Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch erließ mit Bescheid 22. August 2007 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) ein unbefristetes Waffen- und Munitionsverbot.
1.2. Mit Schreiben vom 18. Juli 2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Ablauf der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den genannten Bescheid unter gleichzeitiger Vorlage dieser Berufung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dieser Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen.
Begründend wurde nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens sowie der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen folgendes festgehalten: Der genannte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. August 2007 sei dem Beschwerdeführer am 24. August 2007 im Wege seines Rechtsvertreters zugestellt worden. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides sei darauf hingewiesen worden, dass eine Berufung binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich, mit Telefax oder mit E-Mail bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch erhoben werden könnte; unter anderem wurde auch angeführt, dass zu beachten wäre, dass der Absender mit jeder Übermittlungsart verbundene Risken (zum Beispiel Übertragungsfehler) tragen würde.
Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass er eine Berufung vom 28. August 2007, somit fristgerecht, eingebracht hätte. Diese Berufung hätte er mittels Fax am 28. August 2007 an die Adresse "511-954095" übermittelt. Aus dem Sendebericht würde sich ergeben "Übertragung ok", somit hätte sich kein Hinweis auf ein Fehlschlagen der Übermittlung ergeben. Da sowohl die Kanzlei des Rechtsvertreters als auch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ihren Sitz in Feldkirch hätten, hätte man nicht davon ausgehen können, dass die Faxnummer der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch die Vorwahl des Bezirkes Bregenz tragen würde.
Aus den Verwaltungsakten ergebe sich, dass binnen der angesprochenen Berufungsfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch keine Berufung eingelangt sei. Im Zuge des weiteren verwaltungsrechtlichen Verfahrens sei dem Rechtsvertreter am 17. Juli 2008 zur Kenntnis gelangt, dass der in Rede stehende Waffenverbotsbescheid in Rechtskraft erwachsen sei.
In der Folge habe nachvollzogen werden können, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 28. August 2007 eine Berufung gegen den Waffenverbotsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch verfasst hätte, welche am selben Tag, am 28. August 2007, mittels Telefax von seiner Kanzlei (Absender 0552273182) versendet worden sei. Die Berufung hätte von der Kanzleikraft der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch übermittelt werden sollen. Von der Kanzleikraft sei diese Berufung an die Faxadresse "511-954095" übermittelt worden. Dies würde sich aus dem Sendebericht vom 28. August 2007 ergeben, welcher sich im Akt befinde. Offensichtlich sei die Kanzleikraft davon ausgegangen, dass die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch dieselbe Vorwahl hätte, wie die eigene Kanzlei, und somit auf die Eingabe der Vorwahl verzichtet werden könnte. Der Sendebericht habe "Übertragung ok" ausgewiesen.
In der Kopfzeile des waffenrechtlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22. August 2007 sei diese Behörde angeführt. In der Fußzeile der ersten Seite dieses Bescheides seien nochmals die Behörde sowie ua ihre Telefax-Nummer angeführt. Daraus sei eindeutig zu erkennen, dass die Faxanschrift "+43 (0) 5574/511-954095" laute. Zwar laute im Bezirk Feldkirch "unter normalen Umständen" die Vorwahl: "05522", da das Telefaxgerät der in Rede stehenden Bezirkshauptmannschaft aber über das Amt der Vorarlberger Landesregierung geleitet werde, weise die Telefax-Nummer der Bezirkshauptmannschaft die Vorwahl dieses Amtes, somit die Bregenzer Vorwahl: "05574", die Rufnummer dieses Amtes: "511", sowie die Durchwahl der hier in Rede stehenden Bezirkshauptmannschaft: "954095" auf. Diese Nummer sei in der Fußzeile des in Rede stehenden Bescheides korrekt angeführt.
Es sei davon auszugehen, dass die Verwechslung der Vorwahl ein Versehen der Kanzleibediensteten darstelle. Ein Verschulden der Kanzleibediensteten schließe nicht von Vornherein die Wiedereinsetzung zu Gunsten der Partei aus. Allerdings stelle das Versehen einer Kanzleibediensteten für den Rechtsanwalt (und damit für die von ihm vertretene Partei) nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, das ohne sein Verschulden die Einhaltung der Frist verhindere, wenn ihm selbst im gegebenen Zusammenhang nicht eine leichte Fahrlässigkeit unterlaufen sei.
