OGH 7Ob56/10a

OGH7Ob56/10a14.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. F***** S*****, 2. E***** R*****, und 3. J***** S*****, alle: vertreten durch Mag. Sonja Fragner, Rechtsanwältin in Krems an der Donau, gegen die jeweils beklagte Partei Verlassenschaft nach A***** S*****, vertreten durch den erbserklärten Sohn A***** S*****, dieser vertreten durch Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in Krems an der Donau, wegen 73.790 EUR sA (hinsichtlich der erstklagenden Partei), sowie wegen je 62.379,49 EUR (hinsichtlich der zweit- und drittklagenden Partei), über die außerordentliche Revision der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 5. Februar 2010, GZ 16 R 209/09m-67, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 17. August 2009, GZ 3 Cg 101/06z, 3 Cg 20/07i, 3 Cg 88/07i-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens der erstklagenden Partei von 53.170 EUR samt 4 % Zinsen seit 6. 10. 2004 und im die erstklagende Partei betreffenden Kostenpunkt aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der am 30. 8. 2004 verstorbene Erblasser ist der Vater der Kläger und des von ihm testamentarisch als Alleinerben eingesetzten Beklagten. Der Erblasser ordnete im Testament weiters an, dass die Kläger für die geleisteten Arbeiten mit je 7.000 EUR bedacht werden sollten. Im Verlassenschaftsverfahren gab der Beklagte eine Erbantrittserklärung ab, die Kläger stellten Pflichtteilsansprüche. Das Verlassenschaftsgericht übertrug dem Beklagten die Verwaltung des Nachlasses. Der Erstkläger (in der Folge: Kläger) beantragte die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses. Es wurden Gutachten eingeholt. Der Beklagte rügte diverse Mängel eines der Schätzgutachten, was zu einer Gutachtensergänzung führte. Zu einer Einigung der Beteiligten kam es nicht. Im Verlassenschaftsverfahren wurden die Gebühren des Gerichtskommissärs mit 3.666 EUR, der Sachverständigen mit 5.647,95 EUR und mit 254,80 EUR, sowie der A*****-GmbH mit 126 EUR bestimmt und die Bezahlung dieser Gebühren der Verlassenschaft aufgetragen.

Zum Verlassenschaftsvermögen gehören - soweit im Revisionsverfahren noch relevant - neun Liegenschaften. Sie wurden zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers landwirtschaftlich genutzt. Der Erblasser hatte zwei Parzellen mit einer Fläche von 33.762 m² verpachtet. Der Beklagte erhält dafür 2.000 EUR. Weiters ist eine Liegenschaft mit einer Fläche von 3.753 m² verpachtet, wobei die Pacht 20 % des Naturalertrags beträgt. Der Beklagte verpachtete nach dem Tod seines Vaters weitere Weingartenflächen, für die er keinen Pachtzins, sondern Trauben geliefert erhält. Der Beklagte keltert die Trauben selbst und verwendet den Wein zum Eigengebrauch. Der Beklagte bewirtschaftet den östlichen Teil einer Parzelle selbst und liefert etwa 4.000 kg Trauben pro Jahr an die Winzergenossenschaft. Der Erlös, dessen Höhe nicht feststeht, wird auf ein gesperrtes Konto bei der Winzergenossenschaft überwiesen.

Der Beklagte übt den Beruf des Krankenpflegers aus. Er hat vor, die landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaften weiterzuführen.

Mit Kaufvertrag vom 22. 12. 2005 verkaufte die Verlassenschaft, vertreten durch den Beklagten, einen Teil einer Liegenschaft zu einem Kaufpreis von 90.000 EUR.

Das Erstgericht stellte hinsichtlich jeder zur Verlassenschaft gehörenden Liegenschaft den Verkehrswert (in Summe rund 446.724 EUR exklusive und 453.061 EUR inklusive Inventar und Zugehör) und den Ertragswert (bei ortsüblicher Wirtschaftsweise und ortsüblichen Erträgnissen 13.500 EUR) fest.

Der Kläger begehrt seinen Pflichtteil. Mit dem im Testament verfügten Legat von 7.000 EUR sei sein Pflichtteilsanspruch in der Höhe von einem Achtel des Reinnachlasses nicht zur Gänze befriedigt. Der Nettonachlass betrage 590.325 EUR. Soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, stützt er sich darauf, dass die Liegenschaften mit dem Verkehrswert zugrunde zu legen seien, weil der Beklagte eine Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs des Erblassers nicht beabsichtige und teilweise bereits Grundstücke verkauft habe. Überdies seien die Kosten der Inventarisierung und Schätzung, die Gebühren des Gerichtskommissärs und die Kosten des Rechtsvertreters der Verlassenschaft im vorliegenden Verfahren keine Passiva des Nachlasses, die den Pflichtteilsanspruch minderten.

