OGH 2Ob78/16h

OGH2Ob78/16h28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

 Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** L*****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei M***** L*****, vertreten durch Dr. Johannes Marchtrenker, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen 40.143,71 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. März 2016, GZ 16 R 29/16a, 16 R 30/16y‑40, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 22. Jänner 2016, GZ 5 Cg 61/13p‑33, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 28. Jänner 2016, GZ 5 Cg 61/13p‑34, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00078.16H.0628.000

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„Das unterbrochene Verfahren wird fortgesetzt.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.198,14 EUR (darin 699,69 EUR USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreits binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Antrag der beklagten Partei auf Verhängung einer Ordnungsstrafe gegen die klagende Partei wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Zu I.:

Der Kläger und dessen Bruder J***** L***** sind die Söhne des am 18. 11. 2011 verstorbenen H***** L*****. Die Beklagte war dessen zweite Ehefrau. In der letztwilligen Anordnung vom 8. 3. 2010 wurde sie zur Alleinerbin eingesetzt. Der Nachlass wurde ihr am 27. 3. 2014 eingeantwortet.

Der Kläger macht mit der am 16. 5. 2013 beim Erstgericht eingebrachten Klage seine und die ihm abgetretenen Pflichtteilsansprüche seines Bruders geltend. Nach rechtskräftiger Abweisung seines Manifestationsbegehrens begehrte er zuletzt noch Zahlung von 40.143,71 EUR sA. In der Tagsatzung vom 23. 6. 2014 formulierte er überdies ein Eventualbegehren.

Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren.

Das Erstgericht schloss in der Tagsatzung vom 23. 6. 2014 die Verhandlung. Am 5. 8. 2014 beschloss es die Wiedereröffnung der Verhandlung und die Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens AZ 33 C 11/13g des Bezirksgerichts Gänserndorf. Die dort streitgegenständlichen Unterhaltsansprüche der geschiedenen ersten Ehefrau des Erblassers (und Mutter des Klägers und seines Bruders) seien für die Entscheidung im Pflichtteilsprozess präjudiziell. Dieser Beschluss wurde unbekämpft rechtskräftig.

Die Unterhaltsklägerin hatte zu AZ   33 C 11/13g des Bezirksgerichts Gänserndorf am 31. 5. 2012 die Klage gegen die Verlassenschaft nach H***** L***** eingebracht (nach Einantwortung wurde die Parteibezeichnung auf die auch hier Beklagte berichtigt). Sie hatte darin zunächst rückständigen Unterhalt für das Jahr 2009 in Höhe von 39.314,28 EUR sA begehrt. Mit einer weiteren Klage (AZ 33 C 35/13m) hatte sie Unterhalt für das Jahr 2010 in Höhe von 17.191,32 EUR sA gefordert. Die beiden Verfahren wurden zur „gemeinsamen Verfahrensführung“ verbunden. Im weiteren Verfahrensverlauf wurden die Klagebegehren aufgrund geänderter Berechnung für das Jahr 2009 auf 5.529,26 EUR und für das Jahr 2010 auf 9.511,20 EUR eingeschränkt sowie um 9.294,24 EUR für das Jahr 2011 (bis zum Tod des Erblassers) ausgedehnt. Insgesamt wurden daher 24.334,71 EUR geltend gemacht (aufgrund eines Additionsfehlers wurde der Gesamtbetrag mit 24.455,60 EUR beziffert).

Mit dem im 2. Rechtsgang ergangenen Urteil vom 17. 4. 2015 erkannte das Bezirksgericht Gänserndorf die Klagsforderung mit 12.752,56 EUR sowie eine eingewendete Gegenforderung mit 2.641,60 EUR als zu Recht bestehend und sprach der Klägerin die Differenz von 10.110,66 EUR sA zu. Das Mehrbegehren von 14.344,94 EUR und ein Eventualbegehren wurden abgewiesen. Die Entscheidung über die Prozesskosten wurde bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung am 10. 9. 2015. Sie ist rechtskräftig. Die Kostenentscheidung steht noch aus.

Am 29. 12. 2015 stellte der Kläger im gegenständlichen Pflichtteilsprozess den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens.

