OGH 7Ob185/07t

OGH7Ob185/07t28.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael R*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei A***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 11.697,95 sA und Feststellung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Mai 2007, GZ 4 R 62/07k-28, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. Dezember 2006, GZ 8 Cg 284/05z-23, teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht eine Unfallversicherung, bei der der am 12. 11. 2000 geborene Sohn des Klägers mitversichert ist. Zugrunde liegen die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 99), die Besonderen Bedingungen zur Unfallversicherung (BBU max) und die Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000).

In den AUB 99 ist geregelt:

„Der Versicherungsumfang

...

2. Invaliditätsleistung

Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt:

2.1.1. Voraussetzungen für die Leistung

2.1.1.1. Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität).

Die Invalidität ist

* innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und * innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.

...

9. Wann sind die Leistungen fällig?

9.1. Wir sind verpflichtet, innerhalb eines Monats - beim Invaliditätsanspruch innerhalb von drei Monaten - zu erklären, ob und in welcher Höhe wir einen Anspruch anerkennen. Die Fristen beginnen mit dem Eingang folgender Unterlagen:

* Nachweis des Unfallhergangs und der Unfallfolgen, * beim Invaliditätsanspruch zusätzlich der Nachweis über den Abschluss des Heilverfahrens, soweit es für die Bemessung der Invalidität notwendig ist.

...

9.4. Sie und wir sind berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall, erneut ärztlich bemessen zu lassen. Bei Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres verlängert sich diese Frist von drei auf fünf Jahre.

..."

Die max 2000 lauten, soweit hier relevant:

„1.26. Invaliditätsgradänderung

Abweichend von Z 9.4. AUB 99 sind wir berechtigt, den Invaliditätsgrad jährlich, längstens bis zu zwei Jahren nach Eintritt des Unfalles, erneut ärztlich bemessen zu lassen. Ihre Frist bleibt bei längstens drei Jahren."

Am 16. 11. 2003 erlitt der Sohn des Klägers einen Unfall, bei dem er sich einen doppelten Unterschenkelbruch des linken Beines oberhalb der Sprunggelenksgabel zuzog. Unstrittig ist, dass beim Sohn des Klägers innerhalb eines Jahres ab dem Unfall eine Invalidität eingetreten ist.

Am 19. 5. 2006, beinahe drei Jahre nach dem Unfall, zeigte sich beim Sohn des Klägers am rechten Bein eine Valgusstellung (X-Beinstellung) von 5 Grad und am linken Bein von 15 Grad. An den Fußsohlen besteht kein Unterschied in der Beinschwielung. Die untere Extremität des linken Beines ist gegenüber der Gegenseite nicht wesentlich verdickt. Die Zehen sind seitengleich frei beweglich, Sprung- und Kniegelenke sind seitengleich frei. Das linke Bein ist um 0,5 cm länger als das rechte. Die Muskelausprägung ist seitengleich gut, die Fußpulse sind gut tastbar. Mit Ausnahme der deutlich sichtbaren X-Beinstellung ist der Gang des Minderjährigen barfuß im Ebenen unauffällig und auch ein Einbeinhüpfen mit dem linken Bein problemlos möglich. Derzeit stellt die deutlich sichtbare Valgusstellung eine bleibende Invalidität dar, die mit 15 % des Beinwertes, ausgehend von einer Quote von 70 % für den Beinwert, demnach mit 10,5 % zu bewerten ist. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sich die Valgusstellung spontan im Laufe des weiteren Wachstums korrigiert. Dann wird keine operative Korrektur notwendig sein. Eine Verbesserung ist jedenfalls zu erwarten. Falls jedoch keine Spontankorrektur erfolgt, verbleibt die Möglichkeit einer operativen Korrektur. Derzeit kann nicht abgeschätzt werden, ob eine Besserung der Achsenfehlstellung eine körperliche Leistungsfähigkeit von 100 % wiederherstellen würde. Unter der Voraussetzung, dass sich in der Zukunft keine Veränderungen ergeben, liegt eine dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Sohnes des Klägers vor. Eine Heilung erfolgt erfahrungsgemäß in verschiedenen Phasen, die erste Phase in den ersten drei bis vier Jahren nach dem Unfall. Ein Korrekturschub in der ersten Phase verläuft linear. Eine Phase kann sich noch kurz vor dem Ende des Längenwachstums, also im Alter zwischen 14 und 16 Jahren, ergeben. Bei einer neuerlichen Untersuchung im Jahr 2008 - somit 5 Jahre nach dem Unfall - wird feststellbar sein, ob sich die Achse und dadurch die X-Beinstellung korrigiert hat. Wenn das Ergebnis negativ sein sollte, wäre immer noch eine Verbesserung bis zum Ende des Längenwachstums möglich. Zum heutigen Zeitpunkt ist die Wahrscheinlichkeit, in welcher Höhe sich die Invalidität bis oder ab dem Jahr 2008 ändert, nicht feststellbar. Eine Veränderung wird dabei jedenfalls in Form einer Verbesserung stattfinden.

