BVwG W135 1428555-2

BVwGW135 1428555-25.11.2014

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W135.1428555.2.00

 

Spruch:

W135 1428555-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, §§ 57 und 55 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer reiste aus Kroatien kommend am 10.07.2012 im Luftweg in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte - nachdem er im internationalen Transitbereich des Flughafens Wien Schwechat von Beamten der Grenzpolizeiinspektion einer Identitätsfeststellung nach § 12 GrekoG unterzogen wurde und dabei keine Reisedokumente vorweisen konnte - am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenangehörigkeit aus Tschetschenien zu sein.

Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.07.2012 gab der Beschwerdeführer an, sein Heimatland am 07.07.2012 gemeinsam mit seiner Tante im Flugweg legal mittels seines russischen Auslandsreisepasses verlassen zu haben. Den Reisepass habe seine Tante im Flugzeug "weggeschmissen". Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass am 30.05.2012 vier maskierte Personen zu ihm gekommen seien, die seinen Bruder XXXX gesucht hätten. Die maskierten Personen hätten seinen Bruder nicht gefunden und den Beschwerdeführer mitgenommen. Sie hätten dem Beschwerdeführer einen Sack über den Kopf "gebunden" und seien mit dem Beschwerdeführer weggefahren. Sie seien etwa eine bis eineinhalb Stunden mit dem Auto gefahren. Der Beschwerdeführer sei in ein Zimmer gebracht worden, wo kein Fenster gewesen sei, sondern nur eine Tür. Sie hätten ihn mit Waffen bedroht und hätten wissen wollen, wo sein Bruder XXXX sei. Dem Beschwerdeführer sei ein Plastiksackerl über den Kopf gezogen worden, um ihn zu ersticken. Sie hätten ihn am ganzen Körper mit Gummiknüppel geschlagen. Ins Gesicht sei dem Beschwerdeführer nicht geschlagen worden. Sie hätten immer wieder wissen wollen, wo sein Bruder sei und der Beschwerdeführer sei mit Pistolen gezwungen worden, drei leere Zettel zu unterschreiben. Man habe ihm gesagt, wenn er nicht unterschreibe, werde er erschossen. Der Beschwerdeführer habe unterschrieben und sie hätten ihn mit einem Sack über [dem Kopf] mit dem Auto weggebracht und auf einer Straße hinausgelassen. Deswegen habe der Beschwerdeführer mit seiner Tante das Land verlassen und wolle in Österreich um Asyl ansuchen. Im Falle einer Rückkehr fürchte er nicht in Ruhe gelassen zu werden und habe Angst um sein Leben.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 18.10.2012 gab der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache an, sein Inlandspass befinde sich bei seiner Tante XXXX, welche gemeinsam mit ihm nach Österreich gekommen sei. Der Beschwerdeführer sei ausgereist, weil er Probleme mit den Sicherheitsbehörden gehabt habe. Seine Brüder hätten auch Probleme gehabt, weshalb sie sich versteckt hätten. In Kroatien habe er sich lediglich drei Tage aufgehalten habe dort keinen Asylantrag gestellt. Er wolle nicht nach Kroatien zurück, in Österreich habe er Cousins, in Kroatien habe er niemanden.

Mit Verfahrensanordnung vom 18.07.2012 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass Drittstaatssicherheit in Kroatien gegeben sei.

Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 25.07.2012 gab der Beschwerdeführer an, in Österreich drei Cousins zu haben, zu welchen er in keinem Kontakt stehe. Nach Kroatien wolle er nicht, da gehört habe, dass früher einmal ein Tschetschene, der wegen seiner Probleme die Heimat verlassen habe müssen und nach Kroatien gereist, von den kroatischen Behörden nach Russland abgeschoben worden sei. Dies habe er in Tschetschenien gehört, er könne nichts Genaueres dazu angeben. In Kroatien habe er niemanden, in Österreich habe er seine Cousins. Es wäre einfacher für ihn, in Österreich zu bleiben.

Mit Schreiben vom 22.07.2012 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe von

XXXX.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.07.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 11.07.2012 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen sowie der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kroatien ausgewiesen. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kroatien wurde gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 für zulässig erklärt.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 01.08.2012 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 AsylG 2005 die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Flüchtlingshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.07.2012 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX, mit Schreiben vom 09.08.2012 fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof, mit welcher der Bescheid vom 31.07.2012 zur Gänze angefochten wurde.

Der Bruder des Beschwerdeführers XXXX, geb. XXXX, reiste mit seiner Ehefrau und zwei Kindern ebenfalls aus Kroatien kommend am 07.08.2012 im Luftweg in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Bruder des Beschwerdeführers und dessen Kernfamilie stellten - nachdem auch sie im internationalen Transitbereich des Flughafens Wien Schwechat von Beamten der Grenzpolizeiinspektion einer Identitätsfeststellung nach § 12 GrekoG unterzogen wurden und dabei keine Reisedokumente vorweisen konnten - am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.08.2012 gab der Bruder des Beschwerdeführers an, die Reisepässe aller Familienangehörigen im Flugzeug zerrissen und weggeworfen zu haben. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Bruder des Beschwerdeführers an, er sei am 20.06.2012 gegen 22 Uhr von vier bis fünf maskierten Leuten in Uniform von der Straße weg mitgenommen worden. Ihm sei ein Sack über den Kopf gestülpt worden. Er sei in einen Raum gebracht worden, wisse aber nicht, wo das gewesen sei. Er habe ein leeres Blatt Papier unterschrieben und sei geschlagen und bedroht worden. Was diese Leute von ihm gewollt hätten und warum er das Papier habe unterschreiben sollen, habe man ihm nicht gesagt. Die Leute hätten Russisch gesprochen, er wisse nicht, ob es Russen oder Tschetschenen gewesen seien. Nach einer Nacht sei er aus dem Haus, in dem er festgehalten worden sei, mit einem Sack über dem Kopf "hinaus geworfen" worden. Er sei am nächsten Tag im Spital gewesen, da er am ganzen Körper blaue Flecken gehabt habe. Auch seine Brüder XXXX und XXXX (der Beschwerdeführer) seien entführt worden.

Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 10.09.2012 wurde der Beschwerde vom 09.08.2012 gemäß § 37 Abs. 1 Asylgesetz 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.06.2013 wurde der Beschwerde gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, das Bundesasylamt habe sich unzureichend mit den familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich auseinandergesetzt. Das Bundesasylamt hätte die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich aufhältigen Verwandten näher zu beleuchten gehabt, da dies entscheidungsrelevant hätte sein können, da die Fluchtgeschichten in Verbindung miteinander stehen könnten. Der vom VwGH im Erkenntnis vom 6.11.2009, 2008/19/0532, herausgearbeitete Aspekt des Vorteils einer gemeinsamen Erledigung verwandter Vorgänge in einem Land sei in die Abwägung nach Art. 8 EMRK einzubeziehen und könne im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres von fehlender Entscheidungsmaßgeblichkeit dieses Umstandes ausgegangen werden. Im zweiten Rechtsgang habe das Bundesasylamt daher die Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich einzuvernehmen. Weiters sei der Beschwerdeführer erneut zu befragen.

Mit 01.01.2014 ging das Bundesasylamt im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) auf.

Am 25.02.2014 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen Folgendes an (Schreibfehler im Original):

"Etwaige Beweismittel sind vor der Einvernahme vorzulegen, bzw. geltend zu machen.

A: Meine Geburtsurkunde und mein Zeugnis habe ich bei der Ersteinvernahme vorgelegt. (Anm. Originale im Akt - werden im Zuge der EV an AW ausgefolgt).

F: Befinden Sie sich dzt. in ärztlicher Behandlung/Therapie oder nehmen Sie Medikamente?

A: Nein, ich bin gesund.

F: Im Jahr 2012 wurden Sie vom Verein XXXX, XXXX rechtsfreundlich vertreten. Ist diese Vertretung noch aufrecht? XXXX hat gestern um Übermittlung der Niederschrift ersucht.

A: Ja, das ist noch aufrecht.

F: Sie wurden heute hierher begleitet. Das ist Ihr Bruder? Geben Sie bitte seinen Namen an und seinen Aufenthaltsort.

A: XXXX, er ist 27 Jahre alt, er wohnt an derselben Adresse wie ich. Er ist auch Asylwerber und hatte vor drei, vier Monaten eine Einvernahme aber noch keinen Bescheid. (Lt. Ifa-Auszug: XXXX - Sachbearbeiter XXXX- Verfahren in Beschwerde seit 29.10.2013). Er lebt mit seiner Ehegattin, zwei Töchtern und einem Sohn, der hier geboren ist.

Mir wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt. Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen rückübersetzt?

A: Ja.

F: Sie sind Russischer Staatsangehöriger und gehören der tschetschenischen Volkszughörigkeit an und sind moselmischen Glaubens?

A: Ja.

F: Wo haben Sie bis zu Ihrer Flucht im Heimatland gelebt?

A: Ich habe bis zu meiner Ausreise abwechselnd bei meiner Mutter und bei meinem Vater da meine Eltern getrennt sind. Meine Mutter ist Invalide deswegen schaute ich auf sie. Nachgefragt schaut jetzt meine älteste Schwester nach ihr. Zuvor hatte auch mein ältester Bruder geschaut aber seit er Probleme hatte versteckt er sich irgendwo in Russland. Ich habe bei meiner Mutter in Grozny, XXXX gewohnt. Meine Mutter und meine älteste Schwester mit deren Tochter leben noch immer an dieser Adresse.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Mutter?

A: Ja über Skype regelmäßig, mehrmals die Woche. Es geht ihr einigermaßen. Meine Mutter erzählte mir von keinen weiteren Vorfällen.

F: Wann haben Sie Ihren Wohnsitz endgültig verlassen?

A: Am 05.07.2012. Ich bin zuerst mit dem Taxi nach XXXX (Russland), dann mit dem Zug nach Moskau und von dort mit dem Flugzeug nach Kroatien, XXXX. Wir haben aber dort nie bleiben wollen, wir haben dort niemanden der uns unterstützt.

F: Sie haben einen Auslandsreisepass besessen. Wann und wo wurde der Pass ausgestellt?

A: In Grozny, 2012, ganz kurz vor der Ausreise, vielleicht eine Woche vorher.

F: Befanden sich Visa im Pass?

A: Nein. Damals brauchte man für Kroatien kein Visum, wie das heute ist weiß ich nicht.

F: Haben Sie Ihr Heimatland früher schon einmal verlassen?

A: Nein.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen?

A: Ich weiß nicht, welche Strukturen das waren. Ich wurde einmal mitgenommen.

F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

A: Nein.

F: Waren Sie in Haft oder wurden Sie festgenommen?

A: Ja, ich wurde vor meiner Ausreise mitgenommen.

F: Sind Sie Mitglied einer Partei, parteiähnlichen oder terroristischen Organisation?

A: Nein.

F: Haben Sie in anderen Staaten um Asyl angesucht?

A: Nein.

F: Was genau und wie lange haben Sie gearbeitet bzw. wovon haben Sie im Heimatland gelebt?

A: Ich hatte die Schule abgeschlossen und habe mit meinen Brüdern auf Baustellen bei Elektroarbeiten geholfen, sie haben mir das gelernt.

F: Wie wurde Ihre Ausreise finanziert?

A: Das waren meine Ersparnisse. Wir haben zu Hause gut gelebt. Meine Mutter ist auch jetzt wirtschaftlich nicht schlecht gestellt, sie hat eine Rente und meine Schwester arbeitet als Lehrerin an einer Schule.

