VwGH 2009/16/0226

VwGH2009/16/022610.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des VS in W, vertreten durch die Jirovec & Partner Rechtsanwalts GesmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 9. Mai 2008, Zl. ABK-43/07, betreffend Haftung für Abgaben gemäß §§ 7, 54 WAO, zu Recht erkannt:

Normen

AbgEO §26 Abs1 lita;
BAO §135;
BAO §20;
BAO §217;
BAO §224 Abs1;
BAO §224;
BAO §243;
BAO §289 Abs2;
BAO §4;
BAO §7 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
LAO Wr 1962 §171;
LAO Wr 1962 §18;
LAO Wr 1962 §189;
LAO Wr 1962 §224 Abs2;
LAO Wr 1962 §3;
LAO Wr 1962 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AbgEO §26 Abs1 lita;
BAO §135;
BAO §20;
BAO §217;
BAO §224 Abs1;
BAO §224;
BAO §243;
BAO §289 Abs2;
BAO §4;
BAO §7 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
LAO Wr 1962 §171;
LAO Wr 1962 §18;
LAO Wr 1962 §189;
LAO Wr 1962 §224 Abs2;
LAO Wr 1962 §3;
LAO Wr 1962 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Haftung für den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war seit dem 12. Dezember 1998 als selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und seit dem 2. Februar 2000 als selbstständig vertretungsbefugter Liquidator der D Gastronomie GmbH im Firmenbuch eingetragen.

Im Juli 1999 fand bei der D Gastronomie GmbH eine Revision des Magistrats der Stadt Wien betreffend u.a. Vergnügungssteuer für Oktober 1998 bis März 1999 statt. Im Bericht vom 21. Juli 1999 wurde nach Durchführung einer Schätzung festgestellt, dass für in diesem Zeitraum stattgefundene Tanzveranstaltungen Vergnügungssteuer nicht zur Gänze erklärt und nicht entrichtet worden sei. In der Folge gab die Dr. A KEG als steuerliche Vertreterin der Primärschuldnerin diesbezügliche Abgabenerklärungen ab.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 22. Oktober 1999 wurde der Antrag auf Konkurs über das Vermögen der D Gastronomie GmbH mangels Vermögens abgewiesen.

Mit Schreiben vom 19. April 2005 teilte der Magistrat der Stadt Wien als Abgabenbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, dass die D Gastronomie GmbH in Liquidation (Primärschuldnerin) Vergnügungssteuer Oktober 1998 bis März 1999 samt Nebengebühren nicht entrichtet habe. Da er im Firmenbuch als deren Geschäftsführer und Liquidator aufscheine, seien die gesetzlichen Voraussetzungen für seine "Haft- und Zahlungspflicht" gegeben.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die Abgabenbehörde erster Instanz am 10. Mai 2005 brachte der Zeuge PB vor, er sei bis zur behördlichen Schließung ihres Lokals im September 1998 Angestellter bei der Primärschuldnerin gewesen. Diese habe das Lokal nach der behördlichen Schließung im September 1998 nicht weiter betrieben, sondern MM, von dem er sonst nichts wisse. Hauptmieter des Lokals sei KN gewesen.

Der Beschwerdeführer brachte dabei vor, nur formal, "auf dem Papier", Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen zu sein. Er sei nie in diesem Lokal gewesen und sei auch sonst nicht für den Betrieb tätig geworden. Die Vergnügungssteuererklärungen vom 18. August 1999 habe er nie gesehen, den Steuerberater, der diese Erklärungen abgegeben habe, kenne er nicht.

Bei einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme am 17. Juni 2005 gab PB unter Vorlage einer "Vereinbarung und Rechnung" vom 10. August 1999 (zwischen KN und der D Gastronomie GmbH betreffend die Miete von "Leasinggeräten" von Februar bis August 1999 durch die D Gastronomie GmbH) an, MM habe verschiedene Unternehmen das gegenständliche Lokal betreiben lassen. Er wisse auch, dass MM einen Stempel der Primärschuldnerin gehabt habe, der gefälscht gewesen sei, weil dieser keine Telefonnummer enthalten habe.

