BVwG W112 2140461-1

BVwGW112 2140461-12.12.2016

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3
BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W112.2140461.1.00

 

Spruch:

W112 2140461-1/13E

Schriftliche Ausfertigung des am 30.11.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Marokko, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016, Zl. 408404900-160609056, und die Anhaltung in Schubhaft ab 24.10.2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG abgewiesen und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft rechtmäßig war.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 19.04.2007 ausweislos in einem verschlossenen WC des internationalen Reisezuges EC 86 aus XXXX in XXXX von der Polizei aufgegriffen, festgenommen und nach Italien zurückgeschoben.

Der Beschwerdeführer kehrte noch am selben Tag von Italien nach Österreich zurück. Er stellte am 25.04.2007 bei der Erstaufnahmestelle OST einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde nach drei Tagen in der Erstaufnahmestelle West in Schubhaft genommen.

Am 03.06.2007 wurde er wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen und ins Krankenhaus überstellt, weil er sich auf Grund eines amtsärztlich festgestellten LSD-Backflashes Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten am Oberschenkel zugefügt hatte, seinen Angaben zufolge aus dem Grund, der Ausweisung zu entgehen. Nach der Entlassung befand sich der Beschwerdeführer einen Tag lang in der Erstaufnahmestelle West, danach wurde er in die Erstaufnahmestelle Ost überstellt, wo er bis 11.07.2007 gemeldet war, danach wurde der Beschwerdeführer wegen unbekannten Aufenthalts abgemeldet.

Ab 17.09.2007 verfügte der Beschwerdeführer über eine Meldeadresse in XXXX. Mit Bescheid vom 05.11.2007 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz wegen der Zuständigkeit Italiens zurück- und der Beschwerdeführer nach Italien ausgewiesen, nachdem der Beschwerdeführer nicht zu der niederschriftlichen Einvernahme erschien, zu der er per RSa-Schreiben an seine Meldeadresse geladen war. Der Bescheid, der ihm an seine Meldeadresse zugestellt wurde, den der Beschwerdeführer aber nicht behob, erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer wurde vom Landesgericht XXXX am 21.12.2007 wegen eines Suchtmitteldelikts zu 9 Monaten Freiheitsstrafe, davon sieben Monate bedingt, verurteilt, die Probezeit wurde mit 3 Jahren festgesetzt. Von 28.11.2007 bis 25.01.2008 befand sich der Beschwerdeführer in den Justizanstalten XXXX. Der Beschwerdeführer wurde am 08.02.2008 beim unrechtmäßigen Aufenthalt betreten und zur Verhängung von Schubhaft einvernommen. Hiebei gab er an, dass er am 11.02.2008 einen Termin betreffend die Beschwerdeerhebung in seinem Asylverfahren habe. Seine Sozialarbeiterin habe eine Arbeit für ihn, aber er könne diese noch nicht ausüben, weil er zu wenig Deutsch spreche. Er habe eine Freundin, mit der er ein Kind bekomme. Der Schubhaftbescheid wurde ihm nicht zugestellt, weil der Beschwerdeführer infolge multiplen Drogenabusus und Androhung von Selbstverletzung laut amtsärztlichem Gutachten vom selben Tag nicht haftfähig war.

Von 18.02.2008 bis 31.03.2008 verfügte der Beschwerdeführer über eine Obdachlosenmeldeadresse in XXXX. Der Beschwerdeführer wurde am 31.03.2008 festgenommen. Ihm wurde Parteiengehör betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gewährt. Mit Bescheid vom selben Tag wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt. Der Beschwerdeführer trat in Hungerstreik. Am 01.04.2008 versuchte der Beschwerdeführer, sich zu erhängen. Er wurde von Amtsarzt und Psychiater für haftfähig erachtet und in einer besonders gesicherten Zelle untergebracht.

Mit Bescheid vom 02.04.2008, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme, wurde über den Beschwerdeführer ein bis 01.04.2018 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Am 07.04.2008 fügte sich der Beschwerdeführer mit einem spitzen Teil aus dem Drahtrost des Eisenbettes am rechten Oberschenkel mehrere Schnittwunden zu und erklärte, sich noch tiefere Wunden zuzufügen. Der Beschwerdeführer wurde amtsärztlich versorgt, begutachtet und für haftfähig befunden. Er wurde wiederum in einer speziell gesicherten Zelle untergebracht. Am 10.04.2008 wurde der Beschwerdeführer belgeitet von einer Escorte von drei Exekutivbeamten des Sondereinsatzkommandos nach Italien abgeschoben. Der Flug verlief ohne Probleme.

2. Am 03.12.2008 wurde der Beschwerdeführer bei der Einreise nach Österreich mittels PKW festgenommen. In der Einvernahme am 06.12.2008 gab er an, das erste Mal seit seiner Abschiebung wieder in Österreich zu sein. In Italien fahre er viel herum, verkaufe Handschuhe etc. Er habe seine Tochter besuchen wollen und in XXXX zwei Marokkaner und zwei Türken getroffen und sie ersucht, ihn mitzunehmen. Er wolle zurück nach Italien, weil er dort seine Arbeit habe. Von den im PKW befindlichen Drogen habe er nichts gewusst. Mit Bescheid vom selben Tag wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt. Noch am selben Tag entzündete sich das Bett des Beschwerdeführers in der Sicherheitszelle, in der er sich in Einzelhaft befand; der Beschwerdeführer wurde mit einer Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus überstellt und wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen.

Von 16.12.2008-22.04.2009 war der Beschwerdeführer in XXXX obdachlos gemeldet. Am 09.01.2009 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats des Königreichs Marokko für den Beschwerdeführer eingeleitet.

Am 05.02.2009 wurde die Polizei zur Mutter der Tochter des Beschwerdeführers gerufen, weil der Beschwerdeführer sie zweimal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen habe. Er habe ihr am 17.12.2008 per Telefon gedroht, er werde zu ihr nach Hause kommen und eine Katastrophe anrichten. Er habe ihr angekündigt, vor ihrer Haustüre zu warten, sie abzupassen und mit einem Messer niederzustechen. Er werde ihr ihr Kind nehmen und zu seinen Eltern nach Marokko bringen. Am 05.02.2009 habe er eine Freundin von ihr angerufen und auch ihr gedroht, sie abzupassen und umzubringen, weil er wisse, wo sie wohne. Der Beschwerdeführer kam freiwillig zur Klärung des Sachverhalts auf die Polizeiinspektion, gab an, dass die Anschuldigungen nicht stimmten, da es sich um seine Freundin und eine gute Freundin von ihm handle. Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft verhängt. Er wurde am selben Tag aus der Schubhaft entlassen, da er angab, eine Rasierklinge verschluckt zu haben, weil er vorgehabt habe, sich in der Nacht umzubringen.

Seit 22.04.2009 befand sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.07.2009 wegen schweren Raubes und gefährlicher Drohung gegen die Freundin der Mutter seiner Tochter zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt, betreffend die gefährliche Drohung gegenüber der Mutter seiner Tochter wurde er freigesprochen. Am wurde 17.02.2010 der Beschwerdeführer in die Justizanstalt XXXX überstellt. Der Beschwerdeführer befand sich bis 24.10.2016 in Strafhaft.

Am 02.06.2009 teilte die österreichische Botschaft in Rabbat mit, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Fingerabdrücke identifiziert wurde. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um XXXX, geboren am XXXX in XXXX, Sohn von XXXX und XXXX, wohnhaft XXXX, Inhaber des Personalausweises Nr. XXXX. Mit diplomatischer Note vom 09.07.2009 teilte die Botschaft des Königreichs Marokko mit, dass der Beschwerdeführer als XXXX identifiziert wurde.

Mit Schreiben vom 07.01.2010 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots und die Verhängung von Schubhaft eingeräumt. Der Beschwerdeführer erstattete am 09.01.2010 die folgende Stellungnahme:

"Ich XXXX bin jetzt 4 Jahre in XXXX, und habe jetzt 7 Jahre Strafe bekommen, und es tut mir leid auch für meine Familie. Ich bin verlobt und habe ein Kind dessen Name. Meine Frau XXXX geb. am XXXX und mein Kind XXXX geb. XXXX. Wohnhaft in XXXX ich wohne auch bei Ihnen. Ich beantrage gleichzeitig Asyl für mich. Da ich in Marokko keine Familie habe und nur Probleme habe. Darum habe ich in Österreich eine Familie und ich werde auch Arbeiten gehen um meine Familie zu erhalten. Ich liebe meine Frau und mein Kind über alles. Bitte helfen sie mir einmal noch. Ich werde nie mehr straffällig und werde ein ehrliches Leben führen und arbeiten für meine Familie. Danke."

3. Am 28.01.2010 wurde der Beschwerdeführer zu seinem Folgeantrag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Hiebei gab er u.a. an, dass er seit dem rechtskräftigen Bescheid im ersten Asylverfahren Österreich nicht verlassen habe. Er sei nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt. Als Grund für den Folgeantrag gab er seine Tochter an. In Marokko hab er keine Familie, seine Eltern seien gestorben. Seine Schwester könne Beweise erbringen. In XXXX habe er bei der Polizei zwei Anzeigen gegen eine Familie erstattet, weil er ein Familienmitglied mit dem Messer verletzt habe. Die neuen Gründe seien sein Kind und die Schwierigkeiten, die er in Marokko habe. Er fürchte, dass ihn die Familie aus Rache töten wolle, deren Familienmitglied er mit dem Messer verletzt habe. Wenn er nach Marokko zurückkehre, müsse er noch fünf Jahre ins Gefängnis, wo er unmenschlich behandelt werde. Die neuen Gründe seien die Wahrheit. Im ersten Asylverfahren habe ihm ein Freund gesagt, dass er bewusst lügen solle, um Asyl in Österreich zu erhalten. Er wolle seine Strafe absitzen, ein braver Mensch werden und mit seiner Familie normal leben. Er liebe Österreich und wolle hier bleiben. Er stelle den Asylantrag aus Angst abgeschoben zu werden.

Das Verfahren wurde am 04.02.2010 in Österreich zugelassen. Der Beschwerdeführer wurde niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid vom 26.08.2010 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer nach Marokko ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 abgewiesen.

4. Mit Bescheid vom 26.02.2011, dem Beschwerdeführer zugestellt am 05.03.2011, wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

5. Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 29.04.2016, dem Beschwerdeführer zugestellt am 06.05.2016, Parteiengehör zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot und zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eingeräumt.

Am 29.04.2016 ersuchte Österreich unter Berufung auf das Schreiben der Botschaft des Königreichs Marokko vom 09.07.2009 um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer.

Am 19.05.2016 wiederrief der Beschwerdeführer seinen Antrag auf freiwillige Rückkehr mit der Begründung, er sei nicht mehr rückkehrwillig.

Mit Aktenvermerk vom 20.05.2016 wurde das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots auf Grund des unbefristet gültigen Aufenthaltsverbots vom 28.02.2011 eingestellt.

Am 21.07.2016 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er Folgendes ausführt:

"Es tut mir sehr leid, dass ihr ihren Brief vom 29.04.2016 nicht sofort beantwortet habe und ersuche mein jetziges Schreiben dennoch zur Kenntnis zu nehmen und die Frist zu erstrecken. Bezugnehmend auf meine persönlichen Verhältnisse gebe ich an, dass ich 2007 nach Österreich gekommen bin, um hier ein neues Leben aufzubauen. Ich war in XXXX gemeldet. Vor meiner Haft habe ich den Beruf Gärtner erlernt und ausgeübt. Hier in der XXXX habe ich zusätzlich Schneider gelernt und bediene meine eigene Maschine als Maschinenmeister in der Druckerei. Ich bin mit der Mutter meines Kindes verlobt. Zur Hochzeit ist es auf Grund der Verhaftung nicht mehr gekommen. Meine Tochter heißt XXXX, geboren am XXXX und sie ist österreichische Staatsbürgerin. Derzeit lebt sie bei ihrer Tante, der Schwester meiner Verlobten in XXXX. Ich habe vor meiner Einreise in Österreich in XXXX, Marokko, gewohnt. Nach meiner Haftentlassung werde ich bei Frau XXXX in XXXX wohnen und will mir eine normale Arbeit suchen. Ich möchte mich in Österreich auch zuliebe meiner Tochter anpassen und zum christlichen Glauben konvertieren. Ich lehne es ab, mit diesen fanatischen Menschen, weder in Haft, noch in Freiheit, etwas zu tun zu haben. Ich würde auch der Polizei helfen wollen bei der Ausforschung von radikalen Personen. Ich werde in Marokko weder strafrechtlich noch politisch verfolgt. Meine Deutschkenntnisse sind ausreichend. Ich habe zwar noch nie einen Deutschkurs besucht, habe mir aber alles über das Fernsehen und mit Büchern selbst beigebracht. Ich ersuche Sie mir eine Chance zu geben, ich habe mich hier den kulturellen Gegebenheiten angepasst. Während meiner Haftstrafe habe ich mich hauptsächlich mit Österreichern abgegeben."

