BFG RV/5200039/2015

BFGRV/5200039/20153.3.2021

Geschäftsführerhaftung bei zu Unrecht erfolgter Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (Einfuhr und anschließende innergemeinschaftliche Lieferung)

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.5200039.2015

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache *** ****, ***Adr.***, vertreten durch Rechtsanwalt ***V***, über die Beschwerde vom 26. September 2014 gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** vom 28. Juli 2014, Zahl: ***000***, mit dem der Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 Bundesabgabenordnung (BAO) für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma ***X***, ***Adr1***, (***FN***) im Ausmaß von 257.307,68 Euro in Anspruch genommen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO dahingehend geändert, dass die Haftungsinanspruchnahme auf einen Gesamtbetrag in der Höhe von 124.869,04 Euro eingeschränkt wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 hielt das Zollamt ***ZA*** dem Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) im Wesentlichen Folgendes vor:

"Die Vertreter juristischer Personen haben alle Pflichten des Vertretenen zu erfüllen. Insbesondere haben sie dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, vorschriftsmäßig entrichtet werden. Vertreter haften mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen, wenn sie an der Nichtentrichtung dieser Abgaben ein Verschulden trifft. Leichte Fahrlässigkeit gilt bereits als Verschulden.
1. Über das Vermögen der Firma ***X***, ***Adr2***, wurde am 16.9.2011 ein Insolvenzverfahren (Konkursverfahren) eröffnet (Beschluss des Landesgerichtes LG, Aktenzeichen: ***AZ***). Dieses Konkursverfahren ist nach wie vor anhängig.
Ein Großteil der angemeldeten Forderungen ist bestritten, ein Teil aber bereits rechtskräftig festgestellt.
Derzeit haften am Abgabenkonto Nr. ***-**** der ***X*** folgende Abgabenbeträge uneinbringlich aus, wobei diese Abgabenbeträge im Konkursverfahren bereits rechtskräftig festgestellt sind:

Geschäftszahl

Einfuhrumsatzsteuer

***001***

€ 313.789,86

Unter Berücksichtigung der im besten Fall zu erwartenden Quote (18%) ergibt sich ein Betrag in Höhe von € 257.307,68, der jedenfalls uneinbringlich bleiben wird.
Die Ermittlung der vorgeschriebenen Abgaben entnehmen Sie bitte dem beiliegenden, an die Firma ***X*** ergangenen Bescheid (Ablichtung).
Zu diesem Bescheid wird festgestellt, dass ein Teilbetrag in Höhe von € 8.661,61 bezahlt wurde. Die Festsetzung der Abgabenerhöhung gem. § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz wurde vom Unabhängigen Finanzsenat aufgehoben. Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer wurde die Beschwerde abgewiesen.
2.
Laut Firmenbuchauszug waren Sie seit 31.8.2004 als Vertreter Firma ***X*** bestellt. Auf Grund Ihrer Funktion als zur Vertretung der Firma ***X*** nach außen berufenes Organ oblag Ihnen die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vertretenen.
3.
Zu den abgabenrechtlichen Pflichten zählen unter anderem die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO, die Nachweispflicht gemäß § 5 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZolIR-DG) und die Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen gem. § 23 ZollR-DG.
Das Zollamt ***ZA*** geht aus folgenden Gründen von einer Verletzung dieser Pflichten aus:
Als Beförderungsnachweise zu den dem angeführten Bescheid zugrundeliegenden 39 Verzollungsfällen wurden Frachtbriefe der türkischen Firma H*Ltd. vorgelegt, die Übernahmebestätigungen des in Frankreich ansässigen Warenempfängers, der Firma ***F***, aufwiesen.
Die durchgeführten zollamtlichen Ermittlungen (Rechtshilfeersuchen an die türkische Zollverwaltung) haben ergeben, dass die Firma H*Ltd. weder die Frachtbriefe ausgestellt, noch die darin bescheinigten Warentransporte durchgeführt hat.
Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der ***X*** wurden in den Speditionsakten gänzlich andere Frachtbriefe türkischer und deutscher Frachter vorgefunden, die jedoch keine Übernahmebestätigungen der Firma ***F*** bzw. anderer Firmen enthielten. In den vorgefundenen Frachtbriefen und Warenverkehrsbescheinigungen A.TR waren zum Teil andere Unternehmen als Warenempfänger angegeben.
Es bestehen massive Zweifel an der Echtheit der Empfangsbestätigungen.
Durch diese Pflichtverletzungen sind Abgaben, die sonst einbringlich gewesen wären, uneinbringlich.
Das Zollamt ***ZA*** beabsichtigt daher, Sie als verantwortlichen Geschäftsführer gemäß § 9 BAO zur Haftung heranzuziehen."

In der daraufhin ergangenen Stellungnahme des anwaltlich vertretenen Bf. vom 28. Mai 2014 heißt es im Wesentlichen:
"Eine Haftung meines Mandanten gem. § 9 i.V.m. § 80 BAO liegt nicht vor, wie im Folgenden darzustellen sein wird.
1.)
Die von der Behörde in Erwägung gezogene Haftung gem. § 9 i.V.m. § 80 BAO geht auf den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** vom 09.05.2011, Zahl ***001***, zurück, in welchem der ***X*** (welche zum damaligen Zeitpunkt noch nicht konkursverfangen war) Einfuhrumsatzsteuer im Betrag von € 322.451,47 zuzüglich Abgabenerhöhung in der Höhe von € 49.107,34 vorgeschrieben wurde, weil behauptet wurde, dass eingangsabgabepflichtige Waren betreffend die Firma ***F*** S.a.r.l. in den zollrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung gemäß Verfahrenscode 4200 übergeführt worden seien, ohne die an dieses Zollverfahren geknüpfte Verpflichtung zur nachweislichen Weiterbeförderung an die im Feld 8 der Zollanmeldung angeführten Warenempfängerin zu erfüllen. Dadurch sei für die Firma ***X*** gem. Art. 204 (1) Buchstabe a und (3) ZK i.V.m. § 2 (1) ZollR-DG und i.V.m. § 71a ZollR-DG die Eingangsabgabenschuld für diese Waren in der oben angeführten Höhe entstanden.
Gegen diesen Bescheid hat die ***X***, vertreten durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter, den Antrag auf Aussetzung der Einhebung des geforderten Betrages gestellt und im Zuge dieses Antrages (als Nachtrag) eine Bestätigung der ***Bank1***. vom 27.05.2011 vorgelegt, aus welcher sich ergibt, dass dieses Unternehmen die Finanzierung von € 371.558,86 nicht vornimmt.
Außerdem wurde damals eine zweite Bestätigung der ***Bank2*** vom 27.05.2011 vorgelegt, aus welcher sich ebenfalls ergibt, dass der Finanzierungsantrag über € 371.558,86 abgelehnt wurde.
Am 10.06.2011 hat die ***X*** gegen den Bescheid vom 09.05.2011 Berufung erhoben. Über diese Berufung wurde zuerst mit Berufungsvorentscheidung vom 20.10.2011, Zahl ***001***, entschieden und die Berufung - abgesehen von einem nicht ins Gewicht fallenden Rechenfehler - als unbegründet abgewiesen.
Festzuhalten ist, dass über die Berufung erst am 20. Oktober 2011 entschieden wurde. Auch gegen diese Berufung wurde Beschwerde erhoben, doch ist dies für den gegenständlichen Fall nicht mehr von Belang.
Entscheidend für eine allfällige Haftung meines Mandanten ist festzustellen, dass über das Vermögen der ***X*** am 16.09.2011, ***AZ***, LG LG, das Konkursverfahren eröffnet wurde. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt mein Mandant nicht mehr Geschäftsführer der ***X*** gewesen ist und somit keine wie immer geartete Funktion im genannten Unternehmen mehr innehatte.
Ab dem 16.09.2011 war Herr Dr. R. Masseverwalter im Konkurs über die ***X*** und daher allein entscheidungsbefugt (§ 80 (2) BAO).
Zum Zeitpunkt, als der Bescheid (Berufungsvorentscheidung vom 20.10.2011) zugestellt wurde (die Zustellung bei Herrn Dr. R. erfolgte am 24.10.2011), war also mein Mandant nicht mehr Geschäftsführer. Bis zum Zeitpunkt des Vorliegens der genannten Berufungsvorentscheidung ist also über die Berufung der ***X*** vom 10.06.2011 noch nicht entschieden gewesen, sodass der vom Zollamt ***ZA*** geforderte Abgabenbetrag von € 371.558,86 nicht fällig gewesen sein konnte!
§ 80 (3) BAO ist nicht anwendbar, weil die Liquidation der ***X*** noch nicht beendet ist.
§ 9 BAO setzt jedoch die Fälligkeit des Abgabenbetrages voraus. Diese Fälligkeit war in dem Zeitraum, als mein Mandant noch Geschäftsführer der ***X*** bis zum 15.09.2011 gewesen ist, nicht gegeben. Die Fälligkeit ist - wenn überhaupt- erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten.
Bereits aus diesem Grunde besteht keine Haftung gem. § 9 BAO.
2.)
Außerdem konnte die ***X*** - wie oben ausgeführt- bereits durch die Vorlage und den Nachweis ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen, dass es ihr zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung finanziell nicht möglich gewesen wäre, den vom Zollamt ***ZA*** geforderten Abgabenbetrag zu bezahlen. Schon allein aufgrund der Vorlage und des Nachweises dieser wirtschaftlichen Verhältnisse trifft meinen Mandanten als ehemaligen Geschäftsführer der ***X*** keine wie immer geartete Haftung, jedenfalls ist ihm diesbezüglich kein Verschulden anzulasten.
Dazu ist auch festzuhalten, dass die ***X*** bereits Mitte Juli 2011 Verbindlichkeiten von ca. € 3.442.000,00 hatte und diese Verbindlichkeiten urkundenmäßig nachgewiesen wurden. Es wird hier auf das Schreiben des ausgewiesenen Rechtsvertreters vom 14.07.2011 zur Zahl: ***001*** samt angehängter Unterlagen verwiesen, welches aktenkundig ist.
Schon allein aufgrund dieser hohen Verbindlichkeiten und der Unmöglichkeit der Erlangung weiterer Kredite bzw. Finanzierungen liegt daher bei meinem Mandanten kein wie immer geartetes Verschulden im Sinne des§ 9 i.V.m. § 80 BAO vor.
3.)
Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) hat seit ca. Februar 2011 gegen die ***X*** bzw. meinen Mandanten ein umfassendes Ermittlungsverfahrens geführt.
Mit Benachrichtigung vom 10.12.2013 hat die WKStA das Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten aus dem Grunde des § 190 Z. 2 StPO und des § 202 (1) FinstrG im Hinblick auf die Vorwürfe gem. den § 165 (1) und (2); 223 (2); 12, 302 (1) StGB; 35 (1) lit. a, (2) und (3), 38 (1) lit. a. FinstrG betreffend (bezugnehmend auf den Abschlussbericht des Zollamtes ***ZA1***) die Fakten 1a (39 innergemeinschaftliche Lieferungen an die französische Firma ***F*** S.a.r.l. von Juli 2007 bis August 2008) und in anderen Fällen endgültig eingestellt.
Dies bedeutet, dass die WKStA trotz 3-jähriger Ermittlungen keinen tatsächlichen Grund zur weiteren Verfolgung meines Mandanten gefunden hat. Die Einstellung ist - wie oben erwähnt - auch hinsichtlich der 39 innergemeinschaftlichen Lieferungen an die französische Firma ***F*** S.a.r.l. im Zeitraum Juli 2007 bis August 2008 erfolgt.
Durch diese Einstellung der Ermittlungen der WKStA ist klargestellt, dass mein Mandant in Bezug auf die in Rede stehenden Lieferungen an die Firma ***F*** S.a.r.l. kein strafrechtliches Verhalten vorgeworfen werden kann. Festzuhalten ist, dass die WKStA immerhin 3 Jahre Ermittlungen durchgeführt hat und sich die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen meinen Mandanten nicht nur auf die gegenständlichen Lieferungen an die Firma ***F*** S.a.r.l. bezieht, sondern auch auf zahlreiche weitere Lieferungen an diverse (hauptsächlich französische) Unternehmen.
Die WKStA hat festgestellt, dass ein (finanz-)strafrechtliches Fehlverhalten in keinem einzigen dieser Fälle mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit erweislich war. Offen geblieben ist lediglich das Ermittlungsverfahren hinsichtlich zweier anderer Fälle, welche jedoch hier nicht von Belang sind.
In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf zu verweisen (so wie dies bereits in zahlreichen Schriftsätzen vorgebracht wurde), dass die ***X*** pro Jahr ca. 24.000 Zollabfertigungen, also pro Monat ca. 2.000 Zollabfertigungen, durchgeführt hat. Es hat sich also um ein "Massengeschäft" gehandelt, bei welchem immer wieder gleichartige Dokumente von den Kunden vorgelegt wurden. Es wurde auch bereits zahlreiche Male vorgebracht, dass immer ordnungsgemäß die UID-Nummernabfrage gemäß Stufe 1 und 2 von den Mitarbeitern der ***X*** durchgeführt wurde. Als Geschäftsführer des genannten Unternehmens war mein Mandant mit praktisch keiner einzigen Zollabfertigung befasst, sondern musste er sich um andere geschäftliche Belange kümmern. Nur in Problemfällen wurde mein Mandant befasst. Es wäre für meinen Mandanten unmöglich gewesen alles selbst zu erledigen oder gar zu überprüfen, so wie dies offensichtlich nunmehr vorgeworfen wird. Aus diesem Grunde liegt keine Fahrlässigkeit, geschweige denn vorsätzliches Verschulden vor.
Da also bereits aus der Sicht der WKStA ein finanzstrafrechtliches Fehlverhalten nicht erweislich war, muss diese Tatsache auch auf die gegenständliche von der Behörde geltend gemachte Haftung durchschlagen.
Nicht nur die WKStA hat das Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten eingestellt, sondern auch die Staatsanwaltschaft ***StA***. Auch die Staatsanwaltschaft ***StA*** hat ca. 3 Jahre - unter anderem - gegen meinen Mandanten ermittelt und gemäß Mitteilung vom 12.03.2014 das Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gem. § 170 (2) dStPO eingestellt. Es handelt sich bei der genannten Norm um eine endgültige Einstellung.
Die Einstellung der deutschen Staatsanwaltschaft ist aber nicht nur gegen meinen Mandanten, sondern gegen alle Beschuldigten erfolgt. Mein Mandant geht davon aus, dass das Zollamt ***ZA*** sehr wohl darüber informiert ist, welche Beschuldigten gemeint sind.
Wenn also bereits zwei Staatsanwaltschaften nach jahrelangen und umfassenden Ermittlungen der Ansicht sind, dass meinem Mandanten kein wie immer geartetes Verschulden an den inkriminierten Handlungen vorzuwerfen ist (sondern zwischenzeitlich Informationen vorliegen, wonach es sich bei den wirklichen Tätern um bandenmäßige Tätergruppen aus Südosteuropa und der angrenzenden Türkei handelt), dann kann auch im gegenständlichen Fall meinem Mandanten kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.
Es ist also auch aus diesem Grunde eine Haftung meines Mandanten nicht gegeben.
4.)
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 9, Rz 18).
Für die Haftung nach § 9 ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (ebendort, Rz 9).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (ebendort, Rz 10).
Der Vertreter muss zur Entrichtung fälliger Abgaben keine Kredite aufnehmen (ebendort, Rz 10).
Ob einen Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft, ist die Haftung nach § 9 ohne Bedeutung (ebendort, Rz 10).
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den mit den §§ 7 und 54 WAO gleichartigen Rechtsvorschriften in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, dass die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gem. § 7 (1) WAO hat weiters zur Voraussetzung, dass zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandsmerkmal " ….. infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertretene bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und er nicht für die - wenn auch nur anteilige - Abgabentilgung Sorge getragen hat" (VwGH 20.09.1996, 94/17/0420).
"Haftungsbegründend ist die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten. Ein Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist für die abgabenrechtliche Haftung ebenso wenig von Bedeutung, wie eine Mitwirkung am Entstehen der Abgabenverbindlichkeiten, für die gehaftet werden soll, oder ein Verstoß gegen die Pflicht rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertretenen zu stellen" (VwGH vom 20.09.1996, 94/17/0420).
Wie eingangs dargelegt, hatte die ***X*** bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 09.05.2011 Verbindlichkeiten in der Höhe von ca. € 3,3 Mio und wäre es ihr schon zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen die Abgabenverbindlichkeiten zu bezahlen. Darüber hinaus wäre es der ***X*** nicht möglich gewesen durch Kreditaufnahme Verbindlichkeiten zu tilgen, weil der ***X*** keine Finanzierungen von den Banken gewährt wurden.
Abgesehen davon muss laut ständiger Judikatur des VwGH der Vertreter zur Entrichtung fälliger Abgaben keine Kredite aufnehmen.
Auch hier liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung meines Mandanten nicht vor.
5.)
Wie oben ausgeführt, ist ein allfälliges Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft für die abgabenrechtliche Haftung ebenso wenig von Bedeutung wie eine Mitwirkung am Entstehen der Abgabenverbindlichkeiten, für welche gehaftet werden soll.
Eine solche Konstellation liegt im gegenständlichen ohnehin nicht vor, weil gegen meinen Mandanten kein Strafverfahren wegen Verschuldens am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingeleitet wurde, geschweige denn wurden Ermittlungen eingeleitet.
"Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus. Die Pflichtverletzung muss zur Uneinbringlichkeit geführt haben. Wäre die Abgabe auch ohne schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters uneinbringlich geworden, so besteht keine Haftung (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 9, Rz 24).
Die ***X*** ist ihren abgabenrechtlichen Pflichten im vollen Umfang nachgekommen, auch wenn das Zollamt ***ZA*** "massive Zweifel" an der Echtheit der Empfangsbestätigungen hegt. Der Ausdruck "massive Zweifel" ist interpretationsbedürftig, weil daraus nicht ableitbar ist, ob die Behörde nunmehr der Ansicht ist, dass die Empfangsbestätigungen echt oder unecht sind. Zugunsten des Betroffenen, hier meines Mandanten, ist daher davon auszugehen, dass die Empfangsbestätigungen echt sind, solange nicht das Gegenteil von der Behörde bewiesen ist. Selbst wenn das Gegenteil der Fall wäre, träfe meinen Mandanten daran kein Verschulden, so wie dies bereits unter Punkt 3. ausführlich dargelegt wurde.
Der ***X*** ist daher eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten nicht vorzuwerfen, sodass auch aus diesem Grunde ein Verschulden meines Mandanten an einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten nicht vorliegt.
Im Übrigen ist die ***X*** immer ihren abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen, indem gesetzmäßige Aufzeichnungen geführt wurden, Abgabenerklärungen zeitgerecht eingereicht wurden und ist sie auch ihrer Offenlegungs- und Wahrheitspflicht immer nachgekommen.
6.)
Aus all den genannten Gründen liegt daher eine Haftung meines Mandanten als ehemaligem Geschäftsführer der ***X*** gem. § 9 i.V.m. § 80 ff BAO nicht vor, sodass ich namens meines Mandanten den Antrag auf ersatzlose Einstellung des gegenständlichen Verfahrens stelle."

Mit dem verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid vom 28. Juli 2014 nahm in der Folge das Zollamt ***ZA*** den Bf. als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 und 224 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten (Einfuhrumsatzsteuer) der Primärschuldnerin, der ***X***, im Ausmaß von 257.307,68 Euro in Anspruch.
Das Zollamt führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
"1. Darstellung des Sachverhaltes
Im Jahr 2008 führte das Zollamt ***ZA*** aufgrund eines Amtshilfeersuchens der französischen Zollverwaltung bei der Primärschuldnerin eine Nachschau durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Primärschuldnerin von Juli 2007 bis August 2008 unter der ihr erteilten Sonder-UID Nummer (für Zoll) als indirekter Vertreter der in Frankreich ansässigen Firma ***F*** SARL 39 Abfertigungen (zum weitaus überwiegenden Teil Textilien) zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher steuerbefreiender Lieferung (Verfahren Code 4200) durchgeführt hat. Als Beförderungsnachweise wurden von der Primärschuldnerin in allen 39 Fällen CMR-Frachtbriefe der türkischen Firma H*Ltd. vorgelegt, die Übernahmebestätigungen des in Frankreich ansässigen Warenempfängers ***F*** SARL aufwiesen. Als Warenbezeichnung war in sämtlichen Fällen "Garments" (Bekleidung) angeführt, obwohl in den Zollanmeldungen auch andere Waren erklärt worden waren. Im Feld 24 dieser CMR Frachtbriefe war ein Übernahmevermerk der Fa. ***F*** SARL (Datum, Firmenstempel S.A.R.L. A. sowie nicht leserlicher Unterschrift) angebracht. Die Überprüfung dieser Frachtbriefe durch die türkische Zollverwaltung ergab, dass die Fa. H*Ltd. weder die Frachtbriefe ausgestellt noch die darin bescheinigten Warentransporte durchgeführt hat.
Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Primärschuldnerin wurden in den Speditionsakten gänzlich andere CMR-Frachtbriefe türkischer und deutscher Frächter vorgefunden, die jedoch keine Übernahmebestätigungen der Fa. ***F*** SARL bzw. anderer Firmen enthielten. In den vorgefundenen Frachtbriefen und Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. waren zum Teil andere Unternehmen als Warenempfänger angegeben.
Herr **** *** hat anlässlich einer Vernehmung als Beschuldigter am 20.7.2011 angegeben, dass er, nachdem er von einer bevorstehenden Betriebsprüfung im Oktober 2008 durch das Zollamt ***ZA*** in Kenntnis gesetzt worden war, dem zweiten Geschäftsführer den Auftrag erteilt habe, nachträglich auf Blankovordrucken Frachtbriefe zu erstellen, die von der Fa. ***F*** SARL (als Warenempfängerin) nachträglich bestätigt werden sollten. Nachdem kein Kontakt mit der Fa. ***F*** SARL hergestellt werden konnte, habe sich der zweite Geschäftsführer mit jener in der Türkei ansässigen Speditions- und Transportagentur in Verbindung gesetzt, die seinerzeit die Geschäftsbeziehung zur Fa. ***F*** SARL vermittelt hatte. Deren Geschäftsführer habe versprochen, die fehlenden Abliefernachweise beibringen zu lassen. Zu diesem Zweck wurden 39 Blanko CMR-Frachtbriefe als Abliefernachweise erstellt und einem unbekannten türkischen LKW-Fahrer, den die Speditions- und Transportagentur geschickt hatte, übergeben. Die Frachtbriefe wiesen im Zeitpunkt der Übergabe an den Unbekannten keinen Stempel des Frachtführers auf. Nach einiger Zeit wurden diese Frachtbriefe, nunmehr ergänzt mit einem Stempel und Unterschrift eines Frachtführers sowie im Feld 24 mit einem Firmenstempel der Fa. ***F*** SARL sowie einer (unleserlichen) Unterschrift zurückgebracht. Von welcher Person bzw. wann diese Dokumente bei der Primärschuldnerin abgegeben wurden, konnte die Primärschuldnerin nicht angeben. Anlässlich der Betriebsprüfung wurden diese Frachtbriefe als Beförderungsnachweise vorgelegt.
Seitens der Primärschuldnerin hat es zu keinem Zeitpunkt persönlichen oder schriftlichen Kontakt mit Vertretern der Fa. ***F*** SARL gegeben. Es wurde bei der Durchsuchung der Geschäftsräume auch keinerlei Schriftverkehr vorgefunden.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2011, ZI. ***001***, schrieb das Zollamt ***ZA*** der Primärschuldnerin als Anmelderin der Waren gem. § 204 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 Zollkodex (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und § 71a Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) für 39 Geschäftsfälle eine Eingangsabgabenschuld in Höhe von € 322.451,47 (Einfuhrumsatzsteuer) sowie gem. § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung in Höhe von € 49.107,34 zur Entrichtung vor. Begründend wurde ausgeführt, die Primärschuldnerin habe für die im Bescheid näher bezeichneten Waren, welche in das Zollverfahren der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung (Code 4200) übergeführt worden waren, die daran geknüpfte Verpflichtung zur nachweislichen Weiterbeförderung an die im Feld 8 der Zollanmeldungen angeführte Warenempfängerin nicht erfüllt.
Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde, soweit sie die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer betraf, vom Unabhängigen Finanzsenat als unbegründet abgewiesen (UFS 09.12.2013, ZRV/0185-Z2L/11).
Der Unabhängige Finanzsenat hegte massive Zweifel an der Echtheit der Empfangsbestätigungen und an der Richtigkeit der angemeldeten innergemeinschaftlichen Lieferungen. Er sah daher die Verpflichtung zur nachweislichen Weiterbeförderung und die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreiheit als nicht erfüllt an. In der Beschwerdeentscheidung wurde auch festgestellt, dass sich aus den Speditionsakten Divergenzen bezüglich der Warenempfänger zu den anderen Abfertigungsunterlagen, wie A.TR, Rechnungen und Frachtbriefen, ergeben.
2. Zugehörigkeit zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO
Gemäß § 9 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Herr ***Bf1*** war seit 31.8.2004 Geschäftsführer der Primärschuldnerin und gehörte daher zum Personenkreis, der für eine Haftungsinanspruchnahme in Frage kommt.
3. Ausfall der Abgaben zufolge Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin
Über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde am 16.9.2011 ein Insolvenzverfahren (Konkursverfahren) eröffnet (Beschluss des Landesgerichtes LG, Aktenzeichen: ***AZ***). Dieses Konkursverfahren ist nach wie vor anhängig.
Ein Großteil der vom Zollamt ***ZA*** angemeldeten Forderungen ist bestritten, ein Teil aber bereits rechtskräftig festgestellt.
Derzeit haften am Abgabenkonto Nr. ***-**** der ***X*** unter anderem folgende Abgabenbeträge uneinbringlich aus, wobei diese Abgabenbeträge im Konkursverfahren bereits rechtskräftig festgestellt sind:

Geschäftszahl

Einfuhrumsatzsteuer

***001*** vom 9.5.2011

€ 313.789,86

Die Ermittlung der vorgeschriebenen Abgaben ist dem an die Firma ***X*** ergangenen Bescheid zu entnehmen (siehe Beilage).
Zu diesem Bescheid wird festgestellt, dass ein Teilbetrag in Höhe von € 8.661,61 durch ein Guthaben abgedeckt wurde. Die Festsetzung der Abgabenerhöhung gem. § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz wurde vom Unabhängigen Finanzsenat aufgehoben. Hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer wurde die Beschwerde mit Berufungsentscheidung vom 9.12.2013, GZ. ZRV/0185-Z2L/11, abgewiesen (siehe Beilage).
Laut schriftlicher Auskunft des Insolvenzverwalters im Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin vom 13.3.2014 ist im besten Fall eine Quote von 18% zu erwarten.
Unter Berücksichtigung dieser aktiven Quote ergibt sich zumindest ein Betrag in Höhe von € 257.307,68, der jedenfalls uneinbringlich bleiben wird.
4. Verschuldensfrage
Auf Grund seiner Funktion als zur Vertretung der Primärschuldnerin nach außen berufenes Organ oblag Herrn **** die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vertretenen.
Ein Geschäftsführer hat dafür Sorge zu tragen, dass die Gesellschaft ihren steuerlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt. Können Abgaben nicht eingebracht werden, weil der Geschäftsführer die ihm auferlegten Pflichten schuldhaft verletzt hat, haftet er gemäß § 9 BAO für diese Ansprüche. Im gegenständlichen Fall liegen folgende Pflichtverletzungen vor, wobei jede für sich die Haftung zur Folge hätte:
4.1. Verletzung der Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht
§ 119 BAO lautet:
(1) …
(2) …
Unbestritten ist, dass sich zum Zeitpunkt der Prüfungsankündigung durch das Zollamt ***ZA*** am 14.10.2008 die Firma ***F*** SARL bereits in gerichtlicher Liquidation (seit 25.2.2008) befunden hat. Laut Ermittlungsergebnis der französischen Zollbehörde war dem Liquidator und den französischen Steuerbehörden ein Zugriff auf die Buchhaltungsunterlagen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Auch verlief jeglicher Versuch einer Kontaktaufnahme erfolglos, da sich die beiden zuletzt tätig gewesenen Geschäftsführer ***RC*** und ***AK*** bereits wieder in Österreich aufgehalten haben. Es ist daher auszuschließen, dass die Empfangsbestätigungen in Frankreich erwirkt werden konnten.
Es besteht hingegen Grund zur Annahme, dass die Empfangsbestätigungen unter Mitwirkung von Mitarbeitern der Primärschuldnerin erfolgten, zumal sich auch die auf sämtlichen CMR-Frachtbriefen befindlichen Bestätigungen der türkischen Transportfirma H*Ltd. als falsch herausgestellt haben und das genannte Unternehmen mit den Transporten an die Fa. ***F*** SARL nichts zu tun hatte.
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist im Abgabenverfahren von mehreren Möglichkeiten, wenn keine von ihnen die Gewissheit für sich hat, jene als erwiesen anzusehen, der die überwiegende Wahrscheinlichkeit zukommt, auch wenn sie nicht unzweifelhaft erwiesen ist.
Im gegenständlichen Fall spricht nach Ansicht des Zollamtes ***ZA*** aus den angeführten Gründen die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Empfangsbestätigungen im Bereich der Primärschuldnerin erstellt wurden. Wer die unrichtigen Empfangsbestätigungen ausgestellt hat, ist zwar nicht auszumachen, es ist aber naheliegend, dass die Person nicht eigenmächtig gehandelt hat, sondern im Auftrag bzw. mit Wissen der Geschäftsführung. Ein eigenmächtiges Handeln ist deshalb unwahrscheinlich, weil der Ersteller der Papiere keinen unmittelbaren Vorteil gehabt hätte.
Einen Vorteil davon hatten hingegen die Primärschuldnerin bzw. die Geschäftsführung der Primärschuldnerin.
Es liegt daher durch die Vorlage unrichtiger Nachweise und unrichtiger Anmeldungen ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht vor, der eine Haftungsfolge nach sich zieht.
Doch selbst wenn die Beurkundungen ohne Auftrag und ohne Wissen der Geschäftsführung erfolgten, würde eine Pflichtverletzung vorliegen.
Zu den Pflichten eines Geschäftsführers zählt es nämlich auch, die Erfüllungsgehilfen durch geeignete Maßnahmen sorgfältig zu überwachen. Je nach Qualifikation und Bedeutung der zugewiesenen Aufgaben sind Überprüfungsmaßnahmen festzulegen.
Im vorliegenden Fall hat es Herr **** *** jedenfalls unterlassen, nachdem er den zweiten Geschäftsführer damit beauftragt hatte, auf Blankovordrucken Frachtbriefe zu erstellen, die von der Fa. ***F*** SARL nachträglich bestätigen werden sollten, konkret zu überwachen, ob diese Empfangsbestätigungen auch korrekt zustande gekommen sind. Er hat das Zustandekommen dieser Empfangsbestätigungen offenbar bewusst nicht weiter hinterfragt, obwohl er gewisse Möglichkeiten gehabt hätte, die Plausibilität dieser Empfangsbestätigungen zu überprüfen und dazu sogar verpflichtete gewesen wäre, weil auch anderslautende Frachtbriefe im Unternehmen auflagen. Er hätte beispielsweise nochmals versuchen können, die Fa. ***F*** SARL telefonisch zu kontaktieren. Wie bereits ausgeführt war eine Kontaktaufnahme mit dieser Firma zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Spätestens ein Scheitern dieses neuerlichen Versuches hätte dann bei Herrn **** Zweifel erwecken müssen, ob bei der Erstellung der nachträglichen Empfangsbestätigungen wirklich alles korrekt verlaufen ist.
Er hat in diesem Zusammenhang jegliche zumutbare Überprüfungsmaßnahme unterlassen und dadurch die einen Geschäftsführer treffenden Auswahl- und Kontrollpflichten grob verletzt. Diese Verletzung zieht eine Haftungsfolge nach sich.
4.2. Verletzung der Nachweispflicht
Art. 6 Abs. 1 Zollkodex lautet:

Art. 14 Zollkodex lautet:

Art. 6 Abs. 3 UStG lautet:

§ 5 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) lautet:

Das Zollverfahren der Abfertigungen zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher steuerbefreiender Lieferung (Verfahren Code 4200) stellt eine abgaben rechtliche Begünstigung dar. Das Vorliegen der Voraussetzungen dafür ist nachzuweisen, bzw. glaubhaft zu machen, wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist.
Den Abgabepflichtigen trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben (vgl. VwGH 13.9.2006, 2006/13/0100). Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihm, Beweise für die Aufklärung auslandsbezogener Sachverhaltselemente beizuschaffen.
Er hat durch konkrete und vollständige Aufklärung der Tatsachen den Anschein zu widerlegen, der sich für die Abgabenbehörde auf Grund der ihr zur Kenntnis gelangten Umstände bot.
Verletzt die Partei diese ihre erhöhte Mitwirkungspflicht im Abgabenverfahren, so kann das dadurch bedingte Aufklärungsdefizit nicht der Abgabenbehörde als Verfahrensmangel ausgelastet werden.
Beim Zollverfahren 4200 ist nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen. Dieser Nachweis ist im vorliegenden Fall nicht erbracht worden.
Aufgrund der vielen Ungereimtheiten in den Speditionsakten (vergleiche Seite 12-14 der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 9.12.2013) haben sich von Anfang an massive Zweifel ergeben, die ein sorgfältig und pflichtgemäß arbeitendes Unternehmen davon abgehalten hätten, das Zollverfahren 4200 zu beantragen, ohne die Zweifel auszuräumen. Die Ungereimtheiten wurden auch gegenüber der Zollbehörde nicht aufgezeigt und damit ohne Aufklärung als gegeben angenommen.
Die Primärschuldnerin hat trotz der offenkundigen Divergenzen bedenkenlos die entsprechenden Abfertigungen durchgeführt. Die Primärschuldnerin hat auch keine Anstrengungen unternommen, in einem angemessenen Zeitraum nach Durchführung der Zollabfertigung die nicht erhaltenen Empfangsbestätigungen bei der Firma ***F*** SARL zu urgieren bzw. das Zollamt davon in Kenntnis zu setzen, dass die Waren nicht bei der Firma ***F*** SARL eingetroffen sind.
Es wurde offensichtlich ins Kalkül gezogen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung gering ist. Das Restrisiko einer wenig wahrscheinlichen Nachprüfung wurde bewusst in Kauf genommen.
Ein einigermaßen sorgfältig und pflichtgemäß arbeitendes Unternehmen hätte allerspätestens nach Auftreten der ersten Probleme (Empfangsbestätigung langt innerhalb einer angemessenen Frist nach Durchführung der Zollabfertigung nicht ein) jegliche weiteren Abfertigungen zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher steuerbefreiender Lieferung unterlassen und das Zollamt in Kenntnis gesetzt, damit dieses die Einfuhrumsatzsteuer für die bisher getätigten Abfertigungen festsetzten kann.
Die Primärschuldnerin hat aber weitere Abfertigungen durchgeführt und wurde erst tätig, als das Zollamt ***ZA*** eine Betriebsprüfung angekündigt hat.
Wie bereits unter Punkt 4.1. ausgeführt zählt zu den Pflichten eines Geschäftsführers auch, die Erfüllungsgehilfen durch geeignete Maßnahmen sorgfältig zu überwachen. Herr **** hat in diesem Zusammenhang jegliche zumutbare Überprüfungsmaßnahme unterlassen und dadurch die einen Geschäftsführer treffenden Auswahl- und Kontrollpflichten grob verletzt.
Diese Verletzung zieht eine Haftungsfolge nach sich.
5. Kausalzusammenhang zwischen pflichtwidrigem Handeln und Abgabenausfall
Die schuldhafte Verletzung der Abgabenpflichten muss zu deren Uneinbringlichkeit geführt haben. Es muss feststehen, dass ohne schuldhafte Pflichtverletzung die Uneinbringlichkeit nicht eingetreten wäre.
Wären die unter Punkt 4. angeführten Pflichtverletzungen nicht begangen worden, wären die gegenständlichen, nun uneinbringlichen Abgaben nicht erst mit Bescheid vom 9.5.2011 vorgeschrieben worden, sondern bereits im Zuge der jeweiligen Abfertigungen zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr.
Diese Zollabfertigungen wurden zwischen 3.7.2007 und 21.8.2008 durchgeführt. Die Fälligkeit wäre gemäß § 77 Abs. 3 ZollR-DG am 15. Tag des auf die Abfertigung folgenden Monats eingetreten. Somit wären die Abgaben laufend zwischen 15.8.2007 bis 15.9.2008 fällig geworden.
In den Jahren 2007 und 2008 hatte die Primärschuldnerin noch keine Zahlungsschwierigkeiten und wäre daher problemlos in der Lage gewesen, die vorzuschreibenden Abgaben zu entrichten. Die Forderung wäre daher einbringlich gewesen und es ist die Uneinbringlichkeit erst durch die Pflichtverletzungen entstanden.
6. Stellungnahme zu den Einwendungen in der Vorhaltsbeantwortung
Mit Vorhalt vom 12.5.2014 hat das Zollamt ***ZA*** Herrn **** mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihn zur Haftung gem. § 9 BAO heranzuziehen und welche Verletzung von abgabenrechtlichen Pflichten ihm vorgeworfen wird. Es wurde ihm die Gelegenheit eingeräumt, zu diesem Vorhalt Stellung zu nehmen.
Mit Eingabe vom 28.5.2014, Zeichen: A1/fk hat er diesen Vorhalt beantwortet. Zu den einzelnen Punkten der Vorhaltsbeantwortung ist auszuführen:
Zu 1.), 2.) und 4.)
Eine der Pflichten eines Geschäftsführers ist es, fällige Abgabenschuldigkeiten zu entrichten. Reichen vorhandene Mittel nicht zur Abdeckung aller Schulden aus, so liegt, wenn keine verhältnismäßige Befriedigung der Gläubiger erfolgt und dabei die Abgabenbehörde schlechter gestellt wird als die übrigen Gläubiger, eine für die Anwendung des § 9 relevante schuldhafte Pflichtverletzung vor (Gleichbehandlungsgrundsatz).
Mit den unter Punkt 1.), 2.) und 4.) ausgeführten Einwendungen versucht Herr **** darzulegen, dass keine Verletzung der Pflicht zur Abgabenentrichtung und kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen. Begründend führt er aus, dass die Fälligkeit der mit dem Bescheid vom 9.5.2011 festgesetzten Einfuhrumsatzsteuerschuld erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens eingetreten sei und bereits vorher keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien.
Dabei wird jedoch übersehen, dass die gegenständliche Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 BAO nicht wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Abgabenentrichtung bzw. einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Fälligkeit erfolgt, sondern - wie ausgeführt - wegen Verletzung anderer abgabenrechtlicher Pflichten.
Im Übrigen ist für die Beurteilung maßgebend, wann die Abgabenschuldigkeiten bei pflichtgemäßem Verhalten des Vertreters zu entrichten gewesen wären.
Zu 3.)
Unter diesem Punkt wird ausgeführt, dass die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftssachen und Korruption das Ermittlungsverfahren gegen Herrn **** endgültig eingestellt hat. Da kein finanzstrafrechtliches Fehlverhalten erweislich war, müsse dies auch auf die Haftungsfrage durchschlagen und das Zollamt von einer Haftungsinanspruchnahme daher Abstand nehmen.
Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass in der Heranziehung zur Haftung nach § 9 BAO kein strafrechtlicher Vorwurf begründet ist (VwGH 29.6.1999, 99/14/0128). Eine Pflichtverletzung im Sinne von § 9 BAO kann daher auch dann vorliegen, wenn kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt.
zu 5.), Absatz 1-3
Unter diesem Punkt wird ausgeführt, dass Herrn **** kein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft und diesbezüglich auch kein Strafverfahren eingeleitet wurde (offensichtlich ist damit ein Strafverfahren wegen kridaträchtiger Handlungen gemeint).
Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass in der Heranziehung zur Haftung nach § 9 BAO kein strafrechtlicher Vorwurf begründet ist. Eine Pflichtverletzung im Sinne von § 9 BAO kann daher auch dann vorliegen, wenn kein strafrechtlich relevanter Sachverhalt (z. B. fahrlässige Krida oder betrügerische Krida) vorliegt.
Zu 5.), Absatz 4
Sinngemäß wird eingewendet, "massive Zweifel" an der Echtheit der Empfangsbestätigungen seitens des Zollamtes reichen nicht aus, um diese als unecht zu werten. Bis zum Beweis des Gegenteiles sei davon auszugehen, dass die Empfangsbestätigungen echt seien.
Dazu ist festzuhalten, dass sich die freie Beweiswürdigung im Abgabenverfahren von jener im Finanzstrafverfahren, in dem der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten) zu Tragen kommt, wesentlich unterscheidet. Im Abgabenverfahren genügt es, als Ergebnis der freien Beweiswürdigung von mehreren Möglichkeiten, wenn keine von ihnen die Gewissheit für sich jene als erwiesen anzusehen, der die überwiegende Wahrscheinlichkeit zukommt, auch wenn sie nicht unzweifelhaft erwiesen ist. Auf die obigen Ausführungen zu den Empfangsbestätigungen wird verwiesen.
7. Ermessen
Die Haftungsinanspruchnahme bei einer schuldhaften Pflichtverletzung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Der Begriff "Billigkeit" gebietet dabei unter anderem die Berücksichtigung berechtigter Interessen des Haftungspflichtigen, der Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen der Partei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen (vgl. VwGH 20.9.1996, 94/17/0122).
7.1. Zweckmäßigkeit
Wie bereits ausgeführt ist über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren anhängig. Bei der Festsetzung der Haftungsschuld wurde die im besten Fall zu erwartende Quote bereits in Abzug gebracht. Die gegenständliche Haftungsschuld ist daher bei der Primärschuldnerin jedenfalls uneinbringlich.
Neben Herrn **** *** war Herr ***EG***, geboren am **.**.****, zuletzt wohnhaft in ***Adr14***, als zweiter Geschäftsführer tätig. Herr ***EG*** hat sich laut Auskunft des Zentralen Melderegisters am 18.4.2014 in Österreich abgemeldet und ist.in die Türkei verzogen. Eine Anschrift in der Türkei ist dem Zollamt nicht bekannt. Es ist aus diesem Grunde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass bei Herrn ***EG*** eine Einbringungsmöglichkeit besteht.
Die Geltendmachung der Haftung gegenüber Herrn **** *** stellt daher die einzige Möglichkeit zur zumindest teilweisen Durchsetzung des Abgabenanspruches dar.
Auf Grund der derzeitigen Informationen ist davon auszugehen, dass der Haftungsbetrag bei ihm zumindest teilweise einbringlich sein wird. Im Übrigen kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Ermessensübung vernachlässigt werden, weil persönliche Umstände wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder eine Vermögenslosigkeit des Haftenden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen.
Die Erlassung des Haftungsbescheides ist daher jedenfalls zweckmäßig
7.2. Billigkeit
Gründe, die für eine Unbilligkeit der Haftungsinanspruchnahme sprechen könnten, kann das Zollamt ***ZA*** nicht erblicken bzw. wurden auch nicht vorgebracht.
Herr **** hat im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Pflichten auffallend sorglos gehandelt. Durch diese Pflichtverletzungen ist der Republik Österreich ein finanzieller Schaden entstanden. Es ist nicht unbillig, wenn jemand für den Schaden, den er verursacht hat, zur Haftung herangezogen wird."