Die Beklagte sprach sich gegen die Stattgebung des Fortsetzungsantrags aus. Das Verfahren vor dem Bezirksgericht Gänserndorf sei wegen der ausstehenden Kostenentscheidung noch nicht rechtskräftig beendet. Auch die Prozesskosten in diesem Verfahren seien von den Aktiva des Nachlasses in Abzug zu bringen.

Das Erstgericht wies den Fortsetzungsantrag zurück. Auch die noch ausstehende Entscheidung über die Prozesskosten sei für das gegenständliche Verfahren präjudiziell. Mit Ergänzungsbeschluss entschied das Erstgericht über die Kosten des Zwischenstreits.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass der Fortsetzungsantrag ab‑ statt zurückgewiesen werde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei; hinsichtlich des (ebenfalls als angefochten behandelten) Ergänzungsbeschlusses sei der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Das Rekursgericht erörterte, dass bereits fällige Unterhaltsschulden vererblich seien. Bemessungsgrundlage für den Nachlasspflichtteil sei der reine Nachlass. Von den Nachlassaktiven seien die Erblasser‑ und Erbgangsschulden abzuziehen. Als Passiva seien somit alle Lasten zu berücksichtigen, die der Noterbe bei gesetzlicher Erbfolge hätte tragen müssen. Es sei anerkannt, dass die nach dem Erbfall und vor der Einantwortung entstandenen, mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses verbundenen Verfahrenskosten als Erbgangsschulden Passiva der Verlassenschaft darstellten. Voraussetzung sei, dass ein derartiges Verfahren der Realisierung oder Erhaltung des Nachlasses diene. Im Parallelprozess seien vor dem Tod des Erblassers entstandene Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau des Erblassers strittig gewesen. Diese Unterhaltspflichten samt den damit verbundenen Prozesskosten bis zur Einantwortung seien somit Passiva, die bei der Bemessung der allfälligen Pflichtteilsansprüche des Klägers zu berücksichtigen seien. Hingegen hafte für die nach der Einantwortung aufgelaufenen Kosten die Beklagte als Erbin. Somit sei die noch ausständige Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren präjudiziell, sodass das Erstgericht das Verfahren zu Recht nicht fortgesetzt habe. Erst nach Rechtskraft der Kostenentscheidung stehe fest, welche Kosten der Verlassenschaft bis zur Einantwortung entstanden seien. Erst danach könne eine Auseinandersetzung mit den Einwänden des Klägers stattfinden, wonach die Vertretungskosten nicht notwendig und zweckmäßig gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Stattgebung des Fortsetzungsantrags abzuändern.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung das Rechtsmittel zurück-zuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben; weiters auch, gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe zu verhängen samt „Anregung, gemäß § 528 Abs 4 ZPO vorzugehen“.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses:

1.1 Eingangs ist klarzustellen, dass sich der Rekurs des Klägers entgegen der Annahme des Rekursgerichts nicht auch gegen den Ergänzungsbeschluss gerichtet hatte:

Wohl ist ein Ergänzungsbeschluss dann mit Rekurs bekämpfbar, wenn die in ihm enthaltene Entscheidung, wäre sie als selbständiger Beschluss und nicht als Ergänzungsbeschluss ergangen, selbständig anfechtbar wäre (6 Ob 579/88; 3 Ob 317/97g; RIS‑Justiz RS0041425; M. Bydlinski in Fasching/Konecny ² III § 430 ZPO Rz 3). Der Rekurs des Klägers enthielt aber keine Ausführungen zum Kostenpunkt. In der Anfechtungserklärung bezeichnete der Kläger die erstinstanzlichen Beschlüsse als „Einheit“, im Rechtsmittelantrag strebte er die Fortsetzung des Verfahrens und die (ausschließlich durch den Rechtsmittelerfolg in der „Hauptsache“ bedingte) „Abänderung“ der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits an. Bei richtigem Verständnis richtete sich der Rekurs somit nur gegen die Entscheidung in der „Hauptsache“ in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses, dessen selbständige Anfechtung er jedoch nicht umfasste.

Davon ausgehend erweist sich auch der (insoweit) mit § 528 Abs 2 Z 3 ZPO begründete, den Obersten Gerichtshof nicht bindende Unzulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts als verfehlt. Obwohl der Kläger in seinem nunmehrigen Rechtsmittel als Anfechtungsgegenstand den „gesamten Inhalt“ der Rekursentscheidung nennt, kommt daher eine teilweise Zurückweisung des Revisionsrekurses, wie sie der Ausspruch des Rekursgerichts nahelegen könnte, nicht in Betracht.

