VfGH G290/2022, V 238/2022

VfGHG290/2022, V 238/20223.10.2024

Aufhebung einer Bestimmung der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge betreffend Leistungen der Unfallversicherung; Gesetzwidrigkeit des – pauschalen und undifferenzierten – Ausschlusses der Versehrtenrente wegen Berufskrankheit bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit unter 50 % im Vergleich zum Leistungsniveau der Unfallversicherung bei Bundesbeamten; hinreichende Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung im systematischen Zusammenhang mit den weiteren Bestimmungen des Oö Lehrer-Kranken- und UnfallfürsorgeG

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art120b
B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
Oö Lehrer-Kranken- und UnfallfürsorgeG §13 Abs6
Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates vom 05.11.1996 Punkt 145., Punkt 146.
LDG 1984 §110
B-KUVG §92, §101
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2024:G290.2022

 

Spruch:

I. Der Gesetzesprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

II. 1. Punkt 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 5. November 1996, kundgemacht auf der Homepage der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (https://www.lkuf.at/ueber-uns/satzungen )

, wird zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 15. März 2025 in Kraft.

3. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.

III. Im Übrigen wird der Verordnungsprüfungsantrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG und auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, der Verfassungsgerichtshof möge den ersten Satz des §13 Abs6 Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz – Oö LKUFG, LGBl 66/1983, idF LGBl 55/2007 als verfassungswidrig sowie die Punkte 145. und 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021 als gesetzwidrig, in eventu

"Punkt 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021 zur Gänze als gesetzwidrig […]

 

in eventu:

 

[d]ie Wortfolge 'um mindestens 50 v.H.' in Punkt 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021 als gesetzwidrig […]

 

in eventu:

 

[d]ie Wortfolge 'durch die Folgen eines Dienstunfalles' in Punkt 145. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021

 

sowie

 

Punkt 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021 zur Gänze als gesetzwidrig […]"

 

aufheben.

 

 

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §13 des Gesetzes vom 8. Juli 1977 über die Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz – Oö LKUFG), LGBl 66/1983, idF LGBl 122/2020 (Abs6 idF LGBl 55/2007) lautet auszugsweise wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"§13

Anspruchsberechtigung und Leistungen

 

(1) Die Mitglieder - mit Ausnahme von Hinterbliebenen im Sinne des Pensionsgesetzes 1965 - haben im Falle einer durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung Anspruch auf folgende Leistungen:

[…]

4. Versehrtenrente;

5. Zusatzrente für Schwerversehrte;

[…]

 

(6) Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs1 bis 5 sowie den Umfang und die Dauer von Ansprüchen sind entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge durch die Satzung festzulegen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Leistungen der Unfallfürsorge in ihrer Gesamtheit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, mindestens gleichwertig sind; dabei können Satzungsänderungen erforderlichenfalls rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Darüber hinaus können Leistungsverbesserungen nur nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten der LKUF getroffen werden.

 

(7) Neben den Pflichtleistungen (Abs1 bis 6) kann die Satzung im Rahmen der verbleibenden finanziellen Möglichkeiten freiwillige Leistungen vorsehen. Auf freiwillige Leistungen besteht kein Rechtsanspruch."

 

 

2. Die Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (im Folgenden kurz: LKUF-Satzung), kundgemacht auf der Homepage der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (https://www.lkuf.at/ueber-uns/satzungen ), die Punkte 145. und 146. idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 5. November 1996, lautet auszugsweise wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"III Versehrtenrente

 

145. Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen eines Dienstunfalles länger als drei Monate ab dem Unfallereignis um mindestens 20 v.H. vermindert ist.

 

146. Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen einer Berufskrankheit länger als drei Monate nach dem Beginn der Krankheit um mindestens 50 v.H. vermindert ist.

 

[…]

 

5. ABSCHNITT: SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

194. Die Satzung bzw Satzungsänderungen werden im Internet (www.lkuf.at ) kundgemacht."

 

 

3. §110 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1984 über das Dienstrecht der Landeslehrer (Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LDG 1984), BGBl 302/1984, lautet:

"Dienstrechtliche Unfallfürsorgeeinrichtungen

 

§110. (1) Für die Landeslehrer können durch Landesgesetz dienstrechtliche Unfallfürsorgeeinrichtungen geschaffen werden.

 

(2) (Grundsatzbestimmung) Die Regelung der dienstrechtlichen Unfallfürsorgeeinrichtungen hat vorzusehen, daß der Dienstgeber im Falle eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit des Landeslehrers Leistungen zu erbringen hat, die in ihrer Gesamtheit den Leistungen nach den jeweiligen bundesgesetzlichen Vorschriften über die Unfallversicherung der Bundesbeamten mindestens gleichwertig sind; der Kreis der Begünstigten hat sich hiebei nach diesen bundesgesetzlichen Vorschriften zu richten.

 

(3) (Grundsatzbestimmung) In den nach Abs1 ergehenden Landesgesetzen dürfen Beiträge der Landeslehrer für dienstrechtliche Unfallfürsorgeeinrichtungen nicht vorgesehen werden."

 

 

4. §92 und §101 des Bundesgesetzes vom 31. Mai 1967 über die Kranken- und Unfallversicherung öffentlich Bediensteter (Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz – B-KUVG.), BGBl 200/1967, idF BGBl 707/1976 (§101) und BGBl I 142/1998 (§92) lauten wie folgt:

"Berufskrankheiten

 

§92. (1) Als Berufskrankheiten gelten die in der Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen; wenn sie durch Ausübung des die Versicherung begründenden Dienstverhältnisses in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sind, mit der Maßgabe, daß unter dem in der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz verwendeten Begriff der Unternehmen entsprechend auch die Dienststätten der nach diesem Bundesgesetz unfallversicherten Personen zu verstehen sind. Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Dies gilt nicht, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 zum ASVG angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde.

 

(2) Die in der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz bezeichneten Krankheiten mit Ausnahme der unter den laufenden Nummern 25, 29, 30 und 34 bis 36 genannten Krankheiten gelten auch als Berufskrankheiten, wenn sie bei den in §91 Abs2 bezeichneten Personen im Zusammenhang mit dem Auslandseinsatz eingetreten sind und nicht auf Grund einer solchen Krankheit ein Versorgungsanspruch nach dem Heeresversorgungsgesetz besteht.

 

(3) Eine Krankheit, die ihrer Art nach nicht in Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz im Sinne des Abs1 oder 2 enthalten ist, gilt im Einzelfall als Berufskrankheit, wenn die Versicherungsanstalt auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, daß diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung oder bei einem Auslandseinsatz (§91 Abs2) entstanden ist; diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung.

 

Anspruch auf Versehrtenrente

 

§101. (1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.

 

(2) Wegen einer Berufskrankheit im Sinne des §92 Abs3 besteht nur dann Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die dadurch bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus mindestens 50 v.H. beträgt."

