European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2025:00600R00276.24P.0121.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.
Begründung
Die A*-GmbH (Gesellschaft) ist seit 15.12.1980 (HRB **, nunmehr FN **) im Firmenbuch eingetragen.
Aktuell sind Gesellschafter mit einer jeweils voll eingezahlten Stammeinlage die B* AG (B*; Sitz in Liechtenstein) mit EUR 1.000,-, die C* Beteiligungs GmbH (C* GmbH, FN **, Sitz in **) mit EUR 215.100,- und die Dr. D* Gesellschaft m.b.H. (D* GmbH, FN **, Sitz in **) mit EUR 23.900,-. Das Stammkapital beläuft sich auf EUR 240.000,-. Selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer seit 29.3.2006 ist Dr. D*.
Am 8.7.2024 beantragte die Gesellschaft, vertreten durch Dr. D*, vertreten durch paragraph 7 Rechtsanwälte in Vaduz, Liechtenstein, die Löschung der B* als Gesellschafterin, die Eintragung der Übernahme ihrer Stammeinlage durch die D* GmbH und deren neuer Stammeinlage von EUR 24.900,-. Eine Darlegung des Sachverhalts erfolgte im strukturierten Antrag nicht. Er war auch nicht eigenhändig vom Geschäftsführer unterfertigt, sondern trägt auf der ersten Seite die folgende Unterschrift:
Hier war ein Bild der Rechtsanwaltskanzlei samt Paraphe des MMag. E*, LL.M., als einschreitendem Rechtsanwalt eingefügt.
Diesem Antrag war eine „Öffentliche Urkunde über die Ausübung eines AUFGRIFFSRECHTS betreffend Gesellschaftsanteile an der A*-GmbH“ (Notarielle Urkundennummer 498/2024) vom 28.5.2024, errichtet vom öffentlichen Notar des Fürstentums Liechtenstein MMag. E*, LL.M., samt dem Notariatsakt GZ 2222 vom 18.10.2018 über ein Abtretungsanbot der B* (errichtet vom öffentlichen Notar Dr. F* in Salzburg bzw öffentlichen Notar Mag. G* in Feldkirch, Vorarlberg) angeschlossen. Im Abtretungsanbot lautet es unter
„II. ANBOT
Der abtretende Gesellschafter bietet hiermit, mit Wirkung für sich und seine Rechtsnachfolger, seinen Geschäftsanteil … der H* Anstalt …, im Folgenden auch übernehmender Gesellschafter genannt, zur Übernahme um den Abtretungspreis von € 1,00 … zur Abtretung an.
Dem übernehmenden Gesellschafter steht es frei, das Abtretungsanbot alleine oder gemeinsam mit einem oder mehreren von ihm namhaft gemachten Dritten oder durch einen von ihm namhaft gemachten Dritten alleine auszuüben. Zum Zeichen der Zustimmung hat der übernehmende Gesellschafter der in Form eines Notariatsakts abzuschließenden Annahmeerklärung zumindest beizutreten.“
In der öffentlichen Urkunde über die Ausübung des Aufgriffsrechts tritt die D* GmbH als namhaft gemachte Aufgriffsberechtigte auf. Diese war nicht Partei des Abtretungsanbots. Nach den eigenhändigen Unterschriften der H* Anstalt (Sitz in Liechtenstein, hier mit dem Zusatz: in Liquidation), der B* und der D* GmbH lautet es:
„Die Parteien wurden von mir, Notar, über die mit dem Inhalt der Urkunde verbundenen Rechtsfolgen nach österreichischem und liechtensteinischem Recht aufgeklärt und wurde diese Urkunde von mir, Notar, aufgenommen, den Erschienenen vollinhaltlich vorgelesen, von denselben als ihrem Willen vollkommen entsprechend mir bestätigt und vor mir unterschrieben, worauf auch ich, Notar, meine Amtsfertigung beisetzte. Es wird ferner bestätigt, dass der unterzeichnete Notar über eine EiRAG-Anerkennungsprüfung gemäss § 27 EiRAG, BGBl 27/2000 idgF (15.01.2010) verfügt und sohin die Parteien über die mit dem gegenständlichen Rechtsgeschäft verbundenen Folgen österreichischen Rechts belehrt hat.“
Darunter lautet es:
Hier war ein Bild der Stampiglie samt Paraphe des MMag. E*, LL.M., als öffentlichem Notar des Fürstentums Liechtenstein eingefügt.
MMag. E*, LL.M., ist Partner der paragraph 7 Rechtsanwälte in Vaduz. Laut deren Homepage ist er seit 2009 in Liechtenstein und seit 2010 in Österreich als Rechtsanwalt zugelassen. Ein Hinweis auf eine Bestellung zum liechtensteinischen Notar findet sich auf der Homepage nicht.
In der Folge übernahm die zuständige Richterin von der Rechtspflegerin die Bearbeitung des Aktes und erteilte den Antragstellervertretern mit Beschluss vom 15.7.2024 (ON 4) den Verbesserungsauftrag, sich auf die erteilte Vollmacht zu berufen und eine auf das Einschreiten in Angelegenheiten des Firmenbuchs gerichtete Vollmacht des Geschäftsführers vorzulegen, da die Berufung auf die erteilte Vollmacht für die Anmeldung nicht ausreiche (ON 3, 4).
Die Antragstellervertreter übermittelten daraufhin eine schriftliche Vollmacht vom 23.7.2024 (ON 5).
Über eine Anfrage des Erstgerichts teilte die Rechtsanwaltskammer Wien mit, dass MMag. E*, LL.M., mit Anzeige vom 3.4.2023 sein erstmaliges Einschreiten in Österreich gemäß § 4 Abs 1 letzter Satz EiRAG bekannt gegeben habe. Die Rechtsanwaltskammer Wien habe die Zulassung in Liechtenstein zum damaligen Zeitpunkt überprüft und festgestellt. Eine weitere, laufende Überprüfung sei seitens der RAK Wien nicht vorgesehen. Mangels einer dauerhaften Kanzleiniederlassung sei keine Eintragung als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt gemäß §§ 9 ff EiRAG vorgenommen worden, auch als Rechtsanwaltsanwärter oder Rechtsanwalt sei in Wien keine Eintragung erfolgt. Ob er in einem anderen Bundesland die Rechtsanwaltsprüfung abgelegt habe, sei der RAK Wien nicht bekannt. Dies könne bloß für die in der eigenen Liste eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter festgestellt werden.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Löschung der B* als Gesellschafterin und die Änderung der Stammeinlage der D* GmbH auf EUR 24.900,- ab.
Die Ausübung des Aufgriffsrechts habe in Notariatsaktsform zu erfolgen. Der beurkundende liechtensteinische Notar scheine nicht in der vom österreichischen Rechtsanwaltskammertag geführten Liste der in Österreich eingetragenen Rechtsanwälte auf. Aus der Website der Antrag-stellervertreter gehe hervor, dass MMag. E*, LL.M., über eine österreichische Rechtsanwaltszulassung verfüge. Es werde daher zugrunde gelegt, dass dieser die österreichische Rechtsanwaltsprüfung bestanden habe. Da der liechtensteinische Notar nicht zugleich österreichischer, sondern nur liechtensteinischer Rechtsanwalt sei, liege kein Verstoß gegen § 7 Abs 1 NO vor. Eine Gleichwertigkeit und Anerkennung der Beurkundung sei mangels vergleichbarer Stellung der liechtensteinischen Notare und mangels gleichwertigem Beurkundungsvorgangs zu verneinen.
Da ein Verbesserungsauftrag dann nicht zu erteilen sei, wenn Urkunden überhaupt erst errichtet werden müssten, sei von einem solchen abzusehen gewesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Gesellschaft wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Stattgebung des Eintragungsbegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Bis zum 31.12.2019 gab es in Liechtenstein kein Notariatswesen. Für Beglaubigungen und öffentliche Beurkundungen waren ausschließlich das Fürstliche Landgericht und das Amt für Justiz (Handelsregister) zuständig (Marxer & Partner Rechtsanwälte, Liechtensteinisches Wirtschaftsrecht Rz 52.1). Erst am 1.1.2020 ist das liechtensteinische Notariatsgesetz (LiNotarG) in Kraft getreten.
I. Zur Form der Ausübung des Aufgriffsrechts:
1. Beim Firmenbuch handelt es sich um ein öffentliches Register. Ihm kommt Dokumentations-, Beurkundungs-, Publizitäts-, Informations- und Kontrollfunktion zu. Die darauf aufbauenden Publizitätsregelungen sind zentrale Voraussetzung und Grundlage der wirtschaftlichen Ordnung, das Firmenbuch ist Teil deren maßgeblicher Infrastruktur (Jennewein, FBG § 1 Rz 1, 2).Der Zweck der Eintragungen im Firmenbuch ergibt sich aus dessen Publizitätsfunktion. Im Interesse der Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs mit Unternehmern ist es erforderlich, dass die wesentlichen Rechtsverhältnisse der Unternehmer und der eingetragenen Personengesellschaften vollständig und richtig im Firmenbuch wiedergegeben werden (OLG Wien 6 R 175/18a, 6 R 44/19p uva; vgl RS0061530). Die Offenlegung dient sowohl dem Interesse der Allgemeinheit als auch demjenigen des eingetragenen Rechtsträgers (Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 1 Rz 3).
