OLG Graz 6R73/24p

OLG Graz6R73/24p22.1.2025

Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Maga. Fabsits als Vorsitzende sowie die Richterinnen Maga. Gassner und Drin. Meier als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A*, **, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz, Mag. Eva Dohr und andere, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei B* AG, **, vertreten durch die MUSEY rechtsanwalt gmbH in Salzburg, wegen EUR 90.000,00 samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsstreitwert: EUR 90.000,00 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Oktober 2024, GZ **-52, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0639:2025:00600R00073.24P.0122.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.863,82 (darin EUR 643,97 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

 

 

ENTSCHEIDUNGSgründe:

Der Kläger hat bei der Beklagten zu Versicherungsnummer ** mit Beginn 15. September 2016 eine Unfallversicherung „IGV Tarif 2013 Unfallvorsorge Premium mit Wertanpassung“ abgeschlossen. Versicherte Person ist der Kläger, versicherter Leistungsbaustein die dauernde Invalidität mit Progression 500 % mit einer Versicherungssumme von EUR 200.000,00. Dem Versicherungsverhältnis liegen die AUVB Unfallvorsorge Premium (Beilage ./3) zugrunde.

Der Dauerinvaliditätsanspruch ist in den AUVB Unfallvorsorge Premium wie folgt geregelt:

„Artikel 7

Was versteht man unter dauernder Invalidität, wann wird dafür eine Leistung erbracht:

7.2.1. Voraussetzung für die Leistung ist:

Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Invalidität ist innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes, aus dem Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die Möglichkeit einer auf Lebenszeit dauernden Invalidität hervorgeht und innerhalb von 24 Monaten ab dem Unfalltag gerechnet bei uns schriftlich geltend gemacht worden.

7.2.2. Die Invaliditätsleistung zahlen wir als Kapitalbetrag bei Unfällen der versicherten Person vor Vollendung des 75. Lebensjahres.

7.4. Für andere Körperteile und Sinnesorgane bemisst sich der Invaliditätsgrad danach, inwieweit die normale körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit insgesamt beeinträchtigt ist. Dabei sind ausschließlich medizinische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

7.7. Steht der Grad der dauernden Invalidität nicht eindeutig fest, sind sowohl die versicherte Person als auch wir berechtigt, den Invaliditätsgrad jährlich bis vier Jahre ab dem Unfalltag ärztlich neu bemessen zu lassen, und zwar ab zwei Jahren nach dem Unfalltag auch durch die Ärztekommission.

…“.

Artikel 23 lautet:

„Welche [richtig:] sachlichen Begrenzungen des Versicherungsschutzes sind vereinbart?

23.1. Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.

23.4. Für organisch bedingte Störungen des Nervensystems wird eine Leistung nur erbracht, wenn und soweit diese Störung auf eine durch den Unfall verursachte organische Schädigung zurückzuführen ist. Seelische Fehlhaltungen (Neurosen, Psychoneurosen) gelten nicht als Unfallfolgen.“

 

Der Leistung der Beklagten aus der unstrittigen 20%igen Dauerinvalidität liegt das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. C*, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 8. Februar 2018 sowie das Gutachten des Dr. D*, Sachverständiger für Neurologie, vom 16. März 2018 zugrunde.

Dem Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Dr. C* lag die eingeholte Krankengeschichte wie auch ein Attest des Dr. E*, Facharzt für Orthopädie in ** vom 12. Dezember 2017 lautend wie folgt zugrunde:

Der Patient A* ist seit Jahren regelmäßig mit seiner Mutter in der Ordination. Bei dem Patienten kommt es am 24. Oktober 2016 im Rahmen eines Freizeitunfalls (Eishockey) durch einen Check gegen die Bande zu folgenden Verletzungen: Frontale Hirnblutung, Bruch des 7. Brustwirbelkörpers …

Der Patient nimmt regelmäßig 10 mg Oxygerolan. Ohne diese Tabletten kann der Patient weder lange sitzen noch stehen und vor allen Dingen nicht Autofahren. …

Ich habe den Patienten darüber informiert, dass höchstwahrscheinlich eine Einschätzung für die private Unfallversicherung von 40 % zustandekommen wird, da die Fraktur des 7. Brustwirbels ventral zu einem [richtig:] Keilwirbel geworden ist und die ventrale Höhe weniger als die Hälfte der ursprünglichen Wirbelkörperhöhe beträgt.“

Ebenfalls vom Sachverständigen erhoben und im Gutachten unter „Eigene Angaben und subjektive Beschwerden“ des Klägers angeführt sind:

„… In der ersten Nacht zu Hause habe ich unerträgliche Schmerzen im gesamten Rücken bekommen. Ich habe am nächsten Tag im LKH F* Dr. E* kontaktiert. Ich wurde stationär in der SKA F* aufgenommen. Dort war ich dann ca. eine Woche zur Behandlung. Dann wurde ich wieder nach Hause entlassen. Ich habe starke Schmerzmittel mit einer relativ hohen Dosis bekommen, nämlich Oxygerolan und ein Korsett zur Stützung. …“

Unter „jetzige Beschwerden“ die von der Verletzung kommen wurde festgehalten:

„Jetzt bin ich zwei Mal in der Woche bei einer Physiotherapeutin in Behandlung. Im Rücken habe ich leider noch immer relativ starke Beschwerden. Ich kann nicht länger als maximal 45 Minuten sitzen. Für mich ist das Autofahren ein Horror. Es ist dabei ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich muss beruflich 90.000 km im Jahr fahren. Ich nehme zwei Mal täglich Oxygerolan 10 mg. Ich habe seit dem Unfall auch dumpfe Kopfschmerzen. Wenn ich Auto fahre, habe ich von der Mitte des Rückens Schmerzen hinunter und auch hinauf bis zu den Schulterblättern. Ich habe Dr. E* immer wieder gesagt, dass ich Kopfschmerzen habe. Es wurden aber keine Röntgen, keine CT-Untersuchung des Schädels und auch keine neurologische Untersuchung gemacht.“

Zur unfallskausalen Invalidität hielt der Sachverständige in Punkt 4. seines Gutachtens fest:

Jetzt besteht in der Brustwirbelsäule eine deutliche Keilform des 7. Brustwirbelkörpers und eine flache Eindellung der Deckplatte des 9. Wirbelkörpers. Diese Veränderungen verursachen eine deutliche Verminderung der Belastungsfähigkeit und eine Einschränkung der Beweglichkeit. Insgesamt sind keine keilförmige Achsabweichung und auch keine Instabilität entstanden. Der jetzt festgestellte Schaden ist durch weitere Behandlungen nicht zu verbessern. Der gegenständliche Unfall hat zu einer Invalidität von 20 % des Ganzkörperwertes geführt. Aufgrund der Gehirnverletzung mit Bewusstlosigkeit und einer Kontusionsblutung sowie dem Verdacht auf einen zerebralen Krampfanfall wurde die Einholung eines neurologischen Gutachtens empfohlen.“.

Der neurologische Sachverständige Dr. D* hat in seinem Gutachten vom 16. März 2018 mit dem Auftrag, ein Gutachten über eine allfällige Dauerinvalidität zu erstellen, Folgendes ausgeführt:

Unter dem Punkt 4. Exploration wurde festgehalten:

„Einschränkungen bestehen überwiegend beim Sitzen. Er gibt an, dass er nicht länger wie ca. eineinhalb Stunden sitzen kann im Auto, dann muss er aussteigen und sich bewegen. Auch im Büro bei sitzenden Tätigkeiten muss er zwischendurch aufstehen und sich bewegen. Er beschreibt einen ziehenden Schmerz, in einem Entspannungsstuhl ist er mehr oder weniger schmerzfrei. Schmerzverstärkung bei Bewegung, wobei gehen besser ist als sitzen. Er stuft den Schmerz mit ca. 7 ein trotz Schmerzmittel, ohne Schmerzmittel geht es überhaupt nicht. Dieser Schmerz ist im Rückenbereich. Die Symptomatik ist in etwa sechs Monaten unverändert. Er macht zwei Mal die Woche Physiotherapie sowie auch Jogaübungen zur Entspannung. Die Beweglichkeit hat sich verbessert, aber der Schmerz ist in etwa gleichbleibend. Im Sitzen ist es im Wesentlichen ein Ziehen, wenn es direkt auf den Brustwirbel drückt, hat er auch ein Stechen. Zusätzlich bestehen Kopfschmerzen. Er beschreibt einen Druckkopfschmerz im Hinterkopf, nicht am Morgen, jedoch verstärkt bei Belastung bzw bei Wärme, bei Sonne benötigt er eine Kopfbedeckung sowie immer wieder Schmerztabletten. Die Beschwerden hat er ein bis zwei Mal in der Woche. Mit Schmerztabletten legen sich die Kopfschmerzen. Dauer unterschiedlich, manchmal auch einen Tag anhaltend. Keine Lichtempfindlichkeit, keine Übelkeit, teilweise werden die Kopfschmerzen als pulsierend beschrieben, vor dem Unfall keine Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen sind anschließend an den Unfall aufgetreten. Am Anfang hat er die Kopfschmerzen dem Unfall zugeschrieben. Die Kopfschmerzen waren häufiger von der Stärke bzw Intensität aber ähnlich. Die ersten zwei Monate täglich, dann Abnahme der Kopfschmerzen auf das jetzt beschriebene Maß.“.