1.2 Der Revisionsrekurs ist auch nicht iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig:

In der Frage, ob bei Bestätigung der Ab‑ oder Zurückweisung eines Fortsetzungsantrags ein unanfechtbarer Konformatsbeschluss vorliegt, also eine Gleichstellung mit der Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen gerechtfertigt ist, bietet die Rechtsprechung ein einheitliches Bild. Zwar wird obiter häufig betont, dass der Anfechtungsausschluss nur dann nicht gelten soll, wenn die weitere Prozessführung „endgültig“ oder „definitiv“ abgeschnitten wird (vgl RIS‑Justiz RS0044536, RS0099940, RS0109999). Diese Aussage steht aber meist im Zusammenhang mit Fortsetzungsanträgen nach Vorliegen verfahrensbeendender Entscheidungen oder Vergleiche (exemplarisch 6 Ob 2022/96p; zuletzt etwa 8 Ob 9/15d mwN; vgl insbesondere die unter RIS‑Justiz RS0105321 indizierten Entscheidungen). Wird hingegen die Ab‑ oder Zurückweisung des nach einer Verfahrensunterbrechung gestellten Fortsetzungsantrags bestätigt, ist von der grundsätzlichen Anfechtbarkeit der zweitinstanzlichen Entscheidung auszugehen. Auch bei Beschlüssen, mit denen die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage verweigert wird, handelt es sich um eine Verweigerung des Rechtsschutzanspruchs (8 Ob 20/92; vgl ferner 7 Ob 93/98x; 7 Ob 182/98k; 5 Ob 74/02x; 7 Ob 161/03g; 6 Ob 33/07g; 9 Ob 92/09h; 10 ObS 71/13h; idS auch Zechner in Fasching ² IV/1 § 528 Rz 98).

1.3 Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil es klarstellender Ausführungen durch den Obersten Gerichtshof bedarf.

2. Zur Sache:

Das Rechtsmittel ist berechtigt.

Der Kläger macht zusammengefasst geltend, die Entscheidung über die Prozesskosten des Unterhaltsstreits sei für den gegenständlichen Pflichtteilsprozess nicht präjudiziell. In diesem habe das Gericht selbständig und ohne Bindung an die Kostenentscheidung des Unterhaltsstreits zu prüfen, inwieweit der Pflichtteilsanspruch durch Prozesskosten geschmälert werde. Im Unterbrechungs-beschluss habe das Erstgericht richtigerweise nur die vor dem Ableben des Unterhaltsschuldners entstandenen Unterhaltsansprüche der Unterhaltsklägerin als präjudiziell bezeichnet.

Hierzu wurde erwogen:

2.1 Das Erstgericht hat das Verfahren „bis zur rechtskräftigen Erledigung“ des beim Bezirksgericht Gänserndorf anhängigen Unterhaltsstreits unterbrochen. Es stellt sich die Frage, wann eine „rechtskräftige Erledigung“ vorliegt, wenn das für den Unterhaltsprozess zuständige Gericht seine Kostenentscheidung nach § 52 Abs 1 und 2 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010/111, bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehält. Mit Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache oder erst mit Rechtskraft der Kostenentscheidung?

Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die prozessrechtliche Grundlage des Unterbrechungsbeschlusses, nämlich § 190 Abs 1 ZPO. Nach dieser Bestimmung kann das Gericht, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen gerichtlichen Verfahrens ist, oder welches in einem anhängigen Verwaltungsverfahren festzustellen ist, anordnen, dass das Verfahren auf so lange Zeit unterbrochen werde, bis in Ansehung dieses Rechtsverhältnisses eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.