2. Soll ein Gesellschafterwechsel auf Grundlage von im Ausland beurkundeten Urkunden im Firmenbuch eingetragen werden, hat das Firmenbuchgericht - zur Prüfung der Gleichwertigkeit mit dem österreichischen Notariatsakt - teilweise auch ausländisches Recht anzuwenden. Zwar ist nach § 4 Abs 1 IPRG das fremde Recht grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 4 IPRG Rz 1). Allerdings ist hier die Ausgestaltung des Firmenbuchverfahrens als (in der Regel einseitiges) Urkundenverfahren zu berücksichtigen. Zum vergleichbar ausgestalteten Grundbuchverfahren, das in vielerlei Hinsicht Vorbild für das Firmenbuchverfahren war, vertritt der Oberste Gerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung, dass im Grundbuchverfahren zeitaufwendige Versuche, das fremde Recht festzustellen, schon deshalb ausscheiden, weil allein aufgrund der vorgelegten Urkunden zu entscheiden ist (RS0060532; 5 Ob 238/04t ua; Neumayr in KBB7 § 4 IPRG Rz 2; G.Kodek in Kodek, GBG² § 94 Rz 11/1). Aus diesem Grund sprach der Oberste Gerichtshof etwa in der Entscheidung 5 Ob 238/04t aus, dass die Antragstellerin authentische (amtlich publizierte) Fassungen der Staatsverträge, auf die sie sich stützen will, samt beglaubigter Übersetzung vorlegen hätte müssen.
Diese Überlegungen sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf das Firmenbuchverfahren zu übertragen. Gerade im Hinblick auf die schon aus Gründen der Aktualität des Firmenbuchs gebotene rasche Erledigung von Anträgen im Firmenbuchverfahren besteht für weitwendige Erhebungen durch das Erstgericht in der Regel kein Raum. Auch das Schrifttum betont, dass die gebotenen Nachforschungen die Sachentscheidung nicht unzumutbar hinauszögern dürfen (Verschraegen in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 4 IPRG Rz 8). Dazu kommt als weiterer Gesichtspunkt, dass im Ausland ansässige Parteien regelmäßig leichter Zugang zum dort geltenden Heimatrecht haben, sodass die Vorlage entsprechender Unterlagen in der Regel keine besonderen Schwierigkeiten bereiten sollte. Insoweit trifft die Parteien im Firmenbuchverfahren daher in Ansehung der Ermittlung ausländischen Rechts eine verstärkte Mitwirkungspflicht.
Dies schließt zwar eigene Maßnahmen des Firmenbuchgerichts zur Ermittlung ausländischen Rechts ebenso wenig aus wie die Berücksichtigung von auch ohne weitwendige Ermittlungen bestehenden Kenntnissen des Firmenbuchgerichts über die anzuwendende ausländische Rechtslage. Derartige Maßnahmen sind aber im Hinblick auf die dargelegte Eigenart des Firmenbuchverfahrens nur dann erforderlich, wenn sie eine rechtzeitige Klärung des ausländischen Rechts mit vertretbarem Aufwand und unter Berücksichtigung der typischerweise gegebenen besonderen Dringlichkeit des Firmenbuchverfahrens ermöglichen. Andernfalls greift die verstärkte Mitwirkungspflicht der Parteien, sofern diese die in § 4 Abs 2 IPRG subsidiär vorgesehene Anwendung österreichischen Rechts vermeiden wollen (6 Ob 226/09t = SZ 2010/35 ua).
3. Gemäß § 11 GmbHG iVm § 5 Z 6 FBG sind Gesellschafter einer GmbH in das Firmenbuch einzutragen. Die Ausübung eines Aufgriffsrechts hat bei der GmbH in der Form des Notariatsakts zu erfolgen (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 144).
4. Der Notariatsakt iSd §§ 52 ff NO dient der Beurkundung von Rechtserklärungen und Rechtsgeschäften (Dobler in Zib/Umfahrer, NO § 52 Rz 1). Die Vorschriften des § 52 NO dienen einerseits dem Schutz der Allgemeinheit in ihrem Vertrauen auf die Rechtsgültigkeit der durch einen Notariatsakt beurkundeten Rechtsgeschäfte und andererseits dem Schutz der Parteien (insbesondere) durch die Normierung einer umfassenden Beratungs- und Belehrungspflicht des Notars. Dabei beruht das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsgültigkeit von Notariatsakten und sonstigen notariellen Verträgen maßgeblich auf der Verpflichtung des Notars zur Prüfung aller Gültigkeitsvoraussetzungen (Dobler, aaO § 52 Rz 4). Selbstverständlich hat der Notar bei der Errichtung des Notariatsakts neben den besonderen Vorschriften der §§ 52 ff NO auch die allgemeinen Vorschriften über die Amtsführung der Notare nach dem IV. Hauptstück der NO zu beachten (Dobler, aaO § 52 Rz 5).
5. Der Übergang eines Geschäftsanteils einer Gesellschaft mbH muss der Gesellschaft (dem Geschäftsführer) nachgewiesen und unverzüglich von den Geschäftsführern in vertretungsbefugter Zahl zum Firmenbuch angemeldet werden (§ 26 Abs 1 GmbHG). Der Geschäftsführer hat vor der Anmeldung eines Gesellschafterwechsels die formelle und materielle Richtigkeit des Übertragungsaktes und seine Wirksamkeit zu prüfen und die Anmeldung beim Firmenbuchgericht persönlich vorzunehmen. Für die Einreichung des Gesuchs durch einen Vertreter ist eine Spezialvollmacht erforderlich, weil der Geschäftsführer für die Richtigkeit seiner Erklärung haftet (6 Ob 163/02t; RS0113392 [T1]; Feltl, GmbHG § 26 E 14; vgl 6 Ob 169/01y mwN).
6. Gemäß § 11 FBG bedürfen Anmeldungen, die die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Stammeinlagen oder die darauf geleisteten Einzahlungen betreffen, nicht der beglaubigten Form. Es genügt die Unterfertigung namens des Rechtsträgers durch vertretungsbefugte Personen in der zur Vertretung notwendigen Anzahl.
Vereinfachte Anmeldungen können auch durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt/Notar erfolgen. Die Vollmacht muss grundsätzlich dieselbe Form wie die Anmeldung aufweisen, allerdings können sich Anwälte und Notare gemäß § 30 Abs 2 ZPO auch auf ihre Bevollmächtigung formfrei berufen (Jennewein, Kommentar zum Firmenbuchgesetz § 11 Rz 7; vgl auch RS0113392 [T1]).
7. Hier liegt eine vereinfachte Anmeldung vor, für die „paragraph 7“ Rechtsanwälte über den Verbesserungsauftrag des Erstgerichts eine Vollmacht vorlegte.
8. Die Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts ergibt sich aus dem aus § 15 Abs 1 FBG iVm § 16 AußStrG abzuleitenden Untersuchungsgrundsatz. Die Prüfpflicht kann sich im Fall des vom Geschäftsführer angezeigten Gesellschafterwechsels grundsätzlich darauf beschränken, ob der angezeigte Vorgang dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag entspricht, ob danach also ein Übergang von Geschäftsanteilen überhaupt zulässig ist. Diese eingeschränkte Prüfpflicht ergibt sich schon daraus, dass die Anmeldung des Gesellschafterwechsels im vereinfachten Verfahren nach § 11 FBG erfolgen kann, der Geschäftsführer also grundsätzlich den Übertragungsakt nicht vorlegen muss (6 Ob 2371/96m = RdW 1998, 17 ua). Wenn aber - wie hier - der Übertragungsakt dem Firmenbuchgericht vorgelegt wird, ist auch dieser auf seine Rechtswirksamkeit hin zu prüfen (6 Ob 342/97f, 6 Ob 149/03k ua).
Unabhängig davon ist die Prüfungsbefugnis (und auch Prüfpflicht) des Firmenbuchgerichts jedenfalls dann zu bejahen, wenn Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zu Grunde liegenden Tatsachen bestehen (6 Ob 2371/96m, 6 Ob 57/01b = ecolex 2001/279 ua).
9. Grundlage für die begehrte Eintragung ist hier ausschließlich die vom liechtensteinischen Notar beurkundete Ausübung des Aufgriffsrechts. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Firmenbucheintragung basierend auf einer von einem liechtensteinischem Notar in Liechtenstein beurkundeten Ausübung eines Aufgriffsrechts bei gleichzeitigem Einschreiten dieses liechtensteinischen Notars als Vertreter der Antragstellerin in seiner Funkion als liechtensteinischer Rechtsanwalt mit erfolgreich abgelegter Eignungsprüfung in Österreich und Anzeige des erstmaligen Einschreitens in Österreich gemäß § 4 Abs 1 letzter Satz EiRAG zulässig ist.