Die beklagte Verlassenschaft beantragt die Klagsabweisung. Im Verlassenschaftsverfahren sei der Wert des Reinnachlasses richtig festgestellt worden. Bei der Bewertung der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften sei vom kapitalisierten Ertragswert auszugehen. Der Grundsatz des Wohlbestehens müsse berücksichtigt werden. Es seien bei der Ermittlung der Pflichtteilsbemessungsgrundlage die Kosten der Inventarisierung und Schätzung und auch die Kosten der beklagten Verlassenschaft in diesem Verfahren in Abzug zu bringen.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Verlassenschaft dazu, dem Kläger neben den bereits im ersten Rechtsgang zuerkannten Betrag von 7.993 EUR sA weitere 12.727 EUR sA zu bezahlen. Es legte den sogenannten Mischwert bei der Ermittlung des Wertes der Liegenschaften zugrunde. Bei landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften sei neben dem Ertragswert auch der Verkehrswert angemessen zu berücksichtigen, wenn ein auffallendes Missverhältnis zwischen Ertrags- und Verkehrswert bestehe. Es komme darauf an, welchen Nutzen die Liegenschaften für den Erben haben (würden). Einige Grundstücke seien verpachtet, ein Teil werde vom Alleinerben selbst bewirtschaftet und eine Liegenschaft sei veräußert worden, wobei darüber hinaus einige Grundstücke teilweise in Bauland gewidmet seien, andere sich in Bauerwartungsland bzw in Bauland-Betriebsgebiet befänden. Im Hinblick auf das Missverhältnis zwischen Ertrags- und Verkehrswert komme der Grundsatz des „Wohlbestehens“ nicht zur Gänze zur Anwendung. Es sei vielmehr der Wert der Liegenschaften mit dem arithmetischen Mittel aus Ertrags- und Schätzwert anzunehmen. Diese Methode sei vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang ausdrücklich gebilligt worden. Der Wert der Liegenschaften sei mit 230.112 EUR anzunehmen (446.724 EUR [Verkehrswert sämtlicher Liegenschaften ohne Inventar und Zugehör] + 13.500 EUR [Ertragswert sämtlicher Liegenschaften] = 460.224 EUR : 2). In diesem Wert sei der Verkehrswert = Kaufpreis der bereits verkauften Liegenschaft enthalten. Die - im Revisionsverfahren nicht weiter strittigen - Aktiva des Nachlasses seien mit 298.765 EUR zu ermitteln. An Passiva seien unstrittig 8.439,20 EUR zu berücksichtigen. Die Sachverständigengebühren und die Gebühren des Gerichtskommissärs in der Höhe von insgesamt 9.694,75 EUR seien als den Nachlass mindernd zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der - im Übrigen im Revisionsverfahren unstrittigen - Gesamtpassiva von 77.808 EUR betrage der Reinnachlass 220.957 EUR. Ziehe man davon das Legat von 7.000 EUR und (entsprechend der vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang überbundenen Rechtsmeinung) die Vertretungskosten der beklagten Verlassenschaft in diesem Verfahren ab, ergebe sich ein Pflichtteil des Klägers von 20.619,63 EUR.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es bestätigte - wie im ersten Rechtsgang - die Ansicht des Erstgerichts, dass bei der Bewertung der Liegenschaften die oben dargelegte Mischwertmethode zur Anwendung zu kommen habe und dass die Vertretungskosten der beklagten Verlassenschaft im vorliegenden Verfahren als den Nachlass mindernd zu berücksichtigen seien. Bis zum Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung der Pflichtteile seien nämlich neben dem eigentlichen Gewinn oder Verlust des Nachlassvermögens auch die anlaufenden Kosten der Nachlassverwaltung zu berücksichtigen. Dazu gehörten auch die Kosten der Vertretung des Nachlasses im vorliegenden Verfahren. Der Beklagtenvertreter sei in Vertretung des beklagten Nachlasses und nicht für den erbserklärten Erben tätig. Der damit verbundene Aufwand gehöre daher auch zur Nachlassverwaltung. Die Kosten des Sachverständigen und des Gerichtskommissärs seien ebenfalls von den Nachlassaktiva abzuziehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu lösen seien.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Verlassenschaft beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob vom Nachlass als Passiva die Vertretungskosten der Verlassenschaft im vorliegenden Verfahren sowie die Gebühren für die Schätzgutachten und den Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren abzuziehen sind und ob der Wert der Liegenschaften nach dem von den Vorinstanzen angewendeten Mischwertverfahren zu ermitteln oder mit dem Verkehrswert anzusetzen ist.

