BVwG W260 2248792-1

BVwGW260 2248792-128.6.2022

AlVG §10
AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W260.2248792.1.00

 

Spruch:

 

W260 2248792-1/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die fachkundige Laienrichterin Mag. Anna FUCHS und den fachkundigen Laienrichter Alexander WIRTH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , VSNR. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Tulln vom 03.09.2021, nach Beschwerdevorentscheidung vom 22.11.2021, GZ 2021-0566-3-015465, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß §§ 38 iVm 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) für den Zeitraum vom 18.08.2021 bis 28.09.2021, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden „Beschwerdeführer“) bezieht seit 31.12.2015 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Am 10.08.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice Tulln (in der Folge kurz als „belangte Behörde“ oder „AMS“ bezeichnet) die Stelle als Lagerarbeiter bei der Firma XXXX übermittelt.

3. Aufgrund der Rückmeldung des potentiellen Dienstgebers, dass keine Bewerbung des Beschwerdeführers eingelangt sei, wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde am 31.08.2021 zum Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung niederschriftlich befragt. Der Beschwerdeführer erhob keine Einwendungen gegen die Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung. Über Vorhalt der Stellungnahme des potentiellen Dienstgebers, erklärte der Beschwerdeführer, es habe sich um ein „Missverständnis“ gehandelt.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.09.2021 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 18.08.2021 bis 28.09.2021 gemäß §§ 10 iVm 38 AlVG verloren habe.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich auf eine zugewiesene, zumutbare Beschäftigung als Lagerarbeiter bei der Firma XXXX nicht beworben habe. Die Arbeitsaufnahme sei ab 18.08.2021 möglich gewesen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor bzw. können nicht berücksichtigt werden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass er sich weder geweigert habe eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, noch die Aufnahme einer solchen bewusst vereitelt habe.

Er habe erst durch einen Hinweis des AMS festgestellt, dass keine Bewerbung verschickt habe, sondern lediglich einen Entwurf der Bewerbung in seinem Postfach habe. Er habe also bloß vergessen, die Bewerbung fertigzustellen und abzuschicken. Er habe wohl gedacht, dass er sie erledigt habe und dies dem AMS zurückgemeldet. Er sei bereit gewesen, sich noch zu bewerben, aber die Stelle sei leider schon vergeben. Aus seinem beigelegten Screenshot sei ersichtlich, dass er einen Entwurf an den potentiellen Dienstgeber angefertigt habe. Er werde als Verweigerer bezeichnet, dies entspreche nicht den Tatsachen und seien seine kontinuierlichen Bemühungen dokumentiert. Auch im Rahmen seiner Betreuung bei Trendwende sei er sehr aktiv.

Er gestehe den Fehler bezüglich seiner Bewerbung ein. Es stimme jedoch nicht, dass er nicht bereit oder nicht in der Lage sei ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen. Der Verlust der Notstandshilfe bringe ihn in eine finanzielle Notlage. Er ersuche um Nachsicht.

6. Im Verfahren über die Beschwerde erließ die belangte Behörde am 22.11.2021 gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG die verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom 14.09.2021 abgewiesen wurde.

7. Am 29.11.2021 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag und führte ergänzend aus, die Berufsbezeichnung als Berufs- und Bildungsberater sei falsch, er sei zuletzt Kompetenzberater gewesen. Er sei arbeitswillig und habe die Aufnahme einer zumutbaren Stelle nicht bewusst vereitelt.

Ihm sei lediglich ein Fehler unterlaufen, den er auch gestanden habe.

Als berücksichtigungswürdiger Grund für eine Nachsicht führte die belangte Behörde lediglich die nachhaltige Arbeitsaufnahme angemessener Frist von 4 Wochen an. Die derzeitige Arbeitsmarktsituation sei angespannt und er habe seit der Zustellung des Bescheides im September einen einzigen Vermittlungsvorschlag vom AMS erhalten. Von seinen 13 Eigeninitiativbewerbungen habe er 8 Absagen erhalten. Es sei realitätsfern davon auszugehen, dass er jetzt im Alter von fast 54 Jahren so einfach eine Stelle finden könne.

