European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G188.2021
Spruch:
I. Der Antrag auf Aufhebung des §788 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr 946/1811, idF BGBl I Nr 87/2015 wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG, begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge
"[…]
II. die Wortfolge 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex' in §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, als verfassungswidrig [aufheben];
in eventu
III. die Wortfolge 'Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen.' in §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, als verfassungswidrig [aufheben];
in eventu
IV. den §788 ABGB, in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundge-macht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, zur Gänze als verfassungswidrig [aufheben]."
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS 946/1811, idF BGBl I 87/2015 lauten (die mit dem zweiten Eventualantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"3. Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen unter Lebenden
§781. (1) Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, sind der Verlassenschaft nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen.
(2) Als Schenkung in diesem Sinn gelten auch
1. die Ausstattung eines Kindes,
2. ein Vorschuss auf den Pflichtteil,
3. die Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht,
4. die Vermögenswidmung an eine Privatstiftung,
5. die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, sowie
6. jede andere Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt.
[…]
Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte
§783. (1) Auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten oder eines Erben sind Schenkungen an Personen, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören (§757), der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person oder derjenigen Person, die an deren Stelle tritt, anzurechnen. Ein Geschenknehmer, der im Zeitpunkt der Schenkung allgemein zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehörte (§757) und dem deshalb kein Pflichtteil zukommt, weil er auf seinen Pflichtteil verzichtet hat oder die Erbschaft ausgeschlagen hat, kann ebenfalls die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte verlangen.
(2) Die Hinzu- und Anrechnung kann auch ein Vermächtnisnehmer verlangen, soweit er zur Pflichtteilserfüllung beizutragen hat oder einen verhältnismäßigen Abzug erleidet.
[…]
Bewertung der Schenkung
§788. Die geschenkte Sache ist auf den Zeitpunkt zu bewerten, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde. Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Der Antragsteller ist Beklagter in einem (erbrechtlichen) Pflichtteilsprozess vor dem Landesgericht Korneuburg; er ist der Sohn der Verstorbenen und nach dieser pflichtteilsberechtigt. Die Verstorbene schenkte dem Antragsteller zwei in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaften. Schenkungszeitpunkt war der 1. Juli 1991 bzw der 5. Jänner 2004, die Geschenkgeberin starb am 2. August 2019. Eine der beiden Liegenschaften war mit einem Wohnungsgebrauchsrecht zu Gunsten der Geschenkgeberin belastet. Im Anlassverfahren war unter anderem strittig, ob dieses Gebrauchsrecht bei der Bewertung der Schenkung zu berücksichtigen ist. Das Landesgericht Korneuburg hat diese Frage mit Urteil vom 30. April 2021 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verneint, weil die Belastung mit dem Tod der Geschenkgeberin weggefallen sei. Das Landesgericht Korneuburg nahm daher den Wert der Liegenschaft zum Schenkungszeitpunkt ohne Berücksichtigung des Gebrauchsrechtes an und passte den Wert entsprechend §788 ABGB auf den Todeszeitpunkt nach dem Verbraucherpreisindex an.
2. Gegen das genannte Urteil des Landesgerichtes Korneuburg erhob der Antragsteller Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt der Antragsteller seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung wie folgt dar:
"5. Begründung der Verfassungswidrigkeit
Die Bewertungsvorschrift des §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und führt zu einer massiven Ungleichbehandlung der Erben und Noterben bei zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen.
Es wird dadurch weder das Ziel des Gesetzgebers[,] 'die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt heranzuführen'[,] erreicht (vgl ErläutRV 688 BlgNR 25. GP ), noch können Unterschiede im Tatsachenbereich, insbesondere Wertminderungen geschenkter Gegenstände, welche nicht vom Geschenknehmer verursacht wurden, berücksichtigt werden.
Steigende Indizes führen nämlich auch stets zu höheren Bemessungsgrundlagen für die Hinzu- und Anrechnung, selbst wenn Vermögenswerte tatsächlich zwischenzeitlich an Wert verloren haben und dieser Wertverlust – wie im vorliegenden Fall – durch den Geschenkgeber selbst verursacht wurde. Sinn und Zweck des §788 ABGB ist es, die Pflichtteilsberechtig[t]en so zu stellen, als wären die pflichtteilswidrigen Verfügungen unterblieben und die geschenkten Sachen noch im Nachlass. Dies wird durch die Bewertungsvorschrift in der angefochtenen Norm gerade nicht erreicht, schließlich bleiben hier durch den Geschenkgeber bedingte Abnützungen unberücksichtigt und kann – wie im vorliegenden Fall – der so ermittelte Wert den tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Todes sogar übersteigen!
Darüber hinaus ist der Geschenknehmer bei Einräumung von Personalservituten wie einem Wohnungsgebrauchsrecht (siehe sogleich) sogar verpflichtet, die Sache auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten, wobei diese Kosten bei den Bewertungsvorschriften der angefochtenen Norm nicht einmal in Abzug gebracht werden können.
Demgegenüber erfolgt die Bewertung der geschenkten Sache im Fall einer Schenkung auf den Todesfall gem §780 Abs2 zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen, sohin mit dem Verkehrswert im Todeszeitpunkt.
Es ist ein geradezu typischer Inhalt eines Schenkungsvertrages über eine bebaute Liegenschaft zwischen Eltern und Kindern, dass Eltern sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht (iSe Personalservitut) vorbehalten. In solchen häufigen Fällen wird der Geschenknehmer zwar Eigentümer der Liegenschaft, jedoch ist sein Eigentumsrecht beschränkt durch die Personalservitut der Eltern. Ein Verkauf zu Lebzeiten der Servitutsberechtigten ist zwar möglich, allerdings in der Regel, bedingt durch die Servitut, lediglich zu einem weitaus geringeren Kaufpreis.
Tatsächlich befindet sich also derjenige, der eine Wohnimmobilie zu Lebzeiten unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts des Geschenknehmers erhält, was die Nutzungsmöglichkeit einer solchen Immobilie betrifft, in derselben Situation wie ein Pflichtteilsberechtigter, welcher eine solche Immobilie erst auf den Todesfall geschenkt erhält: Beide können faktisch erst nach dem Ableben der Geschenknehmer (und Servitutsberechtigten) Nutzungen aus der geschenkten Sache ziehen.
Während die Abnützung des Gebäudes sich allerdings bei einer Schenkung auf den Todesfall im Verkehrswert niederschlägt und berücksichtigt wird (§780 Abs2), muss sich der Geschenknehmer bei einer Schenkung zu Lebzeiten allerdings eine Valorisierung mit dem VPI zum Empfangszeitpunkt (Schenkungszeitpunkt) gefallen lassen, wodurch weder die durch den Geschenkgeber verursachte Abnützung der Liegenschaft berücksichtigt werden kann, noch eine Deckelung mit dem tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Todes stattfindet.
Es ist nicht einzusehen und unsachlich, weshalb dahingehend Pflichtteilsberechtigte, die Schenkungen auf den Todesfall erhalten, privilegiert sein sollen.