Dagegen richtet sich die innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist erhobene Beschwerde vom 26. September 2014. Darin heißt es:
"Der vorliegende Haftungsbescheid wird zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angefochten und wird im Einzelnen wie folgt ausgeführt:
1.)
Bereits die Darstellung des Sachverhaltes im Haftungsbescheid ist falsch.
Es ist zwar richtig, dass im Jahr 2008 das Zollamt ***ZA*** eine Nachschau durchgeführt hat. Keineswegs wurden zum damaligen Zeitpunkt Unregelmäßigkeiten festgestellt, sondern wurde vom damaligen Prüfer festgestellt, dass sämtliche Dokumente in Ordnung waren. Es waren bereits zum damaligen Zeitpunkt sämtliche Ablieferbelege über die Zustellung bzw. Ablieferung der Waren an die Firma ***F*** Sarl vorhanden. Diese Zustellnachweise bzw. Übernahmenachweise haben sich in Form von Stempeln und Bestätigungen auf dem Verzollungsdokument befunden. Der damalige Prüfer hat lediglich noch verlangt, dass zusätzlich auf den CMR-Frachtbriefen Übernahmebestätigungen aufscheinen sollten, welche von den Mitarbeitern des Beschwerdeführers eingeholt wurden.
Derartige Prüfungen der Zolldokumente bzw. der Verzollungen sind öfters pro Jahr vom Zoll durchgeführt worden.
Die Argumentation der Behörde, es hätte sich nur um eine Betriebsprüfung des Zolls zur Feststellung der "formalen Richtigkeit" der Ablieferbelege gehandelt, ist nicht nachvollziehbar, weil es sich um eine übliche Betriebsprüfung gehandelt hat, welche oft durchgeführt wurde, wie oben ausgeführt. Weder für den Prüfer noch für den Beschwerdeführer war Grund zur Annahme vorhanden, dass es sich angeblich um unrichtige Bestätigungen gehandelt hat.
Es stellt sich die Frage, woher der Beschwerdeführer wissen hätte sollen, dass dort angeblich falsche Unterschriften aufgeschienen sind.
Zur - nochmaligen - und eingehenderen Darstellung des Sachverhaltes wird vorgebracht, dass noch ca. bis zum Jahre 2005/2006 die Primärschuldnerin direkt ihre Leistungen mit den Abnehmerkunden in den EU-Ländern verrechnet hat. Die von der Primärschuldnerin in Rechnung gestellten Leistungen wurden aber oft nicht bezahlt und hatte die Primärschuldnerin daher kaum eine Möglichkeit die offenen Rechnungsbeträge einzutreiben. Dies war einerseits aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten gegeben, andererseits durch die Kompliziertheit der Einschaltung ausländischer Gerichte.
Dem gegenüber sind die türkischen Frächter gestanden, welche meist in den jeweiligen EU-Ländern Büros unterhalten haben und daher leichter Kontakt zu den Endabnehmern hatten. Die Primärschuldnerin hat daher mit den Frächtern vereinbart, dass sich diese um die Ablieferbelege und auch um die Zollvollmachten kümmern. Dies hat auch meist gut geklappt, sodass die Verzollungsleistung der Primärschuldnerin direkt mit dem türkischen Frachtunternehmen erfolgt ist. Der türkische Frächter hat sich um die Zollvollmacht gekümmert und konnte daher davon ausgegangen werden, dass die Endabnehmer in der EU tatsächlich auch existieren.
In diesem Zusammenhang wird nochmals darauf verwiesen, dass sich die Primärschuldnerin immer davon überzeugt hat, ob diese Unternehmen existieren, indem permanent UID-Nummernabfragen sowohl der 1. als auch der 2. Stufe durchgeführt wurden. Bei Erstkontakt mit einem ausländischen EU-Abnehmer wurde auf jeden Fall immer die 2-stufige Abfrage durchgeführt.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die USt-ID Nummer der Firma ***F*** Sarl vom 01.03.2001 bis 30.08.2012 gültig war, wie eine MIAS-Abfrage durch den Unabhängigen Finanzsenat im Rahmen seiner Berufungsentscheidung vom 09.12.2013, ZRV/0185-Z2L/11, festgehalten wurde. Zum damaligen Zeitpunkt war keine wie immer geartete Veranlassung für den Beschwerdeführer bzw. die Primärschuldnerin gegeben, direkten Kontakt mit dem Endabnehmerkunden aufzunehmen, wenn eine ordnungsgemäß ausgefüllte Zollvollmacht und eine 2-stufige UID-Nummernabfrage durchgeführt wurde. Dieser Kontakt wurde zum damaligen Zeitpunkt von niemandem, weder vom österreichischen noch vom deutschen Zoll gefordert. Gerade diese USt-ID Nummernabfrage sollte ja die Bürokratie erleichtern und damit auch dem Verfahren 4200 dienen, um den Warenverkehr leichter abwickeln zu können.
Im Jahre 2008 wurden üblicherweise vom österreichischen Zoll niemals Abnehmernachweise mittels CMR-Frachtbriefen gefordert, sondern es wurden immer nur Lieferscheine verlangt oder der Übernahmenachweis auf dem Verzollungsdokument.
Dazu ist festzuhalten, dass es zahlreiche Gespräche zwischen den Mitarbeitern des österreichischen Zolls und den Spediteuren in ***Ort1*** gegeben hat, um klarzustellen, welche Ablieferbestätigungen vom österreichischen Zoll akzeptiert werden und welche nicht. Es wurde mit Herrn ***ZO***, damaligen Amtsdirektor des Zollamtes ***Ort1***, dieses Thema besprochen und hat dieser dezidiert mitgeteilt, dass es für den österreichischen Zoll ausreichend sei, wenn auf der Zollabfertigung Blatt Nr. 8, im Feld B, eine entsprechende Übernahmebestätigung bzw. Abnahmebestätigung des Empfängers, sohin im gegenständlichen Fall in Frankreich, vorliegt. Dies wurde über alle Jahre so gehandhabt und zu keinem Zeitpunkt kritisiert.
Es wird daher ausdrücklich die ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers, des Zeugen ***EM*** und des Amtsdirektors des Zollamtes ***Ort1***, Herrn ***ZO***, beantragt.
Da die UID-Nummernabfragen immer positiv waren, so konkret im gegenständlichen Fall, hat es keinen Grund gegeben nachzufragen, welche Person auf dem Firmenstempel des Endabnehmers unterschrieben hat.
Der Vorwurf, die Unterschrift auf den Abliefernachweisen sei nicht lesbar, kann wohl nicht allen Ernstes ein Argument dafür sein, den Beschwerdeführer in Haftung zu ziehen. Es wird in diesem Zusammenhang - lediglich beispielhaft - angeführt, dass auch Herr ***AR***, Mitarbeiter des Zollamtes ***ZA***, eine Unterschrift aufweist, welche mit Sicherheit nicht identifizierbar bzw. soweit leserlich ist, dass man daraus erkennen kann, um welchen Familiennamen es sich handelt. Derartige Unterschriften gibt es geradezu hunderttausendfach im Geschäftsleben, sodass auch im gegenständlichen Fall mit der Firma ***F*** Sarl keine wie immer gearteten Zweifel aufgekommen sind, dass auf den Abliefernachweisen kein Unterschriftsberechtigter unterfertigt hat.
Wenn im Sachverhalt festgestellt wird, dass als Warenbezeichnung in sämtlichen Fällen "Garments" angeführt ist, obwohl in den Zollanmeldungen auch andere Waren erklärt wurden, ist dies wie folgt klarzustellen.
Die Mitarbeiter der Primärschuldnerin haben auf dem Verzollungsdokument, Blatt 8, nur diejenigen Waren eingetragen, welche sich aus den Rechnungen ergeben haben. Wenn in den Zollanmeldungen andere Waren erklärt wurden, so ist auf Folgendes zu verweisen. Eine der Voraussetzungen zur Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher steuerbefreiender Lieferung (Verfahren Code 4200) war das Vorliegen der originalen ATR-Bescheinigung. Die türkischen Exportgesetze haben vorgeschrieben, dass türkische Unternehmer für gewisse Waren für den Export in die Europäische Union spezielle Exportlizenzen benötigen. Diese Exportlizenzen waren für ganz bestimmte Empfänger in der EU ausgestellt und nicht für Empfängerländer. Um diese komplizierte Bürokratie teilweise zu umgehen, haben die türkischen Exporteure bestehende Lizenzen verwendet und wurden auf die CMR-Frachtbriefe und/oder ATR-Bescheinigungen öfters Firmen vermerkt, die gar nicht der tatsächliche Empfänger waren. Das ATR-Dokument wird nämlich vom Versender bzw. Exporteur ausgefüllt und dann vom türkischen Zoll bestätigt. Gleichzeitig muss der türkische Exporteur beim türkischen Zoll auch die Exportlizenz vorlegen, sonst wird ihm der Export nicht bewilligt.
Auf dem ATR-Formular ist das Feld "Empfänger" oft leer geblieben. Es ist ausdrücklich in den Bedingungen vermerkt, dass das Feld Empfänger nicht unbedingt notwendig ist auszufüllen.
Dies war deshalb manchmal der Fall, weil man ja nicht für alle Waren, die aus der Türkei exportiert wurden, eine Exportlizenz benötigt hat.
Auch diese Angelegenheit wurde damals mit dem österreichischen und dem deutschen Zoll am Zollamt ***Ort1*** besprochen und von beiden Zollstellen entsprechend akzeptiert bzw. Verständnis entgegen gebracht und darin keine Verfehlung oder ein Mangel gesehen.
Auch zu diesem Thema werden die oben angeführten Personen zur ergänzenden Einvernahme beantragt.
Aus diesen Gründen ist es daher oft vorgekommen, dass nicht nur teilweise andere Waren erklärt wurden, sondern dass auch auf den von den türkischen Fahrern der Primärschuldnerin überbrachten Dokumente teilweise andere Empfänger aufgeschienen sind.
Der richtige Empfänger war aber immer klar und ergibt sich aus dem Zolldokument.
2.)
Wenn von der Primärschuldnerin und vom Beschwerdeführer verlangt wird, dass von der Primärschuldnerin bzw. vom Beschwerdeführer die Voraussetzungen gem. Art. 7 und 6 UStG und der Steuerbefreiung gem. § 5 der Verordnung BGBI. Nr. 401/1996 vorliegen müssen, so hat dies die Primärschuldnerin bzw. der Beschwerdeführer in korrekter und vollständiger Form in Bezug auf die gegenständlichen Abfertigungen erfüllt.
Am Verzollungsdokument befindet sich der Name, die Anschrift und die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Abnehmers (Feld 8).
Die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstandes der Lieferung findet sich in Feld 31.
Der Tag der Lieferung bzw. Ablieferung findet sich entweder am Zolldokument oder auf dem CMR-Frachtbrief (Feld 24 oder Feld B).
Das vereinbarte Entgelt ergibt sich aus dem Verzollungspapier bei Position 22.
Die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet und der Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet ergibt sich aus den Feldern 2 bzw. 17.
Sämtliche anderen wichtigen Daten sind im Verzollungsdokument jedes Mal enthalten gewesen.
Die Unternehmereigenschaft des drittländischen Versenders wurde ebenfalls durch die im Verzollungsakt liegenden Rechnungen nachgewiesen. Die Eigenschaften des Abnehmers, die Steuerbarkeit beim Abnehmer im anderen Mitgliedsstaat der EU (durch seine UID-Nummer) sowie die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet ist durch den Verzollungsakt bzw. durch das Verzollungsformular und die beiliegenden Urkunden jedes Mal nachgewiesen gewesen.
Auch die Abliefernachweise sind in der Form vorgelegen, wie sie damals vom österreichischen Zoll gefordert waren. Wenn aber 3 Jahre später, als der Abgabenbescheid an die Primärschuldnerin erlassen wurde, andere Kriterien gegolten haben, so kann auch dies nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers sein. Wie oben ausgeführt, wurde in zahlreichen Gesprächen mit dem österreichischen und auch dem deutschen Zoll abgeklärt, wie die Abliefernachweise auszusehen haben bzw. welche Erfordernisse verlangt werden, um sie als gültige Abliefernachweise anzuerkennen können. Diesen Erfordernissen ist der Beschwerdeführer immer nachgekommen.
Festzuhalten ist auch, dass bei sämtlichen Verzollungen bezüglich der Firma ***F*** Sarl immer die Abliefernachweise in der geforderten Form vorhanden waren.
3.)
Die Feststellung im Sachverhalt, dass die Firma H*Ltd. angeblich weder Frachtbriefe ausgestellt noch bescheinigte Warentransporte durchgeführt hat, kann auch in diesem Fall für den Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Es ist sehr oft vorgekommen, dass die Primärschuldnerin mit einem bestimmten türkischen Frächter im Auftragsverhältnis gestanden ist, wobei dieser türkische Frächter oftmals Subunternehmer mit dem Transport der Fracht beauftragt hat, sodass der Beschwerdeführer und die Primärschuldnerin keinen wie immer gearteten Zweifel hegen mussten, ob nun der im Vertragsverhältnis stehende Frachtführer (im gegenständlichen Fall war es oft die Firma ***U*** in der Türkei) oder ein anderer Frachtführer am Verzollungsdokument bzw. am CMR aufgeschienen ist. Es wäre für die Mitarbeiter der Primärschuldnerin und für den Beschwerdeführer geradezu unmöglich gewesen, hier genauere Kontrollen durchzuführen. Dies ist schon dadurch bedingt, weil es sich um eine Massenabfertigung handelt und pro Jahr ca. 30.000 Abfertigungen von der Primärschuldnerin durchgeführt wurden. Im Unternehmen der Primärschuldnerin haben ca. 30 Personen gearbeitet, von denen ein großer Teil mit der direkten Zollabfertigung beschäftigt war. Es wäre unmöglich gewesen, bei dem oft großen Ansturm von Fahrern mit jedem Fahrer zu seinem LKW zu gehen und nachzuprüfen, zu welcher Firma dieser LKW gehört.
4.)
Wenn nun dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, dass er seinen Pflichten als Geschäftsführer nicht nachgekommen sei, weil er die Erfüllungsgehilfen nicht sorgfältig überwacht habe, ist zu entgegnen, dass der Mitarbeiter ***A.B.*** ein langjähriger und guter Mitarbeiter war. Außerdem spricht nur er die türkische Sprache, der Beschwerdeführer ist der türkischen Sprache nicht mächtig. Der Beschwerdeführer konnte sich auf die Tätigkeit des Mitarbeiters ***A.B.*** zu 100% verlassen und war kein Grund vorhanden diesen speziell zu überprüfen. Wie es sehr oft vorgekommen ist, hat Herr ***A.B.*** auch im gegenständlichen Fall einem Fahrer der glaublich Firma ***U*** die CMR-Frachtbriefe mitgegeben und ersucht bei der Firma ***F*** Sarl die Übernahme bestätigen zu lassen. Dies wurde auch so durchgeführt, sodass der Beschwerdeführer keinen Grund zum Zweifeln hatte. Die Abliefernachweise sind meistens, auch im Fall bei der Firma ***F*** Sarl, von den Fahrern mitgenommen worden und bei der Primärschuldnerin abgeliefert worden, sodass auch im gegenständlichen Fall kein Grund zum Zweifeln war.
Außerdem wurde auch der zweite Geschäftsführer, ***EG***, welcher der türkischen Sprache mächtig ist, mit der Sache betraut und haben sowohl ***EG*** auch ***A.B.*** an der Einholung dieser Abliefernachweise gearbeitet.
In diesem Zusammenhang ist nochmals ganz klar zu betonen, dass ab dem Zeitpunkt, als die Abnehmerfirmen in der Europäischen Union nicht mehr Rechnungsempfänger der Primärschuldnerin waren und somit nicht mehr zahlungspflichtig waren für die Leistungen der Primärschuldnerin, in der Regel keine Kontaktaufnahme mit diesen Unternehmen mehr erfolgt ist, sondern ausschließlich nur mehr auf die von diesen Unternehmen ausgestellte Zollvollmacht gewartet wurde. Es hat keinen weiteren Grund gegeben mit diesen Abnehmerfirmen Kontakt aufzunehmen, solange die Zollvollmachten gültig waren und die UID-Nummernabfragen auf beiden Stufen positiv gewesen sind.
In der Berufungsentscheidung des UFS vom 09.12.2013, ZRV/0185-Z2L/11, wird in den Entscheidungsgründen unter anderem ausgeführt, dass in den einzelnen Abfertigungen Unstimmigkeiten festgestellt wurden. Auf die "Unstimmigkeiten" bezüglich der Exportlizenzen und damit im Zusammenhang stehend die Tatsache, dass teilweise andere Abnehmer als tatsächlich die Firma ***F*** Sarl auf den CMR-Frachtbriefen und Verzollungsdokumenten gestanden sind, wurde oben bereits eingegangen. Es wurde in der genannten Entscheidung aber auch darauf hingewiesen, dass öfters neben den üblichen Verzollungskosten auch Einfuhrumsatzsteuer und Zoll verrechnet wurde. Dies war für den Berufungssenat beim UFS offensichtlich eine Unstimmigkeit, auf welche in der gegenständlichen Berufung nunmehr eingegangen wird, um diesbezüglich Klarheit zu schaffen.
Wie der Zollbehörde ja bekannt ist, benötigt man für das Verfahren 4200 - unter anderem - ein originales und gültiges A.TR-Dokument. Es ist öfters vorgekommen, dass zum Zeitpunkt der Verzollung, also als der LKW-Fahrer des türkischen Frächters bei der Primärschuldnerin mit sämtlichen Dokumenten eingelangt ist, dieses A.TR-Dokument nicht im Original vorhanden war, sondern lediglich in Kopie oder manchmal auch in Form von Telefax oder manchmal gar nicht. Da das Verfahren 4200 ohne originales A.TR-Dokument nicht durchgeführt werden konnte, die Verzollung aber trotzdem durchgeführt werden sollte, wurde dem türkischen Frächter die Einfuhrumsatzsteuer und auch der für die Ware zu entrichtende Zoll von der Primärschuldnerin zur Zahlung vorgeschrieben. Wenn dann später das originale A.TR eingelangt ist, wurden diese vorgeschriebenen Abgaben selbstverständlich wieder an den türkischen Frächter zurücküberwiesen oder mit anderen Zahlungen gutgeschrieben.
Allein schon an dieser Vorgangsweise ist ersichtlich, dass die Primärschuldnerin mit größtmöglicher Sorgfalt versucht hat die Bestimmungen einzuhalten.
5.)
Die Behauptung der Behörde, dass die Waren angeblich gar nicht bei der Firma ***F*** Sarl eingetroffen sind, ist nicht bewiesen. Dazu gibt es keine wie immer gearteten Erkenntnisse bzw. wurde von der Zollbehörde kein einziger Beweis vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass die Waren nicht bei der Firma ***F*** Sarl eingelangt sind.
6.)
Im angefochtenen Bescheid wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe schuldhaft gehandelt.
Ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers liegt jedoch nicht vor.
Zum damaligen Zeitpunkt, nämlich im Jahre 2008, haben für den Beschwerdeführer keine wie immer gearteten Anhaltspunkte vorgelegen, dass die Übernahmebestätigungen der Firma ***F*** Sarl nicht richtig sein könnten. Es hat zum damaligen Zeitpunkt auch keine Vorschrift gegeben, eine nähere Überprüfung durchzuführen. Insbesondere hat es keine wie immer geartete Vorschrift gegeben, telefonischen Kontakt mit dem - im gegenständlichen Fail in Frankreich - ansässigen Abnehmer in der EU näheren Kontakt aufzunehmen. Der Beschwerdeführer konnte sich darauf verlassen, dass die türkischen Frachter die Übernahmebestätigungen in korrekter Art und Weise eingeholt haben und war dies ja auch immer der Fall.
Sämtliche Vorwürfe, welche jetzt gegen den Beschwerdeführer erhoben werden, waren damals in keinster Weise voraussehbar. Immerhin handelt es sich um Massenabfertigungen und sind die gegenständlichen 39 Abfertigungen hinsichtlich der Firma ***F*** Sarl lediglich ein minimaler Bruchteil der in der Regel ca. 30.000 Abfertigungen umfassenden Tätigkeit der Primärschuldnerin gewesen. Daraus zu schließen, dass es sich um einen regen Geschäftsverkehr gehandelt hat, ist geradezu an den Haaren herbeigezogen.
Der Vorwurf, wonach Grund zur Annahme bestünde, dass die Empfangsbestätigungen unter Mitwirkung von Mitarbeitern der Primärschuldnerin erfolgt sind, ist ebenfalls durch nichts bewiesen und eine reine Behauptung der Zollbehörde. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die auf den CMR-Frachtbriefen aufscheinenden Übernahmebestätigungen von einem LKW-Fahrer der Firma ***U*** eingeholt wurden und die Firma ***U*** ein langjähriger Partner der Primärschuldnerin gewesen ist. Es hat keinen Grund zur Annahme gegeben, dass hier Unregelmäßigkeiten aufscheinen werden. Zum Zeitpunkt der damaligen Sachlage hatte die Primärschuldnerin und der Beschwerdeführer keinen Grund an der Richtigkeit und an der ordnungsgemäßen Handlungsweise bezüglich der Einholung der Abnahmebestätigungen zu zweifeln.
Ebenso ist es eine geradezu unglaubliche Unterstellung zu behaupten, es sei naheliegend, dass die Person nicht eigenmächtig gehandelt habe sondern im Auftrag bzw. mit Wissen der Geschäftsführung. In diesem Zusammenhang wird dem Beschwerdeführer und der Primärschuldnerin vorgeworfen, dass sie dabei einen Vorteil gehabt haben sollen.
Es stellt sich in diesem Fall tatsächlich die Frage, welchen Vorteil die Primärschuldnerin bzw. der Beschwerdeführer gehabt haben soll. Dies lässt der angefochtene Bescheid geflissentlich offen.
Der einzige "Vorteil" (und dies ist mit Absicht zynisch gemeint) ist derjenige, dass sowohl der Geschäftsführer als nunmehriger Beschwerdeführer und auch die Primärschuldnerin in die Haftung aufgrund der indirekten Vertretung gem. Art. 5 ZK kommen können. Worin hier ein Vorteil erblickt werden soll, bleibt völlig im Dunkeln. Es gibt nämlich in diesem Zusammenhang keinen wie immer gearteten Vorteil weder für die Primärschuldnerin noch für den Beschwerdeführer. Die Primärschuldnerin bzw. der Geschäftsführer verlangen für ihre Tätigkeit eine gewisse Entlohnung, darüberhinausgehend gibt es keine wie immer gearteten Vorteile für Zollabfertigungen.
Es ist daher eine geradezu böswillige Unterstellung, die Empfangsbestätigungen seien im Auftrag bzw. mit Wissen der Geschäftsführung zustande gekommen. Tatsache ist, dass kein einziges Indiz, geschweige denn Beweis, dafür vorliegt, dass Empfangsbestätigungen im Bereich der Primärschuldnerin erstellt worden sind.
Wenn dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, er habe die Erfüllungsgehilfen durch geeignete Maßnahmen zu überwachen und dies nicht getan, so ist diesem Vorwurf folgendermaßen zu entgegnen.
Der Beschwerdeführer hat seit Jahren mit einem gut geschulten Team von mindestens 30 Personen zusammengearbeitet. Selbstverständlich hat der Beschwerdeführer seine Mitarbeiter immer wieder überwacht und geschaut, wie sie die Zollabfertigungen durchführen. Die Mitarbeiter waren aber auch so klug immer zu fragen, wenn sie bei der einen oder anderen Angelegenheit bzw. Verzollung nicht weiter wussten. Der Beschwerdeführer ist seinen Mitarbeitern immer zur Seite gestanden.
Der Mitarbeiter ***A.B.*** hat sich niemals einer Verfehlung schuldig gemacht und war ein sehr guter und vertrauenswürdiger Mitarbeiter. Da die Abfertigungen mit der Firma ***F*** Sarl aus damaliger Sicht keine Besonderheiten aufgewiesen haben mit Ausnahme dessen, dass anlässlich der Betriebsprüfung Übernahmebestätigungen auf den CMR-Frachtbriefen gefordert wurden (auf den Verzollungsdokumenten war ja die Übernahmebestätigung ohnehin bereits vorhanden), war dies für den Beschwerdeführer aus damaliger Sicht eine Routineangelegenheit. Immerhin konnte er sich auf seine Mitarbeiter verlassen und nachdem die Empfangsbestätigungen auch alle eingelangt sind, hat es keine Gründe gegeben, hier nähere Nachforschungen zu führen. Aus welchem Grunde die Firma ***F*** Sarl telefonisch kontaktiert werden sollte, zumal die Empfangsbestätigungen ohnehin bei der Primärschuldnerin eingelangt sind, lässt der angefochtene Bescheid völlig offen.
Genauso ist es ein Widerspruch, wenn vorgeworfen wird, der Beschwerdeführer hätte die Firma ***F*** Sarl telefonisch kontaktieren können und gleichzeitig wird ausgeführt, dass dies ja ohnehin nicht möglich war, weil eine Kontaktaufnahme nicht möglich gewesen sei.
Es ist auch hier nochmals zu verweisen, dass von 2001 bis 2010 die UID-Nummer der Firma ***F*** Sarl immer gültig war. Aus welchem Grunde sollte daher die Existenz dieses Unternehmens angezweifelt werden. Ganz im Gegenteil liegt es im Verantwortungsbereich der Zollbehörden genauere Überprüfungen durchzuführen, ob eine UID-Nummer eines EU-Unternehmens noch gültig sein darf. Es kann wohl nicht allen Ernstes von der Primärschuldnerin mit Ansässigkeit in ***Ort1*** verlangt werden, herauszufinden, ob ein Unternehmen z.B. in Frankreich tatsächlich noch existiert, wenn die UID-Nummer über einen derart langen Zeitraum gültig ist. Man kann von der Primärschuldnerin nicht verlangen, dass sie vielleicht bei französischen Finanzbehörden oder dergleichen Behörden Nachforschungen anstellt. Dies würde die Sorgfaltspflicht bei weitem übersteigen und wäre auch im täglichen Geschäftsverkehr überhaupt nicht möglich.
Es ist in diesem Zusammenhang auf die oben angeführte Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen zu verweisen, aus welcher keineswegs hervorgeht, dass telefonische Kontaktaufnahmen oder sonstige Nachforschungen notwendig sind. Die formalen Kriterien dieser Verordnung hat die Primärschuldnerin und damit auch der Beschwerdeführer zu 100% erfüllt.
Welche Auswahl oder Kontrollpflichten der Beschwerdeführer verletzt haben soll, wird ebenfalls wohlweislich im angefochtenen Bescheid offen gelassen. Es gab keinen Grund die Plausibilität der Empfangsbestätigungen zu überprüfen. Es muss in diesem Zusammenhang nochmals darauf verwiesen werden, dass dies alles aus damaliger Sicht im Jahre 2008 geschehen ist. Natürlich ist man heute "klüger" und haben sich bedauerlicherweise zahlreiche Betrugsfälle herausgestellt. Von derartigen Betrugsfällen wusste man zum damaligen Zeitpunkt aber nicht, sodass auch keine Zweifelsfragen aufgetaucht sind.
Die Zollbehörde kann wohl nicht allen Ernstes das heutige Wissen, welches sie in diesem Zusammenhang besitzt, auf die damalige Zeitperiode projizieren und nunmehr so tun als hätte der Beschwerdeführer und die Primärschuldnerin geradezu Hellseher sein müssen.
Aus diesem Grunde haben sämtliche Voraussetzungen für das Verfahren 4200 ordnungsgemäß vorgelegen, wie bereits oben ausgeführt wurde. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Übernahmebestätigungen auf den Verzollungsdokumenten ohnehin bereits im Jahre 2008 vorgelegt haben und erst dann noch auf den CMR-Frachtbriefen noch einmal diese Bestätigungen eingeholt wurden.
Dem Beschwerdeführer kann daher kein schuldhaftes Verhalten ausgelastet werden. Zum damaligen Zeitpunkt im Jahre 2008 hat kein Grund vorgelegen daran zu zweifeln, dass die Übernahmebestätigungen der Firma ***F*** Sarl echt sind und auch sonst haben sämtliche Dokumente in ordnungsgemäßer Form für das Verfahren 4200 vorgelegen.
Da also der Beschwerdeführer keine schuldhafte Handlung zu verantworten hat, kann er im gegenständlichen Fall auch nicht zur Haftung herangezogen werden.
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 9, Rz 18). Für die Haftung nach § 9 ist nur die Verletzung abgaben rechtlicher Pflichten von Bedeutung (ebendort, Rz 9).
Da im gegenständlichen Fall eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer - wie oben ausgeführt - nicht vorgelegen hat, besteht also keine Haftung, für die im angefochtenen Bescheid geforderten Abgaben.
7.)
Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) hat seit ca. Februar 2011 gegen die Primärschuldnerin bzw. den Beschwerdeführer ein umfassendes Ermittlungsverfahrens geführt.
Mit Benachrichtigung vom 10.12.2013 hat die WKStA das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer aus dem Grunde des § 190 Z. 2 StPO und des § 202 (1) FinstrG im Hinblick auf die Vorwürfe gem. den § 165 (1) und (2); 223 (2); 12, 302 (1) StGB; 35 (1) lit. a, (2) und (3), 38 (1) lit. a. FinstrG betreffend (bezugnehmend auf den Abschlussbericht des Zollamtes ***ZA1***) die Fakten 1a (39 innergemeinschaftliche Lieferungen an die französische Firma ***F*** S.a.r.l. von Juli 2007 bis August 2008) und in anderen Fällen endgültig eingestellt.
Dies bedeutet, dass die WKStA trotz 3-jähriger Ermittlungen keinen tatsächlichen Grund zur weiteren Verfolgung des Beschwerdeführers gefunden hat. Die Einstellung ist - wie oben erwähnt - auch hinsichtlich der 39 innergemeinschaftlichen Lieferungen an die französische Firma ***F*** S.a.r.l. im Zeitraum Juli 2007 bis August 2008 erfolgt.
Durch diese Einstellung der Ermittlungen der WKStA ist klargestellt, dass dem Beschwerdeführer in Bezug auf die in Rede stehenden Lieferungen an die Firma ***F*** S.a.r.l. kein strafrechtliches Verhalten vorgeworfen werden kann. Festzuhalten ist, dass die WKStA immerhin 3 Jahre Ermittlungen durchgeführt hat und sich die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer nicht nur auf die gegenständlichen Lieferungen an die Firma ***F*** S.a.r.I. bezieht, sondern auch auf zahlreiche weitere Lieferungen an diverse (hauptsächlich französische) Unternehmen.
Die WKStA hat festgestellt, dass ein (finanz-)strafrechtliches Fehlverhalten in keinem einzigen dieser Fälle mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit erweislich war. Offen geblieben ist lediglich das Ermittlungsverfahren hinsichtlich zweier anderer Fälle, welche jedoch hier nicht von Belang sind.
In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf zu verweisen (so wie dies bereits in zahlreichen Schriftsätzen vorgebracht wurde), dass die ***X*** pro Jahr ca. 24.000 Zollabfertigungen, also pro Monat ca. 2.000 Zollabfertigungen, durchgeführt hat. Es hat sich also um ein "Massengeschäft" gehandelt, bei welchem immer wieder gleichartige Dokumente von den Kunden vorgelegt wurden. Es wurde auch bereits zahlreiche Male vorgebracht, dass immer ordnungsgemäß die UID-Nummernabfrage gemäß Stufe 1 und 2 von den Mitarbeitern der ***X*** durchgeführt wurden. Als Geschäftsführer des genannten Unternehmens war der Beschwerdeführer mit praktisch keiner einzigen Zollabfertigung befasst, sondern musste er sich um andere geschäftliche Belange kümmern. Nur in Problemfällen wurde mein Mandant befasst. Es wäre für den Beschwerdeführer unmöglich gewesen alles selbst zu erledigen oder gar zu überprüfen, so wie dies offensichtlich nunmehr vorgeworfen wird. Aus diesem Grunde liegt keine Fahrlässigkeit, geschweige denn vorsätzliches Verschulden vor.
Da also bereits aus der Sicht der WKStA ein finanzstrafrechtliches Fehlverhalten nicht erweislich war, muss diese Tatsache auch auf die gegenständliche von der Behörde geltend gemachte Haftung durchschlagen.
Nicht nur die WKStA hat das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt, sondern auch die Staatsanwaltschaft ***StA***. Auch die Staatsanwaltschaft ***StA*** hat ca. 3 Jahre - unter anderem - gegen den Beschwerdeführer ermittelt und gemäß Mitteilung vom 12.03.2014 das Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gem. § 170 (2) dStPO eingestellt. Es handelt sich bei der genannten Norm um eine endgültige Einstellung.
Die Einstellung der deutschen Staatsanwaltschaft ist aber nicht nur gegen Beschwerdeführer, sondern gegen alle Beschuldigten erfolgt. Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass das Zollamt ***ZA*** sehr wohl darüber informiert ist, welche Beschuldigten gemeint sind.
Wenn also bereits zwei Staatsanwaltschaften nach jahrelangen und umfassenden Ermittlungen der Ansicht sind, dass dem Beschwerdeführer kein wie immer geartetes Verschulden an den inkriminierten Handlungen vorzuwerfen ist (sondern zwischenzeitlich Informationen vorliegen, wonach es sich bei den wirklichen Tätern um bandenmäßige Tätergruppen aus Südosteuropa und der angrenzenden Türkei handelt), dann kann auch im gegenständlichen Fall dem Beschwerdeführer kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.
Es ist also auch aus diesem Grunde eine Haftung des Beschwerdeführers nicht gegeben.
8.)
Im angefochtenen Bescheid wird unter anderem angeführt, dass in der Heranziehung zur Haftung nach § 9 BAO kein strafrechtlicher Vorwurf begründet ist.
Diese Behauptung hat der Beschwerdeführer auch niemals aufgestellt, sondern hat der Beschwerdeführer einzig und allein darauf verwiesen, dass dem Beschwerdeführer weder vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten (im Hinblick auf eine allfällige strafrechtlich relevante Tat nachgewiesen werden konnte. Der Begriff des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit ist im Strafrecht derselbe wie in der BAO.
Aus diesen Gründen ist daher die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer bei der WKStA durchaus relevant weil dort von der Ermittlungsbehörde selbstverständlich auch dieselben Fakten überprüft wurden wie im gegenständlichen Fall. Selbstverständlich war, wie bereits in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 28.05.2014 an das Zollamt ***ZA*** ausgeführt, die 39 innergemeinschaftlichen Lieferungen an die Firma ***F*** Sarl von Bedeutung. Hier wurde von der WKStA in jeder Richtung ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers (egal ob vorsätzlich oder fahrlässig) überprüft. Selbstverständlich wurde dort auch überprüft, ob der Beschwerdeführer an der Ausstellung der anscheinend falschen Übernahmebestätigung durch die Firma ***F*** Sarl beteiligt ist. Es wurde von der WKStA in sämtliche Richtungen ermittelt, also auch ob der Beschwerdeführer mitbeteiligt war bzw. davon wusste. Diese Ermittlungen sind daher keine anderen Ermittlungsarten wie sie von der Zollbehörde vorgenommen wurden, zumal sich die WKStA auf dieselben Aussagen der einvernommenen Personen stützt wie die Zollbehörde im angefochtenen Bescheid, nur mit dem Unterschied, dass die Zollbehörde offenbar nicht willens ist zu akzeptieren, dass der Beschwerdeführer kein wie immer geartetes schuldhaftes Verhalten, egal in welcher Richtung, zu verantworten hat.
Es wird an dieser Stelle nochmals ausgeführt - um dies klar und deutlich hervorzuheben, dass im gegenständlichen Fall keine ex post, sondern eine ex ante Betrachtung der Situation im Jahre 2008 durchgeführt werden muss. Die Situation ist also so zu betrachten, wie sie der Beschwerdeführer im Jahre 2008 aus seiner Sicht ohne das heutige Wissen vorgefunden hat. Unter diesem Gesichtspunkt hat es auch die WKStA durchgeführt.
Im gegenständlichen Haftungsbescheid wird der Eindruck erweckt, als ob sich die Zollbehörde auch aufs 9a BAO stützt, obwohl dieser § 9a BAO zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides gegen die Primärschuldnerin und zum Zeitpunkt der Handlungen des Beschwerdeführers, welche ihm vorgeworfen werden, noch nicht in Kraft war. Dieser Eindruck entsteht insbesondere dadurch, dass dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, seine Erfüllungsgehilfen durch geeignete Maßnahmen nicht sorgfältig überwacht zu haben. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen verwiesen und wird darauf verwiesen, dass die Anwendung des § 9a BAO im gegenständlichen Fall rechtswidrig ist und somit sind auch die im Zusammenhang damit bestehenden Vorwürfe im angefochtenen Bescheid rechtswidrig. Auch wenn § 9a BAO nicht ausdrücklich erwähnt wird, so ist es offensichtlich, dass dieser hier angewendet wurde.
9.)
Aus diesem Grunde ist auch die Fälligkeit der mit Bescheid vom 09.05.2011 festgesetzten Einfuhrumsatzsteuerschuld erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens eingetreten und waren bereits vorher keine liquiden Mittel im Unternehmen der Primärschuldnerin vorhanden, sodass eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht vorgelegen hat.
Die Primärschuldnerin hatte bereits Mitte Juli 2011 Verbindlichkeiten von ca. 3,4 Mio € und diese Verbindlichkeiten wurden urkundenmäßig der Zollbehörde nachgewiesen. Es wird hier auf das Schreiben des ausgewiesenen Rechtsvertreters vom 14.07.2011 zur Zahl ***001*** samt angehängter Unterlagen verwiesen, welches aktenkundig ist und auch hier zum Vorbringen erhoben wird.
10.)
Wenn die Zollbehörde im angefochtenen Bescheid ausführt, dass massiver Zweifel an der Echtheit der Empfangsbestätigungen gehegt wird, so ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen und nochmals zu betonen, dass sich diese massiven Zweifel erst wesentlich später, also lange nach dem Jahre 2008, herausgestellt haben. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung hat es keine wie immer gearteten Zweifel an der Echtheit der der Zollbehörde vorgelegten Dokumente gegeben. Woher hätte der Beschwerdeführer wissen können oder wissen müssen, dass die Übernahmebestätigungen bzw. die darauf befindlichen Unterschriften und Stempel anscheinend nicht von der Firma ***F*** Sarl stammen. Er hatte keinen Grund zu zweifeln. Auch über das Zustandekommen dieser Bestätigungen hatte er keinen Grund zu zweifeln. Das nunmehr im Nachhinein bestehende Wissen der Zollbehörde durch langjährige Nachforschungen, welche der Beschwerdeführer niemals fähig gewesen wäre durchzuführen, kann dem Beschwerdeführer jetzt im Nachhinein nicht zum Nachteil gereichen.
Selbst wenn heute massive Zweifel an der Echtheit der Empfangsbestätigungen gehegt werden, so konnte dies der Beschwerdeführer im Jahre 2008 nicht wissen.
11.)
Grundsätzlich ist es richtig, dass es im Ermessen der Behörde liegt, ob der Beschwerdeführer durch den gegenständlichen Haftungsbescheid in Anspruch genommen wird oder nicht.
Die Haftungsinanspruchnahme darf aber nur bei einer schuldhaften Pflichtverletzung erfolgen.
Eine solche liegt - wie oben ausgeführt - nicht vor.
Selbst wenn eine solche vorliegen würde, wäre diese schuldhafte Pflichtverletzung als dermaßen geringfügig zu betrachten, dass sie die sogenannte Erheblichkeitsschwelle nicht oder kaum überspringt. Unter der Annahme, es würde eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen (was selbstverständlich ausdrücklich bestritten wird), kommt nur ein geringfügigstes fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers in Betracht.
Aus diesen Erwägungen heraus, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen wird, ist es unbillig den Beschwerdeführer zu einer Haftung, noch dazu zu einer derart hohen Haftung, heranzuziehen.
Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 20, Rz 7).
Die "Billigkeit" gebietet etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei (derselbe, Rz 7).
Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (derselbe, zu § 114, Rz 6).
Nach der Judikatur des VwGH schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit, die Behörde ist verpflichtet von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach der Judikatur müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (derselbe, Rz 8).
Der Beschwerdeführer bzw. die Primärschuldnerin konnten sich auf die eingangs dieser Beschwerde dargestellten Besprechungen mit der Zollverwaltung in ***Ort1*** verlassen, wonach bei diesen Besprechungen zugesagt wurde, dass Übernahmebestätigungen auf den Zollabfertigungsformularen oder auf den CMR-Frachtbriefen von den Zollbehörden als ausreichend für den Übernahmenachweis der Waren im EU-Ausland akzeptiert werden.
Nunmehr, im Nachhinein, ist dies nicht mehr der Fall, sodass hier durch die Zollbehörde wider dem Grundsatz von Treu und Glauben gehandelt wurde.
Die Zollbehörde hat sich nicht einmal Mühe gegeben, eine Anschrift des zweiten Geschäftsführers ***EG*** ausfindig zu machen, geschweige denn herauszufinden, ob ***EG*** über Vermögen in der Türkei verfügt. In diesem Zusammenhang wird der Zollbehörde mitgeteilt, dass ***EG*** in Ankara lebt und eine Tierfarm mit mehreren hundert Kühen betreibt. Außerdem ist er nach letztem Wissenstand des ausgewiesenen Rechtsvertreters auch im Textilhandel tätig.
Der Zollbehörde ist es wesentlich leichter möglich als dem Beschwerdeführer herauszufinden, welchen Tätigkeiten ***EG*** nachgeht. Jedenfalls hat es die Primärschuldnerin in großem Ausmaß dem ***EG*** "zu verdanken", dass über das Vermögen des Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet wurde. ***EG*** wäre verantwortlich gewesen für die Einbringlichmachung der offenen Forderungen gegenüber den türkischen Frachtern.
Es besteht daher sehr wohl eine Einbringungsmöglichkeit auch gegenüber ***EG*** und hat die Zollbehörde die Verpflichtung im Sinne des § 114 BAO zu handeln.
Die Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Beschwerdeführer ist daher nicht die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches.
Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Pflichten auffallend sorglos gehandelt, ist eine durch nichts bewiesene Behauptung der Zollbehörde und gerade in dem Zusammenhang, dass die WKStA sämtliche Verfahren gegen den Beschwerdeführer nach mehr als 3-jährigen Ermittlungen eingestellt hat, in keinster Weise nachvollziehbar.
12.)
Aus all den genannten Gründen ist daher der gegenständliche Bescheid mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit behaftet, sodass der Antrag gestellt wird die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht bzw. der zuständigen Berufungsbehörde vorzulegen und wird der weitere Antrag gestellt der Beschwerde Folge zu geben und
a.) die angefochtene Entscheidung aufzuheben, der Berufung Folge zu geben und das Verfahren ersatzlos einzustellen,
in eventu
b.) den angefochtenen Bescheid aufzuheben, der Berufung Folge zu geben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Unterbehörde zu verweisen;
c.) jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen;
d.) die Entscheidung in einem Spruchsenat zu fällen."