Bis zur Einantwortung ist die Pflichtteilsklage gegen die Verlassenschaft zu richten und nicht gegen den erbserklärten Erben (RIS-Justiz RS0012293). Als Passiva sind alle Lasten zu berücksichtigen, die der Noterbe bei gesetzlicher Erbfolge hätte tragen müssen (Welser in Rummel³, § 784 ABGB Rz 5). Die Kosten des Rechtsvertreters der mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses betrauten Erben zählen zu den Passiva der Verlassenschaft und sind bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0012217). Es ist anerkannt, dass die nach dem Erbfall und vor der Einantwortung entstandenen, mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses verbundenen Kosten als Erbgangs-(Erbfalls-)schulden Passiva der Verlassenschaft darstellen (RIS-Justiz RS0012217). Dazu gehören insbesondere auch die Kosten eines Verlassenschaftskurators oder eines von diesem beauftragten Rechtsvertreters oder Prozesskosten, welche der Verlassenschaft in einem Prozess auferlegt wurden, mit dem sie durch Anfechtung von zu Lebzeiten des Erblassers geschlossenen Verträgen eine Vermehrung des Nachlassvermögens anstrebte (9 Ob 57/07h). Passiva sind aber nur jene Prozess- und Vertretungskosten, die im Zusammenhang mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses im Sinn von § 810 ABGB stehen. Die Vertretung der Verlassenschaft in einem auf Bezahlung des Pflichtteils gerichteten Verfahren gehört nicht zur Besorgung und Verwaltung des Nachlasses. Das Verfahren dient nicht der Realisierung oder Erhaltung des Nachlasses, sondern dient lediglich der Abklärung, wie hoch die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten sind. Die laufenden Prozesskosten des vorliegenden Verfahrens sind also - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - nicht als Nachlassschuld (und damit den Pflichtteilsanspruch noch während des Verfahrens mindernd) zu berücksichtigen. Die aufgelaufenen Prozesskosten können nur Gegenstand einer Kostenentscheidung nach §§ 41 ff ZPO sein.

Hingegen sind die Kosten der Inventarerrichtung zu den Passiva zu zählen (RIS-Justiz RS0105013), ebenso die Gebühren des Gerichtskommissärs (7 Ob 220/08s; RIS-Justiz RS0007645). Es sind daher die Gebühren für die Sachverständigen und den Gerichtskommissär bei der Ermittlung des Reinnachlasses als Passiva zu berücksichtigen, selbst wenn ein Teil ihres Tätigwerdens nur auf Anträge des Beklagten zurückzuführen sein sollte. Die Tätigkeit des Gerichtskommissärs und die Errichtung des Inventars dienten der Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens. Dass das Kosten verursachende Einschreiten des Beklagten allenfalls mutwillig gewesen sein sollte, ergibt sich aus den Feststellungen nicht.

Die Frage, nach welchen Grundsätzen im allgemeinen landwirtschaftliche Güter zur Bemessung des Pflichtteils zu bewerten sind, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt (RIS-Justiz RS0099283). Es kommt darauf an, welchen Wert der Gegenstand allgemein für seinen Eigentümer hat (4 Ob 46/05a, 3 Ob 272/02z). Es ist von der Bestimmung des § 306 ABGB über den gemeinen Wert auszugehen (6 Ob 232/09z mwN). Liegt nach der Verkehrsauffassung der Wert einer Sache vor allem in ihrem Ertrag oder sonstigen Nutzen, dann wird vom Ertragswert, andernfalls aber vom Verkehrswert auszugehen sein. Der Nutzen, den ein landwirtschaftlicher Betrieb allgemein leistet, besteht in erster Linie aus seinem Ertrag. In Zeiten einer starken Nachfrage nach Grundstücken können der Ertragswert und der Verkehrswert aber erheblich voneinander abweichen. In einem solchen Fall muss der Verkehrswert angemessen berücksichtigt werden, und zwar um so stärker, je größer der Verkehr mit derartigen Liegenschaften im Zeitpunkt des Todes des Erblassers tatsächlich war (RIS-Justiz RS0010080). Bei auffallendem Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Ertragswert ist für die bei der Pflichtteilsberechnung erforderliche Ermittlung des Schätzwerts der Landwirtschaft durch Errechnung des arithmetischen Mittels aus Ertrags- und Verkehrswert unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen (RIS-Justiz RS0010076). Eine am Ertragswert orientierte Wertbestimmung verbietet sich aber für Grundstücke, von denen feststeht, dass sie entweder bereits Bauland sind oder bei denen aufgrund bestehender tatsächlicher und rechtlicher Aufschließungsmöglichkeiten eine künftige Verbauung so konkrete Gestalt angenommen hat, dass sie nach der Verkehrsauffassung bereits als zusätzliches werterhöhendes Moment angesehen werden könnte (1 Ob 701/85). Waren Grundstücke im Zeitpunkt des Todes des Erblassers zwar landwirtschaftlich genutzt, hatten sie aber damals den objektiven Charakter von Bauland oder Bauhoffnungsland, so muss dies bei der Ermittlung des Werts der Liegenschaft Berücksichtigung finden (8 Ob 177/68 = RIS-Justiz RS0007833 = NZ 1969, 40).

