OGH 7Ob125/22s

OGH7Ob125/22s25.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* GmbH i.L., *, vertreten durch Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in Wien, dem Nebenintervenienten Dr. G* E*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagte Partei H* AG, *, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.262.011,17 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Mai 2022, GZ 1 R 184/21t‑52, womit das „End‑ und Zwischenurteil“ des Handelsgerichts Wien vom 29. September 2021, GZ 40 Cg 20/19w‑44, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00125.22S.0125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin war Abschlussprüferin der Geschäftsjahre 2000 bis 2008 der A* I* AG und der Geschäftsjahre 2001 bis 2008 der A* G* AG. Weiters war sie Prospektkontrollorin des Umtausch- und Verkaufsprospekts der A* G* AG (damals A* M* AG) des Jahres 2001.

[2] Für das Risiko „Prospektkontrolle“ („PK-Risiko“) schloss die Klägerin bei der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten eine (gesetzliche) Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 50 Mio ATS (3.633.642 EUR) ab. Für die Tätigkeit als Abschlussprüferin („AP‑Risiko“) bestanden zu unterschiedlichen Zeiträumen (gesetzliche) Haftpflichtversicherungen bei der U* AG (U*) und der G* AG (G*) mit einer Versicherungssumme von gesamt 2.197.634 EUR. Die Beklagte war für dieses Risiko lediglich Exzedentenversicherer.

[3] Im Jahr 2010 wurden über das Vermögen der A* I* AG und der A* G* AG jeweils Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folge nahmen Anleger beider Gesellschaften die Klägerin zunächst außergerichtlich und ab 15. 12. 2010 auch gerichtlich in Anspruch. Mit Zustimmung ihrer Haftpflichtversicherer bevollmächtigte und beauftragte die Klägerin den Nebenintervenienten mit der Abwehr dieser Ansprüche; er vertrat sie in allen Passivprozessen zunächst bis zur Insolvenzeröffnung.

[4] Über das Vermögen der Klägerin wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 11. 4. 2018 zu AZ 11 S 38/18a das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 14. 12. 2018 wurden ihre Forderungen auf Ersatz ihrer Abwehrkosten gegen ihre Haftpflichtversicherer nach § 150 VersVG bis zu 1.943.913,80 EUR gemäß § 119 Abs 5 IO aus der Insolvenzmasse ausgeschieden. Schließlich wurde die Insolvenz mit Beschluss vom 7. 10. 2019 nach Schlussverteilung aufgehoben.

[5] Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, dem Nebenintervenienten binnen 14 Tagen 1.262.011,17 EUR sA zu zahlen. Alle Anleger hätten ihr gegenüber ihre Ansprüche im Sinn einer Anspruchskonkurrenz sowohl auf ihre Haftung als Abschlussprüferin als auch als Prospektkontrollorin gestützt. Die Beklagte habe Versicherungsschutz zu gewähren, wenn auch nur einer von mehreren behaupteten Ansprüchen in den Bereich des von ihr versicherten Risikos falle. Daher hafteten alle Haftpflichtversicherer solidarisch für den Ersatz aller Abwehrkosten. Für die 1.038 Passivprozesse vor dem Landesgericht Wiener Neustadt und dem Bezirksgericht Neunkirchen sei im Zeitraum 2011 bis 12. 4. 2018 ein Honoraranspruch des Nebenintervenienten nach RATG von gesamt 1.918.920,32 EUR (netto) aufgelaufen. Dieser sei nach Legung der Honorarnoten im Insolvenzverfahren vom Masseverwalter mit 1.943.913,80 EUR (brutto) festgestellt worden. DerBetrag sei um jene Kosten zu reduzieren, dieausschließlich auf das AP‑Risiko entfallen seien und für die daher keine Solidarverpflichtung der Beklagten bestehe. Die Versicherungssummen derbeteiligten Versichererwürden insgesamt 5.831.276 EUR (1.947.634 EUR U*, 250.000 EUR G*, 3.633.642 EUR Beklagte) betragen und der Anteil der Beklagten an den gesamten Versicherungssummen daher 62,31 %. Unter Anrechnung bereits erhaltender Zahlungen von Prozessgegnern sowie Vorschüssen der Beklagten, der U* und der G* werde für die (zuletzt) noch offenen Honorarforderungen des Nebenintervenientendie anteilige (62,31 %) Haftung der Beklagten im Umfang von 1.262.011,17 EUR sA (brutto) geltend gemacht. Die Verjährungsfrist sei mit der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterbrochen worden, mit dessen rechtskräftiger Aufhebung beginne eine neue, nunmehr 30‑jährige Frist zu laufen. Aus der Exzedentenversicherung werde die Beklagte nicht in Anspruch genommen.

