VfGH G31/2013 ua, V20/2013 ua

VfGHG31/2013 ua, V20/2013 ua11.6.2013

Verfassungswidrigkeit der nach der RAO für alle Entscheidungsgegenstände in der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammermitglieder geltenden unterschiedlichen Gewichtung der Stimmen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot und das demokratische Prinzip; Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der Umlagenordnung 2011, der Beitragsordnung 2011 und der Geschäftsordnung 2008 der Rechtsanwaltskammer Wien betreffend Rechtsanwaltsanwärter

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art120a, Art120b, Art120c
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
RAO §24 Abs3, §27 Abs1
UmlagenO 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER"
BeitragsO 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien §1 Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER", §3, §4
GO der Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008 §5 Abs3, §9 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art120a, Art120b, Art120c
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
RAO §24 Abs3, §27 Abs1
UmlagenO 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER"
BeitragsO 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien §1 Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER", §3, §4
GO der Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008 §5 Abs3, §9 Abs1

 

Spruch:

I.

1. In §24 Abs3 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr 96/1868 in der Fassung BGBl I Nr 141/2009, wird die Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2014 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Die im Spruchpunkt I.1. genannte Wortfolge ist auf die am 11. Juni 2013 beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren, bei denen Verordnungen präjudiziell sind, die unter Anwendung der im Spruchpunkt I.1. genannten Wortfolge erzeugt wurden, nicht mehr anzuwenden.

5. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II.

1. a) Der Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, war gesetzwidrig.

b) Der Abschnitt " B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1 sowie §3 Z2 und die Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, waren gesetzwidrig.

c) §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008, beschlossen in der Plenarversammlung am 24. April 2008, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 16. Mai 2008, waren gesetzwidrig.

2. Die Bundesministerin für Justiz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu Zahlen B1021/11, B1035/11 und B1188/11 auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerden anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Die Beschwerdeführer waren zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Rechtsanwaltsanwärter in Wien. Mit Bescheiden des Ausschusses der Rechtsan­waltskammer Wien vom 22. März 2011 wurde den Beschwerdeführern in den beim Verfassungsgerichtshof zu B1021/11 und B1035/11 protokollierten Fällen die Umlage zur Versorgungseinrichtung Teil A, der Kammerbeitrag und der Beitrag zur Prämie für die Unfallversicherung für das 1. Quartal 2011 vorgeschrieben. In dem beim Verfassungsgerichtshof zu B1188/11 protokollierten Beschwerdefall erfolgte die Vorschreibung der genannten Beiträge für das 2. Quartal 2011 mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsan­waltskammer Wien vom 28. Juni 2011.

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) wies die dagegen gerichteten Vorstellungen mit den angefochtenen Bescheiden vom 28. Juni 2011 (zu B1021/11 und B1035/11) sowie vom 30. August 2011 (zu B1188/11) ab.

1.2. In den auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerden bringen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, durch die angefochtenen Bescheide in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein, weil diese Bescheide auf die als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen der §49 Abs2 iVm §51 sowie §24 Abs3 Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) iVm als gesetzwidrig erachteten Bestimmungen der Umlagenordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010 (im Folgenden: Umlagenordnung), und der Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010 (im Folgenden: Beitragsordnung), gestützt würden.

1.3. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verstoße §24 Abs3 RAO, wonach die von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen so zu gewichten sind, dass jeweils zwei Stimmen von Rechtsanwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts entsprechen, gegen das demokratische Prinzip und das ver­fassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Es bestehe keine sachliche Rechtfertigung, Rechts­anwälte und Rechtsanwaltsanwärter unterschiedlich zu behandeln, denn bei beiden Gruppen handle es sich um vollwertige Mitglieder der Rechtsanwaltskammer Wien. Besonders problematisch wirke sich das "halbe Stimmrecht" der Rechtsanwaltsanwärter aus, wenn sie von einer Beschlussfassung unmittelbar in ihren Rechten betroffen seien oder wenn die zu beschließende Regelung vor allem jener Gruppe nütze, die das zweifache Stimmgewicht genieße.

Weiters verstoße nach Ansicht der Beschwerdeführer §49 Abs2 iVm §51 RAO gegen den Gleichheitssatz, weil für Beiträge, die Rechtsanwaltsanwärter während ihrer Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer zur Versorgungseinrichtung einbezahlt haben, keine Anrechnungs- oder Übertragungsregel in ein anderes Pensionssystem vorgesehen ist, sollte ein Rechtsanwaltsanwärter aus der Rechtsanwaltskammer austreten. Dies würde im Vergleich zu anderen Pensionssystemen, in denen die Beiträge angerechnet werden (zB §251a ASVG; §129 GSVG), eine unsachliche Schlechterstellung bedeuten.

1.4. Die Umlagenordnung und die Beitragsordnung seien ihrem Inhalt nach gesetzwidrig bzw. deren Beschlussfassung gesetzwidrig zustande gekommen.

1.5. Die Einladung zur Plenarversammlung am 29. April 2010 sei nicht rechtzeitig versendet worden. Die Kundmachung der Plenar­versammlung im Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien habe die Rechtsanwaltsanwärter nicht erreicht, weil diesen zum damaligen Zeitpunkt noch kein Zugang zum Intranet eröffnet gewesen sei. Die Stimmabgabe in der Plenarversammlung am 29. April 2010 habe bereits vor Eröffnung der Abstimmung über die einzelnen Abstimmungsgegen­stände begonnen, über den Ausschuss- und Abänderungsantrag sei gleichzeitig und nicht hintereinander abgestimmt worden. Das Anwesenheitsquorum sei bei der Beschluss­fassung über die einzelnen Gegenstände nicht festgestellt worden. Den Stimm­zetteln sei kein näherer Inhalt zu den eingebrachten Abänderungsanträgen zu entnehmen gewesen und letztlich sei das Abstimmungsergebnis unrichtig festgestellt worden. Diese Mängel führen nach Ansicht der Beschwerdeführer zur Gesetzwidrigkeit der Umlagenordnung und der Beitragsordnung.

1.5.1. Die Umlagenordnung sei auch deswegen gesetzwidrig, weil sie ausschließlich auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien kundgemacht worden sei. Für die Art der Verordnungskundmachung gebe es weder in der RAO noch in der Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008 (im Folgenden: GO-RAK 2008) eine rechtliche Grundlage.

1.5.2. Die Beschwerden rügen weiters, dass sich für die in der Beitragsordnung vorgesehene Beitragspflicht für Beiträge zur Unfallversicherung keine gesetzliche Grundlage finde. Außerdem liege in Ansehung der Vorschreibung von Beiträgen zur Unfallversicherung eine Doppelversicherung vor, weil Rechtsanwaltsanwärter auch in die Unfallversicherung nach dem ASVG einbezogen seien.

1.5.3. Ferner rügen die Beschwerdeführer, dass weder in der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien Teil A 2010 (im Folgenden: Satzung) noch in der Umlagenordnung, Beitragsordnung oder Leistungsordnung der Rechtsanwaltskammer Wien Anrechnungsvorschriften für Versicherungs­zeiten, die in einem anderen Pensionsversicherungssystem erworben wurden, enthalten seien. Ebenso seien in den genannten Verordnungen keine Regelungen vorgesehen, nach denen Beiträge, die in die Versorgungseinrichtung einbezahlt wurden, bei einem allfälligen Austritt aus der Rechtsanwaltskammer und einem anschließenden Eintritt in ein anderes Pensionsversicherungssystem übertragen werden könnten. Dies führe zu einer Schlechterstellung von Rechtsanwaltsanwärtern gegenüber anderen Pensionsversicherten.

1.5.4. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und drei ergänzende Stellungnahmen, in welchen die belangte Behörde den Ausführungen der Beschwerdeführer entgegentritt. Die Beschwerdeführer zu B1021/11 und B1035/11 äußerten sich hiezu jeweils in einer Replik. Zu den behaupteten Verletzungen in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes erstattete das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine Stel­lung­nahme, nach der eine Verfassungswidrigkeit der angeführten Gesetzesbestimmungen nicht vorliege.

2. Bei der Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO sowie ob der Gesetzmäßigkeit des Abschnittes "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung, der Gesetzmäßigkeit des Abschnittes "§1. Kammerbeitrag B. RECHTSANWALTSANWÄRTER", des §3 Z2 und der Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung sowie der Gesetzmäßigkeit des §5 Abs3 und des §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 16. März 2013 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit bzw. diese Verordnungsbestimmungen von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens und der Verordnungsprüfungsverfahren bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die belangte Behörde bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung angewendet hat. Bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der relevanten Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung dürfte der Verfassungsgerichtshof sowohl die Wortfolge '; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung' in §24 Abs3 letzter Satz RAO als auch §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 heranzuziehen haben. Diese Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen dürften daher ebenfalls (neben den relevanten Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung) insoweit im vorliegenden Verfahren präjudiziell sein.

Angesichts des generell abstrakten Adressatenkreises und des normativen Charakters der Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung geht der Ver­fassungs­ge­richtshof vorläufig davon aus, dass es sich hierbei um Verordnungen im Sinne des Art139 B-VG handelt, zumal sie jedenfalls durch die Kundmachung auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien zugänglich sind (vgl. VfSlg 18.863/2009 zur Qualifizierung einer Beitragsordnung als Verordnung). Aus den gleichen Gründen scheint – so der Verfassungsgerichtshof vorläufig – auch die GO‑RAK 2008 eine Verordnung im Sinne des Art139 Abs1 B-VG darzustellen (vgl. VfSlg 11.835/1988 zur Qualifizierung der zum relevanten Zeitpunkt maßgeblichen 'Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und das Burgenland und deren Ausschuß' als Verordnung).

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorzuliegen scheinen, dürften das Gesetzes- und die Verordnungsprüfungsverfahren zulässig sein.

3. Den Verfassungsgerichtshof haben folgende Gründe veranlasst, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Wortfolge '; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung' in §24 Abs3 letzter Satz RAO einzuleiten:

3.1. Aus Art120a ff B-VG ergibt sich im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Selbstverwaltung, dass lediglich Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung und Errichtungsschranken zusammengefasst wurden, die bereits (aus einzelnen Vorschriften des B-VG abgeleitet und durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bestätigt) geltendes Verfassungsrecht waren (vgl. VfSlg 18.731/2009 und 19.017/2009).

Bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern (vgl. insbesondere VfSlg 8215/1977 und 17.023/2003) liegt es (mit Ausnahme des Falles der Gemeindeselbstverwaltung) weitgehend im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, in welchem Umfang er Selbstverwaltung einrichtet, insbesondere welche Personen er zu einem Selbstverwaltungskörper zusammenschließt; der erfasste Personenkreis muss aber durch 'objektive und sachlich gerechtfertigte Momente' abgegrenzt sein (VfSlg 17.023/2003 mwN).

Nach herrschender Auffassung, die nunmehr in der Definition in Art120a Abs1 B-VG zum Ausdruck kommt, verhindert dieses Kriterium nicht die Zusammenfassung von Personen mit zwar überwiegend gemeinsamen, teilweise aber auch divergierenden Interessen (s. Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, FS 75 Jahre Bundesverfassung, 1995, 382; Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 107). Entscheidendes Sachlichkeitskriterium ist die Interessenparallelität bzw. der Umstand, dass die zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen gemeinsame Interessen in beruflicher, sozialer, wirtschaftlicher oder sonstiger relevanter Hinsicht haben (Stolzlechner, Art120a in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Rz 3).

3.2. Gemäß §22 Abs1 RAO werden die Rechtsanwaltskammern durch sämtliche in die Liste eingetragene Rechtsanwälte, die in dem derzeit bestehenden Sprengel jeder Kammer ihren Kanzleisitz haben, sowie durch sämtliche bei diesen in praktischer Verwendung stehende und in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragene Rechtsanwaltsanwärter gebildet. Sowohl die Rechtsanwälte als auch die Rechtsanwaltsanwärter sind Mitglieder der Rechtsanwaltskammer und verfolgen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in weiten Zügen gleichgelagerte Interessen (beispielsweise in Bezug auf die Qualität der Ausbildung, Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie in Disziplinarangelegenheiten). In manchen Angelegenheiten überwiegen jedoch 'gruppenbezogene' Interessen sowohl bei den Rechtsanwälten als auch bei den Rechtsanwaltsanwärtern. Dazu kommen bestimmte 'gruppenbezogene' Interessen, die sich nicht aus der Stellung als Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter, sondern aus der Stellung der Kammerangehörigen als selbständig oder unselbständig Tätige ergeben; zur letzten Gruppe gehören jedenfalls die Rechtsanwaltsanwärter, aber auch die sogenannten angestellten Rechtsanwälte.

Ungeachtet der in manchen Angelegenheiten bestehenden, unterschiedlichen 'gruppenbezogenen' Interessen sind nach der Rechtsanwaltsordnung alle diese Gruppen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern als Mitglieder der Rechtsanwaltskammer erfasst. Dagegen bestehen nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die in den Rechtsanwaltskammern zusammengefassten Personen gemeinsame Interessen haben (vgl. zB die Erkenntnisse VfSlg 12.021/1989 und 13.877/1994 in Bezug auf den Beruf der Wirtschaftstreuhänder, in welchen der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen hatte, dass in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sowohl Berufsanwärter als auch Personen versammelt sind, welche bereits die Befugnis zur Ausübung des selbstständigen Berufes erworben haben).

3.3. Gemäß §24 Abs3 letzter Satz iVm dritter Satz RAO sind bei Abstimmungen im Rahmen von Plenarversammlungen die von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen so zu gewichten, dass jeweils zwei Stimmen von Rechtsanwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof ist der vorläufigen Ansicht, dass eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen in der Plenarversammlung im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers in der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig sein dürfte, wenn die unterschiedliche Gewichtung dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genügt und mit dem sich aus Art120a und Art120c B‑VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar ist.

Die für alle Entscheidungsgegenstände geltende Stimmgewichtung in §24 Abs3 letzter Satz RAO scheint jedoch gegen diese verfassungsrechtlichen Anforderungen zu verstoßen, weil die dem demokratischen Prinzip innewohnende grundsätzliche Gleichheit der Stimme generell durchbrochen wird, ohne dass hierfür ein entsprechend sachlicher Grund bestehen dürfte (im Unterschied dazu vgl. VfSlg 5811/1968). Für eine solche Durchbrechung scheint es jedoch erforderlich zu sein, eine sachlich differenzierende Regelung je nach Entscheidungsgegenstand und unterschiedlicher Betroffenheit der jeweiligen Gruppe der Kammerangehörigen vorzunehmen; nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheint gerade bei den die Rechtsanwaltsanwärter betreffenden Regelungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung eine die Stimmgewichtung der Rechtsanwälte gegenüber jener der Rechtsanwaltsanwärter bevorzugende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt zu sein. Sofern es sich hingegen um Angelegenheiten handelt, bei denen keine besondere Betroffenheit (alleine) der Rechtsanwaltsanwärter gegeben ist, dürfte es zulässig sein, eine unterschiedliche Stimmengewichtung vorzusehen.

