VfGH G208/2016

VfGHG208/201624.11.2016

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Mediengesetzes betreffend die Veröffentlichung einer Gegendarstellung wegen unrichtiger Abgrenzung des Anfechtungsumfanges

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MedienG §12 Abs2, §18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MedienG §12 Abs2, §18 Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, in §12 Abs2 Mediengesetz, BGBl 314/1981, idF BGBl I 49/2005, die Wortfolge "spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt" sowie in §18 Abs1 leg.cit, BGBl 314/1981, idF BGBl I 112/2007, die Wortfolge "die Gegendarstellung" als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. §9 Mediengesetz, BGBl 314/1981, idF BGBl 20/1993, §10 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 112/2007, §11 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 49/2005, §12 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 49/2005, §13 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 49/2005, §14 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 112/2007, §17 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl 20/1993, und §18 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 112/2007, §19 leg.cit., BGBl 314/1981, idF BGBl I 20/1993, lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Gegendarstellung

§9. (1) Jede durch eine Tatsachenmitteilung, die in einem periodischen Medium verbreitet worden ist, nicht bloß allgemein betroffene natürliche oder juristische Person (Behörde) hat Anspruch auf unentgeltliche Veröffentlichung einer Gegendarstellung in diesem Medium, es sei denn, daß die Gegendarstellung unwahr oder ihre Veröffentlichung aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

(2) Einer Gegendarstellung zugängliche Tatsachenmitteilungen sind Angaben, die ihrer Art nach einer Prüfung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zugänglich sind und deren wesentliche Aussage nicht bloß in einer persönlichen Meinungsäußerung, einer Wertung oder einer Warnung vor dem zukünftigen Verhalten eines anderen besteht.

(3) In der Gegendarstellung ist in knapper Weise auszuführen, daß und inwieweit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder unvollständig sei und woraus sich dies ergebe. Die Gegendarstellung kann sprachlich frei gestaltet werden. Sie muß entweder die Tatsachen anführen, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig seien oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzen, oder sich sonst unmittelbar auf die Tatsachenmitteilung und deren Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit beziehen. Ihr Umfang darf nicht außer Verhältnis zu dem der Tatsachenmitteilung stehen. Sie muß in der Sprache der Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht, abgefaßt sein.

Nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens

§10. (1) Auf Verlangen einer Person, über die in einem periodischen Medium berichtet worden ist, sie sei einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig oder gegen sie werde bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht ein Strafverfahren geführt, ist, wenn

1. die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat abgesehen und das Ermittlungsverfahren eingestellt hat,

2. die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurückgetreten ist,

3. das Gericht das Hauptverfahren eingestellt hat oder

4. der Angeklagte freigesprochen worden ist,

eine Mitteilung darüber in dem periodischen Medium unentgeltlich zu veröffentlichen.

(2) Die nachträgliche Mitteilung muß sich in ihrem Inhalt auf das zu dem angestrebten Rechtsschutz Erforderliche beschränken und in der Sprache der Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht, abgefaßt sein.

(3) Die Richtigkeit einer nachträglichen Mitteilung ist durch Vorlage einer Ausfertigung der das Verfahren beendigenden Entscheidung oder durch ein besonderes Amtszeugnis nachzuweisen. Auf Antrag des Betroffenen ist in den Fällen des Abs1 Z1 und 2 die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein solches Amtszeugnis auszustellen, sonst das Gericht.

Ausschluß der Veröffentlichungspflicht

§11. (1) Die Pflicht zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung besteht nicht,

1. wenn die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung einen wahrheitsgetreuen Bericht über eine Verhandlung in einer öffentlichen Sitzung des Nationalrates, des Bundesrates, der Bundesversammlung, eines Landtages oder eines Ausschusses eines dieser allgemeinen Vertretungskörper betrifft;

2. wenn die Gegendarstellung eine als solche gehörig gekennzeichnete Anzeige, die dem geschäftlichen Verkehr dient, betrifft;

3. wenn die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung eine Tatsachenmitteilung betrifft, zu deren Veröffentlichung eine gesetzliche Pflicht bestanden hat;

4. wenn die begehrte Gegendarstellung, sei es auch nur in einzelnen Teilen, ihrem Inhalt nach unwahr ist;

5. wenn die Tatsachenmitteilung für den Betroffenen unerheblich ist;

6. wenn die Veröffentlichung, auf die sich die Gegendarstellung bezieht, auch die Behauptung des Betroffenen wiedergibt und diese Wiedergabe einer Gegendarstellung gleichwertig ist;

7. wenn dem Betroffenen zu einer Stellungnahme in derselben oder einer anderen gleichwertigen Veröffentlichung angemessen Gelegenheit geboten worden ist, er davon aber keinen Gebrauch gemacht hat;

8. wenn vor Einlangen der Gegendarstellung bereits eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung veröffentlicht worden ist;

9. wenn, auf wessen Verlangen immer, bereits die gleichwertige Veröffentlichung einer im wesentlichen inhaltsgleichen gesetzesgemäßen Gegendarstellung erwirkt worden ist, mag die Veröffentlichung auch verspätet geschehen sein; oder

10. wenn die Gegendarstellung nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Tages, an dem die Tatsachenmitteilung veröffentlicht oder abrufbar gemacht worden ist, die nachträgliche Mitteilung nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Tages, an dem der Betroffene von der Zurücklegung der Anzeige oder der Beendigung des Verfahrens Kenntnis erhalten hat, beim Medieninhaber oder in der Redaktion des Medienunternehmens eingelangt ist. Enthält ein periodisches Medium Angaben über den Tag des Erscheinens, so ist das Begehren jedenfalls rechtzeitig gestellt, wenn es binnen zwei Monaten nach Ablauf des auf der Nummer angegebenen Tages einlangt.

(2) Die Veröffentlichung der Gegendarstellung ist zu verweigern, wenn ihre Verbreitung den objektiven Tatbestand einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung herstellen oder eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches darstellen würde.

Veröffentlichungsbegehren

§12. (1) Das Veröffentlichungsbegehren ist schriftlich an den Medieninhaber oder an die Redaktion des Medienunternehmens zu richten. Wird zur Gegendarstellung die Veröffentlichung eines Stand- oder Laufbildes begehrt, so kann dem Begehren ein hiefür geeignetes Bild beigelegt werden.

(2) Dem Veröffentlichungsbegehren kann auch dadurch entsprochen werden, daß in dem Medium spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung veröffentlicht wird. Der Medieninhaber oder die Redaktion hat den Betroffenen davon schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zeitpunkt und Form der Veröffentlichung

§13. (1) Die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung ist,

1. wenn das periodische Medium täglich oder mindestens fünfmal in der Woche erscheint, ausgestrahlt oder verbreitet wird oder ständig abrufbar ist (Website), spätestens am fünften Werktag,

2. wenn das periodische Medium monatlich oder in längeren Zeitabschnitten erscheint, ausgestrahlt oder verbreitet wird und die Gegendarstellung mindestens vierzehn Tage vor dem Erscheinen, der Ausstrahlung oder der Verbreitung einlangt, in der ersten Nummer oder Programmausstrahlung,

3. in allen anderen Fällen spätestens in der zweiten Nummer oder Programmausstrahlung

nach dem Tag des Einlangens zu veröffentlichen. Die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung ist zu einem späteren Zeitpunkt zu veröffentlichen, wenn nur auf diese Weise dem ausdrücklichen Verlangen des Betroffenen nach Veröffentlichung in der gleichen Beilage, Artikelserie oder Sendereihe entsprochen werden kann.