Darüber hinaus beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

8. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 30.11.2021 beim Bundesverwaltungsgericht einlangend vorgelegt.

9. Mit Schreiben vom 13.12.2021 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.12.2021) wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine Ausführungen im Vorlageantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer bezieht seit 31.12.2015 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Der Beschwerdeführer ist laufend geringfügig selbständig erwerbstätig und baut sein Gewerbe als Lebens- und Sozialberater auf.

Mit Schreiben vom 10.08.2021 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS die Stelle als Lagerlogistiker/Zusteller bei der Firma XXXX zugewiesen. Es handelt sich dabei um eine Vollzeitbeschäftigung am Standort Tulln an der Donau. Der Beschwerdeführer wurde über die Folgen bei Nichtannahme der Beschäftigung gemäß § 10 AlVG informiert.

Die vermittelte Beschäftigung entspricht den Kenntnissen und Fähigkeiten des Beschwerdeführers.

Die Bewerbung samt Lebenslauf war per E-Mail an die in der Einladung angeführte E-Mailadresse des potentiellen Dienstgebers zu versenden.

Der Beschwerdeführer meldete dem AMS zurück sich beworben zu haben. Für die Stelle verfasste der Beschwerdeführer den Entwurf für das Bewerbungsschreiben.

Er schickte jedoch keine E-Mail mit der fertigen Bewerbung und dem Lebenslauf ab.

Eine Kontrolle im Rahmen derer er sich vergewisserte, dass die Bewerbung gesendet worden ist, hat er nicht vorgenommen. Er hat jedenfalls kein System, wie er seine Bewerbungsverpflichtungen im Überblick behält.

Der Beschwerdeführer wäre jedenfalls in der Lage, entsprechende Maßnahmen zur Wahrung des Überblickes über Vermittlungsvorschläge des AMS zu setzen.

Eine Beschäftigung des Beschwerdeführers kam in der Folge nicht zustande.

Der Beschwerdeführer nahm weder während der Ausschlussfrist noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe dazu ein vollversichertes Dienstverhältnis auf.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde.

Der Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie die andauernde geringfügige selbständige Tätigkeit, ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungsdatenauszug.

Der Inhalt des zugewiesenen Stellenangebotes ist zusammengefasst Bestandteil des an das Bundesverwaltungsgericht übermittelten Verwaltungsaktes und wurde der Inhalt im Verfahren nicht bestritten.

Dass sich der Beschwerdeführer nicht um die zugewiesene Stelle beworben hat, jedoch dem AMS meldete sich beworben zu haben, ist unstrittig.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Bewerbung lediglich nicht abgeschickt, ist auszuführen, dass er auch nicht überprüft hat, ob die Bewerbung verschickt wurde, sodass er seinen Fehler erst durch einen Hinweis des AMS bemerkte. Vom Beschwerdeführer wäre zu erwarten gewesen, dass er beim Absenden der Email genau darauf achtet und hätte ihm der Fehler auffallen müssen, wenn er die Bewerbung noch einmal kontrolliert hätte. Dass der Beschwerdeführer eine ordentliche und sorgfältige Bewerbung nach den Vorgaben im Vermittlungsvorschlag verfasst und an den potentiellen Dienstgeber übermittelt, wäre diesem somit möglich und zumutbar gewesen und liegt ein diesbezügliches Verschulden daher in der Sphäre des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer keine konkreten Vorkehrungen dafür traf, dass er nicht auf Bewerbungen vergisst, beruht auf seinen Angaben in der Beschwerdeschrift und seinen Stellungnahmen.

So führte der Beschwerdeführer diesbezüglich aus, dass er die Vermittlungsvorschläge im eAMS-Konto lese und danach eine Bewerbung verfasse. Er verfügt jedenfalls über kein System, wie er seine Bewerbungsverpflichtungen im Überblick behält. Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich in der Lage wäre, entsprechende Maßnahmen zur Wahrung des Überblicks über Vermittlungsvorschläge des AMS zu setzen, gründet darauf, dass keinerlei Hinweise auf mangelnde Selbstorganisationsfähigkeit des Beschwerdeführers zu Tage getreten sind.