In Kopie legte der Beschwerdeführer zwei Mal einen Teil eines Briefes mit Zeichnung in Kinderschrift bei, drei Fotos sowie das Protokoll des Bezirksgerichts XXXX vom 08.09.2015, wonach die Kindsmutter XXXX betreffend die seit 2011 bei Pflegeeltern in XXXX lebende mj. XXXX ein Kontaktrecht erhält und ihre Tochter einen Tag die Woche zu sich nehmen darf.

Laut Email vom 02.08.2016 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer unter Vorlage einer Flugbuchung in Aussicht gestellt. Am 03.10.2016 wurde um die Flugbuchung für den Beschwerdeführer und die Bereitstellung eines Escorts aus drei Exekutivbeamten ersucht. Der Flug wurde am 05.10.2016 für den 27.10.2016 gebucht. Am 06.10.2016 wurde der Escort bekanntgegeben. Am selben Tag ersuchte Österreich Italien um die Durchbeförderung des Beschwerdeführers. Am 11.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Abschiebetermin mitgeteilt.

6. Mit Bescheid vom 11.10.2016, dem Beschwerdeführer zugestellt am 16.10.2016, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt, wobei die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten. Gemäß § 113 Abs. 1 FPG sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Vollzugs der Schubhaft zu ersetzen hat.

Im Verfahrensgang führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer spätestens am 19.04.2007, binnen Stunden zwei Mal von Italien kommend illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Am 25.04.2007 habe er den ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt, wobei er angegeben habe, den Namen XXXX zu führen, aus Marokko zu stammen und am XXXX geboren zu sein. Zur Sicherung der Erlassung der Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung sei er mit Bescheid vom 27.04.2007 in Schubhaft genommen worden. Am 03.06.2007 sei der Beschwerdeführer infolge von Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen worden, da er sich zuvor in einem später amtsärztlich festgestellten LSD Backflash Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten auf seinem Oberschenkel zugefügt habe, um nach eigenen Angaben einer Ausweisung entgegenzuwirken. Nach der Entlassung aus der Landes-Nervenklinik am 12.06.2007 sei er am selben Tag in einem Quartier der EAST West untergebracht worden. Nach erfolgreichen Dublinkonsultationen sei sein erster Antrag am 05.11.2007 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen, sowie für die Prüfung seines Antrages gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO Italien als zuständig erklärt worden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 sei der Beschwerdeführer nach Italien ausgewiesen worden. Seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung sei gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 als zulässig beschieden worden. Nachdem er seine Mitwirkungspflichten verletzt habe und ungerechtfertigt nicht zur Einvernahme am 05.11.2007 bei der EAST Ost erschienen sei und auch sein Aufenthalt sonst nicht auf einfache Weise feststellbar gewesen sei, sei dieser angeführte Bescheid nach Zustellung gemäß § 23 Abs. 3 AsylG 2005 am 24.11.2007 negativ in Rechtskraft erwachsen. Am 30.11.2007 sei bei der BAA EAST Ost die Meldung eingelangt, dass sich der Beschwerdeführer am 27.11.2007 des schweren Raubes verdächtig gemacht habe und mit 28.11.2007 in Untersuchungshaft verbracht worden sei. Der Beschwerdeführer (sowie sein Mittäter) seien vom Landesgericht XXXX durch ein Geschworenengericht am 10.07.2009 wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 1. Satz 2. Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Dieses Urteil sei vom Oberlandesgericht XXXX am 02.12.2009 nach Einbringung einer Berufung bestätigt worden. Am 28.01.2010 habe der Beschwerdeführer aus der Haft einen neuerlichen schriftlichen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag auf internationalen Schutz sei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen worden. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sei sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf sein Herkunftsstaat Marokko abgewiesen worden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sei der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen worden. Der Bescheid sei am 03.11.2010 in II. Instanz in Rechtskraft erwachsen. Derzeit befinde er sich in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft. Er sei marokkanischer Staatsbürger und verfüge im Bundesgebiet über keinen Wohnsitz. Er sei, nach derzeitiger Aktenlage, ledig und ohne Beschäftigung. Zu Österreich bestehen weder familiäre noch berufliche Bindungen. Im Strafregister der Republik Österreich scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 21.12.2007 RK 27.12.2007, PAR 27/1 (1.2. FALL) 27 ABS 1 (6. FALL) U ABS 2/2 (1. FALL) SMG, PAR 105/1 83/1 84 ABS 2/2 StGB, Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 27.12.2007 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 25.01.2008 LG XXXX vom 04.02.2008

02) LG XXXX vom 10.07.2009 RK 02.12.2009, PAR 142/1 143 (1. SATZ 2. FALL) 107/1 StGB, Datum der (letzten) Tat 05.04.2009, Freiheitsstrafe 7 Jahre 6 Monate

Er sei am 10.07.2009 mit Urteil des Landesgerichts XXXX wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 1. Satz 2. Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 1/2 (siebeneinhalb) Jahren verurteilt worden. Als mildernd habe das Gericht sein Geständnis zum Verbrechenstatbestand und eine durch die Suchtgiftgewöhnung bewirkte verminderte Zurechnungsfähigkeit gewertet, als erschwerend jedoch das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, eine einschlägige Vorstrafe und die Begehung des Verbrechenstatbestandes mit einem Mittäter. Aufgrund dieser Verurteilung sei mittels Bescheides vom 28.02.2011 von der Bundespolizeidirektion XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen worden.

Mit Schreiben vom 29.04.2016 sei er vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) über das Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem unbefristeten Einreiseverbot und der beabsichtigten Verhängung der Schubhaft nach Ende der Strafhaft verständigt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. Er habe diesbezüglich in der ihm gesetzten Frist keine Erklärung abgegeben.

Aufgrund der Rechtsmeinung der Behörde, dass das am 28.02.2011 erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot (Verurteilung zu 7 Jahren und 6 Monaten) auch weiterhin gültig sei (§ 125 Abs. 16 FPG idF: vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig), sei das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme am 20.05.2016 eingestellt worden.

Am 21.07.2016 sei beim Bundesamt eine verspätete Stellungnahme des Beschwerdeführers eingelangt.

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag sei dem Beschwerdeführer neuerlich ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt worden.

Die belangte Behörde gründete den angefochtenen Bescheid auf folgende Feststellungen:

Die Identität des Beschwerdeführers stehe fest, er heiße XXXX, geboren am XXXX in XXXX/Marokko. Sie sei Staatsangehöriger von Marokko. Er sei volljährig und gesund. Er verfüge nicht über einen Reisepass und einen gültigen Aufenthaltstitel eines europäischen Staates. Ein Heimreisezertifikat sei von der Botschaft des Königreiches Marokko bereits zugesagt und werde nach Vorliegen der Flugbuchung ausgestellt werden. Er sei nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet eingereist. Er habe keine beruflichen Bindungen im Bundesgebiet. Er verfüge im Bundesgebiet über kein Einkommen und kein Vermögen. Er sei nicht integriert und nicht vertrauenswürdig. Er sei illegal im Bundesgebiet aufhältig. Er sei nicht im Besitz eines Reisepasses und eines gültigen Aufenthaltstitels. Er sei nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er habe im Bundesgebiet kriminelle Handlungen begangen und sei gerichtlich verurteilt worden. Er befinde sich aktuell wegen einer strafrechtlichen Verurteilung in Haft. Gegen ihn bestehe ab Haftentlassung ein durchsetzbares und rechtskräftiges Aufenthaltsverbot und somit stehe die Zulässigkeit seiner Abschiebung fest. Er habe bereits im Jahr 2007 durch einen später amtsärztlich festgestellten LSD Backflash, durch Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten auf seinem Oberschenkel, den Versuch seiner Abschiebung vereitelt.

Zu seinem Verhalten werde festgestellt: Er sei nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet gereist. Er sei nicht in Besitz eines gültigen Reisepasses. Er sei nicht in Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels eines EU Staates. Er sei am 10.07.2009 mit Urteil des Landesgerichts XXXX wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 1. Satz 2. Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 1/2 (siebeneinhalb) Jahren verurteilt worden. Er gehe keiner Erwerbstätigkeit nach. Es bestehe keine begründete Aussicht, dass er eine Arbeitsstelle finden werde. Mit Bescheid vom 28.02.2011 sei von der Bundespolizeidirektion XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen worden. Sein Verhalten sei ein besonders starkes Indiz für die Annahme, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit massiv gefährde. Er sei nicht ansatzweise vertrauenswürdig. Somit liege die Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zur Sicherung seiner Abschiebung vor.

Der Beschwerdeführer sei in Österreich nicht beruflich verankert. Nach eigenen Angaben sei er Vater der am XXXX geborenen österreichischen Staatsbürgerin XXXX, die derzeit bei ihrer Tante wohnhaft sei. Er sei im Bundesgebiet gerichtlich verurteilt worden. Er führe und habe kein Familienleben iSd. Art. 8 EMRK im Bundesgebiet mit einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person geführt.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z1 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig sei, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. Durchführbarkeit in Asylverfahren oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft müsse Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen. Die Schubhaft sei mit Bescheid anzuordnen, dieser sei gem. § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befinde sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 22.04.2009 bis dato in Strafhaft.

Entsprechend seines bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in seinem Fall eine Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 3 FPG:

Er sei ohne gültiges Reisedokument in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe zwei Asylanträge in Österreich gestellt. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 28.01.2010, den er aus der Strafhaft gestellt habe, sei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen worden. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sei sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko abgewiesen worden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sei er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen worden. Der Bescheid sei am 03.11.2010 in II. Instanz in Rechtskraft erwachsen. Nach eigenen Angaben in seiner verspätet eingebrachten Stellungnahme sei er Vater einer mittlerweile 8-jährigen Tochter. Die Behörde sei jedoch der Ansicht, dass die geforderten Voraussetzungen, welche eine Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, in seinem Fall nicht vorliegen. Er sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Es könne in seinem Fall auch nicht erkannt werden, dass er in beliebiger Weise in der österreichischen Gesellschaft eingewachsen und verankert wäre bzw. seine familiären Bindungen dergestalt wären, dass eine Abschiebung unzulässig wäre, da er niemals mit Ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und bereits kurz nach deren 1. Geburtstag in Strafhaft genommen worden sei, wo er sich bis zum heutigen Tag befinde. Ebenso habe er bereits im Jahr 2007 durch einen später amtsärztlich festgestellten LSD Backflash, durch Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten auf seinem Oberschenkel seine Abschiebung verhindert und habe aus der Schubhaft entlassen werden müssen. In seinem Fall liege die Vermutung nahe, dass er sich durch Untertauchen dem Verfahren entziehen werde. Somit müsse die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt werden. Gegen ihn sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Nach Rechtsmeinung der Behörde sei das am 28.02.2011 erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot (Verurteilung zu 7 Jahren und 6 Monaten) gem. § 125 Abs. 16 FPG auch weiterhin gültig. Im Strafregister scheine außerdem eine weitere Verurteilung vom 21.12.2007 auf. Er kümmere sich nicht ansatzweise um einschlägige Rechtsvorschriften und sei im österreichischen Bundesgebiet bereits zwei Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden. Daher sei die Entscheidung auch verhältnismäßig, da ein Heimreisezertifikat von der marokkanischen Botschaft Wien bereits zugesagt worden sei und seine Abschiebung unmittelbar nach der Entlassung aus der Strafhaft erfolgen werde. Die Bestimmungen des § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG seien damit als erfüllt anzusehen.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da er sich aufgrund seines geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr sei auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH habe auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Delinquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern könne (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Einem geordneten Fremdenwesen komme im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es bestehe die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergebe daher im Fall des Beschwerdeführers, dass sein privates Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe.