(2) Die Veröffentlichung ist als 'Gegendarstellung' oder 'Nachträgliche Mitteilung' zu bezeichnen. Sie hat den Namen des Betroffenen und einen Hinweis darauf zu enthalten, auf welche Nummer oder Sendung sie sich bezieht.

(3) Die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung ist so zu veröffentlichen, daß ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht. Erscheint das periodische Medium in mehreren Ausgaben oder wird es in mehreren Programmen ausgestrahlt, so hat die Veröffentlichung in den Ausgaben oder in den Programmen zu geschehen, in denen die Tatsachenmitteilung, auf die sie sich bezieht, verbreitet worden ist.

(3a) Bei Veröffentlichung auf einer Website ist die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung einen Monat lang abrufbar zu machen. Ist die Tatsachenmitteilung jedoch weiterhin abrufbar, so ist die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung ebenso lange wie die Tatsachenmitteilung und bis zu einem Zeitpunkt abrufbar zu halten, der einen Monat nach der Löschung der Tatsachenmitteilung liegt.

(4) Bei Veröffentlichung in einem periodischen Druckwerk oder auf einer Website ist ein gleicher Veröffentlichungswert jedenfalls dann gegeben, wenn die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung im selben Teil und in der gleichen Schrift wie die Tatsachenmitteilung wiedergegeben wird. Bei einer Tatsachenmitteilung auf der Titelseite eines periodischen Druckwerks oder auf der Startseite einer Website genügt auf der Titelseite oder Startseite eine Verweisung auf die Gegendarstellung im Blattinneren oder ein Link zur Gegendarstellung. Die Verweisung muss den Gegenstand der Gegendarstellung und den Umstand, dass es sich um eine solche handelt, deutlich erkennen lassen sowie, wenn der Name des Betroffenen in der Tatsachenmitteilung enthalten war, auch diesen enthalten. Soweit die Tatsachenmitteilung in einer Überschrift enthalten war, ist ein gleicher Veröffentlichungswert auch dann gegeben, wenn die Überschrift der Gegendarstellung oder die Verweisung den gleichen Raum wie die von ihr betroffene Überschrift einnimmt. Bei der Veröffentlichung von Gegendarstellungen zu Tatsachenmitteilungen in Überschriften, auf Titelseiten periodischer Druckwerke oder auf Startseiten von Websites kann statt des Wortes 'Gegendarstellung' das Wort 'Entgegnung' oder unter Nennung des Betroffenen der Ausdruck '... entgegnet' verwendet werden.

(5) Die Veröffentlichung im Rundfunk oder in anderen in technischer Hinsicht gleichen Medien hat durch Verlesung des Textes durch einen Sprecher zu geschehen. Ist eine Tatsachenmitteilung in einem Programm wiederholt verbreitet worden, so genügt die einmalige Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung zu jenem der in Betracht kommenden Zeitpunkte, zu dem sie den größten Veröffentlichungswert hat.

(6) Eine Gegendarstellung ist in Form eines Stand- oder Laufbildes zu veröffentlichen, wenn die Tatsachenmitteilung gleichfalls in Form einer bildlichen Darstellung verbreitet worden ist und der mit der Gegendarstellung angestrebte Rechtsschutz nur mit dieser Veröffentlichungsform erreicht werden kann.

(7) Die Veröffentlichung hat ohne Einschränkungen und Weglassungen zu geschehen. Ein Zusatz hat sich von ihr deutlich abzuheben.

(8) Der Medieninhaber oder die Redaktion hat den Betroffenen von der Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung unter Hinweis auf die Nummer oder Sendung, in der sie erfolgt, oder von der Verweigerung der Veröffentlichung unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Gerichtliches Verfahren

§14. (1) Wird die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung nicht oder nicht gehörig veröffentlicht, so kann der Betroffene binnen sechs Wochen bei Gericht einen Antrag gegen den Medieninhaber als Antragsgegner auf Anordnung der Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung stellen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Betroffenen die schriftliche Verweigerung der Veröffentlichung zugekommen oder die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung nicht gehörig veröffentlicht worden ist oder spätestens hätte veröffentlicht werden sollen.

(2) Ein Antrag nach Abs1 ist bei dem in den §§40, 41 Abs2 bezeichneten Gericht zu stellen. Die Verhandlung und die Entscheidung in erster Instanz obliegen dem Einzelrichter.

(3) In dem Verfahren über einen Antrag nach Abs1 hat der Antragsteller die Rechte des Privatanklägers, der Antragsgegner die Rechte des Angeklagten. §455 Abs2 und 3 StPO ist anzuwenden. Auch im übrigen gelten für das Verfahren über einen Antrag nach Abs1, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975 für das Verfahren auf Grund einer Privatanklage dem Sinne nach mit der Maßgabe, daß eine Delegierung nur im fortgesetzten Verfahren (§16) zulässig ist.

(4) Das Gericht hat den Antrag unverzüglich dem Antragsgegner mit der Aufforderung zuzustellen, binnen fünf Werktagen Einwendungen und Beweismittel dem Gericht schriftlich bekanntzugeben, widrigenfalls dem Antrag Folge gegeben werde. Allfällige Einwendungen sind dem Antragsteller zu einer Gegenäußerung und zur Bekanntgabe von Beweismitteln, wofür ihm eine Frist von fünf Werktagen zu setzen ist, zuzustellen.

[…]

Gerichtliche Anordnung der Veröffentlichung

§17. (1) Auf Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung ist zu erkennen, wenn sie zu Unrecht nicht oder nicht gehörig veröffentlicht worden ist. Entsprechen einzelne Teile der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, so hat das Gericht zu entscheiden, welche Teile der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung zu veröffentlichen sind. Entsprechen Teile der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, sind sie aber durch Änderung ihres Wortlauts ohne Änderung des Sinngehaltes verbesserungsfähig, so hat das Gericht den Antragsteller in der Verhandlung anzuleiten, die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung zu verbessern, und sodann auf Veröffentlichung in dieser verbesserten Form zu erkennen. Soweit nicht auf Veröffentlichung erkannt wird, ist der Antrag auf Veröffentlichung abzuweisen.

(2) Ist auf Veröffentlichung in verbesserter Form erkannt worden und können Zweifel über den Wortlaut der Veröffentlichung bestehen, so hat das Gericht bei der Urteilsverkündung dem Antragsgegner auf Verlangen den Wortlaut schriftlich zur Verfügung zu stellen.

(3) Die vom Gericht angeordnete Veröffentlichung hat in sinngemäßer Anwendung des §13 zu geschehen.