Ein durchschnittlich sorgfältiger Mensch würde nicht ausschließlich die Sendenachricht bezüglich eines Sendefehlers kontrollieren, sondern auch die Richtigkeit der Faxnummer überprüfen. Es entspreche dem allgemeinen Wissen, dass auch eine falsch eingetippte Faxnummer eine offiziell vergebene Nummer darstellen könne, wobei das Ziel objektiv zwar falsch gewählt gewesen sei, jedoch keine fehlerhafte Sendenachricht empfangen werde. Somit sei davon auszugehen, dass eine durchschnittlich sorgfältige Kanzleikraft sowohl die Faxnummer in der Fußzeile des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch als auch jene auf der Faxbestätigung kontrolliert hätte.
Auch wenn keine lückenlose Kontrolle jedes Arbeitsschrittes einer Kanzleikraft durch den Rechtsanwalt erforderlich sei, so erscheine es doch, dass ein Mindestmaß der Kontrolle einzuhalten wäre, insbesondere bei wichtigen Terminakten, bei denen Verfahrensfristen einzuhalten seien, wie etwa bei einer Berufung. Somit sei auch dem Rechtsanwalt eine (wenn auch nur leichte) Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Die belangte Behörde komme zum Ergebnis, dass die vorliegende Fristversäumung durch ein dem Beschwerdeführer zumutbares Verhalten abgewendet hätte werden können und von einer durchschnittlich sorgfältigen Person auch abgewendet worden wäre. Damit sei der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen gewesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, diesen aufzuheben.
1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Vorlage einer Gegenschrift ab.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Gemäß § 71 Abs 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2.2. Die Beschwerde zieht die im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen über den Zeitpunkt der Zustellung des Waffenverbotsbescheides sowie über das Verstreichen der Berufungsfrist nicht in Zweifel. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den besagten Bescheid sei versäumt worden, begegnet keinen Bedenken. Somit ist die wesentliche Voraussetzung der Fristversäumung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt (vgl § 71 Abs 1 AVG).
2.3. Nach der hg Rechtsprechung trifft den Absender die Gefahr eines Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an eine Behörde, was auch für Telefaxeingaben zum Tragen kommt (vgl etwa das Erkenntnis vom 30. März 2004, Zl 2003/06/0043, Slg Nr 16.331 A). Zutreffend hat die belangte Behörde auf die in der hg Judikatur schon wiederholt angesprochene Fehleranfälligkeit des Absendens einer Telekopie Bezug genommen, wenn sie ausführte, dass auch eine falsch eingetippte Telefaxnummer eine offiziell vergebene Nummer darstellen könne, und dann keine fehlerhafte Sendenachricht empfangen werde. Die Fehleranfälligkeit besteht insbesondere dadurch, dass leicht die falsche Nummer gewählt werden kann; aber auch beim Wählen der richtigen Nummer kann es passieren, dass tatsächlich nichts gesendet wird (vgl etwa das schon zitierte Erkenntnis Zl 2003/06/0043 und das hg Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl 2005/09/0015, Slg Nr 16.834 A).
2.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl 99/03/0029, mwH).
Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt aber ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Solche Vorgänge sind nach der hg Rechtsprechung (vgl den zu § 46 VwGG ergangenen, aber auch zu § 71 AVG einschlägigen Beschluss vom 24. Jänner 2008, Zl 2007/19/1063) etwa die Kuvertierung, die Beschriftung eines Kuverts oder die Postaufgabe, also manipulative Tätigkeiten. Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man seine Sorgfaltspflicht nicht überspannen.
Da die Identifizierung der Telefax-Nummer auf dem zu bekämpfenden Bescheid und ihre Verwendung zur Einbringung der dagegen gerichteten Berufung - ungeachtet der Ausführungen unter Pkt 2.3. - wie die Beschriftung eines Kuverts bzw die Postaufgabe zu diesen rein manipulativen Tätigkeiten zählt, war auch diesbezüglich die Kontrolle dem Parteienvertreter nicht zuzumuten.
Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie im bekämpften Bescheid demgegenüber zum Ergebnis kam, dass den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein Verschulden (leichte Fahrlässigkeit) bezüglich der beschriebenen bloß manipulativen Tätigkeit seiner Kanzleikraft treffe.
2.5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
2.6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Der durch Verordnung pauschaliert festgesetzte Schriftsatzaufwand deckt die anfallende Umsatzsteuer, sodass das auf deren Ersatz gerichtete Begehren abzuweisen war (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl 2009/18/0024, mwH).
Wien, am 23. November 2009
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