VwGH Ro 2021/05/0037

VwGHRo 2021/05/003716.10.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tichy, in der Rechtssache der Revision der revisionswerbenden Parteien 1. B Genossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in Wien, 2. C GmbH in P und 3. Dr. F G in Wien, alle vertreten durch die Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 28. Juni 2021, 1. VGW‑101/V/050/11112/2020 (hg. protokolliert zu Ro 2021/05/0037), 2. VGW‑101/V/050/11111/2020 (hg. protokolliert zu Ro 2021/05/0038), und 3. VGW‑101/V/050/11113/2020 (hg. protokolliert zu Ro 2021/05/0039) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. Juli 2021, betreffend aufsichtsbehördliche Zustimmung zu Anteilserwerben nach dem WGG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. F GmbH, 2. L GmbH und 3. T GmbH in Liqu., alle in Wien, alle vertreten durch die Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19/33, sowie 4. W Gesellschaft m.b.H. in Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §8
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGVG 2014 §16 Abs1
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwGVG 2014 §34
VwGVG 2014 §8 Abs1
VwRallg
WGG 1979 §10a
WGG 1979 §10a Abs1
WGG 1979 §10a Abs1 lita
WGG 1979 §10a Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2021050037.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben den erst- bis drittmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2019 stellten u.a. die nunmehrigen revisionswerbenden Parteien bei der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde drei auf § 10a Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ‑ WGG gestützte Anträge, die jeweils auf die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Zustimmung zu einer Vielzahl näher aufgelisteter Einbringungs‑, Kauf‑ und Abtretungsverträge aus den Jahren 2008 bis 2020 über die jeweilige Übertragung von Geschäftsanteilen an der G GmbH gerichtet waren. Die G GmbH ist die beinahe alleinige Eigentümerin der XY Genossenschaft, einer gemeinnützigen Bauvereinigung im Sinne des WGG. Für den Fall der Genehmigungspflicht auch von Kapitalerhöhungen wurde der Eventualantrag auf Genehmigung näher bezeichneter Kapitalerhöhungen in den Jahren 2008 und 2009 gestellt.

2 Mit am 27. August 2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Schriftsatz erhoben die revisionswerbenden Parteien Säumnisbeschwerde, weil die belangte Behörde nicht innerhalb der gesetzlich auferlegten Entscheidungsfrist von sechs Monaten einen Bescheid erlassen habe.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (in der Folge: Verwaltungsgericht) vom 28. Juni 2021 wurde der Säumnisbeschwerde zu Antrag 1 „Folge gegeben“ und ausgesprochen, dass gemäß § 10a Abs. 1a iVm § 10a Abs. 1 lit. a WGG die Zustimmung zu sechs näher bezeichneten Einbringungs- bzw. Kauf‑ und Abtretungsverträgen aus den Jahren 2008 und 2009 über Anteilserwerbe an der G GmbH erteilt werde (Spruchpunkt I.). Mit Spruchpunkt II. in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. Juli 2021 wurde der Säumnisbeschwerde hinsichtlich des weiteren, in Antrag 1 enthaltenen Kauf‑ und Abtretungsvertrages vom 13. September 2018 sowie zu Antrag 2 im Hinblick auf den darin genannten Kauf‑ und Abtretungsvertrag vom 26. März 2015 „keine Folge gegeben“ und ausgesprochen, dass gemäß § 10a Abs. 1a iVm § 3 WGG den genannten Verträgen keine Zustimmung erteilt werde. Mit Spruchpunkt III. wurde der Säumnisbeschwerde zu Antrag 3 ebenfalls „keine Folge gegeben“ und dem Antrag 3 in Bezug auf die darin angeführten drei Kauf- und Abtretungsverträge jeweils vom 4. Dezember 2019 samt dem auf Genehmigung (nur) der ersten beiden Kauf‑ und Abtretungsverträge vom 4. Dezember 2019 gerichteten Eventualantrag gemäß § 10a Abs. 1a WGG iVm § 10a Abs. 1 lit. a WGG die Zustimmung nicht erteilt. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei (Spruchpunkt IV).