(4) Wurde auf Grund eines Urteils erster Instanz eine Gegendarstellung oder eine nachträgliche Mitteilung veröffentlicht und wird einer gegen das Urteil erhobenen Berufung ganz oder teilweise Folge gegeben, so ist der Antragsgegner auf sein Verlangen zu ermächtigen, binnen einer angemessenen Frist jene Teile des Berufungsurteils in einer dem §13 entsprechenden Form zu veröffentlichen, deren Mitteilung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit erforderlich ist. Die zur Veröffentlichung bestimmten Teile des Urteils sind im Urteilsspruch anzuführen. Hiebei kann das Gericht, soweit dies zur leichteren Verständlichkeit des Urteilsinhalts oder zur Beschränkung des Umfangs der Veröffentlichung geboten erscheint, den Wortlaut von Teilen des Urteils durch eine gedrängte Darstellung ersetzen.

(5) Ferner hat das Berufungsgericht den Antragsteller zur Zahlung eines Einschaltungsentgelts für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung und für die Veröffentlichung des Berufungsurteils zu verurteilen. Über die Höhe dieser Kosten ist auf Antrag mit Beschluß zu entscheiden, wobei eine Leistungsfrist von vierzehn Tagen festzusetzen ist. In Härtefällen kann das Gericht das Einschaltungsentgelt nach billigem Ermessen mäßigen und eine längere, ein Jahr nicht übersteigende Leistungsfrist festsetzen. Der Beschluß ist ein Exekutionstitel im Sinn des §1 EO.

Geldbuße

§18. (1) Auf Verlangen des Antragstellers ist dem Antragsgegner die Zahlung einer Geldbuße an den Antragsteller aufzuerlegen, wenn die Gegendarstellung zu Unrecht nicht oder nicht gehörig oder verspätet veröffentlicht worden ist, es sei denn, daß weder den Medieninhaber noch den mit der Veröffentlichung Beauftragten ein Verschulden trifft. Diesen Umstand hat der Antragsgegner zu beweisen.

(2) Über die Geldbuße ist in der Entscheidung über den Antrag auf Veröffentlichung der Gegendarstellung zu erkennen. Ist aber nach §15 Abs4 zweiter Satz eingewendet worden, die Gegendarstellung sei ihrem Inhalt nach unwahr, so ist die Entscheidung über die begehrte Geldbuße dem Urteil in dem allenfalls fortgesetzten Verfahren vorzubehalten, sofern das Verlangen nicht aus anderen Gründen abzuweisen ist. Über die Geldbuße wegen verspäteter Veröffentlichung hat das Gericht in sinngemäßer Anwendung des §14 Abs4 durch Beschluß zu entscheiden. Wird über die Geldbuße durch Beschluß entschieden, so steht die Beschwerde an das übergeordnete Gericht zu.

(3) Die Höhe der Geldbuße ist nach Maßgabe des Grades des Verschuldens, des Umfangs und der Auswirkungen der Verbreitung der Tatsachenmitteilung sowie des Ausmaßes der Verzögerung zu bestimmen; auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medieninhabers ist Bedacht zu nehmen. Die Geldbuße darf bei verspäteter Veröffentlichung und wenn über die Geldbuße im Verfahren nach §15 Abs1 entschieden wird, 1 000 Euro, sonst 5 000 Euro nicht übersteigen.

(4) Für die Zahlung der Geldbuße ist eine Leistungsfrist von vierzehn Tagen zu bestimmen. Die Zuerkennung ist ein Exekutionstitel im Sinn des §1 EO.

Verfahrenskosten

§19. (1) Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner aufzuerlegen, wenn der Antragsteller mit seinem Antrag auf Veröffentlichung zur Gänze obsiegt.

(2) Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen, von wem und in welchem Verhältnis die Kosten des Verfahrens zu ersetzen sind, wenn

1. auf Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung nach Verbesserungen erkannt wird;

2. auf Veröffentlichung nur eines Teiles der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung erkannt wird; oder

3. der Veröffentlichungsantrag deshalb abgewiesen wird, weil die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung oder eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung (§12 Abs2) zwar gehörig veröffentlicht worden ist, der Antragsteller jedoch vor der Antragstellung von der Veröffentlichung nicht verständigt worden ist.

(3) In allen anderen Fällen sind die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen.

(4) Die vorstehenden Bestimmungen sind dem Sinne nach in dem Verfahren zur nachträglichen Festsetzung einer Geldbuße anzuwenden.

(5) Vor Schluß der Verhandlung haben die Parteien nach Aufforderung des Richters Kostenverzeichnisse vorzulegen. Hiebei kann die Höhe der Kostenersatzansprüche erörtert werden.

(6) Im Urteil ist auszusprechen, welche Partei in welchem Ausmaß einer anderen Kostenersatz zu leisten hat. Das verkündete Urteil kann die ziffernmäßige Festsetzung der Kostenbeträge der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten. Der §54 der Zivilprozeßordnung gilt sinngemäß.

(7) Die Abs5 und 6 sind im Berufungsverfahren sinngemäß anzuwenden."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die antragstellende Gesellschaft im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wurde von der beteiligten Partei am 4. April 2016 gemäß §12 Abs1 MedienG aufgefordert, eine Gegendarstellung mit näher bestimmtem Inhalt zu veröffentlichen. Die antragstellende Gesellschaft veröffentlichte daraufhin am 11. April 2016 (zwei Tage nach Ablauf der Frist) eine redaktionelle Richtigstellung gemäß §12 Abs2 MedienG.

Am 14. April 2016 stellte die beteiligte Partei vor dem Verfassungsgerichtshof beim Landesgericht für Strafsachen Wien den Antrag, die antragstellende Gesellschaft zur Veröffentlichung der außergerichtlich begehrten Gegendarstellung, zur Zahlung einer Geldbuße und zum Ersatz der Prozesskosten zu verpflichten.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien gab diesem Antrag mit Urteil vom 12. Mai 2016 statt. Begründend führte es dazu im Wesentlichen aus, dass der Betroffene seinen Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung nur dann verliere, wenn die redaktionelle Richtigstellung innerhalb der Frist des §13 MedienG veröffentlicht werde. Dies habe die antragstellende Gesellschaft verabsäumt.

Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Gesellschaft mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 Berufung und stellte am 15. Juni 2016 den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag.

2. Die antragstellende Gesellschaft legt die Bedenken, die sie zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"4. Zur Verfassungswidrigkeit der §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG

4.1. Grundsätzliches zum Gegendarstellungsanspruch

4.1.1. Art10 MRK

Nur die englischen und französischen Fassungen der MRK sind authentisch, und zwar 'in gleicher Weise' (Schlussklausel der MRK; Art33 WVK; OGH 15 Os 81/11t).

Die Übersetzung von Art10 MRK ins Deutsche in BGBl 1958/210 ist in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Insbesondere ist entgegen [der] Überschrift und Abs1 (erster Satz) nicht nur die 'Freiheit der Meinungsäußerung' geschützt, sondern die 'Freiheit der Äußerung', also auch die Übermittlung von Tatsachenaussagen (zB VfSlg 10.393).