Dabei werde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstelle. Es sei daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei komme die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers schon von vornherein nicht in Betracht. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betreffe, könne in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Wie oben ausführlich dargelegt, bestehe in seinem Fall aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liege somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordere und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinde, ausschließe. Es sei auch aufgrund seines Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass die subjektiven Haftbedingungen, wie seine Haftfähigkeit, gegeben seien und jedenfalls im Polizeianhaltezentrum XXXX ausreichende medizinische Einrichtungen bestünden. Eine abschließende Beurteilung über seine Haftfähigkeit werde jedenfalls unmittelbar nach seiner Aufnahme im Polizeianhaltezentrum XXXX, wohin er nach seiner Haftentlassung aus der Justizanstalt XXXX überstellt werde, erfolgen.

Die Behörde gelange daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis stehe und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten sei.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 11.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer seine nunmehrige gewillkürte Vertreterin als Rechtsberater beigegeben.

Am 20.10.2016 wurde die Einlieferung des Beschwerdeführers in das Polizeianhaltezentrum XXXX im Anschluss an seine Entlassung aus der Strafhaft am 24.10.2016 angeordnet. Laut amtsärztlichem Gutachten vom 24.10.2016 ist der Beschwerdeführer bei psychiatrischer Betreuung haftfähig.

Am 25.10.2016 wurde der Abschiebeflug am 27.10.2016 mangels Vorliegens eines Heimreisezertifikats storniert. Mit Schreiben vom 28.10.2016 wurde mitgeteilt, dass es auf Grund eines Personalwechsels in der marokkanischen Botschaft und im marokkanischen Konsulat zu Verzögerungen komme, aber der Fall des Beschwerdeführers angesprochen worden sei und Kontakt gehalten werde. Am selben Tag ersuchte der Beschwerdeführer um einen Gesprächstermin betreffend das Heimreisedatum.

8. Mit Beschwerde vom 23.11.2016, eingebracht am 24.11.2016 infolge Vorlage durch das Bundesamt, erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Vertreterin Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.10.2016, dem Beschwerdeführer glaublich zugestellt am 14.10.2016, und die Anhaltung in Schubhaft "ab dem 10.11.2016".

Zum Sachverhalt führt die Beschwerde aus, dass der Beschwerdeführer am 19.04.2007 in das Bundesgebiet eingereist sei und am 25.04.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid vom 05.11.2007 gem. § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung nach Italien erlassen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10.07.2009 sei der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten (rechtskräftig) verurteilt worden. Am 28.01.2010 habe der Beschwerdeführer in der Haft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Mit Bescheid (in Rechtskraft erwachsen am 03.11.2010) sei dieser Antrag vollinhaltlich abgewiesen und der Beschwerdeführer nach Marokko ausgewiesen worden. Mit Bescheid vom 28.02.2011 sei von der Bundespolizeidirektion XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen worden. Zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft sei der Beschwerdeführer vor Erlassung des Schubhaftbescheides nicht niederschriftlich einvernommen worden. Am 24.10.2016 sei der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt entlassen und in die Schubhaft in Wien (Polizeianhaltezentrum XXXX) überstellt worden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei für den 27.10.2016 geplant, allerdings nicht durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer befinde sich nach wie vor in Schubhaft.

Begründend führt die Beschwerde aus, die Rechtsmeinung der belangten Behörde, wonach das von der ehem. Bundespolizeidirektion XXXX am 28.2.2011 erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot weiterhin gültig sei, sei verfehlt. Nach der Entscheidung des EuGH vom 19.09.2013 in der Rechtssache Filev und Osmani, C-297/12 , zu Fragen der Auslegung der Rückführungs-RL habe das unbefristet erlassene AV nämlich von Amts wegen behoben bzw. auf 5 Jahre verkürzt werden müssen. Laut Art. 11 Abs 2 Rückführungs-RL können Einreiseverbote grundsätzlich maximal bis zu 5 Jahren ausgesprochen werden; eine längere Dauer kann durch nationale Bestimmungen nur in dann festgesetzt werden, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstelle. Zum Zeitpunkt der Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer sei die Rückführungs-RL mangels rechtzeitiger Umsetzung unmittelbar anwendbar gewesen (die RL sei bis 24.12.2010 umzusetzen gewesen und erst durch das FrÄG 2011 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 umgesetzt worden). Diese nationale Bestimmung (die strenger sei als die Rückführungs-RL) habe beim Beschwerdeführer demnach nicht angewendet werden dürfen. Genau diese Frage habe der EuGH (neben anderen) in der oben zitierten Rs Filev und Osmani, C-297/12 , beantwortet. Das Bundesamt habe in etlichen solchen Fällen unbefristete Aufenthaltsverbote von Amts wegen behoben bzw. auf 5 Jahre verkürzt. Zusammenfassend sei daher zu sagen, dass der Schubhaft somit keine aufenthaltsbeendende Maßnahme zugrunde liege, die ''gesichert" werden könne und der Bescheid sei bereits aus diesem Grund rechtswidrig erlassen worden.

Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG sehe vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen sei. Bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die gesamte Bestimmung des § 76 FPG im Lichte des aus dem PersFrBVG erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen sei. In allen Fällen der Verhängung von Schubhaft bestehe die Verpflichtung, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens und der Sicherung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Im konkreten Fall stehe die Anhaltung des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf persönliche Freiheit außer Verhältnis. Es habe keine Notwendigkeit bestanden, Schubhaft über den Beschwerdeführer zu verhängen, wie nachfolgend dargelegt werde:

Die belangte Behörde begründe das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid einzig und alleine mit dem Umstand der mangelnden sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich (§ 76 Abs 3 Z 9 FPG). Dabei führe das Bundesamt fälschlicherweise aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sei und keiner seiner Familienangehörigen in Österreich leben wurden; der Beschwerdeführer sei in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und besitze auch keine Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Der Beschwerdeführer sei außerdem mittel- und unterkunftslos. Das Bundesamt widerspreche sich im Bescheid selbst, wenn es anführe, dass der Beschwerdeführer nicht sozial verankert sei, aber gleichzeitig feststelle, dass der Beschwerdeführer eine Tochter namens XXXX, geb. XXXX und österreichische Staatsbürgerin, welche in XXXX bei ihrer Tante lebe, habe. Das Bundesamt geht jedoch nicht weiter auf diese schützenswerte Tatsache ein.

Auch wenn Schubhaft in der Regel im Rahmen eines Mandatsverfahrens verhängt werde, sei das BFA dennoch verpflichtet, seine Entscheidung zu begründen und die die Entscheidung leitenden Erwägungen somit einer nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle zugänglich zu machen (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0086 sowie VwGH 23.10.2015, 2015/02/0029). Diesem Erfordernis sei die belangte Behörde gegenständlich nicht nachgekommen. Das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs werde im gegenständlichen Fall u.a. auf den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, die fehlende soziale Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich, gestützt. Dieser zweifellos zutreffende Umstand vermöge das Bestehen eines Sicherungsbedarf im konkreten Fall nicht zu begründen (vgl. VwGH 30.08.2011, 2008/21/0498). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die isolierte Heranziehung der mangelnden sozialen Verankerung in Österreich kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs dar:

"Bei der Mittellosigkeit und der fehlenden sozialen Integration handelt es sich in Bezug auf (noch nicht lange in Osterreich aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, um kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs. Die Heranziehung des Gesichtspunktes, der Fremde sei in Österreich nicht ausreichend integriert, ist vielmehr bei Asylwerbern, die sich noch nicht lange in Österreich aufhalten, verfehlt (vgl. E 28. Februar 2007, 2007/21/0512; ergangen zu § 76 Abs 2 FrPolG 2005)."

VwGH 26.08.2010, 2010/21/0234)

Wie sich schon aus dem größtenteils nur aus Textbausteinen bestehenden angefochtenen Bescheid vom 11.10.2016 ergebe, habe sich die belangte Behörde nicht mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt, obwohl sie nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung dazu verpflichtet gewesen wäre (VfGH 24.06.2006, B 362/06; 15.07.2007, B 1330/06 und B 1331/06; VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051).

Selbst wenn man im gegenständlichen Fall von einer Ausreiseunwilligkeit des Beschwerdeführers ausgehe, stelle dieser Umstand nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich alleine keinen Grund für die Annahme eines Sicherungsbedarfs dar (vgl. VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498).

Des Weiteren ist anzuführen, dass auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers für sich genommen keinen Sicherungsbedarf iSd § 76 FPG begründe. Der Verwaltungsgerichtshof betone in ständiger Judikatur, dass die Schubhaft weder der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten noch ihrer Sanktionierung, sondern lediglich der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes diene (vgl. VwGH 22.12.2009, 2009/21/0185). Das Bundesamt habe es unterlassen, eine individuelle Prüfung zum Bestehen eines Sicherungsbedarfs im gegenständlichen Fall durchzuführen, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers als rechtswidrig zu qualifizieren sei.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Sicherungsbedarf im gegenständlichen Fall bestehe (was ausdrücklich in Abrede gestellt werde), wäre die belangte Behörde im Sinne des "ultima-ratio-Prinzips" verpflichtet gewesen, konkret die weitere Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG anstatt der Schubhaft zu prüfen. Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar begründet, warum der Beschwerdeführer einem gelinderen Mittel in der Form einer - allenfalls auch in engeren zeitlichen Abstanden erfolgenden - periodischen Meldeverpflichtung oder der Unterkunftnahme nicht nachkommen würde und aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation "ein beträchtliches Risiko des Untertauchens" bestünde.

Alternativ wäre hinsichtlich des Beschwerdeführers auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gemäß § 77 Abs. 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse XXXX, oder an der Adresse XXXX, zur Verfügung. Die angesprochenen gelinderen Mittel hätten auch in Kombination verhängt werden können bzw. hätte gemäß § 77 Abs. 5 FPG der Beschwerdeführer auch angewiesen werden können, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeitraume an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Es sei nicht erfindlich, warum die belangte Behörde die Anwendung gelinderer Mittel nicht herangezogen habe. Festgehalten werden solle auch, dass bislang über den Beschwerdeführer noch kein gelinderes Mittel angewendet worden sei. Da eine Freiheitsbeschränkung stets nur ultima ratio sein sollte (vgl. VwSIg 17953 A/2010, RS 4), hätte die belangte Behörde ein gelinderes Mittel verhangen müssen. Der Beschwerdeführer sei jedenfalls bereit, einer periodischen Meldeverpflichtung sowie anderer behördlichen Anordnungen Folge zu leisten. Dadurch, dass die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels nicht individuell geprüft habe, sei der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, werde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere zur Klärung des Vorliegens eines Sicherungsbedarfes, zur Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers sowie zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen eines gelinderen Mittels - beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. Neben der Entscheidung des VwGH 24.01.2013, 2012/21/0230, sei auch auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betreffend Art 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11, vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liege der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art 47 GRC führe - in der Aufnahme-RL und in der Rückführungs-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art 6 EMRK - unter Maßgabe des Art 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlange der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23.396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden werde und die Durchführung ausdrücklich beantragt werde (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18). Im konkreten Fall sei überdies auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum § 21 Abs. 7 BFA-VG zwingend eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Das in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof geforderte mangelfreie Verfahren sei im gegenständlichen Verfahren - wie oben dargestellt - nicht geführt. Eine weitere Voraussetzung für das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung wäre, dass die Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt werde. Dies sei im angefochtenen Bescheid jedoch nicht erfolgt (die "Beweiswürdigung" beschränke sich auf einen Verweis auf den Akteninhalt). Es sei also zwingend eine mündliche Verhandlung durchzufuhren. sollte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde nicht schon aufgrund der Aktenlage stattgeben.