10. Ob der Notariatsakt über einen Abtretungsvertrag zwingend nur von einem österreichischen Notar errichtet werden kann, wurde in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilt. Das Gesetz selbst sagt dazu nichts aus. Lehre und Rechtsprechung vertraten lange die Ansicht, lediglich der Notariatsakt eines österreichischen Notars genüge dem Formgebot, weil nur durch den österreichischen Notar aufgrund genauer Kenntnis des inländischen Rechts und seiner Belehrungspflicht den Vertragsparteien gegenüber der vom Gesetzgeber mit der Anordnung der Formvorschrift beabsichtigte Schutzzweck erreicht werden könne (2 Ob 83/60 = NZ 1960, 149; 6 Ob 6/77 = NZ 1978, 7 ua). Nach neuerer, vom OGH geteilter Auffassung ist die Form des Notariatsaktes durch eine ausländische Beurkundung ersetzbar, wenn diese sowohl hinsichtlich der Urkundsperson als auch des Beurkundungsvorgangs der inländischen Formvorschrift entspricht (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rz 24 mwN). In 6 Ob 525/89 (= SZ 62/28 = GesRZ 1989, 225) erklärte der OGH bei der Errichtung eines Übertragungsanbots oder einer Annahmeerklärung in Deutschland, wenn sich eine Partei in Deutschland und die andere in Österreich befindet, deren Beurkundung nach dem deutschen Beurkundungsgesetz durch einen deutschen Notar für zulässig (siehe auch RS0060220). Insbesondere bei Distanzgeschäften könne, wenn eine Partei sich im Ausland aufhalte, für die im Ausland abgegebene Rechtsgeschäftserklärung die Beobachtung einer der Funktion des österreichischen Notariatsaktes entsprechenden, am Ort der Abgabe der Rechtsgeschäftserklärung möglichen Form als hinreichend angesehen werden.
11. An der Errichtung der hier zugrundezulegenden öffentlichen Urkunde über die Ausübung des Aufgriffsrechts waren die B* und die H* Anstalt, beide mit Sitz in Liechtenstein, beteiligt, sodass die Errichtung der öffentlichen Urkunde in Liechtenstein grundsätzlich naheliegend ist.
II. Mängelrüge:
1.1 Ein wesentlicher Verfahrensmangel soll im Unterlassen der Erteilung eines Verbesserungsauftrags liegen. Die Beurkundung durch einen liechtensteinischen Notar hätte – wenn sie als zweifelhaft angesehen werde – durch ein Verbesserungsverfahren geheilt werden können.
1.2 Ist eine Anmeldung zur Eintragung in das Firmenbuch unvollständig oder steht der Eintragung ein sonstiges behebbares Hindernis entgegen, so hat das Gericht dem Antragsteller die Behebung des Mangels aufzutragen, erforderlichenfalls die hiefür notwendigen Anleitungen zu geben und eine angemessene Frist zu setzen (§ 17 Abs 1 FBG). Nach der Judikatur des OGH kommt ein Verbesserungsauftrag aber (in der Regel) dann nicht in Betracht, wenn fehlende Urkunden erst errichtet werden müssen, es sei denn, es handle sich um „ganz leicht zu beschaffende Urkunden“ (Pilgerstorfer in Artmann, UGB3 § 17 FBG Rz 12; RS0129500; Szöky in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 § 17 FBG). Entgegen den Ausführungen im Rekurs geht auch Zib davon aus, dass der Verbesserungsauftrag nur zur Beseitigung von Unvollständigkeiten der Anmeldung oder zur Beseitigung sonstiger behebbarer Hindernisse für die Eintragung vorgesehen ist, nicht aber dafür, die der Anmeldung zu Grunde liegenden Rechtsakte erst zu schaffen (Zib in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 17 FBG Rz 2).
1.3 Da der erforderliche Notariatsakt erst von einem österreichischen Notar errichtet werden müsste, hat das Erstgericht zu Recht keinen Verbesserungsauftrag erteilt.
2.1 Dass der angefochtene Beschluss keine Rechtsbelehrung enthalte, soll das Verfahren nichtig machen.
2.2 Den gerichtlichen Ab- bzw Zurückweisungsbeschlüssen ist idR eine Rechtsmittelbelehrung anzuschließen (§ 14 AußStrG iVm § 432 Abs 1 ZPO). Diese Rechtsmittelbelehrung kann bei jenen Beschlüssen entfallen, die an Rechtsanwälte oder Notare zugestellt werden. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung macht den Beschluss dennoch wirksam, könnte aber im Fall der Verspätung des Rechtsmittels bei unvertretenen Parteien einen Wiedereinsetzungsgrund bilden (Szöky in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 § 20 FBG Rz 2; vgl auch RS0110450, RS0041485).
2.3 Hier war die Gesellschaft von einem liechtensteinischen Rechtsanwalt und Notar bzw durch die paragraph 7 Rechtsanwälte in Vaduz vertreten und erhob durch diese rechtzeitig Rekurs. Der fehlenden Rechtsmittelbelehrung kommt somit keinerlei Relevanz zu.
3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen damit nicht vor.
III. Rechtsrüge:
Die Gesellschaft macht geltend, die Voraussetzungen für den Beruf des Notars in Liechtenstein (Art 4 LiNotarG) und in Österreich (§ 6, 11 NO) würden sich nicht wesentlich unterscheiden. In beiden Ländern würden strenge Regeln gelten. MMag. E*, LL.M., erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Ausübung des Notarberufs gemäß Art 4 LiNotarG und sei bei der liechtensteinischen Notariatskammer eingetragen. Er habe die Diplomstudien der Rechtswissenschaften und des Wirtschaftsrechts an der Universität Innsbruck absolviert, 2009 die Liechtensteinische Rechtsanwaltsprüfung abgelegt und 2010 die Eignungsprüfung gemäß § 27 EiRAG beim Oberlandesgericht Innsbruck. Im Hinblick darauf könne er die Belehrungs- und Prüfungspflichten gemäß Art 27 LiNotarG in jeder Hinsicht erfüllen.
Der EuGH verneine eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit eines Notars mit hoheitlicher Tätigkeit (der Gerichte), weil der Notar an den Parteiwillen gebunden sei. Bei der Beurkundung werde der Notar nur tätig, nachdem sich die Parteien über den Inhalt der Urkunde einig geworden seien. Dem Notar sei eine einseitige Änderung des zu beurkundenden Vertrags ohne vorherige Einholung der Zustimmung der Parteien untersagt. MMag. E*, LL.M., habe als liechtensteinischer Notar eine öffentliche Urkunde über die Ausübung eines Aufgriffsrechts erstellt. Dabei sei er strikt an den Willen der Parteien gebunden gewesen und habe eigenständig keine Änderungen vornehmen können. Hier liege daher keine hoheitliche Tätigkeit vor. Der EuGH trenne strikt den eigentlichen Vorgang der notariellen Beurkundung, der nicht als hoheitlich eingestuft werde, und die Knüpfung bestimmter Folgen an diese Art der Beurkundung, die keine Rückwirkungen auf die Qualifikation der Tätigkeit haben. Die Beurkundung des Aufgriffsrechts hinsichtlich der Gesellschaftsanteile sei nicht als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren.
Gemäß § 76 Abs 2 GmbHG [richtig: § 12 Abs 1 FlexKapGG] könnten bei einer FlexCo Gesellschaftsanteile derart übertragen werden, dass ein Notar oder ein Rechtsanwalt eine Urkunde darüber errichte. Dass ein Rechtsanwalt die Übertragung von Gesellschaftsanteilen beurkunden könne, zeige eindeutig, dass es sich dabei um keine hoheitliche Tätigkeit handle.
Die mit dem Inhalt der Urkunde verbundenen Rechtsfolgen seien den Parteien nach österreichischem und liechtensteinischem Recht umfassend erläutert worden. Die Parteien seien von sich aus an den beurkundenden Notar herangetreten. Ihnen sei von vorneherein der Sinn und Zweck ihres rechtsgeschäftlichen Handelns bekannt und bewusst gewesen. Die Urkunde sei vorgelesen, von den Parteien entsprechend ihrem Willen bestätigt und vom Notar unterzeichnet worden. MMag. E*, LL.M., könne als liechtensteinischer Notar seinen Belehrungs- und Prüfungsverpflichtungen bestens nachkommen. Einer tiefergehenden Belehrung und Aufklärung der Parteien habe es nicht bedurft, weil sie sich auf das Anbot zur Abtretung vom 18.10.2018 berufen hätten, ihnen sei der Inhalt ihrer Urkundenerklärungen bekannt gewesen. Die rechtlichen Konsequenzen seien ihnen bereits am 18.10.2018 durch einen österreichischen Notar hinreichend erläutert worden. Nun sei lediglich formell vollzogen worden, was vor einem österreichischen Notar im Jahr 2018 bereits rechtsverbindlich erklärt worden sei. Die Beurkundung durch MMag. E*, LL.M., als liechtensteinischer Notar sei qualitativ gleichwertig im Hinblick auf den Zweck des Formgebots.
Gemäß Art 39 LiNotarG könnten liechtensteinische Notare auch Urkunden nach ausländischem Recht erstellen. Dessen Voraussetzungen erfülle MMag. E*, LL.M..