4.1.2. Recht auf Gegendarstellung im Lichte von Art10 MRK

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Recht auf Gegendarstellung ('right of reply') Teil des Grundrechts auf Äußerungsfreiheit (Art10 MRK), weshalb den Staat unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht treffen kann, ein solches durchsetzbares Recht des Betroffenen positiv zu gewährleisten (vgl EGMR 5. 7. 2005, Melnychuk gegen Ukraine, Nr 28743/03, mwN; vgl auch EKMR 12. 7. 1989, Ediciones Tiempo S.A. gegen Spanien, 13010/87, DR 62, 247).

Wie jede Anordnung einer Veröffentlichung greift aber auch die Anordnung der Veröffentlichung einer Gegendarstellung in das Grundrecht auf Äußerungsfreiheit des Medieninhabers ein (EKMR 12. 7. 1989, Ediciones Tiempo S.A. gegen Spanien, Nr 13010/87, DR 62, 247; OGH 12 Os 36/07x; 15 Os 101/11h), nämlich in dessen Entscheidungsfreiheit, welche Informationen auf welche Weise veröffentlicht werden (Gestaltungsfreiheit; OGH 15 Os 101/11h).

4.1.3. Recht auf Gegendarstellung im österreichischen Recht

4.1.3.1. Allgemeines

Das Recht auf Gegendarstellung ist im österreichischen Recht in §§9-21 MedienG umgesetzt:

Jede durch eine Tatsachenmitteilung, die in einem periodischen Medium verbreitet worden ist, nicht bloß allgemein betroffene natürliche oder juristische Person (Behörde) hat Anspruch auf unentgeltliche Veröffentlichung einer Gegendarstellung in diesem Medium, es sei denn, dass die Gegendarstellung unwahr oder ihre Veröffentlichung aus anderen Gründen ausgeschlossen ist (§9 Abs1 MedienG). Einer Gegendarstellung zugängliche Tatsachenmitteilungen sind Angaben, die ihrer Art nach einer Prüfung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zugänglich sind und deren wesentliche Aussage nicht bloß in einer persönlichen Meinungsäußerung, einer Wertung oder einer Warnung vor dem zukünftigen Verhalten eines anderen besteht (§9 Abs2 MedienG).

Der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung ist zivilrechtlicher Natur (OGH 13 Os 104/94). Es handelt sich um einen Beseitigungsanspruch (Korn, 10 Jahre Mediengesetz: Patentlösung oder Mißgeburt? [1991] 11; vgl auch Koziol/Warzilek, Der Schutz der Persönlichkeitsrechte gegenüber Massenmedien in Österreich,in Koziol/Warzilek [Hrsg], Persönlichkeitsschutz gegenüber Massenmedien[2005] 3 [351 Rz 180] ['eine ArtNaturalherstellung']; Koziol, Sachgerechte Haftungder Massenmedien bei Schädigungen durch unzutreffende Informationen, in Koziol/Seethaler/Thiede [Hrsg], Medienpolitik und Recht [2011] 119 [125 Rz 10] ['wohl . . . als Beseitigungsanspruch anzusehen']).

4.1.3.2. Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs

Der Betroffene ist nicht berechtigt, sofort nach Erscheinen der Tatsachenmitteilung (§9 Abs1 MedienG) das Gericht anzurufen; er muss vielmehr zuerst den Medieninhaber oder die Redaktion des Medienunternehmens außergerichtlich auffordern, die Gegendarstellung zu veröffentlichen (§12 Abs1 MedienG). Das Veröffentlichungsbegehren muss den konkreten Text der begehrten Gegendarstellung enthalten; die Formulierung darf daher nicht dem Medieninhaber überlassen werden (§13 Abs7 MedienG). Das Veröffentlichungsbegehren muss zudem fristgerecht gestellt werden (§11 Abs1 Z10 MedienG)[.]

In der Gegendarstellung ist in knapper Weise auszuführen, dass und inwieweit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder unvollständig sei und woraus sich dies ergebe. Die Gegendarstellung kann sprachlich frei gestaltet werden. Sie muss entweder die Tatsachen anführen, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig seien oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzen, oder sich sonst unmittelbar auf die Tatsachenmitteilung und deren Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit beziehen. Ihr Umfang darf nicht außer Verhältnis zu dem der Tatsachenmitteilung stehen. Sie muss in der Sprache der Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht, abgefasst sein (§9 Abs3 MedienG).

4.1.3.3. Veröffentlichung der Gegendarstellung oder einer redaktionellen Richtigstellung

Ist der Medieninhaber mit einem Aufforderungsschreiben (§12 Abs1 MedienG) konfrontiert, hat er ‑ sofern nicht Ausschlussgründe vorliegen, die ihn berechtigen, die Veröffentlichung zu verweigern (vgl insb §11 MedienG) ‑ zwei Möglichkeiten: Er kann entweder den Text der begehrten Gegendarstellung veröffentlichen, wofür Frist- und Formgebote existieren (§13 MedienG), oder er kann statt dem vom Betroffenen geforderten Text der Gegendarstellung eine von ihm selbst – also nicht vom Betroffenen – formulierte redaktionelle Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung veröffentlichen (§12 Abs2 MedienG; in der Folge nur kurz: redaktionelle Richtigstellung), wofür dieselben Frist- und Formgebote wie bei der Gegendarstellung gelten (§12 Abs2 MedienG).

Die redaktionelle Richtigstellung hat für den Medieninhaber den Vorteil, dass sie nicht an den – auf Grund der Formalismen des Gegendarstellungsrechts (§9 Abs3 MedienG) oft sehr hölzern wirkenden – Text der Gegendarstellung gebunden ist; sie muss aber den Sinngehalt der Gegendarstellung vollständig erfassen und auch gleich auffällig sein (siehe §12 Abs2 MedienG: 'gleichwertig'). Für den Betroffenen wiederum hat diese Art der Veröffentlichung den Vorteil, dass es sich dabei nicht um die bloße Wiedergabe seines Standpunktes handelt, sondern um einen eigenständigen redaktionellen Inhalt des Mediums, dem somit erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt.

4.1.3.4. Rechtsfolgen der Nichtveröffentlichung oder der nicht gehörigen Veröffentlichung der Gegendarstellung oder einer redaktionellen Richtigstellung

Erfolgt

‑ keine Veröffentlichung der Gegendarstellung oder einer redaktionellen Richtigstellung oder

‑ erfolgt zwar eine Veröffentlichung der Gegendarstellung oder einer redaktionellen Richtigstellung, die aber nicht formgerecht ist,

kann der Betroffene seinen Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung gerichtlich durchsetzen (siehe §14 Abs1 MedienG). (Er hat jedoch keinen Anspruch auf Veröffentlichung einer redaktionellen Richtigstellung.) Zudem hat der Betroffene dann einen Anspruch auf Verhängung einer Geldbuße gegen den Medieninhaber (§18 Abs1 MedienG).

4.1.3.5. Rechtsfolgen der nicht fristgerechten Veröffentlichung der Gegendarstellung oder einer redaktionellen Richtigstellung

Fraglich ist jedoch, was zu geschehen hat, wenn die Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der redaktionellen Richtigstellung zwar formgerecht erfolgt, aber nicht fristgerecht: Erfolgt die Veröffentlichung der Gegendarstellung zwar formgerecht, nicht aber fristgerecht, ist der Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen erloschen. Er hat dann aber wegen der Verspätung der Veröffentlichung einen Anspruch auf Verhängung einer Geldbuße gegen den Medieninhaber (§18 Abs1 MedienG).