4 Das Verwaltungsgericht ging im Wesentlichen davon aus, dass die XY Genossenschaft eine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinne des WGG sei. Sie stehe zu 99,99 % im Eigentum der G GmbH, die selbst keine gemeinnützige Bauvereinigung sei. Die G GmbH habe ihre Geschäftsanteile an der XY Genossenschaft im Jahr 2003 von mehreren Privatpersonen erworben; dieser Erwerb sei von der belangten Behörde mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 genehmigt worden. Der restliche Anteil an der XY Genossenschaft im Ausmaß von 0,01 % sei infolge mehrerer ‑ genehmigter ‑ Erwerbsvorgänge an die erstmitbeteiligte Partei übertragen worden. Ab dem Jahr 2008 hätten verschiedene Anteilsübertragungsvorgänge in Bezug auf die G GmbH stattgefunden, von denen kein einziger genehmigt worden sei, weil zum damaligen Zeitpunkt in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen worden sei, dass Anteilsübertragungen an der G GmbH, die selbst keine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinne des WGG sei, nicht unter die Genehmigungspflicht des § 10a Abs. 1 lit. a WGG fielen. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 26/2018 sei § 10a WGG um Abs. 1a ergänzt worden, wonach bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit der Zustimmung der Landesregierung auch Vereinbarungen über den Erwerb von Anteilen an Unternehmungen, deren überwiegender Geschäftszweck der mittelbare oder unmittelbare Erwerb sowie das mittelbare oder unmittelbare Halten und Verwalten von Anteilen an Bauvereinigungen sei, bedürften. Da sich das Verwaltungsgericht an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach‑ und Rechtslage zu orientieren habe, sei diese Fassung des § 10a WGG der Prüfung der gestellten Anträge vom 5. Dezember 2019 zugrunde zu legen, da § 10a in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2018 auch auf Verträge anzuwenden sei, die vor dem Inkrafttreten dieser Novelle abgeschlossen worden seien. Gesamt betrachtet sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mittels authentischer Interpretation die Bestimmung des § 10a WGG auch auf mittelbare Übertragungen von Anteilen an Bauvereinigungen mit Zwischenschaltung einer Muttergesellschaft habe ausdehnen wollen, die vor dem Inkrafttreten dieser Novelle vorgenommen worden seien. Dies ergebe sich bereits aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 25. Juni 2019, VGW‑101/56/14133/2018, sowie aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Dezember 2020, 6 Ob 233/20p.

5 Die revisionswerbenden Parteien hätten zwar hinsichtlich der Verträge aus 2008 und 2009 keine Parteistellung, weil sie nicht Parteien der damals abgeschlossenen Verträge gewesen seien. Nach dem Wortlaut des § 10a WGG, den Erläuternden Bemerkungen dazu sowie nach Judikatur und Literatur sei jedoch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch ein amtswegiges Vorgehen durch die belangte Behörde ermöglicht habe (wird näher ausgeführt). Das Verwaltungsgericht sehe sich somit zur Überprüfung der Verträge aus 2008 und 2009 im Lichte des § 10a WGG berufen.

6 Mit näherer Begründung gelangte das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der im Spruchpunkt I. genannten, mit Antrag 1 beantragten Anteilserwerbe aus den Jahren 2008 und 2009 nichts hervorgekommen wäre, was gegen die Genehmigung dieser Übertragungen spräche; die diesbezügliche Genehmigung sei daher zu erteilen gewesen.

7 Zum letzten, in Antrag 1 genannten Kauf‑ und Abtretungsvertrag (vom 13. September 2018), mit dem die erst‑ und zweitmitbeteiligten Parteien ihre gesamten Geschäftsanteile an die zweitrevisionswerbende Partei verkauft und abgetreten hätten, wurde mit ausführlicher Begründung ausgeführt, dass aufgrund näher dargestellter personeller und wirtschaftlicher Verflechtungen ein massiver wirtschaftlicher Einfluss eines Angehörigen des Baugewerbes im Sinne des § 9 WGG zu befürchten sei, weshalb dem Kauf‑ und Abtretungsvertrag vom 13. September 2018 die Genehmigung gemäß § 10a WGG zu versagen gewesen sei.

8 Hinsichtlich der Verträge, die mit Antrag 2 zur Genehmigung vorgelegt worden seien, sei zum einen davon auszugehen, dass der Kauf‑ und Abtretungsvertrag vom 26. März 2015 aufgrund des Nichteintritts der darin enthaltenen aufschiebenden Bedingung (der Genehmigung durch die belangte Behörde nach dem WGG) zum Zeitpunkt der aufsichtsbehördlichen Überprüfung keinerlei Rechtswirkungen entfalte, weshalb er einer Zustimmung nicht zugänglich sei. Selbst wenn jedoch die Zusatzvereinbarung vom 13. Oktober 2016 zu diesem Vertrag (wonach die soeben angeführte aufschiebende Bedingung als nicht erforderlich erachtet werde) für das Genehmigungsverfahren beachtlich wäre, sei die Genehmigung nicht zu erteilen, weil in der Person der drittrevisionswerbenden Partei mehrere einer Genehmigung nach § 10a WGG entgegenstehende Hinderungsgründe vor allem im Hinblick auf § 3 WGG bestünden (wird näher ausgeführt).

