dessen Identität und dessen Fluchtvorbringen ausführen.

Es muss hier auch klar festgehalten werden, dass sich im Verwaltungsakt keine Anhaltspunkte für eine exilpolitische Betätigung des BF finden. Ein politisches Engagement des BF in Österreich - wie vom Zeugen vollkommen vage und oberflächlich angedeutet - findet sich im Verwaltungsakt nicht. Der BF meinte in der Folge, dass es die XXXX gewesen sei und es eine Gruppe in XXXX gegeben habe. Er gab auch an, man könne Herrn XXXX fragen. Nach Aktivitäten dieser Gruppe befragt, meinte er, dass sie gegen das Regime von Präsident XXXX seien und er an Demonstrationen teilgenommen habe. Auf Aufforderung, dies konkreter zu schildern, meinte er, eben für die Opposition des XXXX in Österreich gewesen zu sein. Er habe gesehen, dass die Politik von Herrn XXXX schlecht sei (S. 11 und 12 Verhandlungsprotokoll). Mit diesem vollkommen beliebigen und unbestimmten Vorbringen hat der BF dargestellt, in keiner Weise politisch zu sein. Geradezu absurd mutet an, wenn er eingangs zu Herrn XXXX und dessen Gruppe kaum Aussagen tätigen kann und er diesen und dessen Gruppe offensichtlich nicht näher kennt und meint, dass XXXX zu den Aktivitäten der Gruppe Aussagen tätigen könne, was ja auf der Hand liegt. Dass jedoch der BF keine Aussagen zu Herrn XXXX, dessen politischen Hintergrund sowie dessen Gruppe nennen kann, spricht eindeutig gegen eine politische Tätigkeit des BF für diese Vereinigung. Auch sein eigenes Wissen zur politischen Situation in der DR Kongo beschränkt sich auf die Aussage, dass er gegen XXXX sei, da dessen Politik schlecht sei. Irgendwelche Anhaltspunkte, die darauf hindeuten würden, dass der BF politisch sei bzw. politisch tätig sei, haben sich nicht ergeben und hat der erkennende Richter diesen Eindruck vom BF in der Beschwerdeverhandlung auch nicht gewonnen.

Der BF erklärte am Ende der Befragung zu seinen Verfolgungsgründen einmal mehr vollkommen stereotyp, sein einziger Grund sei "Asyl wegen der Politik, wegen der Opposition" (S. 12 Verhandlungsprotokoll).

Es muss auch noch einmal festgehalten werden, dass der BF in seinen Verfahren wiederholt wahrheitswidrige Angaben zu seiner Identität und zu seiner Herkunft angeführt hat. Es wurde bereits dargelegt, dass der BF sich als Staatsangehöriger der Elfenbeinküste mit falscher Identität und unbekanntem Geburtsdatum ausgegeben hat. Dass er vollkommen seine Mitwirkung an wahrheitsgemäßen Angaben verweigerte, wird am folgenden Beispiel deutlich: So erklärte er in einer Niederschrift vor der BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, am 26.01.2005 auf die Fragen nach seinem Namen und seiner Herkunft:

"Frage: Wie lautet Ihr Name? Antwort: Madame, ich sag Ihnen den Namen nicht, den wissen Sie ja ohnehin. Frage: Aus welchem Land kommen Sie? Antwort: Afrika. Ich habe nichts mehr zu sagen und bleibe bei meinen Angaben..." (AS 779 im Fremdenakt).

Zusammengefasst war festzuhalten, dass der BF keinen glaubhaften Verfolgungsgrund angeben konnte und er auch in Österreich nicht in politischer Opposition gegen das Regime in seinem Herkunftsstaat in einer nach außen erkennbaren Weise tätig geworden ist. Dies ergibt sich aus den widersprüchlichen, oberflächlichen, vagen und vollkommen beliebigen Ausführungen des BF in diesem Zusammenhang. Er hat auch offensichtlich einen Zeugen (Herrn XXXX) namhaft gemacht, der und dessen Organisation ihm gar nicht näher bekannt ist. Auch der weitere genannte Zeuge konnte nichts Erhellendes zum BF und dessen Vorbringen sagen, sondern hat dessen Aussage das Vorbringen in ein noch unglaubwürdigeres Licht gerückt.