Für den Fall, dass die Veröffentlichung der redaktionellen Richtigstellung zwar formgerecht erfolgt, nicht aber fristgerecht, enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Rechtsprechung (OLG Wien 18 Bs 320/14m) und Lehre (Rami, WK² MedienG [2011] §12 Rz 11b) leiten aber aus §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG ab, dass eine nicht fristgerecht veröffentlichte redaktionelle Richtigstellung den Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen nicht zum Erlöschen bringe. Dies wird wie folgt argumentiert:

§12 Abs2 MedienG bestimme, dass die redaktionelle Richtigstellung spätestens zu dem im §13 Abs1 MedienG bezeichneten Zeitpunkt erfolgen müsse. Bereits daraus erfolge, dass eine nicht fristgerecht veröffentlichte redaktionelle Richtigstellung – im Gegensatz zur nicht fristgerecht veröffentlichten Gegendarstellung – den Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen nicht zum Erlöschen bringe.

§18 Abs1 MedienG bestimme, dass dem Antragsgegner die Zahlung einer Geldbuße aufzuerlegen ist, wenn die Gegendarstellung zu Unrecht nicht oder nicht gehörig oder verspätet veröffentlicht worden ist. Daraus sei im Umkehr schluss abzuleiten, dass eine nicht fristgerecht veröffentlichte redaktionelle Richtigstellung den Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen nicht zum Erlöschen bringe.

Diese Rechtsansicht hat zur Konsequenz, dass ein Medieninhaber, der bereits zuvor eine formgerechte redaktionelle Richtigstellung veröffentlicht hat, auf Antrag des Betroffenen nur deshalb zur Veröffentlichung dessen Gegendarstellung, also zur nochmaligen Veröffentlichung desselben Inhaltes, verpflichtet wird, weil die Veröffentlichung der redaktionellen Richtigstellung verspätet erfolgt war, und zwar auch dann, wenn die Verspätung nur ganz geringfügig war.

4.1.3.6. Darlegung der Bedenken

4.1.3.6.1. Art10 MRK

Diese Rechtslage verstößt gegen Art10 MRK:

Wie bereits oben (4.1.2.) ausgeführt, greift der Anspruch des Betroffenen in die Gestaltungsfreiheit des Medieninhabers und damit in dessen Recht auf freie Äußerung gemäß Art10 MRK ein. Zwar ist auch der Anspruch des Betroffenen auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung unter gewissen Umständen durch Art10 MRK geschützt; es gibt aber keinen Grund, einen Medieninhaber, der ohnehin den vom Betroffenen geforderten Inhalt in gleichwertiger Form veröffentlicht hat, zur nochmaligen Veröffentlichung dieses Inhaltes aus dem einzigen Grund zu verpflichten, weil die erste Veröffentlichung verspätet erfolgt war.

Dass Doppelveröffentlichungen im Lichte des Art10 MRK problematisch sind, hat auch der Gesetzgeber erkannt, der in den Materialien zur MedienG-Novelle 1992 (BGBl 1993/20) festgehalten hat, dass Doppelveröffentlichungen grundsätzlich nicht stattfinden sollen (JA 851 BlgNR 18. GP 6).

4.1.3.6.2. Art2 StGG, 7 Abs1 B‑VG

Diese Rechtslage verstößt zudem gegen Art2 StGG, 7 Abs1 B‑VG:

Wie bereits oben (4.1.3.1.) ausgeführt, handelt es sich beim Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung um einen zivilrechtlichen Anspruch auf Beseitigung (Naturalherstellung). Es ist aber sachlich nicht gerechtfertigt, dem Betroffenen einen Anspruch, der vom Medieninhaber ohnehin bereits erfüllt wurde, noch einmal zu gewähren. Eine solche Verdoppelung eines Anspruchs ist dem gesamten Zivilrecht fremd; im Gegenteil entspricht es gerade zu den zivilrechtlichen Veröffentlichungsansprüchen gesicherter, jahrzehntelanger Rechtsprechung, dass kein Anspruch auf Doppelveröffentlichung besteht, auch wenn zufälligerweise auf den in Rede stehenden Sachverhalt mehrere Veröffentlichungsvorschriften (zB §1330 Abs2 ABGB oder §85 UrhG) angewandt werden können (zB OGH 4 Ob 35/92; 4 Ob 120/03f; 6 Ob 258/03i; 6 Ob 41/04d).

Dazu kommt, dass der Gesetzgeber die redaktionelle Richtigstellung als Surrogat der Gegendarstellung geschaffen hat. Es ist nun aber sachlich nicht gerechtfertigt, die Rechtslage so auszugestalten, dass zwar die verspätete Veröffentlichung der Gegendarstellung den Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen zum Erlöschen bringt (4.1.3.5.), nicht aber die verspätete Veröffentlichung der redaktionellen Richtigstellung.

4.1.3.7. Zum gegenständlichen Fall

Die verfassungswidrigen Konsequenzen, die sich aus §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG ergeben, haben sich im vorliegenden Fall in geradezu lehrbuchartiger Weise materialisiert: Die redaktionelle Richtigstellung in der Ausgabe der 'Kronen Zeitung' vom 11.04.2016 war formgerecht, erfasste also den gesamten Sinngehalt der begehrten Gegendarstellung, und war auch optisch gleich auffällig. Sie erfolgt jedoch um zwei Tage verspätet, was das Landesgericht für Strafsachen Wien in seinem Urteil zum Anlass nahm, der Antragstellerin die nochmalige Veröffentlichung desselben Inhaltes ‑ nun in der Form der vom Betroffenen begehrten Gegendarstellung ‑ aufzutragen.

4.1.3.8. Zum Sitz der Verfassungswidrigkeit und zum Aufhebungsumfang

Die Antragstellerin geht davon aus, dass der Sitz der Verfassungswidrigkeit in §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG zu finden ist. Würde man nämlich aus §12 Abs2 MedienG die Wortfolge 'spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt' und aus §18 Abs1 MedienG die Wortfolge 'die Gegendarstellung' streichen, wäre die Rechtslage verfassungskonform:

[…]

Nach Ansicht der Antragstellerin ist daher die mit vorliegendem Parteiantrag geltend gemachte Verfassungswidrigkeit in den oben bezeichneten Teilen der §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG gelegen, weshalb diese Teile aufzuheben sein werden. Eine (positive) gesetzgeberische Tätigkeit wäre damit nicht verbunden, denn es wird genau jener Aspekt beseitigt, der die Verfassungswidrigkeit konstituiert.

Zwar erwähnt auch §18 Abs2 MedienG nur die Gegendarstellung, nicht aber auch die redaktionelle Richtigstellung; das ist aber sachgerecht, weil der Betroffene ohnehin nur Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung hat, nicht aber auch auf Veröffentlichung einer redaktionellen Richtigstellung (siehe oben 4.1.3.4.). Es bedarf daher nicht zusätzlich auch noch einer Aufhebung von (Teilen des) §18 Abs2 MedienG.