[6] Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Einerseits sei die Klage unschlüssig, weil keine Solidarschuld bestehe und die pauschale Verrechnung und prozentuelle Anlastung ohne nähere Differenzierung zwischen Verfahren, Verfahrensschritten und Anspruchsgrundlagen weder rechtlich noch rechnerisch nachvollziehbar sei. Auch seien die Forderungen unberechtigt, weil nur jene Vertretungskosten gedeckt werden müssten, die kausal auf die versicherten PK‑Ansprüche zurückzuführen und nach den Umständen geboten gewesen seien. Weiters seien die Honorarforderungen des Nebenintervenienten überwiegend verjährt, weil die dreijährige Verjährungsfrist schon dann zu laufen beginne, wenn eine Rechnungslegung objektiv möglich sei. Im Übrigen sei mit dem Nebenintervenienten eine vom RATG und von § 1170 ABGB abweichende Honorarvereinbarung auf Stundenbasis getroffen worden.

[7] Der Beitritt der U* und der G* als Erst- und Zweitnebenintervenientin wurde mit Beschluss vom 29. 9. 2021 (ON 43) rechtskräftig zurückgewiesen.

[8] Der(Dritt‑)Nebenintervenient brachte vor, dass er Überweisungsgläubiger der Forderung der Klägerin gegen die Beklagte sei und als solcher der Klagsführung zustimme.

[9] Mit dem angefochtenen „End- und Zwischenurteil“ wies das Erstgericht das Klagebegehren im Umfang von 637.182,77 EUR sA wegen Verjährung ab und sprach im Übrigen aus, dass „das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Nebenintervenienten 624.828,40 EUR samt Zinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 702.338,01 EUR seit 1. 8. 2018 bis 27. 10. 2020 und aus 624.828,40 EUR seit 28. 10. 2020 zu bezahlen“ dem Grunde nach zu Recht bestehe. Den Eintritt der Verjährung von Teilen der Honorarforderung des Nebenintervenienten bejahte es, weil der Nebenintervenient in näher bezeichneten Verfahren bereits ab Wegfall des Unterbrechungsgrundes, nämlich Rechtskraft des Musterverfahrens S* mit 29. 9. 2015, Rechnung hätte legen können und müssen. Die nicht verjährten Teilehätten auch der Abwehr von Prospekthaftungsansprüchen gedient, weshalb insoweit ein grundsätzlicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung bestünde. Über dessen Höhe werde nach weiterer Beweisaufnahme mit Urteil zu entscheiden sein.

[10] Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts ab und sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren (zur Gänze) dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Einwand der Verjährung betreffe nicht das Verhältnis zwischen den Streitteilen aus dem Versicherungsvertrag, sondern jenes zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten aus der Honorarvereinbarung, wobei sich allerdings auch die Beklagte auf eine insofern eingetretene Verjährung stützen könne. Die Verjährungsfrist, die mit der frühesten Möglichkeit der Rechnungslegung durch den Nebenintervenienten zum 29. 9. 2015 (Teilurteil des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang des Musterverfahrens S*) begonnen habe, sei durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren am 14. 6. 2018 gemäß § 9 Abs 1 IO unterbrochen worden. Nunmehr verfüge der Nebenintervenient aufgrund der im Insolvenzverfahren anerkannten Prozesskostenforderung über einen seit 30. 10. 2019 vollstreckbaren Titel über 1.943.013,80 EUR. Der Nebenintervenient habedamitseine Honorarforderung gegenüber der Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht.