Nach Einvernahme der Zeugen ***ZO*** (Niederschrift vom 13. April 2015) und ***EM*** (Niederschrift vom 14. April 2015) sowie Ablehnung des Beweisantrages vom 29. Oktober 2014 auf Beischaffung von Strafakten der Staatsanwaltschaft ***StA*** und der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption mit Bescheid vom 3. November 2014, Zl. ***000***, gab das Zollamt der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. Mai 2015, Zl. ***000***, teilweise Folge und verminderte das Ausmaß der Haftung um 7.569,60 Euro auf einen Gesamtbetrag in der Höhe von 249.738,08 Euro.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2015 beantragte der Bf. fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Dies unter vollinhaltlicher Aufrechterhaltung des in der Beschwerde enthaltenen Vorbringens.

Mit der fristgerechten Einbringung dieses Vorlageantrags gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Mit Vorlagebericht vom 8. Juli 2015 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In einem am 29. Oktober 2015 beim Bundesfinanzgericht eingelangten Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 beantragte der Bf. die Ladung von fünf näher genannten Zeugen zum Beweis dafür, dass dem Bf. eine Verletzung der §§ 9 i.Vm. 80 BAO nicht vorwerfbar sei, weil der Bf. die ihm auferlegten Pflichten als Vertreter der Primärschuldnerin im Hinblick auf die Einbringlichmachung von Abgaben nicht schuldhaft verletzt habe und der Bf. bei der Befriedigung der Gläubiger gleichmäßig vorgegangen sei.
Der als Zeuge geführte Steuerberater der Primärschuldnerin sei genauestens über die finanziellen Vorgänge im Unternehmen informiert gewesen. Allein durch die zahlreichen Besprechungen zwischen dem Bf. und dem Steuerberater könne nachgewiesen werden, dass der Bf. als Geschäftsführer der Primärschuldnerin immer ordnungsgemäß, korrekt und gläubigerfreundlich gehandelt habe.
Die anderen genannten Zeugen würden ebenfalls zu diesem Beweis geführt werden und könnten diese Zeugen bestätigen, dass der Bf. als Geschäftsführer der Primärschuldnerin Überwachungsmechanismen im Unternehmen eingeführt habe, damit keine Pflichtverletzungen in Abgabensachen entstehen hätten können.
Ferner rügt der Bf. in diesem Schriftsatz, dass die Republik Österreich ihm und der Primärschuldnerin die Möglichkeit genommen habe, von seinem Wahlrecht der direkten oder indirekten Vertretung im Verfahren 4200 Gebrauch zu machen.

Das Bundesfinanzgericht führte in der Folge die beantragten Zeugeneinvernahmen (***EM*** vom 13. August 2017, ***MD*** vom 12. August 2017, ***UE*** vom 2. August 2017, ***TW*** vom 11. August 2017, und ***OS*** vom 12. August 2017) in schriftlicher Form durch und brachte den Verfahrensparteien diese schriftlichen Zeugenaussagen mit Schreiben vom 1. September 2017 zur Kenntnis.

In der Eingabe vom 28. September 2017 äußerte sich der Bf. dazu wie folgt (auszugsweise):
"1.) …
2.) .) Aus den 5 übermittelten Zeugenbefragungen, welche auf schriftlichem Wege durchgeführt wurden, ergibt sich die eindeutige Bestätigung des bisherigen Vorbringens des Beschwerdeführers, dass der Beschwerdeführer nicht gegen die Bestimmung des § 9 i.V.m. § 80 BAO verstoßen hat.
Festzuhalten ist, dass sich der Beschwerdeführer an die damaligen geltenden gesetzlichen Bestimmungen gehalten hat und wird zur weiteren Komplettierung der Unterlagen ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 29.08.2002, gerichtet an die ***Y-AG***, vorgelegt, in welchem unter anderem wie folgt festgehalten ist:
"Um die Steuerbefreiung im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung in Anspruch nehmen zu können, muss zum einen für den Erwerber im anderen Mitgliedsstaat eine gültige UID-Nummer vorliegen und zum anderen der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht werden können. Da diese beiden Voraussetzungen, wie Ihrem Schreiben zu entnehmen ist, von Ihnen erfüllt werden - UID-Nummer des Erwerbers geprüft (Stufe 2) und Abliefernachweis und Übernahmebestätigung des Erwerbers liegt vor -, entsteht für Sie keine EUSt-Schuld in den von Ihnen beschriebenen Fällen.
Ob der Erwerber im anderen Mitgliedstaat den innergemeinschaftlichen Erwerb bzw. die daran anschließenden Umsätze seinem Finanzamt meldet oder nicht, ist für die Gewährung der Steuerbefreiung nicht mehr von Relevanz und fällt in den Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörden des Mitgliedstaates, in dem der Erwerber seine Umsätze tätigt."
Genau diese Rahmenbedingungen hat der Beschwerdeführer bzw. sein damaliges Unternehmen ***X*** nicht nur in Bezug auf die Firma ***F*** Sarl, sondern in Bezug auf sämtliche anderen Zollabfertigungen, erfüllt.
Da schriftliche Zeugeneinvernahmen niemals die persönliche und unmittelbare Einvernahme eines Zeugen ersetzen können, wird daher der Antrag gestellt, die Zeugen ***OS*** und ***EM*** zur anzuberaumenden Beschwerdeverhandlung zur Einvernahme zu laden. Die Themenkreise sind dieselben die bereits in den Beschwerden genannt wurden.
3.) Im Jahre 2011 hat die Staatsanwaltschaft ***StA*** ein Ermittlungsverfahren gegen diverse Personen, welche im Geschäftszweig der Zollabfertigung tätig waren, unter anderem auch gegen den Beschwerdeführer, eingeleitet. Dieses gegen den Beschwerdeführer persönlich geführte Verfahren wurde mit Schreiben der Staatsanwaltschaft ***StA*** vom 12.03.2014, GZ ***00000***, eingestellt.
In der Beilage wird der Beschluss über die Bewilligung der Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten der Firma ***B-GmbH*** übermittelt, aus welchem sich ergibt, welche Vorwürfe gegen die ***X*** bzw. gegen den Beschwerdeführer erhoben werden. Es ist daraus ersichtlich, dass es sich im Wesentlichen um immer wieder dieselben Vorwürfe, nämlich die Hinterziehung von Einfuhrumsatzsteuern unter missbräuchlicher Anwendung des Verfahrens 4200, handelt. Die Vorwürfe sind daher im Wesentlichen ident mit den gegenständlichen Vorwürfen bzw. auch mit den Vorwürfen, welche gegen die ***X*** erhoben wurden. Die Justiz der Bundesrepublik Deutschland hat erkannt, dass kein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers vorliegt, sodass bereits das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde.
Bis zum heutigen Tage wurde das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer in Deutschland nicht wiederaufgenommen, sodass daher davon auszugehen ist, dass die Einstellung endgültig ist.
4.) Aus all den genannten Gründen werden die bisher gestellten Anträge aufrecht erhalten bzw. wiederholt, darunter auch der Antrag die Entscheidung in einem Spruchsenat zu fällen.
Beilagen:
Schreiben des BM für Finanzen vom 29.8.2002
Beschluss des Amtsgerichtes ***StA*** vom 17.12.2010
Schreiben der Staatsanwaltschaft ***StA*** vom 12.3.2014"

In weiterer Folge legte der Bf. durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter den Bescheid des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom 22. Jänner 2019, Zahl: ***1111***, vor, aus welchem sich ergibt, dass Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von 17.876,06 Euro gemäß § 235 (1) BAO von Amts wegen gegen jederzeitigen Widerruf durch Abschreibung gelöscht werden (Urkundenvorlage vom 31. Jänner 2019).

In einem Aktenvermerk des damals zuständigen Richters vom 6. Februar 2019 heißt es in diesem Zusammenhang: "Laut Telefonat mit Herrn ***SB*** liegen dem Bescheid vom 22. Jänner 2019 ausschließlich Verifizierungsverfahren zugrunde und sind folglich mit den hier den Gegenstand bildenden "4200 Abfertigungen" nicht vergleichbar."

