Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Zustellkurators die mit EUR 2.178,90 (darin enthalten EUR 363,15 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 14. 10. 2000 eingelangten Klage vom Beklagten ATS 2,661.342,13 sA.
Die Klage konnte dem Beklagten nicht zugestellt werden, weil er unbekannten Aufenthalts ist. Es wurde für ihn über Antrag der Klägerin ein Kurator gemäß § 116 ZPO bestellt. Als der Beklagte persönlich bei der Tagsatzung am 29. 8. 2001 ohne Rechtsanwalt erschien, konnte sein Aufenthalt nicht geklärt werden können, weil er Angaben darüber verweigerte. Da Erstrichter Bedenken gegen dessen Prozessfähigkeit hatte, leitete den Akt gemäß § 6a ZPO an das Bezirksgericht Innsbruck als Pflegschaftsgericht und unterbrach mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom gleichen Tag das streitige Verfahren.
Mit Beschluss vom 30. 4. 2002 stellte das Pflegschaftsgericht das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters ein, weil der Beklagte nach wie vor unbekannten Aufenthalts und daher die Erstanhörung nicht möglich sei. Das Verfahren könne jederzeit wieder "fortgeführt" werden. Mit Beschluss vom 12. 7. 2002 "setzte" das Pflegschaftsgeicht wegen Bekanntgabe eines Aufenthaltsortes das Verfahren "fort" (ON 10 in 4 P 61/01a des Bezirksgerichtes Innsbruck).
Die Klägerin begehrte nun unter Hinweis auf den Einstellungsbeschluss die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass eine meritorische Entscheidung über die Frage, ob für den Beklagten ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt oder sonst eine entsprechende Maßnahme getroffen werde, im Sachwalterschaftsverfahren noch nicht ergangen sei. Erst nach Rechtskraft eines Einstellungsbeschlusses, in dem die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme verneint werde, könne die im § 6a dritter Satz ZPO normierte Bindungswirkung gegenüber dem Prozessgericht eintreten. Eine derartige Entscheidung liege nicht vor.
Das Rekursgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung den erstinstanzlichen Beschluss. Das Pflegschaftsgericht habe keinen Einstellungsbeschluss im Sinne des § 243 AußStrG gefasst. Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Fortsetzung eines unterbrochenen Zivilverfahrens für den Fall, dass die Erstanhörung des Beklagten in einem Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters nicht möglich sei, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorhanden sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit einem Abänderungsantrag.
Der Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, obwohl hier Konformentscheidungen der Vorinstanzen vorliegen, nicht jedenfalls unzulässig, da gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO von der Unanfechtbarkeit Beschlüsse ausgenommen sind, durch die eine Sachentscheidung über den Rechtsschutzantrag verweigert wird. Dies ist bei der Bestätigung der Abweisung eines Antrages auf Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens der Fall (5 Ob 74/02x, RIS-Justiz RS0105321, RS0103702). Der Revisionsrekurs ist aber mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist für den Obersten Gerichtshof nicht bindend - nicht zulässig.
Dem Prozessgericht ist es seit Inkrafttreten des Sachwalterschaftsgesetzes verwehrt, die Prozessfähigkeit von einer der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegenden, möglicherweise geistig behinderten Person, für die kein Sachwalter bestellt ist, zu prüfen. Gemäß § 6a dritter Satz ZPO ist das Prozessgericht an die Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes, auch wenn damit das Verfahren gemäß § 243 AußStrG eingestellt wurde, gebunden (8 Ob 184/02w, 3 Ob 213/98i, RIS-Justiz RS0035228, RS0035270).
Unter Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes nach § 6a ZPO kann nur eine solche verstanden werden, mit der entweder für den Betroffenen ein Sachwalter bestellt oder die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme verneint wird, wobei im letzteren Fall das Pflegschaftsgericht im Sinne des § 243 AußStrG das Verfahren mit Beschluss, der dem Betroffenen und seinem Vertreter zuzustellen ist, einzustellen hat. Erst nach Rechtskraft eines derartigen Einstellungsbeschlusses kann die im § 6a Satz 3 ZPO normierte Bindungswirkung gegenüber dem Prozessgericht eintreten (3 Ob 213/98i, 1 Ob 632/87, Ob 700/86, RIS-Justiz RS0035240).
Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass der vorliegende Beschluss des Pflegschaftsgerichtes kein das Prozessgericht bindender (endgültiger) Einstellungsbeschluss ist, hält sich im Rahmen der oben dargelegten Judikatur, zumal das Pflegschaftsgericht ja ausdrücklich selbst (in der Begründung) darauf hinweist, dass es nicht materiell über die Frage der Notwendigkeit der Sachwalterschaftsbestellung entscheidet, sondern das Verfahren (nur deklaratorisch, dh ohne rechtsgestaltende Wirkung) bis zur Möglichkeit der Erstanhörung "einstellt". Erst eine materielle Entscheidung über die Notwendigkeit der Unnotwendigkeit einer Sachwalterschaftsbestellung bindet das Prozessgericht.
Damit steht also eine Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes über die Sachwalterbestellung aus.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 52, 50, 41 ZPO. Es handelt sich um einen Zwischenstreit.
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