Zum Antrag auf Ersatz etwaiger Dolmetschkosten werde folgendes ausgeführt: Die Bestimmung des § 53 Abs 1 Z 2 BFA-VG beziehe sich lediglich auf Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG. Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei aber die Entscheidung über die Beschwerde betreffend die Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft und das Vorliegen der Voraussetzungen der Fortsetzung der Haft. Das Bundesverwaltungsgericht setze sohin eine Verfahrenshandlung gemäß § 22a BFA-VG. Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstuck des FPG werden durch das Bundesverwaltungsgericht nicht gesetzt. In den Materialien zu § 53 Abs. 1 BFA-VG werde diesbezüglich festgehalten, dass diese Bestimmung lediglich auf das Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstuck des FPG anzuwenden sei (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP , Seite 31). Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung im Schubhaftbeschwerdeverfahren scheide somit aus. Dieser Rechtsansicht habe sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung 2014/21/0071-7 vom 19.05.2015 angeschlossen:

"Damit erweisen sich die vom BVwG im Spruch und in der Begründung herangezogenen Bestimmungen - deren sinngemäße Anwendung (wie zur Vollständigkeit noch klarzustellen ist) aufgrund ihrer dargestellten besonderen Struktur auch nicht im Wege des § 17 VwGVG in Betracht gekommen wäre - als nicht geeignet, die gegenüber dem Revisionswerber dem Grunde nach vorgenommene Auferlegung der Kosten des in der Beschwerdeverhandlung vom BVwG beigezogenen Dolmetschers zu rechtfertigen." (VwGH 19.05.2015, 2014/21/0071-7)

Die Auferlegung der Dolmetschkosten komme auch nicht als Barauslage iSd § 76 AVG in Betracht, da § 53 Abs. 1 BFA-VG und § 113 Abs. 1 FPG in dieser Hinsicht als speziellere Normen anzusehen seien.

Gemäß § 35 Abs. 1 und 4 Z 3 VwGVG stehe der obsiegenden Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Ersatz der Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBI. II Nr. 517/2013) zu. Daher beantrage der Beschwerdeführer gemäß § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei iHv 737,60 Euro. Für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde zusätzlich ein Ersatz des Verhandlungsaufwands des BF als obsiegende Partei iHv 922,00 Euro beantragt. Der BF beantrage darüber hinaus gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 1 VwGVG den Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen habe, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

Aus den genannten Gründen werde beantragt, das BVwG möge eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen; der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe, auferlegen, in eventu die ordentliche Revision zulassen.

9. Mit Email vom 24.11.2016 wurde mitgeteilt, dass das Heimreisezertifikatsersuchen für den Beschwerdeführer bei einem Gespräch der marokkanischen Botschaft mit dem Innenministerium am 29.11.2016 besprochen werde. Mit dem Ergebnis des Gesprächs werde gegen Ende der nächste Woche gerechnet.

Am 28.11.2016 erstattete der Amtsarzt ein Gutachten, wonach der Beschwerdeführer unter laufender Substitutionstherapie und begleitender intervallmäßiger psychiatrischer Kontrolle in sehr gutem Allgemeinzustand und weiterhin haftfähig sei.

Am 29.11.2016 teilte das Bezirksgericht XXXX mit, dass das vom Beschwerdeführer vorgelegte Protokoll vom 08.09.2015 der letztgültige Verfahrensstand in der Pflegschaftssache XXXX sei; die Tochter des Beschwerdeführers befinde sich bei Pflegeeltern, ihm komme keine Obsorge zu und nur die Kindsmutter habe ein Kontaktrecht.

Am 30.11.2016 legte die Justizanstalt XXXX die Besucherliste vor, wonach der Beschwerdeführer seit Februar 2010 abgesehen von Sozialbetreuern keinen Besuch mehr erhalten hat. Weiters wurde die Vollzugsinformation vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer in Haft mehrfach Ordnungswidrigkeiten beging. Laut Führungsbericht der Justizanstalt XXXX habe der Beschwerdeführer etliche Ordnungswidrigkeiten - unerlaubte Gewahrsame, Nichtbefolgung von Anordnungen, Suchtmittelkonsum - aufgewiesen und sein Führungsverhalten sei nicht sehr gut gewesen. Das Arbeitsverhalten sei durchschnittlich gewesen. Laut Auskunft des Landesgerichts XXXX wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf bedingte Entlassung nach der Verbüßung der Hälfte bzw. 2/3 der Strafhaft aus spezialpräventiven Gründen abgewiesen und der Antrag gemäß § 133a StGB mangels Vorliegens eines Reisedokuments.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.11.2016 eine mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt unentschuldigt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer machte im Zuge der Verhandlung folgende Angaben:

"R: Sie erheben Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.10.2016 und die Anhaltung in Schubhaft seit 10.11.2016, nicht bereits ab Inschubhaftnahme am 24.10.2016. Ist das korrekt oder ein offensichtlicher Schreibfehler?

BFV: Das ist ein Schreibfehler. Die Anhaltung wird ab Beginn, also dem 24.10.2016, angefochten.

R: Sie beantragen die Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Klärung von Sicherungsbedarf, der Kooperationswilligkeit des Beschwerdeführers und der Frage, ob mit der Verhängung des gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden kann. Möchten Sie vorab eine Stellungnahme abgeben?

BFV: Ja. Es hat für den BF einen Abschiebeversuch am 27.10.2016 gegeben. Diese Abschiebung konnte aus nicht vom BF zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt werden, der BF wurde erstmals am 27.10. einem Vertreter der marokkanischen Botschaft vorgeführt. Dieser sagte ihm, dass er kein Heimreisezertifikat für ihn ausstellen könne, da der BF über kein Identitätsdokument verfügt. Die Verwaltungsbehörde wäre darüber hinaus verpflichtet gewesen, bereits vor dem 27.10.2016 entsprechende Anstrengungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vorzunehmen. Hätte sie dies getan, also ihre Vorgehensweise nach Möglichkeit so eingerichtet, hätte sie das schubhaftbeendende Ergebnis früher erzielen können, sodass Schubhaft unterbleiben hätte können, zumal der BF sich über sieben Jahre lang in der JA befand und für die Behörden greifbar war. Im Sinne der Anforderungen der höchstgerichtlichen Judikatur erweist sich daher einerseits der Schubhaftbescheid, andererseits die Anhaltung wegen des zu langen Zuwartens mit der Ergreifung der rechtlich notwendigen Bemühungen ein HRZ zu erlangen, als rechtswidrig.

[...]

R: Sie heißen XXXX, geboren am XXXX in XXXX, Sohn von XXXX und XXXX, wohnhaft vor Ihrer Ausreise in XXXX Staatsangehöriger von Marokko, Inhaber des Personalausweises Nr.XXXX. Ist das korrekt?

BF: Ich wohne in einem Bezirk, das sind keine ordentlichen Wohnungen, sondern Baracken. Es gibt keine genauen Adressen. Das ist für arme Leute. Man bekommt vom Staat ein Stück Land und dort gibt es eine Baracke. Das ist eine Metallbaracke. Ich habe keinen Personalausweis von Marokko mit einer Nummer.

R: Sie reisten ausweislich des Aktes am 19.04.2007 nach Österreich ein, wurden zurückgewiesen und reisten am Tag der Zurückweisung wieder nach Österreich ein. Ist das korrekt?

BF: Ja, das ist richtig.

R: Sie wurden ausweislich des Aktes am 27.04.2007 in Schubhaft genommen und am 03.06.2007 wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen, weil sie sich auf Grund eines LSD-Flashbacks Ritze und Schnitte am Oberschenkel zugefügt hatten, dies ihren Angaben zufolge, weil sie der Ausweisung entgehen wollten. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Ja, das stimmt, aber ohne LSD oder so etwas.

R: Sie befanden sich 13.06.-11.07.2007 in Grundversorgung in den EAST Ost und West, wurden wegen unbekannten Aufenthalts abgemeldet und bezogen danach laut GVS keine Grundversorgung mehr. Trifft das zu?

BF: Ja, ich war dort 25 Tage lang. Ich war in XXXX einen Tag lang und dann kam ich mit dem Taxi nach XXXX. Ich war nicht mehr in der Grundversorgung, ich habe bei einem Ägypter gearbeitet, der hat mehrere Wohnungen. Ich habe sauber gemacht und gratis gewohnt.

R: Während Ihres ersten Asylverfahrens verfügten Sie nach dem Verlassen des Quartiers der Grundversorgung über eine Meldeadresse in der XXXX.

BF: Ja, der Ägypter, dem ich geholfen habe, hat an dieser Adresse gewohnt und hat den Meldezettel gemacht.

R: Der Ladung für den 05.11.2007, die Ihnen an diese Adresse zugestellt worden war, kamen Sie nicht nach, den Bescheid, der Ihnen an diese Adresse zugestellt worden war, haben Sie nicht behoben. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Das habe ich vergessen, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

R: Sie konnten nach Verbüßung Ihrer ersten Haftstrafe am 11.02.2008 nicht in Schubhaft genommen werden, weil Sie infolge multiplen Drogenabusus und Androhung von Selbstverletzung haftunfähig waren. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Ich habe damals keine Drogen genommen, ich war aggressiv. Ich wollte nicht mehr ins Gefängnis. Ich bin nicht abhängig von Drogen, aber ich wollte einfach nicht in Schubhaft. Ich hatte in XXXX eine Adresse und war auch dort gemeldet. Ich habe mit meiner Verlobten eine Tochter bekommen.

R: Haben Sie an Ihrer Meldeadresse gewohnt oder waren Ihr Wohnort und Ihre Meldeadresse unterschiedliche Orte?

BF: Zuerst habe ich nicht bei meiner Verlobten gewohnt, da ich Probleme mit ihrem Vater hatte. Ich habe die Meldung bei einem Rechtsberater gemacht. Nachdem ich eine Tochter bekommen habe, hat der Schwiegervater gesagt, dass ich auch bei ihnen wohnen kann.

R: An der Adresse ihres Schwiegervaters waren Sie aber nie gemeldet. Ist das korrekt?

BF: Ja, die Polizei in XXXX hat aber gewusst, wo ich wohne und sie hatten auch meine Telefonnummer. Wenn sie mich gebraucht haben, haben sie mich einfach angerufen.

R: Während der am 31.03.2008 verhängten Schubhaft, traten Sie in Hungerstreik, versuchten Sie, sich mit dem Leintuch zu erhängen und fügten Sie sich mit einem spitzen Teil aus dem Drahtrost des Eisenbettes Schnittwunden am rechten Oberschenkel zu. Der Amtsarzt bestätigte die gesamte Anhaltung über Ihre Haftfähigkeit. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Das stimmt.

R: Wie lange blieben Sie nach Ihrer Abschiebung nach Italien am 10.04.2008 in Italien?

BF: Ich bin in Italien nur zwei Tage geblieben und dann nach Österreich zurückgekehrt. Ich bin nicht nach XXXX zurückgegangen, sondern in eine kleine Stadt in der Nähe von XXXX. Ich hatte Angst, dass ich wieder in Schubhaft komme. Ich wollte meine Tochter sehen.

R: Sie wurden bei der Einreise nach Österreich von Italien kommend am 03.12.2008 fest- und in Schubhaft genommen. Verstehe ich Sie heute richtig, dass Sie bereits zuvor nach Österreich zurückgegangen sind?

BF: Ich war am Markt wegen Kleidung und dort habe ich mich mit zwei

Marokkanern, meinen Freunden, getroffen, .... Im Auto waren die zwei

Marokkaner, zwei Türken, eine weitere Person und ich. Ich habe den Marokkaner zufällig getroffen, ich habe ihn gebeten, mich mitzunehmen. Das war zufällig.

R: Gegen Sie wurde zuvor ein Aufenthaltsverbot erlassen, nämlich bis 01.04.2018. Das heißt, es muss Ihnen bewusst gewesen sein, dass Sie nicht nach Österreich einreisten dürften.

BF: Ich wusste, dass ich ein Aufenthaltsverbot habe, aber ich war jung und anderer Meinung.

R: Sie wurden bei diesem Einreiseversuch am 03.12.2008 in Schubhaft genommen. Noch am selben Tag brach in Ihrer Einzelzelle Feuer aus, bei dem Sie selbst, aber auch andere eine Rauchgasvergiftung erlitten; das Bett hatte sich entzündet. Im Krankenhaus gaben Sie dem Akt zufolge an, sie hätten den Brand durch das Entzünden des Leintuchs mit einer Zigarette gelegt, um aus der Haft entlassen zu werden und Ihre Tochter zu sehen (AS 705). Möchten Sie dazu Angaben machen? (Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht).

BF: Ich will keine Antwort geben.