Mit Eingabe vom 8. April 2020 legte der Bf. durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter die Benachrichtigung der "Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption" vom 31. Dezember 2019, ***222222***, vor, aus welcher sich ergibt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Bf. in Bezug auf sämtliche noch offene verfahrensgegenständliche Vorwürfe gem. § 190 Z. 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestanden habe.
Der Bf. brachte in dieser Eingabe vor, dass die WKStA in der Benachrichtigung festgehalten habe, dass diese Einstellung insbesondere hinsichtlich diverser Anmeldungen erfolgt sei, wobei jedoch festzuhalten sei, dass die Verfahrenseinstellung sämtliche noch offenen verfahrensgegenständlichen Vorwürfe betreffe. Als Begründung sei ebenfalls angeführt worden, dass die jeweils erforderliche subjektive Seite nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erweislich gewesen sei.
Zur Klarstellung werde in der beiliegenden Benachrichtigung noch hingewiesen, dass die Einstellung zu den Vorwürfen jeweils gem. § 202 (1) FinStrG erfolgt sei.
Die beiliegende Benachrichtigung werde sicherheitshalber übermittelt, auch wenn davon auszugehen sei, dass das Bundesfinanzgericht von dieser Entscheidung bereits verständigt worden sei.
Festzuhalten sei daher, dass nunmehr sämtliche gegen den Beschuldigten seit dem Jahre 2011 anhängigen Verfahren - mit Ausnahme des gegenständlichen - ersatzlos eingestellt worden seien. Es sei daher nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde dem Bf. weiterhin ein Fehlverhalten anlässlich der Verzollung von für die Firma ***F*** S.A.R.L. in Frankreich bestimmten innergemeinschaftlichen Lieferungen vorgeworfen werde, obwohl - wie bereits im Rahmen der Beschwerde vom 26. September 2014 ausführlich festgehalten worden sei - schon im Dezember 2013 die WKStA das Ermittlungsverfahren gegen den Bf. auch hinsichtlich dieser 39 innergemeinschaftlichen Lieferungen an die Firma ***F*** S.A.R.L. im Zeitraum Juli 2007 bis August 2008 endgültig eingestellt habe und nunmehr auch sämtliche anderen noch offenen Verfahren eingestellt worden seien, sodass nur mehr das gegenständliche Beschwerdeverfahren übrig bleibe.
Es sei wohl nicht allen Ernstes davon auszugehen, dass dem Bf. bei allen anderen Verfahren kein strafrechtlicher Vorwurf habe gemacht werden können, obwohl jahrelang und daher genauestens ermittelt worden sei und ausgerechnet bei diesen 39 Lieferungen sei dem Beschwerdeführer ein Vorwurf zu machen? Das wäre völlig Iebensfremd!
Festzuhalten sei auch und hier wiederhole sich der Bf. bereits zum x-ten Mal, dass die Verzollungen hinsichtlich der Firma ***F*** S.A.R.L. 39 Verzollungen von ca. 20.000 bis 30.000 Verzollungen pro Jahr bei der Firma ***X*** dargestellt hätten. Aus welchem Grunde gerade diese Verzollungen besonderes Augenmerk bei den Mitarbeitern der Firma ***X*** bzw. beim Bf. hervorrufen hätten sollen, sei in keinster Weise nachvollziehbar und werde auch von der Behörde nicht dargelegt.
Wenn es sich nicht schon bisher aus den bislang vorgelegten Beweisen klar und eindeutig ergebe, dass die Haftung des Bf. gem. § 9 i.V.m. § 80 BAO nicht vorliege, so müsse wohl spätestens jetzt klar sein, dass den Bf. keine schuldhafte Verletzung der Nichteinbringlichmachung von Abgaben treffe.
Zur beiliegenden Benachrichtigung der WKStA sei festzuhalten, dass der ausgewiesene Rechtsvertreter im Namen des Bf. am 14. Jänner 2020 einen Antrag auf Mitteilung gestellt habe, aufgrund welcher Tatsachen und welcher Erwägungen die Einstellung des Verfahrens erfolgt sei. Diesem Antrag sei bis zum heutigen Tage von der WKStA nicht entsprochen worden, sodass zwischenzeitlich die beiliegende Benachrichtigung vorgelegt werde. Sobald die vom Bf. verlangte Begründung von der WKStA einlange, werde diese nachgereicht werden.
Unabhängig davon seien seit Einbringung der Beschwerden nunmehr fast 6 Jahre (!) vergangen, sodass der Bf. mit Verweis auf - unter anderem - Art. 6 EMRK beantrage, alsbald - nach dem Ende der Corona-Pandemie - eine Verhandlung unter Ladung sämtlicher bereits vom Bf. namhaft gemachten Zeugen anzuberaumen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom 30. Juli 2020 wurde die hier gegenständliche Rechtssache dem bisher zuständig gewesenen Richter infolge Versetzung in den Ruhestand abgenommen und dem nunmehr ausgewiesenen Richter zugeteilt.

Mit Eingabe vom 13. Oktober 2020 teilte der Bf. durch seinen Rechtsvertreter mit, dass der ursprüngliche Antrag - zuletzt gestellt am 28. September 2017 - die gegenständliche Entscheidung in einem Spruchsenat zu fällen, nicht aufrechterhalten werde. Gleichzeitig beantragte der Bf., die gegenständliche Entscheidung durch einen Einzelrichter zu fällen und den Masseverwalter der Primärschuldnerin als Zeugen zur Verhandlung zu laden.
Der Zeuge werde zum Beweis dafür geführt, dass der Bf. die inkriminierten Taten nicht begangen habe. Der Antrag auf Ladung der bislang beantragten Zeugen gemäß Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 zur nächsten Verhandlung bleibe vollinhaltlich aufrecht.

In einer als "Urkundenvorlage" bezeichneten Eingabe vom 2. November 2020 legte der Bf. durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter die Begründung der WKStA für die Einstellung des gegen den Bf. geführten Verfahrens zu AZ: ***xxxx***, vor.
In dieser Einstellungsbegründung WKStA heißt es:
"Über Ihren Antrag werden in der Folge gemäß § 194 Abs. 2 StPO die Tatsachen und Erwägungen für die erfolgte Einstellung hinsichtlich ***Bf1*** in gedrängter Form dargestellt:
Die Einstellung bezieht sich auf die gegenständlichen Vorwürfe rund um die von den Finanzstrafbehörden als "China Fall" bezeichneten Vorgänge iZm einer Verzollung am 8.2.2011.
Nach Prüfung des gesamten Akteninhalts in Zusammenschau mit insbesondere den von der Finanzstrafbehörde angeführten Beweisergebnissen, wie den von dieser angesprochenen Ungereimtheiten betreffend das Vorliegen eines ordnungsgemäß ausgefüllten A.TR am 8.2.2011, steht aus Sicht der Staatsanwaltschaft fest, dass ***Bf1*** ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten nicht mit der für das gerichtliche Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist. Dies gilt insbesondere für die notwendige subjektive Tatseite. Der sich aus den von der Finanzstrafbehörde präsentierten Indizien ergebende Verdacht konnte insgesamt nicht im erforderlichen Ausmaß erhärtet werden.
Anzumerken ist weiters, dass bei isolierter Betrachtung der (Einzel-)Verzollung ausgehend von dem von der Finanzstrafbehörde angeführten Betrag an hinterzogenen Abgaben von unter 24.000 Euro der für die gerichtliche Zuständigkeit relevante Wertbetrag nicht erreicht wird."

Vor der Durchführung der anberaumten mündlichen Verhandlung brachte das Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom 26. November 2020 den Verfahrensparteien die bisherigen Sachverhaltsannahmen sowie die Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme zur Kenntnis und gab ihnen die Gelegenheit, sich dazu schriftlich zu äußern.

In einer dazu eingegangenen Stellungnahme des Bf. vom 11. Jänner 2021 heißt es:
"Der Schriftsatz des Bundesfinanzgerichtes vom 26.11.2020 wird zur Gänze bestritten, soweit die darin enthaltenen Sachverhaltsananahmen, Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme und Aufstellung der Zollanmeldungen mit dem eigenen bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers in Widerspruch stehen.
Der Beschwerdeführer hat sich bisher bereits in mehrfachen Schriftsätzen und Stellungnahmen zum gegenständlichen Vorwurf des Zollamtes ***ZA*** geäußert und zwar bereits vor Erlassung des gegenständlichen bekämpften Haftungsbescheides und auch im Rahmen zur Beschwerde gegen den gegenständlichen Haftungsbescheid.
Es erscheint jedoch zweckmäßig nochmals auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 28.05.2014 zu verweisen, auf welchen - um langwierige Wiederholungen zu vermeiden - vollinhaltlich verwiesen wird. Im genannten Schreiben hat der Beschwerdeführer ausführlich dargelegt, dass einerseits der vom Zollamt ***ZA*** geforderte Abgabenbetrag noch gar nicht fällig war und somit auch keine Haftung des Beschwerdeführers gem. § 9 BAO besteht und andererseits hat der Beschwerdeführer ausführlich dargelegt, aus welchem Grunde ihn keine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde ein ex-post-Betrachtung des gesamten Sachverhaltes durchgeführt. Dies ist naturgemäß für den Beschwerdeführer nachteilig, aber für die belange Behörde von Vorteil, weil man ja bekanntlich im Nachhinein immer klüger ist.
Faktum ist jedoch, dem sich der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der ***X*** im gegenständlichen Zeitraum 2007/2008 an die geltenden Rechtsvorschriften gehalten hat und regelmäßig die Abfrage der ausländischen UID-Nummer der Firma ***F*** sarl durch das Bestätigungsverfahren auf Stufe 2 durchgeführt hat.
Korrekter Weise hätte die belangte Behörde eine ex-ante-Betrachtung des Sachverhaltes durchführen müssen, weil nur eine solche Betrachtung eine korrekte Darstellung des Sachverhaltes ermöglicht.
In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des VwGH vom 25.04.2017, Ra 2016/16/0059, zu verweisen, wie folgt:
"Gemäß Art. 6 Abs. 1 2. Satz UStG in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2015/2016, gilt die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass die betreffende Lieferung im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen die Umsatzsteuer betreffende Finanzvergehen steht.
Nun mag zwar Art. 6 (1) 2. Satz UStG erst nach dem im vorliegenden Revisionsfall zu beurteilenden Zeitraum in Kraft getreten sein, doch wollte der Gesetzgeber, wie sich aus den Materialien ergibt, lediglich der Rechtsprechung des EuGH Rechnung tragen, wonach das Recht u.a. auf Mehrwertsteuerbefreiung zu versagen ist, sofern anhand objektiver Umstände nachgewiesen ist, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich durch den Umsatz, auf den er sich zur Begründung des betreffenden Rechts beruft, an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung beteiligt hat. Damit kommt dieser Bestimmung lediglich klarstellender Charakter zu, weil die Rechtsprechung des EuGH auch für vor Inkrafttreten dieser Bestimmung zu beurteilende Fälle zu beachten ist."
Im gegenständlichen Fall war die Primärschuldnerin auf jeden Fall gutgläubig, weil sie nicht hat wissen können oder wissen müssen, dass die Firma ***F*** sarl Malversationen betreibt.
Es wird in dem Zusammenhang auch auf die Entscheidung C-531/17 des EuGH verwiesen, in welcher der EuGH wie folgt festgestellt hat:
"Art. 143 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und Art. 143 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie 2009/69/EG des Rates vom 25. Juni 2009 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die darin normierte Einfuhrumsatzsteuerbefreiung dem gemäß Art. 201 dieser Richtlinie als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht zu versagen ist, wenn, wie im Fall des Ausgangsverfahrens, der Empfänger der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Verbringung bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war."
Außerdem wird auch nochmals auf die Äußerung des Beschwerdeführers vom 28.09.2017 verwiesen, in welcher der Beschwerdeführer unter anderem - das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 29.08.2002 vorgelegt hat und aus welchem sich eindeutig ergibt, dass die Primärschuldnerin diese beiden Voraussetzungen zu 100% erfüllt hat.
Mehr konnte und mehr musste die Primärschuldnerin als in ***Ort1*** an der Staatsgrenze ansässiges Unternehmen nicht tun, darüber hinaus gehende Handlungen waren ihr auch nicht zumutbar.
Es hat sohin nicht einmal die Primärschuldnerin rechtswidrig gehandelt. Auch der Beschwerdeführer hat keine rechtswidrigen Handlungen im Sinne des § 9 i.V.m. § 80 BAO - wie ausführlich dargelegt - gesetzt, sodass der Beschwerde stattzugeben sein wird.
Der Beschwerdeführer hat - zusätzlich zu den bereits beantragten Zeugen - in den Beschwerden vom 26.09.2014 die ergänzende Einvernahme des ***AK*** und ***RC*** beantragt. Die ergänzende Einvernahme dieser beiden Herren wird daher nochmals ausdrücklich beantragt.
Sämtliche bisher gestellten Anträge bleiben aufrecht.
Beilagen:
Äußerung an das Zollamt ***ZA*** vom 02.05.2011
Äußerung an das Zollamt ***ZA*** vom 28.05.2014"

Das Vorbringen der Verfahrensparteien in der am 19. Jänner 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat im Wesentlichen den Ausführungen in den bisherigen Schriftsätzen und Bescheidbegründungen entsprochen.
Das Bundesfinanzgericht hat in der Verhandlung die Beweisanträge, nämlich
1.) den Antrag vom 28. September 2017, auf Einvernahme der Zeugen ***OS*** und ***EM*** im Rahmen der anzuberaumenden Beschwerdeverhandlung
2.) den Antrag vom 13. Oktober 2020, auf Ladung des Zeugen Dr. R., Rechtsanwalt in PLZ LG, Str., zur Beschwerdeverhandlung
3.) den Antrag vom 13. Oktober 2020, auf Ladung der bislang beantragten Zeugen gemäß Schriftsatz vom 23. Oktober 2015, sohin der Zeugen ***EM***, ***MD***, ***UE***, ***TW*** und ***OS*** zur Beschwerdeverhandlung
4.) den Antrag vom 11. Jänner 2021 auf ergänzende Einvernahme der Zeugen ***AK*** und ***RC***
gemäß § 166 in Verbindung mit § 183 Abs. 3 BAO mit einem verfahrensleitenden Beschluss abgelehnt. Hinsichtlich der näheren Begründung wird auf die den Verfahrensparteien zugestellte Niederschrift über die mündliche Verhandlung (nachträgliche Übertragung der Schallträgeraufnahme in Vollschrift gem. § 87 Abs. 6 BAO) verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die ***X***, ***Adr1*** (***FN***; nachfolgend auch als Primärschuldnerin bezeichnet) beantragte mit insgesamt 39 Anmeldungen im Zeitraum von 3. Juli 2007 bis 21. August 2008 bei der Zollstelle ***Ort1*** des Zollamtes ***ZA*** die Überführung verschiedener Waren (überwiegend Textilien) in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr und die Befreiung der Waren von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (Binnenmarktregelung-BMR), indem sie im Feld 37 der Zollanmeldungen den Verfahrenscode "4200" eintrug.

In den Anmeldungen waren als "Versender/Ausführer" verschiedene in der Türkei ansässige Unternehmen angegeben. Als Empfänger wurde "***F*** SARL bzw. auch Sarl ***F***, 1, ***AdrFR***" mit der UID-Nr. ********, als Versendungsland-/Ausfuhrland-Code in Feld 15 "TR" und als Bestimmungsland-Code in Feld 17 "FR" erklärt.

Die Primärschuldnerin beantragte die Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung als indirekte Vertreterin des in den Zollanmeldungen angeführten Empfängers unter Verwendung der ihr erteilten Sonder-UID.

Die UID-Nr. ******** des in den Anmeldungen eingetragenen Warenempfängers war von 1. März 2001 bis 30. August 2012 gültig. Die von der Primärschuldnerin in Anspruch genommenen Bestätigungsverfahren nach Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 (Stufe 2) ergaben daher die Gültigkeit der UID-Nr. Weitere Überprüfungen hinsichtlich Existenz und Aktivitäten des in Frankreich ansässigen Warenempfängers erfolgten nicht.

Die Aufträge an die Primärschuldnerin zur Vornahme von Zollabfertigungen im "Verfahren 4200" erteilte die in der Türkei, in Istanbul, ansässige Firma ***U***., welche auch die mit 25. Juni 2007 datierte Vollmacht der ***F*** SARL per Telefax der Primärschuldnerin übersandte.
Sämtliche Angelegenheiten und Aufträge im Zusammenhang mit den für die ***F*** SARL durchgeführten Zollabfertigungen wurden von der Primärschuldnerin mit der ***U***. abgeklärt. Auch die Verzollungskosten wurden an dieses Unternehmen verrechnet.
Seitens der Primärschuldnerin gab es zu keinem Zeitpunkt persönlichen oder schriftlichen Kontakt mit Vertretern der Fa. ***F*** SARL.
Die Primärschuldnerin war mit den Warentransporten nicht befasst und organisierte diese auch nicht.

Im Zuge von abgaben- und finanzstrafrechtlichen Ermittlungen wurden in 26 Fällen in den Speditionsakten der Primärschuldnerin andere (CMR-)Frachtbriefe türkischer und deutscher Frächter ohne Übernahmebestätigungen durch Empfänger vorgefunden (lfd. Nr. 1,2,3,5,6,8,10-13,15-18,23-29,33,35-37,39), wobei in 15 Fällen andere Unternehmen als Warenempfänger angegeben sind (lfd. Nr. 1,2,5,6,10,23,26-29,33, 35-37,39) und in 7 Fällen als Auslieferungsort ***Ort1*** oder Frankfurt angeführt ist (lfd. Nr. 3,12,13,16,17,18,24). In den übrigen 13 Fällen befanden sich in den Speditionsakten keine Fracht- oder Lieferpapiere.
In 25 der 39 Abfertigungsfälle waren in Feld 3 der in den Speditionsakten vorgefundenen Warenverkehrsbescheinigungen A.TR nicht die ***F*** SARL sondern andere, größtenteils auch in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen als Warenempfänger angegeben (lfd. Nr. 1,2,6,7,10,14,19-21,23,26-39).

Unter Bezugnahme auf den in der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vorgesehenen Informationsaustausch ersuchte die zuständige französische Behörde die österreichische Zollbehörde in einem Vordruck zum Austausch von Informationen in Zusammenhang mit "MISSING TRADER" Betrug (SCAC 383 Anhang 1 Rev. 2) vom 26. September 2008 um nähere Informationen zu den von ***F*** SARL über die Primärschuldnerin im Zeitraum drittes Quartal 2007 bis erstes Quartal 2008 getätigten innergemeinschaftlichen Erwerben.

Daraufhin führte das Zollamt ***ZA*** bei der Primärschuldnerin eine Nachschau nach § 24 ZollR-DG durch. Im Rahmen dieser Nachschau legte die Primärschuldnerin in allen oben erwähnten 39 Abfertigungsfällen CMR-Frachtbriefe der türkischen Firma H*Ltd. **. vor, die Übernahmebestätigungen des in Frankreich ansässigen Warenempfängers, der Fa. ***F*** SARL, aufwiesen. Als Warenbezeichnung war in sämtlichen Fällen Garments (Bekleidung) angeführt, obwohl in den Zollanmeldungen auch andere Waren (etwa Teppiche oder Stahltüren) erklärt worden sind. Im Feld 24 (Unterschrift und Stempel des Empfängers) dieser CMR-Frachtbriefe war ein mit Datum und firmenmäßiger Zeichnung (Firmenstempel sowie nicht leserlicher Unterschrift) versehener Übernahmevermerk der ***F*** SARL angebracht. Im Feld 23 (Unterschrift und Stempel des Frachtführers) der CMR-Frachtbriefe war ein Firmenstempel der H*Ltd. **. samt einer nicht leserlichen Unterschrift angebracht.

Nachdem der Geschäftsführer der Primärschuldnerin von der bevorstehenden Nachschau/Betriebsprüfung im Oktober 2008 durch das Zollamt ***ZA*** Kenntnis erlangte, erteilte er dem Angestellten und Gesellschafter der Primärschuldnerin, ***A.B.***, den Auftrag, nachträglich auf Blanko-Vordrucken Frachtbriefe zu erstellen, die von der Fa. ***F*** SARL (als Warenempfängerin) nachträglich bestätigen werden sollten.

***A.B.*** setzte sich, nachdem er keinen Kontakt mit der Fa. ***F*** SARL herstellen konnte, mit der in der Türkei ansässigen Speditions- und Transportagentur ***U***., die die Geschäftsbeziehung der Primärschuldnerin mit der Fa. ***F*** SARL vermittelt hatte, in Verbindung. Sein dortiger Ansprechpartner war eine Person mit Namen ***HO***.
***HO*** versprach, die fehlenden Abliefernachweise beibringen zu lassen. Zu diesem Zweck wurden über Auftrag des Geschäftsführers der Primärschuldnerin 39 Blanko-CMR-Frachtbriefe als Abliefernachweise erstellt und einem unbekannten türkischen LKW-Fahrer, den die Agentur ***U*** geschickt hatte, übergeben. Die Frachtbriefe wiesen im Zeitpunkt der Übergabe an den Unbekannten keinen Stempel der Fa. H*Ltd. auf. Nach einiger Zeit wurden diese Frachtbriefe, nunmehr ergänzt mit einem Stempel und Unterschrift eines Frachtführers - der Spedition H*Ltd. - sowie im Feld 24 mit einem Firmenstempel der ***F*** SARL sowie einer (unleserlichen) Unterschrift zurückgebracht. Weder die einvernommenen Mitarbeiter der Primärschuldnerin noch der Bf. konnten angeben, von welcher Person bzw. wann diese Dokumente bei der Primärschuldnerin abgegeben wurden. Anlässlich der Betriebsprüfung wurden diese Frachtbriefe als Nachweise des Transports der Waren in einen anderen Mitgliedstaat vorgelegt.

Im Zeitpunkt des oben erwähnten Ermittlungsersuchens der französischen Behörden vom 26. September 2008 an die österreichischen Behörden und sohin bereits auch im Zeitpunkt der Prüfungs-/Nachschauankündigung durch das Zollamt ***ZA*** am 14. Oktober 2008 befand sich jedoch die ***F*** SARL bereits in gerichtlicher Liquidation und es hatten die französischen Steuerbehörden keinen Zugriff mehr auf die Buchhaltungsunterlagen.

Die Überprüfung dieser Frachtbriefe durch die türkische Zollverwaltung ergab, dass die H*Ltd. **. weder die Frachtbriefe ausgestellt noch die darin bescheinigten Warentransporte durchgeführt hat.

Nach den Angaben des Bf. und Geschäftsführers der Primärschuldnerin lagen Zollvollmachten wie jene der ***F*** SARL auch bei den Kunden (Spediteuren) in der Türkei auf, um bei Abwicklung einer Verzollung durch die Primärschuldnerin, die Verzollungskosten an den türkischen Frächter abrechnen zu können. Dies vor dem Hintergrund, dass die türkischen Spediteure die Art der Zollabfertigung abklärten, weil sie grundsätzlich die entsprechenden Kontakte zu den Warenempfängern in den einzelnen Ländern hatten. Dem Bf. war bekannt, dass die Speditions- und Transportagentur ***U***. die Kontaktspedition zur ***F*** SARL war, und er nahm an, dass der Kontakt der Primärschuldnerin zur ***F*** SARL über ***A.B.*** hergestellt wurde. Der Bf. kannte die Firma ***F*** SARL nur namentlich als Kunden, hatte aber niemals persönlichen oder telefonischen Kontakt zu den dort handelnden Personen. Auftraggeber der jeweiligen Zollabfertigung war für ihn derjenige, über den letztlich die Abrechnung erfolgte und der die Verzollungskosten trug. Für ihn war unerheblich, wer als Empfänger in den Warenverkehrsbescheinigungen A.TR oder in den im Zeitpunkt der Abfertigung vorliegenden Frachtpapieren eingetragen war. Seiner Ansicht nach konnte mit den nachträglich auf Blanko-Vordrucken erstellten Frachtbriefen samt Empfangsbestätigung eine Prüfung der ordnungsgemäßen innergemeinschaftlichen Warentransporte vorgenommen werden. Das Vorliegen eines Vorpapiers, einer Rechnung, eines gültigen A.TR, die Abstimmung der Packstücke und des Gewichtes mit dem Vorpapier, die Abstimmung der Warenbeschreibung, der Packstücke und des Gewichtes mit der Rechnung sowie die UID-Nr. des in der Rechnung angeführten Warenempfängers waren für den Bf. die maßgeblichen Kriterien für die Auftragsbearbeitung und Erstellung einer Zollanmeldung zum Verfahren 4200.