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen §24 Abs3 letzter Satz RAO dürften auch nicht durch §27 Abs2 RAO entkräftet werden: Gemäß §27 Abs2 RAO dürfen sich die Beiträge nach §27 Abs1 litd RAO (das sind: Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, Aufwendungen für Maßnahmen im Interesse der Kammermitglieder, insbesondere für Versicherungen und die Standeswerbung, sowie Beiträge der Kammermitglieder zur Deckung der Ausgaben für humanitäre Standeszwecke) für Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe belaufen; im Übrigen sind die Beiträge grundsätzlich für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen. Diese gesetzlich verankerte Begrenzung der Beitragshöhe dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes allein keine sachliche Rechtfertigung dafür sein, dass die Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter durchgängig, das heißt ohne jegliche Differenzierung, nur zu Hälfte gewichtet werden.

4. Den Verfassungsgerichtshof haben weiters folgende Bedenken zur Einleitung von Verordnungsprüfungsverfahren betreffend die Umlagenordnung und die Beitragsordnung veranlasst:

4.1. Gemäß §24 Abs3 RAO sind die von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen bei Wahlen und bei im Rahmen einer Plenarversammlung vorge­nommenen Abstimmung so zu gewichten, dass jeweils zwei Stimmen von Rechts­anwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts entsprechen. Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung. Nach dieser Regelung dürfte die Abstimmung über die Beschlussfassung der Umlagenordnung und der Beitragsordnung in der Plenarversammlung am 29. April 2010 vorgenommen worden sein. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 9535/1982) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmungen, die eine Verordnung bzw. Teile einer Verordnung tragen, zur Folge, dass die Verordnung hiermit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt, weshalb deren präjudizielle Bestimmungen auch in Prüfung zu ziehen sind. Die Umlagenordnung und die Beitragsordnung scheinen zunächst auch deswegen gesetzwidrig zu sein, weil sie sich auf die Wortfolge '; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung' in §24 Abs3 letzter Satz RAO stützen, also auf eine Bestimmung, die aus den dargelegten Gründen verfassungswidrig erscheint. Der Verfassungsgerichtshof ist somit der vorläufigen Ansicht, dass es den in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage mangelt und der Beschluss betreffend die Umlagenordnung und die Beitragsordnung der Plenarversammlung vom 29. April 2010 gesetzwidrig zustande gekommen sein dürfte.

4.2. Nach vorläufiger Ansicht des Verfassungsgerichtshofes scheinen die Umlagenordnung und die Beitragsordnung auch auf Grund von Verstößen gegen Organisations- und Verfahrensvorschriften und auf Grund von inhaltlichen Rechtswidrigkeiten gesetzwidrig zustande gekommen zu sein.

4.2.1. Zum ersten scheint die Einladung zur Plenarversammlung nicht rechtmäßig erfolgt zu sein. Gemäß §5 Abs1 GO-RAK 2008 sind alle Kammermitglieder zur Plenarversammlung schriftlich und durch Kundmachung im Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien unter Bekanntgabe der Tagesordnung, der Zeit und des Ortes, spätestens fünf Wochen vor dem Tage der Plenarversammlung, einzuladen. Ob die Einladungen rechtzeitig und zudem auch an alle Kammermitglieder versendet wurden, lässt sich mangels individueller Zustellnachweise nicht feststellen. Zum Zeitpunkt der Abhaltung der Plenarversammlung am 29. April 2010 war der Zugang (auch nicht der Probebetrieb) zum Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien für Rechtsanwaltanwärter technisch noch nicht umgesetzt (wie aus dem im Verwaltungsakt enthaltenen E-Mail-Verkehr zwischen dem Beschwerdeführer zu B1035/11 und der Rechtsanwaltskammer hervorgeht). Das bedeutet, dass die Rechtsanwaltsanwärter zu jenem (gemäß §5 Abs1 GO-RAK 2008 mindestens fünf Wochen vor der Plenarversammlung liegenden) Zeitpunkt, an dem die Kundmachung im Intranet erfolgt ist, keine Kenntnis von der Kundmachung im Intranet erhalten konnten. Die nicht rechtmäßige Einladung zu einer Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer dürfte nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ein qualifizierter Verstoß gegen §5 Abs1 GO-RAK 2008 sein, der die Gesetzwidrigkeit der in der Plenarversammlung gefassten Beschlüsse – also auch der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung – nach sich ziehen kann. Eine Ladung, wie sie in §5 Abs1 GO-RAK 2008 verankert ist, scheint nämlich unter anderem darauf abzuzielen, dass die Betroffenen über die Abhaltung der Plenarversammlung und in Aussicht genommenen Tagesordnungspunkte und Abstimmungs­gegenstände vorherige Kenntnis erlangen und so über Teilnahme an der Versammlung bzw. ihr Abstimmungsverhalten entsprechend entscheiden können. Ein durch eine nicht rechtmäßig erfolgte Ladung bzw. Kundmachung entstandener Mangel wirkt daher nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes auch auf die in der Plenarversammlung erfolgten Beschlüsse (Umlagenordnung und Beitragsordnung) durch und könnte diese gesetzwidrig machen. Es wird daher im Rahmen des Verordnungsprüfungsverfahrens zu prüfen sein, ob die Vorschriften des §5 Abs1 GO-RAK 2008 zur Einladung zur Plenarversammlung eingehalten wurden.

4.2.2. Darüber hinaus scheint es unzulässig zu sein, mit der Stimmabgabe in einer Plenarversammlung vor der Eröffnung der Abstimmung über die einzelnen Abstimmungsgegenstände zu beginnen: Im konkreten Fall dürfte die Stimmabgabe begonnen haben, bevor der konkrete Abstimmungsgegenstand samt aller Abänderungs- bzw. Zusatzanträge feststand. Für Wahlen ist in §12 Abs3 GO-RAK 2008 geregelt, dass Beginn und Schluss der Stimmabgabe vom Vorsitzenden in der Plenarversammlung zu verkünden sind. Eine derartige Regelung ist zwar in der GO-RAK 2008 für Abstimmungen nicht vorgesehen, der Verfassungsgerichtshof vertritt aber vorläufig die Auffassung, dass der Vorgang der Beschlussfassung (das heißt die Stimmabgabe) erst dann beginnen darf, wenn Abstimmungsgegenstand (Hauptantrag sowie etwaige Abänderungsanträge oder Zusatzanträge) feststehen. Da aber die konkrete Stimmabgabe betreffend die Umlagenordnung zu einem Zeitpunkt begonnen haben dürfte, als die Debatte offenbar noch im Gange war (wie aus dem Protokoll über die Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien am 29. April 2010, Seite 19 und 28 hervorzugehen scheint), sowie weiters die Abstimmung über den Antrag des Ausschusses und den erst in der Plenarversammlung eingebrachten Abänderungsantrag (als Zusatzantrag II titulierten) offenbar gleichzeitig (und nicht hintereinander) erfolgt sein dürfte (so jedenfalls die Beschwerde zu B1035/11, Seite 3 unten), dürfte die Beschlussfassung über die Umlagenordnung nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes gesetzwidrig sein. Für die Ab­stim­menden dürfte nämlich keine Klarheit darüber bestanden haben, was Gegenstand der Abstimmung war bzw. in welcher 'Fassung' über den Antrag des Ausschusses abgestimmt wurde. Die tatsächliche Stimmabgabe der einzelnen Mitglieder der Rechtsanwaltskammer könnte – so der Verfassungsgerichtshof vorläufig – durch die rechtswidrig erscheinende Vorgangsweise bei der Beschlussfassung der Umlagenordnung beeinträchtigt worden sein und damit zur Gesetzwidrigkeit der Umlagenordnung führen.

4.2.3. Weiters scheint das festgestellte Ergebnis der in der Plenarversammlung am 29. April 2010 vorgenommenen Ab­stimmung in Widerspruch zu §24 Abs3 RAO zu stehen. Der Antrag des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 9. März 2010 auf Beschlussfassung der Umlagenordnung sah in Bezug auf die Rechtsanwaltsanwärter folgenden Text vor:

'A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER

1.) Jeder gemäß §28 RAO in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragene Rechtsanwaltsanwärter hat zur Aufbringung der Mittel für die Versorgungseinrichtung gemäß §§51, 53 RAO einen monatlichen Beitrag in der Höhe von EUR 234,-- (jährlicher Beitrag: EUR 2.808,--) zu leisten.

2.) Die Beitragspflicht beginnt mit dem der Eintragung folgenden Monatsersten und endet mit dem dem Ende der Ausbildung und der Verwendung folgenden Monatsletzten.

3.) Der Ausbildungsrechtsanwalt hat den monatlichen Beitrag vom Bruttogehalt des Rechtsanwaltsanwärters einzubehalten und quartalsmäßig am 15.04., 15.7., 15.10. eines jeden Jahres und 15.01. für das vorangegangene Kalenderquartal an die Rechtsanwaltskammer Wien zu überweisen.

Ist der Rechtsanwaltsanwärter innerhalb eines Kalendermonats zwei Ausbildungsverhältnisse eingegangen, hat der erste Ausbildungsrechtsanwalt in diesem geteilten Kalendermonat die Umlage für den gesamten Monat zu überweisen.

Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der für den Rechtsanwaltsanwärter abzuführenden Umlage haftet der Ausbildungsrechtsanwalt.'

Zu diesem Antrag des Ausschusses brachten mehrere Rechtsanwaltsanwärter in der Plenarversammlung vom 29. April 2010 einen Abänderungsantrag mit folgendem Inhalt ein:

'Der als Tagesordnungspunkt III. a) eingebrachte Antrag des Ausschusses vom 09.03.2010 auf Erlassung der Umlagenordnung 2011 (Beilage D) möge von der Plenarversammlung in folgender geänderter Fassung beschlossen werden:

1. In Abschnitt A. II 1.):

'Der für die gemäß §28 RAO in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter zu entrichtende Beitrag für die Versorgungseinrichtung der Kammer gemäß §§51, 53 RAO beträgt monatlich EUR 234,--. Dieser Betrag ist jeweils zur Hälfte vom Rechtsanwaltsanwärter und seinem Ausbildungsrechtsanwalt zu tragen.'

2. In Abschnitt A. II 3.) Abs1:

'Der Ausbildungsrechtsanwalt hat den Anteil des Rechtsanwaltsanwärters am monatlichen Beitrag für die Versorgungseinrichtung der Kammer vom Bruttogehalt des RAA einzubehalten und gemeinsam mit seinem Anteil quartalsmäßig am 15.4., 15.7., 15.10. eines jeden Jahres und 15.01. für das vorangegangene Kalenderquartal an die Rechtsanwaltskammer Wien zu überweisen.' '

Als Ergebnis der Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Genehmigung der Umlagenordnung und den (als Zusatzantrag titulierten) Abänderungsantrag hielt der Vorsitzende der Plenarversammlung Folgendes fest (vgl. Protokoll über die Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien am 29. April 2010, Seite 41):

'Umlagenordnung 2011 der RAK Wien / Beilage D

 

RA

RAA

Abgegebene Stimmen

497

248

davon ungültig/leer

24

16

davon gültig

473

232

Von den gültigen Stimmen entfallen auf

RA

RAA

Zustimmung (JA)

348

115

Ablehnung (NEIN)

125

117

Der Antrag ist daher angenommen.

Zusatzantrag zu Umlagenordnung 2011

 

RA

RAA

Abgegebene Stimmen

261

206

davon ungültig/leer

46

32

davon gültig

215

174

Von den gültigen Stimmen entfallen auf

RA

RAA

Zustimmung (JA)

120

139

Ablehnung (NEIN)

95

35

Der Antrag ist daher nicht angenommen.

RAA Dr. S[…] meint, dass nach seinem Verständnis PRO abgestimmt wurde.'

4.2.4. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerdeführer mit ihrer Ansicht, der Abänderungsantrag sei angenommen worden, im Recht sein dürften. Gemäß §27 Abs4 erster Satz RAO ist die Plenarversammlung beschlussfähig, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt. Korrespondierend dazu besagt §9 Abs1 GO-RAK 2008, dass die Plenarversammlung, soweit die GO-RAK 2008 nichts anderes bestimmt, bei Anwesenheit von mindestens einem Zehntel der Kammermitglieder beschlussfähig ist. Gemäß §27 Abs4 erster Satz zweiter Halbsatz RAO iVm §9 Abs3 GO-RAK 2008 werden Beschlüsse, soweit die GO-RAK 2008 nichts anderes bestimmt, 'mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst'.

Diese einfache Mehrheit dürfte hinsichtlich des Abänderungsantrages gegeben gewesen sein: Laut Auszählungsergebnis nahmen 261 Rechtsanwälte und 206 Rechtsanwaltsanwärter an der Abstimmung teil. Auf Grund von §24 Abs3 RAO entsprechen jeweils zwei Stimmen von Rechtsanwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts, sodass die Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter zu gewichten gewesen wären. Der Abänderungsantrag scheint daher nach vorläufiger Annahme des Verfassungsgerichtshofes die notwendige (einfache) Stimmenmehrheit erreicht zu haben.

4.2.5. Die Vorgangsweise der belangten Behörde, wonach die 'Hälfteregelung' des §24 Abs3 RAO lediglich bei der Festsetzung der Anzahl der Pro-Stimmen und nicht auch bei der Bestimmung der insgesamt von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen angewendet wurde, dürfte gesetzwidrig sein. §24 Abs3 RAO sieht vor, dass bei Wahlen und Abstim­mungen die von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen so zu ge­wichten sind, dass jeweils zwei Stimmen von Rechtsanwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts entsprechen. Diese Vorschrift bezieht sich nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auf den gesamten Auszählungs- und Berechnungsvorgang: Die Stimmgewichtung hat somit nicht bloß bei der Bestimmung der Pro-Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter, sondern auch bei der Berechnung der Anzahl der von Rechtsanwaltsanwärtern insgesamt abgegebenen Stimmen zu erfolgen. Die Vorgangsweise der belangten Behörde dürfte das Stimmrecht der Rechtsanwaltsanwärter in einem Ausmaß reduziert haben, wie es §24 Abs3 RAO nicht vorzusehen scheint.

4.2.6. Der Verfassungsgerichtshof hegt hingegen keine Bedenken gegen die Kundmachung der Umlagenordnung (und der Beitragsordnung), weil – mangels ausdrücklicher Kundmachungsvorschriften – die Kundmachung der Verordnung(en) auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien als geeignet und ausreichend anzusehen ist.