Auch die Möglichkeit eines Verkaufs der Liegenschaft durch den schon zu Lebzeiten des Verstorbenen Beschenkten ändert daran nur wenig, schließlich kann dieser die Immobilie nur in belastetem Zustand verkaufen. Dennoch wäre, der nunmehr angefochtenen Norm zufolge, auch in einem derartigen Fall für die Pflichtteilsbemessung der Wert der Liegenschaft – ohne Personalservitut (!) – im Schenkungszeitpunkt heranzuziehen und sodann einer Valorisierung zu unterziehen.
Überdies besteht auch keine Verpflichtung des Eigentümers der dienstbaren Sache, verbessernde bzw werterhöhende Maßnahme zu ergreifen, vielmehr muss er aber die Sache auf eigene Kosten, in einem brauchbaren Zustand erhalten. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass während des Bestehens der Personalservitut auf einer ganzen Liegenschaft, vom Eigentümer auch kein Nutzen iSd §508 ABGB gezogen werden kann, schließlich ist vom Nutzen iSd §508 ABGB nicht nur der unmittelbare Ertrag der Sache umfasst, sondern auch alles, was dem Eigentümer durch die Sache zukommt, insbesondere der Mitgebrauch, Ersatzbeträge wegen Beschädigung der Sache oder das Entgelt für die Bestellung der Dienstbarkeit (vgl OGH 14.04.2011, 6 Ob 40/11t). Ein solches Entgelt wird aber bei Wohnungsgebrauchsrechten zu Versorgungszwecken innerhalb der Familie typischerweise nicht vereinbart.
Zusammenfassend führt die derzeitige Rechtslage daher zu einer unbilligen und sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Noterben und wird durch die angefochtene Gesetzesstelle ermöglicht, dass für die Berechnung der Pflichtteile bei Hinzu- bzw Anrechnung von Schenkungen ein fiktiver Wert der geschenkten Sache, ohne Berücksichtigung tatsächlicher Wertveränderungen jener Sache – gleich auf welchem Grund diese beruhen – herangezogen werden kann."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und anschließend den vom Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken auch in der Sache wie folgt entgegentritt:
"3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
3.1. §788 wurde durch das Erbrechts-Änderungsgesetz 2015, BGBl I Nr 87/2015, in das ABGB eingefügt. In den Gesetzesmaterialien wird dazu Folgendes ausgeführt (RV 688 BlgNR XXV. GP 35 f.):
'Zu §788 ABGB:
Nach der Bewertungsvorschrift des bisherigen §794 sind unbewegliche Sachen nach dem Zeitpunkt des Empfangs, bewegliche Sachen nach dem Zeitpunkt des Erbanfalls zu bewerten. Diese Regelung führt nach einhelliger Meinung zu unbilligen Ergebnissen (siehe näher Welser, Reform des Erbrechts 144). Für die Bewertung von Bargeldzuwendungen lässt das bisherige Recht überhaupt jede Regelung vermissen. §788 des Entwurfs soll daher umgestaltet werden.
Teilen der Lehre folgend (siehe Schauer, NZ 1998, 28) soll der Wert der zugewendeten Sache im Empfangszeitpunkt zu ermitteln sein. Bei der Ermittlung des Empfangszeitpunkts kommt es aber darauf an, dass dem Geschenknehmer die geschenkte Sache tatsächlich zukommt, das Vermögensopfer also erbracht ist, die Schenkung wirklich gemacht wurde.
Ein ermittelter Wert soll auf den Todeszeitpunkt angepasst werden, und zwar nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex. Dies gilt auch für einen zugewendeten Geldbetrag. Hingegen sollen alle anderen wertverändernden Umstände, die zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt eintreten (seien sie vom Zuwendungsempfänger zu vertreten oder nicht), wie etwa Änderungen der Flächenwidmung, die verkehrsmäßige Erschließung von Liegenschaften, Schadensereignisse, die auch bei unterbliebener Zuwendung eingetreten wären, oder Preisänderungen infolge erhöhter oder gesunkener Nachfrage außer Betracht bleiben (für die Berücksichtigung letzterer Umlauft, Reform des Erbrechts 148). Durch diese Bewertungsmethode soll erreicht werden, dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden.'
3.2. Der Pflichtteil ist ein bestimmter Anteil am Wert des Vermögens des Verstorbenen, der dem Pflichtteilsberechtigten zukommen soll. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung und Berechnung des Pflichtteils ist die gesamte Verlassenschaft, die auf den Todestag des Verstorbenen zu schätzen ist (§778 ABGB). Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, sind der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen (§781 ABGB). Die Schenkungsanrechnung verfolgt allgemein die Zwecke des Schutzes der Pflichtteilsberechtigten vor Verkürzung ihrer Ansprüche, des Ausgleichs unter mehreren Pflichtteilsberechtigten und der Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Pflichtteilsberechtigten (vgl Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht² 613 f).
3.3. §788 ABGB regelt die Bewertung für die Berücksichtigung von Schenkungen beim Pflichtteil. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen die vom Verstorbenen zu Lebzeiten zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden. Dies soll gemäß §788 zweiter Satz ABGB dadurch erreicht werden, dass der gemäß §788 erster Satz ABGB ermittelte Wert der geschenkten Sache nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex auf- oder abgewertet wird, nicht jedoch nach einem anderen sachlich passenden Teilindex wie beispielsweise dem Immobilienpreisindex (vgl Bittner/Hawel in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 §788 Rz 6). Diese Anpassung des Wertes soll das Problem von Wertveränderungen der Sache zwischen der Schenkung und dem Tod des Erblassers lösen. Indem auf den Verbraucherpreisindex (und nicht etwa auf den Immobilienpreisindex) abgestellt wird, wird verhindert, dass der Beschenkte, sollte er kurz nach Erwerb der geschenkten Sache (zB eine Liegenschaft), diese weiterveräußern, mit einer erheblichen Belastung konfrontiert wäre. Dadurch wird auch bewirkt, dass die Verfügungsfreiheit des Beschenkten über die geschenkte Sache nicht unbillig eingeschränkt wird (vgl Bittner/Hawel, aaO, Rz 1).
3.3.1. Bei der Anrechnung auf den Pflichtteil werden Schenkungen – wie auch bei der Anrechnung auf den Erbteil gemäß §755 ABGB – auf jenen Zeitpunkt bewertet, zu dem sie 'wirklich gemacht' wurden. Mit der Wendung 'wirklich gemacht' findet die sogenannte Vermögensopfertheorie Eingang in die Bewertung (vgl Musger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB6 §§782–783 ABGB Rz 3). Danach kommt es darauf an, wann dem Geschenknehmer die geschenkte Sache 'tatsächlich zukommt', 'das Vermögensopfer also erbracht ist'. Solange eine Schenkung etwa widerruflich ist, ist das Vermögensopfer noch nicht erbracht; gefordert ist jedenfalls die endgültige Aufgabe der Substanz (vgl Musger, aaO, Rz 4). Der Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechts hindert nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Vermögensopfer jedenfalls nicht (RIS-Justiz RS0130273; OGH 6.8.2020, 2 Ob 195/19v unter Hinweis auf die RV 688 BlgNR XXV. GP 34).