Das LiNotarG enthalte ausreichende Bestimmungen, um das den Notaren entgegenbrachte Vertrauen zu rechtfertigen. Einschränkungen der aktiven Dienstleistungsfreiheit liechtensteinischer Notare seien daher unverhältnismäßig, weil sie nicht angemessen seien. Die vom Notar erbrachten Dienstleistungen seien weder in Liechtenstein noch in den EWR-Nachbarländern als hoheitliche Tätigkeiten zu qualifizieren und würden somit grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten fallen. Liechtensteinische Notare könnten sich auf diese Grundfreiheiten berufen und ihre Dienstleistungen auch im EWR-Ausland erbringen, ohne gegen das Territorialitätsprinzip zu verstoßen.
Der Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Republik Österreich über Rechtshilfe, Beglaubigungen, Urkunden und Vormundschaft sei am 1.4.1955 in Vaduz abgeschlossen und am 22.11.1956 kundgemacht worden. Da es bislang gängige Praxis auf Grundlage dieses Staatsvertrags gewesen sei, dass Liechtenstein österreichische Beglaubigungen und Beurkundungen akzeptiere, sei im Sinne der Gleichwertigkeit und Gegenseitigkeit davon auszugehen, dass Österreich ebenso vertragstreu die Beurkundungen und Beglaubigungen eines liechtensteinischen Notars anerkenne. Das Landesgericht Salzburg und auch andere Firmenbuch– und Grundbuchsgerichte hätten bereits Beurkundungen durch MMag. E*, LL.M., anerkannt. Ein Abweichen von dieser etablierten Praxis würde eine willkürliche Vorgehensweise bei der Anerkennung von Beurkundungen liechtensteinischer Notare darstellen, die zudem grob EU/EWR-rechtswidrig wäre und bei der sich Österreich sowohl wegen einer Verletzung des Prinzips der europäischen Dienstleistungsfreiheit als auch im Hinblick auf die bilateralen staatsvertraglichen Beziehungen zum Fürstentum Liechtenstein zu verantworten hätte.
Dazu war zu erwägen:
A. Zur Unvereinbarkeit der Berufe des Rechtsanwalts und Notars in Österreich nach § 20 lit b RAO und § 7 Abs 1 NO:
1. Österreich geht von einer rigiden Trennung der Berufe des Rechtsanwalts und des Notars aus (Friedrich Rüffler/Christoph Müller, Zur Vereinbarkeit des österreichischen Rechtsanwaltsberufs mit der Tätigkeit als liechtensteinischer Anwaltsnotar sowie zu dessen grenzüberschreitender anwaltlicher und notarieller Tätigkeit [Teil I], AnwBl 2022/182). Die Unvereinbarkeitsregeln lauten: „Mit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft ist unvereinbar: b) die Ausübung des Notariates“ (§ 20 lit b RAO) und „Die Führung der Rechtsanwaltschaft … kann mit dem Amte des Notars nicht vereinigt werden“ (§ 7 Abs 1 erster Satz NO).
2.1 Das österreichische Notariat tritt (präventiv) für ein „Recht ohne Streit“ ein (Rüffler/Müller, aaO [Teil I]). Bei der Amtstätigkeit österreichischer Notare handelt es sich um ausgelagerte Staatsaufgaben. Der Notar ist vom Staat in ein öffentliches Amt bestellt und mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut (§ 1 Abs 1 und 3 NO), er ist funktionell Träger der öffentlichen Verwaltung. Seine Amtstätigkeit nach § 1 NO (Errichtung von Notariatsakten, Notariatsprotokollen, notarielle Beurkundungen; vgl auch § 2 NO über öffentliche Urkunden) ist hoheitliche Tätigkeit. Ziele der öffentlichen Aufgabe sind ua die Richtigkeitsgewähr und Neutralitätsgewähr der Beurkundung (insbesondere durch unparteiische Belehrung, §§ 7 Abs 2, 52, 53 NO). Zur Durchsetzung dieser Ziele besteht eine enge staatliche Bindung und Aufsicht (vgl §§ 153 ff NO, insbesondere § 154 NO = Revisionspflicht). Charakteristisch ist daher im lateinischen Notariat – zu welchem das österreichische Notariat zählt -, dass der Notar vom Staat (Bundesminister für Justiz) bestellt und in sein öffentliches Amt eingeführt wird (§§ 1 Abs 1, 10 NO: durch den Bundesminister für Justiz), darauf kein Rechtsanspruch besteht und sein Amt bei Erreichen eines bestimmten Alters kraft Gesetzes erlischt (§ 19 Abs 1 lit e NO; Christian Zib, aaO). Die Ernennungsmodalitäten (§§ 10f NO) sorgen für ein Abhängigkeitsverhältnis im Vorfeld. Trotz Einbindung der Notariatskammern in den Auswahlprozess besteht gerade kein Anspruch auf Ernennung durch den Bundesminister für Justiz (Rüffler/Müller, aaO [Teil I]).
2.2 Das Notariatswesen in Österreich ist zudem systemisiert, dh Lage und Anzahl der Amtsstellen (Notariate) sind reglementiert (Thomas Jaeger, Liechtensteinisches Notariatsgesetz und grenzüberschreitende Anerkennung von Notariatsakten, ZfRV 2020/19). Standespflichtverletzungen der Notare werden in erster Instanz entweder von der Notariatskammer (Ordnungswidrigkeiten) oder dem Oberlandesgericht als Disziplinargericht (Disziplinarvergehen) geahndet (§ 155 Abs 2 NO; Rüffler/Müller, aaO [Teil I]).
3.1 Der österreichische Rechtsanwalt ist dem nachgelagerten „Kampf ums Recht“ für eine bestimmte Partei verschrieben (vgl § 9 Abs 1 RAO; Rüffler/Müller, aaO [Teil I]). Bei Rechtsanwälten bildet die Unabhängigkeit gegenüber dem Staat einen maßgeblichen Eckpfeiler, weshalb es dort keiner behördlichen Ernennung bedarf und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 1 Abs 2 RAO) ein Rechtsanspruch auf Erlangung der Berufsbefugnis besteht (§ 1 Abs 1 RAO). Dies soll gewährleisten, dass der Rechtsanwalt für seine Mandanten erforderlichenfalls auch gegen den Staat auftritt. Eine Altersgrenze besteht nicht (vgl § 34 RAO; Christian Zib, aaO).
3.2 Aufgrund der Ernennungsmodalitäten und des Fehlens eines Rechtsanspruches auf Ernennung zum Notar erscheint es zumindest zweifelhaft, dass ein Rechtsanwalt, der hypothetisch die Ernennung als Notar anstrebt, tatsächlich „unumwunden“ (§ 9 RAO) gegen den Staat vorginge. Rechtsanwälte unterliegen grundsätzlich dem Disziplinarrat der jeweiligen Rechtsanwaltskammer (§ 1 Abs 2 DSt), dessen Entscheidungen beim OGH bekämpft werden können (§§ 46 ff DSt). Auch auf diese Weise wird abgesichert, dass der Rechtsanwalt unumwunden die Interessen seiner Mandanten wahrnimmt, ohne eine Sanktion durch jene Gerichte, vor denen er sonst regelmäßig auftritt, fürchten zu müssen (Rüffler/Müller, aaO [Teil I]).
3.3 Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten; diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie unter anderem Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten, die alle Ausprägung der Kardinalspflicht des Rechtsanwalts sind, nämlich der Pflicht zur Interessenswahrung und zur Rechtsbetreuung (RS0112203).
3.4 Die Treuepflicht gegenüber dem Mandanten (§ 9 Abs 1 RAO) wird insbesondere durch die Regelungen zur Doppelvertretung abgesichert. Zum Verbot der materiellen Doppelvertretung (§ 10 Abs 1 RAO) tritt das von der Judikatur entwickelte Verbot der formellen Doppelvertretung (Rüffler/Müller, aaO [Teil I]).
4. Als abstrahierter Normzweck der Unvereinbarkeitsregeln ergeben sich sohin etwa die Verschiedenheiten im Hinblick auf Funktion und Parteibindung, die staatliche Bindung, das rigide Bestellungssystem und die Revisionspflicht im Notariatswesen (Rüffler/Müller, aaO [Teil I]).
5. Eine Beurkundungstätigkeit eines liechtensteinischen Notars, der zudem liechtensteinische Rechtsanwalt mit in Österreich erfolgreich abgelegter Eignungsprüfung nach EiRAG ist und in Österreich als Rechtsanwalt auftritt, für ein Beurkundungserfordernis des österreichischen Rechts kann aufgrund dieser Unvereinbarkeitsregeln – selbst bei einer Tätigkeit im Bestellungsland des Notars, dh als passive Dienstleistungserbringung - nicht zulässig sein, weil damit ein in Österreich tätiger Rechtsanwalt im Ergebnis doch die Notartätigkeit für Österreich ausüben würde. Dies würde eine unzulässige Umgehung der Unvereinbarkeitsregeln darstellen.
6. Ein Wahlrecht der natürlichen Person MMag. E*, LL.M., jeweils nach Bedarf seine weitere Berufsbefugnis als Rechtsanwalt/Liechtensteinischer Notar „auszublenden“, besteht nicht. Er ist liechtensteinischer Notar und liechtensteinischer Rechtsanwalt mit erfolgreich in Österreich abgelegter Eignungsprüfung nach EiRAG. Er kann nicht für sich entscheiden, eine Tätigkeit in der einen und die nächste Tätigkeit in der anderen Funktion auszuüben. Er ist – bei allen aufrechten Berufsbefugnissen – immer beides, insbesondere nach seinem erstmaligen Einschreiten in Österreich.