Durch die über Jahre getätigten unwahren Aussagen und die mangelnde Mitwirkung durch mehrere Asylverfahren und fremdenrechtliche Verfahren war auch die persönliche Glaubwürdigkeit des BF zu verneinen. Es war demnach - abgesehen von seiner Herkunft aus der DR Kongo, die sich aus seinen Sprach- und Ortskenntnissen ergibt - von der Unglaubwürdigkeit seiner weiteren Angaben auszugehen.

Die zitierten Länderinformationen zur DR Kongo beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar, weshalb kein Anlass besteht, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Soweit Quellen älteren Datums genannt wurden, weisen die unverändert die erforderliche Aktualität zur Beurteilung des gegenständlichen Beschwerdefalles auf. Der BF bzw. dessen Vertreter ist diesen auch nicht entgegengetreten und ist trotz eines Fristerstreckungsantrags des Rechtsvertreters und weiterem Zuwarten mit der Entscheidung keine abschließende Stellungnahme, wie noch im Zuge der Beschwerdeverhandlung in den Raum gestellt, hg. eingelangt.

Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des unpolitischen BF als Zivilpersonen kann für die DR Kongo nicht erkannt werden. Auch aus dem Umstand seiner Antragstellung im Ausland sind im Lichte der Länderfeststellungen keine Probleme im Fall einer Rückkehr in die DR Kongo verbunden. Dies ergibt sich eindeutig aus den unwidersprochen gebliebenen Länderinformationen, wo im Übrigen selbst bei exilpolitischen Tätigkeiten von keiner maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung für den Fall einer Rückkehr ausgegangen wird. Eine solche wurde jedoch - wie dargelegt - vom BF nicht glaubwürdig dargelegt.

In der Beschwerdeverhandlung wurde von ihm noch einmal ausdrücklich verneint, abgesehen von den als unglaubwürdig bewerteten politischen Problemen andere Probleme im Herkunftsstaat gehabt zu haben. Probleme im Zusammenhang mit seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit wurden von ihm nie behauptet. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich im Übrigen, dass die DR Kongo ein Vielvölkerstaat mit rund 250 ethnischen Gruppen ist, wobei die Lage für ethnische Gruppen teilweise schwierig ist, jedoch eine systematische und zielgerichtete Verfolgung nicht auszumachen ist.

Eine ausweglose Situation für den Fall einer Rückkehr ist beim BF auch sonst nicht erkennbar. Der BF hat sich die letzten zweieinhalb Jahrzehnte in unterschiedlichen europäischen Staaten aufgehalten und hat es offenbar bewerkstelligt, für sich und seine lebensnotwendige Bedürfnisse zu sorgen. Im Bundesgebiet hat er offenbar Kontakt zu anderen Staatsangehörigen der DR Kongo und hat auch nach wie vor bessere Sprachkenntnisse seines Herkunftsstaats als Deutschkenntnisse.

Beim BF liegt offenbar auch keine schwerwiegende bzw. akut behandlungsbedürftige Erkrankung vor. Soweit er in der Beschwerdeverhandlung einen Kurzarztbrief vorgelegt hat, laut dem bei ihm eine Anpassungsstörung vorliegt, war auf sein Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung zu diesem Befund zu verweisen.

So meinte er, zu seinem Gesundheitszustand befragt, er habe viele Sorgen und Stress. Nach Vorlage des Arztbriefes wurde er gefragt, bei wem, seit wann und wie oft er in Behandlung stehe und meinte er hier vorerst nicht auf die Frage eingehend, viele Sorgen im Kopf und viel Stress zu haben, weil er schon siebzehn Jahre hier sei. Dann meinte er, seit einem Monat in Behandlung zu stehen. Der Name des behandelnden Arztes stehe auf dem Kurzarztbrief, habe er diesen aber eigentlich vergessen. Auf Vorhalt, dass er laut dem vorgelegten Kurzarztbrief nur einmal an einem Tag und zwar am 16.06.2016 auf der Ambulanz bei einer Ärztin gewesen sei, meinte er, dass dies richtig sei. Er sei nur einmal dort gewesen und habe der Ärztin seine Sorgen geschildert. (S. 3 Verhandlungsprotokoll) Hier wird wiederum die Beliebigkeit des Vorbringens deutlich, war er doch fünf Tage vor der Verhandlung einmalig in ambulanter Behandlung und nicht wie von ihm behauptet seit einem Monat.