Bei der Beurteilung, welcher Wert der Liegenschaften in der Verlassenschaft anzusetzen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte hauptberuflich Krankenpfleger ist, nur 2 % der landwirtschaftlichen Fläche selbst bewirtschaftet und ansonsten die Liegenschaften verpachtet hat. Soweit rein landwirtschaftlich gewidmete Flächen zum Nachlassvermögen gehören, bestehen keine Bedenken gegen die von den Vorinstanzen gewählte Berechnungsmethode (Ermittlung des arithmetischen Mittelwerts zwischen Verkehrswert und Ertragswert). Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung. Im vorliegenden Einzelfall kann aber nicht der Wert aller Liegenschaften nach derselben Methode ermittelt werden. Es ist auf die Widmung der Grundstücke abzustellen. Soweit nämlich Liegenschaften ausdrücklich als Bauland gewidmet waren, ist - wie oben dargelegt - zu berücksichtigen, dass der Beklagte hauptberuflich nicht Landwirt ist und dass er bei einer (jederzeit möglichen) Veräußerung den kompletten Verkehrswert lukrieren wird. In seinem Vermögen werden die Liegenschaften zum Verkauf als Bauland bereit sein. Diese als Bauland gewidmeten Liegenschaften sind daher mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen. Bei jenen Liegenschaften, die Bauhoffnungsland sind, bedarf es genauerer Feststellungen dazu, ob eine Umwidmung in Bauland im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits abzusehen war. Es ist im Sinn der oben dargelegten Judikatur zu klären, ob mit einer künftigen Umwidmung so konkret gerechnet werden konnte, dass sie nach der Verkehrsauffassung bereits als zusätzliches werterhöhendes Moment angesehen werden konnte. War dies bei einzelnen Liegenschaften in naher Zukunft konkret abzusehen, so ist auch bei diesen bereits der Verkehrswert anzusetzen. War eine Umwidmung nicht in naher Zukunft konkret abzusehen, aber dennoch damit zu rechnen, so ist je nach Wahrscheinlichkeit der Umwidmung und den dafür vorgesehenen Zeitrahmen der Verkehrswert nur angemessen zu berücksichtigen. Dies kann bedeuten, dass es nach den Umständen des Einzelfalls wie bei den landwirtschaftlichen Liegenschaften beim arithmetischen Mittel bleibt oder dass, falls dies den Umständen angemessener entsprechen sollte, der Verkehrswert auch mit mehr als der Hälfte zu berücksichtigen ist.

Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren hinsichtlich aller Liegenschaften, bei denen feststeht, dass es sich um Bauhoffnungsland oder Bauerwartungsland handelt, ergänzend dazu Feststellungen zu treffen haben, ob im Zeitpunkt des Todes des Erblassers mit einer Umwidmung in Bauland konkret zu rechnen war oder mit welcher Wahrscheinlichkeit in welchem Zeitraum damit zu rechnen war. Bei der Liegenschaft EZ 7 Parzelle 24 ist überdies noch ungeklärt, ob und in welchem Ausmaß Bauhoffnungsland überhaupt anzunehmen ist („angeblich“).

Erst nach Verbreiterung der Tatsachengrundlage kann der Wert der Liegenschaften und damit das Nachlassvermögen ermittelt und der Pflichtteilsanspruch des Klägers abschließend errechnet werden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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