3.3.2. Die Frage, ob sich vorbehaltene, im Zeitpunkt des Empfangs wertmindernde Rechte, die sicher mit dem Tod des Erblassers erlöschen, bei der Hinzurechnung der Schenkung wertmindernd auswirken, hat der Oberste Gerichtshof zuletzt wie folgt entschieden (OGH 26.5.2020, 2 Ob 64/19d; RIS-Justiz RS0133183): 'Auch nach dem ErbRÄG 2015 ist der Wert einer vom Erblasser bei der Übergabe einer Liegenschaft vorbehaltenen lebenslangen Personaldienstbarkeit, wiewohl diese Belastung auf den Zeitpunkt des Empfangs bezogen den Liegenschaftswert erheblich verminderte, bei der Schenkungshinzurechnung und der Schenkungsanrechnung für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu lassen, weil bereits im Übergabszeitpunkt mit völliger Sicherheit feststand, dass in dem für die Beurteilung der Pflichtteilswidrigkeit maßgebenden Zeitpunkt des Erbanfalls die Belastung weggefallen sein werde.'
3.3.3. Diese Rechtsprechung wurde durch die Entscheidung vom 25. Februar 2021, 2 Ob 124/20d, bestätigt (RIS-Justiz RS0133516). Begründet wird diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Abzug des Werts der Dienstbarkeit dazu führte, dass ein zur Anrechnung einer Schenkung verpflichteter Pflichtteilsberechtigter bei einer mit einem zurückbehaltenen Nutzungsrecht verbundenen lebzeitigen Schenkung besser stünde als bei Zuwendung derselben Sache erst auf den Todesfall: Obwohl er früher über die Substanz der Sache verfügen könnte, müsste er sich weniger anrechnen lassen als bei einem Erwerb erst von Todes wegen. Dies wäre mit den Zwecken des Pflichtteilsrechts nicht vereinbar. Der Wortlaut von §788 ABGB würde zwar die in der Lehre von Krist ([Anmerkung zu 2 Ob 64/19d], JBl 2021, 116 ff) und allen voran von Umlauft (Die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen im Erb- und Pflichtteilsrecht2, 2018, 318 ff) vertretene Auffassung decken, dass §788 ABGB eine 'klare' Regelung – im Sinn der Berücksichtigung erlöschender Rechte bei der Bewertung – enthalte. Zwingend sei das aber nicht, weil – so der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 124/20d Rz 33 – 'der Begriff 'Bewertung' auch im eingeschränkten Sinn (Wert der Sache ohne Berücksichtigung von Lasten) verstanden werden kann.' Der Zweck und die Stellung von §788 ABGB im System des Pflichtteilsrechts würden für dieses eingeschränkte Verständnis sprechen.
In der oben zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 124/20d) wird aber auch die alternative rechtliche Lösung nach dem sogenannten 'Stichtagprinzip' dargestellt (Rz 22 Punkt a). Dabei 'wird der Wert der Liegenschaft im Schenkungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Wohnrechte ermittelt. Das Ergebnis wird […] nach §788 ABGB auf den Zeitpunkt des […] Todes aufgewertet, davon wird der Pflichtteilsanspruch berechnet.'
3.3.4. In der Lehre wird die Frage der Wertminderung durch ein vorbehaltenes Gebrauchsrecht uneinheitlich beurteilt (siehe dazu die Übersicht in OGH 26.05.2020, 2 Ob 64/19d Punkt 4.2). Für eine Wertminderung durch solche Rechte sprechen sich etwa Klampfl (Privatstiftung und Pflichtteilsrecht nach der Erbrechtsreform – der 'neue' Rechtsrahmen zur Berücksichtigung stiftungsnaher Transaktionen, JEV 2015, 120 [126]), Umlauft (Die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen im Erb- und Pflichtteilsrecht2 319 ff), Bittner/Hawel (in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 §788 Rz 1) und Apathy (Zur Hinzurechnung und Anrechnung im neuen Erbrecht, ÖJZ 2016, 805 [811]) aus. Gegen eine Wertminderung durch ein vorbehaltenes Recht treten Tschugguel ([Anmerkung zu 2 Ob 96/16f], EF‑Z2017/90, 182 f), Schweda ([Anmerkung zu 2 Ob 96/16f], iFamZ 2017, 277 f), Musger (in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB6 §788 ABGB Rz 3) und Welser (Erbrechts-Kommentar §781 Rz 22 f) auf.
II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:
1. Zum Anlassverfahren:
[…]
2. Zur Zulässigkeit:
2.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesvorschrift sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang einer in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011).
2.2. Unzulässig ist ein Antrag etwa dann, wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (vgl VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmung so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfGH 15.10.2016, G339/2015; zuletzt VfGH 23.2.2021, G280‑281/2019, Rz 7 mwN).
2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweisen sich der vorliegende Hauptantrag sowie die Eventualanträge aus folgenden Gründen als unzulässig:
2.3.1. Der Antragsteller begehrt in seinem Hauptantrag die Aufhebung der Wortfolge 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex'. Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass vom Antragsteller weder behauptet noch näher dargelegt wird, inwiefern die angefochtene Wortfolge gegen den Gleichheitssatz verstoßen sollte; dem Antrag fehlt diesbezüglich jegliche Begründung. Der Hauptantrag wird insofern den Anforderungen nach §62 Abs1 zweiter Satz VfGG nicht gerecht und ist schon aus diesem Grund unzulässig (vgl VfSlg 11.150/1986, 13.851/1994, 14.802/1997, 19.933/2014). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Be-stimmungen zuzuordnen und so – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (vgl VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004 mwN).
2.3.2. Die Bundesregierung weist des Weiteren darauf hin, dass die Aufhebung dieser Wortfolge dazu führen würde, dass in Bezug auf die Wertanpassung, die weiterhin möglich wäre ('Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt anzupassen.'), unklar wäre, nach welcher Bewertungsmethode die geschenkte Sache zu bewerten wäre, sodass der verbleibende Teil des zweiten Satzes des §788 ABGB nicht vollzogen werden könnte.
2.3.3. Unzulässig ist ein Gesetzesprüfungsantrag dann, wenn die betreffende Regelung durch die beantragte Aufhebung einen völlig veränderten, dem Normsetzer nicht mehr zusinnbaren Inhalt erhalten würde. Ein derartiger, der Gesetzgebung nicht mehr zusinnbarer Inhalt würde bei einer Aufhebung wie im Haupt- und in den Eventualanträgen beantragten Umfang aber entstehen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu §788 ABGB (wie oben in Punkt I.3.1. dargelegt) ging es der Gesetzgebung bei der Neuregelung der Bewertungsvorschrift ausdrücklich darum, den ermittelten Wert der Schenkung auf den Todeszeitpunkt anzupassen, und zwar nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex. Durch diese Bewertungsmethode soll erreicht werden, dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden (RV 688 BlgNR XXV. GP 35 f). Es ging der Gesetzgebung daher bei der Neuregelung um die Vorgangsweise bei der Ermittlung jenes (fiktiven) Werts der geschenkten Sache, der der Hinzu- und Anrechnung zugrunde zu legen ist. Die angefochtene Bestimmung stellt klar, dass Wertveränderungen nach der Schenkung unabhängig von ihrer Ursache (also Zufall, Handlungen oder Unterlassungen des Beschenkten oder konkrete Preisentwicklung) grundsätzlich unerheblich sind; stattdessen hat (zum 'Heranführen' der Werte an den Todeszeitpunkt) eine Aufwertung nach der allgemeinen Preisentwicklung (Verbraucherpreisindex) zu erfolgen. Der Antragsteller bekämpft letztlich jede Art der Valorisierung; die Aufhebung dieser Wortfolge würde daher die von ihm kritisierte Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen. Vielmehr könnte sich durch die Heranziehung eines anderen Index (zB des Immobilienpreisindex) eine für ihn ungünstigere Rechtslage ergeben.
Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen bzw des §788 ABGB zur Gänze würde zu dem Ergebnis führen, dass eine Regelung[,] wie Schenkungen zu bewerten sind, gänzlich fehlen würde. Dies würde im Ergebnis einem Akt positiver Normsetzung gleichkommen, die dem Verfassungsgerichtshof verwehrt ist (vgl VfGH 24.11.2016, G208/2016).
2.3.4. Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (vgl VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014). Der Antragsteller wendet sich erkennbar gegen die Auslegung, dass – als Voraussetzung für den Stichtag der Bewertung – das Vermögensopfer bei einer Schenkung mit dem Vorbehalt des Gebrauchsrechts bereits erbracht ist und nicht erst mit dem Wegfall dieses Rechts (das ist meist der Tod des Berechtigten, wie beim Vorbehalt eines Fruchtgenussrechts oder beim Tod des Erblassers bei einer Schenkung auf den Todesfall). Der Gesetzesbegriff der 'wirklich gemachten' Schenkung und damit das Abstellen auf die Vermögensopfertheorie ist jedoch nicht nur in §788 ABGB, sondern auch in den §§782 und 792 ABGB verankert. Insofern ist der Anfechtungsumfang zu eng gefasst.
2.4. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Eventualanträge unzulässig sind.
Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:
III. In der Sache:
Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
1. Der Antragsteller erblickt in der angefochtenen Wortfolge eine Verletzung des Gleichheitssatzes, weil die Bemessungsregelung des §788 zweiter Satz ABGB zu einer massiven Ungleichbehandlung der Erben und Noterben bei zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen führen würde. Die behauptete Gleichheitswidrigkeit wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmung keine Unterschiede im Tatsachenbereich berücksichtigen würde. Die starre Bemessungsregelung des §788 ABGB ermögliche, dass für die Berechnung der Pflichtteile bei Hinzu- bzw Anrechnung von Schenkungen ein fiktiver Wert der geschenkten Sache, ohne Berücksichtigung tatsächlicher Wertveränderungen jener Sache – gleich auf welchem Grund diese beruhen – herangezogen werden kann.
2. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Gesetzgebung liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dann vor, wenn das Gesetz an gleiche Tatbestände ungleiche Rechtsfolgen knüpft oder ungleiche Tatbestände gleich behandelt. Differenzierungen durch das Gesetz müssen immer sachlich gerechtfertigt sein (vgl VfSlg 11.190/1986, 11.641/1988, 13.477/1993 uva.). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont (vgl zB VfSlg 11.795/1988, 13.420/1993, 13.455/1993, 13.527/1993, 19.762/2013).
2.1. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass vom Antragsteller keine Bedenken vorgebracht werden, warum die im Hauptantrag angefochtene Wortfolge der Aufwertung 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex' gegen den Gleichheitssatz verstoßen und unsachlich sein sollte. Die Bedenken des Antragstellers richten sich vielmehr gegen die Auslegung, dass – als Voraussetzung für den Stichtag der Bewertung – das Vermögensopfer bei einer Schenkung mit dem Vorbehalt des Gebrauchsrechts bereits erbracht ist und nicht erst mit dem Wegfall dieses Rechts (das ist meist der Tod wie bei einer Schenkung auf den Todesfall oder beim Vorbehalt eines Fruchtgenussrechts).
2.1.1. Die Gesetzgebung hat mit der angefochtenen Bestimmung eine Regelung im Erbrecht geschaffen, durch die bei der Bewertung von Schenkungen unvorhersehbare wertverändernde Umstände, die zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt eintreten (seien sie vom Zuwendungsempfänger zu vertreten oder nicht), wie etwa Änderungen der Flächenwidmung, die verkehrsmäßige Erschließung von Liegenschaften, Schadensereignisse, die auch bei unterbliebener Zuwendung eingetreten wären, oder Preisänderungen infolge erhöhter oder gesunkener Nachfrage außer Betracht bleiben (vgl RV 608 BlgNR XXV. GP 35). Wertveränderungen zwischen dem Zuwendungszeitpunkt, zu dem das Vermögensopfer erbracht wurde, und dem Todeszeitpunkt sind jedoch dann zu berücksichtigen, wenn sie im Zeitpunkt der Zuwendung bereits angelegt waren, sodass der Beschenkte das Risiko des Sachverlusts oder -untergangs trägt; zu erwartende Faktoren, wie etwa Abnützung oder bereits im Schenkungszeitpunkt absehbare Widmungsänderungen, haben daher in die Bewertung einzufließen. Unvorhersehbare Marktentwicklungen oder andere Ereignisse wie etwa zufällige Beschädigungen sowie werterhöhende Aufwendungen des Zuwendungsempfängers belasten oder begünstigen hingegen allein diesen (vgl Bittner/Hawel in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 2).
2.1.2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Nutzungsrechte Dritter bei deren Hinzurechnung zum Nachlass (§781 ABGB) nur insoweit zu berücksichtigen, als sie beim Tod des Erblassers noch bestehen. Sind sie zu oder mit diesem Zeitpunkt erloschen, so haben sie keinen Einfluss auf die Bemessung des Pflichtteils. Bestehen sie noch, ist der aufgrund der wahrscheinlichen Restnutzungsdauer ermittelte Wert von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (vgl RIS-Justiz RS0133516). Nach Ansicht der Bundesregierung liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, eine Regelung vorzusehen, die vorbehaltene Nutzungsrechte – wie ein Fruchtgenuss- oder Wohnrecht – bei der Bewertung der geschenkten Sache außer Acht lässt, wenn die geschenkte Sache zum Todeszeitpunkt diesbezüglich lastenfrei ist (vgl RIS-Justiz RS0133183).