R: In Ihrem Parteiengehör vom 09.01.2010 gaben Sie an, mit Ihrer Verlobten XXXX und Ihrer gemeinsamen Tochter XXXX in XXXX zu wohnen. Sie waren seit Februar 2008 aber außerhalb von Haftanstalten wenn, dann nur obdachlos gemeldet! Haben Sie nun bei Ihrer Verlobten gewohnt, wie Sie heute gesagt haben, oder waren Sie obdachlos?

BF: Ich habe mit meiner Tochter und meiner Verlobten gewohnt.

R: Nachdem die Mutter Ihrer Tochter und deren Freundin Sie am 05.02.2009 wegen gefährlicher Drohung angezeigt hatten, kamen Sie freiwillig zur Polizeiinspektion zur Aufklärung des Sachverhalts, den Sie bestritten. Sie wurden jedoch am selben Tag wieder aus der Schubhaft entlassen, weil Sie angaben, eine Rasierklinge geschluckt zu haben, um sich umzubringen. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Nein, ich will keine Antwort geben.

R: Sie befanden sich 22.04.2009 bis 24.10.2016 zunächst in Untersuchungshaft, danach in Strafhaft. Sie wurden betreffend die gefährliche Drohung gegenüber der Mutter Ihrer Tochter freigesprochen, betreffend die gefährliche Drohung gegenüber deren Freundin verurteilt und weiters wegen schweren Raubes verurteilt. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Keine Antwort, es ist alles geschrieben.

R: Sie legten selbst den Beschluss des Bezirksgerichts XXXX in der Pflegschaftssache betreffend Ihre Tochter vor.

BF: Meine Tochter lebt nicht mit meiner Verlobten, sondern bei einer Tante oder so. Ich war eingeladen in den Gerichtssaal in XXXX. Meine Verlobte durfte die Tochter für drei Tage mitnehmen, damit ich sie auch sehen kann. Der Richter sagte mir, dass ich etwas schreiben müsste, wenn ich meine Tochter sehen möchte.

R: Aus diesem Protokoll, dass Sie vorgelegt haben, ergibt sich, dass Sie ebensowenig wie Ihre Verlobte betreffend die gemeinsame Tochter obsorgeberechtigt sind; Ihre Tochter befindet sich bei Pflegeeltern. Sie haben im Gegensatz zu Ihrer Verlobten auch kein Kontaktrecht zu Ihrer Tochter. Ihre Verlobte darf Ihre Tochter einmal in der Woche sehen. Möchten Sie dazu etwas sagen?

R: Das Gericht hat entschieden, dass meine Verlobte unser Kind am Wochenende sehen kann, aber der Richter hat gefragt, ob ich bereit bin, dass meine Verlobte das Kind sehen kann, ja oder nein. Ich sagte, das wäre für mich in Ordnung.

R: Sie stellten im Parteiengehör vom 09.01.2010 aus der Strafhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung gaben Sie u.a. an, den Antrag aus Angst vor Abschiebung zu stellen und im ersten Verfahren bewusst falsche Angaben gemacht zu haben. Im Parteiengehör vom 21.07.2016 geben Sie an, das die von Ihnen relevierte Verfolgung nicht stimmte. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Nein.

R: Gegen Sie besteht auf Grund des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 eine rechtskräftige Ausweisung nach Marokko und auf Grund des Bescheides vom 26.02.2011 ein rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot. Ihren Antrag auf freiwillige Ausreise zogen Sie am 19.05.2016 mit der Begründung zurück, dass Sie nicht ausreisewillig sind. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BF: Ich war im Gefängnis und habe dort vieles gelernt, also sagte ich, dass ich bereit wäre für eine Rückkehr, aber eigentlich will ich bei meiner Tochter bleiben.

R: Sie haben Ihre Haftstrafe zur Gänze abgesessen, das heißt Sie wurden nicht wegen guter Führung aus der Haftstrafe entlassen.

BF: Ich war siebeneinhalb Jahre im Gefängnis. Ich habe als Schneider und Drucker dort gearbeitet. Ich war auf Vorarbeiterstufe.

R: Was Ihre Verlobte anbelangt, ist der letzte Besuch im Februar 2010 gewesen. Seitdem hat sie Sie nicht mehr besucht.

BF: Ich habe meiner Verlobten gesagt, sie solle nicht mehr vorbeikommen, weil es zu weit weg ist und eine Belastung für die Kleine.

R: Ich habe in die Anhaltedatei geschaut, eine Vorführung am 27.10. hat nicht stattgefunden. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats wurde am 09.01.2009 eingeleitet. Am 02.06.2009 teilte die Österreichische Botschaft in Marokko mit, dass Sie identifiziert wurden. Am 02.07.2009 teilte dies die Botschaft des Königreichs Marokko in Österreich mit. Per Mail vom 02.08.2016 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer unter Vorlage einer Flugbuchung in Aussicht gestellt wurde. Die Abschiebung wurde für den 27.10.2016 terminisiert, allerdings mangels Heimreisezertifikats storniert. Am 28.10.2016 wurde mitgeteilt, dass es auf Grund eines Personalwechsels in der marokkanischen Botschaft zu Verzögerungen komme. Am 29.11.2016 war ein Termin zwischen Innenministerium und Botschaft des Königreichs Marokko geplant, in dem der Fall des Beschwerdeführers besprochen werden hätte sollen. Dieser Termin wurde durch das Königreich Marokko storniert. Das E-Mail des Innenministeriums wird verlesen. Möchten Sie dazu etwas sagen?

BFV: Ich verweise auf die Stellungnahme eingangs der Verhandlung und möchte hinzufügen, dass die Behörde bereits nach der Mail der marokkanischen Botschaft vom 02.08.2016 die Möglichkeit gehabt hätte, unter Vorlage einer Flugbuchung nach der erfolgten Flugbuchung eine entsprechende Urgenz an die marokkanische Botschaft betreffend die Ausstellung des HRZ zu schicken. Die belangte Behörde hätte nicht bis zum 25.10.2016 zuwarten dürfen, sondern bereits vor Ende der Strafhaft eine entsprechende Urgenz an die marokkanische Botschaft schicken müssen, um eine Schubhaft zu vermeiden.

R verliest das amtsärztliche Gutachten vom 28.11.2016. Möchten Sie dazu Angaben machen?

BFV: Keine Stellungnahme.

R: Möchten Sie eine abschließende Stellungnahme abgeben?

BFV: Der Beschwerdeführer hätte die Möglichkeit bei seiner Ex-Verlobten, Frau XXXX, geboren XXXX, wohnhaft in XXXX, Unterkunft zu nehmen. Der Beschwerdeführer verfügt auch über finanzielle Mittel, da er in der Strafhaft gearbeitet hat. Es hätten daher gelindere Mittel gegen den BF verhängt werden können, beispielsweise die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung oder in der Form einer periodischen Meldeverpflichtung. Die Ex-Verlobte des BF wäre auch bereit dies schriftlich oder telefonisch zu bestätigen.

R: Zur Frage der Wohnsitznahme: Die Ex-Verlobte des BF lebt in einer Betreuungseinrichtung für Frauen. Das stelle ich mir schwierig vor.

BFV: Ja.

R: Nach der ständigen Rechtsprechung des BVwG setzt der Bezug von Arbeitslosengeld nach Haftentlassung voraus, dass der Betreffende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, folglich über eine Aufenthaltsberechtigung verfügt. Das liegt im Fall des BF nicht vor.

BFV: Der BF hat sich im Zuge seiner Strafhaft Geld zurückgelegt und könnte damit eine finanzielle Sicherheitsleistung zur Verfügung stellen.

R an BF: Möchten Sie noch etwas angeben?

BF: Ich habe mir etwas gespart, meine Schwester lebt und arbeitet in Deutschland und kann Geld schicken. Sie ist verheiratet und schwanger, aber sie kann Geld schicken. Sie kann mir helfen, damit ich mit meiner Verlobten eine Wohnung mieten kann.

[...]

BFV: Es hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass der BF nicht am 27.10.2016, sondern am 28.10.2016 telefonischen Kontakt zu einem Mitarbeiter der marokkanischen Botschaft hatte. Der Kontakt wurde von einem Mitarbeiter des VMÖ im PAZ XXXX hergestellt.

R verliest den Vollzugsbericht der XXXX.

[...]

R: Nach Rücksprache mit dem Innenministerium sieht sich der Geschäftsträger der marokkanischen Botschaft den Akt des BF gerade an und hat zugesagt bis 16:00 Uhr zurückzurufen, konnte jedoch vom Innenministerium bislang telefonisch noch nicht wieder erreicht werden. Aufgrund der Bemühungen des Innenministeriums und der des Kontakts mit der marokkanischen Botschaft geht das Gericht zurzeit davon aus, dass ein Heimreisezertifikat für den BF in absehbarer Zeit ausgestellt werden wird.

BFV: Auch bei Berücksichtigung der Tatsache, dass sich das Innenministerium und die Behörde zuletzt intensiv um die Ausstellung eines HRZ bemüht haben, ist es angesichts der intransparenten Vorgehensweise der marokkanischen Botschaft nicht ersichtlich, ob und in welchem Zeitraum mit der Ausstellung eines HRZ zu rechnen ist und ob in Folge dessen die Abschiebung innerhalb des maximalen Schubhaftzeitraumes durchführbar ist. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die marokkanische Botschaft schon einmal die zeitgerechte Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht bewirkt hat.

[...]

Um 16:15 Uhr [während der Verkündung des Erkenntnisses] ruft XXXX [Bundesministerium für Inneres] betreffend des Kontakts zur marokkanischen Botschaft an und gibt Folgendes zu Protokoll: Nach der Auskunft der Botschaft ist morgen um 14:00 Uhr ein Interview mit dem BF nötig, da die Botschaft wissen muss, wo sich die Person seit 2009 aufgehalten hat. Nach dem Interview werden sie das Dokument ausstellen oder nicht, abhängig vom Ergebnis des Gesprächs.

BFV: Keine Fragen."

Während der mündlichen Verhandlung langte ein Email des Bundesministeriums für Inneres ein, wonach für den Beschwerdeführer am 22.01.2009 ein HRZ-Antrag an die marokkanische Botschaft übermittelt worden sei und der Beschwerdeführer nach mehreren Urgenzen seitens der marokkanischen Behörden identifiziert worden sei. Die Rückführung hätte nach der Entlassung aus der Strafhaft durchgeführt werden sollen, die Flugbuchung sei erfolgt. Es sei zwischenzeitig zum Personalwechsel bei der Botschaft gekommen, dadurch habe sich die Ausstellung verzögert. Auf Grund des soeben geführten Telefonats mit dem Geschäftsträger der marokkanischen Botschaft befinde sich der neue Botschafter bereits in Österreich, in voraussichtlich zwei Stunden werde man eine Antwort erhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde wurde nicht beim Bundesverwaltungsgericht, sondern bei der belangten Behörde eingebracht. Sie gilt allerdings mit der Beschwerdevorlage am 24.11.2016 durch das Bundesamt an das Bundesverwaltungsgericht als eingebracht.

Gegen die Kostenauferlegung gemäß § 113 FPG hat der Beschwerdeführer nicht Beschwerde erhoben. Die Beschwerde richtet sich ausweislich der Klarstellung in der hg. mündlichen Verhandlung gegen die gesamte Anhaltung 24.10.2016-30.11.2016.

1. Feststellungen:

Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht fest. Er ist marokkanischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger.

Der Beschwerdeführer verfügt weder über ein Aufenthaltsrecht für Österreich noch für einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Der Beschwerdeführer wurde am 19.04.2007 beim Versuch der Einreise festgenommen und nach Italien zurückgeschoben. Er reiste noch am selben Tag wiederum nach Österreich ein.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.04.2007 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2007 wegen der Zuständigkeit Italiens zurückgewiesen und der Beschwerdeführer nach Italien ausgewiesen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer wurde am 11.07.2007 wegen unbekannten Aufenthalts von der Grundversorgung abgemeldet und bezog danach keine Grundversorgung mehr. Der Beschwerdeführer verfügte 17.09.2007-18.02.2008 über eine Meldeadresse in XXXX. Er kam der Ladung an diese Adresse nicht nach und behob den an diese Adresse zugestellten Bescheid nicht.