7. § 7 Abs 1 NO bewirkt zwar kein Berufsverbot für österreichische Rechtsanwälte als liechtensteinische Notare, verhindert aber die Wirksamkeit vom österreichischen Recht geforderter notarieller Beurkundungen (zB bei Gründung einer österreichischen GmbH, der Anteilsübertragung an einer solchen, etc.) durch einen liechtensteinischen Notar mit gleichzeitiger Zulassung als österreichischer Rechtsanwalt. Genau das soll § 7 Abs 1 NO in seinem genuinen österreichischen Anwendungsbereich verhindern, sodass die Zulässigkeit derartiger Auslandsbeurkundungen zur Aushebelung der Norm über den Umweg Liechtenstein führen würde. Eine solche Beurkundung kann damit in Österreich nicht rechtswirksam sein (vgl Christian Zib, aaO).
8. Schon deshalb erfolgte die Abweisung des Eintragungsbegehrens zu Recht.
Darüber hinaus versagt für das Beurkundungserfordernis nach österreichischem Recht aber auch - wie im folgenden dargelegt wird - die Gleichwertigkeitsprüfung der liechtensteinischen Beurkundung:
B. Zur Gleichwertigkeitsprüfung (Urkundsperson und Beglaubigungsvorgang):
1.1 Ob die Form einer ausländischen öffentlichen Urkunde im Inland ausreicht, ist eine Frage der Gleichwertigkeit, die zunächst an der Stellung der Urkundsperson zu messen ist. Die Gleichwertigkeit der Urkundsperson richtet sich insbesondere danach, ob die ausländische Urkundsperson nach den Vorschriften des ausländischen Rechts dieselbe Sicherheit bietet wie die nach inländischer Vorschrift zuständige Beurkundungsperson und ob die ausländische Beurkundungsperson eine gleiche Qualifikation wie österreichische Notare aufweist (umfassende juristische Ausbildung, Unparteilichkeit, die Amtsführung unter Aufsicht stehend).
1.2 Darüber hinaus kommt es wesentlich darauf an, ob die ausländischen Beurkundungsvorschriften mit jenen in Österreich vergleichbar und diesen gleichwertig sind: So ist zu prüfen, ob die ausländische Beurkundung den jeweiligen Formzweck (Warn-, Schutz-, Beweissicherungs- und Prüffunktion) zu erfüllen vermag, auf welchen die jeweilige österreichische Formvorschrift abzielt. Gleichwertigkeit setzt voraus, dass die ausländische Beurkundungsvorschrift eben solche Bestimmungen enthält, deren Einhaltung die österreichische Notariatsordnung als für das Zustandekommen einer öffentlichen Urkunde unerlässlich ansieht; dies gilt insbesondere, wenn die Formvorschrift auch eine rechtliche Belehrung gewährleisten soll (Spath in Murko/Nunner-Krautgasser, Anwaltliches und notarielles Berufsrecht § 2 NO Rz 5; vgl auch Verweijen in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 11 Rz 12).
2.1 In der Praxis entfällt die Gleichwertigkeitsprüfung durch die Anwendung einschlägiger Abkommen:
Der Staatsvertrag 1956 zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein sieht in seinem Art 11 vor:
„Die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eines der vertragschließenden Teile ausgestellten öffentlichen Urkunden, die mit der amtlichen Unterschrift und dem Amtssiegel oder Amtsstempel versehen sind, genießen auch vor den Behörden des anderen vertragschließenden Teiles die Beweiskraft öffentlicher Urkunden. Dasselbe gilt sinngemäß für Notariatsakte.….“
In seinem Art 12 lautet es:
„Vor den Behörden des anderen vertragschließenden Teiles bedürfen keiner weiteren Beglaubigung:
(1) Öffentliche Urkunden, die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eines der vertragschließenden Teile ausgestellt und mit der amtlichen Unterschrift und dem Amtssiegel oder Amtsstempel versehen sind; dasselbe gilt sinngemäß für Notariatsakte;“
2.2 Der Zweck des Staatsvertrags 1956 ist an den im bilateralen Verhältnis im Zeitpunkt seines Abschlusses vorherrschenden Gegenseitigkeitsverhältnissen zu messen (6 Ob 92/19a):
Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein ist am 1.10.1956 in Kraft getreten, erst am 1.1.2020 das LiNotarG. Bis dahin gab es in Liechtenstein keine Notare. Es ist daher nicht anzunehmen, dass Österreich - und wohl auch Liechtenstein - 1956 an einen Beurkundungsexport nach Österreich durch liechtensteinische Notare gedacht haben (vgl Christian Zib, Beurkundungen liechtensteinischer Anwaltsnotare im österreichischen Gesellschaftsrecht, NZ 2024/20).
2.3 Der Staatsvertrag 1956 bildet damit keine tragfähige Grundlage für die zulässige Errichtung eines Notariatsakts zur Erfüllung eines Beurkundungserfordernisses des österreichischen Rechts durch einen liechtensteinischen Notar.
Vielmehr hat daher eine Gleichwertigkeitsprüfung in Bezug auf die Urkundsperson und den Beurkundungsvorgang (= Art 26 ff LiNotarG) zu erfolgen. Bei einer – wie hier – im Ausland vorgenommenen Beurkundung ist auch zu prüfen, ob von qualitativer Gleichwertigkeit im Hinblick auf den Zweck des Formgebots auszugehen ist (vgl 6 Ob 59/20z).
3.1 Die Nichtanerkennung eines von einem liechtensteinischen Notar im Ausland erzeugten „Notarprodukts“ könnte eine rechtfertigungspflichtige Beschränkung der (passiven) Dienstleistungsfreiheit darstellen. Fraglich ist, ob das Unionsrecht dazu zwingt, Beurkundungen liechtensteinischer Notare im Firmenbuchbereich als österreichischen Beurkundungen gleichwertig anzuerkennen.
3.2 Als Mitgliedsstaat des EWR unterliegt Liechtenstein den Vorgaben der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV bzw Art 36 EWRA und profitieren auch EWR-Bürger von der Dienstleistungsfreiheit (Thomas Jaeger, Liechtensteinisches Notariatsgesetz und grenzüberschreitende Anerkennung von Notariatsakten, ZfRV 2020/19). Gleiches gilt für die Niederlassungsfreiheit nach Art 41 AEUV bzw Art 31 EWRA.
3.3 Der liechtensteinische Gesetzgeber hat die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Erbringung notarieller Dienstleistungen in Österreich zutreffend als unionsrechtlich nicht vorgegeben angesehen und in der Folge seinen Notaren die Beurkundung im Ausland untersagt (vgl BuA 37/2019, 35f; vgl auch Art 1 b) LiNotarG). Dies betrifft aber nur die aktive Dienstleistungsfreiheit. Eine sekundärrechtliche Regelung für grenzüberschreitende notarielle Dienstleistungen wurde - anders als für Rechtsanwälte - nicht erlassen (Christian Zib, aaO).
3.4 Art 51 AEUV sieht in Abs 1 eine Bereichsausnahme von der Niederlassungsfreiheit für Tätigkeiten vor, die in einem Mitgliedsstaat dauernd oder vorübergehend mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind (dies entspricht im Wesentlichen Art 32 EWRA, der gemäß Art 39 EWRA auch auf die Dienstleistungsfreiheit Anwendung findet). Damit wird das Recht des Mitgliedsstaats gewahrt, die Art der Ausübung hoheitlicher Aufgaben zu bestimmen und im Rahmen dieses Organisationsrechts die – auch nur vorübergehende – Ausübung öffentlicher Gewalt den eigenen Staatsbürgern vorzubehalten. Das Recht des Mitgliedsstaats, statt Verwaltungsbehörden Private zur Erbringung hoheitlicher Aufgaben zu ermächtigen, wird durch Unionsrecht nicht berührt (Enzinger in Jaeger/Stöger, EUV/AEUV Art 51 AEUV Rz 1). Der EuGH geht dabei von einem autonomen europarechtlichen Begriff der öffentlichen Gewalt aus (Forster/Dobler in Zib/Umfahrer, NO § 1 Rz 38).
3.5 Notarielle Tätigkeiten – darunter Beurkundungen und Beglaubigungen – fallen grundsätzlich nicht unter die Bereichsausnahme (Friedrich Rüffler/Christoph Müller, Zur Vereinbarkeit des österreichischen Rechtsanwaltsberufs mit der Tätigkeit als liechtensteinischer Anwaltsnotar sowie zu dessen grenzüberschreitender anwaltlicher und notarieller Tätigkeit [Teil II], AnwBl 2022/209).