9 Die weiteren, auf den nicht genehmigten Verträgen aufbauenden Verträge (laut Antrag 3) seien insbesondere deshalb nicht zu genehmigen, weil damit Rechte übertragen würden, die nicht bestünden.

10 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10a Abs. 1 und Abs. 1a WGG betreffend den Umfang der Bestimmung bezüglich der „Übertragung von Anteilen“, nämlich ob eine vor der Novelle BGBl. I Nr. 26/2018 durchgeführte mittelbare Übertragung „wie gegenständlich durchgeführt“ genehmigungspflichtig sei, sowie zu § 10a WGG, ob eine Zustimmung von Amts wegen erteilt werden könne, und schließlich zu § 10a WGG in Verbindung mit § 3 WGG, ob und inwieweit diese Bestimmungen fallbezogen gegenständlich seien und die vorliegenden Fälle einen „Fall für die Unvereinbarkeit gemäß § 3“ darstellten, fehle.

11 Gegen den die Zustimmung versagenden Teil dieses Erkenntnisses, sohin gegen die Spruchpunkte II. und III., richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zunächst die Begründung des Verwaltungsgerichtes wiedergibt. Weiters führt die Revision dazu näher aus, das Verwaltungsgericht vertrete nicht nur die Auffassung, dass sich aus der Novelle 2018 ergebe, dass mittelbare Erwerbe aus der Zeit vor der Novelle einer Genehmigungspflicht unterlägen, sondern auch, dass solche mittelbaren Erwerbe nunmehr anhand der Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen seien. Zu beiden Rechtsfragen fehle Rechtsprechung. Gegen die Interpretation des Verwaltungsgerichtes spreche, dass ‑ obzwar der Gesetzgeber selbst von einer authentischen Interpretation ausgehe ‑ der ausdrückliche Wortlaut des mit der Novelle 2018 eingefügten Absatzes 1a dem entgegenstehe. Eine vergleichbare Anordnung habe sich davor in § 10a WGG nicht gefunden. Weiters sei auf den Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses abzustellen; dies umso mehr, wenn derartige Erwerbsvorgänge nur in einer Kette von Relevanz gewesen seien und sie zu einem Zeitpunkt geprüft würden, in dem bereits die Weiterveräußerung stattgefunden habe, die vermeintlichen Versagungsgründe damals aber noch nicht vorgelegen seien.

12 Zur Frage der Anwendbarkeit von § 10a WGG iVm § 3 WGG sei dem Verwaltungsgericht zuzugestehen, dass § 3 bei der Auslegung von § 10a WGG grundsätzlich eine Bedeutung zukomme. Allerdings übersehe das Verwaltungsgericht, dass § 3 WGG zwar das Erfordernis der Eignung und Zuverlässigkeit ihrer Eigentümer und Organwalter sowie ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufstelle, diese Anforderungen aber nicht geeignet seien, die Abweisung im konkreten Fall zu tragen. Anzuwenden wäre hier § 24 WGG, der hinsichtlich der Zuverlässigkeit auf die jeweiligen handelnden Personen abstelle, wohingegen § 3 leg. cit. die Eigentümerschaft im Fokus habe. Das Gericht werfe aber konkret genannten Personen Unzuverlässigkeit vor. Da dies den grundsätzlichen Aufbau der Bauvereinigung nicht berühre, wäre nicht § 3 zur Prüfung heranzuziehen, sondern § 24. Welche Bedeutung § 10a iVm § 24 WGG zukomme, sei in der Rechtsprechung ebenso wenig geklärt, wie die falsch gelöste Frage des Gerichts zu § 3 leg. cit., sodass auch aus diesem Grund die Revision zulässig sei.

13 Darüber hinaus weiche das Verwaltungsgericht von der ständigen Rechtsprechung ab, wonach eine Sachentscheidung in einem Säumnisbeschwerdeverfahren nur getroffen werden dürfe, wenn die verschuldete Säumigkeit der Behörde festgestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht habe jedoch in den Spruchpunkten II. und III. der Säumnisbeschwerde keine Folge gegeben, über die im behördlichen Verfahren gestellten Anträge aber dennoch inhaltlich entschieden. Damit habe es eine ihm nicht zustehende Zuständigkeit in Anspruch genommen. In der Begründung finde sich dazu nichts. Im Übrigen würden die verfahrenseinleitenden Anträge nicht vollständig erledigt, weil über einen Antrag auf Verfahrensverbindung nicht entschieden worden sei.