Unter Punkt 6. „Somatischer Status“ wurde folgende Medikation festgelegt:

„Oxygerolan Retard Tabletten 10 mg 1-0-1 seit August/September 2017, davor 20 mg.

Thomapyrin Tabletten ein bis zwei Mal pro Woche wechselnd;

Parkemed Tabletten 500 mg bei Bedarf

Nurofen Rapid bei Bedarf

Adolomed bei Bedarf.“

Unter Diagnosen wurden festgehalten:

„Contusio cerebri S06.21, Kontusionsblutung 5 mg temporo occipital rechts 161.9, berichtete posttraumatische Kopfschmerzen, G44.3, berichtete bzw beobachtete tonische Verkrampfung am Unfallort R56.8, Deckplattenimpressionsfraktur des 7. Brustwirbelkörpers T08.0, berichtete Kreuzschmerzen bei Belastung M54.5.“

UnterBerücksichtigung der orthopädisch bewerteten Dauerinvalidität von 20 % vom Ganzkörperwert und einer neurologischen Dauerinvalidität von 0 % vom Ganzkörperwert wurde eine Dauerinvalidität von gesamt 20 % vom Ganzkörperwert ermittelt. Darauf aufbauend hat die Beklagte dem Kläger ausgehend von der Versicherungssumme in Höhe von [richtig:] EUR 200.000,00 im Unfallszeitpunkt und der ermittelten Funktionseinschränkung von 20 % eine Versicherungsleistung in Höhe von EUR 40.000,00 ermittelt und an den Kläger angewiesen.

Mit dieser Invaliditätseinstufung zeigte sich der Kläger nicht einverstanden und übermittelte der Beklagten ein Gutachten des Dr. E* vom 25. Juni 2018, in welchem er mit der Diagnose „Wirbelkörperbruch mit statisch wirksamen Achsenknick- und Keilwirbelbildung mit massiven Dauerschmerzen“ zu einer Invaliditätseinschätzung von 40 % gelangte. Eine dazu eingeholte Stellungnahme des Dr. C* vom 10. Juli 2018 beurteilte das gegenständliche Gutachten als unschlüssig. Mit E-Mail vom 13. September 2018 an die Klagevertreter teilte die Beklagte mit, dass Dr. C* mit der Einberufung der Ärztekommission beauftragt wurde.

Letztlich ist ein Schiedsverfahren jedoch unterblieben.

Daraufhin wurde von der Beklagten ein weiteres Gutachten durch einen Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, nämlich durch Dr. G* vom 9. Juni 2022 eingeholt und darin in der zusammenfassenden Beurteilung festgehalten:

„Heute berichtet der Versicherungsnehmer von anhaltenden Schmerzen, sein Beschwerdebild habe sich seit der Begutachtung durch Dr. C* am 8. Februar 2018 nicht gebessert, er empfindet eher eine Zunahme der Beschwerden. Im Vergleich der Befundbeschreibung im Vorgutachten und dem heute vorliegenden Funktionsbild und auch im Vergleich der Röntgenbilder 2018 zu 2022 lässt sich keine signifikante Befundverschlechterung erkennen. Ergebniskausale Diagnose: Zustand nach Kompressionsbruch Brustwirbelkörper 7. mit Ausbildung eines Keilwirbels, mäßige Deckplattenimpression, BWK 9. Ein Rehabilitationsaufenthalt im RZ H* ist ab 15. Juni 2022 vorgesehen. Somit kommt der Sachverständige in seiner Einschätzung der kausalen Funktionseinschränkung weiter wie im Gutachten Dris. C* mit 20 % Gesamtkörperwert.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2022 lehnte daher die Beklagte jegliche weiteren Leistungsansprüche ab.

Erstmals mit Schreiben vom 20. Oktober 2022 schrieb der Kläger über seinen Rechtsvertreter:

„Wie Ihnen ebenso bereits bekannt ist, ist mein Mandant A* seit Oktober 2016 so schwerwiegend verletzt, dass er durchgehend auf eine Schmerztherapie angewiesen ist. Wie dem Gutachten Dr. I* vom 5. Juni 2022 entnommen werden kann, hat sich bereits eine Abhängigkeit von Oxycodon entwickelt und ergeben sich durch diese dauerhafte Medikamenteneinnahme Nebenwirkungen, wie immer wieder auftretende Schwindelzustände, Benommenheit, Müdigkeit, für ihn untypische Konzentrations- und Merkfähigkeitsprobleme und Ähnliches.

Herr A* hat immer wieder versucht, die Therapie mit Oxycodon zu beenden, was jedoch aufgrund der Schmerzsymptomatik und fehlender Alternativen bisher nicht gelungen ist. …

Aufgrund dessen hat mein Mandant Ihnen gegenüber bekanntgegeben, dass über die 20%ige Dauerinvalidität rein aus körperlicher Sicht eine weitere Dauerinvalidität aus neurologischer Sicht vorliegt und er daraus eine weitere Invaliditätsentschädigung fordert. Diese wurde mit ihrem Schreiben vom 6. Juli 2022 und dem Gutachten Dris. G* vom 9. Juni 2022 abgelehnt.“

Mit Schreiben vom 14. November 2022 wurde auch dieses Forderungsschreiben des Klägers durch die Beklagte abgelehnt.

Der Kläger hat am 23. Oktober 2016 beim Eishockeyspielen Verletzungen im Bereich des Schädels und der Wirbelsäule erlitten, als er gegen eine Bande geprallt war. Die Erstbehandlung war im LKH J*, Unfallchirurgie, erfolgt, wobei ein Kompressionsbruch des 7. Brustwirbelkörpers sowie eine minimale Prellungsblutung des Gehirns in der rechten Schläfenhinterhauptregion diagnostiziert wurde. Die Behandlung erfolgte konservativ. Auf eigenen Wunsch erfolgte die Entlassung des Klägers aus beruflichen Gründen am 24. Oktober 2016, wobei er allerdings aufgrund zunehmender Beschwerden neuerlich stationär behandelt werden musste. Dieses Mal im Krankenhaus F* in der Sonderkrankenanstalt für Orthopädie in der Zeit vom 25. Oktober bis 1. November 2016. Die primäre Diagnose wurde bestätigt und erweitert auf Deckplatteneinbrüche BWK 8 bis 10 sowie eine intensive Schmerzbehandlung eingeleitet, unter anderem mit Oxygerolan. Weiters wurde ein Mieder verordnet, welches durch mehrere Monate getragen wurde. Der Kläger hat seine selbstständige Tätigkeit (er betrieb eine Dachdeckerfirma zum Zeitpunkt des Unfalls mit 60 bis 70 Mitarbeitern und ist zudem als gerichtlicher Sachverständiger tätig) im eingeschränkten Umfang wieder aufgenommen. Die Gehirnprellung ist folgenlos ausgeheilt. Die Schmerzmedikation konnte in der Folge von Oxygerolan 40 mg zwei Mal täglich auf Oxygerolan 10 mg zwei Mal täglich bis zum August/September 2017 reduziert werden.

In weiterer Folge kam es zu einem langsamen Zusammensinken des 7. Brustwirbelkörpers, weshalb der Orthopäde Dr. E* in ** und auch Dr. K* im Krankenhaus L* konsultiert wurden. Es erfolgten intensive physiotherapeutische Behandlungen und war die ständige Einnahme von Schmerzmitteln aufgrund von starken Schmerzen erforderlich. Der Kläger leidet nach wie vor unter permanenten Schmerzen im Rücken mit Ausstrahlung nach oben zwischen den Schulterblättern. Der Kläger hat keinerlei neurologische Ausfälle und zeigt sich eine mäßige Einschränkung der Beweglichkeit bei deutlicher Muskelverspannung sowie Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit im mittleren BWS-Bereich. Derzeit besteht beim ehemals frakturierten 7. Brustwirbelkörper eine deutliche keilförmige Deformierung, wobei der Brustwirbelkörper in dieser Fehlstellung stabil verheilt ist. Zusätzlich zeigen sich Deckplattenimpressionen des 8. und 9. Brustwirbelkörpers und eine leicht verstärkte Kyphosierung mit einer segmentalen Kyphose von etwa 12 Grad im Segment BWK 6/7. Diese Veränderungen an der Wirbelsäule sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unfallskausal und haben eine unfallskausale Dauerinvalidität von 20 % des Ganzkörperwertes aus rein unfallchirurgisch-orthopädischer Sicht bewirkt. [F 1:] Inwieweit der Kläger zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfall dauerhaft auf Schmerzmittel angewiesen sein würde, ist weder ex post noch war dies ex ante beurteilbar, wiewohl zu diesem Zeitpunkt dauerhafte Schmerzen bestanden, welche mit Oxygerolan behandelt wurden.