Die Abfertigungsfälle wurden immer nach dem gleichen vom Bf. vorgegebenen Muster abgewickelt. Sohin war es auch für die mit der Auftragsbearbeitung oder der Erstellung von Zollanmeldungen befassten Angestellten der Primärschuldnerin nicht relevant, wer als Empfänger in den Warenverkehrsbescheinigungen A.TR oder in den im Zeitpunkt der Abfertigung vorliegenden Frachtpapieren eingetragen war, oder es konnten diese Personen bei ihren Einvernahmen durch die Finanzstrafbehörde zu den von den Zollanmeldungen abweichenden Angaben in diesen Dokumenten keine konkreten Angaben machen.

Der Bf. wies die Angestellten der Primärschuldnerin im Rahmen von Besprechungen darauf hin, dass sogenannte "Fiskalverzollungen" nur mit einer gültigen UID-Nr. (Überprüfung der Stufe 1 oder 2) und einer Fiskalvollmacht durchgeführt werden dürfen. Seit Mitte 2009 übernahm seitens der Primärschuldnerin eine Mitarbeiterin in der Buchhaltung die Überwachung des Einlangens von Abliefernachweisen. Ob diese Überwachung in den gegenständlichen Fällen betreffend die Firma ***F*** SARL durch ***A.B.*** wahrgenommen wurde, konnte der Bf. im Rahmen seiner Einvernahme am 20. Juli 2011 nicht bestätigen.

Das Zollamt teilte der Primärschuldnerin mit Bescheid vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, für jene eingangsabgabenpflichtigen Waren, die mit insgesamt 39 Anmeldungen im Zeitraum vom 3. Juli 2007 bis 21. August 2008 in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung überführt wurden, gemäß Art. 221 Abs. 1 Zollkodex (ZK) eine gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 Zollkodex (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und § 71a ZollR-DG entstandene und zuvor buchmäßig erfasste Eingangsabgabenschuld (Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von 322.451,47 Euro mit und schrieb ihr gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung im Ausmaß von 49.107,34 Euro zur Entrichtung vor.

Im Bescheidspruch ist angeführt, dass nach § 73 ZollR-DG die Fälligkeit mit Beginn des Tages eintritt, an dem die Abgaben spätestens zu entrichten sind.
Im Leistungsgebot (Zahlungsaufforderung) wurde für die Entrichtung des Abgabenbetrages gemäß Art. 222 Abs. 1 Buchstabe a ZK eine Frist von zehn Tagen nach Bescheidzustellung eingeräumt.

Die Bescheidzustellung erfolgte am 16. Mai 2011.

Die dagegen erhobene Berufung wurde, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer im Ausmaß von 322.451,47 Euro richtete, mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) vom 9. Dezember 2013, GZ. ZRV/0185-Z2L/11, als unbegründet abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Primärschuldnerin ihren Nachweispflichten nach der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 nicht nachgekommen ist.

Nach Darstellung der Sachverhaltsannahmen und der Rechtslage führte der UFS beweiswürdigend aus:

"Vorauszuschicken ist, dass der Nachweis der Warenbewegung ins übrige Gemeinschaftsgebiet durch die Bf. weder lückenlos noch zweifelsfrei, vollständig oder widerspruchsfrei erfolgte. Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild:

Bei sämtlichen Verzollungsrechnungen scheint die ***F*** als Käufer der Waren auf.

Anlässlich der Hausdurchsuchung wurden in den Speditionsakten jedoch auch Frachtbriefe, Präferenznachweise A.TR und Rechnungen vorgefunden, in denen die ***F*** nicht als Warenempfängerin aufscheint:

Im Einzelnen konnten bei folgenden Abfertigungen Unstimmigkeiten festgestellt werden:

1.

***CRN1***

03.07.2007

2.

***CRN2***

03.07.2007

Im Präferenznachweis A.TR und Original CMR scheint als Warenempfänger die französische Firma ***E*** SARL in Paris auf.

5.

***CRN3***

01.08.2007

6.

***CRN6***

01.08.2007

Im Präferenznachweis A.TR und Original CMR scheinen als Warenempfänger die Fa. ***FS*** in ***Adr5*** und die Fa. ***AV*** in ***Adr6*** Holland auf.

10.

***CRN10***

22.08.2007

14.

***CRN14***

08.10.2007

In der Warenanmeldung wurden Möbel bzw. Teppiche für die ***F*** S.A.R.L. deklariert. In den Präferenznachweisen A.TR und CMR und Packlisten wurden Möbel, Teppiche, Geschirr usw. angeführt, insbesondere aber scheinen als Warenempfänger die Namen von unterschiedlichen Privatpersonen mit Adressen in Stockholm/Schweden auf. In einem Fall wurde in schwedischen Kronen fakturiert.
In den nachträglich vorgelegten Abliefernachweisen zu den beiden Fällen wurden von ***F*** S.A.R.L. aber 309 Kolli bzw. 444 Kolli Garments "Bekleidung" bestätigt.
Weiters ist hier auffällig, dass obwohl jeweils von der Bf. eine steuerbefreiende Abfertigung mit Code 4200 beantragt und durchgeführt wurde, letztlich in der Abrechnung an die Auftraggeber, neben den üblichen Verzollungskosten, eine Berechnung von EUSt und Zöllen in Höhe von € 4.937,50 und € 4.415,00 erfolgt ist.

19.

***CRN19***

07.11.2007

20.

***CRN20***

07.11.2007

21.

***CRN21***

07.11.2007

Hier wurde im Speditionsakt ein Original CMR für die Gesamtsendung vorgefunden, wonach als Empfänger in Holland, und zwar die Firma ***NO***, aufscheint. In den 3 Präferenznachweisen A.TR ist aber als Warenempfänger die deutsche Fa. ***CK*** in ***Adr9*** angeführt.

23.

***CRN23***

13.11.2007

Auch bei dieser Abfertigung ist in den Präferenznachweisen A.TR bzw. im CMR die deutsche Fa. ***CK*** in ***Adr9*** angeführt.

26.

***CRN26***

13.02.2008

Bei dieser Abfertigung scheint in den Präferenznachweisen A.TR bzw. im CMR die deutsche Fa. ***VO*** in ***Adr10*** auf.

27.

***CRN27***

21.05.2008

28.

***CRN28***

10.06.2008

In diesen beiden Fällen ist in den betreffenden Präferenznachweise A.TR und in den CMR-Frachtbriefen jeweils die Firma ***AG*** in ***Adr11*** als Warenempfänger angeführt.

29.

***CRN29***

10.06.2008

Bei dieser Abfertigung scheint im Präferenznachweis A.TR und Original CMR, sowie in der Originalrechnung (Fatura Nr. 023947) die deutsche Fa. ***BG*** in ***Adr12*** auf. Eine weitere Rechnung für die Verzollung lautet auf ***F*** SARL.

30.

***CRN30***

18.06.2008

31.

***CRN31***

18.06.2008

32.

***CRN32***

18.06.2008

Bei diesen 3 Abfertigungen für die ***F*** SARL wurde in den betreffenden Präferenznachweisen A.TR und CMR die deutsche Fa. ***FE*** in ***Adr13*** eingetragen. Ebenfalls ist hier auffällig, dass obwohl jeweils von der Bf. eine steuerbefreiende Abfertigung mit Code 4200 beantragt und durchgeführt wurde, letztlich in der Abrechnung an den Auftraggeber, neben den üblichen Verzollungskosten, eine Verrechnung von EUSt und Zoll in Höhe von € 14.646,00 erfolgte.

33.

***CRN33***

02.07.2008

Bei dieser Abfertigung scheint im Präferenznachweis A.TR und im Original CMR sowie in der türkischen Originalrechnung (Fatura Nr. 03576 vom 27.06.2008) die deutsche Fa. ***AG*** in ***Adr11*** als Warenempfängerin auf.
Weiters liegen hier noch zusätzlich Rechnungen (2 idente Rechnungskopien) vor, und zwar einmal ausgestellt für die deutsche Fa. ***AG*** und einmal mit der französischen Warenempfänger-Adresse ***F*** S.A.R.L.

34.

***CRN34***7

03.07.2008

Bei dieser Abfertigung scheint im Präferenznachweis A.TR die deutsche Fa. ***BG*** in ***Adr12*** auf.
Auch in diesem Fall wurden trotz einer steuerbefreienden Abfertigung mit Code 4200 letztlich in der Abrechnung an den Auftraggeber, neben den üblichen Verzollungskosten, EUSt und Zoll in Höhe von € 2.796,00 verrechnet.

35.

***CRN35***

03.07.2008

36.

***CRN36***

03.07.2008

37.

***CRN37***

29.07.2008

38.

***CRN38***

21.08.2008

39.

***CRN39***

21.08.2008

In diesen Fällen wurde in den Präferenznachweisen A.TR und betreffend die Nr. 39 auch in den CMR-Frachtbriefen jeweils als Warenempfänger die Firma Fa. ***AG*** in ***Adr11*** eingetragen.
Bei der letztgenannten Abfertigung wurden 2 Rechnungen (jeweils 2 idente Rechnungskopien) vorgefunden, und zwar einmal ausgestellt für die deutsche Fa. ***AG*** und einmal für die ***F*** SARL.

Obwohl sich auf Grund der in den Speditionsakten vorgefundenen Unterlagen von Anfang an massive Zweifel sowohl am Abnehmer, als auch an der tatsächlichen Warenübernahme durch die ***F*** ergaben, wurden von der Bf. auch in diesen Fällen bedenkenlos Abfertigungen nach Code 4200 durchgeführt und (nachträglich ausgestellte) Abliefernachweise vorgelegt. Vergleicht man den Inhalt der Anmeldungen mit den bei der Bf. erhobenen Abfertigungsunterlagen, zeigen sich umfangreiche Divergenzen, die von der Bf. trotz ihrer Offenkundigkeit den Abfertigungen ohne weitere Nachforschungen zugrunde gelegt wurde.

Die Bf. begründete diese Widersprüche im Wesentlichen damit, dass bei den obangeführten Einfuhren auch die jeweiligen Frachtbriefe auf jene Firmen als Empfänger ausgestellt wurden, die in der Warenverkehrsbescheinigung A.TR angeführt waren. Wer als Empfänger im A.TR angeführt sei, "sei ohnehin unerheblich".

Der Senat hegt daher massive Zweifel an der Richtigkeit und Echtheit dieser angeblich von Vertretern der Fa. ***F*** im Nachhinein ausgestellten Empfangsbestätigungen. Zum einen wurden diese sogar für (unrichtig deklarierte) Warenlieferungen ausgestellt, die laut Beförderungspapiere nicht zur ***F*** geliefert worden sind. (siehe oben).

Zum anderen erscheint das Zustandekommen dieser Bestätigungen mehr als fraglich. Wie einer der Geschäftsführer der Bf. ***A.B.*** ausgesagt hat (AS 218-219), hat er nachdem das Fehlen der Abliefernachweise in den Speditionsunterlagen vorhandenen Papieren festgestellt worden ist, vergeblich versucht, die Fa. ***F*** schriftlich und telefonisch zu erreichen. Erst über Vermittlung einer türkischen Firma (***U***.) wurden von ***A.B.*** erstellte Blankofrachtbriefe einem namentlich nicht bekannten Fernfahrer übergeben, von diesem nach Frankreich mitgenommen und unterschrieben wieder zur Bf. gebracht.

Die im Feld 24 aufscheinenden Übernahmebestätigungen tragen eine nicht leserliche Unterschrift sowie einen Firmen(?)Stempel. Wer diese Lieferungen nachträglich bestätigt hat, konnte nicht ermittelt werden, da bereits die Bf. keinen Kontakt mit Vertretern der Fa. ***F*** herstellen konnte. Weiters ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Funktion diese Person für die ***F*** tätig war und über erfolgte Liefervorgänge in der Zeit von Juli 2007 bis August 2008 Auskunft geben konnte, insbesondere ein (in der Vergangenheit liegendes) Warenübernahmedatum bestätigen konnte.

Die beiden als Zeugen einvernommenen ehemaligen Geschäftsführer der Fa. ***F***., ***RC*** und ***AK*** bestreiten, diese Bestätigungen unterzeichnet zu haben. Ihren Aussagen zufolge waren sie bis Ende 2007 bzw. Anfang 2008 bei der Fa. ***F*** als Geschäftsführer tätig. Die von der Bf. vorgelegten Abliefernachweise wurden jedoch erst im Oktober 2008 (zur Vorlage bei der Betriebsprüfung) erstellt, also in einer Zeit, als beide nicht mehr bei ***F*** beschäftigt waren, sodass bereits aus diesem Grund deren Angaben glaubwürdig erscheinen.

Weiters wurden die Blanko CMR Frachtbriefe von Unbekannten mit Stempeln der Fa. H*Ltd. versehen und Daten betreffend (in dieser Form nie stattgefundenen) Frachtvorgängen ergänzt (Datum der Auslieferung an den Frachtführer, Datum Erstellung des Frachtbriefes, Kennzeichen des Transportmittels). Alle 39 Frachtbriefe wurden von einer Person namens "Yusuf" unterschrieben.

Die Bf. hat die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachzuweisen. Weder für den Senat noch für die Bf. ist nachvollziehbar, wer und in welcher Funktion diese Person die Angaben auf den Abliefernachweisen gemacht hat. Weiters wurden - ebenfalls durch Unbekannte - Stempel der Fa. H*Ltd. angebracht, obwohl diese Spedition die gegenständlichen Transporte nie durchgeführt hat.

Der Einwand der Bf., es handle sich eben nicht um CMR Frachtbriefe sondern um bloße Abliefernachweise, sodass der Firmenstempel des Frachtführers nicht erforderlich ist, geht ins Leere. Die Vorlage von Abliefernachweisen anstelle von Versendungsbelegen ist nur in jenen Fällen zulässig, in denen es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar ist, den Versendungsbeleg durch Vorlage eines Frachtbriefes zu erbringen. Bei 25 der insgesamt 39 Abfertigungen lagen CMR Frachtbriefe vor; für die restlichen Abfertigungen wurde nicht nachvollziehbar dargelegt, warum es der Bf. nicht möglich oder zumutbar war, Versendungsbelege vorzulegen.

Mit den von der Bf. vorgelegten Unterlagen kann der Nachweis, dass die Voraussetzungen von innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen, nicht geführt werden.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Bf. ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen ist. Die vorhandenen Beförderungsnachweise stimmen mit den Angaben in den Anmeldungen nicht überein (andere Warenempfänger). Die vorgelegten Abliefernachweise sind weder zweifelsfrei noch leicht nachprüfbar und können daher nicht als Nachweise im Sinne des § 2 Z. 3 der VO anerkannt werden. Damit liegen bereits die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht vor. …"

Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Bf. gemäß § 190 Z. 2 StPO und § 202 Abs. 1 FinStrG ein. Ein (finanz-)strafechtliches Fehlverhalten war mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit nicht erweislich.

Mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom 16. September 2011, Zl. ***AZ***, wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet.

Am 21. Dezember 2016 hob das Gericht den Konkurs nach Schlussverteilung auf. Auf die Gläubiger entfiel eine Quote von 3,536382 %. Am 21. Februar 2019 wurde im Firmenbuch die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit eingetragen.

Der Beschwerdeführer (Bf.) war vom 31. August 2004 bis zum 10. Jänner 2017 (gemeinsam mit ***EG***) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Firmenbuch eingetragen. Ihm oblag als selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Primärschuldnerin von 31. August 2004 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 2014, Zahl: ***000***, wurde der Bf. gemäß §§ 9 und 80 BAO als Haftungspflichtiger für aushaftende Abgabenschulden der Primärschuldnerin ***X*** im Ausmaß von insgesamt 257.307,68 Euro (Einfuhrumsatzsteuer) herangezogen.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides haftete am Abgabenkonto der Primärschuldnerin (neben weiteren Abgabenschuldigkeiten) eine aus der Erlassung des Abgabenbescheides vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, resultierende Abgabenforderung (Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von 313.789,86 Euro aus. Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung in der Höhe von 257.307,68 Euro stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, weil die belangte Behörde in Berücksichtigung des damals noch nicht abgeschlossenen Konkursverfahrens nach einer entsprechenden Auskunft des Masseverwalters davon ausging, dass die Abgabenforderung nach Abzug einer fiktiven Quote von 18 % uneinbringlich ist.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich hinsichtlich der Vertreterstellung aus der Einsichtnahme ins Firmenbuch zu Firmenbuchnummer ***FN***, hinsichtlich der Höhe und der Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin aus der Einsichtnahme ins Firmenbuch zu Firmenbuchnummer ***FN***, aus dem Abgabenbescheid vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Haftungsbescheid (Punkt 3. der Bescheidbegründung), und der Eingabe des Insolvenzverwalters vom 13. März 2014.

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich im Übrigen aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei sowie aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere
den Zoll- und Abfertigungsunterlagen,
dem unter Bezugnahme auf den in der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vorgesehenen Informationsaustausch gestellten Ersuchen der zuständigen französischen Behörde in einem Vordruck zum Austausch von Informationen in Zusammenhang mit "MISSING TRADER" Betrug (SCAC 383 Anhang 1 Rev. 2) vom 26. September 2008,
der Niederschrift und dem Prüfungsbericht der Betriebsprüfung/Zoll des Zollamtes ***ZA*** vom 17. und 21. November 2008, Zahlen: ***011*** und ***012***,
der Auskunft der türkischen Zollverwaltung vom 15. April 2010, ***+++***, im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe im Zollbereich,
der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 9. Dezember 2013, GZ. ZRV/0185-Z2L/11,
der Einvernahme des Bf. durch die Finanzstrafbehörde vom 20. Juli 2011 (Niederschrift Zahl ***0001***),
der Einvernahme des ***EM*** durch die Finanzstrafbehörde vom 12. Juli 2011 (Niederschrift Zahl ***00042***),
der Einvernahme des ***A.B.*** durch die Finanzstrafbehörde vom 7. Juli 2011 (Niederschrift Zahl ***0041***),
der Einvernahmen der ***WM***, ***AP***, und des ***FL***, durch die Finanzstrafbehörde vom 9. März 2011 (Niederschriften jeweils mit der Zahl ***0065***),
der Einvernahme des ***AE*** und des ***EY*** durch die Finanzstrafbehörde vom 7. März 2011 (Niederschriften jeweils mit der Zahl ***0065***),
der Zeugeneinvernahme des Zollbeamten ***ZO*** durch das Zollamt ***ZA*** vom 13. April 2015 (Niederschrift ohne Zahl),
der Zeugeneinvernahme des ***EM*** durch das Zollamt ***ZA*** vom 14. April 2015 (Niederschrift ohne Zahl),
den schriftlichen Angaben der im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht als Zeugen einvernommenen ***EM*** vom 13. August 2017, ***MD*** vom 12. August 2017, ***UE*** vom 2. August 2017, ***TW*** vom 11. August 2017, und ***OS*** vom 12. August 2017.

Rechtslage

§ 9 BAO lautet:

"§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden."

§ 80 BAO lautet:

"2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war."

§ 224 BAO lautet:

"2. Geltendmachung von Haftungen.

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.

(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig."

Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 die Einfuhr von Gegenständen (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.

Gemäß § 1 Abs. 2 erster Satz UStG 1994 ist Inland das Bundesgebiet.

Gemäß § 29 Abs. 8 UStG 1994 gelten bis auf weiteres als Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten der EU die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes - soweit sie nicht unmittelbar anwendbar sind (zB für die Besteuerung des Erwerbes) gelten sie sinngemäß - ergänzt um die entsprechenden Artikel im Anhang (Binnenmarkt).

Gemäß Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) idF vor dem AbgÄG 2010 ist die Einfuhr der Gegenstände steuerfrei, die vom Anmelder im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt.

Art. 7 UStG 1994 über die innergemeinschaftliche Lieferung lautet:

"(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.

...

(3) Die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist."

Hängt die Besteuerung von einem buchmäßigen Nachweis ab, so sind die diesem Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen gemäß § 18 Abs. 8 UStG 1994 im Inland zu führen und mit den dazugehörigen Unterlagen im Inland aufzubewahren; die nachzuweisenden Voraussetzungen müssen daraus leicht nachprüfbar zu ersehen sein.

Auf Grund des Art. 7 des Umsatzsteuergesetzes 1994 hat der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996 erlassen.

Diese Verordnung lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7 UStG 1994) muss der Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.

§ 2. In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, hat der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:

1. Durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein, und

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten oder in den Fällen der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer durch eine Erklärung des Abnehmers oder seines Beauftragten, dass er den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern wird.

§ 3. (1) In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:

1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994) und

2. durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke.

...

§ 5. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muss der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein."

Gemäß Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 hat das Finanzamt Unternehmern im Sinne des § 2, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Das Finanzamt hat Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe benötigen.

Gemäß Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 bestätigt das Bundesministerium für Finanzen dem Unternehmer im Sinne des § 2 auf Anfrage die Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie den Namen und die Anschrift der Person, der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach den §§ 9 und 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit. Beim kumulativen Vorliegen dieser Voraussetzungen ist überdies die Geltendmachung der Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt (VwGH 3.7.2003, 2000/15/0043). Die Haftung nach § 9 BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet (VwGH 23.3.2010, 2009/16/0104).

Die Haftung nach § 9 BAO stellt nicht die Haftung für einen Schaden dar, welcher dem Abgabengläubiger bei Gesamtbetrachtung der Abgabenschulden mehrerer Abgabenschuldner entstanden ist, sondern der Tatbestand des § 9 BAO stellt darauf ab, dass Abgabenschulden eines Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. VwGH 28.2.2002, 96/15/0245; VwGH 10.5.2010, 2009/16/0226). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (VwGH 29.1.2015, 2011/16/0136).

Gemäß § 248 BAO kann der Haftungspflichtige nicht nur gegen seine Heranziehung zur Haftung, sondern innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Bescheidbeschwerde einbringen.

Durch § 248 BAO ist dem Haftenden auch ein Rechtszug gegen den an die GmbH ergangenen Abgabenbescheid eingeräumt.

Bringt der Bf. sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde ein, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, zumal von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (VwGH 17.9.1996, 92/14/0138).

Die Behörde und auch das Bundesfinanzgericht haben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 13.9.2006, 2003/13/0131) auf Grund des dem Haftungsbescheid vorangegangenen Abgabenbescheides vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, somit von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen.

Sämtliche Einwendungen des Bf., die sich inhaltlich gegen den Abgabenanspruch richten, erweisen sich daher als nicht berechtigt, weil solche Einwendung - solange der erlassene Abgabenbescheid dem Rechtsbestand angehört - im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden können (VwGH 10.04.1997, 94/15/0188).
Dies betrifft etwa das Vorbringen in den Punkten 2.) und 5.) und 6.) der Beschwerde, wonach die gesetzlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt worden seien und die Behauptung der Behörde, dass die Waren angeblich gar nicht beim Empfänger eingetroffen seien, nicht bewiesen sei und es dazu keine wie immer gearteten Erkenntnisse gebe bzw. von der Zollbehörde kein einziger Beweis vorgelegt worden sei, aus welchem sich ergebe, dass die Waren nicht beim Empfänger in Frankreich eingelangt seien.
Auch der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der Verjährung des Abgabenanspruches ist im Verfahren gemäß § 248 BAO geltend zu machen.

1) Haftungsrelevante Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin

Mit der Erlassung des Abgabenbescheides vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, lag eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit des Bf. fiel, gegen die Primärschuldnerin vor.

Der Bf. wendet ein, dass bis zum Zeitpunkt des Vorliegens der Berufungsvorentscheidung vom 20. Oktober 2011, Zl. ***001***, der vom Zollamt geforderte Abgabenbetrag von 371.558,86 Euro (Einfuhrumsatzsteuer und Abgabenerhöhung) nicht fällig gewesen sei. § 9 BAO setze die Fälligkeit des Abgabenbetrages voraus. Diese Fälligkeit sei erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens am 16. September 2011 eingetreten und in dem Zeitraum, als der Bf. noch Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei (bis zum 15.09.2011), nicht gegeben gewesen.