2.2 Als präjudizielles „Rechtsverhältnis“, in Ansehung dessen eine rechtskräftige Entscheidung des Bezirksgerichts Gänserndorf abgewartet werden sollte, wurden in der Begründung des Unterbrechungsbeschlusses „die Unterhaltsansprüche“ der geschiedenen Ehefrau, also deren materiell-rechtliche Ansprüche gegen die Verlassenschaft genannt. Von der Präjudizialität auch der Entscheidung über die Prozesskosten ist dort keine Rede. Selbst wenn man daher die Präjudizialität auch der Kostenentscheidung unterstellen wollte, wie dies der Rechtsansicht der Vorinstanzen entspricht, war die Kostenentscheidung von der Reichweite des Unterbrechungsbeschlusses nicht umfasst. Schon deshalb hätte das Verfahren nach Rechtskraft des im Unterhaltsstreit ergangenen Urteils in der Hauptsache (von Amts wegen) fortgesetzt werden müssen.

2.3 Davon abgesehen lag von vornherein kein zulässiger Unterbrechungsgrund vor, weil es an einer präjudiziellen Vorfrage fehlte:

(a) Zwar hat jedes Zivilgericht die Tatbestandswirkung (Reflexwirkung) eines Urteils zu beachten. Diese ist dann anzunehmen, wenn das historische Ereignis der Urteilsfällung für die Tatfrage des Folgeprozesses von Bedeutung ist, weil entweder das Gesetz oder ein Rechtsgeschäft an deren Vorhandensein besondere Rechtsfolgen knüpft oder weil die Existenz dieser Entscheidung einen Sachverhalt schafft, der selbst wieder das Merkmal eines bestimmten Tatbestands ist (2 Ob 71/15b mwN; RIS‑Justiz RS0041401).

(b) Davon zu unterscheiden ist die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung. Sie ist dann gegeben, wenn der als Hauptfrage rechtskräftig entschiedene Anspruch eine Vorfrage für den Anspruch im zweiten Prozess bildet. Maßgebend sind die rechtserzeugenden Tatsachen, die zur Individualisierung des herangezogenen Rechtsgrundes erforderlich sind (8 ObA 1/16d; RIS‑Justiz RS0127052). Der Eintritt der Bindungswirkung setzt überdies die Identität der Parteien voraus (RIS‑Justiz RS0041572).

(c) Keinesfalls wäre demnach der Kläger an die Entscheidung des Bezirksgerichts Gänserndorf gebunden, weil er im Unterhaltsprozess keine Parteistellung hatte und ihm auch nicht der Streit verkündet worden ist (ausführlich zur Problematik auch im Lichte des Art 6 EMRK 2 Ob 71/15b = JBl 2015, 661). Das gilt gleichermaßen für die Entscheidung in der Hauptsache (also über die Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau) wie für die davon abhängige Kostenentscheidung. Besteht aber insoweit keine Bindung, ist die Entscheidung im Vorverfahren auch nicht präjudiziell (vgl Höllwerth in Fasching³ II/3 § 190 Rz 24 f und Rz 73).

2.4 Allerdings ließ der Kläger den Unterbrechungsbeschluss unbekämpft, weshalb er sich nicht mehr auf die mangelnde Präjudizialität der Entscheidung in der Hauptsache stützen könnte, die er aber ohnehin nicht geltend macht. Anders verhält es sich mit den vom Unterbrechungsbeschluss nicht erfassten Verfahrenskosten des Unterhaltsstreits:

(a) Das Rekursgericht hat die materielle Rechtslage an sich richtig wiedergegeben. Danach zählen die Kosten des Rechtsvertreters der mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses betrauten Erben zu den Passiven der Verlassenschaft und sind bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen. Sie mindern grundsätzlich den Wert der Verlassenschaft (8 Ob 234/67 SZ 40/122; 4 Ob 78/14w; RIS‑Justiz RS0012217). Zu ergänzen ist, dass dies auch für Prozesskosten gilt, die der Verlassenschaft in einem Prozess auferlegt wurden, mit dem sie eine Vermehrung (oder hier: die Vermeidung einer Verminderung) des Nachlassvermögens anstrebte (vgl 9 Ob 57/07h; 7 Ob 56/10a; 2 Ob 146/11a).