Inwieweit ein Patient mit den Verletzungen des Klägers dauerhaft unter Schmerzen leiden wird, kann weder zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfallereignis noch per 23. Oktober 2020 oder zum heutigen Datum festgestellt werden. Der Kläger weist derzeit eine Anpassungsstörung, eine Gewöhnung an Opioide in derzeit niedriger Dosierung, ein Schmerzsyndrom der Wirbelsäule ohne Hinweis auf eine Schädigung von Nervenwurzeln, einen folgenlosen Zustand nach Gehirnprellung im Schläfenhinterhauptsbereich rechts auf. In der Krankengeschichte des Klägers sind weder Schwindelzustände, Benommenheit, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen jeweils aufgrund von Medikamenteneinnahme im Zeitraum vom Unfall 23. Oktober 2016 bis 23. Oktober 2020 dokumentiert. Für eine organische Schädigung des Nervensystems im genannten Zeitraum gibt es ebenfalls keinen Hinweis. Aufgrund der langen Einnahmedauer ist es beim Kläger zu einer Gewöhnung an Oxygerolan gekommen, sodass eine weitere Reduktion der Dosis schwierig war bzw ist. Derzeit nimmt der Kläger eine Tagesdosis von 15 mg Oxygerolan. Oxygerolan ist ein registrierter Handelsname der Firma M* (**) und enthält Oxycodonhydrochlorid. Oxycodon ist ein stark wirksames Opioid, das heißt die Wirkung ist vergleichbar mit jener eines Morphins. Die vom Kläger angeführten Beschwerden, nämlich Schwindelzustände, Benommenheit, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen können grundsätzlich bei der Einnahme von Oxygerolan eintreten, insbesondere am Beginn der Einnahme oder bei Dosissteigerungen, doch kommt es bei längerer Einnahme normalerweise zu einer Toleranzentwicklung. Das heißt, die Wirkung und auch allfällige Nebenwirkungen lassen nach. Der Kläger hat im ersten Jahr nach dem gegenständlichen Unfall mit höheren Dosierungen von Oxygerolan als derzeit (bis zu einer Tagesdosis von 80 mg) unter anderem ein Kraftfahrzeug gelenkt und auch Besichtigungen auf Dächern durchgeführt. Eine Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit, Schwindelzustände, Benommenheit und Müdigkeit hat der Kläger gegenüber den behandelnden Gutachtern bei Ärzten nicht angegeben und wurde demnach nicht dokumentiert. Symptome wie Konzentrationsstörungen, Müdigkeit oder Schwindelzustände sind auch derzeit nicht feststellbar. Der Kläger schilderte gegenüber den Gutachtern im Vorfeld des Gerichtsverfahrens lediglich Kopfschmerzen. Nach der Reduktion der Dosis auf eine Tagesdosis von 20 bzw 15 mg kann es nicht medikamentenbedingt zu zunehmenden Beschwerden gekommen sein. Zwar verursacht das abrupte Absetzen von Oxygerolan zusätzliche Schmerzen, die Schmerzen sind auch ein Entzugssymptom im Opiatentzug. In den vorliegenden medizinischen Unterlagen sind jedoch Schwindelzustände, Benommenheit und Konzentrationsstörungen nicht dokumentiert. Auch im Gutachten des Dr. D* vom 16. März 2018, das eine ausführliche Anamnese und einen psychischen Status enthält, sind derartige Beschwerden nicht angeführt. Es ergibt sich, dass im kognitiven Bereich keine Einschränkungen bestanden bzw bestehen. Ein allfälliges neues Auftreten derartiger Beschwerden kann weder dem Unfall noch der mittlerweile noch etwas verringerten Dosis von Oxygerolan zugeschrieben werden. Im Gutachten des Dr. I* vom 5. Juni 2022 sind die fraglichen Symptome in der subjektiven Beschwerdeschilderung angeführt, im psychopathologischen Status wird jedoch nur beschrieben, dass der Kläger etwas müde wirkt.

Auch aktuell ist die Stimmungslage des Klägers etwas herabgestimmt und gereizt. Der Kläger leidet unter einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik. Ein kausaler Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall oder der Medikation besteht jedoch nicht. Auch im Rahmen einer nicht schweren gereizt depressiven Verstimmung können Schlafstörungen, Schwindelzustände, Benommenheit und Konzentrationsstörungen auftreten. Schlafstörungen sind ein häufiges und unspezifisches Symptom. Nach einer Nacht mit weniger Schlaf kann es naturgemäß auch zu Tagesmüdigkeit kommen. Symptome von Schlafstörungen werden von etwa einem Drittel der Menschen der Allgemeinbevölkerung berichtet und die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Eine Einschränkung kognitiver Funktionen ist beim Kläger nicht fassbar bzw objektivierbar. Auch eine allfällige Notwendigkeit, sich Termine zu notieren, ist nicht als Symptom einer Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit anzusehen.

Grundsätzlich sind Opiate zur Behandlung chronischer Schmerzen schlecht geeignet, bei akuten Schmerzen sind sie zwar unentbehrlich, auf die lange Sicht hätte der Kläger die Medikation jedoch bereits wechseln bzw ändern müssen. Die Einnahme von Oxycodon zur Behandlung langfristig bestehender Rückenschmerzen ist problematisch und im eigentlichen Sinn nicht medizinisch indiziert. Die medizinische Indikation ist deshalb nicht gegeben, weil die Wirksamkeit von Opioiden binnen weniger Wochen nachlässt, langfristig keinen Vorteil bringt und das Risiko einer Opiatabhängigkeit mit sich bringen, welche beim Kläger auch bereits vorliegt. Der Kläger hat jedoch zunächst die hohe Medikation von rund 80 mg, die er sukzessive reduzieren konnte, deshalb eingenommen, um seinen Geschäftsbetrieb weiterführen zu können. Er musste Baubesprechungen absolvieren und hätte dieses Pensum nicht geschafft, wenn er nicht so hohe Schmerzmitteldosen eingenommen hätte. Erst im Laufe der Jahre gelang es dem Kläger, seine berufliche Tätigkeit einzuschränken. Dem Kläger war ursprünglich mitgeteilt worden, dass er keine Nachwirkungen aus dem Unfall haben würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger gegenüber den beigezogenen Sachverständigen geäußert hat, unter Schwindel zu leiden. Der Kläger schilderte lediglich Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und Kopfschmerzen. Es ist davon auszugehen, dass die geschilderten Schmerzen beim Kläger tatsächlich vorlagen bzw vorliegen. Versuche des Klägers, seinen Oxygerolankonsum auszuschleichen, sind jedesmal gescheitert. Der Kläger erlitt stets so starke Schmerzen, dass er dazu nicht in der Lage war, wobei es sich hierbei um eine typische Nebenwirkung des Opiatentzugs handelte. An Tagen, wo der Kläger trotz der Einnahme von Oxygerolan an Schmerzen leidet, nimmt er zusätzlich andere Schmerzmittel ein. Grundsätzlich wäre für den Kläger die Einnahme anderer Medikamente wie Ibuprofen, Metagelan (Novalgin) zu empfehlen. Diese Medikamente haben eine andere Wirkung, auch eine andere Wirkungsweise, machen aber nicht abhängig, wobei auch hier möglicherweise nicht sämtliche Schmerzen beseitigt werden. Bei einem Entzug des Klägers von Oxygerolan wäre auf die lange Sicht nicht mit schlimmeren Schmerzen als derzeit zu rechnen. Ein Entzug führt zwar kurzfristig zu stärkeren Schmerzen auf die lange Sicht aber zu mehr Wohlbefinden.

Der Kläger absolviert seit dem Unfall zwei Mal wöchentlich Physiotherapie und geht auch zwei Mal wöchentlich zur Massage. Zusätzlich nimmt er Stromtherapien in Anspruch. Während eines Kuraufenthaltes gelang es ihm auch, die Medikation von Oxygerolan auf 10 mg zu reduzieren, wobei er zusätzlich noch Novalgin eingenommen hatte. Zu Hause angelangt erhöhte er die Medikation jedoch wieder. Der Kläger leidet derzeit an Schlafstörungen, wobei er mindestens einmal in der Nacht schweißgebadet aufwacht und dann nicht mehr einschlafen kann, wodurch er tagsüber müde ist. Schlafstörungen können ebenfalls Schmerzen verursachen und sind generell in der Bevölkerung weit verbreitet. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Unfall oder der Opiateinnahme kann nicht festgestellt werden.