Der Kläger begehrte die Bezahlung von EUR 11.697,95 sA, und die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für zukünftige Unfallfolgen. Beim mitversicherten Sohn sei derzeit eine Dauerinvalidität von 15 % bezogen auf den Beinwert links eingetreten, wobei diese lebenslang verbleiben werde, zumindest jedoch über einen mehrjährigen Zeitraum, sodass eine dauernde Invalidität im Sinn der Versicherungsbedingungen vorliege. Die Beklagte sei lediglich bis zu einem Zeitpunkt von zwei Jahren nach dem Unfall berechtigt, eine Nachbemessung der Invalidität zu begehren, wobei dieser Zeitraum bereits abgelaufen sei. Am Ende dieses Zeitraums habe eine unfallskausale Invalidität in der Höhe von 15 % des Beinwertes bestanden. Auf eine theoretisch mögliche nachträgliche Verbesserung könne sich die Beklagte nicht berufen.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung mit der Begründung, dass beim Sohn des Klägers die Möglichkeit einer Spontankorrektur der unfallbedingten Valgusstellung bestehe, die zu einer vollständigen Beseitigung der derzeit eingeschätzten Invalidität führen würde. Die Voraussetzungen für eine Versicherungsleistung lägen daher nicht vor. Nach den Bedingungen seien sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich bis längstens fünf Jahre nach dem Unfall erneut ärztlich bemessen zu lassen, wobei diese Frist erst am 16. 11. 2008 ende. Erst dann könne ärztlicherseits geklärt werden, ob eine dauernde Invalidität verbleibe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es vertrat - soweit es für das Rekursverfahren von Bedeutung ist - die Rechtsansicht, dass derzeit nicht feststehe, dass der Minderjährige durch den Unfall auf Dauer in seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sei. Der Kläger habe die Möglichkeit, bis zum 16. 11. 2008 eine Neubemessung der Invalidität seines Sohnes zu begehren.

Die Abweisung von EUR 150 erwuchs in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens mit Teilurteil, hob das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Zahlungsbegehrens von EUR 11.697,95 auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Versicherungsnehmer habe den Versicherungsfall, nämlich dass sich eine auf einen Unfall zurückzuführende Beeinträchtigung innerhalb eines Jahres ergeben habe und diese dauerhaft sei, zu beweisen. Die Beurteilung des Dauerzustandes könne der Sache nach lediglich eine von dem ärztlichen Wissensstand zur Zeit der Beurteilung und Erfahrung des Arztes getragene Prognose sein. Veränderungen des Gesundheitszustandes nach diesem Stichtag seien nicht mehr zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht schloss sich deutscher zweitinstanzlicher Rechtsprechung und Knappmann in Prölss/Martin unter Ablehnung der gegenteiligen Ansicht von Grimm (Näheres dazu unten) an. Der drei Jahre nach Abschluss der ärztlichen Behandlung gegebene Dauerzustand sei für die Bemessung der Leistung maßgeblich. Eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeits- bzw Leistungsfähigkeit sei dann anzunehmen, wenn sie innerhalb eines Jahres, vom Unfalltag an gerechnet, vorliege und anzunehmen sei, dass sie in erheblichem Maß länger als drei Jahre ab Abschluss der ärztlichen Behandlung andauern werde, ohne dass ihr Ende mit Sicherheit abzusehen sei. Dies sei sachgerecht. Ungewissheiten über die Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung über diesen Zeitraum hinaus sollten nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers oder Versicherten gehen. Durch die max 2000 sei die Frist für die Geltendmachung der Neuberechnung für den Versicherer auch bei Kindern auf zwei Jahre verkürzt worden. Zur Beurteilung der Rechtssache fehle die Feststellung, in welchem Zeitpunkt die ärztliche Behandlung abgeschlossen gewesen sei und ob die Invalidität über den Zeitraum von drei Jahren nach Abschluss der ärztlichen Behandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit hinaus reiche, sodass von einer „dauernden Invalidität" gesprochen werden könne. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, weil zur Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer „dauernden Invalidität" im Sinne der Allgemeinen Bedingungen der Unfallversicherung auszugehen sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Die Abweisung des Feststellungsbegehrens blieb unbekämpft. Gegen den aufhebenden Teil richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen, hilfsweise „den angefochtenen Beschluss zur Gänze aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen". Der Kläger beantragt, dem Rekurs „keine Folge zu geben, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im klagsstattgebenden Sinn zu entscheiden", hilfsweise den Beschluss zu bestätigen.