[11] Die Klägerin könne von der Beklagten aus der Haftpflichtversicherung für die Prospektkontrolle Deckung für all jene Verfahren verlangen, in denen von den dortigen Klägern eine Schadenersatzpflicht auch aus Pflichtverletzungen bei der Prospektkontrolle abgeleitet worden sei, und zwar so lange und so weit, als diese Anspruchsgrundlage streitanhängig und nicht rechtskräftig bzw sonst endgültig erledigt sei oder klar abgrenzbare Verfahrensabschnitte vorliegen würden. Für all jene Verfahrenshandlungen, die nicht ausdrücklich und ausschließlich nur eine Anspruchsgrundlage betroffen hätten, bestehe daher eine Solidarhaftung der jeweiligen Versicherer für das AP‑ und PK‑Risiko. Es stehe der Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben frei, in welchem Verhältnis und welcher Reihenfolge sie welchen Versicherer in Anspruch nehme. Unschlüssig sei die Klage nicht, habe die Klägerin doch klargestellt, dass grundsätzlich alle der verzeichneten Leistungen mit Ausnahme näher bezeichneter und bezifferter, beide Anspruchsgrundlagen betroffen hätten und daher von der Beklagten zu decken wären.

[12] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen wird; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[13] Die Klägerin und der Nebenintervenient begehren in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

[15] 1. Zunächst ist zu der von der Beklagten eingewandten Unschlüssigkeit des Klagebegehrens auszuführen:

[16] 1.1 Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den von ihm zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RS0037516). Die Schlüssigkeit verlangt nicht, dass der gesamte „Tatbestand“ vorgetragen wird, sondern es genügt, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp angeführt werden (RS0036973 [T15]). Setzt sich ein Anspruch aus zahlreichen Einzelforderungen zusammen, kommt es (auch) auf die Zumutbarkeit einer Aufgliederung an (vgl 1 Ob 94/20k). Gegebenenfalls reicht ein Verweis auf dazu vorgelegte Urkunden aus; die einzelnen Positionen und die ihnen zugeordneten Beträge müssen dann (wie etwa bei ausreichend aufgeschlüsselten Honorarnoten eines Rechtsanwalts) nicht auch in der Klageerzählung ziffernmäßig angeführt werden (vgl RS0037907 [T14]; RS0037420 [T4]; RS0036973 [T16]; siehe auch 1 Ob 153/19k zur „Weiterverrechnung“ eines der klagenden Partei ihrerseits entstandenen Aufwands).

[17] 1.2 Die Klägerin nimmt die Beklagte für die – ihr vom Nebenintervenienten in Rechnung gestellten – bezifferten Abwehrkosten (abzüglich konkret angeführter bereits erhaltener Zahlungen) im Verhältnis der Versicherungssumme der Beklagten zur Summe aller Versicherungssummen in Anspruch. Zur näheren Aufgliederung verwies sie auf die von ihr vorgelegten nach RATG aufgeschlüsselten Honorarnoten des Nebenintervenienten.

[18] 1.3 Auf Basis dieses Vorbringens istdenVorinstanzen, die übereinstimmenddie Schlüssigkeit der Klage annahmen, zu folgen. Die Klägerin durfte ihre Ansprüche auf Abgeltung der Abwehrkosten zu einem einheitlichen Begehren zusammenfassen und hinsichtlich der näheren Aufgliederung auf die dazu vorgelegten Urkunden verweisen.