Sie werden nun aufgefordert, Ihre Probleme im Heimatland zu schildern und den fluchtauslösenden Vorfall genau darzustellen (freie Erzählung)

A: Als ich und meine Brüder zu dritt gearbeitet haben sind wir aus unerklärlichem Grund nach zehn oder 20 Tagen gekündigt worden. Es gab im Internet einen Bericht über einen Vorfall mit meinem älteren Bruder XXXX. Seit unserer Kündigung versteckt sich XXXX irgendwo in Russland und zuvor meinte er, dass unsere Kündigungen mit diesem Vorfall zu tun hätten. Eine Zeit später war ich bei meinem Vater in der XXXX. Am 30.05.2012 in der Nacht kamen unbekannte, maskierte Männer zu meinem Vater. Sie klopften zuerst an die Tür. Mein Vater machte auf. Sie durchsuchten das ganze Haus und suchten nach XXXX. Mein Vater und ich haben gesagt, wir wüssten nicht wo er ist. Sie haben uns über XXXX gefragt. Sie haben uns mit Waffen bedroht, mich haben sie mitgenommen. Zu meinem Vater sagten sie dass sie ihn umbringen würden wenn er sie daran hindern würde mich mitzunehmen. Ich weiß nicht wohin ich gebracht wurde da mir ein Sack über den Kopf gezogen wurde. Sie brachten mich in einen Kellerraum, dort verhörten sie mich wieder und fragten mich wieder nach XXXX. Sie haben mir immer wieder gedroht aber mich nicht geschlagen. Nach drei Tagen haben sie mich freigelassen. Bevor sie mich freigelassen haben haben sie mich einen leeren Zettel unterschreiben lassen. Sie sagten jetzt solle ich ihnen Informationen liefern weil sie als Beweis meiner Zustimmung meine Unterschrift hätten. Als ich freigelassen wurde fuhr ich zu meiner Mutter. Sie brachten mich mit dem Sack über den Kopf ins Zentrum, dort nahmen sie den Sack ab und ließen mich frei. Bis dorthin waren wir ungefähr 40 Minuten unterwegs, genau kann ich das nicht mehr sagen. Als ich wieder bei meiner Mutter war habe ich mit allen Verwandten geredet. XXXX habe ich damals nicht gesehen, der hatte sich schon versteckt nachdem ich mitgenommen wurde. Meine Tante XXXX, die Schwester meiner Mutter hat alles organisiert. Sie hat mir auch geholfen den Pass machen zu lassen. Sie hatte ihre Ausreise bereits geplant gehabt und hat mich dann mitgenommen. Sie hat drei Söhne hier.

F: Ihr Bruder XXXX ist im August 2012 gekommen. Wissen Sie wer ihm geholfen hat?

A: Ich weiß nicht wer ihm geholfen hat, er ist gekommen als ich in XXXX war.

V: Bei Ihrer ersten Einvernahme am 11.07.2012 haben Sie angegeben, dass sie mit Gummiknüppel geschlagen wurden und drei Blätter unterschreiben mussten.

A: Vielleicht habe ich mich geirrt, das ist schon so lange her. Dass ich geschlagen wurde habe ich gesagt weil ich Angst hatte, dass ich zurückgeschickt werde.

F: Auf Österreich als Zielland sind Sie zufällig gekommen?

A: Ja, nur weil meine Tante hierher wollte und weil meine Cousins da sind.

F: Was machte Ihren weiteren Verbleib im Land nun unmöglich?

A: Ich hatte Angst um mein Leben.

F: Wäre es Ihnen möglich gewesen irgendwo anders in Russland zu wohnen?

A: Nein, Russland bleibt Russland, ich fürchte sie würden mich überall finden da man sich ja registrieren muss, seinen Wohnsitz anmelden muss.

F: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt? Wollen Sie noch etwas angeben?

A: Nein.

F: Haben Sie mit Ihrem Vater auch Kontakt? Wissen Sie ob es noch weitere Vorfälle gab?

A: Ich habe auch mit ihm über Skype Kontakt, zuletzt vor zwei Tagen. Er hat mir nichts über weitere Vorfälle erzählt aber ich weiß nicht ob er das über Internet reden würde.

F: Warum können Ihre Angehörigen weiterhin in Russland leben?

A:.XXXX versteckt sich ja, es könnte sein dass sie das Haus überwachen. Wahrscheinlich wollen sie noch immer XXXX obwohl ich glaube dass er nichts gegen das Gesetz gemacht hat. Im Internet gibt's einen Artikel über ihn wo er mitgenommen wurde. Im Artikel handelt es sich um Vorfälle ab 2005. Er versteckt sich aber seit 2012.

F: Haben Sie noch weitere Verwandte in Russland?

A: Außer der Schwester XXXX, die mit meiner Mutter wohnt noch meine Schwester XXXX in Tschetschenien im Dorf XXXX. Sie lebt mit ihren Kindern, ihr Mann ist gefallen.

F: Würde Ihnen im Falle der Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen?

A: Ich weiß nicht was mir drohen könnte.

F: Hatten Sie in Russland bereits eine Musterung zum Wehrdienst?

A: Nein.

F: Auf die Vertraulichkeit der von Ihnen angegebenen Daten wird nochmals hingewiesen. Sind Sie damit einverstanden, dass Erhebungen zum Sachverhalt in Ihrem Heimatland durchgeführt werden? Es werden keine persönlichen Daten an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergegeben.

A: Ja.

Die Feststellungsunterlagen die vom Bundesamt für Fremdenwesen Asyl zur Beurteilung Ihres Falles herangezogenen allgemeinen Länderfeststellungen des BFA zu Ihrem Heimatland berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten - Sie haben nun die Möglichkeit allgemein etwas dazu anzugeben:

A: Im Großen und Ganzen gibt es nicht viele Probleme. Früher wurden Menschen ständig mitgenommen, jetzt kommt es nicht mehr so oft vor. Uns persönlich ging es nicht schlecht. Auch die medizinische Versorgung ist nicht schlecht. Früher musste die Mutter nach Baku fahren um eine Prothese zu bekommen, ihr fehlt nach einer Verletzung durch einen Raketensplitter ein Bein ab dem Knie. Jetzt ist sie in Grozny auch gut versorgt. Nach dem Krieg haben sie Krankenhäuser gebaut.

F: Können Sie Gründe vorbringen, die gegen eine Ausweisung aus Österreich sprechen?

A: Ich bin hier schon gewöhnt, ich fühle mich hier sicher und habe meine Verwandten.

F: Sie sind gemeinsam mit Ihrer Tante XXXX, geb. XXXX eingereist. Haben Sie hier in Österreich jemals gemeinsam gewohnt? Wo haltet sich Ihre Tante auf und haben Sie Kontakt? Wenn ja in welcher Form? Wie oft? Wann zuletzt?

A:Ja, wir haben in XXXX gemeinsam gelebt. Danach habe ich mit ihr bei einem älteren Cousin gelebt und zeitweise beim anderen Cousin. Ich war bei XXXX gemeldet aber ich habe abwechselnd bei den Verwandten gelebt. Mein Bruder XXXX, der seit Mai 2013 in XXXX ist, hat mir gesagt, dass in XXXX ein Platz frei werden würde und hat mir geholfen nach XXXX zu kommen, ich bin jetzt seit September hier. In XXXX ist es auch einfacher an einem Deutschkurs teilzunehmen. Meine Tante sehe ich nun seltener. Früher bin ich immer Sonntags gefahren bei Internet-Mitfahrgelegenheiten und blieb dann länger. Jetzt habe ich wegen dem Deutschkurs weniger Zeit weil ich nicht nur für einen Tag hinfahren will.

F: Weiters gaben Sie an, dass Sie nach Österreich gekommen seien weil sie hier einen Cousin hätten.

Bitte nennen Sie seinen Namen und seinen Aufenthaltsort und wie sich der Kontakt zu ihm gestaltet. Was machen Sie zusammen mit ihm, wie oft telefonieren sie miteinander, wann zuletzt. Und wie oft und wo sehen sie sich?

A: XXXX lebt in Wien im 21. Bezirk, XXXX, lebt auch in 21. Bezirk und XXXX, der wohnt in der Steiermark, in XXXX, ich war ihn dort auch schon besuchen. Ab und zu besuche ich auch die Cousins.

F: Haben Sie weitere familiäre oder familienähnliche Bindungen in Österreich?

A: Nein, auch keine Freundin.

F: Haben Sie Freunde in Österreich?

A: In der Pension ist auch noch eine tschetschenische Familie mit denen ich gut befreundet bin und beim Deutschkurs verstehe ich mich gut mit anderen Teilnehmern.

F: Haben Sie Angehörige in einem EU Staat?

A: In Belgien einen Cousin väterlicherseits.

F: Wie sieht Ihre Versorgung aus?

A: Ich lebe von staatlicher Unterstützung in einem Asylwerberquartier. Ich habe keine Verwandten oder Freunde in Österreich oder einem anderen EU-Staat die für mich sorgen können.

A: Ich bekomme ja Unterstützung und könnte meine Verwandten fragen aber bis jetzt habe ich es nicht gebraucht. Fürs Essen und für den Deutschkurs reicht es.

F: Nehmen Sie an einem Deutschkurs teil? Können Sie dafür Bestätigungen vorlegen?

A: Ich gehe bei XXXX seit ca. 2 Monaten. Der Sohn meines Cousins XXXX (Ais-Zl.: XXXX) lebt in Wien und hilft mir wenn ich etwas nicht weiß.

F: Sie sind bereits im Juli 2012 eingereist - erzählen Sie mir bitte in deutscher Sprache von Ihrem Tagesablauf, wie sieht Ihr Tag aus, was machen Sie?

Auf Deutsch: Ich spiele Computer und ich schreibe Deutsch, ich gehen Deutschkurs. (sagt auf Russisch dass er sehr aufgeregt ist und dass er immer ein wenig ängstlich ist was falsch zu sagen.)

F: Wie gut kann Ihr Bruder XXXX Deutsch? Lernen Sie mit ihm oder der Nichte?

A: Mein Bruder spricht ein wenig besser Deutsch als ich und meine neunjährige Nichte Jasmina lernt auch mit mir. Ich schau auch mit ihr die Kinderfilme im Fernsehen an.

F: Was machen Sie sonst in Ihrer Freizeit?

A: Wir gehen spazieren, gemeint mein Bruder und seine Familie. Wenn es warm genug ist spielen wir auch Tischtennis im Park in der Nähe von unserer Pension. Da gibt es auch Türken und Österreicher mit denen ich Tischtennis spiele wenn mein Bruder nicht dabei.

F: Sind Sie Mitglied eines Vereins?

A: Nein.

F: Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit der Dolmetscherin gegeben?

A: Nein, ich habe heute die Dolmetscherin einwandfrei verstanden.

F: Wollen Sie Ihren Angaben noch etwas hinzufügen, was noch nicht zur Sprache gekommen ist?

A: Nein, ich habe alles gesagt."

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion für Steiermark, vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 12.07.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität des Beschwerdeführers nicht fest, traf Länderfeststellungen zur Lage in der Russischen Föderation, insbesondere in Tschetschenien und gelangte in Bezug auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass die angegebenen Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes nicht glaubhaft seien. Begründend führte das Bundesamt unter anderem aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers widersprüchlich gewesen sei, der Beschwerdeführer sich kurz vor seiner Ausreise einen Auslandsreisepass habe ausstellen lassen und sein Heimatland legal im Luftweg verlassen habe.

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine aktuelle asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen habe können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher im Lichte der GFK zur Gewährung von Asyl führen hätte können.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht bzw. behauptet habe, welche die Annahme rechtfertigen hätten können, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret der Gefahr liefe, für den Fall einer Rückkehr in die Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden. Vom Fehlen jeglicher Existenzgrundlage im Herkunftsstaat könne im Fall des Beschwerdeführers nicht ausgegangen werden, wobei auf die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme sowie auf spezielle Unterstützungsmaßnahmen für Rückkehrer aus den Länderinformationen verwiesen wurde. Der Beschwerdeführer habe auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis darstellen könnte.