Mit Bescheid vom 02.04.2008, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übergabe am selben Tag, wurde über den Beschwerdeführer ein bis 01.04.2016 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer wurde am 10.04.2008 nach Italien abgeschoben.

Der Beschwerdeführer reiste am 12.04.2008 entgegen dem Aufenthaltsverbot wieder nach Österreich ein und hält sich seither entgegen dem Aufenthaltsverbot in Österreich auf. Seit seiner Wiedereinreise war der Beschwerdeführer außerhalb von Haftanstalten wenn, dann obdachlos gemeldet.

Der Beschwerdeführer befand ich 22.04.2009-24.10.2016 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft, wobei er die Taten, die zu seiner Verurteilung am 10.07.2009 wegen schweren Raubes und gefährlicher Drohung zum Nachteil der Freundin der Mutter seiner Tochter in Höhe von siebeneinhalb Jahren führten, während der in seiner Verurteilung vom 21.12.2007 wegen eines Drogendelikts festgesetzten Probezeit beging.

Der Beschwerdeführer verbüßte seine Haftstrafe zur Gänze, die Anträge auf Enthaftung wurden abgewiesen; er beging während der Strafhaft mehrfach Ordnungswidrigkeiten.

Der Beschwerdeführer stellte am 19.01.2010 aus dem Stande der Strafhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.08.2010 sowohl im Hinblick auf den Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und mit einer Ausweisung des Beschwerdeführers nach Marokko verbunden wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer erstattete in beiden Verfahren absichtlich falsche Vorbringen und stellte den Folgeantrag um nicht abgeschoben zu werden.

Mit Bescheid vom 26.02.2011, dem Beschwerdeführer zugestellt am 05.03.2011, wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer zog seinen Antrag auf freiwillige Ausreise am 19.05.2016 zurück.

Der Beschwerdeführer wurde am 03.06.2007 aus der am 27.04.2007 verhängten Schubhaft wegen Haftunfähigkeit entlassen, weil er in der Absicht, dadurch der Ausweisung zu entgehen, Ritze und Schnitte am Oberschenkel zugefügt hatte. Am 11.02.2008 konnte auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens die Schubhaft nicht verhängt werden, da er infolge Androhung der Selbstverletzung nicht haftfähig war. In der Schubhaft 31.03.2008-10.04.2008 trat der Beschwerdeführer in den Hungerstreik, versuchte sich mit einem Leintuch zu erhängen und fügte sich wiederum Schnittwunden zu. Der Beschwerdeführer wurde am 03.12.2008 aus der am selben Tag verhängten Schubhaft wegen Haftunfähigkeit infolge Rauchgasvergiftung nach Zellenbrand entlassen. Am 05.02.2009 wurde der Beschwerdeführer aus der am selben Tag verhängten Schubhaft entlassen, weil er angab, eine Rasierklinge geschluckt zu haben und sich umzubringen.

Der Beschwerdeführer ist Vater einer am XXXX geborenen österreichischen Staatsbürgerin. Ihm kommt betreffend seine Tochter, die bei einer Pflegefamilie lebt, weder Obsorge noch Kontaktrecht zu, der Kindsmutter kein Obsorgerecht, aber seit 2015 ein wöchentliches Kontaktrecht. Die Mutter seiner Tochter, die ihn wegen gefährlicher Drohung anzeigte und in einer Betreuungseinrichtung für Frauen wohnt, besuchte ihn ausweislich der Besucherliste der Justizanstalt XXXX seit sechs Jahren nicht mehr.

Der Beschwerdeführer wurde am 24.10.2016 im Anschluss an die Strafhaft in Schubhaft genommen und befindet sich seither im Polizeianhaltezentrum XXXX in Schubhaft.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig.

Er war in Österreich auf freiem Fuß noch nie legal erwerbstätig, verfügt über keinen festen Wohnsitz und keinen Versicherungsschutz. Er verfügt über kein soziales Netz in Österreich.

Österreich ersuchte am 09.01.2009 um Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Die Österreichische Botschaft in Marokko teilte am 02.06.2009, die marokkanische Botschaft in Österreich am 02.07.2009 mit, dass die Identität des Beschwerdeführers festgestellt werden konnte, es wurde auch die Zahl seines Personalausweises ermittelt. Am 02.08.2016 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer unter Vorlage einer Flugbuchung in Aussicht gestellt, die Abschiebung des Beschwerdeführers während seiner Strafhaft für drei Tage nach Ende seiner Strafhaft organisiert. Die Abschiebung am 27.10.2016 und die Besprechung am 29.11.2016 wurden storniert, weil es auf Grund von Personalwechseln in den marokkanischen Vertretungsbehörden in Österreich zu Verzögerungen kam. Am 01.12.2016 wird der Beschwerdeführer dem Botschafter des Königreichs Marokko vorgeführt; im Anschluss daran ist mit der endgültigen Entscheidung, ob ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird, zu rechnen.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zur Identität des Beschwerdeführers fußen auf der Identifizierung des Beschwerdeführers durch die Botschaft des Königreichs Marokko.

Die Ausführungen zur aufenthaltsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorliegenden Akt und den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers.

Die Angaben zur Zurückschiebung ergeben sich aus dem Bericht der Polizeiinspektion XXXX vom 19.04.2016 sowie dem Zurückschiebungsauftrag der Bundespolizeidirektion XXXX vom selben Tag, die Angaben zur Wiedereinreise am Tag der Zurückschiebung aus den Angaben des Beschwerdeführers in polizeilichen Erstbefragung am 21.06.2007.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten. Dass der Beschwerdeführer in beiden Verfahren absichtlich falsche Angaben machte, entspricht den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 21.07.2016, die auch in der Begründung des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 Deckung finden. Dass er den Folgeantrag stellte, um nicht abgeschoben zu werden, ergibt sich aus seiner Einlassung in der polizeilichen Erstbefragung am 28.01.2010.

Die Angaben zur Meldeadresse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister, die Angaben zur Grundversorgung aus dem GVS.

Die Angaben zum befristeten Aufenthaltsverbot ergeben sich aus dem vorliegenden Akt, ebenso die Angaben zur Abschiebung.

Die Angaben zu Wiedereinreise und Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der hg. mündlichen Verhandlung.

Die Angaben zu den Verurteilungen des Beschwerdeführers am 21.12.2007 und 10.07.2009 ergeben sich aus dem Strafregisterauszug sowie den Urteilen des Landesgerichts und Oberlandesgerichts, die im Akt erliegen, die Angaben zum Vollzug der Freiheitsstrafe aus dem Führungszeugnis der Justizanstalt XXXX, der Auskunft des Landesgerichts XXXXund aus der Vollzugsinformation.

Die Angaben zum unbefristeten Aufenthaltsverbot und zur Zurückziehung des Antrages auf freiwillige Rückkehr ergeben sich aus dem vorliegenden Akt.

Die Angaben zur Tochter des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Protokoll des Bezirksgerichts XXXX vom 08.09.2015, bestätigt durch die Nachfrage des erkennenden Gerichts beim Bezirksgericht XXXX. Die Angaben zu der Wohnsituation der Mutter der Tochter, die ihn wegen gefährlicher Drohung anzeigte, wobei der Beschwerdeführer diesbezüglich freigesprochen wurde, ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister, der Kontakt zum Beschwerdeführer in Strafhaft aus der Besucherliste der Justizanstalt XXXX; dass sie ihn nur wegen der Entfernung und der Strapaze, die das für die Tochter bedeutet hätte, nicht besuchte, kann nicht festgestellt werden, da der Mutter 2011 bis 2015 kein Kontaktrecht zur Tochter zukam.

Abgesehen von seiner Tochter, zu der er kein Kontaktrecht hat, und deren Mutter gibt der Beschwerdeführer keine sozialen Beziehungen in Österreich an.

Die Angaben zur Identifizierung des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Schreiben vom 02.07.2009 und 02.06.2009, die Zusage eines Heimreisezertifikats aus dem Mail vom 02.08.2016, die Verzögerungen durch die Personaländerungen in der Botschaft des Königreichs Marokko aus dem Mail vom 28.10.2016, die Konsultationen am 29.11.2016 aus dem Mail vom 24.11.2016 und 30.11.2016 und der Vorführtermin am 01.12.2016 aus der telefonischen Mitteilung des Bundesministeriums in der mündlichen Verhandlung.

Die Angaben zum Vollzug der Schubhaft ergeben sich aus der Anhaltedatei.

Angaben zur Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den amtsärztlichen Gutachten vom 28.11.2016 sowie 24.10.2016, die sich mit dem vorliegenden Krankenakt des Beschwerdeführers decken.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Der Beschwerdeführer befand sich im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides in Strafhaft und wurde am 24.10.2016 im Anschluss an die Entlassung aus der Strafhaft festgenommen und in Schubhafthaft genommen.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Bescheid vom 11.10.2016 und Anhaltung in Schubhaft seit 24.10.2016

1. Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 1, 2 Z 1 FPG liegen vor:

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).

Der Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er Fremder iSd § 76 Abs. 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 25.04.2007 wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2007 zurückgewiesen. Die damit verbundene Ausweisung nach Italien ist auf Grund der Abschiebung des Beschwerdeführers am 10.04.2008 konsumiert.

Ungeachtet der Frage, ob das gegen Beschwerdeführer mit Bescheid vom 02.04.2008 erlassene, bis 01.04.2018 befristete Aufenthaltsverbot, das gemäß § 125 Abs. 16 FPG weiterhin gültig war, mangels Anwendbarkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rückkehrentscheidung (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174; 19.04.2016, Ra 2016/18/0056) auch nach der zweiten Asylantragstellung am 07.01.2010 gemäß § 65 Abs. 2 FPG in der bis 30.06.2011 geltenden Fassung weiterhin gültig war, besteht auf Grund des rechtskräftigen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 eine durchführbare Ausweisung gegen den Beschwerdeführer:

Der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.01.2010 wurde auf Grund des rechtskräftigen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer nach Marokko ausgewiesen. Diese Ausweisung ist als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 weiterhin aufrecht.

Dieser Bescheid sei - so der angefochtene Bescheid - am 03.11.2010 "in II. Instanz" in Rechtskraft erwachsen. Nach eigenen Angaben in seiner verspätet eingebrachten Stellungnahme sei er Vater einer mittlerweile 8-jährigen Tochter. Die Behörde sei jedoch der Ansicht, dass die geforderten Voraussetzungen, welche eine Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, in seinem Fall nicht vorliegen. Er sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Es könne in seinem Fall auch nicht erkannt werden, dass er in beliebiger Weise in der österreichischen Gesellschaft eingewachsen und verankert wäre bzw. seine familiären Bindungen dergestalt wären, dass eine Abschiebung unzulässig wäre, da er niemals mit Ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und bereits kurz nach deren 1. Geburtstag in Strafhaft genommen worden sei, wo er sich bis zum heutigen Tag befinde.

Bereits aus dem Grund, dass die Geburt der Tochter als entscheidungsrelevanter Sachverhalt vom Beschwerdeführer in dem zur Erlassung dieses Erkenntnisses führenden Verfahren releviert und vom Asylgerichtshof auch gewürdigt wurde, liegt kein dem Erkenntnis VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0091, vergleichbarer Fall vor; an der Durchführbarkeit der Ausweisung bestehen keine Zweifel.

Mit Bescheid vom 26.02.2011, dem Beschwerdeführer zugestellt am 05.03.2011, wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Gemäß § 125 Abs. 25 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31.12.2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 idF BGBl. I 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Die Beschwerde führt aus, die Rechtsmeinung der belangten Behörde, wonach das von der ehem. Bundespolizeidirektion XXXX am 28.2.2011 erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot weiterhin gültig sei, sei verfehlt. Nach der Entscheidung des EuGH vom 19.09.2013 in der Rechtssache Filev und Osmani, C-297/12 , zu Fragen der Auslegung der Rückführungs-RL habe das unbefristet erlassene AV nämlich von Amts wegen behoben bzw. auf 5 Jahre verkürzt werden müssen. Laut Art. 11 Abs 2 Rückführungs-RL können Einreiseverbote grundsätzlich maximal bis zu 5 Jahren ausgesprochen werden; eine längere Dauer kann durch nationale Bestimmungen nur in dann festgesetzt werden, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstelle. Zum Zeitpunkt der Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer sei die Rückführungs-RL mangels rechtzeitiger Umsetzung unmittelbar anwendbar gewesen (die RL sei bis 24.12.2010 umzusetzen gewesen und erst durch das FrÄG 2011 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 umgesetzt worden). Diese nationale Bestimmung (die strenger sei als die Rückführungs-RL) habe beim Beschwerdeführer demnach nicht angewendet werden dürfen. Genau diese Frage habe der EuGH (neben anderen) in der oben zitierten Rs Filev und Osmani, C-297/12 , beantwortet. Das Bundesamt habe in etlichen solchen Fällen unbefristete Aufenthaltsverbote von Amts wegen behoben bzw. auf 5 Jahre verkürzt. Zusammenfassend sei daher zu sagen, dass der Schubhaft somit keine aufenthaltsbeendende Maßnahme zugrunde liege, die ''gesichert" werden könne und der Bescheid sei bereits aus diesem Grund rechtswidrig erlassen worden.