4.1.3.9. Nachbemerkung

Es soll nicht verschwiegen werden, dass die von Lehre und Rechtsprechung aus §§12 Abs2, 18 Abs1 MedienG gezogenen Schlüsse (siehe oben 4.1.3.5.), die zum hier exponierten verfassungswidrigen Ergebnis führen (siehe oben 4.1.3.6.), nicht zwingend sind:

‑ Die Wortfolge 'spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt' in §12 Abs2 MedienG wiederholt lediglich für die redaktionelle Richtigstellung das, was in §13 Abs1 MedienG für die Gegendarstellung normiert ist. Da aber auch eine verspätete Veröffentlichung der Gegendarstellung den Veröffentlichungsanspruch des Betroffenen zum Erlöschen bringt, könnte man argumentieren, dass dies ebenso auch für die redaktionelle Richtigstellung gilt und dass dem die besagte Wortfolge in §12 Abs2 MedienG nicht entgegensteht.

‑ Aus der Wortfolge 'die Gegendarstellung' in §18 Abs1 MedienG muss auch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Geldbuße lediglich bei verspäteter Veröffentlichung der Gegendarstellung zustehe, nicht aber bei verspäteter Veröffentlichung der redaktionellen Mitteilung, weil die redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung kraft Gesetzes (§12 Abs2 MedienG) ein Surrogat für die Gegendarstellung ist. Wenn daher §18 Abs1 MedienG nur von der Gegendarstellung spricht, so ist das durchaus sachgerecht, weil die redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung schon auf Grund der Vorschrift des §12 Abs2 MedienG ohnehin immer mitzuberücksichtigen ist."

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zur Rechtslage und zum Vorliegen der Prozessvoraussetzungen im Wesentlichen Folgendes ausführt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I.

Zur Rechtslage:

[…]

3.1. Gemäß §9 Abs1 MedienG hat jede durch eine Tatsachenmitteilung, die in einem periodischen Medium (s. dazu §1 Abs1 Z2 MedienG) verbreitet worden ist, nicht bloß allgemein betroffene natürliche oder juristische Person (Behörde) Anspruch auf unentgeltliche Veröffentlichung einer Gegendarstellung in diesem Medium, es sei denn, dass die Gegendarstellung unwahr oder ihre Veröffentlichung aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. §9 Abs2 MedienG regelt, was einer Gegendarstellung zugängliche Tatsachenmitteilungen sind, §9 Abs3 MedienG den notwendigen Inhalt einer Gegendarstellung. Danach ist in der Gegendarstellung insbesondere in knapper Weise auszuführen, dass und inwieweit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder unvollständig sei und woraus sich dies ergebe.

3.2. Der Anspruch auf Gegendarstellung stellt einen zivilrechtlichen Anspruch iSv Art6 Abs1 EMRK dar (OGH 14.9.1994, 13 Os 104, 105/94, EvBl 1995/17, 69 = MR 1995, 12 [Schmidt und Weis]; 19.10.2011, 15 Os 101/11h; 22.1.2009, 13 Os 141/07w; Rami in Höpfel/Ratz WK2 MedienG §9 Rz 3; Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz in Straf- und Medienrecht4, 68).

3.3. Der Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung ist gemäß §12 Abs1 MedienG schriftlich an den Medieninhaber oder an die Redaktion des Medienunternehmens zu richten (Veröffentlichungsbegehren). Dieser hat die Gegendarstellung sodann gemäß §13 Abs1 Z1 MedienG, wenn das periodische Medium täglich oder mindestens fünfmal in der Woche erscheint, ausgestrahlt oder verbreitet wird, spätestens am fünften Werktag nach dem Tag des Einlangens (der Gegendarstellung) zu veröffentlichen. Gemäß §13 Abs3 MedienG ist die Gegendarstellung so zu veröffentlichen, dass ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht.

3.4. Nach der angefochtenen Bestimmung des §12 Abs2 MedienG kann der Medieninhaber bzw. die Redaktion eines Medienunternehmens dem Begehren auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung auch dadurch entsprechen, dass in dem Medium spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung veröffentlicht wird. Der Medieninhaber oder die Redaktion hat den Betroffenen davon schriftlich in Kenntnis zu setzen. Die Veröffentlichung einer redaktionellen Richtigstellung gemäß den Vorgaben des §12 Abs2 MedienG führt somit dazu, dass der Betroffene insoweit 'klaglos' gestellt wird (Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 201).

3.5. Wird die Gegendarstellung nicht oder nicht gehörig veröffentlicht, so kann der Betroffene gemäß §14 Abs1 MedienG binnen sechs Wochen bei Gericht einen Antrag gegen den Medieninhaber als Antragsgegner auf Anordnung der Veröffentlichung der Gegendarstellung stellen. Das Gericht hat gemäß §17 Abs1 MedienG auf Veröffentlichung der Gegendarstellung zu erkennen, wenn sie zu Unrecht nicht oder nicht gehörig veröffentlicht worden ist. Zudem kann dem Antragsgegner auf Verlangen des Antragstellers gemäß §18 Abs1 MedienG die Zahlung einer Geldbuße auferlegt werden, wenn die Gegendarstellung zu Unrecht nicht oder nicht gehörig oder verspätet veröffentlicht worden ist, es sei denn, dass weder den Medieninhaber noch den mit der Veröffentlichung Beauftragten ein Verschulden trifft.

3.6. Der Anspruch auf Gegendarstellung bleibt somit bestehen, wenn und solange weder eine Gegendarstellung noch eine redaktionelle Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung veröffentlicht wird bzw. wenn und solange diese nicht 'gehörig' erfolgt. Erfolgt eine Gegendarstellung dagegen lediglich verspätet, erlischt der Anspruch auf Gegendarstellung (vgl. §§14 Abs1 und 17 Abs1 MedienG, wonach eine gerichtliche Geltendmachung nur bei 'nicht oder nicht gehörig(er)' Veröffentlichung der Gegendarstellung vorgesehen ist; vgl. auch Rami in WK² MedienG §14 Rz 3; Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG³ §14 Rz 8; Rami, Zum Rechtsschutz bei Änderungen des Sinngehalts der Gegendarstellung, MR 2002, 279 FN 3).

Welche Rechtsfolgen die verspätete Veröffentlichung einer redaktionellen Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung nach sich zieht, ob dadurch – wie bei der verspäteten Veröffentlichung der Gegendarstellung – der Anspruch des Betroffenen auf Veröffentlichung der Gegendarstellung erlischt, wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Auch der Oberste Gerichtshof hat sich dazu bislang – soweit ersichtlich – nicht geäußert.