In der Beschwerdeverhandlung verneinte der BF auch explizit, dass gesundheitliche Probleme gegen seine Rückkehr in die DR Kongo sprechen würden. Vielmehr erklärte er, ausschließlich politische Gründe zu haben, die ihn an einer Rückkehr in die DR Kongo hindern würden. (S. 12 Verhandlungsprotokoll).

Hier wird einmal mehr deutlich, dass der BF nichts unversucht lässt, Umstände zu konstruieren, die allenfalls gegen seine Rückkehr in die DR Kongo sprechen könnten. Der Besuch einer allgemeinen psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Ambulanz fünf Tage vor der Beschwerdeverhandlung beim Bundesverwaltungsgericht, wo sich seit dem Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet seit dem Jahr 1999 keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende, akut behandlungsbedürftige psychische Beeinträchtigung ergeben haben, mutet mehr als fragwürdig an, hat sich aus dem Kurzarztbrief jedoch lediglich ergeben, dass der BF an einer Anpassungsstörung leidet und wurde ihm im Fall von Schlafstörungen ein Schlafmittel verschrieben.

Beim BF liegt demnach erkennbar kein Krankheitsbild vor, das seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde und hat er, wie bereits dargelegt, nicht ausgeführt, bei einer Rückkehr aufgrund seines Gesundheitszustandes in eine lebensbedrohliche oder ausweglose Situation zu geraten. Derartiges war eindeutig zu verneinen und sind auch bis zum Entscheidungszeitpunkt keine weiteren medizinischen Unterlagen oder Stellungnahmen eingelangt, die auf eine schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche Erkrankung hindeuten würden bzw. weitere Ermittlungsschritte hinsichtlich des Gesundheitszustandes des BF indiziert hätten.

Der BF hat sich in der Beschwerdeverhandlung im Übrigen als arbeitswillig und -fähig bezeichnet und hat im Herkunftsstaat nach seinen Ausführungen eine Ausbildung zum Tischler absolviert. Auch wenn im Herkunftsstaat schwierige wirtschaftliche Verhältnisse herrschen, waren daraus für den ledigen, kinderlosen, arbeitswilligen und -fähigen BF keine Hindernisse erkennbar, die seiner Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK entgegenstehen würden. Auch sein Lebenswandel in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten spricht gegen eine Hilflosigkeit des BF für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat und war zusätzlich auf die in den Länderfeststellungen dargelegten Unterstützungen für Rückkehrer durch NROs und kirchliche Organisationen zu verweisen.

Es haben sich auch sonst keine weiteren Hinweise ergeben, die seiner Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK entgegenstehen würden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH v. 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH v. 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; VwGH v. 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH v. 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vgl. auch VwGH v. 16.02.2000, Zl. 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH v. 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH v. 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH v. 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; VwGH v. 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH vom 27.01.2000, 99/20/0519, VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256, VwGH vom 04.05.2000, 99/20/0177, VwGH vom 08.06.2000, 99/20/0203, VwGH vom 21.09.2000, 2000/20/0291, VwGH vom 07.09.2000, 2000/01/0153, u.a.).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Aus den Gesamtangaben des BF ist nicht ableitbar, dass dieser zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte. Das Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung oder Probleme im Herkunftsstaat im asylrelevanten Ausmaß haben sich als nicht glaubwürdig herausgestellt.

Dem BF ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, darzulegen. Für den BF war dementsprechend auch keine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, fassbar.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

§ 8 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

Weder aus den Angaben des BF zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

Ausgehend von den vom Bundesasylamt dargestellten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der DR Kongo einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den BF für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden.

