VwGH Ra 2016/11/0072

VwGHRa 2016/11/007218.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revisionen des P V in B, vertreten durch Mag. Stefanie Lugger und Mag. Kersten Bankler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Jordangasse 7, gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 4. März 2016,

1. Zl. LVwG 33.13-88/2016-10 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2016/11/0072), 2. Zl. LVwG 33.13-87/2016-10 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2016/11/0073), und 3. Zl. LVwG 33.13- 103/2016-10 (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2016/11/0074), jeweils betreffend Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes - AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag in 8600 Bruck an der Mur, Dr. Theodor Körner-Straße 34), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit den angefochtenen Beschlüssen wurden die Beschwerden des Revisionswerbers, die dieser gegen drei (ihm am 10. Dezember 2015 zugestellte) Straferkenntnisse der belangten Behörde wegen Übertretungen des AVRAG erhoben hatte, als verspätet zurückgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

In der Begründung dieser Beschlüsse führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen gleichlautend aus, die Beschwerden seien bei der belangten Behörde mittels Telefax am letzten Tag der vierwöchigen Beschwerdefrist, nämlich am Donnerstag, dem 7. Jänner 2016 um 15.09 Uhr, somit außerhalb der Amtsstunden, eingebracht worden (§ 13 Abs. 2 und 5 AVG). Die Amtsstunden der belangten Behörde seien auf deren Homepage für Montag bis Donnerstag von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr und für Freitag von 08.00 Uhr bis 12.30 Uhr kundgemacht gewesen. Erst beginnend mit 20. Jänner 2016, somit nach Ablauf der gegenständlichen Beschwerdefrist, seien die Amtsstunden für Montag bis Donnerstag bis 16.00 Uhr ausgeweitet worden.

2 Gegen diese drei Beschlüsse richten sich die vorliegenden (außerordentlichen) Revisionen.

3 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

6 2.1.1. Die Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit vor, die genannte Ausweitung der Amtsstunden ab dem 20. Jänner 2016 sei während der laufenden Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht erfolgt, sohin bevor das Verwaltungsgericht die Beschwerden zurückgewiesen habe. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob das Verwaltungsgericht diese Verlängerung der Amtsstunden bis 16.00 Uhr bei seinen Entscheidungen hätte berücksichtigen müssen.

Damit werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

7 2.2.2. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht - wenn es in der Sache selbst entscheidet - seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Zl. Ro 2015/03/0032, mwN). Abgesehen davon, dass vorliegend eine Entscheidung in der Sache nicht erfolgte, hängt die gegenständlich entscheidende Frage der Verspätung der mittels Telefax eingebrachten Beschwerden zufolge § 13 Abs. 5 AVG jedoch ausschließlich davon ab, wann die Amtsstunden der belangten Behörde am 7. Jänner 2016 (letzter Tag der Beschwerdefrist) endeten. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, dass es in Fällen, in denen die Rechtsvorschriften auf die Rechts- und Sachlage während eines bestimmten in der Vergangenheit liegenden Stichtages oder Zeitraumes abstellen (der gegenständlich relevante § 13 Abs. 5 AVG stellt auf die kundgemachten Amtsstunden bei Einbringung eines Anbringens - das war fallbezogen der 7. Jänner 2016 - ab), nicht auf die Rechts- und Sachlage im Entscheidungszeitpunkt ankommt (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb (2007), AVG, Rz 82 und 85 zu § 66 sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I (1998), unter E 291 zu § 66 AVG referierte hg. Judikatur, und die hg. Erkenntnisse vom 11. September 2015, Zl. Ro 2014/17/0026, und vom 24. Februar 2016, Zl. Ro 2015/05/0012; vgl. auch allgemein zur Beurteilung der Zulässigkeit von Prozesshandlungen z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, Zl. 2005/04/0188, mwN).

8 2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die - wegen ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen - Revisionen zurückzuweisen.

Wien, am 18. Mai 2016

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