3.7. Die Gegendarstellung nach §9 MedienG ist das wichtigste Mittel des von einer abträglichen Medienbehauptung Betroffenen, um sich gegen derartige Behauptungen zur Wehr zu setzen. Wer zum Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen in den Medien wird, dem steht damit iSd. Grundsatzes 'audiatur et altera pars' der aus den Persönlichkeitsrechten erfließende Anspruch zu, an gleicher Stelle und möglichst mit der gleichen Publizität vor dem gleichen Forum der Öffentlichkeit der unrichtigen oder irreführend unvollständigen Tatsachenbehauptung seine Darstellung entgegenzusetzen (RIS-Justiz RS0074796). Die Gegendarstellung soll also als Gegenrede zur Veröffentlichung wirken und so dem Medienpublikum Aufklärung darüber bieten, inwieweit die entgegnete Tatsachenmitteilung unrichtig oder irreführend unvollständig war (vgl. RIS-Justiz RS0074796 [T1]; Brandstetter/Schmid MedienG² §9 Rz 1; Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley³ Vor §§9 bis 21 Rz 4ff). Die Gegendarstellung dient insoweit auch der Sicherstellung einer korrekten und vollständigen Information des Medienpublikums (Holoubek/Kassai/Traimer, aaO, 200).

Auch eine redaktionelle Richtigstellung nach §12 Abs2 MedienG dient dem Zweck, das Medienpublikum über die Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit einer Tatsachenmitteilung aufzuklären. Der Betroffene setzt dem ihm abträglichen Medienbericht dabei zwar nicht seine eigene Darstellung entgegen. Die redaktionelle Richtigstellung dient dem Interesse des Betroffenen an der Aufklärung des Medienpublikums über die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachenbehauptung aber andererseits durch den Umstand, dass die Berichtigung eben nicht durch seine eigene Wortmeldung, sondern durch das Medium selbst erfolgt (vgl. JAB 743 BlgNR 15. GP , 8 zu §12). Andererseits kann der Medieninhaber 'das Veröffentlichungsbegehren – und das damit allenfalls verbundene aufwendige Entgegnungsverfahren – durch eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung im Sinne des §11 Abs1 Z8 … ‚unterlaufen‘' (JAB 743 BlgNR 15. GP , 8 zu §12). Abgesehen davon sollen Medieninhaber durch das Instrument zur publizistischen Wiedergutmachung mit eigenen journalistischen Mitteln angeregt werden (Weis, Handbuch der Gegendarstellung, 75).

3.8. Um den dargestellten Schutzzweck einer Gegendarstellung oder redaktionellen Richtigstellung tatsächlich zu erfüllen, muss diese rasch erfolgen (vgl. RV 2 BlgNR 15. GP , 28f; Holoubek/Kassai/Traimer, aaO, 201; Swoboda, Art10 EMRK – das immer noch unbekannte Wesen, MR 2000, 293; vgl auch die Unzulässigkeitentscheidung der EKMR vom 12. Juli 1989, Ediciones Tiempo gg. Spanien, Appl. 13010/87: 'a reply, to be effective, must be distributed immediately'). Der Anspruch auf Gegendarstellung ist für den Betroffenen nur wirksam, wenn diese rasch erfolgt. Zur Sicherstellung dieses Ziels sieht das MedienG besondere Fristen vor:

 Der Betroffene muss sein (außergerichtliches) Aufforderungsbegehren binnen zwei Monaten nach Ablauf des Tages, an dem die Tatsachenmitteilung veröffentlicht oder abrufbar gemacht worden ist, geltend machen (§11 Abs1 Z10 MedienG).

 Die Veröffentlichung der Gegendarstellung (bzw. der redaktionellen Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung) muss binnen einer bestimmten Frist – im Anlassverfahren waren dies gemäß §13 Abs1 Z1 (bzw. §12 Abs2 iVm §13 Abs1 Z1 MedienG) fünf Werktage nach Einlangen des Begehrens – erfolgen.

 Der Antrag gegen den Medieninhaber auf Anordnung der Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung im Fall der nicht oder nicht gehörigen Veröffentlichung muss vom Betroffenen binnen sechs Wochen bei Gericht gestellt werden (§14 Abs1 MedienG).

 Für das Gerichtsverfahren selbst sind (kurze) Fristen vorgesehen (s. §14 Abs4, §15 Abs1 MedienG).

3.9. Der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung war – in Form eines Anspruchs auf 'Entgegnung' – bereits vor Erlassung des Mediengesetzes in §23 Pressegesetz normiert. Der Anspruch auf 'Entgegnung' wurde zunächst auch in das Mediengesetz übernommen (s. §13 MedienG in der Stammfassung BGBl Nr 314/1981). Durch BGBl Nr 20/1993 wurde der Begriff der 'Entgegnung' durch jenen der 'Gegendarstellung' ersetzt. Der Terminologiewechsel wurde damit begründet, dass es darum gehe, herauszustreichen, dass dieses Instrument dazu diene, 'dem durch die Verbreitung einer unrichtigen oder in irreführender Weise unvollständigen Tatsachenmitteilung in einem periodischen Medium nicht bloß allgemein Betroffenen (§9 Abs1 und 2 bleibt insofern unverändert) aus Anlaß dieser Betroffenheit angemessen Gelegenheit und Raum zu geben, seinen Standpunkt mit seinen eigenen Worten und in der ihm relevant erscheinenden Gewichtung dem Medienkonsumenten näherzubringen' (JAB 851 BlgNR 18. GP , 6 Zu Z5 und zu §9).

Die Möglichkeit des Medieninhabers, den Anspruch auf Gegendarstellung durch eine redaktionelle Richtigstellung zu erfüllen, ist ebenfalls bereits seit der Stammfassung BGBl Nr 314/1981 im Mediengesetz geregelt.

II.

Zum Anlassverfahren und zu den Prozessvoraussetzungen:

1. Dem Anlassverfahren liegt ein Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zugrunde, mit dem die antragstellende Partei u.a. gemäß §17 MedienG zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung verpflichtet und ihr die Zahlung einer Geldbuße gemäß §18 Abs1 und 3 MedienG aufgetragen wurde. Den Einwendungen der antragstellenden Partei im Verfahren, dass eine – nicht fristgerechte – redaktionelle Mitteilung erfolgt sei, hat das Landesgericht für Strafsachen entgegen gehalten, dass der Betroffene dadurch (gemäß dem Wortlaut des §12 Abs2 MedienG, der ausdrücklich auf eine redaktionelle Richtigstellung innerhalb der Frist des §13 MedienG abstelle) seinen Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung nicht verloren habe. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich kein anderes Ergebnis, da nach dem Willen des Gesetzgebers nur Doppelveröffentlichungen nach unterschiedlichen Rechtsvorschriften vermieden werden sollten. Ansonsten hätte es der Medieninhaber in der Hand, eine (freiwillige) Veröffentlichung nach §12 Abs2 MedienG immer auf einen für ihn günstigen (auflagenschwachen) Tag zu legen.

2. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Umfang der angefochtenen Rechtsvorschriften falsch abgegrenzt:

2.1. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes macht ein zu enger Aufhebungsumfang einen Prüfungsantrag unzulässig, wenn der (nach der angestrebten Aufhebung) verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, er also mit den aufzuhebenden Normenteilen untrennbar verbunden ist (vgl. etwa VfGH 7.10.2015, G444/2015 mwN). Zudem ist ein Antrag unzulässig, wenn die betreffenden Regelungen durch die Aufhebung in einer dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Weise geändert werden (vgl. VfGH 18.2.2016, G434/2015). Dies käme nämlich einem positiven Akt der Gesetzgebung gleich, der dem Verfassungsgerichtshof nicht zukomme (vgl. VfGH 18.2.2016, G434/2015 mwN).