Dem ist zu entgegnen, dass gemäß Art. 7 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABL L 302 vom 19.10.1992, (Zollkodex - ZK) Entscheidungen der Zollbehörden - abgesehen von den Fällen nach Artikel 244 Absatz 2 - sofort vollziehbar sind.
Auch dem § 254 BAO zufolge berühren Berufungen, nunmehr Bescheidbeschwerden, die Wirkungen des Bescheides nicht (z.B. VwGH 22.1.2004, 2003/14/0095; VwGH 29.3.2007, 2007/15/0005, 0006). Insbesondere wird die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Abgaben, deren festsetzender Bescheid mit Berufung bzw. Bescheidbeschwerde angefochten ist, hiedurch nicht aufgehalten.
Die gegen den Abgabenfestsetzungsbescheid vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, erhobene Berufung hatte somit keinen Einfluss auf den Eintritt der Fälligkeit der festgesetzten Einfuhrumsatzsteuerschulden.

Auf die vom Bf. ins Treffen geführte und seiner Ansicht nach erfolgte "Fälligstellung" der Einfuhrumsatzsteuer nach Konkurseröffnung kommt es im Beschwerdefall im Übrigen nicht an, weil die in Rede stehende Einfuhrumsatzsteuer bereits in den Jahren 2007 und 2008 von der Primärschuldnerin zu entrichten gewesen wäre und nicht erst im Jahr 2011. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Punkt 4) dieses Erkenntnisses verwiesen.

2) Stellung des Beschwerdeführers als Vertreter

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum von 31. August 2004 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom 16. September 2011, Zl. ***AZ***, deren selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Er zählt somit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen, welche gemäß § 9 Abs. 1 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

3) Uneinbringlichkeit der Abgaben

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (VwGH 24.2.1997, 96/17/0066). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (VwGH 3.7.1996, 96/13/0025). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (VwGH 26.5.2004, 99/14/0218).

Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich zwar noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit, diese ist aber jedenfalls dann anzunehmen, wenn im Laufe des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann. Diesfalls ist daher kein Abwarten der vollständigen Abwicklung des Konkurses erforderlich. Dass das Konkursverfahren noch nicht abgeschlossen ist, steht somit der Erlassung eines Haftungsbescheides nicht entgegen. In einem so gelagerten Fall bedarf es allerdings konkreter Feststellungen der Abgabenbehörde über die Befriedigungsaussichten bei der insolventen juristischen Person, insbesondere über das zur Befriedigung der Konkursforderungen verfügbare Massevermögen (VwGH 28.5.2002, 99/14/0233).

Im Hinblick auf das bereits beendete Insolvenzverfahren betreffend die Primärschuldnerin und die erfolgte Löschung der Firma im Firmenbuch liegt die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben vor. Die objektive Uneinbringlichkeit lag bereits im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme vor, weil die belangte Behörde in Berücksichtigung des damals noch nicht abgeschlossenen Konkursverfahrens davon ausgegangen ist, dass die Abgabenforderung lediglich im Ausmaß von 82 % uneinbringlich ist.
Dass die in Rede stehenden Abgaben zu diesem Zeitpunkt einbringlich gewesen wären, wird auch vom Bf. nicht behauptet.

4) Schuldhafte Pflichtverletzung:

Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Als bestellter Geschäftsführer hat er die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaftzu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen. Hat er dies nicht getan, dann muss er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen (vgl. z.B. VwGH 2.7.2002, 96/14/0076, und VwGH 13.4.2005, 2001/13/0190).

Unbestritten ist, dass dem Bf. als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Primärschuldnerin von 31. August 2004 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom 16. September 2011, Zl. ***AZ***, zusammen mit dem weiteren Geschäftsführer ***EG*** die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die den Vertretern auferlegten Pflichten, deren Verletzung Haftungsfolgen auslösen, sind Pflichten, die im Zusammenhang mit der Abgabenerhebung stehen, und demgemäß in der Hauptsache
- einerseits Offenlegungs-, Wahrheits-, Buchführungs- und Erklärungspflichten im Interesse der Abgabenfestsetzung,
- andererseits Pflichten für die Tilgung von Abgaben Sorge zu tragen, also im Wesentlichen Abgabenzahlungspflichten sind (Stoll, BAO, 134).

Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- die Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.

Zu den die Vertreter nach § 80 BAO treffenden Pflichten zählen im Abgabenverfahren insbesondere die Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht sowie die Zahlungspflicht (Ritz, BAO6, § 9, Rz 10 und 12; § 139 Rz 3).

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen Abgabenerklärungen rechtzeitig und richtig eingereicht werden (VwGH 29.5.2001, 2001/14/0006).

Den Haftenden trifft die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen; er hat für den Nachweis seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (VwGH 7.9.1990, 89/14/0132).

Einem Geschäftsführer einer GmbH obliegt es als Vertreter nach § 80 BAO, die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Feststellung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden bekannt zu geben. Erkennt er, dass in einer Abgabenerklärung oder in einem sonstigen Anbringen der ihm gemäß § 119 obliegenden Pflicht nicht oder nicht voll entsprochen wurde und dass dies zu einer Verkürzung von Abgaben geführt hat oder führen kann, so ist er verpflichtet, hierüber unverzüglich der zuständigen Abgabenbehörde Anzeige zu erstatten.

Bei Betrauung Dritter (z.B. Angestellter) mit den abgabenrechtlichen Pflichten besteht die Haftung vor allem bei Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten. Der Vertreter hat das Personal in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten verborgen bleiben (Ritz, BAO6, § 9, Rz 13 und die dort angeführte Judikatur).

Im gegenständlichen Beschwerdefall besteht die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Bf. darin, dass in den Zollanmeldungen die Befreiung der Waren von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 beantragt wurde, obwohl erhebliche Zweifel bestanden haben mussten, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Abgabenbefreiung erfüllt waren, weil zum einen nach den Feststellungen des Unabhängigen Finanzsenates in der Berufungsentscheidung vom 9. Dezember 2013, GZ. ZRV/0185-Z2L/11, in 14 der gegenständlich 39 Abfertigungsfälle im jeweiligen Einfuhrzeitpunkt die erforderlichen Versendungsbelege nach § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 über die Warenbewegung in das übrige Unionsgebiet fehlten und zum anderen weil bereits zu den Einfuhrzeitpunkten aufgrund der ebenfalls in der erwähnten Berufungsentscheidung festgestellten widersprüchlichen Angaben über den Empfänger in den vorgelegenen Abfertigungsunterlagen, insbesondere den Warenverkehrsbescheinigungen und Frachtbriefen einerseits und den Zollanmeldungen andererseits beim Bf. erhebliche Zweifel bestanden haben mussten, dass die Waren für den in den Anmeldungen angeführten und von der Primärschuldnerin indirekt vertretenen Empfänger in Frankreich, welcher die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 erfüllen und die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung bzw. das anschließende innergemeinschaftliche Verbringen ausführen sollte, tatsächlich bestimmt waren und es sich bei diesem Empfänger um einen redlichen Wirtschaftsteilnehmer, der die Gegenstände für sein Unternehmen erworben hatte, handelte.

Dadurch, dass der Bf. die Abgabenbefreiung beantragte, ohne die aufgezeigten widersprüchlichen Angaben in den Abfertigungsunterlagen der Zollbehörde anlässlich der Einfuhren unverzüglich offenzulegen und anzuzeigen, hat er der ihn als Vertreter nach § 80 BAO treffenden und in § 119 BAO verankerten Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nicht entsprochen.

Die hier gegenständlichen Abfertigungsfälle wurden den Angaben des einvernommenen Steuerberaters der Primärschuldnerin zufolge immer nach dem gleichen vom Bf. vorgegebenen Muster abgewickelt. Soweit in diesem Zusammenhang Angestellte der Primärschuldnerin mit der Abgabe der verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen betraut waren, hat daher der Bf. seine ihm obliegenden Überwachungspflichten verletzt.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Das tatbestandsmäßige Verschulden kann in einem vorsätzlichen oder einem fahrlässigen Handeln oder Unterlassen bestehen. Eine bestimmte Schuldform ist somit hierfür nicht erforderlich (z..B VwGH 7.12.2000, 2000/16/0601). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (z.B. VwGH 18.10.1995, 91/13/0037; VwGH 31.10.2000, 95/15/0137).

Weder ein strafbares Verhalten noch eine strafgerichtliche Verurteilung sind Voraussetzung der Inanspruchnahme der Haftung (VwGH 28.5.2008, 2006/15/0007).
Der wiederholt vorgetragene Hinweis in den bisherigen Schriftsätzen des Bf. (vgl. etwa Pkt. 7. der Beschwerde oder die Eingaben vom 8. April 2020 und 2. November 2020) auf die Einstellung der gegen ihn geführten finanzstrafrechtlichen Ermittlungen durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) vermag daher der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. Gesetzesunkenntnis oder irrtümlich objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (VwGH 26.8.2009, 2007/13/0024).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, wonach von einem Wirtschaftsteilnehmer gefordert werden kann, dass er in gutem Glauben handelt und alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass sein Handeln nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. etwa EuGH 9.2.2017, Euro Tyre BV - Sucursal em Portugal, C-21/16 , Rn. 40, und EuGH 14.6.2017, Santogal M - Comercio e ReparaCão de Automoveis Lda, C-26/16 , Rn. 71), die Richtschnur bei der Anwendung des § 83 ZollR-DG, ob offensichtliche Fahrlässigkeit vorliegt (VwGH 21.11.2017, Ra 2017/16/0037).

In Anwendung dieser Grundsätze auch für die Verschuldensprüfung im Rahmen der Geschäftsführerhaftung des § 9 BAO ist daher entscheidend, ob der Bf. in gutem Glauben gehandelt hat und alle Maßnahmen ergriffen hat, die von einem verständigen Wirtschaftsteilnehmer vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass sein Handeln nicht zu einer Beteiligung an einem Steuerbetrug führt.

Der Bf. brachte in seinen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf VwGH 18.12.2006, 2006/16/0070, und VwGH 25.4.2017, Ra 2016/16/0059, vor, dass der Bf. der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns dadurch entsprochen habe, dass das Bestätigungsverfahren nach Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 in Anspruch genommen worden sei.

Im erwähnten Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, 2006/16/0070, heißt es:
"…
Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 nicht vorliegen, so ist gemäß Art. 7 Abs. 4 UStG 1994 die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten.

Tritt der Abnehmer bei seiner Bestellung unter der UID-Nr. eines anderen Mitgliedstaats auf, so erklärt er damit, dass die Voraussetzungen für eine steuerfreie Lieferung an ihn erfüllt sind.

Die Erklärungen des Abnehmers hat der Unternehmer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Unternehmer) zu prüfen. Maßgebend sind nicht die persönlichen Fähigkeiten, Gewohnheiten und Kenntnisse des Unternehmers, sondern ein objektiver Maßstab, das Verhalten eines ordentlichen, gewissenhaften Kaufmannes, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen differenzieren kann (vgl. Ruppe, aaO, Art. 7 Tz. 25; Hämmerle/Wünsch, Handeslsrecht III, 50).

Im Regelfall wird der Sorgfaltspflicht dadurch genüge getan, dass der Unternehmer sich die UID-Nr. des Abnehmers nachweisen lässt. Entscheidend sind aber letztlich die Umstände des Einzelfalles. Konnte der Unternehmer nach den bei der Lieferung gegebenen Umständen auch bei der Anwendung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes davon ausgehen, dass der Abnehmer Unternehmereigenschaft besitzt und die Lieferung für sein Unternehmen bestimmt ist, bedarf es keiner weiteren Kontrollschritte. Dies wird bei langjährigen, unproblematischen Geschäftsbeziehungen oder bei Geschäften mit international bekannten Abnehmern zutreffen. Bestehen Zweifel an den Gültigkeitskriterien der vorgelegten UID-Nr., so entspricht es der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes, die zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich Gewissheit über die Gültigkeit der UID-Nr. zu verschaffen. Zumutbar ist jedenfalls die Inanspruchnahme des Bestätigungsverfahrens nach Art. 28 Abs. 2 UStG (Ruppe, aaO, Art. 7 BMR, Tz. 26).
"

Nach dieser Rechtsprechung ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.

Die hier gegenständlichen Abfertigungsfälle der Primärschuldnerin sind nach den Angaben des vor dem Bundesfinanzgericht als Zeugen einvernommenen Steuerberaters ***OS*** vom 12. August 2017 immer nach dem gleichen vom Bf. vorgegebenen Muster abgewickelt worden. Der Bf. wies die Angestellten der Primärschuldnerin im Rahmen von Besprechungen lediglich darauf hin, dass sogenannte "Fiskalverzollungen" nur mit einer gültigen UID-Nr. (Überprüfung der Stufe 1 oder 2) und einer Fiskalvollmacht durchgeführt werden dürfen. Weder für den Bf. noch für die mit der Auftragsbearbeitung oder der Erstellung von Zollanmeldungen befassten Angestellten der Primärschuldnerin war es daher relevant, wer als Empfänger in den Warenverkehrsbescheinigungen A.TR oder in den im Zeitpunkt der Abfertigung vorliegenden Frachtpapieren eingetragen war.

Der Bf. kann sich bei dieser Sachlage nicht darauf berufen (Punkte 4. und 6. der Beschwerde), dass er die Verantwortung für die Abgabenangelegenheiten an nicht mit der Geschäftsführung beauftragte Angestellte der Primärschuldnerin übertragen hat, zumal er selbst die "Abfertigungsrichtlinien" vorgegeben hat und zudem ein nach § 9 BAO haftungspflichtiger Vertreter auch das Personal in solchen Abständen zu überwachen hat, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten verborgen bleiben (VwGH 10.2.1981, 80/14/1729).

Dem Bf. und den für die Erstellung der Zollanmeldungen verantwortlichen Personen der Primärschuldnerin ist vorzuwerfen, dass die widersprüchlichen Angaben über den Empfänger in den im Einfuhrzeitpunkt vorgelegenen Abfertigungsunterlagen, insbesondere den Warenverkehrsbescheinigungen und Frachtbriefen einerseits und den Zollanmeldungen andererseits, nicht beachtet und nicht hinterfragt worden sind. Dies selbst vor dem Hintergrund, dass keinerlei Kontakt zwischen dem Bf. bzw. der Primärschuldnerin und dem (angeblich) indirekt vertretenen Warenempfänger bestanden hat und sich sowohl der Bf. als auch die seitens der Primärschuldnerin handelnden Personen ausschließlich auf Angaben Dritter (der türkischen Frächter) verlassen haben.
Bereits im Rahmen der ersten beiden Anmeldungen vom 3. Juli 2007 für ***F*** SARL (CRN ***CRN1*** und ***CRN2***) wäre aber aufgrund der von den Anmeldungen abweichenden Empfängerangaben in den Warenverkehrsbescheinigungen und in den Frachtbriefen zu erkennen gewesen, dass die Beantragung der Abgabenbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 möglicherweise zu Unrecht erfolgt und damit der gemäß § 119 BAO bestehenden Pflicht nicht oder nicht ausreichend entsprochen wird und dies zu einer Verkürzung von Abgaben führen kann.

Im Beschwerdefall lagen somit von Anfang an atypische Umstände vor, die einen verständigen Wirtschaftsteilnehmer bei Beachtung der zumutbaren Sorgfalt veranlasst hätten, sich nicht mit der Inanspruchnahme eines Bestätigungsverfahrens nach Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 zu begnügen, sondern mit dem angeblich indirekt vertretenen französischen Warenempfänger Kontakt aufzunehmen, eine nähere Überprüfung durchzuführen und sich nicht ausschließlich auf die Angaben (außerhalb der Europäischen Union ansässiger) Dritter zu verlassen.

Bei einem derartigen ungewöhnlichen Geschehensablauf wären über die Inanspruchnahme eines Bestätigungsverfahrens nach Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 hinausgehend die erwähnten weiteren Maßnahmen erforderlich gewesen, um die begründeten Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen der Abgabenbefreiung bereits im Vorfeld auszuräumen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 7 Rz 28).

Zu einer Anzeige und Offenlegung dieser ungewöhnlichen Umstände, etwa der Unmöglichkeit einer Kontaktaufnahme mit dem französischen Warenempfänger oder der widersprüchlichen Angaben über den Empfänger in den Frachtbriefen einerseits und den Zollanmeldungen andererseits, sahen sich der Bf. oder die von ihm zu kontrollierenden Angestellten der Primärschuldnerin gegenüber der Zollbehörde selbst dann noch nicht veranlasst, nachdem sie im Oktober 2008 im Zuge der Ankündigung einer zollbehördlichen Nachschau/Betriebsprüfung das Fehlen der "Abliefernachweise" feststellten.
Vielmehr erteilte der Bf. einem angestellten Gesellschafter der Primärschuldnerin den Auftrag, nachträglich auf Blanko-Vordrucken Frachtbriefe zu erstellen, die von der angeblichen Warenempfängerin nachträglich bestätigt werden sollten.
Nachdem kein Kontakt mit dem französischen Empfänger hergestellt werden konnte, verließen sich der Bf. bzw. der von ihm beauftragte Gesellschafter wiederum ausschließlich auf die Angaben Dritter, nämlich des in der Türkei ansässigen Frächters, der die Geschäftsbeziehung der Primärschuldnerin mit der Fa. ***F*** SARL vermittelt hatte und sich bereit erklärte, die fehlenden Abliefernachweise zu besorgen, welche in der Folge durch einen beim türkischen Frächter angestellten unbekannten LKW-Lenker beigebracht und anlässlich der Betriebsprüfung vorgelegt wurden, ohne diese ungewöhnlichen Umstände des Zustandekommens dieser Unterlagen im Rahmen der Betriebsprüfung bzw. Nachschau gegenüber dem Zollamt offenzulegen.

Der Zollbehörde ist auch zuzustimmen, wenn sie in der Nichtbereithaltung von formell ordnungsgemäßen Versendungsbelegen eine Pflichtverletzung sieht, in der Beschwerdevorentscheidung im Zusammenhang mit der nachträglichen Erstellung der CMR-Frachtbriefe von einem "kaufmännisch unüblichen Vorgang" spricht und dem Bf. vorwirft, das ordnungsgemäße Zustandekommen der Übernahmebestätigungen auf den nachträglich erstellten CMR-Frachtbriefen nicht kritisch hinterfragt zu haben.
Die Einwände in den Punkten 6.) und 10.) der Beschwerde, zum damaligen Zeitpunkt im Jahre 2008 seien für den Bf. keine wie immer gearteten Anhaltspunkte vorgelegen, dass die Übernahmebestätigungen des in Frankreich ansässigen Empfängers nicht richtig sein könnten und es auch keine Vorschrift gegeben habe, eine nähere Überprüfung durchzuführen, insbesondere telefonischen Kontakt mit dem in Frankreich ansässigen Abnehmer aufzunehmen, erweisen sich daher vor dem Hintergrund der dargestellten Sach- und Beweislage ebenso als unberechtigt, wie der Einwand des Bf. in Punkt 3.) der Beschwerde, es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass die Firma H*Ltd. angeblich diese Frachtbriefe weder ausgestellt noch die bescheinigten Warentransporte durchgeführt habe, weil es aufgrund der von der Primärschuldnerin durchgeführten ca. 30.000 Abfertigungen pro Jahr unmöglich gewesen sei, genauere Kontrollen vorzunehmen.

Auch im Erkenntnis BFG 8.11.2016, RV/2101017/2015, vertrat das Bundesfinanzgericht die Auffassung, dass ein Unternehmer, der hinsichtlich der in der Verordnung BGBl 401/1996 geforderten Nachweise keine Sorgfalt gezeigt hat und sich ausschließlich auf Fremdangaben Dritter verlassen hat, nicht den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns Genüge getan hat (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 7 Rz 34).

Vor diesem Hintergrund hat der Bf. daher nicht in gutem Glauben gehandelt und nicht alle Maßnahmen ergriffen, die von einem verständigen Wirtschaftsteilnehmer vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass sein Handeln nicht zu einer Beteiligung an einem Steuerbetrug führt. Es ist ihm daher Fahrlässigkeit zuzurechnen, weil er die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Der Bf. hat im Haftungsverfahren dargetan, dass im Jahr 2008 eine Nachschau stattgefunden habe und im Rahmen dieser Prüfung alles für in Ordnung befunden worden sei. Er habe daher auf Basis der damals herrschenden Rechtslage korrekt gehandelt.
Zudem brachte er vor, es habe zahlreiche Gespräche zwischen Mitarbeitern des österreichischen Zolls und den Spediteuren in ***Ort1*** gegeben, um klarzustellen, welche Ablieferbestätigungen vom Zoll akzeptiert würden. Auch habe der Zollbeamte ***ZO*** dezidiert mitgeteilt, dass eine Übernahmebestätigung am Verzollungsdokument ausreichend sei. Im Jahr 2008 seien üblicherweise vom österreichischen Zoll niemals Abnehmernachweise mittels CMR-Frachtbriefen gefordert worden, sondern es seien immer nur Lieferscheine verlangt worden oder Übernahmenachweise auf dem Verzollungsdokument.
Auch die Empfängerangaben in den A.TR-Formularen sei in ***Ort1*** mit dem österreichischen und deutschen Zoll besprochen worden. Die türkischen Exportgesetze hätten für bestimmte Exporte in die EU Exportlizenzen vorgesehen. Um die komplizierte Bürokratie zu umgehen, hätten die türkischen Exporteure bestehende Lizenzen verwendet oder Firmen angegeben, die nicht die tatsächlichen Empfänger gewesen seien. Daher sei das Feld "Empfänger" in der Warenverkehrsbescheinigung A.TR oft leer geblieben oder es sei eine andere Firma darin angeführt worden. Von den Zollstellen in ***Ort1*** sei dies akzeptiert worden und darin keine Verfehlung oder ein Mangel gesehen worden.

Das Zollamt hat zu diesem Vorbringen ***EM*** und den genannten Zollbeamten am 13. und 14. April 2015 als Zeugen einvernommen. Herr ***EM*** gab an, dass es zwar seines Wissens nach öfter Treffen von Vertretern des Zollamtes und der Spediteure gegeben habe, er aber selbst nicht dabei gewesen sei und daher nicht wisse, worüber gesprochen worden sei. Der Kontakt mit dem Zollamt sei vom Beschwerdeführer gepflegt worden. Dieser habe Informationen über die Vorgangsweise im Zusammenhang mit Abfertigungen zum Zollverfahren 4200 an die Zollsachbearbeiter mündlich weitergegeben. Schriftliche Informationen (Rundschreiben) habe es nicht gegeben. Er habe ganz am Anfang der Fiskalverzollungen, ca. 2005 oder 2006, mit einem Zollbeamten gesprochen, aber dazu kaum Auskünfte bekommen. Der Zollbeamte sei der Meinung gewesen, er solle die UID-Nummer überprüfen. Mit Zollprüfungen habe er nichts zu tun gehabt. Von den Zollbeamten habe er nie gehört, dass sie CMR-Frachtbriefe benötigen würden. Er kenne auch die Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 nicht.
Der Zollbeamte ***ZO*** gab an, dass er selbst mit Vertretern der Speditionen immer nur im Rahmen seiner Prüfungsfälle Gespräche über Nachweispflichten im Zollverfahren 4200 geführt habe. Ob es andere Gespräche zwischen Vertretern des Zollamtes und den Spediteuren über Ablieferbestätigungen gegeben habe, wisse er nicht. Dass er mitgeteilt hätte, eine Übernahmebestätigung auf der Zollabfertigung sei ausreichend, könne er ausschließen. Er habe im Juni 2010 eine Anfrage an den bundesweiten Fachbereich für Umsatzsteuer gerichtet, ob eine Übernahmebestätigung auf dem Verzollungsdokument als Nachweis für die Unmittelbarkeit der innergemeinschaftlichen Lieferung anerkannt werden könne. Dies sei vom Fachbereich verneint worden. Seiner Erinnerung nach habe er diese Anfrage am Beginn der Vorlage derartiger Übernahmebestätigungen gestellt. Das Problem habe sich für ihn 2007 und 2008 noch gar nicht gestellt. Für 2007 und 2008 könne er aber nicht ausschließen, dass derartige Übernahmebestätigungen von Zollorganen anerkannt worden seien.
Das Zollamt befragte die Zeugen auch zu den Empfängerangaben in den Warenverkehrsbescheinigungen A.TR.
***EM*** erklärte, dass für ihn als Zollsachbearbeiter das Empfängerfeld im ATR nicht wichtig gewesen sei, weil es ja kein Pflichtfeld sei. Für ihn seien die Rechnungen entscheidend gewesen. Einen Grund, warum im A.TR andere Empfänger angeführt waren, könne er nicht angeben. Auch bezüglich Exportlizenzen wisse er nichts. Der Bf. habe möglicherweise diese Problematik mit Vertretern des österreichischen Zolls besprochen. Bei der Verzollung seien die Warenverkehrsbescheinigungen A.TR vorgelegt worden. Wenn die Zollbeamten etwas dagegen gehabt hätten, hätten sie reklamiert. Es hätte dem Zoll auffallen müssen, dass da etwas nicht zusammengepasst habe. Vor acht bis neun Jahren sei das kein Thema gewesen.
Der Zollbeamte ***ZO*** erklärte, dass er sich an keine Besprechung erinnern könne, bei der es um diese Frage gegangen sei. Seines Wissens nach müssten Eintragungen im A.TR jedenfalls mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen, auch wenn es sich um keine Pflichteinträge handeln würde. Für ihn wären derartige Unstimmigkeiten ein Grund gewesen, stutzig zu werden und an der Richtigkeit der erklärten Umstände zu zweifeln. Er würde in solchen Fällen zwecks Aufklärung nachfragen.