 

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (im Folgenden: Oö LKUF) vom 22. April 2022 wurde die COVID-19-Erkrankung der Beschwerdeführerin vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß Punkt 113. der Satzung der Oö LKUF als Berufskrankheit anerkannt, dem Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente aber – gestützt auf §13 Abs1 Z4 Oö LKUFG iVm Punkt 146. der LKUF-Satzung – nicht stattgegeben. Aus Anlass der dagegen erhobenen Beschwerde stellt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den vorliegenden Antrag.

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legt seine Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"2.1. Zum Vorliegen einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung:

 

Nach §13 Abs1 Z4 iVm Abs6 Oö LKUFG haben die Mitglieder im Falle einer durch einen Dienstunfall oder durch eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung Anspruch auf Versehrtenrente. Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs1 bis 5 (ua Versehrtenrente nach Abs1 Z4 leg cit) sowie den Umfang und die Dauer von Ansprüchen sind entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge durch die Satzung festzulegen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Leistungen der Unfallfürsorge in ihrer Gesamtheit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, mindestens gleichwertig sind.

 

Aus Sicht des Oö LVwG stellt sich hier die Frage, ob die Bestimmung des Abs6 leg. cit. dem verfassungsrechtlich gebotenen Legalitätsprinzip entspricht. So scheint eine Verordnungsermächtigung, die es dem Verordnungsgeber freistellt, die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen - ua einer Versehrtenrente - oder den Umfang und die Dauer von Ansprüchen ohne konkretere Vorgaben festzulegen, nicht dem rechtsstaatlichen Determinierungsgebot zu entsprechen. Der dem Gesetzgeber im sozialversicherungsrechtlichen Bereich eingeräumte zwar sehr weite rechtspolitische Gestaltungsspielraum scheint eine solche unbestimmte Regelung aus Sicht des Oö LVwG ebensowenig zu legitimieren wie der - ebenfalls unbestimmte - Hinweis im Gesetz 'entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge'. Vielmehr scheint aus Sicht des Oö LVwG hier eine formalgesetzliche Delegation vorzuliegen. Ganz in diesem Sinne findet sich weder im ASVG noch im B-KUVG und auch nicht im Oö KFLG eine vergleichbare Regelung, die dem Verordnungsgeber einen derart weiten - undefinierten - Spielraum einräumen würde. Vielmehr ist in all diesen genannten Gesetzen grundsätzlich festgehalten, dass ein Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist (vgl §101 Abs1 B-KUVG, §203 ASVG, §27 Abs1 Oö KFLG).

 

Diese Verfassungswidrigkeit der vorliegenden Verordnungsermächtigung im Oö KFLG kann aus Sicht des Oö LVwG insofern beseitigt werden, als der gesamte erste Satz des Abs6 ('Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs1 bis 5 sowie den Umfang und die Dauer von Ansprüchen sind entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge durch die Satzung festzulegen.'), allenfalls reduziert auf nur die Wortfolge 'die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs1 bis 5 sowie', eventualiter auf die Wortfolge '‚insbesondere über die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs1 bis 5 sowie den Umfang und die Dauer von Ansprüchen' aufgehoben wird.

 

Sollte eine solche Verfassungswidrigkeit aufgrund fehlender gesetzlicher Determinierung vom Verfassungsgerichtshof verneint werden, wäre allenfalls eine verfassungskonforme Interpretation geboten: So scheint denkbar, dass der 2. Satz des Abs6 ('dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Leistungen der Unfallfürsorge in ihrer Gesamtheit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, mindestens gleichwertig sind;') in Zusammenschau mit dem Hinweis des Gesetzgebers 'entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge' verfassungskonform dahingehend interpretiert wird, dass darin eine konkrete Anordnung hinsichtlich der näheren Ausgestaltung von insbesondere Art und Grad der Schädigung sowie Umfang und Dauer der Ansprüche auf eine Versehrtenrente erblickt wird. Insofern könnte dies verfassungskonform dahingehend interpretiert werden, dass die nähere Ausgestaltung des Versehrtenrentenanspruches den Vorgaben nach dem B‑KUVG zu entsprechen hat: Das heißt, dass entsprechend §101 Abs1 B-KUVG ein Anspruch auf Versehrtenrente dann besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt dabei für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.. Ob freilich die Formulierung 'darauf Bedacht zu nehmen' in §13 Abs6 Oö LKUFG einer solchen - den Verordnungsgeber restriktiv bindenden - Interpretation zugänglich ist, scheint zumindest fraglich. Vor diesem Hintergrund scheint für das Oö LVwG eine Anfechtung auch der gesetzlichen Bestimmung nach §13 Abs6 1. Satz Oö LKUFG im dargestellten Umfang bei gleichzeitiger Anfechtung der darauf gestützten Verordnungsbestimmungen geboten.

 

2.2. Zur Gesetzwidrigkeit der Satzung des Verwaltungsrates der Oö LKUF:

 

Die geltende Satzung des Verwaltungsrates der Oö LKUF (Satzung-LKUF) sieht unter Punkt 'III. Versehrtenrente' in den Satzungspunkten 145. Und 146. vor, dass der Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn

 

die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen eines Dienstunfalles länger als drei Monate ab dem Unfallereignis um mindestens 20 v.H. vermindert ist

 

bzw

 

wenn die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen einer Berufskrankheit länger als drei Monate nach dem Beginn der Krankheit um 50 v.H. vermindert ist.

 

Sollte der Verfassungsgerichtshof die gesetzliche Bestimmung des §13 Abs6 Oö LKUFG respektive die darin enthaltene Verordnungsermächtigung als verfassungswidrig aufheben, wäre auch Punkt 145. und Punkt 146. der Satzung-LKUF mangels gesetzlicher Grundlage aufzuheben ('Herzog-Mantel-Theorie'; vgl VfSlg 11.643/1988).

 

Sollte allerdings die Bestimmung des §13 Abs6 Oö LKUFG entsprechend verfassungskonform auszulegen sein, wäre - jedenfalls in Zusammenschau mit dem zweiten Satz in Abs6 (Bedachtnahme auf Gleichwertigkeit der Leistungen der Unfallfürsorge mit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen) mit Blick auf die bereits erwähnten Bestimmungen des B-KUVG bzw des ASVG - ein Anspruch auf Versehrtenrente wegen Verminderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalls oder einer Berufskrankheit um mindestens 20 v.H. auch im Anwendungsbereich des Oö LKUFG naheliegend. Ein Abweichen von diesem Anspruchskriterium 'mindestens 20 v.H.' (sowohl bei Berufskrankheit als auch bei Dienstunfall) der in den explizit bezogenen sozialversicherungsrechtlichen 'Vergleichsregelungen' der Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen kann in §13 Abs6 Oö LKUFG wohl verfassungskonform kaum Deckung finden. Insbesondere scheint die Differenzierung zwischen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalles gegenüber der verminderten Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit sachlich nicht gerechtfertigt. So ist auch nach den genannten 'Vergleichsregelungen' (des B-KUVG und ASVG) die Verminderung der Erwerbsfähigkeit wegen Dienstunfalles und Berufskrankheit regelmäßig bei einer Verminderung von 20 v.H. gegeben. Ein sachlicher Grund, warum eine verminderte Erwerbsfähigkeit bei der Beurteilung eines Anspruches auf Versehrtenrente abhängig davon, ob sie als Folge eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit eingetreten ist, maßgeblich sein könnte, ist für das Oö LVwG nicht erkennbar.