Weiters ist diesbezüglich auszuführen, dass der BF zwar seit vielen Jahren nicht mehr im Herkunftsstaat gewesen ist, jedoch im Bundesgebiet mit Angehörigen der DR Kongo, die sich in Österreich aufhalten, Kontakt gehalten hat und offenbar auch mit Freunden in der DR Kongo in Kontakt gestanden ist. Es muss auch bemerkt werden, dass der BF offensichtlich die Unwahrheit über seine familiären Anknüpfungspunkte in der DR Kongo gesagt hat, weshalb nicht geklärt werden kann, ob dort tatsächlich keine Familienangehörigen mehr aufhältig sind.

Der BF hat nach eigenen Ausführungen Tischler gelernt und in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten bewiesen, dass er flexibel ist und sich auf neue und schwierige Lebenssituationen einstellen kann. So konnte er mehrere Staaten Europas bereisen und hat sich auch in Österreich über Jahre als Obdachloser sein Leben bewerkstelligt. Er spricht im Übrigen im Unterschied zu Österreich unverändert die Sprachen seines Herkunftsstaates und hat sich in der Beschwerdeverhandlung als arbeitswillig und arbeitsfähig präsentiert. Der ledige und kinderlose BF wird demnach im Herkunftsstaat seinen Lebensunterhalt durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- oder Nischenwirtschaft stattfinden. Es war im Übrigen auf Unterstützungsleistungen durch NROs oder kirchliche Organisationen zu verweisen.

Für den erkennenden Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, dass der BF für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die DR Kongo sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Im Vergleich zum Bundesgebiet beherrscht er trotz der langen Ortsabwesenheit im Gegensatz zur deutschen Sprache die Sprachen seines Herkunftsstaates und hat auch im Bundesgebiet Kontakt mit Kongolesen bzw. mit Kongolesen im Herkunftsstaat gehalten.

Unter Verweis auf die zuvor zitierten Länderinformationen kann für die DR Kongo, trotz einer wirtschaftlich schwierigen Situation, zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.

Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen.

Dem BF ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass er im Falle einer Abschiebung in die DR Kongo in eine "unmenschliche Lage" versetzt würden. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung nicht gegen Art. 2, Art. 3 EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 und auch nicht gegen Art. 15 lit. c StatusRL.

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des BFA abzuweisen.

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der BF befindet sich nach seiner Antragstellung im Oktober 1999 durchgehend im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Er ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der BF ist als Staatsangehöriger der DR Kongo kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben iSd. Art. 8 EMRK. Er ist ledig und hat keine leiblichen Kinder. Er lebt auch in keiner Beziehung.

Ist im gegenständlichen Fall demnach ein Eingriff in das Familienleben iSd. Art. 8 EMRK zu verneinen, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des BF eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. I in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 umgesetzt und findet sich nunmehr in § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG.

In seiner aktuellen Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Fall eines mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthaltes eine Rückkehrentscheidung infolge einer Abwägung nach § 9 BFA-VG für zulässig erachtet, da dieser langjährige Aufenthalt nur auf Grund der festgestellten Täuschungshandlungen des Revisionswerbers durch absichtlichen Gebrauch einer - die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vereitelnden - Aliasidentität ermöglich worden war (vgl. zur Bedeutung unrichtiger Identitätsangaben zuletzt etwa den Beschluss des VwGH vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0009, Rz 15, mwN) (VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0183)

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

Keine Verletzung von Art. 8 EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte - die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vgl. auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Art. 8 EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vgl. ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerdeverhandlung ergibt sich Folgendes:

Es wurde nicht behauptet, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des BF in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet liegt und war Derartiges auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die außerordentlich lange Verfahrensdauer ergibt sich vielmehr aus der mittlerweile viermaligen Antragstellung des BF. Über den BF sind wiederholt bestandskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhängt worden, hat er sich jedoch beharrlich geweigert, das Bundesgebiet zu verlassen. Selbst ein befristetes Aufenthaltsverbot hat er ignoriert. Über den BF wurde wiederholt die Schubhaft verhängt, insbesondere auch zur Identitätsfeststellung, doch hat er die Behörden über mehr als ein Jahrzehnt über seine Identität getäuscht und steht diese mangels Mitwirkung des BF an seiner Identitätsfeststellung unvermindert nicht fest. Der BF hat bereits in den frühen 90er Jahren in Deutschland als XXXX, geb. XXXX, Staatsangehöriger von Angola, einen Asylantrag gestellt. Dies wurde von ihm jedoch ebenso wie ein Aufenthalt samt Asylantragstellung in Frankreich beharrlich bestritten. Erst im Zuge seiner Beschwerdeverhandlung im Juni 2016 gestand er ein, dass er in Frankreich und Deutschland um Asyl angesucht hat und dabei in Deutschland unter falscher Identität und falschem Geburtsdatum aufgetreten ist und dort im Übrigen gefälschte Dokumente vorgelegt hat. Im Bundesgebiet erklärte er im Übrigen auch XXXX, geb. unbekannt, Staatsangehörigkeit von Côte d'Ivoire, zu sein. Es wurde im Lichte seiner unterschiedlichen angegebenen Staatsangehörigkeiten durch die Behörden versucht, bei den Botschaften der vom BF genannten Herkunftsstaaten ein Heimreisezertifikat zu erlangen, was jedoch - auch im Hinblick auf die DR Kongo - nicht erfolgreich war. Der BF war über Jahre hindurch nicht gewillt, an seinen Verfahren in irgendeiner Weise mitzuwirken und ist sein ständiges Untertauchen bzw. seine mangelnde Mitwirkung am Verfahren auch dadurch dokumentiert, dass er wiederholt - jedoch vergeblich - in Schubhaft genommen werden musste. Aufgrund seines ständigen Untertauchens und dem Verletzen seiner Meldeverpflichtung wurde auch sein Beschwerdeverfahren zum dritten Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig eingestellt und konnte nicht mehr fortgesetzt werden. Im AV des zu diesem Zeitpunkt zuständigen Asylgerichtshofes wurde festgehalten, dass der BF eine Obdachlosenmeldung aufweist, seiner Meldeverpflichtung jedoch noch nie nachgekommen ist.

Die extrem lange Aufenthaltsdauer des BF im Inland von 17 Jahren resultiert demnach aus dem Umstand, dass der BF verschiedene Identitäten benutzt und es über Jahre erfolgreich bewerkstelligt hat, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu vereiteln. Er ist auch sonst seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und hat sich seinen Verfahren wiederholt durch Untertauchen entzogen und ist auch seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen. Auch hat er mittlerweile vier unbegründete Asylanträge bzw. Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Im vorliegenden Fall liegt der bisherige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet evidenter maßen nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet, sondern trägt allein der BF die Verantwortung hiefür. Dem Umstand des 17 Jahre langen Aufenthaltes im Bundesgebiet kann demnach keine hervorgehobene Bedeutung zugemessen werden.

Der BF hat seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Übrigen überhaupt nicht genutzt, um sich nachhaltig zu integrieren. Ganz im Gegenteil ist er in den Jahren 2014 und 2015 rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Auch wenn es sich lediglich um versuchte Diebstähle handelt, mutet es doch befremdlich an, dass der BF nach jahrelangem Aufenthalt im Bundesgebiet, wo er mit den österreichischen Gesetzen vertraut sein müsste, wiederholt versucht hat, zu stehlen.

Strafrechtliche Verurteilungen verschieben die Interessen eines Asylwerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet massiv, vor allem wenn diese wiederholt und auch längere Zeit nach der Einreise, wo dieser mit der österreichischen Rechtsordnung schon vertraut sein müsste, erfolgen.

Der BF ist demnach nicht unbescholten.

Unverständlich erscheint bei einem Aufenthalt von 17 Jahren schließlich, dass der BF nach wie vor der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist. Er legte lediglich Deutschkursbesuchsbestätigungen aus 2015 und 2016 vor und lediglich eine Prüfungsbestätigung auf dem Niveau A1. Er erklärte in der Beschwerdeverhandlung im Übrigen, sich nicht aus-, fort- oder weitergebildet zu haben. Der BF erklärte, drei Jahre bei der MA 48 in XXXX bei der Straßenreinigung tätig gewesen zu sein, wobei diese Tätigkeit offenbar jahrelang zurückliegt. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung konnte der BF auch nicht darlegen, welche konkreten Vorstellungen betreffend eine Arbeit er in Zukunft hat. Er meinte, wenn er gut Deutsch spreche, sei alles gut und alles klar. (S. 12 und 13 Verhandlungsprotokoll)