Der Rekurs ist zulässig, er ist aber im Ergebnis (es bleibt bei der Aufhebung) nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Grundvoraussetzung für einen Invaliditätsanspruch ist nach gängiger Versicherungspraxis, der auch der Punkt 2.1.1. AUB 99 entspricht, dass bei der versicherten Person durch den Unfall eine Dauerinvalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten ist. Bei dieser Jahresfrist handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen Risikoausschluss dahin, dass aus dem vertraglichen Unfallrisiko die Folge der dauernden Invalidität ausgenommen wird, sofern sie sich nicht innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet ergibt, das heißt, dass sie innerhalb eines Jahres nach dem Unfall objektiv vorhanden ist (7 Ob 63/07a, 7 Ob 301/03w; RIS-Justiz RS0109447), mag sie auch noch nicht bekannt geworden sein (RIS-Justiz RS0109450). Die Neubemessung der Invalidität innerhalb der vereinbarten Fristen setzt voraus, dass bereits die dauernde Invalidität grundsätzlich feststeht (7 Ob 63/07a; Knappmann in Prölss/Martin VVG27, § 11 AUB 94, Rn 8 ff; Grimm AUB4, § 11 IV, Rn 33). Die Fristen sollen verhindern, dass die abschließende Bemessung der Invalidität auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben wird. Das Recht auf Antragstellung steht dem Versicherten und dem Versicherer zu. Wird der Antrag auf Neubemessung versäumt, so bleibt es bei der letzten Feststellung der Bemessung der Invaliditätsentschädigung. Ein allenfalls von der Erstbemessung abweichender Invaliditätsgrad ist nur dann zu berücksichtigen, wenn dies innerhalb der in den Bedingungen genannten Fristen begehrt wird. Die Parteien sollen innerhalb dieser Frist Klarheit über den Grad der Invalidität erlangen können, um letztlich Beweisschwierigkeiten zu vermeiden und Rechtssicherheit und Rechtsfrieden innerhalb eines überblickbaren Zeitraumes schaffen können. Diese Bestimmung kann zum Vorteil oder Nachteil beider Parteien wirken, je nachdem, ob sich der Gesundheitszustand nach dem Stichtag verbessert oder verschlechtert (7 Ob 63/07a mwN). In den Bedingungen ist der Stichtag für die abschließende und dann verbindliche Beurteilung des Dauerzustandes genannt. Die Beurteilung des Dauerzustandes kann der Sache nach lediglich eine von dem ärztlichen Wissensstand zur Zeit der Beurteilung und der Erfahrung des Arztes getragene Prognose sein. Veränderungen des Gesundheitszustandes nach diesem Stichtag spielen dann keine Rolle mehr (Grimm aaO, AUB 99 2, Rn 6).

Unstrittig ist das Vorliegen einer Invalidität beim Sohn des Klägers, nicht jedoch das Vorliegen einer dauernden Invalidität. Voraussetzung, dass sich die Frage einer Neubemessung überhaupt stellt, ist aber - wie bereits oben dargelegt -, dass sich innerhalb eines Jahres ab Unfallstag eine dauernde Invalidität grundsätzlich ergibt. Eine nähere Definition, was unter einer Invalidität „auf Dauer" im Sinn der Bedingungen zu verstehen ist, fehlt. Dauernde Beeinträchtigung ist gegeben, wenn zu erwarten ist oder feststeht, dass sie lebenslang andauern wird (Knappmann aaO, § 7 AUB 94, Rn 5; Grimm aaO, Rn 6). Knappmann aaO legt unter Hinweis auf zweitinstanzliche Entscheidungen dar, dass es in dem Fall, dass die Dauer der Invalidität nicht mit Sicherheit festzustellen sei, genüge, wenn nach ärztlicher Prognose die Invalidität wenigstens drei Jahre andauere. Verbleibende Unsicherheiten stünden dem nicht entgegen. Demgegenüber vertritt Grimm aaO den Standpunkt, dass zumindest nach dem objektiven Erfahrungs- und Wissensstand im Zeitpunkt der abschließenden maßgebenden ärztlichen Beurteilung die Prognose bestehen müsse, dass die Invalidität lebenslang andauern werde. Sei die Prognose, die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit werde dauernd beeinträchtigt sein, nicht möglich, bestehe kein Anspruch auf Invaliditätsleistung. Die Prognose, die Beeinträchtigung werde wenigstens drei Jahre andauern, reiche nicht aus. Die von Knappmann zitierten Gegenmeinungen seien aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu rechtfertigen, weil überholtes Bedingungsrecht trotz geänderter Rechtslage tradiert werde.