Die Abgabenbehörde erster Instanz nahm mit Haftungsbescheid vom 18. Mai 2006 den Beschwerdeführer gemäß §§ 7, 54 WAO als Geschäftsführer der D Gastronomie GmbH für den im Zeitraum Oktober 1998 bis März 1999 entstandenen Rückstand an Vergnügungssteuer im Betrag von insgesamt EUR 11.802,95 als Haftenden in Anspruch. In der Begründung wurde ausgeführt, der Abgabenrückstand sei bei der Primärschuldnerin uneinbringlich, weil diese infolge rechtskräftiger Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens aufgelöst worden sei. Der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer und Liquidator eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter. Die schuldhafte Verletzung der ihm gemäß § 54 WAO auferlegten Pflichten sei dadurch gegeben, dass er es unterlassen habe, für die termingerechte Entrichtung der Abgaben zu sorgen. Durch sein Vorbringen, nur auf dem Papier Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen zu sein und deshalb auch nie für den Betrieb tätig geworden zu sein, könne er sich von seiner gesetzlichen Haft- und Zahlungspflicht nicht befreien.

Der Einwand, das Lokal sei nach einer behördlichen Schließung im September 1998 nicht mehr von der Primärschuldnerin betrieben worden, stehe nicht im Einklang mit der Aktenlage, wonach am 31. Dezember 1998 und am 4. Februar 1999 durch Revisionsbeamte Tanzveranstaltungen auf Namen und Rechnung der Primärschuldnerin festgestellt worden seien. Außerdem habe die Hausverwaltung mitgeteilt, dass die Schlüssel für das gegenständliche Bestandobjekt erst am 21. März 2000 zurückgegeben worden seien. Der Beschwerdeführer schulde daher den im Spruch genannten Betrag. Der Rückstand setzte sich aus Vergnügungssteuer zu zwei verschiedenen näher genannten Konten und Pfändungsgebühren zusammen und resultiere aus der anerkannten Vergnügungssteuerrevision vom 21. Juli 1999 sowie aus den Anmeldungen eines Spielapparates und eines Fußballtisches.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Dezember 2006 schränkte die Abgabenbehörde erster Instanz den Haftungszeitraum auf November 1998 bis März 1999 sowie den Haftungsbetrag auf EUR 10.445,21 ein und wies im Übrigen die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde neben der Darstellung der Schätzung der Bemessungsgrundlagen der im Zeitraum November 1998 bis März 1999 angefallenen Vergnügungssteuer ausgeführt, es sei gemäß § 104 Abs. 1 WAO ein Verspätungszuschlag von 10 v.H. des für die Monate Dezember 1998 bis März 1999 festgesetzten Steuerbetrages für die Publikumstanzveranstaltungen auferlegt worden, weil die Einreichungsfrist für die Steuererklärungen nicht gewahrt worden sei. Zur festgestellten Vergnügungssteuer sei weiters nach § 164 Abs. 1 WAO für den nicht entrichteten Abgaben- und Nebengebührenbetrag ein Säumniszuschlag im Ausmaß von 2 % zu entrichten. Der Haftungsbetrag für die Monate November 1998 bis März 1999 ergebe sich daher für Vergnügungssteuer, Säumniszuschlag, Verspätungszuschlag und Pfändungsgebühr mit insgesamt EUR 10.445,21. Der zeitliche und betragsmäßige Haftungsumfang sei auf Grund der geleisteten Zahlungen des bis 11. Dezember 1998 verantwortlichen ehemaligen Geschäftsführers zu reduzieren gewesen.

In seinem Vorlageantrag ersuchte der Beschwerdeführer "zum gesamten Vorbringen, insbesondere dass keine Haftung für die gegenständlichen Abgaben besteht und dass das gegenständliche Lokal schon vorher nämlich auch im gegenständlichen Zeitraum von Herrn N betrieben wurde und nicht von der D Gastronomie GmbH", um neuerliche Einvernahme des PB.

In der Folge ersuchte die belangte Behörde die Abgabenbehörde erster Instanz, MM und KN zeugenschaftlich zur Frage einzuvernehmen, wer im Haftungszeitraum das gegenständliche Lokal betrieben habe.

Am 29. Februar 2008 teilte KN der Abgabenbehörde erster Instanz per e-mail mit, dass er nicht mehr wisse, wer das Lokal vom Oktober 1998 bis März 1999 tatsächlich geführt habe. Er habe keine Aufzeichnungen mehr, glaube aber sich erinnern zu können, dass er in diesem Zeitraum nicht mehr Mieter des Lokals gewesen sei. Er habe seine Geschäftsanteile an der D Gastronomie GmbH entweder im September 1997 oder September 1998 an PB verkauft und die Mietrechte abgetreten. Über die weitere Entwicklung sei er weder eingebunden noch informiert. Der Aufenthalt von MM sei ihm nicht bekannt gewesen.

Die Abgabenbehörde erster Instanz teilte im Schreiben vom 5. März 2008 der belangten Behörde das Ergebnis der Zeugeneinvernahme mit. Die Einvernahme des MM sei mangels bekannter Personendaten nicht möglich gewesen. Außer den Zeugenaussagen gebe es keinen Hinweis darauf, dass eine Person dieses Namens überhaupt existiere.