Die anwesende Rechtsberaterin verwies darauf, dass in der Aufenthaltsgemeinde des BF seitens der Gemeinde und des örtlichen Pfarrers kein besonders asylwerberfreundliches Klima herrsche. Sie meinte auch, dass es keine konkrete Zusage gebe, dass der BF bei Erhalt der notwendigen Papiere eine Arbeitsstelle bekommen würde. (S. 13 Verhandlungsprotokoll)

Festzuhalten war demnach, dass der BF nach 17 Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet keine ausreichenden Deutschkenntnisse aufweist, in einem Quartier für Asylwerber lebt und von der Grundversorgung abhängig ist. Er ist auch kein Mitglied in einem Verein.

Vorgelegt wurden lediglich Zeitungsberichte über das Asylquartier des BF sowie Schreiben über die Teilnahme an Sozialprojekten für Asylwerber bzw. Empfehlungsschreiben, in denen keine Verpflichtungserklärung für den BF abgegeben wurde. Auch wurde eine Bestätigung über den regelmäßigen Kirchenbesuch des BF vorgelegt.

Betreffend den BF war demnach ganz ohne Zweifel von keiner fortgeschrittenen Integration auszugehen und war eine baldige Überwindung der Grundversorgung geradezu auszuschließen, hat der BF in den 17 Jahren seines Aufenthaltes doch kaum Bemühungen gezeigt, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren und sich nicht einmal ausreichend Deutsch angeeignet.

Wenn er demnach bereits seit langer Zeit nicht mehr im Herkunftsstaat aufhältig gewesen ist, spricht er im Vergleich zum Bundesgebiet unverändert die Sprachen seines Herkunftsstaates und hat selbst zur Beschwerdeverhandlung einen Zeugen kongolesischen Ursprungs mitgebracht bzw. primär von Kontakten zu Kongolesen in Österreich, aber auch im Herkunftsstaat gesprochen.

Bei einer Zusammenschau all dieser Aspekte überwiegen im vorliegenden Fall jene Umstände, die für eine Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat sprechen. Wie dargelegt, hat der BF die lange Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet selbst zu verantworten, indem er über seine Identität getäuscht und damit die Ausstellung eines Heimreisezertifikates hintangehalten hat, seinen Mitwirkungspflichten im Verfahren nicht nachgekommen ist, mittlerweile vier unbegründete Anträge gestellt hat, er illegal eingereist ist, strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und sich hier trotz langjährigem Aufenthalt in keiner Weise nachhaltig integriert hat. Für einen weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet waren kaum Umstände erkennbar und muss noch einmal besonders hervorgehoben werden, dass der BF nach 17jährigem Aufenthalt in Österreich unverändert kein ausreichendes Deutsch spricht.

Den privaten Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH v. 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, u. v.a.).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der Verhinderung von Straftaten sowie an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privatleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau festzuhalten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.

Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe dass der angefochtene Bescheid einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

In diesem Zusammenhang war darauf zu verweisen, dass eine Prüfung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu Unrecht erfolgt ist. Dies wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. 2015/21/0101, klargestellt, wo er darauf verweist, dass eine amtswegige Prüfung, ob dem Fremden ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen wäre, über deren "Ergebnis" gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen ist, nur für den Fall vorgesehen ist, dass eine Rückkehrentscheidung im Grunde des § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Jedenfalls nach der Neufassung des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 durch das FrÄG 2015 bietet dessen Abs. 3 keine Rechtsgrundlage (mehr), in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung erlassen oder nur für vorübergehend unzulässig erklärt wird, darüber hinaus auch noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen, mag der Fremde dadurch auch nicht in Rechten verletzt sein, wenn der im dargestellten Sinn erfolgte Abspruch über die Rückkehrentscheidung zu Recht ergangen war.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in die DR Kongo ist gegeben, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige besondere Umstände wurden nicht dargelegt, weshalb die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen festzulegen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu

A) wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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