Ein Rechtsirrtum bzw. das Handeln auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht kann die Annahme eines Verschuldens ausschließen. Gesetzesunkenntnis oder irrtümlich objektiv fehlerhafte Rechtsauffassung sind aber nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde.

Dem Bf. ist in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, dass er im Wissen von der mangelnden Verlässlichkeit der Empfängerangaben in den Warenverkehrsbescheinigungen aufgrund der (angeblichen) türkischen Exportlizenzregelungen auch den abweichenden Angaben in den Frachtbriefen keine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen hat lassen und keine weiteren Überprüfungen wie etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Empfänger in Frankreich vorgenommen hat.

Der Bf. legte auch im Rahmen der Betriebsprüfung bzw. Nachschau die "ungewöhnlichen" Umstände des Zustandekommens der nachträglich vorgelegten CMR-Frachtbriefe gegenüber dem Zollamt nicht offen. Der Einwand des Bf., die Nachschau des Zollamtes im Herbst 2008 habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben, erweist sich daher als unberechtigt, da der Prüfer die formale Richtigkeit der Ablieferbelege nur aufgrund der eingesehenen Unterlagen bestätigte, die Unrichtigkeit der nachträglich erstellten und vorgelegten CMR-Frachtbriefe samt Übernahmebestätigungen sich jedoch erst im Zuge der nachträglichen Ermittlungen herausstellte.

Der Bf. kann sich vor dem Hintergrund der dargestellten mangelnden Offenlegung der widersprüchlichen Angaben über den Empfänger in den im Einfuhrzeitpunkt vorgelegenen Abfertigungsunterlagen einerseits und der "ungewöhnlichen Umstände" des Zustandekommens der nachträglich erstellten und vorgelegten CMR-Frachtbriefe im Rahmen der Betriebsprüfung bzw. Nachschau andererseits daher nicht darauf berufen, einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen zu sein, weil er durch diese mangelnde Offenlegung die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Dass die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) das Ermittlungsverfahren gegen den Bf. gemäß § 190 Z. 2 StPO und § 202 Abs. 1 FinStrG einstellte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder ein strafrechtlich relevantes Verhalten noch eine strafgerichtliche Verurteilung Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind (VwGH 28.5.2008, 2006/15/0007).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass weder ein völliges Unterbleiben eines Strafverfahrens, noch die Einstellung von Vorerhebungen oder einer Voruntersuchung, noch ein freisprechendes Urteil eine Bindung der Abgabenbehörde bei der Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen nach § 9 BAO bewirken könnte (VwGH 2.7.2002, 96/14/0068).
Da sich auch der Haftungstatbestand des § 9 Abs. 1 BAO nicht mit einem Straftatbestand des FinStrG deckt, wird entgegen der Ansicht des Bf. in den Punkten 7.) und 8.) der Beschwerde, durch die erwähnte Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen die Haftung gemäß § 9 BAO nicht präjudiziert (BFG 21.11.2018, RV/7104861/2018).

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört in weiterer Folge auch, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Abgabenzahlungspflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. In den Fällen von Selbstbemessungsabgaben hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wären (vgl. VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 24.2.2004, 99/14/0278; VwGH 15.12.2004, 2004/13/0146).

Gemäß Art. 59 Zollkodex (ZK) sind alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden.

Gemäß Art. 199 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253 vom 11. Oktober 1993 (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) übernimmt der Anmelder mit Abgabe einer von ihm oder von seinem Vertreter unterzeichneten Zollanmeldung oder mit Übermittlung einer EDV-gestützten Versandanmeldung bei einer Zollstelle gemäß den geltenden Vorschriften die Gewähr für
- die Richtigkeit der in der Zollanmeldung gemachten Angaben
- die Echtheit der eingereichten Unterlagen und
- die Einhaltung aller Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Überführung von Waren in das betreffende Zollverfahren.

In den Fällen der Einfuhr von Waren in das Zollgebiet entsteht die Zollschuld durch die Annahme der vom Anmelder abzugebenden Zollanmeldung (Art. 201 Abs. 1 und Abs. 2 ZK).

Der geschuldete Abgabenbetrag ist im Falle eines bewilligten Zahlungsaufschubes bis zum 15. des nachfolgenden Monates zu entrichten (Art. 227 ZK iVm § 77 Abs. 3 ZollR-DG in der Fassung vor dem AbgÄG 2015).

Insofern unterscheidet sich das Entstehen und die Entrichtung einer Zollschuld und damit auch der Einfuhrumsatzsteuerschuld (§ 2 Abs. 1 ZollR-DG i.V.m. § 26 Abs. 1 UStG 1994) nicht von der Situation bei Selbstbemessungsabgaben. In beiden Fällen kommt es auf die Erklärung bzw. die ordnungsgemäße Anmeldung durch den Abgabepflichtigen an (vgl. BFG 26.8.2015, RV/5200022/2013).

Im gegenständlichen Haftungsfall ist daher für die zwischen 3. Juli 2007 und 21. August 2008 zur Überführung in den freien Verkehr angemeldeten Waren der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung, wann den Bf. die abgabenrechtlichen Zahlungspflichten getroffen haben, der 15. Tag des auf die jeweilige Abfertigung folgenden Monats. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Einfuhrumsatzsteuer bei ordnungsgemäßen Zollanmeldungen zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ohne Befreiung der Waren von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (Verfahrenscode "4000" im Feld 37 der Anmeldungen) gemäß Art. 227 ZK iVm § 77 Abs. 3 ZollR-DG spätestens zu entrichten gewesen. Die Einfuhrumsatzsteuer wäre somit laufend zwischen 15.8.2007 bis 15.9.2008 fällig geworden.

Auf die vom Bf. ins Treffen geführte und seiner Ansicht nach erfolgte "Fälligstellung" der Einfuhrumsatzsteuer nach Konkurseröffnung kommt es im Beschwerdefall nicht an, weil die in Rede stehende Einfuhrumsatzsteuer bereits in den Jahren 2007 und 2008 von der Primärschuldnerin zu entrichten gewesen wäre und nicht erst im Jahr 2011.

Zum Verschulden wird auf die bereits oben dargestellten Erwägungen verwiesen.

5) Kausalität

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist.

Bei einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Abgabenausfall (VwGH 29.5.2001, 2001/14/0006).
Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung i.S.d. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (z.B. VwGH 23.11.2004, 2001/15/0108).

Keine Haftung besteht, wenn die Abgabe auch ohne schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters uneinbringlich geworden wäre (z.B. VwGH 15.9.1995, 93/17/0404).

Infolge der oben dargestellten schuldhaften Verletzung der in § 119 BAO normierten Pflichten durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.5.2004, 2003/17/0134), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Die belangte Behörde führt in Punkt 5. der Bescheidbegründung aus, dass im Fall der Nichtbegehung näher angeführter Pflichtverletzungen die gegenständlichen, nun uneinbringlichen Abgaben nicht erst mit Abgabenbescheid vom 9. Mai 2011 vorgeschrieben worden wären, sondern bereits im Zuge der jeweiligen Abfertigungen zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr.
Diese Zollabfertigungen seien zwischen 3.7.2007 und 21.8.2008 durchgeführt worden. Die Fälligkeit wäre gemäß § 77 Abs. 3 ZollR-DG am 15. Tag des auf die Abfertigung folgenden Monats eingetreten. Somit wären die Abgaben laufend zwischen 15.8.2007 bis 15.9.2008 fällig geworden.
In den Jahren 2007 und 2008 hätte die Primärschuldnerin noch keine Zahlungsschwierigkeiten gehabt und wäre daher problemlos in der Lage gewesen, die vorzuschreibenden Abgaben zu entrichten. Die Forderung wäre daher einbringlich gewesen und es sei die Uneinbringlichkeit erst durch die Pflichtverletzungen entstanden.

Dass es auch ohne die festgestellten schuldhaften Pflichtverletzungen zur Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben gekommen wäre, wurde vom Bf. nicht dargetan. Der Bf. brachte aber vor, dass die Primärschuldnerin bereits Mitte Juli 2011 Verbindlichkeiten von ca. 3,4 Mio Euro gehabt habe und diese Verbindlichkeiten der Zollbehörde auch urkundenmäßig nachgewiesen worden seien.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 23.11.2004, 2001/15/0108; VwGH 25.11.2009, 2007/15/0277).

Wie bereits dargestellt ist für die zwischen 3. Juli 2007 und 21. August 2008 zur Überführung in den freien Verkehr angemeldeten Waren der maßgebliche Zeitpunkt für diese Beurteilung nicht der im Bescheid vom 9. Mai 2011, Zahl: ***001***, angeführte Fälligkeitszeitpunkt (Art. 222 Abs. 1 Buchstabe a ZK iVm § 73 ZollR-DG), sondern - vergleichbar mit der Situation bei Selbstbemessungsabgaben - der Zeitpunkt, zu dem die Einfuhrumsatzsteuerbeträge bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären, somit der Fälligkeitszeitpunkt gemäß Art. 227 ZK iVm § 77 Abs. 3 ZollR-DG, das ist der 15. Tag des auf die jeweilige Abfertigung folgenden Monats.

Den Feststellungen des Zollamtes, in den Jahren 2007 und 2008 hätte die Primärschuldnerin noch keine Zahlungsschwierigkeiten gehabt und wäre daher problemlos in der Lage gewesen, die vorzuschreibenden Abgaben zu entrichten, ist der Bf. nicht entgegengetreten. Die Einfuhrumsatzsteuerbeträge wären daher ohne Pflichtverletzung zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten einbringlich gewesen.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten konnte nicht entnommen werden, dass die Primärschuldnerin zu den in den Jahren 2007 und 2008 gelegenen Fälligkeitszeitpunkten der Einfuhrumsatzsteuer nicht mehr über ausreichende Mittel zu deren Entrichtung verfügt hätte. Wären die Abgaben fristgerecht entrichtet worden, wäre es zu keinem Abgabenausfall gekommen. Die erforderliche Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall war daher zu bejahen.

6) Ermessen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Geltendmachung der Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Innerhalb des vom Gesetzvorgegebenen Rahmens sind Ermessensentscheidungen gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist die Bedeutung "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. Ritz, BAO6, § 20 Tz 7 mit Hinweis auf VwGH 3.7.2003, 2000/15/0043; VwGH 17.5.2004, 2003/17/0132 und VwGH 24.2.2011, 2009/15/0161).

Im angefochtenen Haftungsbescheid wurde dazu ausgeführt, dass das Zollamt Gründe, die für eine Unbilligkeit der Haftungsinanspruchnahme sprechen könnten, nicht erblicken könne und auch nicht vorgebracht worden seien. Der Bf. habe im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Pflichten auffallend sorglos gehandelt. Durch diese Pflichtverletzungen sei der Republik Österreich ein finanzieller Schaden entstanden. Es sei nicht unbillig, wenn jemand für den Schaden, den er verursacht habe, zur Haftung herangezogen werde.

Der Bf. hat im bisherigen Verfahren nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass selbst eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegenstünde (vgl. VwGH 28.5.2008, 2006/15/0089; VwGH 18.10.2005, 2004/14/0112; VwGH 25.11.2009, 2008/15/0220).

Der Bf. brachte vor (Punkt 11. der Beschwerde), dass sich die Zollbehörde nicht Mühe gegeben habe, eine Anschrift des zweiten Geschäftsführers ***EG*** ausfindig zu machen, oder herauszufinden, ob dieser über Vermögen in der Türkei verfüge. In diesem Zusammenhang werde der Zollbehörde mitgeteilt, dass die genannte Person in Ankara lebe und eine Tierfarm mit mehreren hundert Kühen betreibe. Außerdem sei er nach letztem Wissenstand des ausgewiesenen Rechtsvertreters des Bf. auch im Textilhandel tätig.
Der Zollbehörde sei es wesentlich leichter möglich als dem Bf. herauszufinden, welchen Tätigkeiten ***EG*** nachgehe. Jedenfalls habe es die Primärschuldnerin in großem Ausmaß dem ***EG*** "zu verdanken", dass über das Vermögen des Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet wurde. ***EG*** wäre verantwortlich gewesen für die Einbringlichmachung der offenen Forderungen gegenüber den türkischen Frächtern.
Es bestehe daher sehr wohl eine Einbringungsmöglichkeit auch gegenüber ***EG*** und es habe die Zollbehörde die Verpflichtung im Sinne des § 114 BAO zu handeln. Die Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Bf. sei daher nicht die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches.

Dem ist entgegen zu halten, dass der zweite Geschäftsführer der Primärschuldnerin ebenfalls zur Haftung herangezogen wurde und ein Teilbetrag der Haftungssumme in der Höhe von 7.569,60 Euro eingebracht werden konnte, wodurch auch die Haftungssumme um diesen Betrag bereits in der Beschwerdevorentscheidung reduziert wurde.
Die belangte Behörde verwies in der Beschwerdevorentscheidung auch zu Recht auf den Umstand, dass zwischen der Europäischen Union und der Türkei ein gegenseitiges Rechtshilfeabkommen, das eine Beitreibung von Forderungen vorsieht, nicht existiert, es auch kein entsprechendes bilaterales Abkommen gibt und daher keine Einbringungsmaßnahmen gegenüber ***EG*** möglich sind.
Mit dem angeführten Beschwerdevorbringen wird daher nicht dargetan, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte

Im Zusammenhang mit der Ermessensübung der Behörde brachte der Bf. im Wesentlichen auch vor, dass selbst wenn eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen würde, diese als dermaßen geringfügig zu betrachten wäre, dass sie die sogenannte Erheblichkeitsschwelle nicht oder kaum überspringe. Unter der Annahme, es würde eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen (was ausdrücklich bestritten werde), komme nur ein geringfügigstes fahrlässiges Verhalten des Bf. in Betracht. Aus diesen Erwägungen heraus sei es unbillig, den Bf. zu einer derart hohen Haftung heranzuziehen.
Die "Billigkeit" gebiete etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei.
Der Bf. bzw. die Primärschuldnerin hätten sich auf die eingangs der Beschwerde dargestellten Besprechungen mit der Zollverwaltung in ***Ort1*** verlassen, wonach bei diesen Besprechungen zugesagt worden sei, dass Übernahmebestätigungen auf den Zollabfertigungsformularen oder auf den CMR-Frachtbriefen von den Zollbehörden als ausreichend für den Übernahmenachweis der Waren im EU-Ausland akzeptiert würden.
Nunmehr, im Nachhinein, sei dies nicht mehr der Fall, sodass hier durch die Zollbehörde wider dem Grundsatz von Treu und Glauben gehandelt worden sei.

In diesem Zusammenhang ist vorauszuschicken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Inanspruchnahme der Haftung eines Geschäftsführers gemäß § 9 BAO i.V.m. § 80 BAO die Frage, ob die Behörde allenfalls bei gehöriger Aufmerksamkeit die Folgen einer Pflichtverletzung eines Geschäftsführers verhindern hätte können, keine Rolle spielt (vgl. etwa VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027).

Die WKStA stellte die strafrechtlichen Ermittlungen gegen jene beiden Zollbeamten, die auch die hier gegenständlichen Einfuhrabfertigungen vorgenommen haben, ein. Die Einstellung erfolgte gemäß § 190 Z. 2 StPO im Hinblick auf die Vorwürfe nach den §§ 302 Abs. 1, 304 Ab. 1 StGB und nach § 202 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der damit zusammenhängenden Verdachtsmomente nach §§ 11, 35 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 und Abs. 3, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, weil ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit nicht erweislich war.

Vom Bf. sind jedoch Umstände geltend gemacht worden, welche bei der Ermessensübung gemäß § 20 BAO unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sind.

Zunächst ist der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass der Anmelder gemäß Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 UStG 1994 buchmäßig nachzuweisen hat und nach Auffassung von Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz, UStG5, Art. 6 Tz 20 die praktische Umsetzung dieser Anordnung bis BGBl I Nr. 34/2010 unklar gewesen sei, da der Anmelder im Zeitpunkt der Einfuhr idR die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung noch gar nicht erfüllen (dazu gehöre ja auch die Versendung oder Beförderung in das übrige Gemeinschaftsgebiet), geschweige denn buchmäßig nachweisen habe können. Seit 2011 (AbgÄG 2010, BGBl I Nr. 34/2010) seien gem. Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 in Umsetzung der RL 2009/69/EU im Zeitpunkt der Einfuhr vom Schuldner der EUSt näher angeführte Angaben bzw. Nachweise zu erbringen, so etwa ein Nachweis, aus dem hervorgehe, dass die eingeführten Gegenstände dazu bestimmt seien, vom Inland in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet zu werden.

In Art. 7 Abs. 3 UStG 1994 ist normiert, dass der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung bestimmen kann, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist, und § 3 Abs. 1 der dazu erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 bestimmt, dass der Unternehmer im Versendungsfall den Nachweis durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (Z. 1) und durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke (Z. 2) zu führen hat.

Die Unklarheiten im Zusammenhang mit der praktischen Umsetzung der oben erwähnten gesetzlichen Anordnung des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 im hier relevanten Zeitraum ergibt sich auch aus den Angaben der einvernommenen Zeugen, insbesondere den Angaben des Zollbeamten ***ZO***. Daraus ist abzuleiten, dass die Zollbehörde in ***Ort1*** in den hier maßgeblichen Jahren 2007 und 2008 bei den Abfertigungen zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit Befreiung der Waren von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 ihr Augenmerk weniger auf die nach der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 im Einfuhrzeitpunkt erforderlichen Beförderungs- oder Versendungsbelege richtete, sondern vielmehr auf im Nachhinein beizubringende "Abliefer- oder Abnehmernachweise", in der Regel also auf Fracht- oder Lieferpapieren angebrachte Empfangsbestätigungen der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Warenempfänger. Der einvernommene Zollbeamte ***ZO*** gab etwa an, dass von ihm 2007/2008 immer die in den damals gültigen Rechtsnormen vorgesehenen "Abnehmernachweise" verlangt worden seien und er für 2007 und 2008 nicht ausschließen könne, dass Übernahmebestätigungen auf Verzollungsdokumenten von Zollorganen anerkannt wurden. Erst im Juni 2010 sei der zuständige Fachbereich im BMF zur rechtlichen Qualifikation derartiger Übernahmenachweise kontaktiert worden.

In dieses Bild fügt sich auch die zollamtliche Überlassung der Waren ohne abweichende Feststellungen in jenen Einfuhrfällen, in denen aufgrund des Beschauvermerkes (D300) feststeht, dass das Abfertigungsorgan eine Dokumentenkontrolle durchgeführt hat und diesem die Wareverkehrsbescheinigungen samt abweichenden Empfängerangaben vorgelegen sind (vgl. etwa CRN ***CRN27*** vom 21. Mai 2008 oder CRN ***CRN37*** vom 29. Juli 2008).
Gemäß Art. 62 Abs. 2 ZK sind den Anmeldungen alle Unterlagen beizufügen, deren Vorlage zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich ist. Im Fall der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr ist die Rechnung der Zollanmeldung beizufügen (Art. 218 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO). Wird die Zollanmeldung mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegeben, so können die Zollbehörden zulassen, dass die beizufügenden Unterlagen nicht mit der Zollanmeldung vorgelegt werden (Art. 77 Abs. 2 ZK). Gemäß § 23 Abs. 4 ZollR-DG idF vor dem AbgÄG 2015 haben die Anmelder jedoch auf Anforderung der Zollbehörden die Unterlagen papiermäßig oder elektronisch zu übermitteln. Dies ist offensichtlich durch die vorgenommene Dokumentenkontrolle geschehen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass im Prüfbericht für die Behörde vom 21. November 2008 über die im Jahr 2008 bei der Primärschuldnerin durchgeführte Nachschau festgehalten ist, dass sich der Hauptwohnsitz der angeblichen Geschäftsführer der ***F*** SARL seit 1995 bzw. 2003 in Österreich befindet, bei der Erstellung der Warenverkehrsbescheinigungen A.TR im Datenfeld 3 vielfach ein vom Warenempfänger laut Zollanmeldung abweichender Warenempfänger eingetragen wurde und bei der Prüfung der CMR-Frachtbriefe festgestellt wurde, dass über den gesamten Zeitraum die gleichen zwei Unterschriften für den Ausführer in der Türkei bzw. Warenempfänger in Frankreich aufscheinen.

Aufgrund dieser Feststellungen hätte daher auch der Abgabenbehörde bereits im Jahr 2008 auffallen müssen, dass die Waren möglicherweise nicht für den in den hier gegenständlichen Anmeldungen angeführten und von der Primärschuldnerin indirekt vertretenen Empfänger in Frankreich tatsächlich bestimmt waren und es sich bei diesem Empfänger möglicherweise nicht um einen redlichen Wirtschaftsteilnehmer, der die Gegenstände für sein Unternehmen erworben hatte, handelte und somit die Beantragung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 durch die Primärschuldnerin möglicherweise zu Unrecht erfolgte.

Entsprechend dem Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit hätte die Abgabenbehörde die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse etwa im Amtshilfeweg noch weiter erforschen müssen. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wären im Jahr 2008 die hier in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin noch einbringlich gewesen.

Unter Abwägung der dargestellten Gesichtspunkte vertritt das Bundesfinanzgericht daher zusammenfassend die Auffassung, dass es zweckmäßig ist, den Bf. entsprechend seinem Verschulden zur Haftung heranzuziehen, seine Haftung jedoch auf die Hälfte der laut Beschwerdevorentscheidung vom 18. Mai 2015 bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgaben, sohin auf einen Betrag in der Höhe von 124.869,04 Euro zu beschränken.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Haftung des Geschäftsführers für Einfuhrumsatzsteuer aufgrund von Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. So ist etwa die Frage, ob der maßgebliche Zeitpunkt für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, der im "Nacherhebungsbescheid" angeführte Fälligkeitszeitpunkt (Art. 222 Abs. 1 Buchstabe a ZK iVm § 73 ZollR-DG) ist oder - vergleichbar mit der Situation bei Selbstbemessungsabgaben - der Zeitpunkt, zu dem die Eingangsabgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären, somit der Fälligkeitszeitpunkt gemäß Art. 227 ZK iVm § 77 Abs. 3 ZollR-DG, das ist der 15. Tag des auf die jeweilige Abfertigung folgenden Monats. Die (ordentliche) Revision war daher zuzulassen.

 

Linz, am 3. März 2021

 

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