Mit seiner am 21. Dezember 2022 eingebrachten Klage begehrt der Kläger auf Basis einer Gesamtinvalidität von 35 % (nach einer [Teil-]Zahlung einer Invaliditätsleistung) eine weitere Versicherungsleistung von EUR 70.000,00 zuzüglich eines vereinbarten Zuschusses von EUR 20.000,00. Er bringt zusammengefasst vor, dass – kausal auf den Unfall vom 23. Oktober 2016 zurückführend – über die von der Beklagten anerkannte 20 %-ige Dauerinvalidität aus rein körperlicher Sicht (orthopädisch bewertet) eine weitere Dauerinvalidität aus neurologischer Sicht von 15 % vorliege, resultierend aus der dauerhaft notwendigen Schmerzmitteleinnahme und den Nebenwirkungen daraus. Beim Kläger habe sich bereits eine Abhängigkeit von Oxycodon entwickelt. Die am 4. Juli 2018 beantragte Neubemessung der Invalidität sei von der Beklagten abgelehnt worden. Der Kläger habe weitere Beschwerden fristgerecht gemeldet, eine Verfristung sei nicht eingetreten. Der Kläger leide – wohl aufgrund eines gebildeten Keilwirbels nach dem Bruch des Brustwirbelkörpers – permanent an Schmerzen und müsse seit 2016 durchgehend Schmerzmittel einnehmen. Zudem leide er an Schlafstörungen und seien mit der dauerhaften Medikamenteneinnahme Nebenwirkungen verbunden, wie Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit und ähnliches. Bei den Beeinträchtigungen handle es sich um Folgen des Unfalls, die sich aus den vom Unfall herrührenden Schmerzen und der dadurch notwendigen Medikamenteneinnahme ergeben hätten. Der Kläger stütze seien Anspruch auf eine 20 % übersteigende Dauerinvalidität in Zusammenhang mit dauerhaften Schmerzen und notwendiger Medikamenteneinnahme auch auf unfallchirurgische-orthopädische Ursachen. Bereits ein Jahr nach dem Unfall habe festgestanden, dass der Kläger zur Linderung seines Schmerzgeschehens auf die dauerhafte Einnahme von Medikamenten angewiesen sein werde. Die damit zusammenhängenden Funktionsstörungen, insbesondere die damit einhergehenden Nebenwirkungen, seien bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden.

Die Beklagte bestreitet, beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung und wendet zusammengefasst ein: Rücksichtlich der Wirbelkörperbrüche und der Funktionsminderung in der Beweglichkeit der Wirbelsäule sei ein Funktionsminderungswert von 20 % auf den Ganzkörper eingetreten. In neurologischer Hinsicht sei es jedoch nicht zu einer Funktionsminderung in geistiger oder sonstiger Betrachtungsweise gekommen. Allfällige Folgen einer Medikamenteneinnahme lösten keine Leistungspflicht aus, zumal die körperliche Funktionsminderung bereits mit der Ersatzleistung für die Wirbelkörperfunktionsminderung abgegolten sei. Weiters sei der Beklagten keinerlei ärztliches Attest über eine derartige Funktionsminderung fristgerecht übermittelt worden. Allfällige Folgen daraus, wie Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, stellten keine Unfallfolgen dar. Eine allfällige geistige Störung durch Medikamente oder Nebenwirkungen von Medikamenten sei keine körperliche Schädigung durch den Unfall. Eine Versicherungsleistung werde nach Artikel 23 Z 1 der maßgeblichen Versicherungsbedingungen jedoch nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen erbracht. Nur für organisch-bedingte Störungen des Nervensystems, die tatsächlich durch den Unfall verursacht worden seien, würden Leistungen erbracht. Wenn überhaupt, dann seien die Störungen des Klägers durch Suchtabhängigkeit von der Opioidmedikation herrührend. Dies sei eine generell andere Kausalitätskette, die keine morphologische Nervenschädigung als Ursache habe, wobei bestritten werde, dass beim Kläger überhaupt Schwindelzustände, Benommenheit, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen aufgetreten seien.

Mit dem angefochtenen Urteil weist das Erstgericht das Klagebegehren ab. Nach Wiedergabe des unstrittigen Sachverhalts trifft es die eingangs dargestellten, soweit im Berufungsverfahren strittig, kursiv wiedergegebenen Feststellungen. Nach mit Judikaturzitaten belegten, allgemeinen Ausführungen zur Auslegung von Versicherungsbedingungen und zur Definition einer Dauerinvalidität in der Unfallversicherung kommt das Erstgericht bezogen auf den konkreten Anlassfall rechtlich zum Ergebnis, für die nach Gliedertaxen zu berechnende Invalidität ergebe sich für den Kläger eine dauerhafte Funktionseinschränkung in der Höhe von 20 % des Ganzkörperwerts aus rein unfallchirurgisch-orthopädischer Sicht. Aus den vom Kläger relevierten permanenten Schmerzen und der notwendigen Einnahme des Medikaments Oxygerolan sowohl im Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfall als auch im Zeitpunkt der letztmöglichen Neubemessung (23. Oktober 2020) sei keine weitere kausale Funktionsbeeinträchtigung eingetreten. Zum einen sei im Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfall nicht abschätzbar gewesen, inwieweit der Kläger allenfalls auf Lebenszeit unfallkausale Schmerzen haben und auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen sein werde. Weiters sei auch nicht absehbar gewesen, dass sich eine Opiatabhängigkeit manifestieren werde. Dies deshalb, weil Opiate nicht generell zur Behandlung chronischer Schmerzen geeignet seien, weil sie zu einem Gewöhnungseffekt führen würden und ihr Einsatz bei chronischen Schmerzen daher nicht indiziert sei. Schmerzen an sich würden wiederum keine Funktionsbeeinträchtigung im Rahmen der Unfallversicherung bewirken, weil der Kläger durch die eingenommenen Medikamente seiner beruflichen Tätigkeit habe nachgehen können und diese erst im Laufe der Jahre reduziert habe. Nach den Versicherungsbedingungen hätte bereits im Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfall feststehen müssen, dass der Kläger lebenslang an Schmerzen leiden werde bzw lebenslang auf eine Medikation durch Opiate angewiesen sein würde, dies verbunden mit daraus resultierenden weiteren neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen. Gerade diese Prognose könne nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht erfolgen. Aus unfallchirurgischer Sicht sei bei der eingetretenen Verletzung nicht zwingend mit Schmerzen und einer damit verbundenen Medikamenteneinnahme zu rechnen. Darüber hinaus habe sich beim Kläger nicht einmal bis dato, also mehr als acht Jahre nach dem Unfall, eine zusätzliche neurologische Funktionsbeeinträchtigung manifestiert. Die unfallsbedingt notwendige Einnahme von Schmerzmitteln ziehe auch nicht zwingend eine unfallchirurgisch-orthopädische oder andere Funktionsbeeinträchtigungen nach sich. Zum anderen könnten die vom Kläger angeführten Beeinträchtigungen (Schlafstörungen, Schwindel, Benommenheit, Konzentrationsstörungen) weder dem Unfallereignis selbst noch der Opiateinnahme zugeordnet werden. Eine neurologische Störung beim Kläger im Sinne der Versicherungsbedingungen sei unfallsbedingt nicht aufgetreten. Der Kläger habe die angeführten Beeinträchtigungen gegenüber der Beklagten auch erstmals im Jahr 2022, zu einem Zeitpunkt, wo eine Neubemessung gar nicht mehr möglich gewesen sei, reklamiert. Alleine aus dem Umstand, dass er Schmerzen habe, könne eine Funktionsbeeinträchtigung, die zu einer Leistung aus der Unfallversicherung führe, nicht abgeleitet werden. Aus der bloßen Schmerzmitteleinnahme lasse sich keine dauernde Invalidität ableiten. Da die vom Kläger geltend gemachten Beeinträchtigungen, wie Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Schwindel weder der Einnahme von Opiaten noch dem Unfallereignis zugeordnet hätten werden können, sei auch durch die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Anästhesie kein weiterer Informationsgewinn zu erwarten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in eine Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

I. Zur Verfahrensrüge:

1. Als Verfahrensmangel rügt der Kläger die Abweisung seines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Anästhesie. Die Frage nach dauerhaften Schmerzen und der Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln habe von keinem der beiden im Verfahren beigezogenen gerichtlichen Sachverständigen ordnungsgemäß beantwortet werden können, beide hätten jeweils auf das Fachgebiet des anderen verwiesen. Zudem habe der unfallchirurgische Sachverständige auch noch erklärt, die Beantwortung dieser Frage könne in das Fachgebiet eines Anästhesisten fallen. Ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Anästhesie wäre in der Lage gewesen darzulegen, dass die Prognose der dauerhaften Medikamenteneinnahme und der damit einhergehenden Funktionsstörung bereits ein Jahr nach dem Unfall abgegeben werden hätte können. Hinzu komme, dass der unfallchirurgische Sachverständige überhaupt nicht befähigt gewesen sei, die Frage nach den dauerhaften Schmerzen und der notwendigen Einnahme von Schmerzmedikamenten zu beantworten, der unter anderem ausgeführt habe, dass Verläufe, was die Schmerzsymptomatik betreffe, a priori nicht zu beurteilen seien und diese Frage von ihm nicht beurteilt werden könne, weil dies nicht in sein Fachgebiet falle.