3.6 Bezogen auf den notariellen Wirkungskreis hat der EuGH die Errichtung von öffentlichen Urkunden – trotz der auch von ihm anerkannten bedeutsamen Rechtswirkungen dieser Urkunden – nicht als Tätigkeit qualifiziert, die unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist. Der EuGH stützt seine Entscheidung auf das Argument, dass der Parteiwille die Grundlage notariellen Handelns bildet und weder eine Beurkundung noch die Erklärung der Vollstreckbarkeit der Urkunde ohne die Zustimmung der Parteien erfolgen kann. Wenngleich nach der Rsp des EuGH die notariellen Tätigkeiten auf Tatbestandsebene an den Voraussetzungen der Niederlassungsfreiheit bzw der Dienstleistungsfreiheit gemessen werden müssen, verkennt der EuGH keineswegs die Bedeutung der Notare im staatlichen Funktionssystem und bestätigt ausdrücklich, dass Beschränkungen der Grundfreiheiten gerechtfertigt sein können. Beschränkungen der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit können gemäß Art 52 (iVm Art 61) AEUV (vgl Art 33 EWRA) aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt werden. Soweit der in Frage stehenden Beschränkung kein Diskriminierungscharakter zukommt, kommt eine Rechtfertigung darüber hinaus auch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses in Betracht. Voraussetzung ist jedoch, dass die Maßnahme zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet ist und darüber hinaus nicht über das zu seiner Erreichung erforderliche Maß hinausgeht (EuGH 29. 11. 2007, Kommission/Österreich, C-393/05; EuGH 1. 2. 2017, Kommission/Ungarn, C-392/15, EU:C:2017:73 Rn 120; Forster/Dobler, aaO § 1 Rz 40).
3.7 Als zulässig hat der EuGH die österreichische Regelung beurteilt, wonach die Beglaubigungen der Echtheit von Unterschriften auf Urkunden zur Begründung oder Übertragung von grundbücherlichen Rechten den Notaren vorbehalten bleiben. In dogmatischer Betrachtung qualifiziert der EuGH die diesbezügliche nationale Regelung zwar als Beschränkung (im konkreten Anlassfall der Dienstleistungsverkehrsfreiheit), doch sieht er diese im Hinblick auf den erforderlichen Schutz der ordnungsgemäßen Rechtspflege als gerechtfertigt an (vgl EuGH 9.3.2017, Piringer, C-342/15, EU:C:2018:186 Rn 59; Stöger, NZ 2017, 161 (164 ff); Rechberger/Kieweler, ZfRV 2017, 122 (129 ff); Schall in FS Bittner 588 ff; Forster/Dobler, aaO § 1 Rz 41).
3.8 Die mit den notariellen Tätigkeiten verfolgten Ziele, konkret etwa das Gewährleisten der „Rechtmäßigkeit und […] Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen“, sind als zwingende Gründe des Allgemeininteresses zu qualifizieren, die zur Rechtfertigung der Beschränkung der Grundfreiheiten herangezogen werden können. Als potenziell rechtfertigbare Beschränkungen führt der EuGH die Vorgaben des Bestellungsverfahrens, die zahlenmäßige und örtliche Beschränkung, Bezugsregelungen sowie Regeln zur Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit und zu etwaigen Unvereinbarkeiten ins Treffen. Eine Rechtfertigung von Beschränkungen ist daher nach der dargestellten Judikatur des EuGH durchaus möglich (Rüffler/Müller, aaO [Teil II]).
3.9 Die Aufsicht über die Notare ist territorial beschränkt. Da diese (unter anderem) zentral für das österreichische Notariat ist (vgl A.2. und §§ 153, 154 NO), ist eine Beschränkung der passiven Dienstleistungsfreiheit für notarielle Tätigkeiten zulässig.
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Einschränkung notarieller Tätigkeiten läuft im Wesentlichen auf eine Prüfung der Gleichwertigkeit der nach dem Recht eines Mitgliedstaats tatsächlich erbrachten Dienstleistung und der vom Recht des anderen Mietgliedstaats vorgesehenen Dienstleistung hinaus. Es geht also um eine funktionale Vergleichbarkeit der Dienstleistungen. Wird diese bejaht, so scheitert die Rechtfertigung der Beschränkung an ihrer Verhältnismäßigkeit. Eine verhältnismäßige Beschränkung ist dort als zulässig anzuerkennen, wo besonders sensible Rechtsbereiche betroffen sind, wozu auch Beurkundungen iZm Firmenbuchangelegenheiten zählen. Beschränkungen der passiven Dienstleistungsfreiheit von liechtensteinischen Notaren sind somit grundsätzlich einer Rechtfertigung zugänglich (ihre Verhältnismäßigkeit vorausgesetzt; Thomas Jaeger, aaO).
3.10 Zu prüfen ist zunächst die Frage, welche notarielle Tätigkeit beabsichtigt wird und wozu die Tätigkeit verlangt wird (so unterliegen gerade öffentliche Register besonderem Schutz). Sodann ist darauf abzustellen, ob eine funktionale Gleichwertigkeit der Tätigkeit des ausländischen Notars mit der eines inländischen Notars besteht (Thomas Jaeger, aaO).
4. Zur Gleichwertigkeit der Urkundsperson:
4.1 Die Gleichwertigkeit der Urkundsperson richtet sich insbesondere danach, ob die ausländische Urkundsperson nach den Vorschriften des ausländischen Rechts dieselbe Sicherheit bietet wie die nach inländischer Vorschrift zuständige Beurkundungsperson und ob die ausländische Beurkundungsperson eine gleiche Qualifikation wie österreichische Notare aufweist (umfassende juristische Ausbildung, Unparteilichkeit, die Amtsführung unter Aufsicht stehend; Spath, aaO zu § 2 NO Rz 5).
4.2 Zu den Grundlagen des österreichischen Notariats vgl A. 2.1 f.
4.3.1 Das liechtensteinische Notariat fußt auf dem Konzept der Anwaltsnotare. Dies bedeutet, dass die Berufe Notar und Rechtsanwalt miteinander vereinbar sind und gegebenenfalls auch parallel ausgeübt werden dürfen (vgl Art 15 LiNotarG, der als unvereinbare Beschäftigung lediglich die dem Ansehen des Berufsstandes zuwiderlaufende Beschäftigungen nennt; Marxer & Partner Rechtsanwälte, aaO Rz 52.8; Daniel Damjanovic, Spieglein, Spieglein an der Wand, gibt es Notare im Fürstenland?, AnwBl 2022/273; Thomas Jaeger, aaO).
4.3.2 Liechtenstein ist – im Gegensatz zu Österreich - kein Mitglied der Internationalen Union des Notariats (UINL = internationale Vereinigung notarieller Berufsorganisationen aus Ländern, die eine lateinische Notariatsordnung kennen).
4.3.3 Die Voraussetzungen zur Berufsausübung sind (Art 4 LiNotarG):
• die erfolgreich abgelegte liechtensteinische Rechtsanwaltsprüfung,
• mindestens 3-jährige effektive und regelmäßige Tätigkeit als liechtensteinischer Rechtsanwalt oder als Notar in einem EWRA-Vertragsstaat oder der Schweiz und
• die erfolgreich abgelegte liechtensteinische Notariatsprüfung (Marxer & Partner Rechtsanwälte, aaO Rz 52.5).
4.3.4 Der materielle Charakter des Anwaltsnotariats wird spätestens mit Art 5 Abs 5 LiNotarG deutlich, demzufolge jene Personen von der schriftlichen Prüfung befreit sind, die sich in die Liste der liechtensteinischen oder der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eintragen lassen können (Rüffler/Müller, aaO Teil I).
Wer alle Voraussetzungen gemäß Art 4 Abs 2 LiNotarG erfüllt und einen entsprechenden Antrag bei der Notariatskammer einbringt, wird in die Notariatsliste eingetragen. Vor Aufnahme der Notariatstätigkeit muss der Notar vor dem Präsidenten des Fürstlichen Obergerichts den Amtseid ablegen (Marxer & Partner Rechtsanwälte, aaO Rz 52.6). In Liechtenstein besteht bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen somit ein Rechtsanspruch auf die Eintragung in die Notariatsliste (Art 6 LiNotarG), eine Altersgrenze existiert nicht (vgl Art 4, 63 LiNotarG; Christian Zib, aaO).
Der Notar hat seinen Beruf unabhängig und unparteiisch auszuüben. Ein Notar ist liechtensteinischer Amtsträger. Er ist mit staatlicher Autorität ausgestattet, um öffentliche Urkunden zu errichten (Marxer & Partner Rechtsanwälte, aaO Rz 52.8 und 52.13).
4.3.5 Das Tätigkeitsfeld der Notare in Liechtenstein ist im Vergleich zu Österreich stark eingeschränkt (Thomas Jaeger, aaO): Der liechtensteinische Notar kann ausschließlich beurkunden und beglaubigen und konkurriert dabei mit dem Landgericht und dem Amt für Justiz. Das liechtensteinische Notariat ist als zusätzliches Dienstleistungsangebot konzipiert. Das alleinige Anbieten notarieller Dienstleistung wird als wirtschaftlich kaum rentabel angesehen (Schwärzler/Blecha, Die Einführung des Notariats in Liechtenstein).
4.4 Zur konkreten Prüfung der Gleichwertigkeit der österreichischen und liechtensteinischen Notare kann auf Christian Zib, Beurkundungen liechtensteinischer Anwaltsnotare im österreichischen Gesellschaftsrecht, NZ 2024/20, verwiesen werden:
4.4.1 Berufsantritt und fehlende Altersgrenze im LiNotarG entsprechen eher dem System bei Rechtsanwälten als dem des österreichischen Notariats.