5. Letztlich ergeben sich für den Verfassungsgerichtshof auch Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §5 Abs3 und des §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008. Diese Bestimmungen dürften präjudiziell sein, weil der Verfassungsgerichtshof – wie oben unter Punkt 2. dargestellt – bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der relevanten Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung auch §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 heranzuziehen haben dürfte.

5.1. Mit der Novelle BGBl I 141/2009 zur Rechtsanwaltsordnung, welche am 1. Jänner 2010 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem die Mitgliedschaft der Rechtsanwaltsanwärter in der Rechtsanwaltskammer gesetzlich verankert (vgl. §22 Abs1 RAO, wonach die Rechtsanwaltskammern durch sämtliche in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte sowie durch sämtliche bei diesen in praktischer Verwendung stehenden und in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter gebildet werden). Da es sich bei den Rechtsanwalts­anwärtern seit 1. Jänner 2010 um Mitglieder der Rechtsanwaltskammer handelt und §24 Abs3 RAO den Rechtsanwaltsanwärtern für Abstimmungen über jegliche Beschlussgegenstände durchgängig ein gewichtetes Stimmrecht einräumt, dürfte die Bestimmung des §5 Abs3 GO-RAK 2008, wonach Rechtsanwaltsanwärter berechtigt sind, ohne Stimmrecht an den Plenarversammlungen teilzunehmen, gesetzwidrig sein.

5.2. §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 scheint in Widerspruch zu §27 Abs4 erster Satz RAO zu stehen. Gemäß §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 ist zur Gültigkeit eines Beschlusses (in der Plenarversammlung) die Stimmabgabe durch mindestens zwei Fünftel der Anwesenden notwendig. Diese Bestimmung steht nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes in Widerspruch zu §27 Abs4 erster Satz RAO, wonach die Plenarversammlung, die ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fasst, beschlussfähig ist, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt. Die Rechtsanwaltsordnung scheint keine gesetzliche Grundlage dafür zu bieten, dass ein Beschluss nur bei Stimmabgabe einer bestimmten Anzahl der anwesenden Mitglieder zustande kommen kann. §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 dürfte daher – so der Verfassungsgerichtshof vorläufig – gegen das Gesetz verstoßen und somit nicht 'im Rahmen der Gesetze' (Art120b Abs1 B‑VG) ergangen sein."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO wie folgt entgegentritt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"II.

Zu den vorgebrachten Bedenken:

Vorbemerkung:

Die Bundesregierung verweist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Verfassungsgerichtshof im Normenprüfungsverfahren auf die Erörterung der im Prüfungsantrag (bzw. im amtswegigen Prüfungsbeschluss) dargelegten Bedenken beschränkt ist (zB VfSlg 16.663/2002, VfSlg 17.595/2005). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Bedenken.

Zum Bedenken hinsichtlich des Sachlichkeitsgebots und des demokratischen Prinzips:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist der vorläufigen Ansicht, dass eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen in der Plenarversammlung im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers in der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig sein dürfte, wenn die unterschiedliche Gewichtung dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genüge und mit dem sich aus Art120a und Art120c B-VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar sei (Rz. 27 des Prüfungsbeschlusses).

Die für alle Entscheidungsgegenstände geltende Stimmgewichtung in §24 Abs3 letzter Satz RAO scheine nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes jedoch gegen diese verfassungsrechtlichen Anforderungen zu verstoßen, weil die dem demokratischen Prinzip innewohnende grundsätzliche Gleichheit der Stimme generell durchbrochen werde, ohne dass hierfür ein entsprechend sachlicher Grund bestehen dürfte (im Unterschied zu VfSlg 5811/1968). Für eine solche Durchbrechung scheine es jedoch erforderlich zu sein, eine sachlich differenzierende Regelung je nach Entscheidungsgegenstand und unterschiedlicher Betroffenheit der jeweiligen Gruppe der Kammerangehörigen vorzunehmen. Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheine gerade bei den die Rechtsanwaltsanwärter betreffenden Regelungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung eine die Stimmgewichtung der Rechtsanwälte gegenüber jener der Rechtsanwaltsanwärter bevorzugende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt zu sein. Sofern es sich hingegen um Angelenheiten handle, bei denen keine besondere Betroffenheit (alleine) der Rechtsanwaltsanwärter gegeben sei, dürfte es zulässig sein, eine unterschiedliche Stimmgewichtung vorzusehen (Rz. 28 des Prüfungsbeschlusses).

Die in §27 Abs2 RAO verankerte Begrenzung der Beitragshöhe für Rechtsanwaltsanwärter auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes alleine keine sachliche Rechtfertigung dafür sein, dass die Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter durchgängig, das heißt ohne jegliche Differenzierung, nur zur Hälfte gewichtet werden (Rz. 29 des Prüfungsbeschlusses).

2. Diese Bedenken treffen nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu.

2.1. Mit der B-VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 wurde der Abschnitt 'B. Sonstige Selbstverwaltung' in das B-VG eingefügt. Darin ist ua. vorgesehen, dass die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind (Art120c Abs1 B-VG).

Mit der erwähnten B-VG-Novelle wurden die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur sonstigen Selbstverwaltung entwickelten Grundsätze (lediglich) kodifiziert, so dass diese Rechtsprechung weiterhin maßgeblich ist (VfSlg 19.017/2010).

In dem im Prüfungsbeschluss zitierten Erkenntnis VfSlg 5811/1968 stellte der Verfassungsgerichtshof (zu einer Regelung des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes über das Stimmrecht in der Vollversammlung der Mitglieder des Fremdenverkehrsverbandes) insbesondere Folgendes fest:

'Die österreichische Verfassung enthält keine Regelung über die Willensbildung in Körperschaften öffentlichen Rechtes, die nicht Gebietskörperschaften sind. Es läßt sich aus ihr auch nicht ableiten, daß sich die Willensbildung in solchen Körperschaften allgemein nach dem Grundsatz der linearen Gleichheit gestalten müsse. …

Ein solcher Grundsatz kann daher auch nicht … so beherrschend sein, daß seine Durchbrechung einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gleichkäme. Es ist aber jede konkrete Regelung dahin zu prüfen, ob sie dem Gleichheitsgebot entspricht. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes läge dann vor, wenn die Regelung des Stimmrechtes … eine unsachliche Differenzierung enthielte. …

Es kann nicht als unsachlich erkannt werden, wenn der Gesetzgeber … den Pflichtmitgliedern nicht das gleiche Stimmrecht, sondern ein nach ihrem wirtschaftlichen Interesse … und ihrer darauf beruhenden Beitragsleistung abgestuftes Stimmrecht einräumt.'

Im Schrifttum (Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, S. 223 f) wird unter Bedachtnahme auf dieses Erkenntnis die Auffassung vertreten, dass es bei der wirtschaftlichen Selbstverwaltung

'primär nicht um die Beteiligung des Volkes an der Herrschaft im Staat und nicht um das Verhältnis der Mehrheit zur Minderheit [geht]. Nicht die gleiche Beteiligung aller Selbstverwaltungsangehörigen an der ‚Herrschaft in der Selbstverwaltung‘, sondern die Repräsentation möglichst aller Selbstverwaltungsangehörigen zum Zweck der Vertretung gemeinsamer Interessen ist der Sinn der Wahl. Es kommt bei der wirtschaftlichen Selbstverwaltung nicht so sehr auf die von Wähler zu Wähler gleiche Einflußnahme auf die Führung des Selbstverwaltungskörpers an, sondern vor allem auf die umfassende Repräsentation teils divergierender Interessenlagen. Entscheidend ist für die Beschlussfassung in der wirtschaftlichen Selbstverwaltung nicht das Abzählen von Stimmen, sondern das Abwägen von Interessenstandpunkten.

Das demokratische Prinzip kann bei diesen Verschiedenheiten der Funktionen sinnvollerweise nicht in derselben Art verwirklicht werden, wie im Staat im engsten Sinn. … Für die Organisation der Selbstverwaltung bedeutet das demokratische Prinzip daher nicht, daß das im B.-VG. für die Beteiligung des Volkes an der Herrschaft im Staat vorgesehene Wahlrecht übernommen werden muß; maßgebend ist vielmehr auch hier das von der Verfassung vorgefundene und akzeptierte Bild demokratischer Ordnung, freilich angepaßt an die Sacherfordernisse der Wahrung und Vertretung von differenzierten Interessen.'

2.2. Dieser Befund über die (fachlich gegliederte) wirtschaftliche Selbstverwaltung lässt sich nach Auffassung der Bundesregierung auch auf die verfahrensgegenständliche berufliche Selbstverwaltung durch die Rechtsanwaltskammer übertragen, weist doch auch diese eine gewisse Gliederung auf, indem sie sowohl der Vertretung der selbständigen Rechtsanwälte als auch der unselbständigen Rechtsanwaltsanwärter und angestellten Rechtsanwälte dient.

Schließlich vertritt auch der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Prüfungsbeschluss die (vorläufige) Ansicht, 'dass eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen in der Plenarversammlung im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers in der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig sein dürfte, wenn die unterschiedliche Gewichtung dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genügt und mit dem sich aus Art120a und Art120c B‑VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar ist' (Rz 27).

2.3. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass §24 Abs3 letzter Satz RAO diesen Anforderungen genügt:

Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass durch die unterschiedliche Stimmgewichtung 'die dem demokratischen Prinzip innewohnende grundsätzliche Gleichheit der Stimme' durchbrochen werde (Rz 28). Dem hält die Bundesregierung unter Berufung auf die in Pkt. II.2.1 dargelegte Rechtsprechung (VfSlg 5811/1968) und Literatur entgegen, dass in der nichtterritorialen Selbstverwaltung das demokratische Prinzip gerade nicht die grundsätzliche Gleichheit der Stimme, maW eine gleiche Einflussnahme jedes Mitgliedes des Selbstverwaltungskörpers auf die Willensbildung verlangt. Vielmehr findet das demokratische Prinzip des B-VG in der nichtterritorialen Selbstverwaltung insbesondere darin seinen Ausdruck, dass die Organe des Selbstverwaltungskörpers aus dem Kreis seiner Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind (Art120c Abs1 B-VG; vgl. näher Stolzlechner in: Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar, Bundesverfassungsrecht, Art120c B-VG, Rz 13 ff).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt der Gesetzgebung in der Frage, in welcher Weise die demokratische Legitimation jener Selbstverwaltungsorgane, denen 'entscheidungswichtige Aufgaben' übertragen sind, sichergestellt wird, ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (VfSlg 17.951/2006, 17.023/2003). So ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht etwa nicht geboten, Wahlen in Selbstverwaltungsorgane nach den Grundsätzen zu regeln, die bundesverfassungsgesetzlich für staatliche und kommunale Wahlen gelten (VfSlg 17.023/2003).

Nach Auffassung der Bundesregierung verfügt die Gesetzgebung nicht nur bei der Regelung der Organkreation über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, sondern auch bei der Regelung der Willensbildung der Organe eines Selbstverwaltungskörpers. So hat auch der Verfassungsgerichtshof – wie erwähnt – im Erkenntnis VfSlg 5811/1968 klargestellt, dass sich aus dem B‑VG nicht ableiten lässt, dass sich die Willensbildung in Körperschaften öffentlichen Rechtes, die nicht Gebietskörperschaften sind, allgemein nach dem Grundsatz der linearen Gleichheit gestalten müsse.

2.4. Dieser weite rechtspolitische Gestaltungsspielraum besteht auch bei der gesetzlichen Regelung der Willensbildung der Rechtsanwaltskammer. Diese muss daher nicht so ausgestaltet werden, dass den Stimmen aller Kammermitglieder das gleiche Gewicht zukommt. Vielmehr ist grundsätzlich auch eine gruppenspezifische Gewichtung zulässig, wenn es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt.

Die sachliche Rechtfertigung für die in §24 Abs3 letzter Satz RAO vorgesehene unterschiedliche Gewichtung der Stimmen der Rechtsanwälte einerseits und der Rechtsanwaltsanwärter andererseits besteht im zentralen Inhalt der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft, nämlich in der Sicherstellung und Wahrung der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Rechtsanwaltsberufs und -standes.

Die Gruppe der Berufsanwärter ist im vorliegenden Zusammenhang dadurch gekennzeichnet, dass sie eine sehr große Gruppe darstellen, die aber einer großen Fluktuation unterliegt, sodass Berufsanwärter häufig nur vergleichsweise kurz Kammerangehörige sind. Bei einer gleichen Gewichtung ihres Stimmrechts würde ihnen ein solches Stimmgewicht zukommen, dass sie in grundsätzlichen Fragen Systementscheidungen betreffend den Beruf des Rechtsanwalts treffen könnten, die zwar den Interessen der Berufsanwärter entsprechen mögen, sich aber wesentlichen von denen der Rechtsanwälte unterscheiden. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, in solchen grundsätzlichen Fragen eine unterschiedliche Gewichtung des Stimmrechts von Berufsanwärtern und Rechtsanwälten vorzusehen.

Andernfalls könnte zum Beispiel der Wunsch nach möglichst weitgehender Beitragsfreiheit hinsichtlich des anwaltlichen Versorgungssystems dazu führen, dass jene Mittel, die aufgrund des Umlagesystems benötigt werden, um die an die bereits bezugsberechtigten (ehemaligen) Kammermitglieder zu erbringenden laufenden Versorgungsleistungen zu finanzieren, nicht aufgebracht werden. Damit würde aber das gesamte System der anwaltlichen Altersversorgung in Frage gestellt.

Das Sachlichkeitsgebot lässt nach Auffassung der Bundesregierung im Fall des Vorliegens unterschiedlicher fachlicher Qualifikationen sowie unterschiedlicher Befugnisse und Verantwortung eine unterschiedliche Stimmgewichtung nicht nur zu, sondern gebietet eine solche, weil ansonsten eine unsachliche Diskriminierung der mit mehr Befugnissen und höheren Verantwortung belasteten bzw. ausgestatteten Kammermitglieder vorläge. Dass die RAO den Rechtsanwaltsanwärtern (nur) einen ihren geringeren Befugnissen und ihrer geringeren Verantwortung entsprechenden Einfluss einräumt, ist daher nicht unsachlich.

Dazu kommt, dass Rechtsanwaltsanwärter für die Dauer ihrer Tätigkeit in Ausbildung stehen, was auch in unterschiedlichen Vertretungsberechtigungen zum Ausdruck kommt. Ihr Vertretungsrecht vor Gericht hängt von der Dauer der Ausbildung und der Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung ab (kleine Legitimationsurkunde, große Legitimationsurkunde, große Legitimationsurkunde mit Rechtsanwaltsprüfung). Rechtsanwaltsanwärter vollziehen diese Ausbildung eingebettet in die Rechtsanwaltskanzlei eines Rechtsanwaltes als Dienstnehmer, der Rechtsanwalt trägt für sie das wirtschaftliche Risiko und das Haftungsrisiko. Sie sind insgesamt daher unter fremder Aufsicht, Leitung und Verantwortung tätig, dürfen daher auch keine eigenen Mandate übernehmen und werden während dieser Ausbildungszeit auch im Hinblick auf die Ausbildungsveranstaltungen, die sie zu absolvieren haben, an die anwaltliche Tätigkeit, anwaltliches Denken und Handeln herangeführt. Diese Position der Rechtsanwaltsanwärter führt auch dazu, dass sie zur Verfahrenshilfe nicht herangezogen werden dürfen.