2. Die Beurteilung der Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens, mit anderen Worten, ob dieses die getroffenen (oder andere) Feststellungen rechtfertigen kann, ist der Beweiswürdigung zuzuordnen (RIS-Justiz RS0043163; RS0040046 [T17]; RS0040586 [T2]; RS0043168 [T8]). Zu dieser zählt auch die Beurteilung, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll (stRsp; RIS-Justiz RS0043414 [insb T18]; RS0043320; RS0040586 [T1]; RS0113643; 7 Ob 61/24g; Schneider in Fasching/Konecny3 III/1 § 362 ZPO Rz 6). Zu den Angelegenheiten der Beweiswürdigung zählen die Fragen, ob zum Beweis einer strittigen Tatsache ein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich ist (RIS-Justiz RS0043163; RS0043320) oder andere Kontrollbeweise aufzunehmen sind, ob der gerichtliche Sachverständige die notwendigen Kenntnisse besitzt oder die vorzunehmende Begutachtung in das Sachgebiet eines anderen Sachverständigen fällt (RIS-Justiz RS0043588 [T3]; 2 Ob 120/21t), ebenso wie die Beurteilung der Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens und die Bemängelung des vom Erstgericht aufgenommenen Sachverständigenbeweises (RIS-Justiz RS0113643 [T1, T7]).

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens kann dann vorliegen, wenn der (zunächst) beigezogene Sachverständige nicht sämtliche für die abschließende Beurteilung der Sache notwendigen Fragen beantworten kann und das Gericht einem relevanten Beweisantrag zu den ungeklärt gebliebenen Bereichen (regelmäßig in Form der Einholung eines Gutachtens aus einem anderen Fachgebiet) nicht entsprochen hat.

3. Es trifft nicht zu, dass die Frage nach dauerhaften Schmerzen und der Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln von keinem der beiden im Verfahren beigezogenen Sachverständigen ordnungsgemäß beantwortet worden sei. Es lag am Kläger, einen konkreten rechtserheblichen Sachverhalt als Beweisthema vorzutragen, ein darauf gerichteter Beweisantrag, das „Schmerzgeschehen zu beurteilen“, würde einen unzulässigen Erkundungsbeweis darstellen (vgl RIS-Justiz RS0039973, RS0039881, RS0040023). Der Kläger begründete sein Begehren auf höhere Invaliditätsleistung einerseits damit, durch die dauerhaften Schmerzen samt Medikamenteneinnahme wäre es zu einer neurologischen Störung gekommen (neurologischer Fachbereich) und andererseits damit, auch die unstrittig vorhandene orthopädische Funktionsbeeinträchtigung führe wegen der damit verbundenen Schmerzen samt notwendiger Medikamenteneinnahme zu einem höheren Invaliditätsgrad als 20 % (unfallchirurgischer Fachbereich). Erstere Thematik wurde durch den beigezogenen neurologischen Sachverständigen geklärt, letztere durch den unfallchirurgischen Sachverständigen. Beide haben die an sie gerichteten Fragen – soweit es ihr Fachgebiet betrifft – vollständig beantwortet. Ein Verweis auf den jeweils anderen Sachverständigen oder eine fehlende Expertise bezog sich immer auf die Beurteilung der Fragen aus einem anderen, nicht dem jeweiligen Sachverständigen zuzuordnenden Fachgebiet. Der Kläger stellt die diesbezügliche Aktenlage in seiner Verfahrensrüge verkürzt dar:

So kam der neurologische Sachverständige Dr. N* in seinem Gutachten (schriftliches Gutachten ON 14; mündliche Gutachtenserörterung ON 24, S 2 bis 7) über Befragen dazu, ob binnen Jahresfrist die Prognose dauerhafter neurologischer Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund von Medikamteneinnahme bestand, zum eindeutigen Ergebnis, dass beim Kläger überhaupt keine neurologische Funktionsstörung bestehe und demzufolge auch eine Medikamenteneinnahme aus neurologischen Gründen nicht notwendig sei. Auch die Frage von Schmerzen beantwortete er aus neurologischer Sicht abschließend, nämlich dahin, aus neurologischer Sicht sei nicht nachvollziehbar, dass dauerhafte Schmerzen vorlägen. Er nahm auch ausführlich zum Medikament Oxygerolan (Wirkstoff: Oxycodon) Stellung und legte dar, dass dieses zur chronischen Behandlung von Rückenschmerzen nicht medizinisch indiziert sei, wobei er die Gründe hiefür nachvollziehbar erklärte und auch zu möglichen Nebenwirkungen sowie der Gefahr einer Abhängigkeit Stellung nahm. Die dauerhafte Einnahme des Medikaments sei aus neurologischer Sicht nicht nachvollziehbar und ein Entzug anzustreben, was zu einer Besserung des Gesamtbefindens führen könne. Die Frage danach, ob der Kläger bereits am 23. Oktober 2020 auf das Medikament Oxygerolan angewiesen gewesen sei, verneinte der Sachverständige und verwies darauf, dass das Medikament damals bereits hätte ausgeschlichen sein sollen.

Auf den unfallchirurgischen Sachverständigen verwies der neurologische Sachverständige nur insoweit, als es um die Beurteilung der mit der orthopädisch festgestellten Funktionsbeeinträchtigung verbundenen Schmerzen gehe (die Schmerzen, die der Kläger geschildert habe, fielen ins unfallchirurgische bzw orthopädische Fachgebiet und seien ebenso wie die Frage, ob diese dauerhaft seien, nach diesem Fachgebiet zu beurteilen, vgl ON 24 S 2, 3 und 5).

Diese Fragen hat in weiterer Folge der unfallchirurgische Sachverständige Dr. O* aus unfallchirurgischer Sicht beantwortet, wobei er zum Ergebnis kam, die Verletzung sei aus unfallchirurgischer Sicht ausgeheilt, die unfallkausale dauerhafte Funktionseinschränkung liege bei 20 % des Ganzkörperwerts. Zur Frage der Dauerhaftigkeit von Schmerzen nahm der unfallchirurgische Sachverständige ausführlich Stellung und erklärte über mehrfaches Befragen, dass dies nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit beurteilbar sei, zusammengefasst, weil der Schmerzverlauf von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sei. Er bestätigte im Sinne des Klagsstandpunkts, dass die Schmerzen Folge des Unfalls seien und dass es aus Sachverständigensicht nachvollziehbar sei, dass der Kläger Schmerzmedikamente einnehme, ob die Schmerzen dauerhaft bleiben und ob der Kläger dauerhaft auf die Schmerzmedikamente angewiesen sein werde, sei jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit beurteilbar (vgl das schriftliche Gutachten ON 31 sowie die mündliche Gutachtensergänzung in ON 47, S 2 bis 4).

Dort, wo der unfallchirurgische Sachverständige darauf verweist, die Beurteilung falle nicht in sein Fachgebiet, bezieht er sich eindeutig auf die Beurteilung des Schmerzgeschehens aus anderer Sicht als der orthopädisch-unfallchirurgischen. Zwar führt er im Rahmen der Gutachtenserörterung bei Beantwortung der 14. Frage des Gutachtenserörterungsantrags des Klägers in der Tat etwas missverständlich aus, dass „Verläufe, was die Schmerzsymptomatik betrifft, a priori nicht zu beurteilen sind. Diese Frage kann von mir nicht beurteilt werden, dies deshalb nicht, weil es nicht in mein Fachgebiet fällt.“ (ON 47, S 4), dabei verweist er jedoch einleitend „auf das bereits Gesagte“, zumal er im Rahmen der Gutachtenserörterung bereits mehrfach zur Prognose dauerhafter Schmerzen befragt worden war. Berücksichtigung man seine davor getätigten Ausführungen, dass die Verletzung „aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht“ als ausgeheilt zu betrachten sei, „eine andere Sicht“ könne er nicht beurteilen, weil dies nicht in sein Fachgebiet falle (vgl insb ON 47, S 2), sowie die Klarstellung, „mein Fachgebiet ist rein die unfallchirurgische Beurteilung des Invaliditätsgrades und das wurde von mir durchgeführt“ (vgl ON 47, S 4) sowie seine im vorherigen Absatz referierten Ausführungen zur Frage dauerhafter Schmerzen, zeigt sich deutlich, dass er die Beurteilung des Schmerzgeschehens aus unfallchirurgischer Sicht - also deren Auswirkungen auf den unfallchirurgischen Invaliditätsgrad sowie die Prognose allfälliger aus der körperlichen Verletzung der Wirbelsäule herzuleitender Schmerzen - abschließend beantwortet hat.