Soweit die Beschwerde damit vorbringt, der Bescheid vom 26.02.2011 sei rechtswidrig, weil er dem Unionsrecht, das im Zeitpunkt der Bescheiderlassung unmittelbar anzuwenden gewesen wäre, widerspreche, ist ihr auf Grund der Rechtskraft des Bescheides kein Erfolg beschieden; es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, dieses Vorbringen im Wege einer Berufung gegen diesen Bescheid zu erstatten. Das Institut der Rechtskraft von Individualrechtsakten im nationalen Recht entspricht dem Unionsrecht (Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht4, 161 mwNw).

Auch soweit sich die Beschwerde auf das Urteil EuGH 19.09.2013, C-297/12 , Rs Gjoko FILEV und Adnan OSMANI, bezieht, ist ihr kein Erfolg beschieden: Mangels Übergangsbestimmung steht Art. 11 Abs. 2 RückkehrRL demzufolge nur der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots, das in diesem Zeitraum erlassen wurde, mehr als fünf Jahre nach der Ausreise des betreffenden Drittstaatsangehörigen entgegen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267; 02.10.2012, 2012/21/0028). Der Beschwerdeführer ist jedoch seit der Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots nicht ausgereist, sodass diese Frist auch noch nicht zu laufen begonnen hätte. Im Übrigen verkennt die Beschwerde, dass der Beschwerdeführer zu einer mehr als fünfjährigen unbedingten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt wurde, was auch nach der Art. 11 Abs. 2 RückkehrRL umsetzenden Bestimmung des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes wegen schwerwiegender Gefahr für die öffentliche Ordnung, öffentliche oder nationale Sicherheit trägt (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0028).

Sohin besteht gegen den Beschwerdeführer auf Grund des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisung nach Marokko sowie auf Grund des Bescheides vom 05.03.2011 ein rechtskräftiges und durchsetzbares, unbefristetes Aufenthaltsverbot.

2. Im Falle des Beschwerdeführers liegt Fluchtgefahr vor:

2.1. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt gemäß Abs. 3 vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1), ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2), ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3), ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4), ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5), ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7), ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

2.2. Das Bundesamt führt im angefochtenen Bescheid aus, dass aus folgenden Gründen im Falle des Beschwerdeführers Fluchtgefahr vorliege: Er sei ohne gültiges Reisedokument in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe zwei Asylanträge in Österreich gestellt. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 28.01.2010, den er aus der Strafhaft gestellt habe, sei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen worden. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sei sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko abgewiesen worden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sei er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen worden. Ebenso habe er bereits im Jahr 2007 durch einen später amtsärztlich festgestellten LSD Backflash, durch Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten auf seinem Oberschenkel seine Abschiebung verhindert und habe aus der Schubhaft entlassen werden müssen. In seinem Fall liege die Vermutung nahe, dass er sich durch Untertauchen dem Verfahren entziehen werde. Somit müsse die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt werden. Gegen ihn sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Nach Rechtsmeinung der Behörde sei das am 28.02.2011 erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot (Verurteilung zu 7 Jahren und 6 Monaten) gem. § 125 Abs. 16 FPG auch weiterhin gültig. Im Strafregister scheine außerdem eine weitere Verurteilung vom 21.12.2007 auf. Er kümmere sich nicht ansatzweise um einschlägige Rechtsvorschriften und sei im österreichischen Bundesgebiet bereits zwei Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden. Daher sei die Entscheidung auch verhältnismäßig, da ein Heimreisezertifikat von der marokkanischen Botschaft Wien bereits zugesagt worden sei und seine Abschiebung unmittelbar nach der Entlassung aus der Strafhaft erfolgen werde. Die Bestimmungen des § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG seien damit als erfüllt anzusehen.

Dem hält die Beschwerde entgegen, dass sich schon aus dem größtenteils nur aus Textbausteinen bestehenden angefochtenen Bescheid vom 11.10.2016 ergebe, dass sich die belangte Behörde nicht mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt habe, obwohl sie nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung dazu verpflichtet gewesen wäre (VfGH 24.06.2006, B 362/06; 15.07.2007, B 1330/06 und B 1331/06; VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051). Das Bundesamt habe es unterlassen, eine individuelle Prüfung zum Bestehen eines Sicherungsbedarfs im gegenständlichen Fall durchzuführen, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers als rechtswidrig zu qualifizieren sei.

Auf Grund der umfangreichen Begründung des angefochtenen Bescheides trifft dieses Beschwerdevorbringen nicht zu.

2.3. Die Beschwerde hält dem angefochtenen Bescheid weiters entgegen, dass die belangte Behörde das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid einzig und alleine mit dem Umstand der mangelnden sozialen Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich (§ 76 Abs. 3 Z 9 FPG) begründe.

Auch dieses Beschwerdevorbringen ist auf Grund des klaren Wortlautes des Bescheides unzutreffend.

Das Bundesamt stützt die Annahme von Fluchtgefahr im Fall des Beschwerdeführers zunächst auf § 76 Abs. 3 Z 3 FPG, wonach Fluchtgefahr vorliegt, wenn eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat, und führt aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen worden sei. Der Bescheid sei am 03.11.2010 "in II. Instanz" in Rechtskraft erwachsen. Nach Rechtsmeinung der Behörde sei das am 28.02.2011 erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot (Verurteilung zu 7 Jahren und 6 Monaten) gem. § 125 Abs. 16 FPG auch weiterhin gültig.

Dadurch stützt sich die belangte Behörde zutreffend auf § 76 Abs. 3 Z 3 1. Fall FPG. Darauf, dass er sich auch seinem ersten Verfahren auf internationalen Schutz entzog (2. Fall), stützte sich die belangte Behörde hingegen nicht.

2.4. Mit den Ausführungen, der Beschwerdeführer habe bereits im Jahr 2007 durch einen später amtsärztlich festgestellten LSD Backflash, durch Selbstbeschädigungen in Form von Ritzen und Schnitten auf seinem Oberschenkel seine Abschiebung verhindert und habe aus der Schubhaft entlassen werden müssen, stützt die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid allerdings, obwohl die Ziffer in der Begründung nicht genannt wird, zutreffend auch auf Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG, wonach maßgeblich ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Selbst wenn man im gegenständlichen Fall von einer Ausreiseunwilligkeit des Beschwerdeführers ausgehe, stelle dieser Umstand, so die Beschwerde, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich alleine keinen Grund für die Annahme eines Sicherungsbedarfs dar (vgl. VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498).

Von bloßer Ausreiseunwilligkeit kann jedoch nicht die Rede sein, wenn ein Fremder einen bereits in die Wege geleiteten Abschiebevorgang durch Akte der Selbstbeschädigung oder durch mehrfache passive Widerstandshandlungen vereitelt (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0588). Auf Grund des geschilderten Vorverhaltens des Beschwerdeführers ist aus dem Beschwerdevorbringen zur bloßen Ausreiseunwilligkeit im Falle des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

2.5. Schließlich stützt das Bundesamt die Fluchtgefahr im Fall des Beschwerdeführers auch darauf, dass der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes der Annahme der Fluchtgefahr nicht entgegenstehen. Hiezu führt das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge Vater einer mittlerweile 8-jährigen Tochter sei. Die Behörde sei jedoch der Ansicht, dass die geforderten Voraussetzungen, welche eine Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, in seinem Fall nicht vorliegen. Es könne in seinem Fall auch nicht erkannt werden, dass er in beliebiger Weise in der österreichischen Gesellschaft eingewachsen und verankert wäre bzw. seine familiären Bindungen dergestalt wären, dass eine Abschiebung unzulässig wäre, da er niemals mit Ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und bereits kurz nach deren 1. Geburtstag in Strafhaft genommen worden sei, wo er sich bis zum heutigen Tag befinde. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege.

Die Annahme des Bundesamtes, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sei und keiner seiner Familienangehörigen in Österreich leben würden, sei falsch, führt die Beschwerde aus: Der Beschwerdeführer sei in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und besitze auch keine Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Der Beschwerdeführer sei außerdem mittel- und unterkunftslos. Das Bundesamt widerspreche sich im Bescheid selbst, wenn es anführe, dass der Beschwerdeführer nicht sozial verankert sei, aber gleichzeitig feststelle, dass der Beschwerdeführer eine Tochter namens XXXX, geb. XXXX und österreichische Staatsbürgerin, welche in XXXX bei ihrer Tante lebe, habe. Das Bundesamt geht jedoch nicht weiter auf diese schützenswerte Tatsache ein.

Mit diesem Vorbringen tut die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dar: Der Beschwerdeführer hat eine Tochter, die österreichische Staatsbürgerin ist. Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr gemäß §76 Abs. 3 Z 9 FPG vorliegt, geht es jedoch nicht um Fragen der Abstammung, sondern darum, ob der Beschwerdeführer in ein soziales Netz eingebunden ist, das das Annahme trägt, er werde sich der durch die Schubhaft zu sichernden Maßnahme nicht entziehen.

Dies trifft jedoch im Fall des Beschwerdeführers nicht zu: Nicht nur, dass der Beschwerdeführer seit über sieben Jahren in Haft ist und somit nicht in Familiengemeinschaft mit seiner Tochter lebt, er ist im Hinblick auf seine bei Pflegeeltern lebenden Tochter weder obsorgeberechtigt, noch kommt ihm ein Kontaktrecht zu seinem Kind zu. Die Geburt seines Kindes am XXXX führte auch vor der bis 24.10.2016 dauernden Strafhaft nicht dazu, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz gemeldet oder mit den Behörden kooperiert hätte.

Das Bundesamt sei, so die Beschwerde weiter, ihrer Verpflichtung, die Entscheidung zu begründen und die die Entscheidung leitenden Erwägungen somit einer nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle zugänglich zu machen (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0086 sowie VwGH 23.10.2015, 2015/02/0029), nicht nachgekommen. Das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs werde im gegenständlichen Fall u.a. auf den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, die fehlende soziale Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich, gestützt. Dieser zweifellos zutreffende Umstand vermöge das Bestehen eines Sicherungsbedarf im konkreten Fall nicht zu begründen (vgl. VwGH 30.08.2011, 2008/21/0498). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die isolierte Heranziehung der mangelnden sozialen Verankerung in Österreich kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs dar.

Der Vorwurf der Widersprüchlichkeit richtet sich somit vielmehr gegen die Beschwerde selbst, die mal vorbringt, die belangte Behörde hätte die Fluchtgefahr nur auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG gestützt, mal "u.a." auf diese Bestimmung. Weiters bringt die Beschwerde zunächst vor, die Annahme des Bundesamtes, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sei und keiner seiner Familienangehörigen in Österreich leben würden, sei falsch, danach aber, die fehlende soziale Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich sei ein "zweifellos zutreffender Umstand".

Auch soweit sich die Beschwerde darauf stützt, dass es sich bei der Mittellosigkeit und der fehlenden sozialen Integration in Bezug auf (noch nicht lange in Österreich aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, um kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs handle und die Heranziehung des Gesichtspunktes, der Fremde sei in Österreich nicht ausreichend integriert, vielmehr bei Asylwerbern, die sich noch nicht lange in Österreich aufhalten, verfehlt sei, trifft sie nicht zu:

Der Beschwerdeführer ist seit dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 nicht mehr Asylwerber. Er bezieht seit 11.07.2007 keine Grundversorgung mehr. Er war 25.04.2007-10.04.2008 und seit 12.04.2016 in Österreich aufhältig, sohin jedenfalls nicht mehr "nicht lange". Er verbrachte den größten Teil seines Aufenthalts in Österreich in Haft. Er war in Österreich nicht legal erwerbstätig und ist mittellos. Er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz.