Dem Beschwerdeführer ist vorzuwerfen, dass er sich nach gedachten Absenden der E-Mail am 10.08.2021 offenbar nicht mehr dafür interessiert hat, ob die Bewerbung beim potentiellen Dienstgeber angekommen ist oder nicht. So hatte er zwischen Versenden und der Rückmeldung des Service für Unternehmen vom 19.08.2021, wonach von ihm bis dato keine Bewerbung eingelangt sei, Zeit, um sich beim potentiellen Dienstgeber nach dem Stand der Bewerbung zu erkundigen, zumal als Zeitpunkt für die Arbeitsaufnahme der 18.08.2022 im Stellenangebot genannt war. So hätte er beispielsweise telefonisch nachfragen können, warum er keine Antwort auf seine Email erhalten hat.

Auch wenn der Stellenvorschlag keine Telefonnummer enthalten hat, wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, das Unternehmen zu im Internet zu suchen, um die Telefonnummer in Erfahrung zu bringen bzw. noch einmal zu kontrollieren, ob die E-Mail verschickt wurde.

Der Beschwerdeführer hat jedoch keine weiteren Schritte unternommen, um zu überprüfen, ob die Bewerbung beim potentiellen Dienstgeber tatsächlich angekommen ist.

Darüber hinaus auszuführen, dass der Beschwerdeführer schon seit Ende des Jahres 2015 im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung steht.

Es hätte ihm folglich aufgrund seiner Erfahrung mit Bewerbungen bewusst sein müssen, dass eine geplante, aber tatsächlich nicht versendete Bewerbung dazu führen kann, dass er eine Stelle nicht erhält und mit einer Sanktion seitens des AMS zu rechnen hat.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht bzw. brachte im Verfahren keine Einwendungen gegen die konkret angebotene Entlohnung, gegen die geforderten Arbeitszeiten, keine Einwendungen hinsichtlich der körperlichen Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit, der täglichen Wegzeit und der Betreuungspflichten in Bezug auf das gegenständliche Stellenangebot vor.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auch nach der Ausschlussfrist keine Beschäftigung aufgenommen hat, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Versicherungsverlauf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Zuweisungstauglichkeit der Beschäftigung:

3.2.1. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (dabei kann es sich auch um eine Beschäftigung in einem Sozialökonomischen Betrieb oder einem Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt handeln - vgl. dazu VwGH 22.02.2012, 2009/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0013, 2012/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0054; 15.05.2013, 2010/08/0257; 22.07.2013, 2012/08/0058).

Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Wenn die arbeitslose Person dem vom Dienstgeber bekannt gegebenen Anforderungsprofil nicht entspricht, ist daher eine Zuweisung unzulässig (vgl. VwGH 30.09.1997, 97/08/0414; 04.09.2013, 2012/08/0076; mHa Krapf/Keul, AlVG, Praxiskommentar, Rz 209 zu § 9 AlVG; VwGH 04.09.2013, 2011/08/0092).

3.2.2. Der Arbeitslose ist verpflichtet, allfällige Zweifel über seine Eignung abzuklären (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0112; 04.09.2013, 2011/08/0092) bzw. im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind (vgl. VwGH 15.05.2013, 2010/08/0257; 24.07.2013, 2011/08/0209).

Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. zB VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).

Nur wenn ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auseinanderzusetzen. Das Arbeitsmarktservice hat dann - erforderlichenfalls - darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob der Arbeitslose nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097, 11.07.2012, 2012/08/0070; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/07/0215).

3.2.3. Im gegenständlichen Fall hat der Vermittlungsvorschlag für die Tätigkeit als Lagerlogistiker/Zusteller den Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen.

3.3. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung:

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder einem vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden:

Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. zB VwGH 22.07.2013, 2012/08/0058).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. ständige Rechtsprechung, zB VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251 mwH).

Den Feststellungen zufolge wurde dem Beschwerdeführer eine Vollzeitbeschäftigung als Lagerlogistiker/Zusteller angeboten. Der Beschwerdeführer hat sich nicht beworben. Aus Sicht des erkennenden Senates hätte sich der Beschwerdeführer beim Bewerben vergewissern müssen, dass seine Bewerbung auch beim potentiellen Dienstgeber angekommen ist.