2.1.3. Der Annahme des Antragstellers, wonach es Sinn und Zweck des §788 ABGB sei, 'die Pflichtteilsberechtigten so zu stellen, als wären die pflichtteilswidrigen Verfügungen unterblieben und die geschenkten Sachen noch im Nachlass' (siehe Seite 9 des Antrags), ist – unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien – entgegenzuhalten, dass diese Auslegung der gesetzlichen Regelung so nicht zwingend entnommen werden kann. Vielmehr kann §788 ABGB auch dahingehend interpretiert werden, dass die Pflichtteilsberechtigten so gestellt werden sollen, als wäre der Wert der geschenkten Sache zum Zeitpunkt der gemachten Schenkung (das ist die Erbringung des Vermögensopfers), aufgewertet mit dem Verbraucherpreisindex, noch in der Verlassenschaft. Auf diese Weise könnte ebenfalls das in den Erläuterungen angesprochene Ziel, 'dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden' erreicht werden. Für diese Auffassung spricht zudem der Wortlaut der angefochtenen Bestimmung, der nicht ohne Weiteres die Auslegung nahelegt, dass der Begriff 'Bewertung' auch im eingeschränkten Sinn (Wert der Sache ohne Berücksichtigung von Lasten) verstanden werden kann. Wie bereits unter Punkt I.3.3.3. dargelegt, hat der Oberste Gerichtshof demgegenüber in seinem Urteil vom 25. Februar 2021, 2 Ob 124/20d, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zweck und die Stellung von §788 ABGB im System des Pflichtteilsrechts für dieses eingeschränkte Verständnis sprechen (siehe Rz 33; RIS-Justiz RS0133516). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das ABGB keine 'pflichtteilswidrigen Verfügungen' kennt, sondern nur die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen sowie eine allfällige Haftung des Geschenknehmers gemäß den §§789 ff ABGB.
2.1.4. Auch die vom Antragsteller getroffene Annahme, dass die Kosten der Erhaltung der geschenkten Sache bei den Bewertungsvorschriften nicht zu berücksichtigen seien, ist nach Ansicht der Bundesregierung verfehlt (siehe Seite 10 des Antrags). Zur Frage der Berücksichtigung von Erhaltungskosten einer geschenkten Sache bei der Bewertung, ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene §788 ABGB ausdrücklich regelt, dass die geschenkte Sache auf den Zeitpunkt zu bewerten ist, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde. Dabei sind auch künftige Entwicklungen und vertragliche Übernahmen von Lasten mitumfasst (vgl Bittner/Hawel in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 2). Im Übrigen kommen nach §508 ABGB alle Nutzungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen, dem Eigentümer zu. Dieser ist aber verpflichtet, alle ordentlichen und außerordentlichen, auf der Sache haftende Lasten zu tragen, und sie auf seine Kosten in gutem Stand zu erhalten. Nur wenn die Kosten denjenigen Nutzen übersteigen, der dem Eigentümer übrigbleibt, muss der Berechtigte den Überschuss tragen, oder vom Gebrauch abstehen. Im Fall eines zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnungsrechts (Übergabevertrag mit Ausgedinge- bzw Unterhaltscharakter) muss nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes der Eigentümer der dienstbaren Sache die Kosten der Instandhaltung ohne Einschränkung tragen, soweit dies zur Erreichung des Zweckes der Dienstbarkeit erforderlich ist. Er muss die Sache allerdings auch deshalb nicht ohne weiteres verbessern, sondern sie grundsätzlich nur in dem brauchbaren Zustand erhalten, in dem sie sich zur Zeit der Einräumung des Wohnungsrechtes befunden hat (vgl RIS-Justiz RS0011777; Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 §508 Rz 11). Die Bundesregierung weist darauf hin, dass es sich bei §508 ABGB um dispositives Recht handelt, das daher abbedungen werden kann (vgl Hofmann in Rummel, ABGB3 §508 ABGB Rz 2).
2.2. Der Antragsteller erblickt die Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung schließlich auch darin, dass die Bewertung einer geschenkten Sache im Fall einer Schenkung auf den Todesfall gemäß §780 Abs2 ABGB zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen erfolgt, sohin mit dem Verkehrswert im Todeszeitpunkt (siehe Seite 9 des Antrags). Dem ist entgegenzuhalten, dass bei einer Schenkung auf den Todesfall gemäß §603 ABGB, die geschenkte Sache zum Todeszeitpunkt zu bewerten und im Inventar als Aktivum auszuweisen ist (vgl Nemeth in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5 §603 ABGB Rz 3). Anders geregelt ist dagegen der Bewertungszeitpunkt bei einer Schenkung nach §788 ABGB. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der angefochtenen Bestimmung ist der Bewertungszeitpunkt mit Erbringung des Vermögensopfers anzusetzen. Dieser Zeitpunkt kann, muss aber nicht mit dem Tod des Geschenkgebers zusammenfallen. Wenn – wie im Anlassfall – ein Wohnungsgebrauchsrecht vereinbart wurde, kann der Geschenknehmer bereits vor dem Ableben des Geschenknehmers Nutzen aus der Sache ziehen, insbesondere durch Verkauf der Sache. Anders ist dies bei einer Schenkung auf den Todesfall, weil eine Verwertung der Anwartschaft nach §879 Abs2 Z3 ABGB ausgeschlossen ist (vgl Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 §879 Rz 253). Außerdem sind – jedenfalls nach einem Teil der Lehre – zum Bewertungszeitpunkt künftige erwartbare Abnutzungen der geschenkten Sache bei deren Bewertung zu berücksichtigen (vgl Bittner/Hawel in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 2). Darüber hinaus ist die Übernahme von Lasten dispositiv. Die Bundesregierung kann daher keine sachliche Ungleichbehandlung zwischen Pflichtteilsberechtigten als Geschenknehmer und als Geschenknehmer auf den Todesfall erkennen.
2.3. Die Bundesregierung weist auch darauf hin, dass es zwar zutrifft, dass unmittelbar auf Grund des §788 ABGB eine Anpassung des Wertes der geschenkten Sache erfolgt, die auf Veränderungen der geschenkten Sache nicht jedenfalls Bedacht nimmt. Das ist auch insofern konsequent, als der Geschenknehmer das Vermögensopfer erbracht hat und der Geschenknehmer regelmäßig über die Sache verfügen und sie verwerten kann. Aus diesem Grund soll die Schenkung eine Zäsur darstellen, was bedeutet, dass nachträgliche Veränderungen auf das Konto des Geschenknehmers gehen. Voraussetzung der Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist jedoch, dass überhaupt eine Schenkung vorliegt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein einseitiges Rechtsgeschäft: Die näheren Modalitäten der Schenkung unterliegen der privatautonomen Vereinbarung zwischen dem Geschenkgeber und dem Beschenkten und es bestehen diesbezüglich – insbesondere auch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Schenkung – Dispositionsmöglichkeiten der Vertragsparteien. Der Beschenkte hätte insbesondere auch darauf Einfluss nehmen können, ob die Schenkung erst auf den Todesfall erfolgen hätte sollen (der Geschenkgeber hätte die Sache dem Beschenkten auch vermachen können). Im Hinblick darauf, dass die Schenkung vertraglich zu vereinbaren ist und dabei darauf Einfluss genommen werden kann, wann das Vermögensopfer als erbracht gilt (wobei die Vertragsparteien bei der Wahl dieses Zeitpunkts auch berücksichtigen können, wie die Sache zum Zeitpunkt des Erbfalls – auf Grund der gesetzlichen Vorgaben – zu bewerten sein wird) ist die angefochtene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht schon deshalb gleichheitswidrig, weil sie auf Veränderungen der geschenkten Sache (wie dies im Anlassverfahren der Fall ist) nicht unbedingt Bedacht nimmt. Darüber hinaus ist dies auch sachlich gerechtfertigt, weil nach der Schenkung der Geschenknehmer die Verfügungsgewalt über die geschenkte Sache hat. Schließlich wird davon auszugehen sein, dass der Beschenkte der Schenkung nur dann zustimmen wird, wenn er sich aus dem frühen Zeitpunkt der Schenkung (anders als zum späteren Zeitpunkt der Schenkung auf den Todesfall oder des Vermächtnisses) einen Vorteil erwartet, der nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Schenkung eintritt (sei es auch nur die Gewissheit über den Vermögenszuwachs, die im Fall des Vermächtnisses fehlt). Es kann daher nicht beanstandet werden, wenn für die Bewertung der Sache auf diesen Zeitpunkt der Wirksamkeit der Schenkung abgestellt wird und (unvorhersehbare) Veränderungen der Sache bis zum Eintritt des Erbfalls unberücksichtigt bleiben.