[19] 2.1 Bei der Beurteilung des Wesens des Anspruchs des Versicherungsnehmers aus der Haftpflichtversicherung sind das Deckungs‑ und das Haftpflichtverhältnis zu unterscheiden. Der Versicherungsanspruch in der Haftpflichtversicherung ist auf die Befreiung von begründeten und die Abwehr von unbegründeten Haftpflichtansprüchen gerichtet. Unbeschadet dieser beiden Komponenten (Befreiungs‑ und Rechtsschutzanspruch) handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch des Versicherungsnehmers. Er wird in dem Zeitpunkt fällig, in dem der Versicherungsnehmer von einem Dritten auf Schadenersatz wegen einer unter das versicherte Risiko fallenden Ereignisses oder einer sonstigen Eigenschaft in Anspruch genommen wird, unabhängig davon, ob der Haftpflichtanspruch begründet ist, weil Versicherungsschutz auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche in sich schließt (RS0080384; RS0081228; RS0080013; RS0080086).

[20] 2.2 Ab der Inanspruchnahme durch den Dritten steht dem Versicherungsnehmer (vorerst nur) ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Versicherungsschutzes (der Deckungspflicht) zu, wenn der Versicherer die Deckung ablehnt (RS0038928).

[21] 2.3 Grundsätzlich ist nach bisheriger Rechtsprechung der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig (RS0081015).

[22] 2.4 Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats umfasst der Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung die den Umständen nach gebotenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Feststellung und Abwehr einer von einem Dritten behaupteten Schadenersatzpflicht, aber nur jene Ansprüche betreffend, die grundsätzlich von der Deckungspflicht des Versicherers umfasst sind. Die Kostendeckung für die Anspruchsfeststellung und ‑abwehr reicht daher nicht weiter als das materiell gedeckte Risiko (RS0132326; RS0130708).

[23] 3.1 Unstrittig ist, dass die Beklagte der Klägerin Versicherungsschutz für ihre Inanspruchnahme aus dem Risiko Prospektkontrolle zu gewähren hat, während sie aus der Exzedentenhaftpflichtversicherung für das Risiko Abschlussprüfung leistungsfrei ist.

[24] 3.2 Übereinstimmend gehen die Streitteile aufgrund des konkret feststehenden Versicherungsverhältnisses auch davon aus, dass die Klägerin – nicht die Beklagte – den Nebenintervenienten beauftragte und Schuldnerin des Honoraranspruchs ist, sowie dass sie – wie erfolgt – ausschließlich Zahlung an den Nebenintervenienten verlangen kann.

[25] 4. Die Beklagte argumentiert zum einen, alle Einwendungen aus dem Verhältnis der Klägerin und dem Nebenintervenienten – so insbesondere die Verjährung der Honorarforderung des Nebenintervenienten gegenüber der Klägerin – erheben zu können. Zum anderen meint sie, dass aufgrund einer behaupteten mit dem Nebenintervenienten getroffenen Honorarvereinbarung auf Stundensatzbasis mangels Abrechnung nach Stundensätzen und demnach wegen Fehlens einer richtigen Rechnungslegung zum frühest möglichen Zeitpunkt ihr gegenüber jedenfalls Verjährung eingetreten sei.

[26] 4.1.1 In der letzten Tagsatzung (ON 40) brachte die Beklagte vor, „es besteht eine Honorarvereinbarung nach Stundensätzen. Diese ist nicht nur mit der Beklagten, sondern auch mit der U* getroffen worden. Diese hat Auswirkungen auf die Höhe des Anspruchs.“ Daran anschließend beantragte die Beklagte die Einvernahme zweier Zeugen zur „Frage der Verjährung“.