(b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist von der Kostenentscheidung im Unterhaltsstreit des Bezirksgerichts Gänserndorf, die eine der Prozessparteien voraussichtlich nur zum teilweisen Kostenersatz an die Gegenpartei verpflichten wird, kein Aufschluss darüber zu erwarten, welche (eigenen und gegnerischen) Kosten insgesamt im gegenständlichen Pflichtteilsprozess als Passiva zu berücksichtigen sind. Dessen ungeachtet ist der Kläger nach dem oben Gesagten an die Kostenentscheidung ohnedies nicht gebunden. Trotz ihres – nur als juristische Tatsache beachtlichen (RIS‑Justiz RS0041431) – Vorliegens stünden ihm daher alle Einwände gegen die Kostenentscheidung offen, soweit diese sich zu seinem Nachteil auswirken könnte. Dabei ist auch zu bedenken, dass jede Kostenentscheidung nicht zuletzt von den erhobenen Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis abhängt (§ 54 Abs 1a ZPO), worauf der Kläger mangels Verfahrensbeteiligung im Unterhaltsstreit überhaupt keinen Einfluss hatte.

(c) Das bedeutet, dass – wie der Kläger in seinem Rechtsmittel zutreffend ausführt – das Erstgericht letztlich ohne Bindung an die Kostenentscheidung im Rahmen des beiderseitigen Prozessvorbringens selbständig darüber entscheiden muss, inwieweit die Prozesskosten bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs als Passiva zu berücksichtigen sind.

2.5 Zusammenfassend ist daher festzuhalten:

Das im Unterbrechungsbeschluss des Erstgerichts näher konkretisierte präjudizielle „Rechtsverhältnis“ iSd § 190 Abs 1 ZPO beschränkte sich auf „die Unterhaltsansprüche“ der geschiedenen Ehefrau und umfasste nicht auch die Kostenentscheidung des Unterhaltsstreits. Im Übrigen entfaltet die nach einem Kostenvorbehalt gemäß § 52 Abs 1 und 2 ZPO im Unterhaltsstreit noch ausstehende Kostenentscheidung schon mangels Identität der Prozessparteien keine Bindungswirkung und ist daher für den Pflichtteilsprozess auch nicht präjudiziell. Das unterbrochene Verfahren hätte mit Eintritt der Rechtskraft des im Unterhaltsstreit ergangenen Urteils in der Hauptsache fortgesetzt werden müssen.

2.6 In Stattgebung des berechtigten Revisionsrekurses ist somit auszusprechen, dass das Verfahren fortzusetzen ist. Für die – von der Beklagten angeregte – Verhängung einer Mutwillensstrafe nach § 528 Abs 4 ZPO besteht keine Veranlassung.

Die Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Für den Fortsetzungsantrag gebührt nur Kostenersatz nach TP 1 II lit f RATG. Der weitere Inhalt des Schriftsatzes bezieht sich auf die Sache selbst und ist im Zwischenstreit nicht abzugelten. Bei Rekurs und Revisionsrekurs waren jeweils geringfügige Rechenfehler zu korrigieren.

Zu II.:

Die Beklagte hält es für beleidigend, dass ihr der Kläger im Revisionsrekurs die bewusste Hinauszögerung der Einantwortung zwecks Verminderung der Pflichtteils-ansprüche, die bewusste Setzung nachteiliger Maßnahmen sowie die mutwillige und aussichtslose Prozessführung im Unterhaltsstreit unterstelle.

Gemäß § 86 ZPO kann gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt oder welche in einem Schriftsatz den Gegner, einen Vertreter, Bevollmächtigten, Zeugen oder Sachverständigen beleidigt, unbeschadet der etwa eintretenden strafgerichtlichen Verfolgung vom Gericht eine Ordnungsstrafe verhängt werden.

Die Ahndung der (vermeintlich) beleidigenden Äußerungen durch Verhängung einer Ordnungsstrafe gegen den Kläger kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsmittelschriftsatz nicht vom Kläger, sondern von seinem Rechtsanwalt verfasst wurde. Die inkriminierten Äußerungen sind keine Prozesshandlungen und dem Kläger daher nicht zuzurechnen (vgl § 34 ZPO). Dass die Formulierungen des Rechtsanwalts einem Auftrag des Klägers entsprechen würden, geht aus dem Rechtsmittelschriftsatz nicht hervor. Gegen den Rechtsanwalt selbst ist aber bereits seit dem Entfall des vormaligen § 86 Abs 2 ZPO durch die ZVN 1983 BGBl 135 die Sanktionsmöglichkeit einer gerichtlichen Ordnungsstrafe nicht mehr vorgesehen (vgl 5 Ob 83/99p; Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 § 86 Rz 5 mwN).

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