4.4.2 Der österreichische Notar muss Amtshandlungen ablehnen, wenn es sich um ein verbotenes Geschäft handelt oder der Verdacht eines Schein- oder Umgehungsgeschäfts oder eines Geschäfts zum Zweck der widerrechtlichen Benachteiligung eines Dritten besteht, ebenso bei Grund zur Annahme mangelnder Geschäftsfähigkeit für das vorzunehmende Geschäft (§ 34 NO). Im Falle eines Interessenskonflikts ist eine Beurkundung unzulässig und unwirksam (§ 33 NO), was neben Parteiinteressen auch dem öffentlichen Interesse an der Rechtmäßigkeit der Beurkundung dient. Die Möglichkeit, eine Beurkundung abzulehnen oder eine Meldung an die Geldwäschemeldestelle zu erstatten (§ 36c NO), ohne existentiell beeinträchtigt zu sein, wird in Österreich durch die Systemisierung der Stellen (§ 9 NO) gewährleistet. Diese dient daher nicht nur der Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen und auch nicht dem Schutz der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit der Notariate als Selbstzweck, sondern der Durchsetzung der staatlich vorgegebenen Pflichten.
In Liechtenstein bestehen ebenfalls Mitwirkungsverbote bei verbotenen oder Scheingeschäften (Art 19 Abs 1 LiNotarG) und - weniger weitgehend als in Österreich - bei Interessenskonflikten. Es gibt aber keine Systemisierung der Notarstellen, die eine Ablehnung im öffentlichen Interesse ohne existentielle Beeinträchtigung erlauben würde (vgl Art 6 LiNotarG).
4.4.3 Weiter abgesichert werden die notariellen Pflichten in Österreich durch eine nicht nur standesrechtliche, sondern auch staatliche Aufsicht und Disziplinargewalt: Die Aufsicht über Notare obliegt letztlich staatlichen Organen (§ 153 NO) und der Notar kann bei Disziplinarvergehen (§ 155 Abs 2, § 156 NO) durch mehrheitlich mit staatlichen Organen besetzte Disziplinarsenate bei den Oberlandesgerichten und beim Obersten Gerichtshof (§ 171 Abs 1 NO) vom Amt suspendiert (§ 180 NO) und seines Amtes enthoben werden (§ 19 Abs 1 lit h NO). Die in den Disziplinarsenaten tätigen Berufsrichter sind unabhängig und der staatlichen österreichischen Rechtsordnung, nicht aber den Interessen des Notarstandes verpflichtet. Die Akten (und andere Unterlagen) der österreichischen Notare unterliegen einer regelmäßigen Einsicht und Überprüfung (Revision) durch die Notariatskammer im Hinblick auf Standespflichtverletzungen und die Verhinderung von Geldwäsche (§ 154 NO).
Liechtensteinische Notare unterliegen ebenfalls einer Disziplinargerichtsbarkeit durch staatliche Gerichte (Art 52, 53, 76 LiNotarG). Im LiNotarG besteht aber keine Revisionspflicht der liechtensteinischen Notariatskammer, sondern nur deren Recht, im Rahmen ihrer Aufsicht über die Notare jederzeit Einsicht in die Register - nicht aber in die Urkunden (vgl Art 36 Abs 1 LiNotarG) - zu nehmen (Art 36 Abs 4, Art 49 LiNotarG). Die Überprüfung ist weder verpflichtend noch regelmäßig vorgesehen. Die Revision bei liechtensteinischen Notaren entspricht daher insgesamt annähernd der bei österreichischen Rechtsanwälten, nicht aber der bei österreichischen Notaren.
4.4.4 Dies alles sind zusammenhängende Elemente, die die Erfüllung der ausgelagerten Staatsaufgaben sicherstellen, was auch der EuGH als zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt hat. Von Bedeutung ist aber nicht nur, dass die Staatsbindung liechtensteinischer Notare hinter der österreichischer Notare zurückbleibt. Zu bedenken ist auch, dass die nationalen österreichischen Vorschriften die Bindung der Notare an die jeweils eigenen rechtlichen Vorgaben und die Aufsicht durch den eigenen Staat (und eigene Standesorgane) regeln, nicht aber an/durch ausländische. Eine solche Bindung fehlt bei Tätigwerden ausländischer Notare völlig. Die Regulierung und Aufsicht wird dann nicht durch den österreichischen Staat ausgeübt, sondern allenfalls - soweit überhaupt geregelt - durch den (hier:) liechtensteinischen. Da es dabei um die Erfüllung österreichischer öffentlicher Aufgaben geht, liegt darin ein Kontrolldefizit. Das österreichische System der Ernennung, Pflichten und Aufsicht greift bei einem liechtensteinischen Notar nicht.
4.4.5 Die österreichischen Ausschließungsgründe bei Interessenskonflikt (§ 33 NO) gelten für sämtliche Amtstätigkeiten, jene des Art 28 LiNotarG aber nur für Beurkundungen, während die Art 42 ff LiNotarG über Beglaubigungen keine entsprechende Regelung enthalten.
4.4.6 Eine dem österreichischen Recht vergleichbare Pflicht zur Verfügbarkeit bei der Ausübung des Amtes (§ 21 NO) - Anzeigepflicht an die Notariatskammer bei Nichtausübung durch mehr als drei aufeinanderfolgende Tage (inkl Samstage), Bewilligungspflicht bei Nichtausübung an insgesamt über 60 Tagen/Jahr - besteht in Liechtenstein nicht.
4.4.7 Da das Notariat ausgelagerte Staatsaufgaben der Bevölkerung zur Verfügung stellen soll, ist der Notar in Österreich zur Vornahme von Amtshandlungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (§ 35 NO). Der liechtensteinische Notar kann hingegen eine Beurkundung ohne Angabe von Gründen verweigern (Art 27 Abs 4 LiNotarG). Das entspricht der österreichischen Rechtslage bei Rechtsanwälten (§ 10 Abs 1 RAO), nicht aber bei Notaren.
4.4.8 Schließlich bestehen auch noch Unterschiede bei der Versicherungspflicht zwischen österreichischen und liechtensteinischen Notaren (§ 30 NO; Art 20 Abs 4, 5 LiNotarG).
4.5 Bei Bejahung der Gleichwertigkeit würde die Wahrnehmung österreichischer öffentlicher Aufgaben durch einen ausländischen Notar jener durch einen österreichischen Amtsträger gleichgestellt, und zwar für Rechtsakte mit primärer Auswirkung im österreichischen Rechtsraum. Mit einer nicht an die Zulassung und Aufsicht des österreichischen Staats geknüpften Urkundstätigkeit ausländischer Notare im Inland würde diesen hoheitliche Tätigkeit ohne Kontrollmöglichkeit überlassen. Damit ginge ein Verlust an Rechtssicherheit und eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden und der Rechtspflege einher.
4.6 Bei derartigen Abweichungen in der konkreten Stellung - wie sie bei liechtensteinischen gegenüber österreichischen Notaren vorliegen – ist eine Gleichwertigkeit der ausländischen Urkundsperson bei Beurkundungen nicht gegeben. Die Gleichwertigkeitsprüfung scheitert somit schon an der Stellung der Urkundsperson.
5. Zur Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs:
5.1 Hier kommt es darauf an, ob die ausländischen Beurkundungsvorschriften mit jenen in Österreich vergleichbar und mit diesen gleichwertig sind (vgl Spath, aaO § 2 NO Rz 5).
5.2 Über die Normzwecke des § 76 Abs 2 Satz 1 und 2 GmbHG herrscht in Literatur und Rsp teilweise Uneinigkeit; zudem hat der Gesetzgeber die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die FlexKapG als nicht notwendig erachtet. Ausweislich der Gesetzesmaterialien und nach ständiger Rechtsprechung und einem Teil der Lehre ist primärer Normzweck die „Immobilisierung“ des Geschäftsanteils, also die Unterbindung der Umlauffähigkeit der Geschäftsanteile im Handelsverkehr, insbesondere im Börseverkehr (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, § 76 Rz 25 mwN; Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 14; RS0060244).
Als Normzweck werden weiters – im Hinblick auf die den Notar treffende Belehrungspflicht über die mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH typischerweise verbundenen besonderen Gefahren und Risken (vgl 6 Ob 59/20z) – der Schutz der Parteien vor übereiltem Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft, die Feststellung der Identität der Vertragsparteien und die Publizität als öffentliche Urkunde genannt (RS0060256 [T4]). Das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG bezweckt die Formbindung der Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung des Geschäftsanteils (RS0060244 [T2]). Das Formerfordernis dient außerdem der Beweissicherung (RS0060244). Der Formpflicht im Bereich des § 76 GmbHG kommt daher auch eine Klarstellungsfunktion zu (RS0060234 [T2]). Gerade dieser Klarstellungsfunktion wird auch in der Literatur Bedeutung beigemessen, zumal die Eintragung der Gesellschafter im Firmenbuch einer rechtssicheren Grundlage bedarf (Koppensteiner/Rüffler, aaO § 76 Rz 16; vgl 6 Ob 180/17i). Auf die Einhaltung der Formvorschrift ist streng zu achten; die erforderliche Notariatsaktsform kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht abbedungen werden (RS0086631). Es handelt sich dabei um zwingendes Recht (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 176; vgl 6 Ob 198/20s ua).