In Entsprechung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trägt der Absender die Gefahr für den Verlust seines Anbringens (vgl. VwGH vom 23.11.2009, 2009/03/0089).

Durch das Unterlassen der Bewerbung konnte der potentielle Dienstgeber nicht in die Lage versetzt, den Beschwerdeführer für die zu besetzende Stelle in Erwägung zu ziehen.

Es ist für die Kausalität nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).

Das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschwerdeführer durch das Unterbleiben der Kontrolle seiner Bewerbungen sich damit abfand, dass ihm Fehler passieren und dadurch ein Arbeitsverhältnis nicht zustande kommt. Es hätte ihm – wie bereits beweiswürdigend dargelegt – möglich sein müssen, den zugewiesenen, klar formulierten Vermittlungsvorschlägen auch entsprechend nachzukommen.

Festzuhalten ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Gefahr für den Verlust eines Anbringens, sohin auch einer E-Mail, der Absender trägt (vgl. VwGH vom 23.11.2009, 2009/03/0089).

Zwar ist der Begriff des Anbringens, da sich die Bewerbung per E-Mail nicht an eine Behörde richtete, im Gegenstand nicht zutreffend, was sich jedoch auf die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht auswirkt, da auch der oberste Gerichtshof davon ausgeht, dass der Nachweis des Versendens einer E-Mail kein Beweis für deren Zustellung darstellt (vgl. OGH vom 29.11.2007,2 Ob108/07g). Wenn schon die Gefahr für den Verlust der Sphäre des Beschwerdeführers zugerechnet wird, muss das völlige Unterbleiben der Versendung unzweifelhaft in die Sphäre des Beschwerdeführers fallen.

Ob sich der Arbeitslose der möglichen Sanktion nach § 10 AlVG als Folge der Ablehnung des Dienstverhältnisses bewusst war, oder ob sie vom potentiellen Dienstgeber oder der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über diese Sanktionsfolgen unterrichtet worden war, ist für die Annahme der Verweigerung nicht relevant, da es allein auf den Vorsatz zur Ablehnung der zumutbaren Beschäftigung, nicht aber auf die dafür ausschlaggebenden Motive ankommt (vgl. VwGH 02.05.2012, 2010/08/0054).

Da – wie bereits dargelegt – auch keine Anhaltspunkte bestanden, dass die zugewiesene Beschäftigung unzumutbar gewesen wäre, ist im Ergebnis festzuhalten, dass das AMS gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG berechtigt war, die beschwerdegegenständliche Ausschlussfrist zu verhängen.

3.4. Zur Rechtsfolge der Vereitelung:

Die in § 10 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust des Arbeitslosengeldes (bzw. der Notstandshilfe) für die Dauer von „mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen“. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.

Da es sich um die erste Verhängung der Ausschlussfrist gemäß § 10 AlVG handelt, wurde zu Recht eine sechswöchige Ausschlussfrist verhängt.

Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150, 04.09.2013, 2011/08/0201; 20.10.2010, 2007/08/0231, 12.09.2012, 2009/08/0247).

Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen iSd. § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (vgl. VwGH 07.05.2008, 2007/07/0237; 19.01.2011, 2008/08/0020; 10.04.2013, 2012/08/0135; 25.06.2013, 2011/08/0082; 19.07.2013, 2012/08/0176; 04.09.2013, 2011/08/0201).

§ 10 Abs. 3 AlVG nennt die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichtserteilung. Grundsätzlich kann jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Während im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juni 2001, Zl. 2000/19/0136, VwSlg 15621 A/2001), werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann.

Der Beschwerdeführer hat kein vollversichertes, die Arbeitslosigkeit beendendes Dienstverhältnis aufgenommen und stand, neben seiner geringfügigen selbständigen Erwerbstätigkeit, nach wie vor im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Nachsichtgründe gemäß § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor.

3.5. Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen die Rechtswidrigkeit des Bescheides daher nicht darzutun, auch sonst ist im Verfahren nichts hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080).

Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag.

Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Verhandlung – trotz deren Beantragung – eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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