Normen
BAO §135;
BAO §80 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
GmbHG §18;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
BAO §135;
BAO §80 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
GmbHG §18;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 8. April 2008 wurde der beschwerdeführenden Partei für die von ihr im Zeitraum November 2006 bis November 2007 durchgeführte Vermietung von Videofilmen eine Vergnügungssteuer im Betrage von insgesamt EUR 441.445,81 vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde gemäß § 104 Abs. 1 WAO wegen unterlassener Einbringung der Vergnügungssteuererklärung für den Monat September 2007 ein Verspätungszuschlag von EUR 3.242,86 und gemäß den §§ 164 Abs. 1 und 166 WAO wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Vergnügungssteuer ein Säumniszuschlag von EUR 6.412,30 auferlegt.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab und führte dazu in ihrer Bescheidbegründung entscheidungswesentlich aus, anlässlich der am 12. Februar 2008 erfolgten Vergnügungssteuerrevision betreffend den Zeitraum November 2006 bis November 2007 habe der Magistrat der Stadt Wien festgestellt, dass die von der beschwerdeführenden Partei für die Monate November 2006 bis August 2007 und Oktober 2007 bis November 2007 entsprechend ihrer jeweiligen Abgabenerklärung vorgenommene Selbstbemessung der Vergnügungssteuer unrichtig gewesen sei und dass hinsichtlich des Monats September 2007 eine Vergnügungssteuererklärung bislang nicht eingereicht worden sei. Im genannten Revisionszeitraum seien Videofilme und auf sonstigen Bildträgern aufgezeichnete Filme vermietet worden. Dieses Revisionsergebnis, welches die Beanstandungen detailliert angeführt habe, sei von der beschwerdeführenden Partei ohne nähere Begründung nicht anerkannt worden.
Soweit die beschwerdeführende Partei eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 1 des Vergnügungssteuergesetzes vorbringe, sei ihr zu entgegnen, dass die Abgabenberufungskommission an gehörig kundgemachte Gesetze gebunden sei und ihr die Prüfung von gesetzlichen Bestimmungen auf deren Verfassungsmäßigkeit nicht zukomme. Zum Vorbringen betreffend die Höhe der im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzten Vergnügungssteuer sei zunächst auf die Bestimmung des § 146 Abs. 2 WAO zu verweisen, der zufolge Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung zu enthalten hätten. Entgegen der Rechtsmeinung der beschwerdeführenden Partei sei unter der im Spruch anzuführenden Höhe der Abgabe die Angabe des gesamten Ausmaßes des Abgabenanspruches für den betreffenden Zeitraum und nicht nur die Angabe der Differenz zum "Vorsoll" bzw. zu bereits geleisteten Zahlungen zu verstehen.
Gemäß § 104 Abs. 1 WAO könne die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahrten, einen Verspätungszuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar sei.
Nach § 17 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz habe der Unternehmer dem Magistrat längstens bis zum 15. des Folgemonats für den unmittelbar vorausgehenden Monat die Steuer zu erklären und zu entrichten; hinsichtlich des Monats September 2007 sei eine Vergnügungssteuererklärung nicht eingereicht worden. Dass ein Entschuldigungsgrund im Sinne des Gesetzes vorgelegen sei, habe die beschwerdeführende Partei nicht behauptet und ergebe sich ein solcher auch nicht aus den Feststellungen des Ermittlungsverfahrens. Die beschwerdeführende Partei sei somit ihrer Steuererklärungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen, obwohl ihr klar gewesen habe sein müssen, dass ein steuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht worden sei. Da ohne die Kontrolle des Magistrats für den Abgabengläubiger die Gefahr bestanden hätte, des in Rede stehenden Abgabenanspruchs für den Monat September 2007 jedenfalls zum überwiegenden Teil verlustig zu gehen und der Behörde ein nicht unbeträchtlicher Aufwand entstanden sei, erscheine die Höhe des Verspätungszuschlages von 10 % gerechtfertigt.
Auch die Vorschreibung des Säumniszuschlages in der Höhe von 2 % sei zu Recht erfolgt, wie näher begründet wird; die beschwerdeführende Partei habe die Vergnügungssteuer im Betrag von EUR 320.614,95 nicht bezahlt.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2009, B 1886/08-6, lehnte der dagegen zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung derselben ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
Die beschwerdeführende Partei hat die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde zusammen mit der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten ausgeführt. Sie macht vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist nach der ausdrücklichen Erklärung der beschwerdeführenden Partei (nur mehr) der Verspätungszuschlag für den Monat September 2007. Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht dessen rechnerisch richtige Festsetzung, bringt jedoch vor, die belangte Behörde habe insofern den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, als sie die ihr gemäß § 104 Abs. 1 WAO zustehende Ermessensübung nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt habe; zudem habe die belangte Behörde jede Ermittlungstätigkeit hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Verhängung eines Verspätungszuschlages unterlassen.
Begründend führt die beschwerdeführende Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, gemäß § 17 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes habe der Unternehmer längstens bis zum 15. des Folgemonats für den unmittelbar vorausgehenden Monat die Steuer zu erklären bzw. zu entrichten; es handle sich um eine Selbstbemessungsabgabe gemäß § 149 Abs. 1 WAO. Bei Selbstbemessungsabgaben seien jedoch die Vorschriften über die Einreichung der Abgabenerklärung hinsichtlich der entstandenen Steuerschuld ihrem Charakter nach als bloße Ordnungsvorschriften zu werten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2000, Zl. 98/16/0163). Die Unterlassung der Einreichung einer solchen Erklärung über bereits fällig gewesene Selbstbemessungsabgaben könne auch im Regelfall nicht als Tathandlung etwa einer Abgabenverkürzung angesehen werden. Die Verletzung solcher Ordnungsvorschriften werde verwaltungsstrafrechtlich regelmäßig mit einer nach oben limitierten Geldstrafe geahndet und habe sich die Abgabenbehörde, wenn sie wie im Beschwerdefall mit einem Verspätungszuschlag vorgehe, an den Strafdrohungen zu orientieren, welche das entsprechende Gesetz für verwaltungsstrafrechtliche Übertretungen vorsehe.