Mit dem angefochtenen Bescheid schränkte die belangte Behörde den Haftungszeitraum auf November 1998 bis März 1999 sowie den Haftungsbetrag auf EUR 10.445,21 ein und wies im Übrigen die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, auf Grund der von der Primärschuldnerin durchgeführten Anmeldung von Spielapparaten und des von der steuerlichen Vertreterin der Primärschuldnerin anerkannten Betriebsprüfungsergebnisses vom 21. Juli 1999 hinsichtlich der Publikumstanzveranstaltungen stehe fest, dass Abgabenforderungen entstanden seien. Die Richtigkeit des Revisionsberichtes sei durch die Unterschrift der steuerlichen Vertreterin der Primärschuldnerin bestätigt worden. Dem Vorbringen, es sei undenkbar, dass im gegenständlichen Zeitraum die von der Behörde angenommene Anzahl von Eintrittskarten veräußert worden sei, sei zu entgegnen, dass die Anzahl der Kartenverkäufe für Oktober bis Dezember 1998 (5.092 Stück) an Hand der vorhandenen Kartenabrechnungen vom Revisionsorgan anlässlich der Revision am 21. Juli 1999 festgestellt und von der steuerlichen Vertreterin der Primärschuldnerin bestätigt worden sei. Der Kartenverkauf habe freitags und samstags stattgefunden. Unter der Annahme, dass im Zeitraum Oktober bis Dezember an 24 Abenden Eintrittsgeld verlangt worden sei, bedeute dies, dass pro Abend rund 212 Karten verkauft worden seien. In Anbetracht der Größe des Tanzraumes und unter Berücksichtigung der Öffnungszeiten erscheine eine solche Zahl von verkauften Eintrittskarten pro Abend durchaus plausibel. Aus diesen Gründen könne auch die für Jänner bis März 1999 vorgenommene Schätzung von 3.120 verkauften Eintrittskarten nicht als mangelhaft erkannt werden, zumal diese Schätzung für die gleiche Dauer (drei Monate) von einer geringeren Zahl an verkauften Eintrittskarten ausgehe.

Zur Höhe des Abgabenanspruches sei auf die detaillierten Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung zu verweisen, welchen der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag nicht weiter entgegen getreten sei.

Dem Einwand, das Lokal sei nach der behördlichen Schließung im September 1998 nicht von der Primärschuldnerin, sondern von KN betrieben worden, könne nicht gefolgt werden. Nach der Aktenlage habe die Primärschuldnerin im betreffenden Zeitraum ihre Geschäftstätigkeit nach wie vor ausgeübt. Diese Feststellungen gründeten sich einerseits auf die mit 31. März 1999 erfolgte Abmeldung der an diesem Standort gehaltenen Spielapparate und andererseits auf den im Akt erliegenden Revisionsprotokollen vom 31. Dezember 1998 und 4. Februar 1999, aus welchen hervorgehe, dass die Primärschuldnerin an diesen Tagen Tanzveranstaltungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchgeführt habe. Dass darüber hinaus weitere Veranstaltungen bis Ende März 1999 durchgeführt worden seien, ergebe sich aus der am 26. Februar 1999 erfolgten Vorlage von 1.500 Stück Eintrittskarten zu a S 50,-- zur amtlichen Kennzeichnung für die laufenden Tanzveranstaltungen und auch daraus, dass die steuerliche Vertreterin der Primärschuldnerin mit Schreiben vom 12. April 1999 dem Finanzamt für Körperschaften das Ende der Geschäftstätigkeit mit 31. März 1999 bekannt gegeben habe. All diese Umstände seien dem Beschwerdeführer in der Berufungsvorentscheidung vorgehalten worden, ohne dass er diesen konkret entgegengetreten wäre.