Zu Spruchpunkt III. wurde eingangs ausgeführt, dass sich Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht ergeben hätten. Zum Familienleben des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass ein Bruder des Beschwerdeführers in Österreich lebe. Die Tante, die mit dem Beschwerdeführer nach Österreich eingereist sei, lebe in Wien, seine Cousins in XXXX. Ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK des Beschwerdeführers habe nicht festgestellt werden können. Zum im Bundesgebiet entfalteten Privatleben wurde ausgeführt, dass ein Eingriff in dieses im konkreten Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt sei und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im konkreten Fall höher zu bewerten sei, als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos. Er habe im Bundesgebiet - abgesehen von seinem Bruder - keine nahen Verwandten. Der Beschwerdeführer beherrsche nicht die deutsche Sprache, erst seit zwei Monaten nehme er an einem ISOP-Deutschkurs teil. Der Beschwerdeführer sei im erwerbsfähigen Alter, sei arbeitsfähig und sei ihm eine Erwerbsfähigkeit zumutbar. Es wäre ihm möglich in seiner Heimat das Auslangen zu finden. Seine Bindungen zum Heimatstaat seien wesentlich stärker als zu Österreich. Seine Mutter, seine Schwester und Nichte sowie sein Vater würden noch im Heimatstaat leben. Seit seiner Einreise nach Österreich sei der Beschwerdeführer lediglich auf Grund des anhängigen Asylverfahrens zum Aufenthalt berechtigt. Die Verfahrensdauer sei nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet. Dem Beschwerdeführer sei deshalb auch kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen gewesen. Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig sei, zumal dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation keine Gefährdung drohe, was bereits in Spruchpunkt II. ausführlich geprüft worden sei.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX, mit Schreiben vom 28.03.2014 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, mit welcher der Bescheid zur Gänze angefochten wird. Vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer als Fluchtgrund die Verfolgung aus politischen Gründen bzw. wegen Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen Gruppe angegeben habe. Der Beschwerdeführer sei von maskierten, uniformierten Personen auf Grund angeblicher Verbrechen seines Bruders entführt und in der Folge unter Drohungen gezwungen worden, "Zettel" zu unterschreiben, mit welchen er erpresst werden würde, mit diesem Personen zusammen zu arbeiten. Die belangte Behörde meine zur Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz, dem Beschwerdeführer sei die Glaubwürdigkeit bezüglich seiner Fluchtgründe abzusprechen gewesen, da er keine ausreichend detaillierten Angaben gemacht habe und Widersprüchlichkeiten aufgetreten seien. Die Erklärungen des BFA, wie es zu dieser Ansicht gelangt sei, seien jedoch in keiner Weise nachvollziehbar. Einen erkennbaren Begründungswert hätten die Vorwürfe des BFA daher nicht, insbesondere da es scheinbar einen großen Teil der Aussagen des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis zu nehmen scheine, sondern nur selektiv, in tendenziöser Weise die Aussagen "herausklaube", die der Argumentation des BFA zuträglich seien. Zum Vorwurf, dass der Beschwerdeführer in der polizeilichen Ersteinvernahme gesagt habe, die Fahrt mit seinen Entführern zu dem Ort des Verhörs habe eine bis eineinhalb Stunden gedauert und in der Einvernahme vor dem BFA angegeben habe, es seien 40 Minuten gewesen, sei festzustellen, dass die polizeiliche Ersteinvernahme gesetzlich nicht dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend darzustellen. Die logischen, glaubwürdigen und vor allem gesetzlich vorgesehenen Ergänzungen bzw. Berichtigungen des Beschwerdeführers als Grund anzunehmen, ihm die Unglaubwürdigkeit zu unterstellen, wie es das BFA im vorliegenden Fall mache, sei daher nicht nachvollziehbar, zumal die Berichtigungen nur geringfügige Details betreffen würden und zwischen den Befragungen ein großer Zeitraum vergangen sei und daher allfällige unbedeutende Erinnerungslücken die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wenn überhaupt stärken würden, da dies gerade zeige, dass er nicht nur irgendeine Geschichte auswendig gelernt habe. Unverständlich sei weiters, dass das BFA "erstaunt" darüber sei, dass die angegebenen Fluchtgründe des Beschwerdeführers mit denen seines ebenfalls in Österreich aufhältigen Bruders übereinstimmen würden, angesichts dessen, dass beide gleichzeitig von denselben Personen aus denselben Gründen entführt worden seien. Der Beschwerdeführer habe konkrete und äußerst umfangreiche Angaben zum fluchtauslösenden Vorfall getätigt, Hintergrundinformationen und Nebendetails eingeschlossen, er habe den Vorfall in einer Art und Weise geschildert, wie von jemanden zu erwarten wäre, der ein Ereignis tatsächlich erlebt habe. Der Beschwerdeführer habe unter anderen konkrete Namen, Daten, Orte und sämtliche andere relevante Details zu seinen Fluchtgründen genannt. Die Schlussfolgerungen des BFA würden angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer die Anforderungen an ein glaubwürdiges Vorbringen erfüllt habe, keinen Sinn ergeben. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung werde auch den unrichtigen Behauptungen "des Asylgerichtshofes" bezüglich der Integration des Beschwerdeführers in Österreich widersprochen. Der Beschwerdeführer habe bereits große Anstrengungen unternommen, sich in Österreich zu integrieren. Er wünsche, sich auf legale Weise seinen eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren und die deutsche Sprache zu erlernen und sei er unbescholten. Die Frage der Zulässigkeit der "Ausweisung" sei keiner adäquaten Beurteilung unterzogen worden. Die "Ausweisung" stelle daher einen Widerspruch zu Art. 8 EMRK dar.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.04.2014 vorgelegt.

Mit Erkenntis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurden die Asylverfahren des Bruders des Beschwerdeführers XXXX, GZ. XXXX, und dessen Kernfamilie gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 rechtskräftig negativ erledigt. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurden die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2012 der Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesasylamt bzw. das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), der Beschwerde vom 28.03.2014 gegen den angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Ausländer- und Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volkgruppe an und ist moslemischer Religionszugehörigkeit.

Der Beschwerdeführer reiste legal mittels seines russischen Auslandsreisepasses im Luftweg aus der Russischen Föderation aus. Am 10.07.2012 wurde der Beschwerdeführer im internationalen Transitbereich des Flughafens Wien Schwechat von Beamten der Grenzpolizeiinspektion einer Identitätsfeststellung nach § 12 GrekoG unterzogen und konnte dabei keine Reisedokumente vorweisen. Im Verlauf dieser Amtshandlung stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor der Ausreise lebte der Beschwerdeführer bei seiner Mutter in Grosny. Der Beschwerdeführer verfügt über eine ausreichende Schulbildung und beherrscht sowohl die russische als auch die tschetschenische Sprache. In Tschetschenien leben nach wie vor die Eltern, eine Schwester, eine Nichte sowie zahlreiche Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Mutter in regelmäßigem Kontakt.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation, konkret in Tschetschenien, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht.

Nicht festgestellt werden kann weiters, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würde, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Im Bundesgebiet halten sich derzeit ein Bruder des Beschwerdeführers, XXXX, geb. XXXX, und dessen Kernfamilie sowie eine Tante und drei asylberechtigte Cousins des Beschwerdeführers auf. Der Bruder und dessen Kernfamilie reisten einen Monat nach dem Beschwerdeführer - im August 2012 - ebenfalls im Luftweg aus Kroatien kommend nach Österreich ein; die Anträge des Bruders und dessen Kernfamilie auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig negativ erledigt. Der Beschwerdeführer und sein Bruder sind in XXXX gemeldet, leben aber nicht im gemeinsamen Haushalt. Die Tante des Beschwerdeführers lebt in Wien. Ein Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu den genannten Verwandten kann nicht festgestellt werden.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt. Der Beschwerdeführer bezieht seit seiner Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation, insbesondere in Tschetschenien:

Politische Lage in Tschetschenien:

Tschetschenien ist eine im Nordkaukasus gelegene autonome Republik in Russland. Die aus der Tschetscheno-Inguschischen ASSR hervorgegangene Republik war nach der Auflösung der UdSSR Schauplatz von zwei Kriegen zwischen teils islamischen Separatisten und der russischen Zentralregierung, an deren Ende Tschetschenien im russischen Staatsverband verblieb. Tschetschenien, früher im Föderationskreis Südrussland gelegen, wurde durch eine Ausgliederung ab dem 19. Januar 2010 dem neu gebildeten Föderationskreis Nordkaukasus zugeordnet. Es grenzt im Süden an Georgien, im Osten an die autonome Republik Dagestan, im Westen an die autonomen Republiken Inguschetien und Nordossetien-Alanien sowie im Norden an die Region Stawropol. Die Einwohnerzahl beträgt 1.346.524 (Stand 2014). Es sind wegen des jahrelangen Bürgerkriegs fast nur noch Tschetschenen, denn die früher zahlreichen Minderheiten, darunter Russen, Inguschen, Armenier und Ukrainer, haben das Land infolge des Krieges größtenteils verlassen. 160.000 Einwohner Tschetscheniens seien nach offiziellen Angaben seit 1994 aufgrund des Krieges und seiner Folgen ums Leben gekommen, teilte im August 2005 der tschetschenische Staatsratsvorsitzende Taus Dschabrailow (ein Tschetschene) mit. Von den Opfern seien etwa 100.000 russischer Abstammung, weitere 30.000 bis 40.000 seien tschetschenische Kämpfer oder Zivilisten gewesen, schätzte er. Die Zahl der zwischen 1991 und 1994 im Laufe der ethnischen Säuberungen aus Tschetschenien vertriebenen Russen wurde vom russischen Innenministerium mit über 20.000 angegeben. Diese Daten werden nicht durch unabhängige Quellen bestätigt. (http://de.wikipedia.org/wiki/Tschetschenien , abgerufen am 28.4.2014)

In Tschetschenien hat Oberhaupt Ramsan Kadyrow ein auf seine Person zugeschnittenes repressives Regime etabliert. Vertreter russischer und internationaler NROs zeichnen ein insgesamt düsteres Lagebild. Gewalt und Menschenrechtsverletzungen bleiben dort an der Tagesordnung, es herrscht ein Klima der Angst und Einschüchterung. Die strafrechtliche Verfolgung der Menschenrechtsverletzungen ist völlig unzureichend. Tendenzen zur Einführung von Schariah-Recht sowie die Diskriminierung von Frauen haben in den letzten Jahren zugenommen. (AA 10.6.2013)

Die politische Situation in Tschetschenien wandelte sich nach Jahren des Krieges mit der Machtübernahme des Präsidenten Achmad Kadyrow (sein Sohn Ramzan Kadyrow bekleidet seit dem 2. März 2007 das Präsidentenamt), der später bei einem Attentat getötet wurde. Nach den Parlamentswahlen am 27. November 2004 hat sich die Lage weiter stabilisiert. Danach entstanden neue Arbeitsplätze und man begann mit dem Wiederaufbau, der bis heute andauert. Heute wird die Lage von den jetzigen Machthabern größtenteils kontrolliert. Kleinere bewaffnete Konflikte finden nach wie vor statt, haben jedoch meist einen lokal begrenzten Charakter. (BAMF-IOM Juni 2013)

Unter der autokratischen Herrschaft seines jungen Präsidenten Ramsan Kadyrow vollzog sich in der Republik ein Prozess des Wiederaufbaus. Von einigen russischen Kommentatoren wurde dem jungen Autokraten bescheinigt, eine effektivere Sezession Tschetscheniens aus russischer Oberherrschaft vollzogen zu haben, als es militanten Separatisten je gelungen wäre. Während er pathetisch Loyalität gegenüber dem Kreml bekundet und in Grosny Putin-Ikonen ausstellt, macht der Gewaltherrscher ganz und gar sein eigenes Ding. Dazu gehört eine eigenwillige Kulturpolitik, mit der er seinen Gegnern im islamistischen Untergrund den Wind aus den Segeln nehmen will. Während in anderen Teilen Russlands und des GUS-Raums Verschleierungs-Verbote gelten, schreibt Kadyrow Frauen unter der Parole "Zurück zur Tradition" in der Öffentlichkeit islamische Bekleidung vor. Dabei entsprechen solche Maßnahmen eher der salafistischen Sittenstrenge des Gegners als den kaukasischen oder tschetschenischen Traditionen, die der ideologischen Position dieses Gegners entgegengesetzt werden sollen. (SWP 26.4.2013)

2012 restrukturierte Kadyrow die tschetschenische Regierung, was zu vielen Entlassungen führte. Zudem vereinte er die Präsidentschafts-und Regierungsverwaltung, was die Verwaltung gegenüber der lokalen Regierung stärkte und dadurch die Macht Kadyrows weiter festigte. Zum Chef der Gemeinsamen Präsidentschafts-und Regierungsverwaltung wurde Kadyrows enger Vertrauter Magomed Daudov ernannt (RFE/RL 22.5.2012). Weiters entließ Ramsan Kadyrow den Bürgermeister von Grosny, und ernannte einen seiner Verwandten, Islam Kadyrow, als neuen Bürgermeister. Zuvor hatte das Republiksoberhaupt in mehreren Bezirken der Republik Umbesetzungen in der Führungsriege vorgenommen (RFE/RL 9.10.2012). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013)

Sicherheitslage:

Teile des Landes, vor allem im Nordkaukasus, sind von hohem Gewaltniveau betroffen. Der relative Erfolg des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, bedeutende Rebellenaktivität in seinem Herrschaftsbereich einzuschränken, ging einher mit zahlreichen Berichten über außergerichtliche Tötungen und Kollektivbestrafung. Zudem breitete sich die Rebellenbewegung in den umliegenden russischen Republiken, wie Inguschetien, Dagestan und Kabardino-Balkarien aus. Hunderte Beamte, Aufständische und Zivilisten sterben jedes Jahr durch Bombenanschläge, Schießereien und Morde (FH 1.2013). (BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation 23.1.2014)

Kadyrow und dessen Ombudsmann Nurdi Nukhadzhiev kritisierten vehement das Verhalten der russischen Truppen während der ersten Jahre des zweiten Tschetschenienkrieges und beschuldigten diese schwerwiegender Menschenrechtsverstöße, unter anderem des Verschwindenlassens von Personen. (ICG, The North Caucasus: The Challenges of Integration (I), Ethnicity and Conflict, Europe Report N°220 -19 October 2012)

In Teilen des Nordkaukasus kommt es weiterhin zu Entführungen, illegalen Festnahmen und Folter von Verdächtigen.