Diese dargestellten Unterschiede der Tätigkeit des Rechtsanwalts, der das volle persönliche und wirtschaftliche Risiko sowie das Haftungsrisiko für sich und für den von ihm beschäftigten und auszubildenden Rechtsanwaltsanwärter trägt, rechtfertigt nicht nur die vom Gesetzgeber vorgesehene Stimmgewichtung, sondern macht sie gerade sachlich notwendig, um nicht Rechtsanwälte bei Wahlen und Abstimmungen unsachlich zu benachteiligen.

2.5. Im Prüfungsbeschluss stellt der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich fest, dass es bei Angelegenheiten, bei denen keine besondere Betroffenheit (alleine) der Rechtsanwaltsanwärter gegeben ist, zulässig sein dürfte, eine unterschiedliche Stimmgewichtung vorzusehen (Rz 28).

2.5.1. Die der Plenarversammlung gemäß §27 Abs1 RAO zugewiesenen Aufgaben betreffen – mit Ausnahme bestimmter Wahlen, auf die noch einzugehen ist – die Interessen der Rechtsanwälte und der Rechtsanwaltsanwärter zumindest in gleicher Weise, wenn nicht sogar ein Überhang der Interessen der Rechtsanwälte besteht:

Dass dies bei der Festsetzung der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer und des Ausschusses sowie der Satzung der Versorgungseinrichtung (§27 Abs1 lita RAO) der Fall ist, ist evident. Auch die Festsetzung der Ausgaben der Kammer für humanitäre Standeszwecke (§27 Abs1 litc RAO), die Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, der Aufwendungen für Maßnahmen im Interesse der Kammermitglieder, insbesondere für Versicherungen und die Standeswerbung, sowie der Beiträge der Kammermitglieder zur Deckung der Ausgaben für humanitäre Standeszwecke (§27 Abs1 litd RAO), der Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben sowie die Prüfung und Genehmigung der Rechnungen der Kammer (§27 Abs1 lite RAO), die Anträge auf Sprengeländerungen der Rechtsanwaltskammer (§27 Abs1 litf RAO) sowie die Erlassung von Richtlinie für die Errichtung und Führung der Treuhandeinrichtung (§27 Abs1 litg RAO) betreffen gemeinsame Interessen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern.

Angesichts der zuvor (Pkt. II.2.4.) dargelegten grundsätzlichen Unterschiede zwischen Berufsanwärtern und Rechtsanwälten erscheint in diesen Angelegenheiten mangels einer besonderen Betroffenheit alleine der Berufsanwärter eine Differenzierung des Stimmgewichtes sachlich gerechtfertigt.

Wo hingegen durch Aufgaben der Plenarversammlung ausschließlich Interessen der Berufsanwärter berührt werden, sind auch nur diese stimmberechtigt. So sieht §24 Abs1 Z3 RAO vor, dass die Mitglieder des Ausschusses aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter allein durch die in die Liste eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter gewählt werden. Dem gegenüber werden der Präsident, der Präsidentenstellvertreter und die dem Rechtsanwaltsstand angehörigen Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und die Rechnungsprüfer durch alle Kammermitglieder gewählt (§24 Abs1 Z1 RAO).

Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass die RAO sehr wohl eine nach dem Entscheidungsgegenstand und der Betroffenheit der jeweiligen Gruppe der Kammerangehörigen differenzierende Regelung betreffend den Einfluss auf die Entscheidungsfindung enthält.

2.5.2. Die[s] [gilt] trifft auch auf die gemäß §51 RAO von der Plenarversammlung jährlich zu beschließende Umlagenordnung und Beitragsordnung zu:

In der Leistungsordnung wird die Höhe der von der Versorgungseinrichtung zu erbringenden Leistungen festgesetzt; in der Umlagenordnung wird die Höhe der Beiträge zur Aufwendung der dazu notwendigen Mittel festgelegt.

Der RAO sieht als Systemgrundsatz eine einheitliche Leistungsordnung und eine einheitliche Umlagenordnung für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vor. Eine eigene Leistungs- und Umlagenordnung für Rechtsanwaltsanwärter wäre auch insofern systemwidrig, als nach §49 Abs1 RAO die Satzungen der auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen unter Wahrung bereits erworbener Rechtspositionen vorzusehen haben, dass alle Leistungen aus der Versorgungseinrichtung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate festgesetzt werden. Eine Differenzierung innerhalb der Kammermitglieder und damit zwischen Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern würde dieser Systementscheidung widersprechen.

Hinsichtlich der Umlagenordnung ordnet §53 Abs1 RAO an, dass die Beiträge für die Versorgungseinrichtung so zu bemessen sind, dass unter Berücksichtigung des der betreffenden Rechtsanwaltskammer zukommenden Teils der Pauschalvergütung die Auszahlungen der Leistungen langfristig gesichert sind. Zu diesem Zweck sind unter Berücksichtigung mittelfristiger Finanzierungserfordernisse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnende Rücklagen zu bilden. Die Bemessung der Beiträge der Umlagenordnung ist daher durch versicherungsmathematische Grundsätze determiniert.

Rechtsanwälten, die sich bereits für die Ausübung des Berufes entschieden haben und die Leistungen aus der Versorgungseinrichtung erwarten, kommt dabei naturgemäß ein höheres Interesse an der finanziellen Sicherheit der Einrichtung zu als Rechtsanwaltsanwärtern, bei denen noch nicht gesichert ist, ob sie den Beruf auch endgültig ausüben werden. Angesichts der Systematik des Umlagesystems muss gesichert bleiben, dass all jene Mittel, die benötigt werden, um die an die bereits Bezugsberechtigten (ehemaligen) Kammermitglieder zu erbringenden laufenden Versorgungsleistungen zu finanzieren, auch aufgebracht werden können. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre das gesamte System der anwaltlichen Altersversorgung und damit verbunden die Selbstverwaltung der Anwaltschaft in Frage gestellt.

Demgemäß handelt es sich auch bei dem mit der Umlagenordnung festgesetzten Beitrag der Rechtsanwaltsanwärter nicht um eine Angelegenheit, bei denen eine besondere Betroffenheit oder gar eine alleinige Betroffenheit der Rechtsanwaltsanwärter gegeben wäre.

All jene Rechtsanwaltsanwärter, die in weiterer Folge den Rechtsanwaltsberuf ergreifen, erwerben durch die Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter Beitragsmonate, die ihnen später zugutekommen. Sie haben insofern ein den Rechtsanwälten gleich gelagertes Interesse. Eine willkürliche Festsetzung des Beitrags (oder gar eine Beitragsfreiheit), die die erworbenen Zeiten nicht mit dem bezahlten Beitrag in Relation setzt, würde zu einer Ungleichbehandlung mit den Rechtsanwälten führen.

Darüber hinaus können auch schon die Rechtsanwaltsanwärter Leistungen aus der Versorgungseinrichtung beziehen. Ihnen stehen insbesondere auch Ansprüche aus dem Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit zu. Die diesbezüglichen Regelungen für Rechtsanwaltsanwärter sind insbesondere im Hinblick auf die Wartezeit weitaus günstiger als etwa jene nach dem ASVG. So sehen die von den Rechtsanwaltskammern beschlossenen Satzungen Teil A durchgehend vor, dass die fünfjährige Wartezeit für Ansprüche auf Berufsunfähigkeitsrenten entfällt, wenn die Berufsunfähigkeit auf einen Unfall zurückzuführen ist oder wenn der Beginn des ersten Beitragsmonats des Beitragspflichtigen vor Vollendung seines 40. Lebensjahres liegt, sofern die körperlichen und geistigen Gebrechen die Ursache für die Berufsunfähigkeit sind und nachweislich erst nach der Eintragung aufgetreten sind.

Rechtsanwaltsanwärter haben in der Regel vor Vollendung ihres 40. Lebensjahres ihren ersten Beitragsmonat vollendet. Jedenfalls besteht bei einem Unfall keine Wartezeit. Tritt daher der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit ein, so können Rechtsanwaltsanwärter, auch wenn sie nicht die fünfjährige Wartezeit erfüllen, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsrente erhalten. Es kann der Fall eintreten, dass ein 23-jähriger Rechtsanwaltsanwärter, der einen Beitragsmonat erworben hat, während seines gesamten Lebens eine Leistung aus der Versorgungseinrichtung der jeweiligen Rechtsanwaltskammer bezieht.

Diese Leistungen werden jedoch nicht ausschließlich durch die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter finanziert. Vielmehr werden die für diese Leistungen erforderlichen Gelder aufgrund der geringeren Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter, die sich maximal auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe belaufen dürfen, zum allergrößten Teil aus den Beiträgen der Rechtsanwälte bezahlt. Den Rechtsanwälten kommt daher auch ein überwiegendes Interesse daran zu, dass Rechtsanwaltsanwärter adäquate Beiträge in der Versorgungseinrichtung leisten. Damit ist die sachliche Rechtfertigung für die Stimmrechtsgewichtung im Sinn des §24 Abs3 letzter Satz RAO auch in den Bereichen der Beitrags- und Umlagenordnung jedenfalls gegeben.

Gleiches gilt auch für die Kammerbeiträge der Rechtsanwaltsanwärter. Als Kammermitglieder haben die Rechtsanwaltsanwärter jedenfalls Beiträge im Sinn des §27 Abs1 litb RAO zu leisten. Diese sind sowohl bei der Festsetzung der Beiträge der Rechtsanwälte als auch bei der Festsetzung ihrer eigenen Beiträge stimmberechtigt. Die Kammerbeiträge, die der Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, der Aufwendungen für Versicherungen und Standeswerbung sowie der Deckung der Ausgaben für humanitäre Standeszwecke dienen, sichern die rechtsanwaltliche Selbstverwaltung, die wesentlicher Bestandteil der Stellung des Rechtsanwalts im Rechtsstaat ist und damit auch Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern gemeinsam zu Gute kommt. Gerade der zentrale Inhalt der Selbstverwaltung, nämlich die Sicherstellung und Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwaltsberufs, bedarf auch finanzieller Mittel und deren geordneter Aufbringung innerhalb des gesamten Standes.

Es liegt insofern auf der Hand, dass es sich auch bei der Festsetzung der Kammerbeiträge um keine Angelegenheit handelt, bei der eine besondere Betroffenheit der Rechtsanwaltsanwärter gegeben wäre, sodass die unterschiedliche Stimmgewichtung auch in diesem Kontext sachlich gerechtfertigt ist.

Unbilligen Ergebnissen hat der Gesetzgeber sowohl im Bereich der Beitragsordnung als auch im Bereich der Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder dadurch vorgebeugt, dass sich die Beiträge für den Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte des Beitragsteils, der von den in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälten tatsächlich zu entrichten ist (§53 Abs2 RAO), bzw. auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe (§27 Abs2 RAO) belaufen dürfen.

2.5.3. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt daher in sämtlichen der genannten Bereiche – in Übereinstimmung mit dem Erkenntnis VfSlg 5811/1968 – eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für das gewichtete Stimmrecht vor, sodass die in Prüfung gezogenen Wortfolge in §24 Abs3 letzter Satz RAO verfassungskonform ist.

3. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Wortfolge '; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung' in §24 Abs3 letzter Satz RAO nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Sachlichkeitsgebots und des demokratischen Prinzips verstößt."

5. Die Rechtsanwaltskammer Wien erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Abschnittes "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung, des Abschnittes "§1. Kammerbeitrag B. RECHTSANWALTSANWÄRTER", des §3 Z2 und der Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung sowie des §5 Abs3 und des §9 Abs1 zweiter Satz der GO-RAK 2008 wie folgt entgegentritt (ohne den im Original enthaltenen Fettdruck):

"1. Zur Stimmgewichtung:

Der belangten Behörde liegt die Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz vom 18.4.2013 (BMJ-Z16.005/00005-16/2013) vor, die an das Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst im Zusammenhang mit dem eingeleiteten Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren ergangen ist.

Die belangte Behörde geht mit dem Bundesministerium für Justiz konform, dass weder in Ansehung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Wien, noch hinsichtlich der beschlossenen Umlagen- und Beitragsordnungen davon auszugehen ist, dass eine ausschließliche Betroffenheit der Rechtsanwaltsanwärter gegeben ist. Wenn die vom Verfassungsgerichtshof relevierten Bedenken hinsichtlich der Grundrechtskonformität der Wortfolge in §24 Abs3 letzter Satz RAO dahingehen, dass die Stimmgewichtung nicht sachlich gerechtfertigt wäre, wenn ausschließlich die rechtlichen Interessen der Rechtsanwaltsanwärter betroffen sind, ist umgekehrt daher davon auszugehen, dass bei gleichmäßiger Betroffenheit von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes an der Stimmgewichtung gerade nicht bestehen. Daraus folgt aber weiters, dass für die in Prüfung gezogenen Verordnungen nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes gerade keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der Stimmgewichtung bestehen. Auch wenn es theoretisch Bereiche mit ausschließlicher Betroffenheit der Rechtsanwaltsanwärter gibt, liegen solche Sachverhalte bei den in Prüfung gezogenen Beitrags- und Umlagenordnungen aber nicht vor, sodass es sich erübrigt, in abstracto darauf einzugehen, ob in diesen Fällen die Grundrechtskonformität der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung gegeben ist oder nicht.

In Ergänzung zur Stellungnahme des Bundesministerium für Justiz verweist die belangte Behörde noch zusätzlich darauf, dass ein wesentlicher, die Stimmgewichtung rechtfertigender Umstand gerade darin liegt, dass Rechtsanwaltsanwärter ungeachtet der ihnen mit der Berufsordnungsnovelle eingeräumten und begründeten großen Mitwirkungsbefugnisse in einem Ausbildungsverhältnis stehen und daher nicht selbstständig, sondern in Abhängigkeit zu ihrem Dienstgeber und Ausbildungsanwalt tätig sind. Der Gesetzgeber hat mehrfach, insbesondere auch durch die unterschiedlichen Vertretungsberechtigungen auf die unterschiedliche Rechtsstellung zwischen Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter Bedacht genommen. Das Vertretungsrecht der Rechtsanwaltsanwärter vor Gericht hängt von der Dauer der Ausbildung und der Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung ab, sodass der Gesetzgeber selbst eine Differenzierung zwischen Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern bzw. innerhalb der Gruppe der Rechtsanwaltsanwärter vorgenommen hat. Dazu kommt, dass der Rechtsanwalt das volle wirtschaftliche und Haftungsrisiko der bei ihm eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter trägt. Dieser Umstand führt auch dazu, dass Rechtsanwaltsanwärter nicht zur Verfahrenshilfe herangezogen werden können und auch keine eigenen Mandate übernehmen dürfen. Diese unterschiedliche Rechtsstellung der Rechtsanwaltsanwärter gegenüber den Rechtsanwälten, rechtfertigen daher den Umstand, dass Rechtsanwaltsanwärtern in der Plenarversammlung bei jenen Beschlussgegenständen, die Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwälte zumindest gleichmäßig betreffen, nur das halbe Stimmgewicht haben. Diese Regelung ist zur Verhinderung der Majorisierung der Rechtsanwälte geradezu sachlich geboten.