 

 

 

 

3. Abgrenzung des Aufhebungsgegenstandes:

 

Im Lichte der geltend gemachten Bedenken sind die anzufechtenden Bestimmungen 'richtig' abzugrenzen, wobei nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die Bestimmungen, die für die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit eine 'untrennbare Einheit' bilden, miterfasst sind. Der Anfechtungsumfang soll daher nicht zu weit, er darf aber auch nicht zu eng gezogen werden. Vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang bestehenden umfassenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erklären sich das Hauptbegehren und die Eventualbegehren.

 

Zum letzten Eventualantrag (auf Aufhebung der Wortfolge 'durch die Folgen eines Dienstunfalles' in Punkt 145. sowie von Punkt 146. der Satzung-LKUF) darf ausgeführt werden, dass auf diesem Wege - im Gleichklang mit den in §13 Abs6 Oö LKUFG bezogenen 'Vergleichsgesetzen' (BKUV-G und ASVG) – ein Anspruch auf Versehrtenrente sowohl für den Fall, dass die Erwerbsfähigkeit als Folge eines Dienstunfalles, als auch für den Fall, dass die Erwerbsfähigkeit als Folge einer Berufskrankheit um mindestens 20 v.H. vermindert ist, normiert wäre."

 

3. Der Verwaltungsrat der Oö Lehrer-Kranken und Unfallfürsorge hat als verordnungserlassende Behörde eine chronologische Kurzübersicht zur Rechtsentwicklung sowie einzelne Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

"2. Zur Verfassungswidrigkeit des §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG:

 

Gem §1 Abs2 Oö LKUFG ist die Oö LKUF eine Körperschaft öffentlichen Rechts und besorgt sie die ihr übertragenen Aufgaben der dienstrechtlichen Kranken- und Unfallfürsorge im Rahmen der Gesetze weisungsfrei in eigener Verantwortung. Sie ist sohin ein 'sonstiger Selbstverwaltungskörper' iSd Art120a Abs1 B‑VG. Dies hat Auswirkungen auf das Determinierungsgebot, da der als speziellere Bestimmung dem Art18 Abs2 B‑VG vorgehende Art120b Abs1 B‑VG (OGH 4 Ob 203/12z) sonstigen Selbstverwaltungskörpern ausdrücklich das Recht einräumt, im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen. Diese Ermächtigung wird vom Verfassungsgesetzgeber als gesetzesergänzendes Verordnungsrecht, das es erlaubt, ohne jegliche einfachgesetzliche Grundlage zu handeln, soweit bestehende Gesetze nicht verletzt werden (VfGH 11.06.2013, G31/2013 V20/2013; VfGH 12.12.2008, V436/08), angesehen (OGH 4 Ob 203/12z; vgl so bereits die Gesetzesmaterialen: AB 370 BlgNR 23. GP 5). Da die Oö LKUF ihre Satzung sohin unabhängig von einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung erlassen kann, bedarf es diesbezüglich auch keiner dem Art18 B‑VG entsprechenden Determinierung einer solchen Norm.

 

Dem steht auch das Erkenntnis des VfGH 04.12.2008, G15/08 V304/08 nicht entgegen, da sich dieses ausdrücklich nur auf den Fall bezieht, dass die Verordnungsermächtigung auch wesentlich in die Rechte und Pflichten Dritter eingreift. Die Schlussfolgerung, dass Art120b Abs1 B‑VG nichts daran ändern könne, dass eine Verordnung nur zu präzisieren hat, was die Gesetze bereits vorzeichneten, war allerdings nicht auf Fallkonstellationen wie die vorliegende gerichtet, in welchen durch die Ermächtigung ausschließlich Regelungen betreffend die Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers ermöglicht werden. E contrario spricht dieses Erkenntnis daher sogar für die oben angestellte Auslegung.

 

Davon abgesehen ist mit der hL selbst für den Fall der Verneinung der Möglichkeit, auch gänzlich ohne einfachgesetzliche Grundlage Satzungen zu erlassen, davon auszugehen, dass das Determinierungsgebot für den Gesetzgeber im Hinblick auf Satzungen sonstiger Selbstverwaltungskörper gelockert ist (zB Grabenwarter/Frank, B‑VG, Art120b Rz 1; Palmstorfer in Kahl/Kakzadeh/Schmid, Art120b B‑VG Rz 2; vgl dazu auch VfGH 13.12.2019, G78/2019 zur Verfassungswidrigkeit des sozialversicherungsgesetzlichen Genehmigungsvorbehalts in Bezug auf Geschäftsordnungen der Sozialversicherungsträger). Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass Art18 Abs2 B‑VG von einer Verordnungserlassung 'aufgrund der Gesetze' ausgeht, während Art120b Abs1 B‑VG von der Erlassung von Satzungen 'im Rahmen der Gesetze' spricht. Der früheren Rechtsprechung des VfGH, wonach es für Satzungen kein gelockertes Legalitätsprinzip gäbe, ist durch Art120b B‑VG (auch entsprechend den Gesetzesmaterialen: AB 370 BlgNR 23. GP 5) sohin der Boden entzogen (Muzak, Art120b B‑VG Rz 2).

 

Für eine derartige Lockerung des Determinierungsgebotes spricht auch, dass dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts der Beamten vom VfGH ein weiter Gestaltungsspielraum zugestanden wird (VfGH 03.03.2022, G324/2021; 17.06.2022, G379/2021), der sohin bei Zuordnung der Kranken- und Unfallfürsorge zum Lehrerdienstrecht auch dem oö Landesgesetzgeber im Rahmen des Oö LKUFG zukommt. Dieser konnte sohin in §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG die Regelung der näheren Leistungsbestimmung der Satzung der Oö LKUF vorbehalten und darüber hinaus lediglich gewisse Grenzen vorsehen. Entgegen der Behauptung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ergeben sich daraus konkrete und hinreichend bestimmte Vorgaben, zumal ausdrücklich auf den Gleichlauf mit den Leistungen der Unfallfürsorge, die den Bundesbeamten aus der Sozialversicherung zustehen, hingewiesen wird (vgl dazu VfGH 04.12.2001, B998/01; 16.03.1994, VfSlg 13740/1994) und sich darüber hinaus aus den umliegenden Bestimmungen weitere gesetzliche Schranken, gegen die die Satzung selbst als gesetzesergänzende Verordnung nicht verstoßen darf (insb §13 Abs1-5 und 7, §15, §16, §21 und §27 Oö LKUFG), ergeben.