3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist."
4. Die Klägerin im zivilgerichtlichen Verfahren hat als beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine Äußerung erstattet, in der sie den verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers entgegentritt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.
1.2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 30. April 2021, 29 Cg 3/20w‑35, gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG).
1.3. Als Beklagter ist der Antragsteller Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit er zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG berechtigt ist.
1.4. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat der Antragsteller jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass er den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen die genannte Entscheidung des Landesgerichtes Korneuburg am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).
Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Landesgerichtes Korneuburg davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.
1.5. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).
Das Erstgericht hat §788 ABGB, dessen (teilweise) Verfassungswidrigkeit der Antragsteller behauptet, ausdrücklich in seinem Urteil angewendet, weil es den Wert der geschenkten Liegenschaften im Zuwendungszeitpunkt mit dem Verbraucherpreisindex auf den Todeszeitpunkt anpasste. Die angefochtene Bestimmung ist somit als präjudiziell anzusehen.
1.6. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, die präjudiziell sind und mit präjudiziellen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103‑104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.7. Die Bundesregierung bringt in ihrer Äußerung vor, der Antrag sei aus mehreren Gründen unzulässig:
1.7.1. Zunächst habe der Antragsteller weder behauptet noch näher dargelegt, aus welchen Gründen die angefochtene Wortfolge in §788 ABGB gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der Hauptantrag werde daher den Anforderungen des §62 Abs1 zweiter Satz VfGG nicht gerecht und sei daher schon aus diesem Grund unzulässig.
1.7.2. Darüber hinaus führte die im Hauptantrag begehrte Aufhebung dazu, dass unklar wäre, nach welcher Bewertungsmethode die geschenkte Sache auf den Todeszeitpunkt anzupassen wäre, sodass der verbleibende Teil des §788 zweiter Satz ABGB nicht vollzogen werden könnte.
1.7.3. Im Falle der begehrten Aufhebung würde auch die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt, weil die Schenkung diesfalls nach einem anderen Index, etwa dem Immobilienpreisindex, auf den Todeszeitpunkt anzupassen wäre, was für den Antragsteller unter Umständen sogar noch ungünstiger sein könne als die derzeitige Rechtslage. Im Falle einer – in den Eventualanträgen begehrten – Aufhebung der Bewertungsregeln für Schenkungen zur Gänze erhielte das Gesetz einen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt. Dies käme einem Akt der positiven Gesetzgebung gleich, der dem Verfassungsgerichtshof nicht zustehe.
1.7.4. Schließlich wende sich der Antragsteller erkennbar gegen jene Gesetzesauslegung, wonach das Vermögensopfer bei einer Schenkung mit Vorbehalt eines Gebrauchsrechtes bereits zum Schenkungszeitpunkt erbracht werde, und nicht erst mit Wegfall des Rechtes im Todeszeitpunkt. Der Gesetzesbegriff der "wirklich gemachten" Schenkung – und somit das Abstellen auf die Vermögensopfertheorie – sei jedoch nicht nur in §788 ABGB, sondern auch in den §§782 und 792 ABGB geregelt; insofern sei der Antrag zu eng gefasst.
1.8. Die Bundesregierung ist mit diesem Vorbringen nur teilweise im Recht:
1.8.1. Der Verfassungsgerichtshof vermag zunächst nicht zu erkennen, dass der Antragsteller gegen die angefochtene Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben hätte. Er ist zusammengefasst der Ansicht, dass die Anpassung der Bewertung der geschenkten Sache mit dem Verbraucherpreisindex insbesondere deshalb unsachlich sei, weil wertmindernde Faktoren nicht berücksichtigt werden könnten und die Anpassung nicht mit dem Verkehrswert der geschenkten Sache im Todeszeitpunkt begrenzt sei. Auch bestehe eine unsachliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zur Schenkung auf den Todesfall. Das Vorbringen des Antragstellers entspricht somit den Vorgaben des §62 Abs1 zweiter Satz VfGG.
1.8.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt demgegenüber die Auffassung der Bundesregierung, dass der Hauptantrag und der erste Eventualantrag zu eng gefasst sind: §788 ABGB bildet für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit; es ist nämlich nicht auszuschließen, dass sich der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit (auch) in §788 erster Satz ABGB befinden könnte. Es ist aber Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
1.8.3. Zulässig ist hingegen der zweite Eventualantrag auf Aufhebung des §788 ABGB zur Gänze. Der Verfassungsgerichtshof vermag entgegen dem Vorbringen der Bundesregierung nicht zu erkennen, dass das Gesetz im Falle der begehrten Aufhebung einen Inhalt bekäme, der dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbar wäre (vgl etwa VfGH 9.3.2021, V530/2020; 23.6.2021, G32/2021). Die Bewertung der geschenkten Sache wäre diesfalls anhand der bereinigten Rechtslage vorzunehmen. Die Bedenken des Antragstellers richten sich darüber hinaus (ausschließlich) gegen die angefochtene Bestimmung, die auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit anderen Bestimmungen steht. So ist – anders als dies die Bundesregierung in ihrer Äußerung vertritt – eine Anfechtung der §§782 und 792 ABGB nicht erforderlich.
1.9. Im Ergebnis erweist sich somit der zweite Eventualantrag als zulässig. Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Der Antragsteller ist zusammengefasst der Ansicht, dass §788 ABGB aus den folgenden Gründen gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG sowie Art7 B‑VG verstoße:
Durch die angefochtene Bestimmung werde das Ziel des Gesetzgebers, die zu Lebzeiten des Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt heranzuführen, nicht erreicht. Auch könnten Unterschiede im Tatsachenbereich, insbesondere Wertminderungen geschenkter Gegenstände, die nicht vom Geschenknehmer verursacht worden seien, nicht berücksichtigt werden. Die Anpassung mit dem Verbraucherpreisindex führe nämlich stets zu höheren Bemessungsgrundlagen, selbst wenn die Gegenstände zwischenzeitig – insbesondere durch ein Verhalten des Geschenkgebers – an Wert verloren hätten.