Auf die Fachkompetenz eines „Neurologen oder Anästhesisten“ verwies der unfallchirurgische Sachverständige betreffend die Beurteilung des Schmerzmittels Oxygerolan, der damit verbundenen Nebenwirkungen und allfälligen Abhängigkeiten sowie behaupteter dadurch verursachter neurologischer Schäden (vgl ON 47, S 2), welche Fragen allesamt vom neurologischen Sachverständigen Dr. N* beantwortet wurden.

4. Das Gesagte zeigt, dass die im Verfahren relevanten Fragen von den Sachverständigen beantwortet wurden. Eine mit Mängelrüge geltend zu machende Unvollständigkeit der Sachverständigengutachten, das heißt eine lückenhafte Beurteilung der maßgeblichen Beweisthemen (dauerhafte unfallkausale Schmerzen; unfallkausale Funktionseinschränkung aufgrund der Notwendigkeit der dauerhaften Medikamenteneinnahme), mit der der Kläger den Beweisantrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Anästhesie begründet, liegt nicht vor.

Für das Erstgericht bestand keine Veranlassung, einen weiteren Sachverständigen beizuziehen. Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt demnach nicht vor.

II. Zur Aktenwidrigkeit

Die vom Berufungswerber behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.

Der Kläger behauptet, die (auch mittels Tatsachenrüge bekämpfte, bei Wiedergabe des Sachverhalts kursiv dargestellte) Feststellung dazu, es sei weder ex post, noch ex ante beurteilbar gewesen, inwieweit der Kläger dauerhaft auf Schmerzmittel angewiesen sein werde und es könne nicht festgestellt werden, inwieweit er dauerhaft an Schmerzen leiden werde, sei aktenwidrig, weil dies aus dem Gutachten des unfallchirurgischen Sachverständigen nicht hervorgehe. Die Feststellung sei vom Akteninhalt nicht gedeckt.

Damit verkennt er den Berufungsgrund. Eine Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RIS-Justiz RS0043397). Derartiges behauptet der Kläger hier gar nicht.

Das Erstgericht traf die kritisierte Feststellung durch Schlussfolgerungen aus den eingeholten Sachverständigengutachten, die der Berufungswerber kritisiert und den Standpunkt vertritt, die Feststellung sei „vom Akteninhalt“ nicht gedeckt. In der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen liegt aber keine Aktenwidrigkeit (RIS-Justiz RS0043421, RS0043347, RS0043324, RS00432189 [insbesondere T 3, T 6, T 7]). Will der Berufungswerber eine falsche Beweiswürdigung aufzeigen, ist er auf den Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung zu verweisen.

III. Zur Beweisrüge

1. An Stelle der bekämpften Feststellung, „Inwieweit der Kläger zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfall dauerhaft auf Schmerzmittel angewiesen sein würde, ist weder ex post noch war dies ex ante beurteilbar, wiewohl zu diesem Zeitpunkt dauerhafte Schmerzen bestanden, welche mit Oxygerolan behandelt wurden. Inwieweit ein Patient mit den Verletzungen des Klägers dauerhaft unter Schmerzen leiden wird, kann weder zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfallereignis noch per 23. Oktober 2020 oder zum heutigen Datum festgestellt werden.“ begehrt der Berufungswerber folgende Ersatzfeststellung:

„Es steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt unmittelbar nach dem Unfall, ein Jahr nach dem Unfall, aber auch zum Zeitpunkt 23. Oktober 2020, sowie zum heutigen Zeitpunkt dauerhaft an Schmerzen leidet und auf Schmerzmittel angewiesen ist, da zu all diesen Zeitpunkten dauerhafte Schmerzen bestanden, die dauerhaft mit den Medikament Oxygerolan behandelt werden."

Die bekämpfte Feststellung könne dem unfallchirurgischen Sachverständigengutachten Dris. O*, auf das sie das Erstgericht stütze, nicht entnommen werden. Der Sachverständige habe mehrfach darauf verwiesen, die Beantwortung der Frage der dauerhaften Schmerzen und der dauerhaften Einnahme von Schmerzmitteln falle nicht in sein Fachgebiet und er habe auch ausgeführt, es sei nicht auszuschließen, dass dauerhafte Schmerzen bestehen blieben. Aus all den Unterlagen ergebe sich, dass der Kläger seit dem Unfallzeitpunkt bis 23. Oktober 2020 und auch noch heute an starken Schmerzen leide und über die gesamte Dauer das Schmerzmedikament Oxygerolan eingenommen habe. Daraus ergebe sich, dass der Kläger dauerhaft an Schmerzen leide und diese dauerhaft mit dem genannten Schmerzmittel behandelt worden seien. Von einer Besserung könne nicht ausgegangen werden.

2. Gemäß § 272 ZPO obliegt die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Richter. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Erstgericht, das die Beweise unmittelbar aufgenommen hat, für eine von mehreren einander widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RIS-Justiz RS0043175; RS0043175; RES0000012; Klauser/Kodek, JN-ZPO18 § 272 E 24/1; Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 272 Rz 6). Das Erstgericht hat die Gründe, aus welchen Erwägungen es seine Überzeugung gewonnen hat, soweit auszuführen, dass ihnen selbige entnommen werden kann. Das Berufungsgericht hat die Beweiswürdigung (nur) darauf zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt wurden (SVSlg 64.915, 62.419; Klauser/Kodek, aaO § 467 E 40/4; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 482 Rz 6). Dass diese möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse zulassen, kann dabei nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen führen. Maßgeblich ist vielmehr ob – wie hier – für die richterliche Einschätzung ausreichende Gründe vorhanden sind (SVSlg 64.909; Klauser/Kodek, aaO § 467 E 39/1).

3. Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung primär auf die auch für das Berufungsgericht schlüssigen und gut nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. O* gegründet. Es hat sich in seiner Beweiswürdigung eingehend mit allen Stoffsammlungsergebnissen auseinandergesetzt und die getroffenen Feststellungen nachvollziehbar begründet. Dabei verkennt es nicht, womit der Kläger argumentiert, dass seine Schmerzzustände aus den angeführten Verletzungen zwanglos abgeleitet werden können; die Richterin legt auch ihren persönlichen Eindruck offen, dass die Schmerzzustände ihr gegenüber durchaus glaubhaft geschildert worden seien (vgl insbesondere die Beweiswürdigung auf Urteilsseite 16, unten). Worauf es jedoch ankommt ist, dass weder zum Unfallszeitpunkt noch im Zeitpunkt ein Jahr danach oder auch später abgeschätzt werden kann, inwieweit der Kläger aus unfallchirurgischer Sicht dauerhaft mit Schmerzen wird leben müssen. Diese Schlussfolgerung ist entgegen dem Vorwurf der Beweisrüge durch die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen eindeutig gedeckt, der nachvollziehbar darlegte, dass die Frage der Dauerhaftigkeit von Schmerzen nicht beurteilbar sei, weil dies extremen Schwankungen unterliegen könne, und dass nicht beantwortet werden könne, ob es zu Veränderungen des Schmerzgeschehens kommen könne. Per se sei die Verletzung aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht nach einem Jahr als ausgeheilt zu betrachten und habe eine unfallskausale Dauerinvalidität von 20 % des Ganzkörperwertes bewirkt. Der Kläger vermag diesen Ausführungen nichts Stichhältiges entgegenzusetzen, der sich gegen die Festsetzung des Invaliditätsgrades mit 20 % im Übrigen überhaupt nicht wendet.

Das Argument, der Sachverständige habe die Frage nicht abschließend beantwortet und darauf verwiesen, die Beantwortung der Frage der dauerhaften Schmerzen falle nicht in sein Fachgebiet, überzeugt nicht. Tatsächlich hat der unfallchirurgische Sachverständige diese Frage über mehrfaches Befragen beantwortet, nur eben nicht in dem vom Kläger gewünschten Sinne, sondern dahingehend, dass eine Prognose über eine dauerhafte Entwicklung der Schmerzsymptomatik beim Kläger nicht erstellt werden kann und auch ein Jahr nach dem Unfall bzw im Oktober 2020 nicht erstellt werden konnte. Es trifft zu, dass laut dem Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden kann, dass dauerhafte Schmerzen verbleiben. Dies konnte jedoch auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Die Argumentation des Klägers fußt auf der Prämisse, von einer Besserung seines Zustandes könne nicht ausgegangen werden und er werde dauerhaft auf Schmerzmittel angewiesen sein. Gerade dies ergibt sich jedoch weder aus dem Gutachten des unfallchirurgischen Sachverständigen Dr. O* noch aus dem Gutachten des neurologischen Sachverständigen Dr. N*, der bei einem Entzug vom Medikament Oxygerolan sogar eine mögliche Verbesserung des Zustands des Klägers prognostizierte. Die getroffenen Feststellungen sind durch die eingeholten Sachverständigengutachten gedeckt und wurden in nachvollziehbarer Weise begründet.