Versicherungsbedingungen sind nach allgemeinen Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063; RS0008901). Wird in den Versicherungsbedingungen als Voraussetzung für die Leistung gefordert, dass durch den Unfall „auf Dauer" die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, so ist dies für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer zwanglos dahin zu verstehen, dass die Beeinträchtigung vorhersehbar immerwährend sein muss. Ein Hinweis darauf, dass die „Dauerinvalidität" nur so lange dauern muss, bis kein Antrag auf Neubemessung mehr gestellt werden kann, ergibt sich aus den Bedingungen nicht, sodass der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung nicht beigetreten werden kann. Vielmehr ist Grimm folgend eine dauernde Invalidität nur dann zu bejahen, wenn entweder ihr Vorliegen eindeutig feststeht oder nach dem ärztlichen Wissensstand zur Zeit der Beurteilung und der Erfahrung des Arztes die Prognose dafür besteht, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Invalidität lebenslang andauern werde. Diese Prognose ist im Hinblick auf Punkt 2.1.1. AUB 99 entsprechend der oben dargelegten Versicherungspraxis für den Zeitraum innerhalb eines Jahres nach dem Unfall zu erstellen. Nur wenn sich innerhalb eines Jahres nach dem Unfall diese Prognose ergibt, dass überhaupt aus dem Unfall Dauerfolgen resultieren, ist die erste Voraussetzung für eine allfällige Leistungspflicht der Beklagten erfüllt. Nur wenn das Vorliegen der Dauerinvalidität in diesem Zeitraum zu bejahen ist, könnten im Rahmen der Neubemessung Veränderungen dieses Zustandes Berücksichtigung finden. Diese Neubemessung ist aber entsprechend der vorliegenden Bedingungslage im Hinblick auf Punkt 1.26. max 2000 für die Beklagte abweichend von Punkt 9.4. AUB 99 mit längstens zwei Jahren nach Eintritt des Unfalles begrenzt. Dies bedeutet, dass die Beklagte Besserungen des Zustandes des Sohnes des Klägers nach dem Ablauf von zwei Jahren nach Eintritt des Unfalles nicht mehr geltend machen kann. Der Beginn der Zweijahresfrist für den Antrag auf Neubemessung durch die Beklagte ist in Punkt 1.26. max 2000 eindeutig geregelt, nämlich mit dem Eintritt des Unfalles. Punkt 9.1. AUB 99, der auf den Nachweis über den Abschluss des Heilverfahrens abstellt, bezieht sich nur auf die Fälligkeit der Leistung. Für die Notwendigkeit einer analogen Anwendung findet sich in der Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen kein Anhaltspunkt. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Heilverfahrens kommt es also im vorliegenden Rechtsfall nicht an.

Dennoch hat es aber bei der Aufhebung des Ersturteiles und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu bleiben. Es fehlen nämlich Feststellungen, die die rechtliche Beurteilung zuließen, dass eine Dauerinvalidität innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall überhaupt vorlag. Nur wenn die Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer dauernden Invalidität ergibt, stellt sich die Frage, ob sich die Invaliditätsprognose innerhalb von zwei Jahren nach dem Unfall zugunsten der Beklagten verbessert hat. Nur innerhalb dieser Zeit kann sie eine Neubemessung begehren. Sollte eine Besserung der Prognose erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sein, so könnte dies zum Vorteil der Beklagten nicht mehr durchschlagen. Sollte sich aber ergeben, dass innerhalb eines Jahres ab Unfallstag keine Dauerinvalidität als Unfallfolge eingetreten ist, so bestünde der klägerische Anspruch von vornherein im Hinblick auf den vereinbarten Risikoausschluss nicht zu Recht, mag sich auch die Prognose zu einem späteren Zeitpunkt in Richtung Dauerinvalidität verändern.

Erst nach Verbreiterung der Feststellungsgrundlage im oben dargelegten Sinn wird über die Rechtssache abschließend entschieden werden können.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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