14 Weiters wendet sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die „den Denkgesetzen verstoßenden Beweiswürdigung“ bzw. macht einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze geltend. „Die Feststellungen“ des Verwaltungsgerichtes, die aus der Beweiswürdigung resultierten, hätten sich „nicht mit den Beweisen der Revisionswerber auseinandergesetzt“ ‑ dazu werden konkrete Beispiele aus der Sicht der revisionswerbenden Parteien nicht berücksichtigter Beweise aufgelistet ‑ sondern hätten sich darauf beschränkt, die Ausführungen der erst‑ bis drittmitbeteiligten Parteien zu seinen eigenen zu machen. In der Folge wird in der Zulässigkeitsbegründung einzelnen beweiswürdigenden Überlegungen des Verwaltungsgerichtes mit eigener Begründung entgegengetreten und dem Verwaltungsgericht zum Vorwurf gemacht, sich in keiner Weise mit den Schlussfolgerungen und Stellungnahmen des Revisionsverbandes auseinandergesetzt zu haben.

15 Die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in welcher die Zurück- in eventu Abweisung der Revision sowie der Ersatz des Schriftsatzaufwandes im gesetzlichen Ausmaß beantragt werden. Die revisionswerbenden Parteien erstatteten mehrere „ergänzende Stellungnahmen“; die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien replizierten. Die revisionswerbenden Parteien gaben dazu eine Stellungnahme ab, worauf die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien replizierten.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

19 Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. etwa VwGH 28.3.2023, Ro 2020/05/0015; 28.9.2021, Ro 2021/05/0023, mwN). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung; der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).

20 Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. VwGH 13.3.2023, Ro 2023/06/0001; vgl. wiederum VwGH 11.1.2023, Ro 2020/05/0007, mwN).

21 Weder das Verwaltungsgericht noch die revisionswerbenden Parteien zeigen mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Zulässigkeit der Revision auf:

22 Zunächst ist ‑ bezogen auf das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision ‑ darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Regel ein in einem erst nach Ablauf der Revisionsfrist eingebrachten Schriftsatz erstattetes (ergänzendes) Vorbringen bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zu berücksichtigen ist (vgl. VwGH 31.5.2022, Ro 2018/06/0020; 30.10.2018, Ra 2017/05/0111, mwN; vgl. zu einer Ausnahmekonstellation etwa VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558, iZm einer nach Einbringung der Revision erfolgten schriftlichen Ausfertigung einer mündlich verkündeten Entscheidung).

23 Ausgehend davon sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allfällige ergänzende Zulässigkeitsausführungen in den nach Ablauf der Revisionsfrist eingebrachten Schriftsätzen der revisionswerbenden Parteien nicht zu berücksichtigen.

24 Hinsichtlich der sowohl vom Verwaltungsgericht als auch von den revisionswerbenden Parteien angesprochenen rückwirkenden Anwendbarkeit des § 10a Abs. 1a WGG auf vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 26/2018 abgeschlossene Verträge liegt ‑ wie nachfolgend gezeigt wird ‑ eine klare Rechtslage vor.

25 § 10a des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG), BGBl. Nr. 139/1979 idF BGBl. I Nr. 85/2019 lautet auszugsweise:

„Erwerb von Anteilen

§ 10a. (1) Bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit bedürfen der Zustimmung der Landesregierung Vereinbarungen über:

a) den Erwerb von Anteilen an einer Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft,

(...)

(1a) Bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit bedürfen der Zustimmung der Landesregierung Vereinbarungen über den Erwerb von Anteilen an Unternehmungen, deren überwiegender Geschäftszweck der mittelbare oder unmittelbare Erwerb sowie das mittelbare oder unmittelbare Halten und Verwalten von Anteilen an Bauvereinigungen ist.“

26 Abs. 1a wurde § 10a Abs. 1 WGG mit der Novelle BGBl. I Nr. 26/2018 angefügt. Nach der Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 1s WGG trat die Novelle BGBl. I Nr. 26/2018, die ausschließlich die Ergänzung des § 10a durch die Einfügung des Abs. 1a und eine Einleitung zu Abs. 2 zum Inhalt hatte, mit „xx.xx.xxxx“ in Kraft, „wobei sich der zeitliche Anwendungsbereich gemäß § 8 ABGB bestimmt“.