Menschenrechtsverletzungen werden in den seltensten Fällen strafrechtlich verfolgt. Mehrere Opponenten und Kritiker des Oberhauptes Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow, wurden in Tschetschenien und anderen Gebieten der Russischen Föderation, aber auch im Ausland, durch Auftragsmörder getötet (darunter Umar Israilow in Wien im Jänner 2009). Keiner dieser Mordfälle konnte bislang vollständig aufgeklärt werden. Seit 2002 sind in Tschetschenien über 2.000 Personen entführt worden, von denen über die Hälfte bis zum heutigen Tage verschwunden bleibt. Auch heute noch wird von Fällen illegaler Festnahmen und Folter von Verdächtigen berichtet. Menschenrechtsverletzungen durch föderale oder tschetschenische Sicherheitskräfte werden in den seltensten Fällen strafrechtlich verfolgt (Asylländerbericht 9.2013). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013).

Laut NRO "Kawkaski-Usel" waren 2011 in Tschetschenien 174 Opfer gewaltsamer Auseinandersetzungen zu beklagen, darunter 82 Tote. (AA 10.6.2013)

Die Sicherheitslage im Nordkaukasus ist insgesamt weiterhin angespannt, auch wenn zwischen den einzelnen Entitäten z.T. zu differenzieren ist. Fast täglich gibt es Meldungen über gewaltsame Vorfälle mit Toten und Verletzten in der Region. Besonders betroffen ist weiterhin die Republik Dagestan. Aber auch in Kabardino-Balkarien, Tschetschenien und Inguschetien kommt es zu Zwischenfällen, so dass von einer Normalisierung nicht gesprochen werden kann. Nur vereinzelt ist bisher von Attentaten und anderen extremistischen Straftaten aus den übrigen Republiken des Förderalbezirks Nordkaukasus zu hören. Anschlagsziele der Aufständischen sind vor allem Vertreter der Sicherheitskräfte und anderer staatlicher Einrichtungen sowie den Extremisten nicht genehme muslimische Geistliche. Opfer gibt es aber immer wieder auch unter der Zivilbevölkerung. (AA 10.6.2013)

Am 4. Oktober [2013] gab der Menschenrechtsaktivist Alexander Mukomolov bekannt, dass er eine Liste von 7570 im Nordkaukasus vermissten Personen zusammengestellt habe. Jedoch schätzen er und andere Menschenrechtsaktivisten, dass die tatsächliche Zahl viel höher ist. (USDOS, Russia 2013 Human Rights Report, 27.2.2014)

Am 6. Juli [2013] entführten zwei maskierte Männer Khadizhat Elimkhanova vor einem Geschäft in Grosny. Es waren viele Zeugen anwesend. Eine Kamera aus dem Geschäft filmte den Vorfall, während die beiden Männer die Frau schlugen, sie in ein Auto warfen und wegfuhren. Die Polizei untersuchte diese Angelegenheit nicht. Dem Memorial Human Rights Center zufolge, könnten Sicherheitskräfte in die Verschleppung involviert sein. Zum Jahresende gab es keine weiteren Informationen zu diesem Fall. (USDOS, Russia 2013 Human Rights Report, 27.2.2014)

Auf Gewalt durch islamistische Aufständische oder im Zuge von Auseinandersetzungen zwischen Ethnien und Clans reagieren die regionalen und föderalen Behörden weiterhin vor allem mit harter Repression. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt dreht sich dadurch weiter. Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass im Nordkaukasus Recht und Gesetz auf beiden Seiten missachtet wird und für Täter aus den Reihen der Sicherheitskräfte ein Klima der Straflosigkeit anzutreffen sei. Der russische Menschenrechtsbeauftragte Lukin stellte im Frühjahr 2011 in seinem Jahresbericht fest, dass die Zahl der durch Sicherheitskräfte getöteten Personen im Nordkaukasus verdächtig hoch sei. Lukin hegt offenbar den Verdacht, dass es sich bei Getöteten nicht immer um "Aufständische" handelt und häufig gesetzwidrig "kurzer Prozess" gemacht wird. Nach Angaben der anerkannten unabhängigen NRO "Kawkaski Usel" wurden 2012 mindestens 1.200 Menschen Opfer, darunter 700 Tote, der anhaltenden Konflikte im Nordkaukasus. Bei den Toten soll es sich um 402 Aufständische, 207 Sicherheitskräfte und 91 Zivilisten gehandelt haben. Damit ging die Opferzahl im Vergleich zu 2011 zwar leicht zurück (1378 Opfer, darunter 750 Tote), sie bleibt aber auf einem hohen Niveau. (AA 10.6.2013)

Für die ersten neun Monate des Jahres 2013 berichtet Caucasian Knot 87 getötete Soldaten, 68 getötete Zivilisten und 220 getötete Rebellen im Nordkaukasus [Anm. nicht Tschetschenien allein]. Von staatlicher Seite wurde verlautbart, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2013 Straftaten, die mit Extremismus in Zusammenhang stehen im Nordkaukasus um 40% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen, jedoch terroristische Angriffe im selben Zeitraum um 10% sanken (Jamestown 10/217 4.12.2013). (BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation 23.1.2014)

Im Sicherheitsbereich ist gegenwärtig ein Trend zu beobachten, der auf eine Stabilisierung Tschetscheniens bei gleichzeitiger Verschlechterung der Lage in Dagestan hinausläuft. In manchen Regionen konstatieren Beobachter auch ein Übergreifen der Gewalt auf bisher ruhige Gebiete. Einschätzungen zur zahlenmäßigen Stärke der Rebellen divergieren stark. In Tschetschenien ist es seit Jahresbeginn 2010 zu einem spürbaren Rückgang von Rebellen-Aktivitäten gekommen. Diese werden durch Anti-Terror Operationen in den Gebirgsregionen massiv unter Druck gesetzt (teilweise bewirkte dies ein Ausweichen der Kämpfer in die Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien) (Asylländerbericht 9.2013). (BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation 23.1.2014)

Im Nordkaukasus finden die schwersten Menschenrechtsverletzungen in der Russischen Föderation statt. Hierzu sind seit 2005 auch zahlreiche Urteile des EGMR gegen Russland ergangen, der insbesondere Verstöße gegen das Recht auf Leben festgestellt hat.

Wiederholte Äußerungen des damaligen Präsidenten (und heutigen Premierministers) Medwedew und anderer Funktionsträger deuten darauf hin, dass Recht und Gesetz hinreichend eingehalten und die Menschenrechte respektiert werden sollen. Es fehlt jedoch bislang an wirklich messbaren Fortschritten vor Ort. Die Urteile des EGMR werden von Russland nicht vollständig umgesetzt. Lt. NRO "Kawkaski Usel" sind 2011 im Nordkaukasus 91 Personen entführt und verschleppt worden. Es wird vermutet, dass dafür in den meisten Fällen Sicherheitskräfte verantwortlich sind. (AA 10.6.2013)

Die Situation im Nordkaukasus ist in einigen Regionen weiter angespannt. Während für Tschetschenien durchwegs eine Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage konstatiert werden kann, ist die Lage besonders in Dagestan weiterhin volatil. Fast täglich kommt es zu Gewalttaten und Anschlägen, die auch Todesopfer fordern. Auch die Situation in Teilen Kabardino-Balkariens ist gespannt. In Teilen des Nordkaukasus kommt es weiterhin zu Entführungen, illegalen Festnahmen und Folter von Verdächtigen. Menschenrechtsverletzungen werden in den seltensten Fällen strafrechtlich verfolgt. Mehrere Opponenten und Kritiker des Oberhauptes Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow, wurden in Tschetschenien und anderen Gebieten der Russischen Föderation, aber auch im Ausland durch Auftragsmörder getötet (darunter Umar Israilow in Wien im Jänner 2009). Keiner dieser Mordfälle konnte bislang vollständig aufgeklärt werden. Im besonders unruhigen Dagestan häufen sich seit einiger Zeit Morde an moderaten muslimischen Geistlichen. Sicherheitskräfte und Experten führen dies auf das in der Region verstärkte Auftreten radikaler Islamisten (insbes. Salafisten) zurück (ÖB Moskau 9.2013). (BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation 23.1.2014)

Caucasian Knot berichtet, dass im Nordkaukasus zumindest 330 Todesopfer in den ersten acht Monaten des Jahres [2013] auf die bewaffneten Konflikte in dieser Region zurückzuführen sind. (USDOS, Russia 2013 Human Rights Report, 27.2.2014)

Die ursprünglich säkulare Unabhängigkeitsbewegung in Tschetschenien hat sich im Verlaufe der zwei Kriege in eine zunehmend islamistisch geprägte Bewegung gewandelt, welche mittlerweile in der ganzen Region aktiv sein soll. Unter dem tschetschenischen Kommandanten Doku Umarov wurden im Jahr 2007 verschiedene Gruppen der tschetschenischen Aufständischen durch die Proklamation des "Kaukasischen Emirats" (Imarat Kavkaz) vereint. Das "Imarat Kavkaz" wird von Russland, den USA und der UNO als terroristische Organisation eingestuft. Antiterror-Operationen der Regierung töteten in den letzten Jahren viele Führer der Aufständischen. Diese seien jedoch durch jüngere und radikalere Aufständische ersetzt worden. Verschiedene Widerstandsgruppen operieren unabhängig vom "Imarat Kavkaz" und folgen nicht den Befehlen Umarovs. Die grösseren Gruppen werden nach Einschätzung der International Crisis Group (ICG) jedoch vom "Imarat Kavkaz" koordiniert. (SFH: Tschetschenien:

Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Massives Vorgehen der tschetschenischen und russischen Behörden gegen die Mudschahed. Die Vorgehensweise der tschetschenischen und russischen Behörden gegen die Mudschahed zeigt, dass die Regierung diese als eine ernstzunehmende und gefährliche Organisation wahrnimmt. Für sogenannte Anti-Terror-Operationen gegen Aufständische sind vor allem der russische Inlandgeheimdienst (FSB), das Innenministerium (MVD) und das Verteidigungsministerium zuständig. Der Begriff des "Terrorismus" ist dabei sehr weit gefasst und gibt den Behörden sehr grossen Spielraum, strafrechtlich gegen mutmassliche Kritiker und Gegner des Staats vorzugehen. Die Präsenz der Sicherheitskräfte im Nordkaukasus ist massiv: Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2011 sind zwischen 80'000 und 100'000 russische Militär-und Polizeikräfte in Tschetschenien präsent. Die Behörden in Tschetschenien gehen mit äusserster Härte gegen die Aufständischen vor und versuchen mit harten Massnahmen gegen die Mudschahed, die salafistische Strömung in Tschetschenien zu eliminieren. Ramzan Kadyrow, der Präsident der russischen Republik Tschetschenien, überwacht und führt persönlich den Kampf gegen die Aufständischen. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat den Tod des [...] Doku Umarow bestätigt. Der "russische Bin Laden" sei bei einem Einsatz "neutralisiert" worden, sagte FSB-Chef Alexander Bortnikow heute in Moskau laut der Agentur Interfax. Mehr als 200 Extremisten seien zudem festgenommen worden. Dabei hätten die Einsatzkräfte große Mengen Waffen und Sprengsätze sichergestellt. Bortnikow sagte zudem, der FSB habe gemeinsam mit Polizei und Ermittlern die Hintermänner der tödlichen Terroranschläge in Wolgograd von Dezember 2013 mit insgesamt 30 Toten geschnappt. Die Attentate seien aufgeklärt, sagte Bortnikow. Mitte März hatte erstmals eine Website der radikalen Islamisten im Konfliktgebiet Nordkaukasus den "Märtyrertod" Umarows mitgeteilt. Damals hatten die Behörden die Mitteilung nicht bestätigt. Umarow hatte für schwere Bombenanschläge in Russland mit Dutzenden Toten die Verantwortung übernommen, etwa auf die Moskauer U-Bahn 2010 und den internationalen Flughafen Moskau-Domodedowo 2011. (http://www.orf.at/ #/stories/2225338/, vom 8.4.2014, eingesehen am 16.4.2014)