2.2. Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge 'spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt' in §12 Abs2 MedienG würde dazu führen, dass der Medieninhaber eine redaktionell[e] Richtigstellung zu jedem beliebigen Zeitpunkt veröffentlichen könnte. Dies würde aber dem Zweck der Gegendarstellung bzw. redaktionellen Richtigstellung und den Intentionen der Gesetzgebung geradezu diametral entgegenlaufen, hängt doch die Effektivität einer Gegendarstellung – wie oben Pkt. I.3.8. dargelegt – maßgeblich davon ab, dass die Veröffentlichung rasch, d.h. möglichst zeitnah zur Veröffentlichung der abträglichen Medienbehauptung, erfolgt (vgl. RV 2 BlgNR 15. GP , 28f).

Zudem wäre dem Betroffenen die in §14 Abs1 MedienG vorgesehene Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung des Veröffentlichungsanspruchs wesentlich erschwert. Mangels einer Fristvorgabe für die redaktionelle Richtigstellung wäre eine – formgerechte – redaktionelle Richtigstellung zu jedem Zeitpunkt als gehörige Veröffentlichung zu qualifizieren, selbst wenn sie erst während eines Gerichtsverfahrens gemäß §14 MedienG erfolgt. Das Gericht hätte den Veröffentlichungsantrag des Betroffenen in so einem Fall abzuweisen. Dieser hätte überdies gemäß §19 Abs3 MedienG die Verfahrenskosten seines Antragsgegners (des Medieninhabers bzw. des Medienunternehmens) zu tragen. Ein Kostenersatz durch den Antragsgegner kommt nämlich gemäß §19 Abs2 Z3 MedienG bei Abweisung des Veröffentlichungsantrages wegen Veröffentlichung einer redaktionellen Richtigstellung nur dann in Betracht, wenn der Antrag abgewiesen wird, weil die redaktionelle Richtigstellung gehörig veröffentlicht worden ist, der Antragsteller jedoch vor der Antragstellung von der Veröffentlichung nicht verständigt worden ist. Bei der begehrten Aufhebung der Fristgebundenheit einer redaktionellen Richtigstellung würde sich der Betroffene bei gerichtlicher Geltendmachung seines Anspruches auf Gegendarstellung somit dem Risiko aussetzen, wegen einer zwischenzeitig erfolgten redaktionellen Richtigstellung mit den Verfahrenskosten belastet zu werden. Eine solche Rechtslage kann dem Gesetzgeber aber nicht zugesonnen werden.

Der Antrag auf Aufhebung nur der Wortfolge 'spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt' in §12 Abs2 MedienG ist daher zu eng gefasst.

2.3. Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge 'die Gegendarstellung' in §18 Abs1 MedienG würde zu einer Erweiterung des Anwendungsbereiches der Geldbuße gemäß §18 Abs1 MedienG führen: Das gerichtliche Verfahren gemäß §§14 bis 20 MedienG findet nämlich nicht nur auf die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf Gegendarstellung, sondern auch auf den Anspruch auf nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens (§10 MedienG) Anwendung. Eine Geldbuße gemäß §18 MedienG soll dem Medieninhaber aber – nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes – nur bei Unterlassungen in Bezug auf eine Gegendarstellung drohen. Bei Aufhebung des §18 Abs1 MedienG im beantragten Umfang würde die Geldbuße aber auch zur Sanktion für die verspätete Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung. Dies entspricht nicht den Intentionen der Gesetzgebung, wonach als Sanktion für die verspätete Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung keine Geldbuße, sondern (nur) die Kostenersatzpflicht nach §19 MedienG vorgesehen werden sollte (RV 2 BlgNR 15. GP , 34 Zu §21).

Die Beseitigung der Einschränkung des Anwendungsbereichs der Geldbuße gemäß §18 MedienG auf 'die Gegendarstellung' käme somit einem positiven Akt der Gesetzgebung gleich. Der Antrag erweist sich auch insofern als zu eng gefasst.

3. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die antragstellende Partei – wie unter Pkt. III ausführlich dargelegt wird – von einer unzutreffenden Rechtslage ausgeht. Somit kann sich auch die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht aus den angefochtenen Bestimmungen ergeben.

4. Nach Ansicht der Bundesregierung ist der Antrag somit mangels richtiger Abgrenzung des begehrten Aufhebungsumfangs zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen."

In der Sache trat die Bundesregierung den von der antragstellenden Partei dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken mit näherer Begründung entgegen.

4. Die beteiligte Partei erstattete zwei Äußerungen, in denen sie den Ausführungen der antragstellenden Gesellschaft bzw. der Bundesregierung entgegentritt.

IV. Zur Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Prüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Die diesbezügliche Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004 und 19.933/2014).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung die verbleibenden Bestimmungen unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letztes liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrags macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013 und 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im gerichtlichen Verfahren nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (s. VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007, 19.933/2014; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

Unzulässig ist ein Antrag aber auch dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (VfSlg 13.299/1992, 14.740/1997, 16.191/2001).

3. Wie die Bundesregierung zutreffend darlegt, würde die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge "spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt" in §12 Abs2 MedienG dazu führen, dass der Medieninhaber eine redaktionelle Richtigstellung zu jedem beliebigen Zeitpunkt veröffentlichen könnte. Dies würde dem Zweck der Gegendarstellung bzw. redaktionellen Richtigstellung und den Intentionen der Gesetzgebung geradezu diametral entgegenlaufen, zumal die Effektivität einer Gegendarstellung unter anderem davon abhängt, dass die Veröffentlichung möglichst zeitnah zur Veröffentlichung der abträglichen Medienbehauptung erfolgt (vgl. ErlRV 2 BlgNR 15. GP 28 f.).

Der Antrag auf Aufhebung (nur) der Wortfolge "spätestens zu dem im §13 bezeichneten Zeitpunkt" in §12 Abs2 MedienG ist somit zu eng gefasst.

4. Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge "die Gegendarstellung" in §18 Abs1 MedienG käme einem positiven Akt der Gesetzgebung gleich. Die beantragte Aufhebung würde zu einer Erweiterung des Anwendungsbereiches der Geldbuße gemäß §18 Abs1 MedienG führen: Das gerichtliche Verfahren gemäß §§14 bis 20 MedienG findet nämlich nicht nur auf die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung, sondern auch auf den Anspruch auf Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens (§10 MedienG) Anwendung. Eine Geldbuße gemäß §18 MedienG soll dem Medieninhaber aber – nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes – nur bei Unterlassungen in Bezug auf eine Gegendarstellung drohen. Bei Aufhebung der angefochtenen Wortfolge in §18 Abs1 MedienG würde die Geldbuße auch zur Sanktion für die verspätete Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung. Auch dies widerspricht den Intentionen der Gesetzgebung, als Sanktion für die verspätete Veröffentlichung einer nachträglichen Mitteilung keine Geldbuße, sondern (nur) die Kostenersatzpflicht nach §19 MedienG vorzusehen (ErlRV 2 BlgNR 15. GP 34).

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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