Im Übrigen ist die begehrte Ersatzfeststellung nicht geeignet, die Entscheidungsgrundlage zu verändern: Dass beim Kläger ein Jahr nach dem Unfall, am 23. Oktober 2020 sowie aktuell „dauerhafte“ Schmerzen bestanden und er auf Schmerzmittel angewiesen ist (wie er es festzustellen begehrt), sagt nämlich nichts darüber aus, ob er weiterhin auf Lebenszeit dauernd an unfallkausalen Schmerzen leiden und auf eine Schmerzmitteleinnahme angewiesen sein wird (zu verweisen ist in dem Zusammenhang auf die Definition der dauernden Invalidität in dem die Voraussetzung für Leistungen regelnden Art 7.2.1. der maßgeblichen AUVB). Zudem steht unbekämpft fest, dass – obgleich auch feststeht, dass der Kläger nach wie vor unter permanenten Schmerzen im Rücken mit Ausstrahlung nach oben zwischen den Schulterblättern leidet – die unfallskausalen Veränderungen an der Wirbelsäule (nur) eine unfallskausale Dauerinvalidität von 20 % des Ganzkörperwertes bewirkt haben und keine neurologische Funktionsbeeinträchtigung besteht.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 ZPO).

IV. Zur Rechtsrüge

1. In seiner Rechtsrüge vertritt der Kläger den Standpunkt, der Umstand, dass er nach den getroffenen Feststellungen im relevanten Zeitraum seit dem Unfall am 23. Oktober 2016 bis 2020 dauerhaft Schmerzen gehabt und Oxygerolan einnehmen habe müssen, müsse dazu führen, „dass dem Kläger auch diesbezüglich eine dauerhafte Invalidität und eine Leistung aus der Unfallversicherung zugebilligt werden“. Eine Beurteilung betreffend den Zeitraum 2023 oder 2024 durch die gerichtlichen Sachverständigen sei nicht relevant.

Dazu war zu erwägen:

2. Nach 7.2.1. der AUVB Unfallvorsorge Premium ist Voraussetzung für die begehrte Versicherungsleistung, dass die versicherte Person durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist und dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes, aus dem Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die Möglichkeit einer auf Lebenszeit dauernden Invalidität hervorgeht und innerhalb von 24 Monaten ab dem Unfalltag gerechnet schriftlich geltend gemacht worden ist.

Dauernde Invalidität ist der gänzliche oder teilweise Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen, organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit (7 Ob 124/23w mwN). Eine dauernde Invalidität liegt vor, wenn sie objektiv vorhanden („eingetreten“) ist (7.2.1. der AUVB Unfallvorsorge Premium; vgl 7 Ob 56/24x zu den gleichlautenden Art 7.1. AUVBP 2015). Dauerinvalidität in der Unfallversicherung erfordert, dass die Invalidität auf Lebensdauer feststeht oder nach dem ärztlichen Wissensstand zur Zeit der Beurteilung und der Erfahrung des Arztes die Prognose besteht, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Invalidität lebenslang andauern wird (RIS-Justiz RS0122988). Nur wenn sich innerhalb eines Jahres nach dem Unfall diese Prognose ergibt, ist die erste Voraussetzung für eine allfällige Leistungspflicht der Beklagten erfüllt (7 Ob 191/15m).

In der Unfallversicherung hat damit die Beurteilung des Vorliegens und des Grades einer dauernden Invalidität bezogen auf einzelne Körperteile, bzw Sinnesorgane oder einer (nach medizinischen Gesichtspunkten) spezifischen Funktionsunfähigkeit zu erfolgen (RIS-Justiz RS0130798). Bei der Funktionsbeeinträchtigung kommt es dabei nicht auf den Sitz der Verletzung an, sondern darauf, wo sich die Verletzung auswirkt (7 Ob 124/23w).

Im Hinblick auf die in Art 23 der maßgeblichen AUVB vereinbarten sachlichen Begrenzungen des Versicherungsschutzes liegt nur dann eine von der Versicherungsdeckung umfasste Störung des Nervensystems vor, wenn sie organische Ursachen hat. Wird das Nervensystem nicht organisch geschädigt, sondern entsteht eine Neurose nur aufgrund der psychischen Haltung des Geschädigten zum Unfall und seinen Folgen, so ist die Deckung nach Art Art 23 der AUVB Unfallvorsorge Premium ausgeschlossen. Für Zweifel über den Inhalt des Risikoausschlusses, auch im Sinn von § 6 Abs 3 KSchG, gibt es keinen Raum (RIS-Justiz RS0122120 zu nahezu wortgleichen Bestimmungen in den AUBV 1995 und AUVB 2008).

Eine Neubemessung des Grads der dauernden Invalidität ist nach Maßgabe des Artikel 7.7. der AUVB Unfallvorsorge Premium möglich und setzt nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass bereits die dauernde Invalidität grundsätzlich feststeht, ärztlich bemessen wurde und der Versicherer dazu eine entsprechende Erklärung abgegeben hat (7 Ob 63/07a mwN; 7 Ob 153/12v mwN; 7 Ob 47/16m mwN; RIS-Justiz RS0122859). Gemäß Artikel 7.7. AUVB Unfallvorsorge Premium sind sowohl die versicherte Person als auch der Versicherer berechtigt, den Invaliditätsgrad jährlich bis vier Jahre ab dem Unfalltag ärztlich neu bemessen zu lassen, wenn der Grad der dauernden Invalidität nicht eindeutig feststeht. Ein von der Erstbemessung allenfalls abweichender Invaliditätsgrad ist daher nur dann neu zu bemessen und zu berücksichtigen, wenn dies bis zu vier Jahre nach dem Unfalltag vom Versicherten oder vom Versicherer begehrt (beantragt) wird (7 Ob 63/07a = RIS-Justiz RS0116097 [T3], RS0109447 [T2], RS0082292 [T11], RS0082173 [T1]; 7 Ob 153/12v mwN). Die Zweckrichtung der Regelung liegt in der Herstellung von möglichst rascher Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Versäumt die versicherte Person oder der Versicherer die Antragstellung, so bleibt es bei der bisherigen Bemessung des Invaliditätsgrades (RIS-Justiz RS0122119). Maßgeblich ist daher der Invaliditätsgrad bis maximal zum Ablauf der Vierjahresfrist. Der Invaliditätsgrad zu einem späteren Zeitpunkt – etwa der aktuelle Invaliditätsgrad nach weiteren gesundheitlichen Verschlechterungen oder Besserungen – ist unerheblich (7 Ob 173/18v mwN).

3. Im Anlassfall behauptet der Kläger eine Invalidität von insgesamt 35 % (um 15 % mehr als die von Beklagtenseite bereits anerkannten und im Verfahren nicht bestrittenen 20 %) und leitet dies aus dauerhaften unfallkausalen Schmerzen und der Notwendigkeit der medikamentösen Behandlung ab, wobei er sich zur Begründung auf zwei unterschiedliche Argumentationslinien stützt, die in Folge zum besseren Verständnis getrennt behandelt werden:

3.1. Der Kläger behauptete im Verfahren erster Instanz primär eine zur 20%igen orthopädischen Funktionsbeeinträchtigung hinzukommende 15 %ige neurologische Beeinträchtigung und verwies auf einen Antrag auf Neubemessung vom 4. Juli 2018 (ON 1; ON 6; ON 9).

Ein Antrag auf Neubemessung setzt neben dem Umstand, dass die dauernde Invalidität innerhalb eines Jahres bereits feststand, voraus, dass sich der Gesundheitszustand verändert hat (bei Beantragung durch den Kläger, wie hier, verschlechtert hat). Andernfalls stellt sich die Frage der „Neubemessung“ nicht (7 Ob 221/12v).