Russlands Staatsfeind Nummer Eins Doku Umarow (Kampfname Dokku Abu Usman), der selbsternannte Emir des Kaukasus Emirats, dürfte diesmal wirklich tot sein. In den letzten Jahren wurde häufig vermeldet, dass Umarow tot sein soll, was nie stimmte. Aufgrund der Tatsache, dass die rebellennahe Website Kavkaz Center, Umarows Tod vermeldete und auch gleich einen Nachfolger lieferte, scheint dieses Mal die Nachricht von seinem Tod doch mehr Substanz zu haben. Zu dessen Nachfolger wurde Scheich Ali Abu Muhammad (auch Ali Abu Muhammad al Dagestani) ernannt. Zum Zeitpunkt und den genauen Umständen von Umarows Tods wurden keine Angaben gemacht. Von offizieller Seite (Nationale Anti-Terror-Komitee) wurde die Meldung noch nicht bestätigt. (Standard 18.3.2014, Kurier 18.3.2014, Kavkaz Center 18.3.2014a). (BFA-Staatendokumentation 19.3.2014)

Ali Abu Muhammad al Dagestani wurde von Doku Umarow 2010 zum obersten Qadi (islamischer Scharia-Richter) des Kaukasischen Emirats ernannt. Er folgte somit seinem Vorgänger Sayfullah, der 2010 von föderalen Truppen getötet wurde. Seit seiner Ernennung zum Qadi, blieb er der Öffentlichkeit fern. Er schaltete sich kurz nach seiner Ernennung bei der Entführung des Sohnes einer prominenten Persönlichkeit in Dagestan ein und dürfte -laut der rebellennahen Homepage Kavkaz Center -aufgrund seines Urteils, dass die Entführung nicht Scharia-konform sei, an der Freilassung des Sohnes beteiligt gewesen sein (Long War Journal 18.3.2014, Kavkaz Center 24.10.2010b). (BFA-Staatendokumentation 19.3.2014)

Aussergerichtliche Tötungen und Entführungen in Tschetschenien häufig. Verschiedenen Quellen gemäss scheinen die Anti-Terror-Operationen der Behörden oft eher auf die Tötung anstelle der Verhaftung der Aufständischen abzuzielen. Lokale Kommandanten der russischen "Counter Insurgency"-Einheiten verfügen dank Anti-Terror-Gesetzen über weitgehende Vollmachten, um verfassungsmässige Freiheiten und Rechte in sogenannten "Counter-Terrorist Operation Zones" einzuschränken. Aussergerichtliche Tötungen, Entführungen und Folter, um Geständnisse zu erpressen, sind in Tschetschenien nach verschiedenen Berichten häufig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die russischen Behörden in mehr als 200 Fällen für schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien verantwortlich erklärt, darunter Folter, aussergerichtliche Tötungen und Entführungen. (SFH:

Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Im gesamten Nordkaukasus gab es 2012 jedoch weiterhin regelmäßig Sicherheitseinsätze der Polizeikräfte. Dabei kam es Berichten zufolge häufig zu Menschenrechtsverletzungen wie Verschwinden lassen, rechtswidriger Inhaftierung, Folter und anderen Misshandlungen sowie außergerichtlichen Hinrichtungen (AI 23.5.2013). (BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Russische Föderation 23.1.2014)

Entführungen durch die Sicherheitsbehörden sind in Tschetschenien zahlreich. Nach Angaben von Zeugen werde oft dasselbe Muster bei den Entführungen beobachtet: Die Sicherheitskräfte kommen in Autos ohne Nummernschildern und weisen sich nicht aus. Nach mehreren Tagen oder auch längerer Zeit wird die entführte Person in einer Polizeistation "entdeckt". Die Verhaftung wird erst später offiziell registriert und die Zeit zwischen Entführung und "Entdeckung" wird von den Behörden genutzt, um mittels Folter -unter anderem durch Elektroschocks, Schläge, Erstickungen, Übergiessen mit kochendem Wasser, Verbrennungen, zu eng sitzenden Handfesseln und sexueller Gewalt -Informationen oder Geständnisse zu erpressen, ohne Anwältinnen oder Anwälten Zugang gewährt zu haben. Nach Angaben der ICG werden entführte Personen manchmal auch in andere Regionen oder Republiken gebracht, um Nachforschungen zu erschweren. Immer wieder gibt es Fälle von verschwundenen Personen. (SFH: Tschetschenien:

Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Die Rebellen:

Es kann von niemandem mit Sicherheit gesagt werden, wie viele Rebellen heutzutage in Tschetschenien aktiv sind. Rekrutierung findet konstant statt. Rebellen und jene die aktive Rebellen unterstützen sind Hauptziel der tschetschenischen Behörden, während ehemalige tschetschenische Rebellen für die Behörden von geringerem Interesse sein dürften. Aktive Rebellen werden für gewöhnlich während Sonderoperationen getötet, während Unterstützer festgenommen werden. Bei der Befragung von Personen, die der Zusammenarbeit mit Rebellen bezichtigt werden, soll es zu Folter kommen. In einer Reihe von Fällen wurden Personen für verschiedenartige Unterstützung der Rebellen zu Haftstrafen verurteilt. (Landinfo (26.10.2012):

Tsjetsjenia: Tsjetsjenske myndigheters reaksjoner mot opprørere og personer som bistår opprørere,

http://www.landinfo.no/asset/2200/1/2200_1.pdf ; Zugriff 24.10.2013)

In den ersten Jahren des zweiten Krieges kämpften ganze Armeedivisionen und Brigaden russischer Truppen gegen die Rebellen. Nachdem es den föderalen Truppen gelungen war, große Kampfverbände zu besiegen, gingen die Auseinandersetzungen in einen Guerillakrieg über. In den ersten Monaten des zweiten Tschetschenienkrieges waren die russischen Truppen, die sich vor allem auf die als Hochburgen der Rebellen geltenden südlichen Regionen der Republik konzentrierten, beinahe täglich Bombenanschlägen und Angriffen durch Heckenschützen ausgesetzt. Die Stärke und Kräfte der Kämpfer nahmen ab 2002 und deutlich mit 2004 ab, die Häufigkeit militärischer Aktionen ging zurück. Nachdem viele hochrangige Kommandeure der ersten Generation liquidiert worden waren, -nämlich im März 2002 Ibn al-Chattab, im Jänner 2003 XXXX Gelajew, im März 2005 Aslan Maschadow, im Juni 2006 Abdul-Chalim Sadulajew und im Juli 2006 Schamil Bassajew -verlor die Rebellenbewegung in Tschetschenien insgesamt an Schlagkraft. Die jüngsten Anschläge im russischen Kernland -jener auf den Zug Newski-Express im November 2009 und die Moskauer U-Bahn im März 2010 -gingen Bekennerschreiben zufolge zwar ebenfalls auf das Konto nordkaukasischer Rebellen, allerdings vermutlich nicht tschetschenischer. Heutzutage teilt sich die Rebellenbewegung in Tschetschenien in kleine, extrem mobile und unabhängige Gruppen von Kämpfern, die sich im gesamten Nordkaukasus praktisch mehr oder weniger frei bewegen können.

(Analyse der Staatendokumentation, Russische Föderation: Sicherheitslage in Tschetschenien vom 12.10.2010, Seite 16)

Gefährdung Familienangehöriger von Rebellen und nahestehender Personen:

Die Verfolgung von Familienmitgliedern und Unterstützern von Widerstandskämpfern ist in der Russischen Föderation eine der Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus im Nordkaukasus. Grundsätzlich können Personen, die den Widerstand in Tschetschenien unterstützen -sei es dadurch Rebellen Lebensmittel, Kleidung oder Schlafstätten zur Verfügung zu stellen oder sei es durch Waffen -in der Russischen Föderation strafrechtlich verfolgt werden. Es kommt regelmäßig zu Verhaftungen aufgrund von Hilfeleistung an die Rebellen. Ob Personen, die unter diesem Vorwurf vor Gericht gestellt werden mit einem fairen Verfahren rechnen können ist aufgrund der im Justizbereich verbreiteten Korruption und der bekannten Einflussnahme der Exekutive auf richterliche Entscheidungen fraglich. Das Strafmaß beträgt 8 bis 20 Jahre Freiheitsentzug.

In deutsch-und englischsprachigen Medien und Berichten von russischen und anderen Menschenrechts-und Nichtregierungsorganisationen finden sich keine Hinweise, dass in den letzten Jahren oder derzeitig, Personen, die den Widerstand in den Jahren vor der letzten offiziellen Amnestie 2006 unterstützt oder selbst gekämpft und eine Amnestie in Anspruch genommen haben, oder die mit einer solchen Person verwandt sind, nunmehr allein deshalb verfolgt würden. Betroffen sind hauptsächlich Unterstützer und Familienmitglieder gegenwärtig aktiver Widerstandskämpfer. Um unbehelligt leben zu können müssen sich amnestierte Kämpfer und Unterstützer und deren Familien Ramsan Kadyrow gegenüber sicherlich weiterhin loyal zeigen. Ein Austritt aus den lokalen Sicherheitskräften, in denen viele der Amnestierten nunmehr arbeiten (müssen) wird nur bedingt möglich sein.

Obwohl eine strafrechtliche Verfolgung von Unterstützern des Widerstandskampfes möglich ist, greifen die tschetschenischen Sicherheitskräfte in ihrem Kampf gegen den Terrorismus weiterhin auf Mittel ohne rechtliche Grundlage zurück. Einerseits gibt es vereinzelte Berichte, dass Unterstützer ohne jegliches Verfahren für ihre vermeintliche Hilfeleistung "bestraft" werden. Andererseits finden sich zahlreiche Berichte über Formen der Kollektivbestrafung von Familienmitgliedern (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer. Betroffen ist vorwiegend der engere Familienkreis, also Eltern, Onkeln, Cousins und Ehefrauen. Die tschetschenischen Behörden gehen aufgrund der traditionell sehr engen Familienbande davon aus, dass Familien ihre im Wald lebenden Angehörigen unterstützen, vor allem aber davon, dass diese Familien im Stande sind, ihre Angehörigen zu einer Rückkehr aus dem Wald zu bewegen. Die Verfolgung beginnt mit dem Einsatz von Druckmitteln wie der Streichung von Sozialbeihilfen, und führt bis zur Niederbrennung der Wohnhäuser der betroffenen Familien. Offizielle Beschwerden oder Anzeigen hiergegen sind kaum möglich (BAA Staatendokumentation (20.4.2011): Analyse der Staatendokumentation - Russische Föderation - Unterstützer und Familienmitglieder (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer in Tschetschenien)

Freedom House berichtet, dass Putin im November ein Gesetz unterzeichnete, mit dem sich die Anzahl von Verbrechen, welche als "terroristisch" gelten erhöhen, und Angehörigen von Tätern für terroristische Handlungen Ausgleichszahlungen vorgeschrieben werden. (Freedom House 23.1.2014: Freedom in the World 2014 -Russia, Zugriff 27.1.2014)

Das Gesetz Nr. 302-F3 ist am 14.11.2013 in Kraft getreten. Es behandelt auch "Schadenswiedergutmachung von immateriellen Schäden". (VB des BM.I für die Russische Föderation 29.1.2014)

In der Duma wurde in erster Lesung ein Gesetzesentwurf gebilligt, wonach Familienangehörige und ähnlich Nahestehende von Terroristen zu Kompensationszahlungen für Schäden durch Terrorismus verpflichtet werden können. Vorwürfe von "Sippenhaftung" wollten die Initiatoren des Gesetzesvorschlags nicht gelten lassen, denn die Prüfung hat sich in solchen Fällen darauf zu beziehen, ob die Familie oder Angehörigen eines Terroristen einen wirtschaftlichen Vorteil in ihrer Lebenssituation (z.B. Vermögen, Einrichtungsgegenstände, Fahrzeuge etc.) hätten, der ausschließlich auf die Erträge aus den terroristischen Aktivitäten des Täters entstanden sei. "Bloße Kompensation" soll es nicht geben. (VB des BM.I für die Russische Föderation: Monatsbericht, Berichtszeitraum Oktober 2013)

Familien sehen sich weiterhin Vergeltungsmaßnahmen für angebliche Vergehen von Familienmitgliedern gegenüber. Kadyrow führte seine Anti-Widerstandsstrategie der kollektiven Bestrafung gegen Familienmitglieder von verdächtigen Aufständischen weiter, einschließlich des Anzündens ihrer Häuser. Menschenrechtsgruppen beschwerten sich, dass Sicherheitskräfte unter dem Kommando Kadyrows eine bedeutende Rolle bei Entführungen spielten, entweder auf eigene Initiative oder in gemeinsamen Operationen mit föderalen Kräften. Darunter fielen Entführungen von Familienmitgliedern von Rebellenkommandanten und -kämpfern (US DOS 19.4.2013, vgl. auch FCO 4.2013). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013).