 

Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angestellte Interpretation würde nicht zuletzt dazu führen, dass Art120b Abs1 B‑VG seinen Anwendungsbereich verlieren würde, da bereits Art18 Abs2 B‑VG zu einer bloßen Durchführung einfachgesetzlicher Bestimmungen legitimiert. Weiters würden die in den Materialien zur B‑VG-Nov 2008 betonten, den sonstigen Selbstverwaltungskörpern zukommenden autonomen Handlungsspielräume unzulässig eingeengt werden (AB 370 BlgNR 23. GP 5). In diesem Zusammenhang ist unter Berücksichtigung des Oö LKUFG in seiner Gesamtheit (VfGH 28.06.1989, G144/88 V92/88) auch zu beachten, dass bereits laut den Materialien zum Oö LKUFG in der Satzung der Oö LKUF neben den Leistungen auch der Umfang und die Dauer von Ansprüchen festgelegt werden können (Blg 1167/2007, 26. GP).

 

Der oö Landesgesetzgeber hat sohin – so das Determinierungsgebot überhaupt einschlägig ist – im Rahmen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraumes gehandelt und liegt ein verfassungswidriger Verstoß des §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG jedenfalls nicht vor. Im Übrigen hatte der VfGH in der Vergangenheit die Bestimmung des §13 Abs6 Oö LKUFG bereits behandelt, in diesem Zusammenhang aber noch nie Zweifel geäußert, was ebenfalls gegen eine allfällige Verfassungswidrigkeit spricht (VfGH 24.11.2015, V109/2015).

 

3. Zur Gesetzwidrigkeit der Punkte 145 und 146 der Satzung:

 

Ausgehend von jenem Verständnis, dass die Satzung der Oö LKUF gem Art120b Abs1 B‑VG eine gesetzesergänzende Verordnung darstellt und sohin auch gänzlich ohne einfachgesetzliche Ermächtigung geregelt werden kann, bestehen die Punkte 145 und 46 der Satzung der Oö LKUF selbst im Falle der Aufhebung des §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG fort. Da auch eine sonstige Gesetzeswidrigkeit weder behauptet wird, noch diesbezügliche Anhaltspunkte existieren, ist der Antrag auf Aufhebung dieser Bestimmungen nicht berechtigt.

 

Die Regelung in der Satzung der Oö LKUF, wonach als Grenzwerte der MdE im Fall des Dienstunfalles 20 vH und im Fall der Berufskrankheit 50 vH vorgesehen sind, ist in Zusammenschau mit den oben angestellten Ausführungen zu Art120b Abs1 B‑VG vom Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers gedeckt (vgl insb VfGH 18.03.2005, V97/03 in Bezug auf den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum für Satzungen der sozialen Selbstverwaltung). Dass der Gesetzgeber des B‑KUVG, ASVG und KFLG diesbezüglich andere Vorschriften vorsieht, kann hierbei keinen Unterschied machen, zumal §13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG lediglich vorsieht, dass die Leistungen der Unfallfürsorge 'in ihrer Gesamtheit' jenen der Beamten gleichen sollen, eine Gleichwertigkeit der Grenzwerte der MdE aber nicht gefordert wird. Dass in einer Gesamtbetrachtung keine Gleichwertigkeit vorliegen würde, wurde vom Landesverwaltungsrecht Oberösterreich aber weder behauptet noch liegen diesbezügliche Anhaltspunkte vor.

 

Davon abgesehen ermöglicht die sogenannte Ordnungssystemjudikatur des VfGH (zB VfGH 26.11.2018, G219/2018; 04.10.2018, G62/2018; 12.12.2013, B628/2013; 20.09.2012, G37/12; 17.06.1998, VfSlg 15190/1998) dem Gesetz- bzw Verordnungsgeber die Schaffung unterschiedlicher Ordnungssysteme, wie beispielsweise von Dienstunfällen einerseits und Berufskrankheiten andererseits. Da sich die Folgen von Dienstunfällen und Berufskrankheiten nicht zwingend vergleichbar sind, verletzt die unterschiedliche Behandlung in der Satzung der Oö LKUF daher nicht den Gleichheitsgrundsatz.

 

Eine Gesetzeswidrigkeit der Satzung der Oö LKUF liegt sohin weder im Hinblick auf Punkt 145 noch Zusammenhang mit Punkt 146 vor."

 

 

4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird (ohne Hervorhebungen im Original):

"2. Zum Antrag auf Aufhebung des §13 Abs1 erster Satz Oö LKUFG

 

Inhaltlich hegt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Gesetzesprüfungsantrag Bedenken, dass die in §13 Abs6 erster Satz Oö LKUFG normierte Satzungsermächtigung nicht dem bundesverfassungsgesetzlichen Determinierungsgebot des Art18 Abs1 B‑VG entspricht. Denn die inkriminierte Gesetzesbestimmung gestatte - so das Vorbringen zusammengefasst - der Oö LKUF die Festlegung von Leistungen (entsprechend der Art und dem Grad der Schädigungen) ohne ausreichend konkrete Vorgaben und räume der Oö LKUF dadurch einen zu weiten (Regelungs-)Spielraum ein. Die Gesetzesbestimmung sei daher nur unzureichend determiniert.

 

Aus Sicht der Oö Landesregierung bestehen diese Bedenken hinsichtlich der mangelnden Bestimmtheit (formalgesetzlichen Delegation) von §13 Abs6 erster Satz Oö LKUFG auf Grund folgender Überlegungen zu Unrecht:

 

Vorweg ist die in §1 Abs2 Oö LKUFG zum Ausdruck gebrachte Eigenschaft der Oö LKUF als 'Körperschaft öffentlichen Rechts', welche 'die ihr übertragene Aufgabe der dienstrechtlichen Kranken- und Unfallfürsorge [...] im Rahmen der Gesetze weisungsfrei in eigener Verantwortung [besorgt]', mithin als sonstiger (nichtterritorialer) Selbstverwaltungskörper iSd Art120a Abs1 B‑VG, zu konstatieren, weil die Bundesverfassung an diese Eigenschaft (auch) bedeutsame Konsequenzen aus Sicht des Determinierungsgebots knüpft. Diese Konsequenzen hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Ergebnis übergangen.

 

Namentlich räumt Art120b Abs1 B‑VG den sonstigen Selbstverwaltungskörpern wie der Oö LKUF ausdrücklich das Recht ein, 'im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen'. Diese Formulierung verankert nach dem in den Materialien zur B‑VG-Nov 2008, BGBl I Nr 2/2008 - im Zuge derer diese Verfassungsbestimmung erlassen wurde - zum Ausdruck gebrachten Willen des Verfassungsgesetzgebers 'ein gesetzesergänzendes Verordnungsrecht' (AB 370 BlgNR 23. GP 5; das Satzungsrecht nach Art120b Abs1 B‑VG ausdrücklich derart qualifizierend Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht13 [2022] Rz 614 OGH 15.1.2013, 4 Ob 203/12z). Ein solches wird dadurch charakterisiert, dass der Verordnungsgeber im gesetzesfreien Raum agieren, dh überhaupt ohne eine (iSd. Art18 Abs1 B‑VG ausreichend determinierte) einfachgesetzliche Grundlage handeln (Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 [2015] Rz 600) und bloß gegen bestehende Gesetze (oder gesetzesrangige Staatsverträge) nicht verstoßen darf (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] 163; letzteres in Bezug auf Satzungen sonstiger Selbstverwaltungskörper [im Ergebnis] konstatierend VfSlg 19.751/2013; vgl auch VfSlg 18.660/2008).