Die belangte Behörde verweist abschließend auf die vergleichbare Rechtslage in den §§125 f NO: Gemäß §125 Abs4 NO sind die Jahresbeiträge der Mitglieder der Notariatskammer der Beschlussfassung in der gemeinsamen Versammlung vorbehalten. §125 Abs2 Z2 NO ermächtigt die gemeinsame Versammlung sohin auch zur Beschlussfassung, dass die Mitglieder der Kandidatengruppe Beitragsschuldner sind. Gemäß §126 Abs5 NO sind bei der gemeinsamen Versammlung beider Gruppen nur jene Kandidaten zur Teilnahme berechtigt, die die Notariatsprüfung abgelegt haben. Überdies sind in einer solchen Versammlung nie mehr Kandidaten stimmberechtigt, als dies der Hälfte der abstimmenden Notare entspricht. Als überzählig gelten jene, die die kürzeste anrechenbare Praxis aufweisen. Über das Stimmrecht entscheidet endgültig der Vorsitzende. Die Notariatsordnung sieht daher nicht einmal eine Stimmgewichtung vor, sondern verhindert jedwede Majorisierung der Notare durch die Kandidatengruppe.

2. Zu den Beschlüssen der Plenarversammlung vom 29.4.2010:

a) Zur Einhaltung der Einberufungsvorschriften:

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Einladung zur Plenarversammlung nicht rechtmäßig erfolgt sei, weil mangels individueller Zustellnachweise nicht feststellbar sei, ob die Einladungen rechtzeitig an alle Kammermitglieder versandt worden seien und Rechtsanwaltsanwärter zum Zeitpunkt der Abhaltung der Plenarversammlung am 29.4.2010 noch keinen Zugang zum Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien gehabt hätten. Die nicht rechtmäßige Einladung sei nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofs ein qualifizierter Verstoß gegen §5 Abs1 GeO-RAK 2008, sodass zu prüfen sei, ob die Vorschriften des §5 Abs1 GeO-RAK 2008 zur Einladung der Plenarversammlung eingehalten wurden. Dazu ergeht nunmehr folgende Stellungnahme:

§5 Abs1 GeO-RAK 2008 lautet:

'(1) Zur Plenarversammlung sind alle Kammermitglieder schriftlich und durch Kundmachung im Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien unter Bekanntgabe der Tagesordnung, der Zeit und des Ortes, spätestens 5 Wochen vor dem Tage der Plenarversammlung, einzuladen.'

§6 Abs3 GeO-RAK 2008 lautet:

'(3) Anträge gemäß Abs2 lit c sind spätestens zwei Wochen vor dem Tag der Plenarversammlung mit den eigenhändig unterschriebenen Unterstützungserklärungen von mindestens 20 Kammermitgliedern einzubringen und durch den Präsidenten binnen 1 Woche gemäß §5 kundzumachen. Diese Unterstützungserklärungen können auf einer oder mehreren Urkunden auch per Telefax abgegeben werden.'

Die Einladung zur der am 29.4.2010 stattgefundenen Plenarversammlung, datiert mit 23.02.2010 und wurde der mit dem Druck der Einladungen beauftragten Druckerei **** ********* ** mit dem Hinweis übermittelt, dass die Einladungen anhand der von der Kammer zur Verfügung gestellten Adressetiketten bis längstens 11.3.2010 zu versenden seien. Der Druckerei wurden zu diesem Zweck sämtliche Adressen der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zur Verfügung gestellt. Das Belegexemplar dieser Einladung langte bei der Rechtsanwaltskammer Wien am 18.3.2010 ein, woraus sich ergibt, dass dies der allgemeine Zustelltag war. Aus der Portoabrechnung der Druckerei vom 12.3.2010 ergibt sich, dass 3.500 Stück Einladungen, darunter auch jene an die Beschwerdeführer versandt worden sind. Die Einladung wurde dem Verfassungsgerichtshof bereits mit Eingabe vom 22.8.2012 vorgelegt; die Portoabrechnung sowie die Anweisung an die Druckerei wird unter einem vorgelegt.

Die Kundmachung zur Plenarversammlung datiert mit 6.4.2010. Dieser waren alle Anträge des Ausschusses – nur solche lagen zum Zeitpunkt der Versendung vor – angeschlossen. Die Kundmachung wurde an alle eingetragenen Rechtsanwälte an deren Kanzleiadresse und an alle eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter an deren Wohnadressen am 15.4.2010 postalisch versandt. Aus dem Postbuch der Rechtsanwaltskammer Wien vom 15.4.2010 ergibt sich, dass an 2514 Rechtsanwälte und an 998 Rechtsanwaltsanwärter Kundmachungen zugestellt wurden. Unter einem wird daher der Auszug aus dem Postbuch vorgelegt. Der Zeitpunkt der Kundmachung ergibt sich aus §6 Abs3 GeO-RAK 2008, weil bis zwei Wochen vor der Plenarversammlung Anträge eingebracht werden können und erst nach Verstreichen dieses Zeitpunktes alle dann vorliegenden und fristgerecht eingebrachten Anträge mitgeschickt werden können. Das Belegexemplar der Kundmachung samt allen Beilagen wurde dem Verfassungsgerichtshof mit Eingabe vom 22.8.2012 bereits übermittelt.

Sowohl in der Einladung als auch in der Kundmachung war die Tagesordnung, Zeit und Ort der Plenarversammlung enthalten. Die in der GeO vorgesehenen Fristen wurden eingehalten. Die Rechtsanwaltsanwärter wurden, wie alle Rechtsanwälte, zweimal verständigt. Ob zum Zeitpunkt der Plenarversammlung 2010 das Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien frei für alle Kammermitglieder zugänglich war, hat daher keine Relevanz dafür, ob sich die Kammermitglieder auf die in Aussicht genommene Tagesordnung und Abstimmungsgegenstände entsprechend vorbereiten haben können.

§5 Abs1 GeO-RAK 2008 sieht keine individuellen Zustellnachweise vor. Zustellnachweise hat es auch vor Einführung der Möglichkeit der zusätzlichen Kundmachung im Intranet nicht gegeben. Darüber hinaus ist auch bei einer Kundmachung im Intranet nicht verifizierbar, ob und gegebenenfalls wann sich Kammermitglieder auf die Website eingeloggt haben. Nach Ansicht der Rechtsanwaltskammer Wien kann die zusätzlich zur (zweimaligen) schriftlichen Verständigung der Kammermitglieder vorgesehene Kundmachung im Intranet nicht bewirken, dass ein allfälliges Scheitern des Abrufs der Intranetseite zu einem – noch dazu – qualifizierten Verstoß der Einladungsvorschriften führt. Dazu kommt noch folgender Aspekt: Die zivilrechtlichen Vorschriften über den Zugang von Willenserklärungen, auf die der Verfassungsgerichtshof offenbar abstellt, sind auf Kundmachungen von Körperschaften von vorne herein nicht anzuwenden, sodass es völlig unerheblich ist ob die Einladung den Adressaten tatsächlich erreicht hat oder ob der zu Verständigende eine Zugriffsmöglichkeit auf eine Kundmachungswebsite hat: Für das Gesellschaftsrecht ist völlig herrschend, dass die Einladung zu Gesellschafterversammlungen zB einer GmbH zwar eingeschrieben zu erfolgen hat, dass es aber nicht drauf ankommt, ob sie den Adressaten tatsächlich zugegangen ist. Soweit die belangte Behörde informiert ist, gibt es bei keiner gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung das Erfordernis eines Zugangsnachweises für Mitgliederversammlungen, was beispielsweise bei der Arbeiterkammer oder Wirtschaftskammer faktisch unmöglich wäre.

Die Einladung zur Plenarversammlung 2010 ist daher nach Ansicht der belangten Behörde rechtskonform erfolgt.

b) Zur Durchführung der Abstimmungen:

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Umlagenordnung deswegen nicht ordnungsgemäß beschlossen worden sei, weil mit der Stimmabgabe begonnen worden sei, bevor der konkrete Abstimmungsgegenstand samt aller Abänderungs- bzw. Zusatzanträgen feststand, sowie dass die Abstimmung über den Antrag des Ausschusses und den erst in der Plenarversammlung eingebrachten Abänderungsantrag (Zusatzantrag II) gleichzeitig abgestimmt worden sei, sodass keine Klarheit der Abstimmenden bestanden habe, was Gegenstand der Abstimmung sei. Die Rechtsanwaltskammer Wien nimmt zu diesen Bedenken wie folgt Stellung:

Aus dem Protokoll der Plenarversammlung vom 29.4.2010 ergibt sich, dass der Präsident vor Erreichung des Anwesenheitsquorums und somit vor Beginn des Abstimmungsvorganges bekannt gegeben hat, dass in der Plenarversammlung zwei Abänderungsanträge eingereicht worden sind (Seite 17 des Protokolls) und dass die Antragsteller ihre Anträge erläutert haben und in weiterer Folge vom Plenum durch mehrere Wortmeldungen diskutiert wurden. Die Debatte wurde, da keine weiteren Wortmeldungen zu diesen beiden Anträgen erfolgt sind, vom Präsidenten geschlossen (Seite 20 des Protokolls). In weiterer Folge wurde die Kammerrechnung dargetan. Danach – und ebenfalls noch vor Beginn des Abstimmungsvorganges – wurde vom Präsidenten noch einmal der Abstimmungsvorgang erläutert und auf die beiden Abänderungsanträge verwiesen und abschließend bekannt gegeben, dass das Präsenzquorum durch Anwesenheit von 739 Mitgliedern erreicht worden sei. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Vorsitz an die Vizepräsidentin übergeben, die um 20.15 Uhr die Plenarversammlung unterbrochen hat und ausdrücklich bekannt gegeben hat, dass die Wahl eröffnet sei. Ob die in diesem Zusammenhang von der Vizepräsidentin abgegebene Äußerung, dass die meisten Kollegen schon bei der Wahl gewesen seien, tatsächlich zugetroffen hat, kann dahinstehen, weil der formelle Wahlbeginn mit 20.15 bzw. 20.20 Uhr bekannt gegeben wurde. Feststeht zudem auch, dass nach Erläuterung der Zusatzanträge und Erörterung derselben keine Wortmeldungen mehr vorlagen.

Selbst wenn es so gewesen sein sollte, dass Kammermitglieder noch vor Bekanntgabe des Beginns der Abstimmung, möglicherweise noch während der Debatte über die Anträge ihre Stimmen abgegeben haben, war dies deren eigene Entscheidung. Der Beginn (und auch der Schluss) der Stimmabgabe wurden vom Vorsitzenden (der Vorsitzenden) in Entsprechung der Geschäftsordnung ordnungsgemäß bekannt gegeben. Der Umstand, dass es (möglicherweise) zu vorzeitigen Stimmabgaben gekommen ist, ist darüber hinaus spätestens nach der Einführung einer Briefwahl jedenfalls nicht zu beanstanden, weil sich auch jene Mitglieder, die von der Briefwahlmöglichkeit Gebrauch machen, um die Möglichkeit gebracht haben, die Ergebnisse der Debatte der Plenarversammlung noch für ihre Meinungsbildung abzuwarten. Dies war dem Gesetzgeber, wie sich aus den erläuternden Bemerkungen zur Berufsordnungsnovelle 2010 ergibt, auch durchaus bewusst, weil er in Kenntnis dieses Umstandes sehr wohl die Einführung der Briefwahl vorgesehen hat.

Da auch die Geschäftsordnung keine näheren Regelungen für den Vorgang der Beschlussfassung abgesehen von der Bekanntgabe des Beginns und des Endes der Stimmabgabe enthält, kann eine allenfalls bereits vor Bekanntgabe des Beginns der Abstimmung erfolgte Stimmabgabe nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Beschlüsse der Plenarversammlung führen.

Dasselbe gilt auch für die vom Verfassungsgerichtshof relevierten Bedenken der gleichzeitigen Abstimmung. Die Geschäftsordnung enthält keine Bestimmungen, dass mehrere miteinander konkurrierende Anträge hinter einander abgestimmt werden müssten. Auch dies ist spätestens seit Einführung der Möglichkeit einer Briefwahl schon deswegen nicht zu beanstanden, da der Briefwähler jedenfalls gleichzeitig über allenfalls vorliegende verschiedene Anträge zum selben Tagesordnungspunkt abstimmen muss.

Die belangte Behörde ist daher der Ansicht, dass der Abstimmungsvorgang in der Plenarversammlung vom 29.4.2010 rechtskonform abgeführt wurde und die insoweit, nämlich was die Umlagenordnung 2011 betrifft, gefassten Beschlüsse der Plenarversammlung ordnungsgemäß zu Stande gekommen sind.

c) Berechnung der Beschlussmehrheiten:

Schlussendlich bezweifelt der Verfassungsgerichtshof, dass das Ergebnis der Abstimmungen gesetzeskonform bzw. konform mit der Geschäftsordnung der Rechtsanwalt Wien verkündet worden sei. Dem ist folgendes zu erwidern:

aa) §27 (4) RAO in der Fassung des BRÄG 2010 sieht vor, dass die Plenarversammlung beschlussfähig ist, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt; sie fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit.

Die Mehrheit ist also anhand der an der Abstimmung Teilnehmenden zu messen.

Das entspricht auch der Bestimmung des §24 (5) RAO, der (für die Wahl zum Präsidenten und zum Präsidenten-Stellvertreter) die absolute Mehrheit der Stimmen der an der Wahl teilnehmenden Kammermitglieder verlangt, ebenso §24 (6) RAO, der für die sonstigen Wahlen die einfache Mehrheit der Stimmen der an der Wahl teilnehmenden Kammermitglieder vorsieht.