Mangelhafte Aufklärung und Straflosigkeit aussergerichtlicher Tötungen. Die tschetschenischen und russischen Behörden sind verschiedentlich dafür kritisiert worden, dass durch sie begangene Menschenrechtsverletzungen, darunter auch aussergerichtliche Tötungen, nicht oder nur ungenügend aufgeklärt werden. Auch hätten die Behörden keine Massnahmen ergriffen, um aussergerichtliche Tötungen, Folter und Entführungen im Kampf gegen die aufständischen Gruppen zu verhindern. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in den meisten der über 200 behandelten Fälle behördlicher Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien eine fehlende Aufklärung der Verbrechen festgestellt. Die Opfer haben zwar theoretisch Zugang zu rechtlichen Mitteln, gegen die Täter vorzugehen. Den-noch wird kaum jemand von der Justiz zur Rechenschaft gezogen. Nach Angaben von Amnesty International ist diese trotz unzähliger Fälle aussergerichtlicher Tötungen im ganzen Nordkaukasus erst in drei Fällen in Tschetschenien gegen die vermu-teten Täter vorgegangen. Der Bericht des Parlaments des Europarats spricht von einer de facto Straflosigkeit der Täter von Menschenrechtsverletzungen. Wie oben erwähnt, gehören insbesondere mutmassliche Aufständische oder mit ihnen in Kontakt stehenden Personen zu einer besonderen Risikogruppe, Opfer solcher Menschenrechtsverletzungen zu werden. (SFH: Tschetschenien:

Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Geheimhaltung der Anti-Terror-Operationen schützt Täter. Amnesty International führt die fehlenden Aufklärungen von aussergerichtlichen Tötungen und anderen Menschenrechtsverletzungen teilweise auf die Geheimhaltung der Operationen gegen Aufständische und deren Kontaktleute zurück. Die meisten Menschenrechtsverletzungen werden durch nicht identifizierbare Personen begangen -vermutlich viele davon Mitglieder der Sicherheitskräfte. Das russische Gesetz erlaubt den Sicherheitskräften wie FSB, MVD (vgl. S. 2) und militärischem Geheimdienst insbesondere bei Anti-Terror-Operationen verdeckte Aktivitäten durchzuführen. Dabei dürfen falsche Dokumente und Fahrzeuge ohne Nummernschilder benutzt werden sowie die Identität der Sicherheitsbehörde und ihrer Beamtinnen und Beamten geheim gehalten werden. Die Opfer und Zeugen können die Täter und die involvierte Sicherheitsbehörde dementsprechend nicht identifizieren. Streitet die entsprechende Behörde eine Verwicklung in die aussergerichtliche Tötung ab, wird der Fall meistens mit dem Verweis auf "unbekannte Täterschaft" geschlossen. (SFH: Tschetschenien:

Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Schutz der Täter durch Behörden. Es ist vielfach dokumentiert, dass die tschetschenischen Behörden die Aufklärungen aussergerichtlicher Tötungen, Entführungen und Folter behindern. In einem Brief an eine russische NGO gaben die föderalen russischen Behörden unter anderem zu, dass die tschetschenische Polizei Untersuchungen zu Entführungen Einheimischer sabotiere und die Täter schütze. Auch sollen gewisse Strukturen innerhalb des tschetschenischen Innenministeriums nicht mit den untersuchenden Behörden kooperieren, weswegen es unmöglich sei, Untersuchungen zu ungesetzlichen Handlungen der entsprechenden Akteure durchzuführen. Die Independent Commission on Human Rights in the Northern Caucasus des russischen Parlaments wiederum habe trotz Hunderter von Klagen bezüglich Tötungen und Vergewaltigungen keine Vollmachten, selber Untersuchungen durchzuführen. Der tschetschenische Ombudsmann zu Menschenrechten hat die Zusammenarbeit mit der in diesem Bereich führenden NGO Memorial verweigert. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Drohungen und Gewalt gegen Rechtsvertreter und Aktivisten, welche Aufklärungen fordern. Personen, die sich für die Aufklärung der Verbrechen oder den Schutz der Opfer einsetzen, laufen in Gefahr, zum Ziel von Gewalt zu werden. Ein Bericht von Amnesty International vom März 2013 dokumentiert, dass Anwältinnen und Anwälte, welche Personen vertreten, die wegen angeblicher Mitgliedschaft zu bewaffneten aufständischen Gruppen in Haft sind, von den Behörden überwacht und eingeschüchtert werden. Die Rechtsvertreter und ihre Familienmitglieder werden bedroht und unter Druck gesetzt, ihre Klienten nicht weiter zu vertreten. Dies führt dazu, dass viele Anwältinnen und Anwälte keine heiklen Fälle übernehmen, die politisch oder militärisch brisant sein könnten. Die Menschenrechtsaktivistin Natalia Estemirowa recherchierte für die russische NGO Memorial zu Menschenrechtsver-letzungen in Tschetschenien. Am 15. Juli 2009 wurde sie vor ihrer Wohnung in Grosny entführt und am selben Tag tot in der Nachbarsrepublik Inguschetien aufgefunden. Sie hatte kurz vor ihrem Tod Recherchen zu aussergerichtlichen Tötungen in einer lokalen Polizeistation in Tschetschenien durchgeführt. Verschiedenen Quellen gemäss sprechen Indizien dafür, dass offizielle Stellen in ihren Mord involviert waren oder ihn zumindest billigten. Die Behörden haben auch in diesem Fall bisher keinen Willen für die Aufklärung des Mordes gezeigt. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Öffentliche Drohungen gegen Familienangehörige. Regelmässig haben hohe Be-hördenvertreter Familienangehörige von Aufständischen öffentlich auf massivste Weise bedroht. So hat Ramzan Kadyrow mehrfach öffentlich gesagt, dass Verwandte und Freunde von Aufständischen zur Verantwortung gezogen werden würden, unter anderem, da sie "wissen müssten, was ihre Verwandten geplant hätten". (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Verfolgung von Familienangehörigen. Eine Vielzahl von Quellen dokumentieren, dass staatliche Sicherheitskräfte in Tschetschenien Verwandte und vermutete Sympathisierende von angeblichen Aufständischen kollektiv bestrafen, entführen, foltern und bedrohen. Die Dunkelziffer scheint hoch, da sich die Opfer oft weigern, aus Angst vor Vergeltung durch die Sicherheitskräfte darüber zu sprechen. Nach Angaben von Beobachtern haben die tschetschenischen Behörden freie Hand in der Wahl ihrer Methoden, um mögliche Aufständische, Sympathisierende der Aufständischen und deren Familienangehörige zu identifizieren und zu bestrafen. Oft würden die Häuser der Angehörigen vor deren Augen verbrannt. Die NGO Memorial dokumentierte in einem aktuellen Beispiel das Niederbrennen von Häusern von Verwandten von Aufständischen im tschetschenischen Distrikt Gudermes am 24. April 2012 durch Mitglieder einer Spezialeinheit. Finden die Behörden eine gesuchte Person nicht, dann üben sie in der Regel Gewalt gegen die nächsten Verwandten aus. Wenn keine unmittelbaren Verwandten gefunden werden, dann weiten die Behörden ihre Suche auf Tanten, Onkel oder Cousinen und Cousins aus. Ein von der NGO Memorial dokumentierter Fall zeigt exemplarisch die Methoden der tschetschenischen Behörden bei der Fahndung nach gesuchten Personen auf: Die Ehefrau, die Eltern und die Geschwister der gesuchten Person wurden im März 2012 durch Polizeibeamte mittels Schlägen, Elektroschocks und der Androhung von Vergewaltigung gefoltert. Die Beamten drohten den Verwandten zudem, sie zu töten. Nach den Angaben eines Vertreters der NGO SOVA seien die meisten der Personen, welche angäben, dass sie von den tschetschenischen Behörden verfolgt würden, Angehörige von Aufständischen. Es wird berichtet, dass Angehörige von angeblichen Aufständischen in geheime Gefängnisse gebracht und gefoltert werden. Einige Opfer sterben in Haft, andere verschwinden, bis ihre Leichen mit klaren Folterspuren ge-funden werden. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Den Angaben von Memorial zufolge verschwand im ersten Halbjahr 2013 eine Person, nachdem diese von Sicherheitskräften verschleppt worden war. Kollektivbestrafung gegen Verwandte von Widerstandskämpfern und deren mutmaßliche Unterstützer wird unter Ramzan Kadyrow weiterhin angewandt. Die Opfer dieser Maßnahmen weigern sich zunehmend, aus Angst vor Vergeltung, über Menschenrechtsverletzungen zu sprechen. Die Übergriffe bleiben unbestraft und werden größtenteils nicht berichtet. (HRW, Russia Country Summary, January 2014)

Innerstaatliche Schutzalternative:

Die Reise bzw. der Aufenthalt von Personen aus den Krisengebieten im Nordkaukasus in anderen Teilen der Russischen Föderation ist grundsätzlich möglich, wird aber durch Transportprobleme, durch fehlende Aufnahmekapazitäten und durch antikaukasische Stimmung erschwert. In großen Städten wird der Zuzug von Personen reguliert und ist erkennbar unerwünscht. Dies beschränkt die Möglichkeit zurückgeführter Tschetschenen, sich legal dort niederzulassen. Es sind Fälle von Tschetschenen in Moskau bekannt, die sich gegenüber ihren Vermietern als Tataren ausgaben, weil sie sich so weniger Schwierigkeiten bei ihrer Registrierung erhofften. (AA 10.6.2013)

Der Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Tschetschenen landesweit, insbesondere in den Großstädten häufig die Registrierung verweigert wird. Die regionalen Strafverfolgungsbehörden haben grundsätzlich die Möglichkeit, auf der Grundlage von in ihrer Heimatregion erlassenen Rechtsakten auch in anderen Gebieten der Russischen Föderation Personen in Gewahrsam zu nehmen und in ihre Heimatregion zu verbringen. Kritiker, die Tschetschenien aus Sorge um ihre Sicherheit verlassen mussten, fühlen sich häufig auch in russischen Großstädten vor dem "langen Arm" des Regimes von Ramsan Kadyrow nicht sicher. (AA 10.6.2013)

Ethnische Tschetschenen und Angehörige anderer nordkaukasischer Nationalitäten können in der Russischen Föderation (Kernrussland) von Diskriminierung am Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche sowie vor Gericht betroffen sein.