 

Diesem - am Willen des Verfassungsgesetzgebers orientierten - Verständnis folgend, stellt sich in Bezug auf den angefochtenen §13 Abs6 (erster Satz) Oö LKUFG die Frage nach der Art18 Abs1 B‑VG genügenden gesetzlichen Vorherbestimmung der Inhalte der Satzung der LKUF gar nicht. Damit aber laufen die eingangs wiedergegebenen Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich von vornherein ins Leere.

 

Der vorstehenden Deutung von Art120b Abs1 B‑VG über das Satzungsrecht sonstiger Selbstverwaltungskörper hat der Verfassungsgerichtshof näher besehen auch in VfSlg 18.637/2008 nicht widersprochen (aA Muzak, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht6 [2020] B‑VG Art120b Rz 2; unklar Eberhard, Selbstverwaltung und weisungsfreie Verwaltung, in FS Stolzlechner [2013] 89 [104]), weil er darin bloß vermeintlich apodiktisch festhielt, dass 'auch Art120b Abs1 B‑VG nichts' an der aus Art18 B‑VG ableitbaren Vorgabe ändere, wonach 'eine V[erordnung] nur zu präzisieren [hat], was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde'. Präzise ging der Verfassungsgerichtshof vielmehr davon aus, dass Art120b Abs1 B‑VG daran lediglich 'für den hier vorliegenden Zusammenhang' (Hervorhebung nicht im Original) nichts ändere. Der Gerichtshof dürfte mit dieser Wendung den Umstand angesprochen haben, dass die seinerzeit geprüfte - und wegen unzureichender Bestimmtheit als verfassungswidrig aufgehobene - Verordnungsermächtigung in der Rechtsanwaltsordnung 'nicht nur in die Rechtsstellung des einzelnen Rechtsanwaltes, sondern auch wesentlich in die Rechte und Pflichten Dritter ein[griff]' (Hervorhebungen nicht im Original).

 

Zu Fallkonstellationen wie der vorliegend relevanten, dass eine Satzungsermächtigung (§13 Abs6 [erster Satz] Oö LKUFG) ausschließlich Regelungen ermöglicht, welche die Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers (hier der Oö LKUF) selbst betreffen - anderes wäre im Übrigen verfassungswidrig (VfSlg 18.548/2008; 18.806/2009; ebenso Eberhard, Das autonome Satzungsrecht und seine Perspektiven, in ÖVG [Hrsg], Selbstverwaltung in Österreich [2009] 25 [66]) -, traf die zitierte Verfassungsgerichtshofentscheidung indes keine Aussage. Anders gewendet lässt sich aus ihr gerade nicht ableiten, dass (auch) derartige Satzungsermächtigungen uneingeschränkt dem Determinierungsgebot des Art18 B‑VG unterliegen.

 

Im Fall der Ablehnung der Freistellung von Satzungen sonstiger Selbstverwaltungskörper vom Erfordernis des Vorhandenseins einer diese legitimierenden, ausreichend determinierten einfachgesetzlichen Grundlage (indes das Satzungsrecht nach Art120b Abs1 B‑VG ausdrücklich als gesetzesergänzendes Verordnungsrecht akzeptierend Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht13 Rz 614), ist wenigstens mit dem Schrifttum davon auszugehen, dass für den Gesetzgeber bei der Determinierung der Satzungen gegenüber Art18 B‑VG gelockerte Verpflichtungen gelten (Grabenwarter/Frank, B‑VG - Bundes-Verfassungsgesetz und Grundrechte B‑VG Art120b Rz 1; Palmstorfer in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht [2021] B‑VG Art120b Rz 2, welcher den Meinungsstand im Übrigen zu Recht auf die Erkenntnis herunterbricht, dass 'Satzungen im Ergebnis zwischen selbständigen [...] und Durchführungsverordnungen verortet [werden]'; ebenso Eberhard, Satzungsrecht 58; ders., Nichtterritoriale Selbstverwaltung [2014] 368; wohl auch Brameshuber, Strukturreform in der Sozialversicherung, DRdA 2019, 198 [216]; Muzak6 B‑VG Art120b Rz 2; Wallner, Kompetenzen der Kammerorgane nach der Kurienreform, RdM 2009, 58 (63); von der Notwendigkeit eines 'veränderte[n] Verständnis[es] der Gesetzesbindung der Selbstverwaltung' ausgehend Eberhard in FS Stolzlechner 103).

 

Dies impliziert zuvorderst eine systematische Betrachtung von Art120b Abs1 B‑VG in Zusammenschau mit Art18 Abs2 B‑VG. Während darin von der Verordnungserlassung durch die Verwaltungsbehörden 'auf Grund der Gesetze' (gleichlautend Abs1 leg. cit. zum [hoheitlichen] Handeln der staatlichen Verwaltung überhaupt) die Rede ist, bezieht sich Art120b Abs1 B‑VG ausschließlich auf die sonstige Selbstverwaltung (von der Spezialität dieser Verfassungsbestimmung gegenüber Art18 Abs2 B‑VG ausgehend OGH 15.1.2013, 4 Ob 203/12z) und spricht davon abweichend lediglich vom 'Rahmen der Gesetze'.

 

Dem Satzungsgeber muss sohin nach Art120b Abs1 B‑VG jedenfalls ein größerer Spielraum als dem Verordnungsgeber in der staatlichen Verwaltung bleiben (vgl auch VfSlg 20.361/2019 zur Verfassungswidrigkeit des sozialversicherungsgesetzlichen Genehmigungsvorbehalts in Bezug auf Geschäftsordnungen der Sozialversicherungsträger wegen eines verpönten Eingriffs in deren Satzungsautonomie, weil die aufsichtsbehördliche Genehmigung nur erteilt werden durfte, wenn 'die Grundsätze der jeweiligen Mustergeschäftsordnung [der Bundesministerin als Aufsichtsbehörde] eingehalten werden', und die BM 'den Organen der Selbstverwaltungskörper damit wesentliche Teile von deren Geschäftsordnungen vorgeben k[o]nn[te]'). Satzungen sonstiger Selbstverwaltungskörper brauchen daher 'nicht derart detailliert vorherbestimmt [zu] sein [...] wie Durchführungs[verordnungen]' (Pöschl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm [Stand 1.6.2021, rdb.at] ASVG §454 Rz 10 [Hervorhebungen nicht übernommen]).

 

Hiefür streitet nicht zuletzt auch die Erkenntnis, dass das in Art120b Abs1 B‑VG normierte Satzungsrecht leerliefe bzw überflüssig wäre, wenn 'es nicht mehr beinhaltet[e] als die Kompetenz, einfachgesetzliche Bestimmungen durchzuführen'. Hiezu würde nämlich bereits Art18 Abs2 B‑VG legitimieren (Pöschl in Mosler/Müller/Pfeil ASVG §454 Rz 9). Ferner wären die in den Materialien zur B‑VG-Nov 2008 im Kontext des Satzungsrechts betonten, den sonstigen Selbstverwaltungskörpern 'zukommenden autonomen Handlungsspielräume' (AB 370 BlgNR 23. GP 5) in problematischer Weise eingeengt, unterstellte man Art120b Abs1 B‑VG bloß die Kompetenz zur Erlassung von Durchführungsverordnungen nach dem Vorbild des Art18 Abs2 B‑VG.