Der Zweck des §788 ABGB, dass die Pflichtteilsberechtigten so gestellt würden, als wäre die geschenkte Sache noch in der Verlassenschaft, werde durch die Bewertungsvorschrift gerade nicht erreicht: Es blieben nämlich durch den Geschenkgeber bedingte Abnützungen unberücksichtigt; so könne der angepasste Wert – wie im vorliegenden Verfahren – sogar den Verkehrswert im Todeszeitpunkt übersteigen. Darüber hinaus sei der Geschenknehmer bei Einräumung von Personalservituten, wie etwa eines Wohnrechtes, verpflichtet, die Sache auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten; auch diese Kosten könnten nicht berücksichtigt werden. Die Einräumung von Personalservituten sei ein geradezu typischer Inhalt bei Liegenschaftsschenkungen zwischen Eltern und Kindern. Diesfalls sei das Eigentum des Geschenknehmers jedoch durch die Personalservitut zu Gunsten der Eltern beschränkt. Ein Verkauf zu Lebzeiten sei zwar möglich, aber – bedingt durch die Belastung – nur zu einem geringeren Kaufpreis.
Im Gegensatz zu §788 ABGB erfolge die Bewertung der geschenkten Sache im Falle einer Schenkung auf den Todesfall gemäß §780 Abs2 ABGB zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen mit dem Verkehrswert. Tatsächlich befinde sich aber derjenige, der eine Immobilie zu Lebzeiten unter Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechtes erhalte, in derselben Situation wie ein Geschenknehmer auf den Todesfall; beide könnten faktisch erst nach dem Ableben des Geschenkgebers über die Liegenschaft verfügen. Während jedoch die Abnützung bei der Schenkung auf den Todesfall auf Grund der Bewertung mit dem Verkehrswert berücksichtigt werde, müsse sich der Geschenknehmer zu Lebzeiten eine Bewertung zum Schenkungszeitpunkt mit Valorisierung mit dem Verbraucherpreisindex auf den Todeszeitpunkt gefallen lassen, wobei weder die durch den Geschenkgeber verursachten Abnutzungen berücksichtigt werden könnten noch eine Deckelung mit dem Verkehrswert im Todeszeitpunkt stattfinde.
Zusammenfassend führe die derzeitige Rechtslage zu einer unbilligen und sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Pflichtteilsberechtigten; durch die angefochtene Gesetzesstelle werde ermöglicht, dass für die Berechnung der Pflichtteile ein fiktiver Wert herangezogen werde, ohne dass tatsächliche Wertveränderungen berücksichtigt werden könnten.
2.3. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt der behauptete Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art2 StGG sowie des Art7 B‑VG nicht vor:
Der Gesetzgeber habe mit der angefochtenen Bestimmung eine Regelung geschaffen, durch die unvorhersehbare wertverändernde Umstände, die zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt einträten, wie etwa Änderungen der Flächenwidmung, die verkehrsmäßige Erschließung von Liegenschaften, Schadensereignisse oder Preisänderungen, bei der Bewertung der Schenkung außer Betracht blieben. Wertänderungen zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt seien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zum Zeitpunkt der Zuwendung bereits angelegt gewesen seien. Unvorhersehbare Marktentwicklungen sowie andere Ereignisse, wie etwa zufällige Beschädigungen, belasteten oder begünstigten alleine den Geschenknehmer.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes seien Nutzungsrechte Dritter nur insoweit zu berücksichtigen, als diese im Todeszeitpunkt noch bestünden. Seien sie zu oder mit diesem Zeitpunkt erloschen, hätten sie keinen Einfluss auf die Bemessung des Pflichtteiles. Nach Ansicht der Bundesregierung liege es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine Regelung vorzusehen, die vorbehaltene Nutzungsrechte bei der Bewertung der geschenkten Sache außer Acht lasse, wenn diese diesbezüglich im Todeszeitpunkt lastenfrei sei.
Entgegen dem Antragsvorbringen seien die Pflichtteilsberechtigten nach der angefochtenen Bestimmung so zu stellen, als wäre der Wert der geschenkten Sache zum Zeitpunkt der Zuwendung, aufgewertet mit dem Verbraucherpreisindex, noch in der Verlassenschaft. Auf diese Weise könne das Ziel des Gesetzgebers, dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Vermögenswerte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden, erreicht werden.
Auch die vom Antragsteller getroffene Annahme, dass die Kosten der Erhaltung der geschenkten Sache bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen seien, sei verfehlt: In §788 ABGB sei ausdrücklich geregelt, dass die geschenkte Sache auf den Zeitpunkt zu bewerten sei, in dem die Schenkung "wirklich gemacht" worden sei; dabei seien grundsätzlich auch künftige Entwicklungen und vertragliche Übernahmen von Lasten erfasst. Im Übrigen kämen nach §508 ABGB alle Nutzungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen ließen, dem Eigentümer zu. Dieser sei verpflichtet, alle ordentlichen und außerordentlichen auf der Sache haftenden Lasten zu tragen und diese auf seine Kosten in gutem Zustand zu erhalten. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müsse der Eigentümer der dienstbaren Sache bei einem zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnungsrecht die Kosten der Instandhaltung tragen, soweit dies zur Erreichung des Zweckes der Dienstbarkeit erforderlich sei.
Entgegen dem Antragsvorbringen liege auch keine gleichheitswidrige Differenzierung zur Bewertung der Sache bei der Schenkung auf den Todesfall gemäß §780 Abs2 ABGB vor: Im Falle einer Schenkung zu Lebzeiten könne der Geschenknehmer nämlich bereits vor dem Ableben des Geschenkgebers Nutzen aus der Sache ziehen, etwa durch einen Verkauf. Darüber hinaus sei die Übernahme von Lasten dispositiv und könne daher abbedungen werden. Die Bundesregierung könne daher keine unsachliche Ungleichbehandlung zwischen dem Pflichtteilsberechtigten als Geschenknehmer zu Lebzeiten und dem Geschenknehmer auf den Todesfall erkennen.
Dass §788 ABGB auf Wertveränderungen der geschenkten Sache nicht Bedacht nehme, sei konsequent, weil der Geschenkgeber das Vermögensopfer bereits erbracht habe und der Geschenknehmer nunmehr über die Sache verfügen und diese verwerten könne. Nachträgliche Veränderungen seien daher vom Geschenk-nehmer zu tragen, welcher der Schenkung privatautonom zugestimmt habe. So könnten Geschenkgeber und Geschenknehmer etwa auch eine Schenkung erst auf den Todesfall vereinbaren.
Zusammengefasst werde festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nicht verfassungswidrig sei.
2.4. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Der Pflichtteil ist ein bestimmter Anteil am Wert des Vermögens des Verstorbenen, der dem Pflichtteilsberechtigten zukommen soll. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung und Berechnung des Pflichtteiles ist die gesamte Verlassenschaft, die auf den Todestag des Verstorbenen zu schätzen ist (§778 ABGB). Um allfällige Ungleichbehandlungen durch Verfügungen des Verstorbenen zu Lebzeiten hintanzuhalten, ordnet der Gesetzgeber an, dass Schenkungen, die ein Pflichtteilsberechtigter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, unter bestimmten Voraussetzungen der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen sind (§781 Abs1 ABGB).