Die behaupteten neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen leitete der Kläger unter anderem aus der (seinem Standpunkt nach bereits ein Jahr nach dem Unfall vorhersehbaren) dauerhaften Schmerzmitteleinnahme und den Nebenwirkungen daraus ab, insoweit wird daher eine Änderung seines Gesundheitszustands behauptet. Eine von der Versicherungsdeckung umfasste Störung des Nervensystems konnte er jedoch nicht unter Beweis stellen. Es steht unbekämpft fest, dass beim Kläger unfallsbedingt keine neurologische Störung aufgetreten ist (vgl dazu ergänzend zu den Feststellungen auf Urteilsseite 13 bis 15 [unter anderem, wonach es keinen Hinweis auf eine organische Schädigung des Nervensystems gebe und im kognitiven Bereich keine Einschränkungen bestanden und bestehen, eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik, Schlafstörungen ua in keinem kausalen Zusammenhang zum Unfall oder der Medikation stehen] die zusammenfassende dislozierte Feststellung im Rahmen der Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung, dass unfallbedingt keine nuerologische Störung aufgetreten ist [Urteilsseiten 16, 19]). Es steht auch unbekämpft fest, dass die in diesem Zusammenhang vom Kläger geltend gemachten Beeinträchtigungen, wie Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Schwindel, weder der Einnahme von Opiaten noch dem Unfallereignis kausal zugeordnet werden können.

Hinzu kommt, dass er diese Beeinträchtigungen vorprozessual – wie die Beklagte zutreffend einwandte – nicht schon im Schreiben vom 4. Juli 2018 benannt hat, sondern erst mit Schreiben vom 20. Oktober 2022 (Beilage./E), also nach Ablauf der 4-Jahres-Frist für eine mögliche Neubemessung. Gegen die dementsprechende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts wendet sich der Kläger in der Berufung auch gar nicht.

Soweit er schließlich mit der dauerhaft notwendigen Einnahme von Schmerzmitteln, konkret Oxgerolan, argumentiert, ist zur Vollständigkeit noch zu antworten: Zwar nimmt der Kläger dieses Medikament nach dem festgestellten Sachverhalt regelmäßig ein, es steht aber weiters fest, dass eine langfristige Behandlung damit medizinisch nicht indiziert ist, dass es zu der hohen Medikation ursprünglich deswegen kam, damit der Kläger seinen Geschäftsbetrieb weiter führen kann und dass andere Schmerzmittel für ihn zu empfehlen wären und bei einem Entzug auf lange Sicht nicht mit schlimmeren Schmerzen zu rechnen ist, vielmehr mit mehr Wohlbefinden (vgl insb Urteilsseiten 14 f). Die Argumentation, dass der Kläger dauerhaft „Oxygerolan einnehmen muss“ ist daher mit dem festgestellten Sachverhalt nicht vereinbar. Auch dass er überhaupt dauerhaft unfallkausal (allenfalls andere) Schmerzmittel einnehmen wird müssen, ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht, weil nicht festgestellt werden konnte, ob er dauerhaft unter Schmerzen leiden wird.

Sofern der Kläger daher mit seinen Berufungsausführungen zu dauerhaften Schmerzen und notwendiger Medikamenteneinnahme auf die behauptete 15%ige Invalidität im neurologischen Bereich hinaus möchte, ist dies mit dem festgestellten Sachverhalt nicht vereinbar und muss seine Rechtsrüge scheitern.

3.2. Nach Vorliegen des neurologischen Gutachtens erweiterte der Kläger seinen Sachvortrag dahingehend, er sei bereits mit der ursprünglichen Invaliditätsrate aus orthopädischer Sicht von 20 % nicht einverstanden gewesen und es habe keine Einigung oder einen Vergleich mit der Beklagten darüber gegeben; auch aus orthopädischen/unfallchirurgischen Ursachen betrage die Invalidität mehr als 20 %, wobei die Dauerfolgen bereits spätestens ein Jahr nach dem Unfall eingetreten seien und keine positive Prognose im Hinblick auf das dauerhafte Schmerzgeschehen und eine dauerhafte Medikamenteinnahme erlaubt gewesen wäre (ON 24, Seite 9).

Zum maßgeblich Stichtag ist zunächst klarzustellen: Hier behauptetet der Kläger letztlich die Unrichtigkeit des von der Beklagten festgestellten Invaliditätsgrads, wobei er sich insoweit (orthopädische Funktionsbeeinträchtigungen) nicht auf eine Änderung des Gesundheitszustands nach der erfolgten Erstbemessung stützt, vielmehr habe er seit dem Unfall durchgehend Schmerzen und sei dauerhaft auf die Medikamenteneinnahme angewiesen. Greift nur der Versicherungsnehmer die Erstbemessung (oder auch eine zwischenzeitige Neubemessung; vgl 7 Ob 117/15d) nach Fristablauf und ohne Verlangen nach Neubemessung an (auch im Schreiben vom 4. Juli 2018, Beilage ./P behauptete er keine Änderung seines Zustands, sondern dass „die Invaliditätseinstufung It. Abrechnung nicht den bleibenden Schäden des Kunden entsprechen“ – der Inhalt dieses Schreibens ist zwischen den Streitteilen unstrittig und wurde vom Erstgericht zusammengefasst wiedergegeben, kann daher vom Berufungsgericht ohne Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip verwertet werden; vgl RIS-Justiz RS0121557; 2 Ob 173/12y), so ist der Stichtag der Bemessung jener, der ihr (seinerzeit) zugrunde lag (7 Ob 153/12v). Ob die Auseinandersetzung über den orthopädisch/unfallchirurgischen Invaliditätsgrad nun – wie es die Parteien offenbar tun – im Rahmen einer Neubemessung oder aber als Auseinandersetzung über die Erstbemessung erfolgt, hat hier im Ergebnis freilich keine Auswirkungen, weil das Erstgericht zu den jeweils in Frage kommenden Stichtagen Feststellungen traf und weil es sich hier jedenfalls um eine abschließende Beurteilung handelt, zumal die Frist für eine mögliche Neubemessung längst abgelaufen ist.

Es steht fest, dass die unfallkausalen Veränderungen an der Wirbelsäule beim Kläger eine unfallskausale Dauerinvalidität von 20 % des Ganzkörperwertes aus unfallchirurgisch-orthopädischer Sicht bewirkt haben. Zu den aus dieser Beeinträchtigung abgeleiteten Schmerzen stellte das Erstgericht fest, dass nicht festgestellt werden kann, inwieweit der Kläger dauerhaft an Schmerzen leiden wird, und zwar weder zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfallereignis noch per 23. Oktober 2020 noch zum heutigen Datum (Urteilsseite 13).

Davon ausgehend ist die Rechtsrüge auch insoweit, als sie sich auf aus der orthopädischen Funktionsbeeinträchtigung herrührende dauerhafte Schmerzen bezieht, nicht berechtigt.

Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, sind Versicherungsbedingungen nach allgemeinen Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063; RS0008901). Wird – wie hier – in den Versicherungsbedingungen als Voraussetzung für die Leistung gefordert, dass durch den Unfall „auf Dauer" die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, so ist dies für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer zwanglos dahin zu verstehen, dass die Beeinträchtigung vorhersehbar immerwährend, also lebenslang sein muss (7 Ob 185/07t; vgl auch RIS-Justiz RS0130798). Eine dauernde Invalidität ist nur dann zu bejahen, wenn entweder ihr Vorliegen eindeutig feststeht oder nach dem ärztlichen Wissensstand zur Zeit der Beurteilung und der Erfahrung des Arztes die Prognose dafür besteht, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Invalidität lebenslang andauern werde. Diese Prognose ist im Hinblick auf Punkt 7.2.1. AUVB Unfallvorsorge Premium für den Zeitraum innerhalb eines Jahres nach dem Unfall zu erstellen.

Der Kläger argumentiert damit, dass er seit dem Unfall dauerhaft an Schmerzen leide und auf die Medikamenteneinnahme angewiesen sei. Daraus lässt sich das Klagebegehren jedoch nicht ableiten, weil eine weitere Invaliditätsleistung nach den maßgeblichen Unfallversicherungsbedingungen eine dauernde Funktionsbeeinträchtigung, die zu einem höheren Invaliditätsgrad führen würde, voraussetzen würde. Hier steht fest, dass die unfallkausalen Veränderungen an der Wirbelsäule beim Kläger eine unfallskausale Dauerinvalidität von 20 % des Ganzkörperwerts aus unfallchirurgisch-orthopädischer Sicht bewirkt haben. Eine darüber hinausgehende, dauernde Funktionsbeeinträchtigung in orthopädischer Sicht und einen höheren Grad der Invalidität infolge einer mit der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigung verbundenen dauernden Schmerzsymptomatik konnte der Kläger nicht unter Beweis stellen. Insbesondere steht nicht fest, dass er unfallkausal „auf Dauer“, also lebenslang an Schmerzen leiden wird (vgl zur Beweislast RIS-Justiz RS0122800). Auch die behauptete neurologische Funktionsbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat das Erstgericht die Klage daher ohne Rechtsirrtum abgewiesen.

Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht von der Lösung erheblicher, im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO qualifizierter Rechtsfragen abhängig war.

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