 

Im Übrigen darf im Lichte des 'differenzierten Legalitätsprinzips' (für alle Rill in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [1. Lfg 2001] B‑VG Art18 Rz 56) nicht übersehen werden, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts der Beamten ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zukommt (jüngst VfGH 3.3.2022, G324/2021; 17.6.2022, G379/2021 mwN). Von der Zuordnung des Rechts der Kranken- und Unfallfürsorge zum Lehrerdienstrecht ausgehend, hat(te) der Oö Landesgesetzgeber bei Regelung der Kranken- und Unfallfürsorge für die Lehrer an allgemeinbildenden Pflichtschulen und Berufsschulen (vgl §1 Abs1 Oö LKUFG über den persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes) einen entsprechend weiten Spielraum. Diesen Spielraum nutzte der Gesetzgeber in §13 Abs6 erster Satz Oö LKUFG, um die Regelung der näheren Leistungsbestimmungen der Satzung der Oö LKUF vorzubehalten, und sah im Übrigen - entsprechend dem von Grabenwarter/Frank B‑VG Art120b Rz 1 so verstandenen Verfassungsauftrag - einen hinreichend bestimmten 'Rahmen' für diese Satzungsinhalte vor.

 

Dem vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhobenen Vorwurf der unzureichenden Bestimmtheit der inkriminierten Satzungsermächtigung kann somit auch der Sache nach nicht beigetreten werden. Entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich hat der Landesgesetzgeber sehr wohl konkrete Vorgaben für die betreffende Satzungsregelung aufgestellt, die ohne erhebliche Schwierigkeiten einer Interpretation zugänglich sind.

 

So schreibt §13 Abs6 zweiter Satz Oö LKUFG vor, dass in der Satzungsregelung wenigstens die Gleichwertigkeit der 'Leistungen der Unfallfürsorge in ihrer Gesamtheit [mit] denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen' zu gewärtigen ist. Hinsichtlich der als 'Gradmesser' angesprochenen Leistungen für Bundesbedienstete ist auf §§101 ff Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl Nr 200/1967 idF BGBl I Nr 179/2022 (B-KUVG), zu rekurrieren. Die Erkenntnis, dass das Leistungsregime dieser Bestimmungen in §13 Abs6 zweiter Satz Oö LKUFG angesprochen ist, erfordert keinen - unter Determinierungsgesichtspunkten verpönten (vgl VfSlg 3130/1956; 13.740/1994; 16.381/2001) - 'archivarischen Fleiß'. Vielmehr ist dieses Leistungsregime im B-KUVG, der zentralen Norm für das Versicherungsrecht der öffentlich Bediensteten, auf Grund der Paragraphenbezeichnung im Inhaltsverzeichnis '§101 Anspruch auf Versehrtenrente' leicht auffindbar.

 

Durch §13 Abs6 dritter Satz Oö LKUFG wird weiters eine Begrenzung für in der Satzung der LKUF normierte Leistungsverbesserungen festgeschrieben. Diese 'können nur nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten der LKUF getroffen werden'.

 

Weiters darf sich mit der verfassungsgerichtlichen Judikatur zum Determinierungsgebot die Prüfung der Frage der ausreichenden Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung nicht isoliert auf den Wortlaut der Gesetzesstelle beschränken, welche die Verordnung unmittelbar stützt. Vielmehr ist der Gesamtinhalt des betreffenden Gesetzes - nach seiner Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung - zu berücksichtigen (bspw. VfSlg 12.118/1989).

 

Dementsprechend ist zunächst den Materialien zur inkriminierten Bestimmung zu entnehmen, dass mit ihr die Klarstellung beabsichtigt war, wonach in der Satzung der Oö LKUF neben den (der Art und dem Grad der Schädigung jeweils entsprechenden) Leistungen auch Umfang und Dauer von Ansprüchen - unter Bedachtnahme auf die Gleichwertigkeit zu bundesgesetzlichen Bestimmungen - festgelegt werden können (Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport betreffend das Landesgesetz, mit dem das Landesgesetz über die Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge geändert wird, Blg. 1167/2007 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö Landtags, 26. GP).

 

Aus den Bestimmungen im Umfeld der inkriminierten Satzungsermächtigung ergeben sich weitere von der LKUF bei deren Ausübung zu beachtende Maßgaben: §13 LKUFG legt in seinem Abs1 das jedenfalls zustehende Leistungsspektrum fest (arg. 'Mitglieder [...] haben Anspruch auf folgende Leistungen'), hinter welchem die Satzung der LKUF nicht zurückbleiben darf (Abs7 leg. cit. ermöglicht freilich die satzungsmäßige Festlegung von zusätzlichen, freiwilligen Leistungen). Die vom Leistungsspektrum erfassten Maßnahmen zur Rehabilitation werden in Abs2 leg. cit. konkretisiert, wobei Abs3 leg. cit. weitere Vorgaben zum 'Rehabilitationsverfahren' statuiert. Abs4 bis 5 leg. cit. regeln den Rahmen für Hinterbliebenenleistungen, welchen die LKUF in ihrer Satzung ebenso wenig konterkarieren darf. Abschnitt IV des Oö LKUFG enthält schließlich nähere Bestimmungen über Entstehen der Leistungsansprüche und Anfall der Leistungen (§15), Geltendmachung und Verfall von Ansprüchen (§16), Ruhen von Leistungsansprüchen (§21) sowie Erlöschenstatbestände betreffend Leistungen aus der Unfallfürsorge (§27). Auch diesen Vorgaben darf die Satzung der Oö LKUF prinzipiell nicht widersprechen, handelt es sich beim Satzungsrecht doch wie ausgeführt um ein gesetzesergänzendes Verordnungsrecht.

 

Aus einer Zusammenschau all dieser Bestimmungen und vor dem Hintergrund der Materialien ergeben sich konkrete, relativ detaillierte Vorgaben, welche die Oö LKUF bei Ausübung der inkriminierten Satzungsermächtigung zu gewärtigen hat. Im vorliegenden Fall kann sohin nicht bezweifelt werden, dass die wesentlichen Konturen der Satzung bereits im Gesetz 'vorgezeichnet' sind. Vor diesem Hintergrund scheint der Vorwurf der verfassungswidrigen, mangelnden Bestimmtheit von §13 Abs6 erster Satz Oö LKUFG nicht gerechtfertigt.