Gerade bei Abstimmungen ist das auch von der Sache her geradezu selbstverständlich, weil jeder Teilnehmer drei Verhaltensmöglichkeiten, hat. Er kann sich nämlich

 für einen Antrag entscheiden oder

 gegen einen Antrag entscheiden oder

sich der Stimme enthalten, wobei es ihm überlassen bleibt, ob er dazu eine ungültige Stimme oder keine Stimme abgibt, beides hat denselben Effekt.

bb) Die Zahl der in der Plenarversammlung vom 29.4.2010 an der Abstimmung Teilnehmenden ergibt sich daher nicht aus der Zahl der abgegebenen Stimmzettel (sonst wäre eine Stimmenthaltung anders als durch Ungültigwählen gar nicht möglich), sondern aus der Zahl der Präsenzkarten, da jeder, der eine Präsenzkarte abgegeben hat, sich an der Abstimmung beteiligt, also an dieser teilgenommen hat.

Bei den (schriftlichen) Abstimmungen im Zuge der Plenarversammlung vom 29.4.2010 haben sich 500 Rechtsanwälte und 245 Rechtsanwaltsanwärter beteiligt, was sich aus der Zahl der abgegebenen Präsenzkarten ergibt.

Berücksichtigt man, dass Rechtsanwaltsanwärter-Stimmen nur halb gewichtet zu berücksichtigen sind, dann ergibt sich die vom Gesetz geforderte einfache Mehrheit bei (500+245 / 2 = 622,5 / 2 = 311,25) 312 Stimmen.

Für den Antrag des Ausschusses haben 348 Rechtsanwälte und 115 Rechtsanwaltsanwärter gestimmt, gewichtet sind das 348 + 55,75 = 403,75 Stimmen.

Für den Zusatzantrag haben 120 Rechtsanwälte und 139 Rechtsanwaltsanwärter gestimmt, gewichtet sind das (120 + 69,5 = 189,5) 190 Stimmen.

Der Antrag des Ausschusses hat daher die erforderliche Mehrheit gefunden, der Zusatzantrag ist in der Minderheit geblieben.

cc) Auch wenn man – quasi unter Vorwegnahme der Bedenken des Verfassungsgerichtshofes über die Stimmgewichtung – diese außer Ansatz lassen würde (was dem Gesetz aber nicht entspricht), ergibt sich kein anders Bild:

500 Rechtsanwälte + 245 Rechtsanwaltsanwärter = 745 Teilnehmer der Abstimmung, die Hälfte davon sind 372,5 für eine Mehrheit sind daher 373 Stimmen notwendig.

Der Antrag des Ausschusses hat 348 + 115 = 463 Zustimmungen erhalten, also die erforderliche Mehrheit.

Hingegen ist der Zusatzantrag mit 120 + 139 = 259 Stimmen in der Minderheit geblieben.

dd) Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass der Zusatzantrag tatsächlich keine Mehrheit gefunden hat und dass dabei überhaupt nicht relevant ist, ob die Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter nur zur Hälfte oder voll berücksichtigt werden. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Gesetzes sowie der Beitrags- und Umlagenordnung sind daher nicht präjudiziell.

Mit anderen Worten: Die Frage, ob 'Hälfteregelung' des §24 (3) RAO verfassungskonform oder verfassungswidrig ist, ist für die Beurteilung nicht relevant, ebenso wenig ist die Reihenfolge der Abstimmung (gleichzeitig oder sukzessive) präjudiziell.

ee) Im Übrigen gibt es auch keine Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung, die die gleichzeitige Abstimmung von Anträgen und Zusatzanträgen verbietet. Eine solche gleichzeitige Abstimmung widerspricht auch nicht dem demokratischen Prinzip im Sinne insbesondere des Art120a B-VG.

ff) Was den §9 (1) letzter Satz der Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss (Fassung 2008) betrifft, so ist zu beachten, dass diese Bestimmung wohl §27 (4) RAO in der Fassung des BRÄG 2010 widerspricht, nicht aber der Vorgängerbestimmung widersprochen hat.

Die Plenarversammlung vom 29.4.2010 war die erste nach Inkrafttreten des BRÄG 2010 (am 1.1.2010) bzw. nach dessen Kundmachung (am 31.12.2009).

Mit der Einladung zu dieser Plenarversammlung wurde auch der Entwurf für die tatsächlich beschlossene Änderung der Geschäftsordnung (nunmehr Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2010) ausgesendet, bereits dabei wurde darauf verwiesen, dass der letzte Satz des §9 (1) aufgrund des BRÄG 2010 (§27 (4) RAO) nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

Diese Bestimmung wurde daher ebenso wenig angewendet wie die (ebenfalls durch das BRÄG 2010 obsolet gewordene) Bestimmung des §5 (3), die Rechtsanwaltsanwärtern lediglich die Teilnahme an der Plenarversammlung ohne Stimmrecht ermöglicht hätte.

Letzteres ergibt sich schon daraus, dass die Rechtsanwaltsanwärter tatsächlich abgestimmt haben.

Eine Änderung der Geschäftsordnung kann nur durch die Plenarversammlung erfolgen (§27 (1) a) RAO), war daher vor dem 29.4.2010 aus denselben Gründen, wie bereits dargestellt, nicht möglich.

Jedoch hat das BRÄG 2010 im Hinblick auf die (erstmalige) Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter in den Kreis der Kammermitglieder diese beiden Bestimmungen ohnedies unanwendbar gemacht.

Mangels Ansehung dieser Bestimmungen waren diese daher für die Abstimmung vom 29.4.2010 und deren Ergebnis ebenso nicht präjudiziell, wie die Frage der Stimmgewichtung.

gg) Zudem kommt noch folgender Aspekt, der inhaltlich zum Abänderungsantrag betreffend die Umlagenordnung 2011 ergeht:

Gemäß §27 (2) RAO kann die Plenarversammlung nur

 die Beitragshöhe für Rechtsanwaltsanwärter (höchstens in der Höhe der Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe) festsetzen und

 beschließen, dass die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen.

Eine gesetzliche Ermächtigung festzulegen, dass 'dieser Beitrag jeweils zur Hälfte vom Rechtsanwaltsanwärter und seinem Ausbildungsanwalt zu tragen' wäre, fehlt hingegen.

Das ist aber die einzige Abweichung zwischen dem Antrag des Ausschusses und dem Zusatzantrag.

Eine Verordnung, die die Hälfte des Anwärter-Beitrages dem Ausbildungsanwalt auferlegt, wäre daher mangels Deckung im Gesetz (eben §27 (2) RAO) gesetzwidrig und unzulässig. Bei einem solchen Beschluss fehlt es der Plenarversammlung an der Kompetenz, auch deshalb kann ein solcher Beschluss gar nicht gefasst werden und daher auch nicht zur Gesetzwidrigkeit der angewendeten Regelung (gemäß dem Antrag des Ausschusses) führen."

II. Rechtslage

1. §22 Abs1, §24 Abs1 bis 3, §27 Abs1, 2 und 4, §49 Abs1, 1a und 2, §51 sowie §53 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. 96/1868 in der Fassung BGBl I 141/2009, lauten auszugsweise (der in Prüfung gezogene Satz ist hervorgehoben):

"Die Rechtsanwaltskammer und deren Ausschuß

§22. (1) Die Rechtsanwaltskammern werden durch sämtliche in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte, die in dem derzeit bestehenden Sprengel jeder Kammer ihren Kanzleisitz haben, sowie durch sämtliche bei diesen in praktischer Verwendung stehenden und in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter gebildet.

(2) - (3) […]

[…]

§24. (1) In der Plenarversammlung der Kammermitglieder werden

1. der Präsident, die Präsidenten-Stellvertreter, die dem Rechtsanwaltsstand angehörigen Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und die Rechnungsprüfer durch alle Kammermitglieder,

2. die übrigen Mitglieder des Ausschusses aus dem Kreis der Rechtsanwälte durch die in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte,

3. die Mitglieder des Ausschusses aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter durch die in die Liste eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter und

4. die Delegierten zur Vertreterversammlung (§39) aus dem Kreis der dem Rechtsanwaltsstand angehörenden Mitglieder des Ausschusses durch die in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte

gewählt.

(2) In die in Abs1 Z1 angeführten Funktionen können nur in die Liste der Rechtsanwälte eingetragene Kammermitglieder gewählt werden.

(3) Die Wahlen nach Abs1 erfolgen in geheimer Wahl während der Plenarversammlung mittels Stimmzettel. Sofern das die Geschäftsordnung der Rechts­anwaltskammer vorsieht, kann das Wahlrecht auch im Weg der Briefwahl (§24a) ausgeübt werden. Bei den Wahlen nach Abs1 Z1 sind die von Rechtsanwaltsanwärtern abgegebenen Stimmen so zu gewichten, dass jeweils zwei Stimmen von Rechtsanwaltsanwärtern der Stimme eines Rechtsanwalts entsprechen; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung.

(4) – (6) […]

§27.

(1) Der Plenarversammlung sind folgende Angelegenheiten zugewiesen:

a) die Festsetzung ihrer Geschäftsordnung und der des Ausschusses sowie der Satzung der Versorgungseinrichtung;

b) die Wahl des Präsidenten, der Präsidenten-Stellvertreter und der Mitglieder des Ausschusses der Kammer, der Delegierten zur Vertreterversammlung (§39) sowie der dem Rechtsanwaltsstand angehörigen Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und der Rechnungsprüfer;

c) die Festsetzung der Ausgaben der Kammer für humanitäre Standeszwecke, soweit diese über die nach den §§49 und 50 vorgesehenen Leistungen aus der Versorgungseinrichtung hinausgehen, wobei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen ist;

d) die Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, der Aufwendungen für Maßnahmen im Interesse der Kammermitglieder, insbesondere für Versicherungen und die Standeswerbung, sowie der Beiträge der Kammermitglieder zur Deckung der Ausgaben im Sinn des Buchstaben c;

e) der Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben sowie die Prüfung und Genehmigung der Rechnungen der Kammer;

f) die Anträge auf Änderung der Sprengel bestehender und Bildung neuer Rechtsanwaltskammern;

g) die Erlassung von Richtlinien für die Errichtung und Führung der Treuhandeinrichtung, die dem Schutz der Abwicklung von Treuhandschaften nach §10a Abs2 dient und die auch automationsunterstützt geführt werden kann, insbesondere über Gestaltung, Organisation und Form dieser Treuhandeinrichtung, über die Modalitäten und Vorgehensweisen bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von einem Rechtsanwalt übernommenen Treuhandschaften einschließlich von Regelungen dazu, wo und in welcher Form der Rechtsanwalt seinen Mitwirkungspflichten bei der Überprüfung nachzukommen hat, über die Gestaltung, den Deckungsumfang und die Deckungssumme der zur Sicherung der Rechte der Treugeber abzuschließenden Versicherung und die Festsetzung der Beiträge der Rechtsanwälte zur Aufbringung der Prämien für diese Versicherung sowie über Form und Inhalt der den Treugebern zu erteilenden Informationen über die Sicherung der Treuhandschaft.

(2) Die Beiträge nach Abs1 litd dürfen sich für Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe belaufen; im Übrigen sind die Beiträge grundsätzlich für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen. Die Plenarversammlung kann beschließen, dass die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen. In Rechtsanwaltskammern, in denen es wegen besonders großer Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kammermitglieder erforderlich ist, hat die Beitragsordnung zu bestimmen, daß die Höhe der Beiträge nach Maßgabe des personellen Umfanges oder der Ertragslage der Kanzlei abgestuft wird. Die Beiträge können durch den Ausschuß in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden.

(3)[…]

(4) Die Plenarversammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt; sie faßt ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Zur Beschlußfassung über die Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammer und des Ausschusses sowie über die Satzung der Versorgungseinrichtung ist jedoch die Teilnahme von mindestens einem Fünftel der Kammermitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Der Vorsitzende hat nur bei Stimmengleichheit ein Stimmrecht.

(5) – (6) […]

[…]

§49. Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Die Satzungen der auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen haben - unter Wahrung bereits erworbener Rechtspositionen - vorzusehen, dass alle Leistungen aus der Versorgungseinrichtung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate festgesetzt werden, dass bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Beitragsmonaten (Normbeitragsmonate) der Anspruch auf eine in der Leistungsordnung betraglich festgesetzte Altersrente (Basisaltersrente) erworben wird und dass sich bei Über- oder Unterschreiten der Normbeitragsmonate die zuzuerkennende Altersrente gegenüber der Basisaltersrente erhöht oder reduziert. Bei ihrer erstmaligen Festsetzung darf die Basisaltersrente die nach 35-jähriger Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach der bis dahin gültigen Leistungsordnung vorgesehene Altersrente nicht unterschreiten. Änderungen der Satzungen der Versorgungseinrichtungen sind unter Berücksichtigung wohlerworbener Rechte und unter Wahrung des Vertrauensschutzes vorzunehmen.

(1a) In den Satzungen kann auch vorgesehen werden, dass aus diesen Einrichtungen der Beitrag nach §3 Abs5 Bundespflegegeldgesetz, BGBl Nr 110/1993 in der jeweils geltenden Fassung, geleistet wird. Dieser Beitrag ist von den Rechtsanwaltskammern nach der Anzahl der am vorangegangenen 31. Dezember in die Liste der Rechtsanwälte, die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zu entrichten, wobei bei der Ermittlung der insoweit maßgeblichen Gesamtzahl die Anzahl der Rechtsanwaltsanwärter nur zur Hälfte zu berücksichtigen ist.

(2) Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte sowie die in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter, es sei denn, dass diese wegen ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen. Zwei oder mehr Rechtsanwaltskammern können auch eine gemeinsame Versorgungseinrichtung mit einer einheitlichen Satzung schaffen.

(3) […]

[…]

§51. Die Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer hat alljährlich eine Leistungsordnung und eine Umlagenordnung zu beschließen. In der Leistungsordnung ist die Höhe der von der Versorgungseinrichtung zu erbringenden Leistungen festzusetzen, in der Umlagenordnung die Höhe der Beiträge zur Aufbringung der dazu notwendigen Mittel.

[…]

§53. (1) Die Umlagenordnung hat die Beiträge für die Versorgungseinrichtung so zu bemessen, dass unter Berücksichtigung des der betreffenden Rechtsanwaltskammer zukommenden Teils der Pauschalvergütung die Auszahlung der Leistungen langfristig gesichert ist. Zu diesem Zweck sind unter Berücksichtigung mittelfristiger Finanzierungserfordernisse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnende Rücklagen zu bilden. In der Umlagen- und Leistungsordnung kann für Bezieher von Leistungen aus der Alters-, der Berufsunfähigkeits- sowie der Hinterbliebenenversorgung jeweils befristet für eine Höchstdauer von zehn Jahren ein Pensionssicherungsbeitrag von nicht mehr als 2,5 vH der jeweils zur Auszahlung gelangenden monatlichen Bruttoleistung festgesetzt werden, wenn nach versicherungsmathematischen Grundsätzen die Deckung der Versorgungsleistungen kurzfristig nur durch eine außergewöhnliche Erhöhung der Umlagen erreicht werden könnte, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder übersteigen würde.