27 § 8 AGBG regelt die authentische Auslegung durch den Gesetzgeber. Darin liegt die Anordnung einer Rückwirkung (vgl. OGH 17.12.2020, 6 Ob 233/20p, unter Verweis auf RIS‑Justiz RS0008905 zu eben der in Rede stehenden Bestimmung des § 10a Abs. 1a WGG, wobei auch die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser konkreten Rückwirkungsanordnung begründet wurde).

28 Eine authentische Interpretation in Form eines Gesetzes bewirkt insofern eine Änderung der Rechtslage, als das neue Gesetz mit Rückwirkung an die Stelle des alten Gesetzes tritt. Nach der hg. Rechtsprechung kommt eine authentische Interpretation eines Gesetzes nur durch eine Erklärung in einem kundgemachten Gesetz und nicht durch bloße Äußerungen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens zustande. Es muss sich aus dem Gesetz selbst ergeben, dass der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung in einem bestimmten Sinn verstanden wissen will (vgl. VwGH 25.5.2016, Ro 2016/10/0011, mwN).

29 Aus den zitierten Anordnungen des WGG ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber rückwirkend im Hinblick auf die Regelung des § 10a Abs. 1 lit. a WGG klargestellt hat, dass auch der mittelbare (indirekte) Erwerb von Anteilen an gemeinnützigen Bauvereinigungen, etwa im Wege des Erwerbs von Anteilen an Unternehmungen, deren überwiegender Geschäftszweck der mittelbare oder unmittelbare Erwerb sowie das mittelbare oder unmittelbare Halten und Verwalten von Anteilen an Bauvereinigungen ist, der Genehmigung durch die Landesregierung bedarf. Das Verwaltungsgericht durfte sich insoweit auf eine klare Rechtslage stützen.

30 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen, es sei auf die Sachlage zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht ‑ wenn es in der Sache selbst entscheidet ‑ seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat. Nur in Fällen, in denen die Rechtsvorschriften auf die Rechts- und Sachlage während eines bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Stichtages oder Zeitraumes abstellen, kommt es hingegen nicht auf die Rechts- und Sachlage im Entscheidungszeitpunkt an (vgl. VwGH 18.5.2016, Ra 2016/11/0072, mwN). Auch wenn eine Behörde oder ein Verwaltungsgericht die Entscheidungspflicht verletzt hat, bleibt für die Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend (vgl. VwGH 24.1.2022, Ra 2021/06/0231).

31 Die revisionswerbenden Parteien zeigen mit der bloßen Behauptung, es sei auf die Sachlage zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ‑ zu dem es keine Hinweise auf eine Unzuverlässigkeit gegeben habe ‑ abzustellen, insbesondere wenn Erwerbsvorgänge nur in einer Kette von Relevanz seien und erst nach bereits erfolgter Weiterveräußerung geprüft würden, nicht auf, aus welcher Bestimmung des WGG konkret abzuleiten wäre, dass im Sinne der dargelegten Judikatur ausnahmsweise nicht die Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt zu beurteilen gewesen wäre. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht konkret dargelegt.

32 Die vom Verwaltungsgericht ohne nähere Ausführungen angesprochene Frage der Zulässigkeit einer amtswegigen Zustimmung ist schon deshalb nicht aufzugreifen, weil sie nur jene Verträge betrifft, die unter Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung eine Genehmigung erfuhren und daher nicht revisionsgegenständlich sind. Diese Frage wird in der Revision daher auch nicht erwähnt.

33 Weiters wird sowohl vom Verwaltungsgericht als auch von den revisionswerbenden Parteien die Frage der Anwendbarkeit von § 3 WGG in einem Verfahren nach § 10a leg. cit. angesprochen.

34 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 VwGG bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage. Das Verwaltungsgericht hat in der Begründung zum Ausspruch der Zulässigkeit der Revision daher (kurz) darzulegen, welche ‑ konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene ‑ grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hat (vgl. VwGH 13.6.2023, Ro 2020/06/0008; 11.5.2022, Ro 2021/07/0005, mwN).

35 Diesen Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung wird vom Verwaltungsgericht schon mangels konkreter Bezugnahme auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht entsprochen. Mit der bloßen Frage, ob § 3 WGG „hier gegenständlich“ sei, wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte.