Was die Sicherheit von Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation betrifft, so kann eine Beurteilung der Gefährdung nur im Einzelfall erfolgen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Tschetschenen, die in Tschetschenien keine Probleme hatten und etwa nur zur Arbeitssuche in einen anderen Teil der Russischen Föderation kommen (diese haben möglicherweise mit Diskriminierung und Anfeindungen aufgrund der weit verbreiteten Fremdenfeindlichkeit in Russland zu kämpfen) und Tschetschenen, die in Tschetschenien tatsächlich verfolgt werden (diese sind gegebenenfalls auch in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht sicher) (ÖB Asylländerbericht 9.2013). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013)

Swetlana Gannuschkina und Oleg Orlov (Memorial) gehen davon aus, dass Tschetschenen in andere Regionen Russlands ziehen können, und einige tun dies auch. Ist eine Person nicht offenkundig kritisch gegenüber Kadyrow, so kann diese überall in der Russischen Föderation leben, ohne Angst haben zu müssen getötet oder in die Republik Tschetschenien zurückgeschickt zu werden. Wird eine Person aber tatsächlich von Kadyrow gesucht, so könnte jener die Person überall in der Welt, auch in Kopenhagen, Wien, Dubai oder Moskau finden. Laut einem Anwalt von Memorial könnten Personen in Verbindung mit Oppositionsführern mit hohem Bekanntheitsgrad, aktive Rebellenkämpfer oder bekannte und tatverdächtige Terroristen der Bedrohung einer Entführung oder Tötung durch tschetschenische Behörden ausgesetzt sein. Ein Vertreter der Chechen Social and Cultural Association betrachtet es als unmöglich für die tschetschenischen Behörden, einen low-profile-Unterstützer der Rebellen in anderen Teilen der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens zu finden (DIS 11.10.2011). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013)

Rückkehrfragen:

Personen aus Tschetschenien, welche aus dem Ausland zurückkehren, werden oft verdächtigt, mit aufständischen Gruppen in Verbindung zu stehen. Rückkehrende werden in der Regel von Vertretern des Inlandgeheimdiensts FSB und des Innenministeriums verhört. Häufig würden sie bedroht, erpresst oder Strafverfahren gegen sie konstruiert. Tschetschenische Rückkehrende sollen bei den Befragungen geschlagen und gefoltert worden sein. Nach Angaben von Beobachtern soll es Fälle von Entführungen und Tötungen von tschetschenischen Rückkehrenden gegeben haben. Rückkehrende würden bedroht und zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst gezwungen. Der Auskunft eines Experten gemäss kann die Flucht einer Person aus Tschetschenien ins Ausland unter den geschilderten Umständen das Risiko einer Verfolgung bei einer Rückkehr erhöhen. Nach Ansicht eines Menschenrechtsaktivisten in Grosny würden Personen, die früher einmal verdächtigt wurden, bei einer Rückkehr wieder in das Visier der Behörden geraten. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

Einerseits stehen Rückkehrer, ebenso wie die restliche Bevölkerung vor den alltäglichen Problemen der Region. Dies betrifft in erster Linie die hohe Arbeitslosigkeit, die Wohnungsfrage und die Beschaffung von Dokumenten sowie die Registrierung. Viele Häuser wurden für den Neubau von Grosny abgerissen und der Kauf einer Wohnung sei für viele unerschwinglich, die Arbeitslosigkeit sei um einiges höher als in den offiziellen Statistiken angegeben und bei der Beschaffung von Dokumenten würden oft Schmiergeldzahlungen erwartet. Darüber hinaus stellen Rückkehrer eine besonders verwundbare Gruppe dar, da sie ein leichtes Opfer im Antiterrorkampf darstellen. Um die Statistiken zur Verbrechensbekämpfung aufzubessern, würden zum Teil Strafverfahren fabriziert und ehemaligen Flüchtlingen angelastet. Andererseits können Rückkehrer auch ins Visier staatlicher Behörden kommen, weil vermutet wird, dass sie tatsächlich einen Grund zur Flucht aus Tschetschenien hatten, d.h. Widerstandskämpfer waren oder welche kennen. Manchmal würden Rückkehrer gezwungen, für staatliche Behörden zu spionieren. Eine allgemein gültige Aussage über die Gefährdung von Personen nach ihrer Rückkehr nach Tschetschenien könne nicht getroffen werden, da dies stark vom Einzelfall und von der individuellen Situation des Rückkehrers abhängt.

Von einer NGO in Tschetschenien, die freiwillige Rückkehrer betreut, wurde mitgeteilt, dass freiwillige Rückkehrer bei Behördenkontakten in der Regel nicht mit besonderen Problemen konfrontiert seien. Es sei weder ein besonders Prozedere für Rückkehrer noch Befragungen vorgesehen. Rückkehrer müssten auch bei der Neuausstellung von Dokumenten keine besonderen Fragen beantworten, viele seien ohnehin noch im Besitz ihres russischen Inlandspasses. Sogar wenn ein Heimreisezertifikat vorgelegt werde, würde dies nicht zu Problemen führen, da den Behörden die Situation in diesem Fall ohnehin klar wäre.

Nichtsdestotrotz wurde mitgeteilt, dass es Einzelfälle gab, wo freiwillige Rückkehrer mit Heimreisezertifikaten bei Ankunft am Flughafen Moskau für einige Stunden angehalten wurden. Es sei ein Fall bekannt, wo ein freiwilliger Rückkehrer angeblich als ehemaliger Widerstandskämpfer "mitgenommen worden sei".

Zur Wohnungssituation wurde mitgeteilt, dass Rückkehrer in der Regel bei Verwandten unterkommen (Asylländerbericht [der ÖB in Moskau] 9.2013). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013)

Verhaftung Rückkehrender wegen angeblicher Verbindungen zu Aufständischen. Es sind aktuelle Fälle tschetschenischer Rückkehrender dokumentiert, die nach ihrer Rückkehr wegen vermuteter Kontakte zu oder Unterstützung der Aufständischen verhaftet wurden:

Danial M. und eine weitere tschetschenische Person wurden am 28. November 2012 aus Österreich nach Moskau abgeschoben. Danial M. habe die österreichischen Behörden mehrfach darauf hingewiesen, dass er in Russland nicht sicher sei, weil er Aufständischen geholfen habe. Es gelang ihm bei der Ankunft in Moskau zunächst, sich einer Verhaftung zu entziehen. Er wurde später aufgegriffen und ist zurzeit in Tschetschenien in Haft. Danial M. wird vorgeworfen, dass er Verbindungen zu Aufständischen gehabt und an zwei terroristischen Attacken mitgewirkt haben soll. Wenn Danial M. schuldig gesprochen würde, droht ihm lebenslange Haft. Der 37-jährige Riswan W. wurde fünf Monate nach seiner frei-willigen Rückkehr aus Österreich im August 2011 in Grosny von Spezialeinheiten verhaftet. Ihm wird ebenfalls die Teilnahme am bewaffneten Widerstand vorgeworfen. Ihm drohen 15 bis 20 Jahre Haft. (SFH: Tschetschenien: Verfolgung von Personen mit Kontakten zu den Mudschahed vom 22.4.2013)

In deutsch- und englischsprachigen Medien und Berichten von russischen und anderen Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen finden sich keine Hinweise, dass in den letzten Jahren oder derzeitig, Personen, die den Widerstand in den Jahren vor der letzten offiziellen Amnestie 2006 unterstützt oder selbst gekämpft und eine Amnestie in Anspruch genommen haben, oder die mit einer solchen Person verwandt sind, nunmehr allein deshalb verfolgt würden. Betroffen sind hauptsächlich Unterstützer und Familienmitglieder gegenwärtig aktiver Widerstandskämpfer. Um unbehelligt leben zu können müssen sich amnestierte Kämpfer und Unterstützer und deren Familien Ramsan Kadyrow gegenüber sicherlich weiterhin loyal zeigen. Ein Austritt aus den lokalen Sicherheitskräften, in denen viele der Amnestierten nunmehr arbeiten (müssen) wird nur bedingt möglich sein. (BAA Staatendokumentation 20.4.2011, Analyse der Staatendokumentation - Russische Föderation - Unterstützer und Familienmitglieder (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer in Tschetschenien). (Länderinformationsblatt der BAA Staatendokumentation zu Tschetschenien, Dezember 2013)

Dem Auswärtigen Amt sind keine Fälle bekannt, in denen russische Staatsangehörige bei ihrer Rückkehr nach Russland allein deshalb staatlich verfolgt wurden, weil sie zuvor im Ausland einen Asylantrag gestellt hatten. Ebenso liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, ob Russen mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit nach ihrer Rückführung besonderen Repressionen ausgesetzt sind. Solange die Konflikte im Nordkaukasus, einschließlich der Lage in Tschetschenien, nicht endgültig gelöst sind, ist davon auszugehen, dass abgeschobene Tschetschenen besondere Aufmerksamkeit durch russische Behörden erfahren. Dies gilt insbesondere für solche Personen, die sich gegen die gegenwärtigen Machthaber engagiert haben bzw. denen ein solches Engagement unterstellt wird, oder die im Verdacht stehen, einen fundamentalistischen Islam zu propagieren. (AA 10.6.2013)

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu den von ihm behaupteten Fluchtgründen stützen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Staatsangehörigkeit sowie die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Vor dem Hintergrund der im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben und den Angaben seines Bruders in dessen Asylverfahren, besteht für das Bundesverwaltungsgericht zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt kein Grund, an der Identität des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt. Die Feststellungen zum Asylverfahren des Bruders des Beschwerdeführers gründen sich auf den diesbezüglichen Verwaltungsakt und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom

XXXX, XXXX.

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat basieren ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren und den Angaben seines Bruders in dessen Asylverfahren.

In Anbetracht des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens und angesichts der diesbezüglichen Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid, hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen - keine Bedenken gegen die im vorliegenden Bescheid getroffenen individuellen Feststellungen zum Sachverhalt hinsichtlich der geltend gemachten Ausreisegründe: Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer wie immer gearteten Verfolgung oder Gefährdung in seiner Heimat ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Diese Feststellung gründet sich auf den Umstand, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als glaubhaft angesehen werden kann:

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht², [2011], Rz 31).

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner Erstbefragung am 11.07.2012 an, dass am 30.05.2012 vier maskierte Personen zu ihm gekommen seien, die seinen Bruder XXXX gesucht hätten. Die maskierten Personen hätten seinen Bruder nicht gefunden und den Beschwerdeführer mitgenommen. Sie hätten dem Beschwerdeführer einen Sack über den Kopf "gebunden" und seien mit dem Beschwerdeführer weggefahren. Sie seien etwa eine bis eineinhalb Stunden mit dem Auto gefahren. Der Beschwerdeführer sei in ein Zimmer gebracht worden, wo kein Fenster gewesen sei, sondern nur eine Tür. Sie hätten ihn mit Waffen bedroht und hätten wissen wollen, wo sein Bruder XXXX sein. Dem Beschwerdeführer sei ein Plastiksackerl über den Kopf gezogen worden, um ihn zu ersticken. Sie hätten ihn am ganzen Körper mit Gummiknüppel geschlagen. Ins Gesicht sei dem Beschwerdeführer nicht geschlagen worden. Sie hätten immer wieder wissen wollen, wo sein Bruder sei und sei der Beschwerdeführer mit Pistolen gezwungen worden, drei leere Zettel zu unterschreiben. Man habe ihm gesagt, wenn er nicht unterschreibe, werde er erschossen. Der Beschwerdeführer habe unterschrieben und sie hätten ihn mit einem Sack über dem Kopf mit dem Auto weggebracht und auf einer Straße hinausgelassen.

Im groben Widerspruch zu seinen Angaben in der Erstbefragung, gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 25.02.2014 an, während seiner Mitnahme zwar immer wieder bedroht, aber nicht geschlagen worden zu sein. Auch sei er vor seiner Freilassung gezwungen worden einen und nicht drei Zettel zu unterschreiben. Nach Vorhalt, dass der Beschwerdeführer zuvor angegeben habe, mit Gummiknüppel geschlagen worden zu sein und er drei Blätter habe unterschreiben müssen, verantwortete sich der Beschwerdeführer damit, dass er sich vielleicht geirrt habe, das sei schon so lange her. Dass er geschlagen worden sei, habe er gesagt, weil er Angst gehabt habe, zurückgeschickt zu werden.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass zwischen der Erstbefragung des Beschwerdeführers und seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA etwa eineinhalb Jahre liegen, kann erwartet werden, dass der Beschwerdeführer zumindest in den Kernpunkten seiner Fluchtgeschichte sein Vorbringen konstant und frei von Widersprüchen schildert. Im Übrigen räumte der Beschwerdeführer vor dem BFA ein, im Rahmen seiner Erstbefragung gesagt zu haben, dass er geschlagen worden sei, um nicht zurückgeschickt zu werden, womit der Beschwerdeführer selbst zugibt, bereits in der Erstbefragung die Unwahrheit gesagt zu haben.