2.5. Schließlich führt die Beschwerde aus, dass auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers für sich genommen keinen Sicherungsbedarf iSd § 76 FPG begründe. Der Verwaltungsgerichtshof betone in ständiger Judikatur, dass die Schubhaft weder der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten noch ihrer Sanktionierung, sondern lediglich der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes diene (vgl. VwGH 22.12.2009, 2009/21/0185).

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr sei, so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH habe auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Delinquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern könne (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Einem geordneten Fremdenwesen komme im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es bestehe die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergebe daher im Fall des Beschwerdeführers, dass sein privates Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe.

Es ist zutreffend, wenn die Beschwerde ausführt, dass die Verhängung von Schubhaft weder der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten noch ihrer Sanktionierung dient, sondern lediglich der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes (VwGH 22.11.2007, 2006/21/0189; 30.08.2007, 2006/21/0107; 2009/21/0185, 22.12.2009; vgl. VfSlg. 13.715/1994). Frühere Delinquenz kann jedoch das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung der Abschiebung maßgeblich vergrößern (vgl. VwGH 19.05.2015, Ro 2015/21/0017; 02.10.2012, 2010/21/0094: 25.03.2010, 2009/21/0121; 25.03.2010, 2009/21/0276; 17.03.2009, 2007/21/0542; 22.06.2006, 2006/21/0081; 28.06.2007, 2004/21/0003).

Der Beschwerdeführer wurde am 21.12.2007 wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, davon sieben Monate bedingt, und eine Probezeit von drei Jahren festgesetzt. Innerhalb der Probezeit wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 10.07.2009 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen schweren Raubes und gefährlicher Drohung verurteilt. Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie bei der Beurteilung der Frage, ob die Verhängung von Schubhaft verhältnismäßig ist (§ 76 Abs. 2 FPG), im Rahmen der gegen das Interesse des Beschwerdeführers an seiner persönlichen Freiheit abzuwiegenden öffentlichen Interessen die Delinquenz des Beschwerdeführers mit ins Kalkül nimmt.

3. Auf Grund der Fluchtgefahr kann nicht mit der Verhängung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

§ 77 Abs. 3 FPG sieht als gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen, vor.

Die belangte Behörde führt aus, dss die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers schon von vornherein nicht in Betracht komme. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betreffe, könne in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Wie zuvor ausführlich dargelegt, bestehe in seinem Fall aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liege somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordere und eine Verfahrensführung, während derer er sich in Freiheit befinde, ausschließe.

Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde nicht nachvollziehbar begründet habe, warum der Beschwerdeführer einem gelinderen Mittel in der Form einer - allenfalls auch in engeren zeitlichen Abstanden erfolgenden - periodischen Meldeverpflichtung oder der Unterkunftnahme nicht nachkommen würde und aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation "ein beträchtliches Risiko des Untertauchens" bestünde. Alternativ wäre hinsichtlich des Beschwerdeführers auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gemäß § 77 Abs. 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse XXXX, oder an der Adresse XXXX, zur Verfügung. Die angesprochenen gelinderen Mittel hätten auch in Kombination verhängt werden können bzw. hätte gemäß § 77 Abs. 5 FPG der Beschwerdeführer auch angewiesen werden können, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeitraume an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Es sei nicht erfindlich, warum die belangte Behörde die Anwendung gelinderer Mittel nicht herangezogen habe. Festgehalten werden solle auch, dass bislang über den Beschwerdeführer noch kein gelinderes Mittel angewendet worden sei. Da eine Freiheitsbeschränkung stets nur ultima ratio sein sollte (vgl. VwSIg 17953 A/2010, RS 4), hätte die belangte Behörde ein gelinderes Mittel verhangen müssen. Der Beschwerdeführer sei jedenfalls bereit, einer periodischen Meldeverpflichtung sowie anderer behördlichen Anordnungen Folge zu leisten. Dadurch, dass die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels nicht individuell geprüft habe, sei der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

Gründe, die dafür sprechen würden, dass mit der Verhängung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden könne, brachte die Beschwerde abgesehen von der bloßen Existenz dieser Möglichkeiten, nicht vor. Sie sind auch nicht erkennbar:

Dass der Beschwerdeführer, der seit 11.07.2007 über keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich außerhalb von Haftanstalten verfügte - auch an der 17.09.2007-18.02.2008 bestehenden Meldeadresse XXXX, war der Beschwerdeführer für die Behörden nicht erreichbar - nun, obwohl im Gegensatz zu diesem Zeitraum eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen ihn besteht, einer Meldeverpflichtung nachkommen würde, vermochte er auch in der hg. mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft zu machen. Auch die angekündigte Wohnsitznahme bei der "Ex-Verlobten" war auf Grund deren Lebensumstände unglaubwürdig. Auch strafgerichtliche Konsequenzen (wiederholte Delinquenz, Tatbegehrung während Probezeit unter bedingter Freiheitsstrafe, Ordnungswidrigkeiten während der Strafhaft), konnten den Beschwerdeführer bislang nicht zur Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen bewegen. Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass im Falle des Beschwerdeführers mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte.

4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Er befindet sich in Schubwie zuvor in Strafhaft in einem Substitutionsprogramm.

5. Mit der Möglichkeit der Abschiebung ist auch tatsächlich zu rechnen:

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Der Beschwerdeführer wurde vom Königreich Marokko eindeutig identifiziert. Die Ausstellung des während der Strafhaft des Beschwerdeführers bereits in Aussicht gestellten Heimreisezertifikats verzögert sich nunmehr auf Grund des Personalwechsels in der Marokkanischen Botschaft. Auf Grund der eindeutigen Identifizierung des Beschwerdeführers, der Inaussichtstellung der Ausstellung des Heimreisezertifikats und der effizienten Verfahrensführung der Behörden sowie der Kooperation mit der marokkanischen Botschaft ist jedoch mit Ausstellung des Heimreisezertifikats und der Durchführung der Abschiebung tatsächlich zu rechnen.

6. Auch die Dauer der Schubhaft ist nicht unverhältnismäßig:

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FrPolG 2005 ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweist sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt (VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026; 19.05.2015, Ro 2015/21/0008; 25.04.2014, 2013/21/0209).

Dies ist aber nicht der Fall: Das Heimreisezertifikatsverfahren wurde bereits 2009 eingeleitet. Der Beschwerdeführer wurde ebenfalls 2009 von Marokko identifiziert. Das Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde bereits ein halbes Jahr vor dem Entlassungstermin aus der Strafhaft gestellt. Die Ausstellung des Heimreisezertifikats wurde zwei Monate für der Entlassung aus der Strafhaft in Aussicht gestellt. Die Abschiebung wurde drei Wochen vor der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft derart organisiert, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft drei Tage gedauert hätte. Eine Unverhältnismäßigkeit der Schubhaftverhängung aus diesem Grund liegt nicht vor.

Da sich die Ausstellung des Heimreisezertifikats nach Schubhaftverhängung auf Grund der personellen Änderungen in den marokkanischen Vertretungsbehörden in Österreich verzögerte und die für den 27.10.2016 organisierte Abschiebung storniert werden musste, urgierte das Bundesamt binnen Tagen den Fall des Beschwerdeführers und stehen in enger Kooperation mit der Botschaft des Königreichs Marokko betreffend den Fall des Beschwerdeführers. Auf Grund der effizienten Verfahrensführung und dieser besonderen Umstände ist die Dauer und Aufrechterhaltung der Schubhaft, auch wenn sie im Anschluss an die Strafhaft verhängt wurde, nicht unverhältnismäßig.

5. Auf Grund der erheblichen Fluchtgefahr infolge der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung und Verhinderung der Abschiebung, der fehlenden sozialen Verankerung und Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sowie seiner Identifizierung durch die marokkanischen Behörden und Inaussichtstellung der Ausstellung des Heimreisezertifikats ist die Annahme der belangten Behörde, die Verhängung der Schubhaft sei notwendig und verhältnismäßig, zutreffend und die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig.

Zu A.II.) Fortsetzungsausspruch

1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

2. Dies ist der Fall:

Der Beschwerdeführer hat keine Gründe dafür vorgebracht, warum die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weggefallen sein sollten, noch sind von Amts wegen solche Gründe erkennbar.

Vielmehr liegt im Fall des Beschwerdeführers Fluchtgefahr auch auf Grund folgender Kriterien vor:

Betreffend die Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist zu ergänzen, dass der Beschwerdeführer nicht nur die Entlassung aus der Schubhaft am 03.06.2007 durch Selbstverletzung erzwang: Am 11.02.2008 konnte auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens die Schubhaft nicht verhängt werden, da er infolge Androhung der Selbstverletzung nicht haftfähig war. In der Schubhaft 31.03.2008-10.04.2008 trat der Beschwerdeführer in den Hungerstreik, versuchte sich mit einem Leintuch zu erhängen und fügte sich wiederum Schnittwunden zu. Am 05.02.2009 wurde der Beschwerdeführer aus der am selben Tag verhängten Schubhaft entlassen, weil er angab, eine Rasierklinge geschluckt zu haben und sich umzubringen. All diese Handlungen waren geeignet, die Abschiebung zu verhindern. Auch die unangemeldete Wohnsitznahme des Beschwerdeführers vor Verbüßung der letzten Haftstrafe war geeignet, die Abschiebung zu verhindern.

Weiters ist im Hinblick auf § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu ergänzen, dass sich der Beschwerdeführer auch dem ersten Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz entzog (das zweite wurde aus dem Stande der Strafhaft geführt): Der Beschwerdeführer wurde am 11.07.2007 wegen unbekannten Aufenthalts von der Grundversorgung abgemeldet. Der Beschwerdeführer verfügte 17.09.2007-18.02.2008 über eine Meldeadresse in HEINESTRASSE, 1020 WIEN, wobei der Beschwerdeführer in der hg. mündlichen Verhandlung angab, der Mann, für den er arbeite, habe an dieser Adresse gelebt. Er kam der Ladung an diese Adresse nicht nach und behob den an diese Adresse zugestellten Bescheid nicht. Dieses Verhalten war geeignet, sich dem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz zu entziehen.

Der Beschwerde verwirklichte auch das Kriterium des § 76 Abs. 3 Z 2 FPG: Er reiste am 12.04.2008 entgegen dem Aufenthaltsverbot vom 02.04.2008 nach der Abschiebung am 10.04.2008 wieder nach Österreich ein und hält sich seither entgegen dem Aufenthaltsverbot in Österreich auf.

Auf Grund dieses Aufenthaltsverbots bestand gegen den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Stellung seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Strafhaft am 09.01.2010 auch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme und er stellte diesen Antrag ausdrücklich aus Angst, abgeschoben zu werden (§ 76 Abs. 3 Z 5 FPG).

Es liegt sohin weiterhin erhebliche Fluchtgefahr vor, der Beschwerdeführer ist weiterhin haftfähig, die Ausweisung weiterhin durchführbar und das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats wird effizient geführt. Die gelinderen Mittel reichen auf Grund seines Verhaltens weiterhin zur Sicherung der Abschiebung nicht hin. Soweit in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer in der Strafhaft Geld zur Seite gelegt habe, vermag angesichts des Vorverhaltens des Beschwerdeführers - laut Effektenliste verfügt der Beschwerdeführer über € 2.280 - mit der Auferlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung auch weiterhin nicht das Auslagen gefunden werden.

3. Es ist daher auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen.

Zu A.III. und A.IV.) Antrag auf Kostenersatz

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.

3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die belangte Behörde beantragt in der Beschwerdevorlage den Ersatz von Schriftsatzaufwand und sämtlicher weiterer anfallender Gebühren im gegenständlichen Verfahren.

§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit €

57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde daher Kosten iHv €

426,20 zu ersetzen.

Der Abspruch über die Barauslagen wird einer getrennten Entscheidung vorbehalten.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hinsichtlich Spruchpunkt A.I und A.II. zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zu § 76 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 FPG mangelt.

Die Rechtslage zu A.III und A.IV ist nach der Erlassung des § 22a Abs. 1a BFA-VG klar.

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