[27] 4.1.2 Damit stellte die Beklagte weder – einem Beweisverfahren zugängliche – Tatsachenbehauptungen auf, aus denen eine (versicherungs‑)rechtliche Grundlage für das Vorliegen einer, die Klägerin und Vertragspartnerin des Nebenintervenienten, bindende – ihren Anspruch auf Deckung ihr entstandener Abwehrkosten gegenüber der Beklagten allfällig mindernden – Honorarvereinbarung abgeleitet werden könnte, noch berief sich die dafür behauptungs‑ und beweispflichtige (RS0034456 [T4]; RS0037797; RS0034326 [T7]) Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren auf eine allfällige Verjährung begründende Umstände,wie das Fehlen einer detailliert und nachvollziehbaren Rechnungslegung auf Grundlage einer Stundensatzvereinbarung.

[28] 4.1.3 Auf die Frage einer mit der Beklagten geschlossenen Stundensatzvereinbarung und einer allfälligen (selbständigen) Verjährung des Honoraranspruchs des Nebenintervenienten ihr gegenüber, muss daher schon mangels ausreichenden Vorbringens nicht eingegangen werden.

[29] 4.2.1 Entscheidungswesentlich ist daher auch ausschließlich, ob die Honorarforderung des Nebeninervenienten gegenüber der Klägerin verjährt ist.

[30] 4.2.2 Honorarforderungen des Rechtsanwalts verjähren gemäß § 1486 Z 6 ABGB in drei Jahren. Fristbeginn ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Fälligkeit der Honorarforderung (RS0019324; RS0019630). Wenn aber die Fälligkeit vom Legen einer Honorarnote abhängig ist, läuft die Verjährungsfrist nicht erst mit Fälligkeit (also mit Zugang der Honorarnote), sondern bereits ab dem Zeitpunkt, zu dem die Rechnungslegung objektiv möglich war. Andernfalls hätte es nämlich der Anwalt in der Hand, den Beginn der Verjährungsfrist durch verspätete Übermittlung der Honorarnoten beliebig hinauszuzögern (vgl 1 Ob 220/08x).

[31] 4.2.3 Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Honoraranspruch des Nebenintervenienten gegenüber der Klägerin nicht verjährt sei, wendet sich die Revision gar nicht. Soweit die Beklagte hier releviert, dass die Forderungsanmeldung gemäß § 9 Abs 1 IO lediglich die Verjährung im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten unterbrochen habe, ihr gegenüber jedoch keine Unterbrechung der Verjährung ausgelöst habe, übergeht sie, dass – wie ausgeführt – nur die Frage der Verjährung des Honoraranspruchs des Nebenintervenienten gegenüber der Klägerin von Relevanz ist. Die weiteren Ausführungen der Beklagten, sie sei an das Anerkenntnis der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren in Bezug auf die Verjährung der Honorarforderung des Nebenintervenienten gegenüber der Klägerin nicht gebunden, sind schon deshalb nicht zielführend, weil die Vorinstanzen ohnedies keine Bindung annahmen, sondern diese Frage eigenständig beurteilten.

[32] 5. Die Beklagte wendet sich weiters gegen die Beurteilung der Vorinstanzen zum Vorliegen ihrer Solidarverpflichtung.

[33] 5.1 Eine Solidarhaftung entsteht auch ohne besondere Vereinbarung oder gesetzliche Anordnung, wenn eine solche Haftung in der Parteienabsicht, nach der Verkehrssitte oder aus der Natur des Geschäfts begründet ist (RS0017338; RS0017327).

[34] 5.2 Anspruchskonkurrenz liegt vor, wenn sich aus mehreren Sachverhalten mehrere Rechtsfolgen ableiten lassen, die alle auf das gleiche wirtschaftliche Ziel und die selbe Leistung gerichtet sind (vgl 4 Ob 154/12v, Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht9 Rz 446 f).

[35] 5.3 Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es im Fall einer Anspruchskonkurrenz für die Gewährung des Haftpflichtversicherungsschutzes genügt, dass einer der Ansprüche oder eine Rechtsgrundlage eines einheitlichen Anspruchs unter das Versicherungsrisiko fällt, gleichgültig, ob daneben noch andere Haftungstatbestände oder Haftungsgründe vorhanden sind (7 Ob 295/74 = VersRdSch 1978, 460; 7 Ob 57/20p).