(1a) Abs1 gilt nicht für Versorgungseinrichtungen nach dem Kapitaldeckungsverfahren.

(2) Die Beiträge dürfen sich für Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte des Beitragsteils belaufen, der von den in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälten tatsächlich zu entrichten ist; im Übrigen sind die Beiträge grundsätzlich für alle beitragspflichtigen Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter gleich hoch zu bemessen. Die Umlagenordnung kann jedoch bestimmen, dass

1. Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter, die bereits die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Versorgungseinrichtung erfüllen, Leistungen aus dieser jedoch nicht in Anspruch nehmen, von der Leistung der Umlage ganz oder teilweise befreit werden;

2. die Höhe der Umlagen nach der Dauer der Standeszugehörigkeit der Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter abgestuft wird;

3. die Beiträge so zu bemessen sind, dass die unterschiedliche Belastung im Rahmen der Verfahrenshilfe und die Nichterbringung von Verfahrenshilfeleistungen durch niedergelassene europäische Rechtsanwälte (§13 Z3 EIRAG) und Rechtsanwaltsanwärter Berücksichtigung finden;

4. Umlagen in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet und allfällige Rückstände mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung aufgerechnet werden.

In der Umlagenordnung kann ferner vorgesehen werden, dass die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen."

2. Die Umlagenordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarver­sammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, lautet (der in Prüfung gezogene Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" ist hervorgehoben):

"U M L AG EN O R D N UN G2011

SOWEIT IN DIESER ORDNUNG AUF NATÜRLICHE PERSONEN BEZOGENE BEZEICHNUNGEN [NIUR] IN MÄNNLICHER FORM ANGEFÜHRT SIND, BEZIEHEN SIE SICH AUF MÄNNER UND FRAUEN IN GLEICHER WEISE

A. VERSORGUNGSEINRICHTUNG TEIL A

A. I. RECHTSANWÄLTE

1.) Jeder gemäß §1 Abs1 RAO in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragene Rechtsanwalt hat zur Aufbringung der Mittel für die Versorgungseinrichtung gemäß §§51, 53 RAO einen monatlichen Beitrag (Normbeitrag) in Höhe von EUR 748,-- zu leisten (jährlicher Beitrag: EUR 8.976,--).

Auf diesen Beitrag wird aus der Pauschalvergütung für Verfahrenshilfe ein monatlicher Betrag von EUR 280,-- angerechnet (jährlicher Betrag: EUR 3.360,--).

wodurch sich ein monatlicher Beitrag von EUR 468,--

(jährlich EUR 5.616,--) ergibt.

2.) Jeder im Sprengel der Rechtsanwaltskammer Wien niedergelassene europäische Rechtsanwalt hat einen monatlichen Beitrag für die Versorgungseinrichtung in Höhe von EUR 748,--

(jährlicher Beitrag: EUR 8.976,--) zu leisten.

3.) Rechtsanwälte, die gemäß der Geschäftsordnung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien wegen Vorliegens der Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Altersrente von der Erbringung von Leistungen der Verfahrenshilfe befreit sind, haben keinen Beitrag zur Versorgungseinrichtung im Sinne des Punktes 1.) zu leisten.

Ein niedergelassener europäischer Rechtsanwalt ist, sofern er die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Altersrente gemäß §6 Abs.1 der Satzung erfüllt, die Altersrente aber nicht in Anspruch nimmt, von der Beitragsleistung gemäß Punkt 2.) mit Wirksamkeit zum auf die Antragstellung folgenden Monatsersten zu befreien.

4.) Für jeden gemäß §4a der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A nachgekauften Beitragsmonat ist ein monatlicher Betrag in Höhe von EUR 958,50 zu entrichten.

5.) Die Beitragspflicht beginnt mit dem der Eintragung folgenden Monatsersten und endet mit dem dem Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. der Streichung aus der Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte folgenden Monatsletzten. Im Übrigen wird auf die Bestimmung der Satzung der VE Teil A NEU §4 iVm §15 verwiesen.

6.) Die Vorschreibungen des Beitrages zur Versorgungseinrichtung Teil A erfolgen

quartalsmäßig und sind jeweils am 1. Februar, 1. Mai, 1. August und am 1. November eines jeden Jahres zur Zahlung fällig.

7.) Eine Ermäßigung oder Abschreibung des Beitrages zur Versorgungseinrichtung (Teil A) ist ausgeschlossen. Eine Stundung kann in besonders berücksichtigungswürdigen Einzelfällen, insbesondere bei längerer gesundheitlicher Behinderung, sowie bei Vorliegen familiärer oder sonstiger sozialer Notsituationen, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Abteilung des Ausschusses gewährt werden.

A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER

1.) Jeder gemäß §28 RAO in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragene Rechtsanwaltsanwärter hat zur Aufbringung der Mittel für die Versorgungseinrichtung gemäß §§51, 53 RAO einen monatlichen Beitrag in der Höhe von EUR 234,-- (jährlicher Beitrag: EUR 2.808,--) zu leisten.

2.) Die Beitragspflicht beginnt mit dem der Eintragung folgenden Monatsersten und endet mit dem dem Ende der Ausbildung und der Verwendung folgenden Monatsletzten.

3.) Der Ausbildungsrechtsanwalt hat den monatlichen Beitrag vom Bruttogehalt des Rechtsanwaltsanwärters einzubehalten und quartalsmäßig am 15.04., 15.7., 15.10. eines jeden Jahres und 15.01. für das vorangegangene Kalenderquartal an die Rechtsanwaltskammer Wien zu überweisen.

Ist der Rechtsanwaltsanwärter innerhalb eines Kalendermonats zwei Ausbildungsverhältnisse eingegangen, hat der erste Ausbildungsrechtsanwalt in diesem geteilten Kalendermonat die Umlage für den gesamten Monat zu überweisen.

Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der für den Rechtsanwaltsanwärter abzuführenden Umlage haftet der Ausbildungsrechtsanwalt.

B. VERSORGUNGSEINRICHTUNG TEIL B

1.) Jeder Rechtsanwalt hat gemäß §12 Abs1 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B einen monatlichen Beitrag für die Zusatzpension in Höhe von EUR 303,50 (jährlicher Beitrag: EUR 3.642,--) zu leisten.

2.) Abweichend zu Punkt 1.) werden folgende monatliche Beiträge zur Versorgungseinrichtung Teil B beginnend ab 1. Jänner 2011 wie folgt festgesetzt:

gemäß §12 Abs4 lit a) mit EUR 60,70

gemäß §12 Abs4 lit b) mit EUR 121,40

gemäß §12 Abs4 lit c) mit EUR 182,10

sowie gemäß §12 Abs5 mit EUR 60,70

3.) Die Vorschreibungen der Beiträge gemäß 1.) und 2.) erfolgen quartalsmäßig und sind jeweils am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember eines jeden Jahres zur Zahlung fällig.

C. GEMEINSAME BESTIMMUNGEN ZU DEN TEILEN AUND B

1. Beiträge, die nicht spätestens ein Monat nach Fälligkeit entrichtet werden, sind einzumahnen. Für jede Mahnung ist dem (Ausbildungs-)Rechtsanwalt ein Spesenersatzbeitrag in Höhe von EUR 18,--

vorzuschreiben.

2. Zahlungen von Kammermitgliedern, welche nicht spätestens im Zeitpunkt der Einzahlung schriftlich gewidmet sind, können einbehalten und mit fälligen Forderungen aus sonstigen Beiträgen für die Versorgungseinrichtung, dem Kammerbeitrag und dem Notfallsfonds verrechnet werden. Verrechnungen haben zunächst auf Beitragsrückstände zur Versorgungseinrichtung Teil A und B (aliquot nach Maßgabe des jeweiligen Rückstandes), danach auf den Kammerbeitrag und letztlich auf den Notfallsfonds zu erfolgen. Wenn hinsichtlich einer Beitragsgattung mehrere Forderungen offen sind, so ist gemäß §1416 ABGB vorzugehen.

3. Diese Umlagenordnung tritt mit 1. Jänner 2011 in Kraft. Die Bestimmungen dieser Umlagenordnung gelten solange (auch für die Folgejahre), als ein abweichender Beschluss der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien nicht gefasst wird."

Die Umlagenordnung 2011 trat mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft. Mit 1. Jänner 2012 trat die Umlagenordnung 2012 in Kraft.

3. Die Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien (welche die in §51 Abs1 RAO bezeichnete "Leistungsordnung" ist), beschlossen in der Plenarver­sammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, lautet (der in Prüfung gezogene Abschnitt "§1. Kammerbeitrag B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" und der in Prüfung gezogene §3 Z2 sowie die in Prüfung gezogene Wortfolge in §4 Z2 sind hervorgehoben):

"B EI T R AG S O R D N UN G2011

SOWEIT IN DIESER ORDNUNG AUF NATÜRLICHE PERSONEN BEZOGENE BEZEICHNUNGEN NUR IN MÄNNLICHER FORM ANGEFÜHRT SIND, BEZIEHEN SIE SICH AUF MÄNNER UND FRAUEN IN GLEICHER WEISE

§1. Kammerbeitrag

A. RECHTSANWÄLTE

1. Jeder Rechtsanwalt, der im Sprengel der Rechtsanwaltskammer Wien in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen ist, und jeder in die Liste dieser Rechtsanwaltskammer eingetragene niedergelassene europäische Rechtsanwalt hat jährlich zu entrichten:

EUR

a) Kanzleiabgabe in der Höhe von 780,--

b) Beitrag

ba) zum Notfall-Fonds ASchadensausgleich und Refundierung der Entnahme 2006 an das Allgemeine Vermögen 144,--

bb) zur Prämie für die Unfallversicherung (Leistung nur bei Todesfall) 44,--

2. Mit Ausnahme der in die Liste dieser Rechtsanwaltskammer eingetragenen

niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte haben alle anderen in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälte zusätzlich zu entrichten

a) die jährliche anteilige Prämie für die Haftpflichtversicherung in der Verfahrenshilfe 28,--

b) sowie jeder Rechtsanwalt, welcher einen Rechtsanwaltsanwärter beschäftigt, darüber hinaus für jedes begonnene Monat, während welchem das Ausbildungsverhältnis zu einem Rechtsanwaltsanwärter aufrecht besteht, einen Zuschlag zur Kanzleiabgabe von je 72,--

3. Die Beitragspflicht - ausgenommen jener zu P. 2. litb) - beginnt mit dem der Eintragung folgenden Monatsersten und endet mit dem der Erlöschung der Rechtsanwaltschaft gemäß §34 RAO oder dem der Übersiedlung in einen anderen Kammersprengel folgenden Monatsletzten.

4. Rechtsanwälte sind im Jahr ihrer ersten Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Wien von der Entrichtung der Kanzleiabgabe befreit, soferne sie nicht vorher in der Liste einer anderen Rechtsanwaltskammer bereits eingetragen waren.

5. Rechtsanwältinnen sind für die Dauer eines Jahres ab dem der Geburt ihres Kindes folgenden Monatsersten von der Hälfte der Kanzleiabgabe befreit.

B. RECHTSANWALTSANWÄRTER

1. Jeder Rechtsanwaltsanwärter, der im Sprengel der Rechtsanwaltskammer Wien in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen ist, hat jährlich zu entrichten:

EUR

a) Beitrag gem. §27 Abs1 litd) i.Z.m. Abs2 in der Höhe von 256,--

b) Beitrag zur Prämie für die Unfallversicherung (Leistung nur bei Todesfall) 44,--

2. Der anteilige Beitrag wird monatlich vom Ausbildungsrechtsanwalt vom Bruttogehalt einbehalten und quartalsmäßig an die Rechtsanwaltskammer Wien (siehe §3 P.2) überwiesen.

3. Die Beitragspflicht beginnt mit dem der Eintragung folgenden Monatsersten und endet mit dem dem Ende der Ausbildung und der Verwendung folgenden Monatsletzten.

§2. Festsetzung der Kammerbeiträge

1. Die Vorschreibung der Kammerbeiträge erfolgt durch die nach der Geschäftsordnung zuständige Abteilung dieses Ausschusses mit Bescheid.

2. Ein Antrag (Vorstellung) auf Abänderung der Beitragsvorschreibung hat keine aufschiebende Wirkung.

§3. Zahlungstermine

1. Der Kammerbeitrag für Rechtsanwälte ist zu je einem Viertel am 01.02., 01.05., 01.08. und 01.11. eines jeden Jahres zu leisten.

2. Der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gem. §27 Abs1 litd) i.Z.m. Abs2 ist durch den Ausbildungsrechtsanwalt, bei dem der Rechtsanwaltsanwärter in Verwendung steht, monatlich vom Bruttogehalt einzubehalten und jeweils zum 15.4., 15.7., 15.10. eines jeden Jahres und 15.1. für das letzte Quartal des Vorjahres an die Rechtsanwaltskammer Wien zu überweisen.

Ist der Rechtsanwaltsanwärter innerhalb eines Kalendermonats zwei Ausbildungsverhältnisse eingegangen, hat der erste Ausbildungsrechtsanwalt in diesem geteilten Kalendermonat den Beitrag für den gesamten Monat einzubehalten und an die Rechtsanwaltskammer Wien zu den oben genannten Terminen zu überweisen.

Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abführung des Kammerbeitrages für Rechtsanwaltsanwärter haftet der Ausbildungsrechtsanwalt.

3. Der Zuschlag zur Kanzleiabgabe gemäß §1 A. P. 2. litb) wird für jedes Jahresviertel im letzten Monat desselben vorgeschrieben und ist 14 Tage nach Zustellung der Vorschreibung fällig.

4. Beiträge, die nicht spätestens ein Monat nach Fälligkeit entrichtet werden, sind einzumahnen. Für jede Mahnung ist dem (Ausbildungs-)Rechtsanwalt ein Spesenersatzbeitrag in Höhe von EUR 18,--

vorzuschreiben.

§4. Stundung, Ermäßigung und Abschreibung

1. Mitglieder, die nur während eines Teiles des Beitragsjahres in der Liste der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen sind, haben nur den für die Monate ihrer Eintragung entsprechenden Teil dieser Beitragsordnung zu bezahlen.

2. Die Kanzleiabgabe (§1 A. Abs1 lit.a.) und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita) können in besonders berücksichtigungswürdigen Einzelfällen, insbesondere im Falle längerer gesundheitlicher Behinderung, familiärer oder sonstiger sozialer Notsituation, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Abteilung des Ausschusses gestundet, ermäßigt oder abgeschrieben werden.

Eine Stundung ist auch bei vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten möglich.

§5. Schlußbestimmung

1. Solange keine neue Beitragsordnung von der Plenarversammlung beschlossen ist, gelten die Bestimmungen dieser Beitragsordnung auch für die Folgejahre.