Gemäß §783 Abs1 ABGB sind Schenkungen an Personen, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören, auf Verlangen eines anderen Pflichtteilsberechtigten oder eines Erben der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person anzurechnen.
Die Bewertung der zu Lebzeiten geschenkten Sache richtet sich nach §788 ABGB: Demnach ist die Sache auf den Zeitpunkt zu bewerten, in dem die Schenkung "wirklich gemacht" wurde. Dies entspricht der sogenannten "Vermögensopfer-theorie" (vgl etwa OGH 24.6.2021, 2 Ob 119/20v; Umlauft, Das Vermögensopfer nach dem ErbRÄG 2015, NZ 2017, 241 ff.; Bittner/Hawel, §788 ABGB, in: Kletečka/Schauer [Hrsg.], ABGB-ON1.05, rdb.at, Stand 1.10.2018, Rz 1 f.; Welser, Erbrechts-Kommentar, rdb.at, Stand 30.6.2018, §788 ABGB Rz 3 ff.). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist bei dieser Bewertung ein vorbehaltenes Nutzungsrecht, etwa ein im Rahmen einer Personalservitut eingeräumtes Wohnrecht, nicht zu berücksichtigen, wenn feststeht, dass die Belastung im für die Beurteilung des Pflichtteiles maßgebenden Zeitpunkt des Erbanfalles wegfallen wird (vgl OGH 23.2.2017, 2 Ob 96/16f betreffend die Rechtslage vor dem Erb-RÄG 2015; 26.5.2020, 2 Ob 64/19d, und 25.2.2021, 2 Ob 124/20d, betreffend die geltende Rechtslage). Der Wert im Zuwendungszeitpunkt ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen.
2.5. Der Verfassungsgerichtshof teilt die vom Antragsteller – (ausschließlich) aus dem Blickwinkel des Geschenknehmers sowie der Bewertung geschenkter Liegenschaften – vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht.
2.5.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (siehe etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (siehe etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Er kann im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen (zB VfSlg 10.455/1985, 11.616/1988, 15.674/1999). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003 und 20.343/2019).
2.5.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass die Bewertung der geschenkten Sache gemäß der angefochtenen Bestimmung zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Schenkung "wirklich gemacht" worden ist, somit im Zeitpunkt des "Vermögensopfers", zu erfolgen hat (vgl dazu OGH 24.6.2021, 2 Ob 119/20v; Umlauft, aaO, 241 ff.; Bittner/Hawel, aaO, Rz 1 f.; Welser, aaO, Rz 3 ff.). Mit der Zuwendung der geschenkten Sache kann der Geschenk-nehmer nämlich als Eigentümer über diese verfügen und sie etwa auch veräußern. Er trägt ab diesem Zeitpunkt – wie jeder andere Eigentümer auch – die Gefahr einer Verschlechterung oder Zerstörung der geschenkten Sache, kann aber gleichermaßen auch einen allfälligen Nutzen aus ihr ziehen.
2.5.3. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in der angefochtenen Bestimmung angeordnet, dass der solcherart ermittelte Wert "sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen" ist. Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Regelung ausweislich der Materialien das Ziel, die zu Lebzeiten des Verstorbenen zugewendeten Vermögenswerte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt heranzuführen (vgl Erläut zur RV 688 BlgNR 25. GP , 35 f.).
2.5.4. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass dem Gesetzgeber bei den Modalitäten dieser Anpassung der Bewertung auf den Todeszeitpunkt ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt. Es steht ihm nämlich insbesondere frei, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen (zB VfSlg 10.455/1985, 11.616/1988, 15.674/1999). Der Gesetzgeber überschreitet den ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum mit der angefochtenen Bestimmung nicht.
Der Antragsteller führt zutreffend aus, dass der auf den Todeszeitpunkt angepasste Wert der geschenkten Sache vielfach nicht ident mit dem Verkehrswert zu diesem Zeitpunkt sein wird. Dies ist jedoch eine Folge der – verfassungsrechtlich unbedenklichen (vgl Punkt 2.5.2.) – Regelung, dass der Geschenknehmer unter Lebenden ab dem Zeitpunkt der Schenkung der Liegenschaft(en) das Risiko von allfälligen Wertänderungen zu tragen hat. Im Übrigen ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er die Werte von Liegenschaften im Zuwendungszeitpunkt mittels einer Indexierung gleichmäßig an den Todeszeitpunkt heranführen möchte. Mit dieser Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, dass es nicht darauf ankommen soll, wann die Schenkung einer Liegenschaft an einen Pflichtteilsberechtigten gemacht worden ist, weil sämtliche Schenkungen nach einem einheitlichen Index auf den Todeszeitpunkt angepasst werden.
Der Verfassungsgerichtshof muss im vorliegenden Verfahren nicht auf die Frage eingehen, ob und unter welchen Voraussetzungen Nutzungsrechte an der geschenkten Liegenschaft bei der Bewertung im Zuwendungszeitpunkt zu berücksichtigen sind. Es liegt nämlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine Bewertungsvorschrift in Bezug auf Liegenschaften zu schaffen, wonach Nutzungsrechte an der geschenkten Sache zu Lasten des Geschenknehmers außer Betracht zu bleiben haben, wenn feststeht, dass die Belastung im Zeitpunkt des Erbanfalles mit Sicherheit wegfallen wird (vgl idS OGH 23.2.2017, 2 Ob 96/16f; 26.5.2020, 2 Ob 64/19d; 25.2.2021, 2 Ob 124/20d).
2.5.5. Darüber hinaus ist die angefochtene Bestimmung – im Lichte der vorgebrachten Bedenken – nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes deshalb nicht zu beanstanden, weil die Schenkung ein zweiseitiges Rechtsgeschäft ist, zu dessen Zustandekommen die privatautonome Zustimmung (auch) des Geschenknehmers erforderlich ist. Dieser ist dementsprechend nicht verpflichtet, einen Schenkungsvertrag unter Lebenden – allenfalls unter gleichzeitiger Vereinbarung einer Personalservitut – einzugehen. Gleichermaßen stünde es dem Geschenknehmer auch frei, mit dem Geschenkgeber eine Schenkung auf den Todesfall zu vereinbaren.
2.5.6. Dass eine Schenkung unter Lebenden – anders als eine Schenkung auf den Todesfall (vgl §780 Abs2 ABGB) – zum Zeitpunkt des "Vermögensopfers" bewertet wird, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich, zumal der Geschenknehmer einer Schenkung (hier: einer Liegenschaft) unter Lebenden bereits vor dem Erbanfall Eigentümer der geschenkten Sache werden und über diese verfügen kann (vgl Punkt 2.5.2. oben). Eine unsachliche Ungleichbehandlung des Geschenknehmers unter Lebenden einerseits und des Geschenknehmers auf den Todesfall andererseits liegt daher schon aus diesem Grund nicht vor.
2.6. Die vom Antragsteller vorgetragenen Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG treffen somit nicht zu. Ob die Bestimmung aus anderen als den im Antrag angeführten Gründen verfassungswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §788 ABGB erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insofern abzuweisen.
Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 20.102/2016, 20.112/2016).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)