Auch wenn sich die Angaben in der Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen haben (vgl. VfGH 27.06.2012, U 98/12), ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ein grundsätzliches Erfragen der Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. insbesondere auch das grundsätzliche (allenfalls ungefragte) Tätigen diesbezüglicher Angaben durch den Asylwerber selbst zulässig und kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aus der Bestimmung des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht abgeleitet werden, dass die vom Asylwerber selbst getätigten Angaben nicht entweder zu seinen Gunsten bei gleichbleibendem Vorbringen oder aber auch zu seinen Lasten bei aufgetretenen Widersprüchen - wie im Fall des Beschwerdeführers - verwertet werden dürfen.

Dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war, erscheint auch im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer die Russische Föderation problemlos und legal mittels seines Auslandsreisepasses im Luftweg verließ, als unwahrscheinlich. Auch der Umstand, dass er seinem Vorbringen zu Folge nach seinem Weiterflug von Kroatien nach Wien seinen Auslandsreisepass seiner Tante gegeben habe, die diesen noch im Flugzeug zerrissen und weggeworfen habe, vermag für die Glaubhaftmachung der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers nicht förderlich zu sein.

Auch ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, wenn er sich tatsächlich in der Russischen Föderation verfolgt gefühlt hätte, bereits in Kroatien - als dem ersten sicheren Staat, in den der Beschwerdeführer nach seiner Ausreise reiste - Zuflucht gesucht hätte und nicht nach Österreich weitergereist wäre.

Was das Beschwerdevorbringen betrifft, der Beschwerdeführer habe den fluchtauslösenden Vorfall in einer Art und Weise geschildert, wie von jemanden zu erwarten wäre, der ein solches Ereignis tatsächlich erlebt hätte und er unter anderem konkrete Namen, Daten, Orte und sämtliche andere relevante Details zu seinen Fluchtgründen genannt habe, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen - entgegen diesen Beschwerdeausführungen - äußerst vage und allgemein gehalten schilderte und sich zudem - wie eingangs dargelegt - in grobe Widersprüche verstrickte, weshalb auch das Bundesverwaltungsgericht, ebenso wie die belangte Behörde, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer den von ihm geschilderten fluchtauslösenden Vorfall tatsächlich nicht erlebt hat.

Abschließend ist festzuhalten, dass auch das Fluchtvorbringen des älteren Bruders des Beschwerdeführers, der etwa einen Monat nach dem Beschwerdeführer ins Bundesgebiet einreiste und ebenfalls eine im Zusammenhang mit dem Bruder XXXX in Verbindung stehende Verfolgung behauptete, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig als nicht glaubhaft angesehen wurde.

In Gesamtbetrachtung der dargelegten Umstände konnte daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht.

Was den Umstand betrifft, dass sich drei asylberechtigte Cousins des Beschwerdeführers in Österreich aufhalten, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer keinerlei auf seine Cousins konkret bezogenes oder mit diesen im Zusammenhang stehendes Vorbringen erstattet hat. Dem Beschwerdeführer wurde im fortgesetzten Verfahren - entsprechend dem Auftrag des Asylgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 10.06.2013 - am 25.02.2014 nochmals Gelegenheit gegeben, zu seinen Angehörigen in Österreich Stellung zu nehmen, wobei er erneut keine Verbindung zu deren Fluchtgründen herstellte. Ganz abgesehen davon ist aus dem Umstand, dass einem volljährigen Familienangehörigen wegen einer ihm drohenden Verfolgung der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, allein noch nicht gleichsam automatisch der Schluss abzuleiten, dass damit auch dem Beschwerdeführer selbst die Flüchtlingseigenschaft zukommt; vielmehr bedarf es auch diesbezüglich einer individuellen, konkret und gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichteten aktuellen Verfolgung maßgeblicher Intensität. Eine solche individuelle Verfolgung vermochte der Beschwerdeführer aber - wie oben ausgeführt wurde - nicht glaubhaft zu machen.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage zur Verfügung steht, basiert auf den unter Punkt 1.2. angeführten Länderfeststellungen und dem Umstand, dass sich die Eltern des Beschwerdeführers, die getrennt voneinander leben, seine Schwester und zahlreiche weitere Verwandte nach wie vor in Tschetschenien aufhalten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, dass ihm eine Unterkunftsmöglichkeit sowohl bei seinem Vater als auch seiner Mutter zur Verfügung steht und seine notdürftigste Lebensgrundlage im Familienverband gesichert wäre. Die Mutter des Beschwerdeführers bezieht eine Rente, seine Schwester ist als Lehrerin tätig. Der Beschwerdeführer gab an, vor seiner Ausreise auf Baustellen gearbeitet zu haben und ist davon auszugehen, dass es dem gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer auch möglich sein sollte, aus eigenen Kräften und allenfalls mit der Verrichtung von Gelegenheitsarbeiten für seinen notdürftigsten Lebensunterhalt aufzukommen.

Auch aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich nicht der Schluss ableiten, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keiner schweren Erkrankung leidet und dass kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf besteht, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens keine durch ärztliche Bestätigungen untermauerte Angaben getätigt hat, die zu einer anderslautenden Feststellung geführt hätten; im Gegenteil gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25.02.2014 an, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen bzw. in keiner ärztlichen Behandlung zu stehen.

2.2. Die - im Wesentlichen bereits im angefochtenen Bescheid getroffenen - Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die im Wesentlichen bereits vom BFA getroffenen Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 25.02.2014 vorgehalten und sind vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Diesen wird auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in Tschetschenien aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre; in Tschetschenien ist eine Zivilperson trotz der weiterhin bestehenden, zum Teil schweren Menschenrechtsdefizite und der angespannten Lage in Zusammenhang mit Attentaten durch Widerstandskämpfer aktuell nicht alleine auf Grund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I 100/2005, - also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG - unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Akteninhalt die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde - mit welcher die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht erschüttert bzw. substantiiert bekämpft werden konnte - kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern. Der maßgebliche Sachverhalt war aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal - wie eingangs dargelegt - die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderinformationen unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falls notwendige Aktualität aufweisen.

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung nachgekommen und ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren inklusive Parteiengehör vorangegangen. Daher ergeben sich für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt und der Beschwerde konnten keine neuen Sachverhaltselemente entnommen werden, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits oben unter Punkt 2.1. dargelegt wurde, kommt dem individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zu, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihn gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Vor dem Hintergrund der unter Punkt 1.2. getroffenen Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien und der Ausführungen unter Punkt 2. kann daher nicht erkannt werden, dass ihm im Herkunftsstaat eine konkrete und aktuelle asylrelevante Verfolgung - oder eine sonstige Verfolgung - maßgeblicher Intensität drohen würde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07 , Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45).

Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung - oder eine sonstige Verfolgung - maßgeblicher Intensität glaubhaft gemacht. Es kann daher nicht - wie bereits oben zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt wurde - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.

Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), kann im Beschwerdefall unter Berücksichtigung der schon oben getätigten Ausführungen unter den Punkten 1.2., insbesondere 2.1. und 2.2. nicht angenommen werden, zumal der Beschwerdeführer eigenen Angaben zu Folge über mehrere familiäre und im Hinblick darauf unterstützende Anknüpfungspunkte verfügt und arbeitsfähig ist.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen und der Ausführungen unter Punkt 2.1. kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen des Beschwerdeführers daher nicht davon ausgegangen werden, dass dieser in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien in seiner Existenz bedroht wäre. Im Hinblick darauf, dass die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers seinen Angaben zu Folge nach wie vor in Tschetschenien leben, ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Unterkunftssituation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr nach Tschetschenien als besser gesichert darstellen würde, als die laut dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, als zwar prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK noch erträglich beurteilte Situation der Unterbringung einer fünf- bis sechsköpfigen Familie in einem beheizbaren Zelt in der Größe von 9 m². Im Übrigen hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren auch nicht behauptet, dass ihm im Falle einer Rückkehr in seine Heimat die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in der Russischen Föderation aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Tschetschenien auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers für diesen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde; in Tschetschenien ist aktuell eine Zivilperson nicht alleine auf Grund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt. Dies wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht behauptet.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl I Nr 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 57 AsylG 2005 lautet:

"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Abs 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

§ 58 AsylG 2005 lautet:

"§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

..."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idF BGBl I Nr 68/2013 lauten:

"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

...

§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr 210/1958, oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

...

§ 52 (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

...

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

...

§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl I Nr 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die näheren Umstände der Zumutbarkeit der Übersiedlung des Partners in das Heimatland des Fremden sowie die Frage, inwieweit die Dauer des Asylverfahrens der beschwerdeführenden Partei anzulasten ist (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 39; 24.11.2009, 1820/08, Omojudi, RN 41;

VfGH 07.10.2010, B 950/10; 01.07.2009, U 992/08 und U 1104/08;

29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219).

Im Falle eines bloß auf die Stellung eines Asylantrages gestützten Aufenthaltes wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Auf den gegenständlichen Beschwerdefall angewendet, bedeutet dies Folgendes:

Als familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gab der Beschwerdeführer drei asylberechtigte Cousins sowie seinen älteren Bruder, dessen Kernfamilie und seine Tante an. Die Tante des Beschwerdeführers verfügt über eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin. Die Asylverfahren des Bruders und dessen Kernfamilie wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig negativ erledigt und die Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit von Rückkehrentscheidungen an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu den genannten Verwandten konnte seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht festgestellt werden und wurde ein solches vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt bzw. dem BFA auch nicht behauptet. Das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn kann daher nicht festgestellt werden.

Auch liegt kein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vor, welcher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, Interesse an geordneter Zuwanderung und wirtschaftliches Wohl des Landes) nicht geboten oder zulässig wäre, zumal der im Juli 2012 in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer seinen etwa zwei Jahre und drei Monate andauernden Aufenthalt in Österreich lediglich auf den verfahrensgegenständlichen, nunmehr abgewiesenen Antrag auf internationalen Schutz stützt und er sich seines unsicheren Aufenthaltes während der Dauer seines Asylverfahrens auch bewusst sein musste (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479-7, VwGH 04.03.2008, 2006/19/0409-6 und VfGH 29.11.2007, B 1654/07-9, sowie EGMR 08.04.2008, Beschwerde Nr. 21878/06, Nnyanzi v. The United Kingdom, Randnr. 76).

Eine besonders fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erkannt werden; der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, über besondere soziale Bindungen in Österreich zu verfügen. Der Beschwerdeführer gab an, in Österreich keiner Arbeit nachzugehen; von einer Integration auf dem österreichischen Arbeitsmarkt und damit einhergehenden Selbsterhaltungsfähigkeit kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgegangen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers von etwa zwei Jahren und drei Monaten im Bundesgebiet und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Rahmen der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes unterstützt wurde und wird, kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Hingegen ist der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation, Tschetschenien, aufgewachsen und hat dort auch den gesamten Teil seines bisherigen Lebens verbracht und dort seine Sozialisation erfahren. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Tschetschenien - wo auch die Eltern und zahlreiche andere Verwandte nach wie vor leben - bei der Wiedereingliederung in die tschetschenische Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich strafgerichtlich unbescholten geblieben ist, vermag insofern keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zu bewirken, als mangelnde Straffälligkeit die Regel sein sollte; vielmehr stellt die Begehung von Straftaten einen eigenen Grund für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dar (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112); allenfalls wäre vorliegende (und rechtskräftig festgestellte) Straffälligkeit des Beschwerdeführers zu seinen Lasten zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer vermochte daher keine entscheidungserheblichen integrativen Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet darzutun, welche zu einem Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehr des Beschwerdeführers in ihren Herkunftsstaat führen könnten.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände des Beschwerdeführers zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen nicht zu erteilen ist, wie bereits oben ausgeführt wurde.

Auch Umstände, dass dem Beschwerdeführer allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen nicht vor. Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr geduldet (Z 1), noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Menschenhandel (Z 2) oder von häuslicher Gewalt (Z 3).

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation unzulässig wäre.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Z 3, § 55, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, § 52, § 55 FPG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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