2. Mit der Vollziehung dieser Beitragsordnung ist die zuständige Abteilung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien betraut."

Die Beitragsordnung 2011 trat mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft. Mit 1. Jänner 2012 trat die Beitragsordnung 2012 in Kraft.

4. Die relevanten Bestimmungen der Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2008, beschlossen in der Plenarversammlung am 24. April 2008, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 16. Mai 2008, (im Folgenden: GO-RAK 2008) lauten (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Plenarversammlung

§3 Die Plenarversammlung ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nach der Rechtsanwaltsordnung, dem Disziplinarstatut, dieser Geschäftsordnung und anderen Rechtsvorschriften in ihren Wirkungsbereich fallen.

[…]

§5 (1) Zur Plenarversammlung sind alle Kammermitglieder schriftlich und durch Kundmachung im Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien unter Bekanntgabe der Tagesordnung, der Zeit und des Ortes, spätestens 5 Wochen vor dem Tage der Plenarversammlung, einzuladen.

(2) Im Falle der Anberaumung von Wahlen hat die Einladung auch die Aufforderung zur Einbringung von Wahlvorschlägen (§11 Abs1) und die Bekanntgabe der Zeit für die Stimmabgabe (§12 Abs3) zu enthalten.

(3) Rechtsanwaltsanwärter sind berechtigt, ohne Stimmrecht an den Plenarversammlungen teilzunehmen.

§6 (1) Die Tagesordnung der Plenarversammlung wird vom Präsidenten festgelegt.

(2) In die Tagesordnung sind aufzunehmen:

(a) Gegenstände, deren Aufnahme der Ausschuss beschließt;

(b) Gegenstände im Sinne des §4 lit b;

(c) Anträge aus dem Kreise der Kammermitglieder.

(3) Anträge gemäß Abs2 Iit c sind spätestens fünf Wochen vor dem Tag der

Plenarversammlung mit den eigenhändig unterschriebenen Unterstützungserklärungen von mindestens 20 Kammermitgliedern einzubringen und durch den Präsidenten binnen 1 Woche gemäß §5 kundzumachen. Diese Unterstützungserklärungen können auf einer oder mehreren Urkunden und auch per Telefax abgegeben werden.

(4) In der Plenarversammlung kann nur über die in die Tagesordnung aufgenommenen Anträge und über von wenigstens 20 Mitgliedern unterstützte Zusatz- und Abänderungsanträge verhandelt und gültig Beschluss gefasst werden.

[…]

§9 (1) Die Plenarversammlung ist, soweit diese Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt, bei Anwesenheit von mindestens einem Zehntel der Kammermitglieder beschlussfähig. Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist die Stimmabgabe durch mindestens zwei Fünftel der Anwesenden notwendig.

(2) Zur gültigen Beschlussfassung über die Erlassung, Abänderung oder Aufhebung der Geschäftsordnung der Kammer, sowie der Satzung der Versorgungseinrichtung der Kammer ist die Anwesenheit von mindestens einem Fünftel der Kammermitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Die Zahl der Anwesenden ist anhand der Anwesenheitsliste, die Zahl der Abstimmenden bei der Stimmabgabe zu ermitteln und vom Vorsitzenden der Plenarversammlung bekannt zu geben.

(3) Beschlüsse werden, soweit diese Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Vorsitzende hat nur im Falle der Stimmengleichheit ein Stimmrecht.

(4) Das Stimmrecht kann nur persönlich ausgeübt werden; jede Vertretung ist unzulässig. Die Abstimmung geschieht in der Regel durch Handaufheben. Im Zweifel ist die Gegenprobe, erforderlichenfalls namentliche Abstimmung vorzunehmen. Über Anordnung des Präsidenten oder eines von wenigstens 20 Mitgliedern unterstützten schriftlichen Antrages ist die Abstimmung namentlich oder geheim mit Stimmzettel durchzuführen.

§10 (1) In der Plenarversammlung sind ein Protokoll und eine Anwesenheitsliste zu führen.

(2) Hierzu bestimmt der Vorsitzende einen Schriftführer aus den anwesenden Kammermitgliedern oder aus dem Personalstand des Kammeramtes. Das Protokoll und die Anwesenheitsliste sind von dem Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterfertigen.

(3) Das Protokoll ist im Kammeramt zur Einsicht für die Kammermitglieder aufzulegen. Der Zeitpunkt der Auflage ist schriftlich über die Kammernachrichten oder das Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien kundzumachen. Eine Kurzfassung des Protokolls ist schriftlich allen Kammermitgliedern ebenfalls über die Kammernachrichten oder das genannte Intranet bekannt zu geben.

(4) Einwendungen gegen das Protokoll sind binnen 4 Wochen nach Auflegung und deren Bekanntmachung beim Präsidenten einzubringen. Über diese Einwendungen entscheidet die nächste Plenarversammlung."

Am 11. Juni 2010 wurde die Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2010, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien kundgemacht (im Folgenden: GO-RAK 2010). Die GO-RAK 2008 trat somit mit Ablauf des 11. Juni 2010 außer Kraft.

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Zulässigkeit der zu B1021/11, B1035/11 und B1188/11 protokollierten Beschwerden und der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung und Verordnungsbestimmungen sprechen würden.

Die in den Anlassfällen B1021/11, B1035/11 und B1188/11 angefochtenen Bescheide des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien stützen sich auf die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung, sodass auch der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung der Bescheide diese Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung anzuwenden hat.

Bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung hat der Verfassungsgerichtshof sowohl die ebenfalls in Prüfung gezogene Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO als auch §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz der GO-RAK 2008 anzuwenden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsanwaltskammer Wien sind (auch) die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der GO-RAK 2008 im vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahren präjudiziell: Der Plenarversammlung am 29. April 2010 lag die GO-RAK 2008 unter anderem bei Einberufung, Kundmachung, Einladung, Festlegung der Tagesordnung und letztlich auch der Beschlussfassung, also im gesamten Verlauf der Plenarversammlung, zugrunde. Die (neue) GO-RAK 2010, die – im Unterschied zur GO‑RAK 2008 – beispielsweise Rechtsanwaltsanwärter nicht mehr zur bloßen Teilnahme an der Plenarversammlung ohne Stimmrecht berechtigt, wurde erst in der Plenarversammlung am 29. April 2010 beschlossen. Dass einzelne Bestimmungen der GO‑RAK 2008 – wie zB §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 – bei der Abstimmung über die Umlagenordnung und die Beitragsordnung (bereits in Berücksichtigung der Änderungen der Rechtsanwaltsordnung durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBl I 111/2010) nicht mehr tatsächlich angewendet worden wären, ändert nichts an der Präjudizialität der GO‑RAK 2008 insgesamt und somit auch der in Prüfung gezogenen §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008. Es sind nämlich auch Vorschriften präjudiziell, die rechtmäßiger Weise anzuwenden gewesen wären. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern – wie die Rechtsanwaltskammer Wien meint – das BRÄG 2010 auf Grund der (erstmaligen) "Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter in den Kreis der Kammermitglieder diese beiden Bestimmungen [gemeint: §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008] ohnedies unanwendbar gemacht" hätte. Der Einwand der Rechtsanwaltskammer Wien gegen die Zulässigkeit der amtswegigen Prüfung von §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 geht daher fehl.

1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich das Gesetzesprüfungsverfahren und die Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die im Prüfungsbeschluss vom 16. März 2013 geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Zuge des Gesetzes- und der Verordnungsprüfungsverfahren nicht zerstreut werden.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat – wie bereits im Prüfungsbeschluss hinsichtlich §24 Abs3 letzter Satz RAO geäußert – keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nach der Rechtsanwaltsordnung alle Gruppen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern als Mitglieder der Rechtsanwaltskammer erfasst werden (vgl. VfSlg 12.021/1989 und 13.887/1994 zur Kammer der Wirtschaftstreuhänder). Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung zu und hält seine bereits im Prüfungsbeschluss (vorläufig) vertretene Auffassung aufrecht, dass eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen in der Plenarversammlung im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers in der Organisation der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig ist, wenn die unterschiedliche Gewichtung auf Unterschieden im Tatsächlichen beruht, die mit der jeweiligen Angelegenheit zusammenhängen, und dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genügt sowie mit dem sich aus Art120a und Art120c B‑VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung ebenso zu, dass bei zahlreichen der in §27 Abs1 RAO der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zugewiesenen Aufgaben die höhere Stimmgewichtung für Rechtsanwälte gegenüber den Rechtsanwaltsanwärtern im Hinblick auf deren unterschiedliche fachliche Qualifikation, unterschiedliche Befugnisse und unterschiedliche Verantwortung sachlich gerechtfertigt ist.

2.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes gibt es jedoch nicht hinsichtlich sämtlicher der Plenarversammlung in §27 Abs1 RAO zugewiesenen Entscheidungsgegenstände eine sachliche Rechtfertigung (zB aufgrund höherer Verantwortung, größerer Befugnisse der Rechtsanwälte oder unterschiedlicher fachlicher Qualifikation) für die unterschiedliche Gewichtung der Stimmen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern. Gerade bei den unmittelbar die Rechtsanwaltsanwärter betreffenden Regelungen der Umlagenordnung (über die gemeinsame Versorgungseinrichtung) und der Beitragsordnung (etwa über den Beitrag der Rechtsanwaltsanwärter zur Prämie für die Unfallversicherung) ist keine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Stimmgewichtung für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zu finden. Die von der Bundesregierung und der Rechtsanwaltskammer Wien in ihren Äußerungen angeführten Argumente (Ausbildungsverhältnis der Rechtsanwaltsanwärter, unterschiedliche Vertretungsberechtigungen der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, volles wirtschaftliches Risiko der Rechtsanwälte) stellen keine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Stimmgewichtung bei der Beschlussfassung über die die Rechtsanwaltsanwärter betreffenden, in Prüfung gezogenen Regelungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung dar.

2.4. Die für alle Entscheidungsgegenstände in der Plenarversammlung geltende unterschiedliche Gewichtung der Stimmen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern in §24 Abs3 letzter Satz RAO ist somit verfassungswidrig, weil die dem demokratischen Prinzip innewohnende grundsätzliche Gleichheit der Stimme unterschiedslos durchbrochen wird, ohne dass hierfür ein entsprechend sachlicher Grund besteht. Dem Gesetzgeber stehen – soweit es sachlich ist – andere Möglichkeiten offen, unterschiedliche Interessenlagen der einzelnen in der (Rechtsanwalts‑)Kammer versammelten Mitglieder zu berücksichtigen (beispielsweise durch ein Vetorecht).

2.5. Die Abstimmung über die Beschlussfassung der Umlagenordnung und der Beitragsordnung erfolgte in der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien am 29. April 2010 aufgrund des §24 Abs3 letzter Satz RAO. Bei der Prüfung, ob die Beitragsordnung bzw. die Umlagenordnung gesetzmäßig zustande gekommen ist, war die Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO anzuwenden. Da somit die Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO Erzeugungsbedingung für die Beitragsordnung und die Umlagenordnung war, erweisen sich der Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung bzw. der Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1 sowie §3 Z2 und die Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung als gesetzwidrig.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die sonstigen im Prüfungsabschluss dargelegten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und der Beitragsordnung einzugehen.

2.6. Da die Umlagenordnung und die Beitragsordnung jeweils mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft traten, war festzustellen, dass der Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung bzw. der Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1 sowie §3 Z2 und die Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung gesetzwidrig waren.

2.7. Auch die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit des §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 wurden im Zuge des Verordnungsprüfungsverfahrens nicht entkräftet:

Mit der Novelle BGBl I 141/2009 zur Rechtsanwaltsordnung, welche am 1. Jänner 2010 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem die Mitgliedschaft der Rechtsanwaltsanwärter in der Rechtsanwaltskammer gesetzlich verankert (vgl. §22 Abs1 RAO). Da es sich bei den Rechtsanwalts­anwärtern seit 1. Jänner 2010 um Mitglieder der Rechtsanwaltskammer handelt und §24 Abs3 RAO den Rechtsanwaltsanwärtern für Abstimmungen über jegliche Beschlussgegenstände durchgängig ein gewichtetes Stimmrecht einräumt, ist §5 Abs3 GO-RAK 2008, wonach Rechtsanwaltsanwärter berechtigt sind, ohne Stimmrecht an den Plenarversammlungen teilzunehmen, gesetzwidrig.

§9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 steht in Widerspruch zu §27 Abs4 erster Satz RAO. Gemäß §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 ist zur Gültigkeit eines Beschlusses (in der Plenarversammlung) die Stimmabgabe durch mindestens zwei Fünftel der Anwesenden notwendig. Diese Bestimmung verstößt gegen §27 Abs4 erster Satz RAO, wonach die Plenarversammlung, die ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fasst, beschlussfähig ist, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt. §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 verstößt daher gegen das Gesetz und ist somit nicht "im Rahmen der Gesetze" (Art120b Abs1 B‑VG) ergangen.

Da die GO-RAK 2008 mit Ablauf des 11. Juni 2010 außer Kraft trat, war festzustellen, dass §5 Abs3 GO-RAK 2008 und §9 Abs1 zweiter Satz GO-RAK 2008 gesetzwidrig waren.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868 in der Fassung BGBl I 141/2009, ist wegen Verstoßes gegen das aus dem Gleichheitssatz erwachsende Sachlichkeitsgebot und das sich aus Art120a und Art120c B‑VG ergebende demokratische Prinzip als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

Der Ausspruch, dass die aufgehobene Gesetzesstelle auf die am 11. Juni 2013, dem Tag des Beginns der Beratung über das Erkenntnis, beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren, bei denen Verordnungen präjudiziell sind, die unter Anwendung der Wortfolge "; Entsprechendes gilt bei einer im Rahmen einer Plenarversammlung vorgenommenen Abstimmung" in §24 Abs3 letzter Satz RAO erzeugt wurden, nicht mehr anzuwenden ist, beruht auf Art140 Abs7 zweiter Satz B‑VG.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

2. Der Abschnitt "A. II. RECHTSANWALTSANWÄRTER" der Umlagenordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, der Abschnitt "B. RECHTSANWALTSANWÄRTER" in §1 sowie §3 Z2 und die Wortfolge "und der Beitrag für Rechtsanwaltsanwärter gemäß §1 B. P. 1 lita)" in §4 Z2 der Beitragsordnung 2011 der Rechtsanwaltskammer Wien, beschlossen in der Plenarversammlung am 29. April 2010, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 30. Juni 2010, sowie §5 Abs3 und §9 Abs1 zweiter Satz der GO-RAK, beschlossen in der Plenarversammlung am 24. April 2008, kundgemacht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer Wien am 16. Mai 2008, waren gesetzwidrig.

3. Die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnungsbestimmungen erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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