[36] Auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung geht davon aus, dass im Fall einer Konkurrenz von privatrechtlichen Haftpflichtansprüchen Versicherungsschutz bereits dann besteht, wenn einer von mehreren konkurrierenden Ansprüchen in das versicherte Risiko fällt (Baumann in Honsell, Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz [1999] § 149 VVG Rn 98, Koch in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz IV9 [2013] § 100 Rn 81; Littbarski in Langheid/Wandt, MüKo VVG2 [2017] § 100 VVG Rn 66; BGH zu IV ZR 325/05).

[37] 5.4 Auch wenn die eben angeführten Entscheidungen und Lehrmeinungen den Fall betrafen, dass nur für einzelne der gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche Versicherungsschutz bei einem Versicherer bestand, so kann die darin getroffene Aussage dennoch auf den vorliegenden Fall übertragen werden, in dem zwar das Risiko Abschlussprüfung bei dritten Versicherern, das Risiko Prospektkontrolle jedoch bei der Beklagten versichert ist. Die gegen die Klägerin erhobenen Ansprüche werden – in Form der Anspruchskonkurrenz – sowohl auf Prospekthaftung als auch auf ihre Haftung als Abschlussprüferin gestützt. Die grundsätzliche Deckungspflicht der Beklagten für die Abwehrkosten folgt bereits aus der Inanspruchnahme aus dem bei ihr versicherten Risiko Prospekthaftung, selbst wenn auch Ansprüche aus dem versicherten Risiko Abschlussprüfung geltend gemacht wurden, für das keine Deckungspflicht der Beklagten besteht. Gleiches gilt für die Deckungspflicht der U* und der G* für die Inanspruchnahme der Klägerin aus dem Risiko Abschlussprüfung, obwohl Ansprüche aus dem Risiko Prospekthaftung bei ihnen nicht versichert sind. Dadurch wird eine Solidarverpflichtung der beteiligten Versicherer begründet.

[38] 5.5 Die Geltendmachung der Abwehrkosten gegenüber der Beklagten verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, weil es bei einer Solidarhaftung im Belieben des Gläubigers steht, in welcher Reihenfolge und in welchem Verhältnis er die einzelnen Mitschuldner in Anspruch nimmt (RS0017435).

[39] 6.1 Ein Zwischenurteil ist ein Feststellungsurteil über den Anspruchsgrund und darf nur erlassen werden, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen bejaht werden können (RS0102003 [T12]). Zum Grund des Anspruchs gehören alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird und alle Einwendungen, die seinen Bestand berühren (RS0122728).

[40] 6.2 Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Streitteile (Klägerin: ON 1; Beklagte: ON 3, ON 15, ON 18) gründeten die Geschädigten in allen Verfahren ihre Ansprüche auf die Haftung der Klägerin als Abschlussprüferin und als Prospektkontrollorin, sodass die Beklagte – im Sinn der obigen Ausführungen – als Solidarschuldnerin Versicherungsschutz für die Abwehrkosten in sämtlichen gegen die Klägerin geführten Verfahren zu leisten hat.

[41] 6.3 Die Frage, für welche konkreten Verfahrenshandlungen innerhalb der Verfahren und in welchem Ausmaß die Beklagte Deckung zu gewähren hat, betrifft die Höhe des Anspruchs. Dabei wird zu klären sein, welche Verfahrenshandlungen in den Haftpflichtprozessen der Abwehr der Ansprüche aus der Prospekthaftung und/oder der Haftung als Abschlussprüferin dienten. Abgesehen von der Frage der Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Abwehrkosten kann keine Deckungspflicht der Beklagten für jene Kosten bestehen, die ausschließlich für die Abwehr der Haftung der Klägerin als Abschlussprüferin aufgelaufen sind (vgl Pkt 2.4).

[42] 7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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