5.3 Die Gleichwertigkeit der Auslandsbeurkundung setzt voraus, dass der Beurkundungsvorgang den tragenden Grundsätzen des österreichischen Beurkundungsrechts entspricht. Wesentliche Merkmale des Beurkundungsvorgangs sind nach österreichischem Recht beim Notariatsakt die Identitätskontrolle, die Prüfung der Urteilsfähigkeit und Berechtigung zum Abschluss, eine inhaltliche Warnung und Belehrung, die Verlesung (zu alledem §§ 34, 52, 53, 55 NO), die Beweissicherung durch Archivierung (§ 110 Abs 3 NO) und die Unzulässigkeit eines Ausschlusses der Haftung nach § 39 NO.
Das LiNotarG regelt demgegenüber lediglich die Identitätskontrolle (Art 27 Abs 2) und die Prüfung der Urteilsfähigkeit (Art 27 Abs 3) für Beurkundungen in einer dem österreichischem Recht (§§ 34 Abs 2, 52, 55 NO) entsprechenden Weise (Christian Zib, aaO).
5.4 Bei Notariatsakten - im Gesellschaftsrecht etwa über einen Geschäftsanteilserwerb - ist die Aufklärung über die damit typischerweise verbundenen besonderen Gefahren und Risiken nach Rsp und Lehre essentiell und einer der Formzwecke des Notariatsaktes. Eine zentrale Frage bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit bildet daher die erwartbare Kenntnis des österreichischen Rechts bei der ausländischen Beurkundungsperson, die bei liechtensteinischen Notaren in der Regel nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.
Hier wurden die Parteien – wie im Notariatsakt festgehalten – von MMag. E*, LL.M., als liechtensteinischem Notar belehrt (Art 27 Abs 1 LiNotarG), der jedoch zugleich als österreichischer Rechtsanwalt zugelassen ist. Er kann daher zweifellos inhaltlich ebenso gut über die Gefahren aufklären wie ein österreichischer Notar, doch steht dem, wie bereits dargelegt, der Verstoß gegen die Unvereinbarkeitsbestimmungen der §§ 20 lit. b RAO, 7 Abs 1 NO entgegen. Hinzu kommt, dass keine dem österreichischen Recht vergleichbare Garantien bestehen, dass er dies auch unparteilich tut. Das ist eine Frage seiner Stellung und des Beurkundungsvorgangs und – wie bereits zur Gleichwertigkeit der Urkundsperson ausgeführt - zu verneinen(Christian Zib, aaO).
5.5 Darüber hinaus bestehen noch weitere formale Unterschiede.Nach österreichischem Recht ist der Notariatsakt den Parteien vorzulesen und deren Genehmigung anzuführen (§ 68 Abs 1 lit f NO). Nach Art 32 LiNotarG legt der Notar den Parteien die Urkunde zum Lesen vor oder liest sie ihnen vor und lässt sich von ihnen bestätigen, dass die Urkunde ihren Parteiwillen enthält. Eine Verlesungspflicht besteht nach dem LiNotarG nicht (Christian Zib, aaO). Hier wurde laut Beurkundungsvermerk die Urkunde von MMag. E*, LL.M., vollinhaltlich vorgelesen.
5.6 Die Haftung des Notars nach § 39 NO kann in Österreich bei Amtsgeschäften (insbesondere Notariatsakten) nicht ausgeschlossen werden. Der liechtensteinische Notar kann hingegen mit anwaltlich vertretenen Parteien (und zwar von einem Rechtsanwalt vertreten, der in der Jurisdiktion zugelassen ist, nach deren Recht die Urkunde erstellt wird) eine Haftungsbeschränkung vereinbaren (Art 27 Abs 5 LiNotarG). Die beschränkbare Haftung des liechtensteinischen Notars ist daher der österreichischen Rechtslage nicht gleichwertig (Christian Zib, aaO).
5.7 Ferner kann der liechtensteinische Notar eine Beurkundung ohne Angabe von Gründen verweigern (Art 27 Abs 4 LiNotarG).
5.8 Damit ist auch die Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs durch liechtensteinische Notare im Vergleich zu österreichischen Notaren nicht gewährleistet. Neben der geforderten Qualität der Belehrung garantiert das LiNotarG die Unparteilichkeit des liechtensteinischen Notars nicht im erforderlichen Ausmaß, wovon sowohl die Stellung der Urkundsperson als auch der Beurkundungsvorgang selbst betroffen sind.
6. Zusammengefasst steht der Beurkundungstätigkeit eines liechtensteinischen Notars und Rechtsanwalts, der in Österreich die Eignungsprüfung nach dem EiRAG erfolgreich absolviert hat und in Österreich als Rechtsanwalt bereits aufgetreten ist, für ein österreichisches Beurkundungserfordernis bereits das Gebot der Berufstrennung (§ 7 Abs 1 NO) entgegen. Mag. E*, LL.M., kann sich – bei mehreren aufrechten Berufsbefugnissen – nicht aussuchen, in welcher Funktion er tätig wird und sämtliche anderen Funktionen ausblenden.
Aber auch die Gleichwertigkeitsprüfung einer von einem liechtensteinischen Notar für ein österreichisches Beurkundungserfordernis vorgenommenen Beurkundung scheitert sowohl an der mangelnden Gleichwertigkeit der Stellung des liechtensteinischen Notars als auch des Beurkundungsvorgangs an sich. Die Unparteilichkeit des Notars ist in Liechtenstein aufgrund der dort nicht gegebenen österreichischen Besonderheiten - wie zahlenmäßige und örtliche Beschränkungen der Notariatsstellen/Systemisierung, enge staatliche Bindung und Aufsicht/Revision, Disziplinargerichtsbarkeit, kein Rechtsanspruch auf Bestellung (vgl III. A. 2.) - nicht im gleichen Maße gewährleistet wie für österreichische Notare. Da gerade öffentliche Register besonderem Schutz unterliegen, wozu auch das Firmenbuch zählt, kommt der Unparteilichkeit aber wesentliche Bedeutung zu. Das Tätigkeitsfeld der Notare in Liechtenstein ist im Vergleich zu Österreich stark eingeschränkt. Das alleinige Anbieten notarieller Dienstleistung wird in Liechtenstein als wirtschaftlich kaum rentabel angesehen (vgl oben 4.3.5), womit aber die erforderlichen Garantien (insbesondere Richtigkeits- und Neutralitätsgewähr) nicht im selben Ausmaß wie in Österreich gewährleistet sind.
All diese Gründe sprechen auch dafür, dass sich die gegenwärtigen zahlenmäßigen und örtlichen Beschränkungen der mitgliedstaatlichen Notarsysteme, die (auch) die grenzüberschreitende Mobilität von notariellen Dienstleistungen beschränken, unionsrechtlich weitgehend rechtfertigen lassen (vgl auch Rüffler/Müller, aaO [Teil II]). Die Beschränkung der passiven Dienstleistungsfreiheit ist dadurch gerechtfertigt.
7. Der Argumentation der Gesellschaft, einer tiefergehenden Belehrung und Aufklärung habe es nicht bedurft, weil die rechtlichen Konsequenzen bereits am 18.10.2018 durch einen österreichischen Notar hinreichend erläutert worden seien, ist entgegenzuhalten, dass die jetzige Übernehmerin nicht anwesend und nicht unmittelbare Adressatin dieses Abtretungsanbots war. Von einer ihr bereits 2018 erteilten Belehrung kann daher nicht ausgegangen werden. Darüber hinaus sieht § 52 Abs 1 NO bei der Errichtung jedes Notariatsaktes eine Belehrungspflicht vor.
8. Richtig ist, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der § 76 Abs 2 Satz 1 und 2 GmbHG auf die FlexCo als nicht notwendig erachtete (§ 12 Abs 1 FlexKapGG). Hier liegt aber völlig unstrittig keine FlexCo vor.
9. Auch der Umstand, dass bereits Landesgerichte in Österreich Beurkundungen durch MMag. E*, LL.M., anerkannten, kann der Gesellschaft nicht zum Erfolg verhelfen. Ein daraus ableitbarer Anspruch auf die weitere Anerkennung von Beurkundungen durch diesen liechtensteinischen Notar besteht nicht.
Das Erstgericht hat das Eintragungsbegehren zu Recht abgewiesen. Dem unberechtigten Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.
Einer Bewertung des Entscheidungsgegenstandes nach § 59 Abs 2 AußStrG bedarf es nicht, weil nicht über eine rein vermögensrechtliche Angelegenheit zu entscheiden war.
Grundvoraussetzung des Kostenersatzanspruchs nach § 78 AußStrG ist, dass sich zumindest zwei Parteien mit entgegengesetzten Interessen gegenüberstehen (Pilgerstorfer in Artmann, UGB3 § 15 FBG Rz 188; vgl Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG² § 78 Rz 127). Hier scheidet eine Kostenersatzpflicht mangels Gegenpartei aus.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 15 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob der Beurkundung, die die Grundlage der Firmenbucheintragung bildet, durch einen liechtensteinischen Notar Gleichwertigkeit im Vergleich zu einer Beurkundung durch einen österreichischen Notar zukommt - soweit ersichtlich - fehlt.
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