Zur beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme des PB sei darauf hinzuweisen, dass dieser bereits im erstinstanzlichen Verfahren einvernommen worden sei. Seinen dort gemachten Angaben, dass die Primärschuldnerin das in Rede stehende Lokal ab September 1998 nicht mehr betrieben habe, sei im Hinblick auf die oben genannten Ermittlungsergebnisse nicht zu folgen gewesen. Ebenso sei seine Behauptung, der auf den Revisionsprotokollen und Eingaben ersichtliche Firmenstempel der Primärschuldnerin sei gefälscht, weil dieser keine Telefonnummer enthalte, unglaubwürdig. Auch für die im Akt erliegende Anmeldung der Spielapparate vom 5. Juli 1997 sei ein Firmenstempel ohne Telefonnummer verwendet worden. Da der Zeuge zu den beantragten Beweisthemen bereits einvernommen worden sei und der Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt habe, zu welchen zusätzlichen Beweisthemen der Zeuge hätte befragt werden sollen, sei von einer neuerlichen Einvernahme des Zeugen Abstand zu nehmen gewesen. Es sei daher als erwiesen anzunehmen, dass die Primärschuldnerin das gegenständliche Tanzlokal bis Ende März 1999 selbst betrieben habe.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der in Rede stehenden Abgaben. Soweit der Beschwerdeführer auf die Vermögenslosigkeit der von ihm vertretenen GmbH hinweist, sei Folgendes auszuführen:

Dass im Haftungszeitraum durch die Primärschuldnerin keine Einnahmen lukriert hätten werden können, sei bei einem laufenden Betrieb nicht anzunehmen und werde auch durch die dem Finanzamt übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 1999 widerlegt. Da im Haftungszeitraum keinerlei Zahlungen geleistet worden seien, obwohl entsprechende finanzielle Mittel vorhanden gewesen seien, sei die abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Beschwerdeführers erwiesen. Der Beschwerdeführer habe das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen. Einen solchen Nachweis habe er nicht erbracht, obwohl er von der Abgabenbehörde erster Instanz dazu aufgefordert worden sei.

Die Reduzierung des zeitlichen und betragsmäßigen Haftungsumfangs ergebe sich auf Grund der geleisteten Zahlungen eines weiteren zur Haftung herangezogenen Geschäftsführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. in seinem Recht auf "Nichtinanspruchnahme einer Haftung" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 54 (der im Beschwerdefall noch anzuwendenden) WAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 WAO haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

Gemäß § 104 Abs. 1 WAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Nach § 149 Abs. 1 WAO gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung zulassen.

Die Abgabenbehörde hat gem. Abs. 2 leg. cit. die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt nach § 164 Abs. 1 WAO mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 7 hinausgeschoben wird.

Nach § 166 WAO beträgt der Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Der Säumniszuschlag wird nach § 167 Abs. 1 WAO im Zeitpunkt des Eintritts der Verpflichtung zu seiner Entrichtung fällig. Nach Abs. 2 kann seine Festsetzung durch formlose Zahlungsaufforderung erfolgen.

Nach § 2 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 (im Folgenden: AbgEO), gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des Abs. 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die landesgesetzlichen Abgabenverfahrensvorschriften auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nach § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 151/2009 u.a. die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1 % vom abgenommenen Geldbetrag. Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt EUR 10,--. Die im Abs. 1 genannten Gebühren sind auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat. Nach Abs. 5 leg. cit. werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Primärschuldnerin seit Ende 1999 das gegenständliche Lokal nicht mehr betrieben habe, geht insofern ins Leere, als der Haftungszeitraum ohnehin nur die Monate November 1998 bis März 1999 umfasst. Sollte sein weiteres Vorbringen darauf abzielen, dass die Primärschuldnerin auch in diesem Zeitraum keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltet hätte, so begegnet die gegenteilige Feststellung insofern keinen Bedenken, als sich die Abgabenbehörde sowohl auf die am 31. März 1999 erfolgte Abmeldung der Spielapparate, die Revisionsprotokolle vom 31. Dezember 1998 und 4. Februar 1999, die Vorlage von Eintrittskarten zur amtlichen Kennzeichnung vom 26. Februar 1999, die von der als steuerlicher Vertreterin auftretenden Dr. A KEG unterfertigten Vergnügungssteuererklärungen der Primärschuldnerin als auch auf deren Schreiben an das Finanzamt vom 12. April 1999 betreffend die Einstellung der Geschäftstätigkeit der Primärschuldnerin per 31. März 1999 stützen konnte.

Den vom Beschwerdeführer in der Folge geltend gemachten - und im Übrigen nicht näher begründeten - Zweifeln an einer Vollmacht der als steuerlicher Vertreterin auftretenden Dr. A KEG steht das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende, aus § 41 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegen.

Zur Rüge, die belangte Behörde hätte von Amts wegen KN als Zeugen einvernehmen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass dieser ohnehin schriftlich einvernommen wurde. Der Zeuge PB war bereits von der Abgabenbehörde erster Instanz einvernommen worden. Zu einer weiteren Einvernahme bestand entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein Rechtsgrund, wurde doch auch die neuerliche Einvernahme zur selben Frage beantragt. An der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, dass die Primärschuldnerin im haftungsgegenständlichen Zeitraum eine Geschäftstätigkeit entfaltet und daraus Mittel erwirtschaftet hat, vermag das über die Behauptungsebene nicht hinausgehende Beschwerdevorbringen keine Bedenken erwecken.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, schon "mangels geeigneter Rechtsbasis (in Form einer bescheidmäßigen Feststellung)" der in Rede stehenden Abgaben komme eine Haftung nicht in Betracht.