Die beschwerdeführende Partei sei seit vielen Jahren Abgabenschuldner der belangten Behörde und habe jeweils am 15. des Folgemonats für das vorangegangene Monat die Abgabenerklärung bei der zuständigen Abgabenbehörde eingereicht. Gleichzeitig mit der Einreichung der Abgabenerklärung sei die Erklärungssumme in der Höhe von 10 % der für den jeweiligen Monat anfallenden Steuerschuld abgeführt worden. Bereits in der Berufung habe die Beschwerdeführerin eine Durchführungsbestätigung vom 15. Oktober 2007 vorgelegt, durch die belegt werde, dass die 10 %ige Erklärungssumme für den Monat September in der Höhe von EUR 7.967,40 an diesem Tag am Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei eingelangt sei. Dadurch sei klargestellt, dass die beschwerdeführende Partei die Abgabenschuld für den Monat September 2007 in keinerlei Weise habe verkürzen wollen; es sei daher auch eine Orientierung an der Strafbestimmung des § 19 Abs. 1 des Wiener Vergnügungsteuergesetzes nicht zulässig. Es liege daher ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Hinblick auf den hier verhängten Verspätungszuschlag vor. Die beschwerdeführende Partei habe nur gegen eine abgabenrechtliche Ordnungsvorschrift ohne Möglichkeit der Beeinträchtigung der in Rede stehenden Stammabgabe verstoßen, weshalb der Verspätungszuschlag wegen seines pönalen Charakters einer Strafe nahe komme. Es sei der belangten Behörde auch unter Bedachtnahme auf die verfassungsrechtliche Bestimmung des Art. 6 MRK verwehrt, einen Verspätungszuschlag in der genannten Höhe vorzuschreiben.
Gemäß § 104 Abs. 1 WAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Vorschrift (und zu der gleichartigen Norm des § 135 Abs. 1 BAO) ist eine Verspätung dann entschuldbar, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, das heißt, wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Unter Fahrlässigkeit ist hier auch leichte Fahrlässigkeit zu verstehen. Dem Verschulden des Abgabepflichtigen an der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung ist das Verschulden seines Vertreters gleichzuhalten. Die zur Vertretung juristischer Personen berufener Personen haben gemäß § 54 Abs. 1 WAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2007, Zl. 2004/17/0217).
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2004, Zl. 2002/17/0267, ergangen zur vergleichbaren Regelung der Salzburger Landesabgabenordnung), steht der Abgabenbehörde sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei der Festlegung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages Ermessen zu. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Bescheiden, die im Ermessen der Verwaltungsbehörde liegen, gilt dem fehlerhaften Gebrauch der das Ermessen einräumenden Verwaltungsvorschrift. Ein solcher liegt dann vor, wenn das der Ermessensübung durch die Behörde zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren hinsichtlich der in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilenden gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Ermessensübung mangelhaft ist oder wenn von der Verwaltungsbehörde bei der Ermessensübung der Sinn des Gesetzes nicht beachtet wurde. Im letzteren Fall wird von einem (materiellen) Ermessensfehler gesprochen. Vorliegendenfalls behauptet die beschwerdeführende Partei einen materiellen Ermessensfehler, weil die belangte Behörde die in der Beschwerde näher dargelegten Umstände nicht im Sinne des Gesetzes gewürdigt habe.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 16. November 2004, Zl. 2002/17/0267, mwN) ist der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll. Bei der Ermessensübung ist demnach die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der unbestreitbaren objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen nicht außer Betracht zu lassen.
Unbestritten hat die beschwerdeführende Partei ihre Pflicht gemäß § 17 Abs. 1 des (Wiener) Vergnügungssteuergesetzes 2005, LGBl. Nr. 56/2005, dem Magistrat längstens bis zum 15. des Folgemonats für den unmittelbar vorausgehenden Monat die Steuer zu erklären, nicht entsprochen. Die belangte Behörde hat auch - insofern unbekämpft - festgehalten, dass eine entsprechende Abgabenerklärung für den hier strittigen Monat September 2007 bis zur im Jahr 2008 erfolgten Vergnügungssteuerrevision nicht abgegeben wurde. Die belangte Behörde hat - nunmehr unbekämpft - die Vergnügungssteuer für den Monat September 2007 mit EUR 32.428,58 festgesetzt.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass diese Umstände bereits eine Ausschöpfung des Höchstrahmens für den Verspätungszuschlag von 10 % rechtfertigen: Die belangte Behörde hat im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens nicht berücksichtigt, dass sowohl für den Zeitraum davor wie auch danach die Abgaben (in dem von der beschwerdeführenden Partei als zutreffend angesehenen Umfang) erklärt und auch abgeführt wurden. Darüber hinaus wäre zu berücksichtigen gewesen, dass für den hier gegenständlichen Monat September 2007 am 15. Oktober 2007 ein Betrag von EUR 7.967,40 unter ausdrücklicher Widmung als Vergnügungssteuer für den Monat September 2007 an die Abgabenbehörde überwiesen wurde.
Bei entsprechender Würdigung dieser Umstände hätte die belangte Behörde sich jedenfalls an einem geringeren als dem Höchstsatz bei der Ermessensübung orientieren müssen. Sie hat somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde einzugehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455 im Rahmen des an den Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrages.
Wien, am 11. Dezember 2009
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