 

Im Übrigen bemerkte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.023/2015 - freilich nicht dezidiert aus der Perspektive des Determinierungsgebots -, dass §13 Abs6 Oö LKUFG 'den Satzungsgeber allgemein zur Erlassung "näherer Bestimmungen" insbesondere über den Umfang und die Dauer von Ansprüchen aus der Unfallfürsorge [ermächtigt]'. Zweifel an der ausreichenden Bestimmtheit der gesetzlichen Satzungsermächtigung hatte der Verfassungsgerichtshof offenkundig keine, hätte er sie doch sonst unter dem Blickwinkel des Determinierungsgebots gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B‑VG inzidenter prüfen können. Sohin schien die inkriminierte Satzungsermächtigung wohl sogar dem Verfassungsgerichtshof selbst als ausreichend bestimmt.

 

3. Zum Antrag auf Aufhebung der Punkte 145 und 146 der Satzung der LKUF samt Eventualbegehren

 

Zunächst geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fehl in der Annahme, dass die von ihm angefochtenen Punkte 145 und 146 der Satzung der Oö LKUF im Fall der Aufhebung von §13 Abs6 (erster Satz) Oö LKUFG die notwendige gesetzliche Grundlage verlören. Ausgehend vom Verständnis des Satzungsrechts des Art120b Abs1 B‑VG als gesetzesergänzendes Verordnungsrecht, ist die Oö LKUF nämlich auch ohne einfachgesetzliche Ermächtigung - hier §13 Abs6 (erster Satz) Oö LKUFG - zur Satzungsregelung befugt. Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angefochtenen Punkte 145 und 146 der Satzung der Oö LKUF würden sohin nicht allein auf Grund der Aufhebung der inkriminierten gesetzlichen Satzungsermächtigung rechtswidrig und wären nicht schon deswegen aufzuheben.

 

Aus ihrem Wesen als gesetzesvertretende Verordnung folgt nur, dass die Bestimmungen der Satzung der Oö LKUF bestehenden Gesetzen (insbesondere dem Oö LKUFG) nicht widersprechen dürfen. Ein solcher Widerspruch wurde weder vom antragstellenden Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgebracht, noch ist er zu erkennen.

 

Soweit das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Normprüfungsantrag schließlich in der unterschiedlichen Behandlung von Dienstunfällen und Berufskrankheiten einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erblicken will, ist dem Gericht die ständige 'Ordnungssystemjudikatur' des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 13.420/1993; 13445/1993; 15.190/1998 mwN; 19.831/2013; 20.071/2016) zu entgegnen. Danach ist dem Gesetzgeber (hier Satzungsgeber) die Schaffung unterschiedlicher Ordnungssysteme (hier für Dienstunfälle einerseits und für Berufskrankheiten andererseits) nicht verwehrt, die sich als Konsequenz prinzipiell nicht miteinander vergleichen lassen müssen (vgl nur VfSlg 20.160/2017 mwN). Die unterschiedliche satzungsmäßige Behandlung von Dienstunfällen und Berufskrankheiten verletzt sohin nicht den Gleichheitsgrundsatz. Im Übrigen konzediert der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur auch für Satzungen der sozialen Selbstverwaltung einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (VfSlg 17.518/2005)."

 

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität von §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG bzw von Punkt 146. der LKUF-Satzung zweifeln ließe.

1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag auf Aufhebung des ersten Satzes des §13 Abs6 Oö LKUFG als zu eng gefasst:

Gemäß §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG sind die näheren Bestimmungen, insbesondere über die der Art und dem Grad von Schädigungen ensprechenden Leistungen aus der Unfallfürsorge (wie etwa die Versehrtenrente) sowie über den Umfang und die Dauer von Ansprüchen entsprechend den Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge durch die Satzung festzulegen. Nach §13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG ist "dabei" darauf Bedacht zu nehmen, dass die Leistungen der Unfallfürsorge in ihrer Gesamtheit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, mindestens gleichwertig sind, und es können Satzungsänderungen erforderlichenfalls rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Darüber hinaus können gemäß §13 Abs6 Satz 3 Oö LKUFG Leistungsverbesserungen nur nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten der LKUF getroffen werden.

Indem §13 Abs6 Sätze 2 und 3 Oö LKUFG Präzisierungen der Verordnungsermächtigung nach dessen ersten Satz vornehmen, stehen sie mit diesem in untrennbarem Zusammenhang und wären daher mitanzufechten gewesen.

Der Antrag auf Aufhebung (allein) des ersten Satzes des §13 Abs6 Oö LKUFG ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

1.4. Mit seinem Verordnungsprüfungs(haupt)antrag begehrt das antragstellende Gericht die Aufhebung der Punkte 145. und 146. der LKUF-Satzung.

1.4.1. Zwar hat der Verwaltungsrat der Oö LKUF den angefochtenen Bescheid lediglich auf Punkt 146. der LKUF-Satzung gestützt. Vor dem Hintergrund des Regelungszusammenhanges der Punkte 145. und 146. der LKUF-Satzung konnte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich jedoch Punkt 145. leg. cit. mitanfechten.

1.4.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich begehrt die Aufhebung der Punkte 145. und 146. der Satzung der Oö LKUF "idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 25. Mai 2021". Zwar hat dieser Beschluss die Punkte 145. und 146. der Satzung nicht geändert, sondern er bewirkte bloß die im Zeitpunkt der Antragstellung durch das Landesverwaltungsgericht letzte Novelle der Satzung. Da das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Punkte 145. und 146. der Satzung (in der seit 1. Jänner 1997 und bis dato gültigen Fassung) in seinem Antrag wörtlich wiedergegeben hat, besteht jedoch kein Zweifel, dass das Landesverwaltungsgericht diese Satzungspunkte in der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 5. November 1996 angefochten hat. Diese Fassung steht nach wie vor in Geltung (die seit der Antragstellung ergangenen, weiteren Satzungsänderungen haben die angefochtenen Satzungspunkte nicht berührt).

1.5. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung der Punkte 145. und 146. der LKUF-Satzung als zulässig. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Eventualanträge.

2. In der Sache

2.1. Zur gesetzlichen Grundlage der angefochtenen Verordnungsbestimmungen

2.1.1. Unbeschadet der Unzulässigkeit des diesbezüglichen Gesetzesprüfungsantrages des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich sieht sich der Verfassungsgerichtshof auch nicht veranlasst, den (auch) im verfassungsgerichtlichen Verordnungsprüfungsverfahren präjudiziellen §13 Abs6 Oö LKUFG von Amts wegen mangels hinreichender Determinierung in Prüfung zu ziehen. Dies aus folgenden Gründen:

2.1.2. Der Verfassungsgerichtshof kann dahinstehen lassen, ob aus Art120b Abs1 B‑VG im Vergleich zu Art18 Abs2 B‑VG geringere Determinierungsanforderungen abzuleiten sind (vgl VfSlg 20.577/2022; VfGH 1.12.2023, V211/2022, G260/2022) und ob die Oö LKUF den Art120a ff. B‑VG zu unterstellen ist, weil §13 Abs6 Oö LKUFG auch den (allenfalls strengeren) Determinierungsanforderungen des Art18 Abs2 B‑VG genügt:

2.1.3. Die Verordnungsermächtigung des §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG ist nämlich in mehrfacher und hinreichender Weise determiniert. Das Gesetz legt die Pflichtleistungen aus der Unfallfürsorge in §13 Abs1 bis 5 Oö LKUFG dem Grunde nach fest und regelt in den §§15 ff. leg. cit. zahlreiche "gemeinsame Bestimmungen über Leistungen", etwa das Entstehen und das Ruhen von Leistungsansprüchen. In diesem Rahmen kann der Satzungsgeber die Leistungen aus der Unfallfürsorge präzisieren. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, das bedeutet im gegebenen Zusammenhang: geboten, dass die Leistungen der Unfallfürsorge "in ihrer Gesamtheit" denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, "mindestens gleichwertig sind" (§13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG). Darüber hinausgehende Leistungsverbesserungen sind zulässig, allerdings nur nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten der LKUF (§13 Abs6 Satz 3 Oö LKUFG). In diesen Schranken sind die Leistungen "entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge" festzulegen (so §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG). Der Verfassungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, dass die Satzungsbefugnis des §13 Abs6 Satz 1 Oö LKUFG in ihrem systematischen Zusammenhang mit den weiteren Bestimmungen des Oö LKUFG nicht ausreichend determiniert wäre (vgl implizit bereits VfSlg 20.023/2015).

2.2. Zu den Punkten 145. und 146. der LKUF-Satzung

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.2. Das antragstellende Gericht hegt gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen zunächst das Bedenken, dass es diesen nach der begehrten Aufhebung von §13 Abs6 erster Satz Oö LKUFG wegen Verfassungswidrigkeit an der gesetzlichen Grundlage mangle. Da diese Voraussetzung jedoch nicht zutrifft, geht das Bedenken schon aus diesem Grund ins Leere.

Hilfsweise bringt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Sache nach zwei weitere Bedenken vor: §13 Abs6 zweiter Satz Oö LKUFG verlange die Bedachtnahme auf die Gleichwertigkeit der Leistungen der Unfallfürsorge mit denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung zustehen. Das Abweichen von den "Vergleichsregelungen", welche eine Versehrtenrente infolge eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit bereits ab 20 % Minderung der Erwerbsfähigkeit vorsehen würden, finde "in §13 Abs6 Oö LKUFG wohl verfassungskonform kaum Deckung". Auch sei die Differenzierung zwischen verminderter Erwerbsfähigkeit infolge eines Dienstunfalles bzw infolge einer Berufskrankheit sachlich nicht gerechtfertigt.

2.2.3. Der Verwaltungsrat der Oö LKUF hält diesen Bedenken entgegen, dass die Differenzierung vom Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers gedeckt sei (Hinweis auf VfSlg 17.518/2005). §13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG sehe lediglich vor, dass die Leistungen der Unfallfürsorge "in ihrer Gesamtheit" jenen der Beamten gleichen sollten; eine Gleichwertigkeit der Grenzwerte der Minderung der Erwerbsfähigkeit werde nicht gefordert. Dass bei einer Gesamtbetrachtung keine Gleichwertigkeit vorliege, sei vom antragstellenden Gericht weder behauptet worden, noch lägen diesbezügliche Anhaltspunkte vor. Da die Folgen von Dienstunfällen und Berufskrankheiten nicht zwingend vergleichbar seien, verletze die unterschiedliche Behandlung in der Satzung der Oö LKUF auch nicht den Gleichheitsgrundsatz. Auch ermögliche die "Ordnungssystemjudikatur" des Verfassungsgerichtshofes die Schaffung unterschiedlicher Ordnungssysteme für Dienstunfälle einerseits und Berufskrankheiten anderseits.

2.2.4. Die Oberösterreichische Landesregierung hält dem Sachlichkeitsbedenken ebenfalls entgegen, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, unterschiedliche "Ordnungssysteme" für Dienstunfälle einerseits und für Berufskrankheiten anderseits zu schaffen; im Übrigen gestehe der Verfassungsgerichtshof "für Satzungen der sozialen Selbstverwaltung einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum" zu (Hinweis auf VfSlg 17.518/2005).

2.2.5. Die Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich treffen im Ergebnis zu:

2.2.5.1. Der Verwaltungsrat der LKUF hat gemäß §13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG bei Erlassung der Satzung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Leistungen der Unfallfürsorge "in ihrer Gesamtheit" denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, "mindestens gleichwertig" sind.

2.2.5.2. Gemäß §101 Abs1 B-KUVG haben Bundesbeamte einen Anspruch auf Versehrtenrente (als Leistung der Unfallversicherung), wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten "durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v. H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H.". Lediglich im Fall einer Berufskrankheit iSv §92 Abs3 B-KUVG, also bei nur ausnahmsweise im Einzelfall anerkannten Berufskrankheiten, die nicht in der Liste der Berufskrankheiten nach Anlage 1 zum ASVG erfasst sind, besteht bloß dann ein Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die dadurch bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus "mindestens 50 v. H. beträgt".

2.2.5.3. Die Satzung der LKUF weicht davon ab: Während gemäß Punkt 145. der LKUF-Satzung ein Anspruch auf Versehrtenrente (wie nach dem B-KUVG) bereits besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen eines Dienstunfalles länger als drei Monate ab dem Unfallereignis um mindestens 20 % vermindert ist, schließt Punkt 146. der LKUF-Satzung einen Anspruch auf Versehrtenrente in Folge einer Berufskrankheit bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit unter 50 % undifferenziert und generell aus.

2.2.5.4. Zwar trifft es – worauf die verordnungserlassende Behörde hinweist – zu, dass die Leistungen der LKUF-Unfallfürsorge lediglich "in ihrer Gesamtheit" den Leistungen der Unfallversicherung für Bundesbeamte nach dem B‑KUVG (mindestens) gleichwertig sein müssen. Geringfügige Abweichungen sind daher nicht schädlich. Allerdings handelt es sich bei der Versehrtenrente um eine zentrale und wesentliche Leistung der Unfallversicherung bzw -fürsorge (vgl Resch, Sozialrecht9, 2023, 106). Hinsichtlich dieser zentralen Leistung weicht die LKUF-Satzung für Fälle der Berufskrankheit pauschal und undifferenziert vom Leistungsniveau der Unfallversicherung der Bundesbeamten ab. Daher kann nicht mehr gesagt werden, dass Leistungen der Unfallfürsorge nach der Satzung der Oö LKUF "in ihrer Gesamtheit" denen, die den Bundesbeamten bzw ihren Hinterbliebenen aus der Sozialversicherung jeweils zustehen, "mindestens gleichwertig" sind (vgl VfSlg 20.489/2021). Punkt 146. der LKUF-Satzung steht daher – im Unterschied zu Punkt 145. leg. cit. – in Widerspruch zu §13 Abs6 Satz 2 Oö LKUFG.

2.2.5.5. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich.

V. Ergebnis

1. Der Gesetzesprüfungsantrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Punkt 146. der Satzung der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge idF des Beschlusses des Verwaltungsrates der Oö Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge vom 5. November 1996 ist zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Im Übrigen ist der Verordnungsprüfungsantrag abzuweisen.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.

5. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z2 litb Oö Verlautbarungsgesetz 2015.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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