36 Abgesehen davon, dass auch die revisionswerbenden Parteien keinen Bezug zum konkreten Sachverhalt herstellen, vermögen sie auch deshalb nicht aufzuzeigen, inwiefern das Schicksal der Revision von der Lösung der Frage, ob § 3 WGG eine taugliche Grundlage bildet, um in Zusammenhang mit § 10a leg. cit. eine Versagung eines Erwerbsvorgangs auszusprechen, abhinge, weil sie sich in diesem Zusammenhang nur gegen die vom Verwaltungsgericht angewendete Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit konkret genannter Personen wenden, nicht aber gegen die vorgenommene Beurteilung der Unzuverlässigkeit selbst. Wenden sich die revisionswerbenden Parteien aber nicht gegen die Beurteilung der Unzuverlässigkeit, kommt es im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachte Verletzung im Recht auf Genehmigung der vorgelegten Verträge nicht darauf an, ob die vom Verwaltungsgericht angenommene Unzuverlässigkeit auf § 3 oder auf die von den revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführte Bestimmung des § 24 WGG ‑ in beiden Bestimmungen geht es (auch) um „Zuverlässigkeit“ ‑ gestützt wurde, zumal in der Zulässigkeitsbegründung auch nicht aufgezeigt wird, dass diesbezüglich ein unterschiedlicher Beurteilungsmaßstab zur Anwendung käme.

37 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt jedoch nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 15.6.2023, Ra 2023/07/0088; 11.4.2023, Ra 2021/10/0191, mwN).

38 Diesen Anforderungen konnte im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 3 WGG weder die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts noch jene der revisionswerbenden Parteien gerecht werden; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wurde somit nicht dargelegt.

39 Zu der von den revisionswerbenden Parteien behaupteten Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur inhaltlichen Entscheidung, weil es der Säumnisbeschwerde „keine Folge gegeben“, aber dennoch inhaltlich entschieden habe, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein undeutlicher Spruch aus dem Gesamtzusammenhang mit der Begründung auslegbar ist (vgl. etwa VwGH 15.3.2021, Ra 2021/01/0049; 22.2.2018, Ra 2017/22/0125).

40 Richtig ist, dass das Verwaltungsgericht keine ausdrückliche Beurteilung der Zulässigkeit der von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Säumnisbeschwerde vornimmt. Es gibt in seiner Begründung jedoch den Vorlagebericht der Landesregierung wieder, in dem der Grund der Säumnis erklärt und von der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde ausgegangen wird, und nimmt daran anschließend die inhaltliche Beurteilung der verfahrenseinleitenden Anträge vor. Damit hat das Verwaltungsgericht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass es die Säumnisbeschwerde als zulässig erachtet. Der Spruch kann daher nur dahingehend gedeutet werden, dass das Verwaltungsgericht lediglich den verfahrenseinleitenden Anträgen keine Folge gegeben hat, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ein ausdrücklicher Abspruch, dass der Säumnisbeschwerde stattgegeben werde, auch wenn ein solcher Abspruch regelmäßig keine Verletzung in subjektiven Rechten bewirkt, nicht vorzunehmen ist (vgl. VwGH 9.11.2022, Ra 2022/11/0168; 12.10.2022, Ra 2022/06/0085, mwN). Ausgehend davon geht die diesbezügliche, ohnehin kein konkretes Abgehen von hg. Rechtsprechung aufzeigende Zulässigkeitsbegründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung etwa VwGH 28.6.2021, Ra 2021/06/0087; 25.9.2019, Ra 2019/05/0224) ins Leere.

41 Soweit die revisionswerbenden Parteien behaupten, die verfahrenseinleitenden Anträge seien nicht vollständig erledigt, weil über den Antrag auf Verfahrensverbindung nicht abgesprochen worden sei, ist aus diesen Ausführungen nicht ersichtlich, welche konkrete Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung damit an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen werden sollte.

42 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung stellen die revisionswerbenden Parteien zahlreiche aus ihrer Sicht unvertretbare Beweiswürdigungspassagen des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beweisergebnisse dar, die nicht berücksichtigt worden seien.

43 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/06/0126, mwN), wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargetan werden muss (vgl. VwGH 31.1.2023, Ra 2022/06/0263; 13.1.2023, Ra 2022/06/0246, mwN).

44 Mangels Relevanzdarstellung genügt die vorliegende Revision diesen Anforderungen nicht, sodass mit diesem Vorbringen schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.

45 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

46 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 16. Oktober 2023

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