Die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung setzt zwar das Bestehen eines Abgabenschuldverhältnisses, also das Bestehen einer Abgabenschuld voraus, nicht jedoch, dass diese Schuld dem Abgabenschuldner gegenüber auch bereits geltend gemacht wurde. Gemäß § 3 WAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung. Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung an diesen Abgabenbescheid zu halten. Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es eine solche Bindung nicht. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden. Diese Beurteilung kann mit Berufung und auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden, womit dem zur Haftung Herangezogenen der Rechtsschutz gewahrt bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, Zl. 2000/15/0043, mwN).

Die belangte Behörde gesteht in ihrer Gegenschrift zu, dass im Beschwerdefall kein der Haftung zu Grunde liegender Abgabenbescheid erlassen wurde und vertritt - wie auch im angefochtenen Bescheid - die Auffassung, dass auf Grund des Umstandes, dass sich die persönlichen Haftungen auch auf die Nebensprüche erstreckten, der Beschwerdeführer zu Recht auch für diese herangezogen worden sei.

Der belangten Behörde ist zwar darin zuzustimmen, dass sich die persönliche Haftung des Beschwerdeführers nach § 5 Abs. 2 WAO auch auf Nebenansprüche wie den Säumniszuschlag, Verspätungszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens erstreckt. Sie verkennt aber die Rechtslage insofern, als die Haftungsinanspruchnahme hinsichtlich des Verspätungszuschlages jedenfalls das Vorliegen seiner bescheidmäßigen Festsetzung voraussetzt.

§ 104 Abs. 1 WAO ermächtigt die Abgabenbehörde nämlich lediglich, Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Verspätungszuschlag aufzuerlegen, sollte die Verspätung nicht entschuldbar sein. Daraus folgt, dass die verspätete Abgabe der Erklärungen für sich allein noch nicht das Entstehen des Verspätungszuschlages zur Folge hat. Die Festsetzung des Verspätungszuschlages liegt vielmehr dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. August 2002, 98/17/0292). Dabei hat diese die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen zu Grunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2009, 2009/17/0151).

Wenn nun im Beschwerdefall die Abgabenbehörde eine solche bescheidmäßige Festsetzung noch nicht vorgenommen hat, so ist der Abgabenanspruch hinsichtlich des (gegebenenfalls festzusetzenden) Verspätungszuschlages noch nicht entstanden und der Beschwerdeführer zu Unrecht zur Haftung dafür herangezogen worden.

Darüber hinaus ist der angefochtene Bescheid aber auch noch mit einer weiteren Rechtswidrigkeit behaftet:

Spruch des Haftungsbescheides (§ 171 WAO) ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Abänderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Berufungsverfahren im Sinne des § 224 Abs. 2 WAO festgelegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, 2005/13/0047).

Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 wurde der Beschwerdeführer zur Haftung für den vom Oktober 1998 bis März 1999 entstandenen Rückstand an "Vergnügungssteuer im Betrag von insgesamt EUR 11.802,95" herangezogen. Aus der Begründung ergibt sich, dass der im Spruch genannte Betrag auch Pfändungsgebühren umfasst. Selbst wenn man die Ansicht vertreten wollte, dass der - an sich eindeutig gefasste - Spruch damit auch die Haftung für die Pfändungsgebühren bewirken würde, so kann dies aber keineswegs auch für den Säumniszuschlag und den Verspätungszuschlag gelten. Die Ausdehnung der Haftung auf die genannten Nebenansprüche wurde im Ergebnis - die Berufungsvorentscheidung gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an - erstmals durch den angefochtenen Bescheid bewirkt. Damit hat aber die belangte Behörde den Beschwerdeführer insoweit erstmalig zur Haftung herangezogen. Sie hat damit eine Entscheidung getroffen, die in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz fällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2008, 2005/13/0098, mwN).

Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG auch dann, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1994, 92/13/0175).

Da der Aufhebungsgrund der Unzuständigkeit der belangten Behörde jenem der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgeht (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 167, mwN), war der angefochtene Bescheid sowohl hinsichtlich des Verspätungszuschlages als auch hinsichtlich des Säumniszuschlages wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer abgegolten wird.

Wien, am 10. Mai 2010

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