AsylG 2005 §56 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W163.2012898.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.01.2018, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 56 Abs. 1 iVm 58 Abs. 11 Z 2, 10
Abs. 3 AsylG 2005 idgF, 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmalig am 28.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.01.2009, Zl. 06 14.107-BAW, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.03.2010, Zl. C14 404336-1/2009, gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z. 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
2. Am 29.07.2014 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 21.08.2014, zugestellt am 29.09.2014, Zl. 395515902-14834615, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
3. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2014, zugestellt durch Hinterlegung am 07.11.2014, Zl. W220 2012898-1/3E, als unbegründet abgewiesen.
4. Mit Ladungsbescheid vom 23.01.2015 wurde der BF zum persönlichen Erscheinen vor der belangten Behörde am 11.02.2015 zum Zweck der Sicherung der Ausreise aufgrund der rechtskräftigen und durchsetzbaren asylrechtlichen Ausreiseentscheidung geladen. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme gab der BF an, er sei ohne ein Dokument in die Türkei gereist und hätte sich dort sechs Monate aufgehalten. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, dass er verheiratet und für einen 13jährigen Sohn, der in Indien lebe, sorgepflichtig sei. Er hätte 8 Jahre die Grundschule besucht und in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet. In Österreich sei er fallweise als Zusteller tätig und werde von Freunden unterstützt. Im Rahmen der Einvernahme erklärte sich der BF bereit, ein "Formerfordernis" für die indische Botschaft auszuführen bzw. zu unterschreiben und bereit zu sein, eigenständig bei seiner Vertretungsbehörde vorzusprechen. Ein entsprechend ausgefülltes Formular der indischen Botschaft liegt im Akt ein (AS 255 – 263).
5. Mit Schreiben vom 27.02.2015 wandte sich das zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Direktion des Bundesamtes mit dem Ersuchen um Veranlassung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates.
6. Am 16.04.2015 beantragte der BF mit Formblatt des Bundesamtes die Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 AsylG, "Aufenthaltsberechtigung plus". Ausgefüllt wurden im Formblatt lediglich die Rubriken zu den Personaldaten sowie zum derzeitigen Wohnsitz. Die übrigen Rubriken zur Begründung des Antrages, füllte der BF nicht aus. Dem Antrag beigelegt wurden ein nicht unterschriebener und undatierter Arbeitsvorvertrag, sowie eine Bestätigung des Flüchtlingsprojekts XXXX über die Anmeldung zu einem Deutschkurs auf Niveau A2.
7. Auf Anfrage der Landespolizeidirektion XXXX teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl per Mail. vom 24.07.2015 mit, dass sich der angefragte, im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle sichergestellte Führerschein des BF nicht im Akt befinde.
8. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuweisen, da er im Verfahren keinen Identitätsnachweis vorgelegt habe. In einem wurden dem Beschwerdeführer ausführliche Fragen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich gestellt und er wurde aufgefordert, Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorzulegen. Das Schreiben wurde dem BF am 20.04.2016 persönlich an seiner Wohnadresse durch ein Organ der Bundespolizei ausgefolgt. Eine Stellungnahme des BF erfolgte nicht.
9. Mit Ladungsbescheid vom 24.08.2016 wurde der BF zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines Ersatzdokuments zur Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien am 09.09.2016, 14.30 Uhr, geladen. Der Bescheid wurde rechtswirksam am 25.08.2016 hinterlegt. Das Schriftstück wurde mit dem Vermerk "Retour – nicht behoben" der belangten Behörde am 01.09.2016 rückübermittelt und der BF erschien nicht zum Termin.
10. Mit Mail vom 07.09.2016 teilte der rechtsfreundliche Vertreter seine Bevollmächtigung mit.
11. Für den 14.10.2016 wurde der BF zur Einvernahme vor dem Bundesamt geladen. Der rechtsfreundliche Vertreter erschien ohne den Beschwerdeführer zum Ladungstermin.
12. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzulehnen. In einem wurden dem BF ausführliche Fragen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich gestellt und er wurde aufgefordert, Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorzulegen.
13. Mit Mail vom 09.12.2016 erfolgte eine Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters. Der Stellungnahme war die Kopie einer E-Card angeschlossen.
14. Mit Mail vom 19.01.2017 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter eine Wohnrechtsvereinbarung zwischen dem BF und seinem Unterkunftsgeber, sowie einen Dienstvertrag, "aufschiebend bedingt mit der Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung".
15. Mit Ladungsbescheid vom 25.01.2017 wurde der BF neuerlich zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines Ersatzdokuments zur Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien am 31.01.2017,
14.30 Uhr, geladen.
16. Mit Mail vom 06.02.2017 teilte der rechtsfreundliche Vertreter mit, dass der Andrang bei der Konsularabteilung so hoch gewesen sei, dass die meisten geladenen Leute ihren Termin nicht wahrnehmen hätten können und erneut geladen werden mussten. Weiters wurde um eine erneute Ladung ersucht.
17. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG gemäß § 58 Abs. 11 Z. 2 AsylG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II). Zudem wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III).
Zusammenfassend wurde hinsichtlich der Zurückweisung des Aufenthaltstitels gemäß § 58 Abs. 11 Z. 2 AsylG begründet, dass der Beschwerdeführer keinerlei Identitätsdokumente vorgelegt habe, weshalb er seiner gesetzlich normierten Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten trotz diesbezüglicher nachweislicher Aufforderung samt Belehrung über die Folgen nicht ausreichend nachgekommen sei und Ladungsterminen unentschuldig fernblieb. Zudem hätte sich der BF aus eigenem nicht bemüht, sich ein Reisedokument zu beschaffen, obwohl sich die Botschaft seiner Herkunftsstaates in Wien befinde. Zur Rückkehrentscheidung wurde zusammenfassend ausgeführt, dass dadurch nicht in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Eine Abschiebung nach Indien sei zulässig, zumal sich keine Anhaltspunkte ergeben würden, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG bedroht wäre und auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG vorliege. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
18. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass die Behörde es den numehr 10jährigen Aufenthalt unberücksichtigt ließ. Der Aufenthalt sei bislang illegal gewesen, weil die Behörde ihm einen Aufenthaltstitel verweigert hätte. Der BF verfüge über eine ortsübliche gesicherte Unterkunft und eine Arbeitsplatzzusage sowie über eine bestehende Krankenversicherung. Seinen Freundeskreis hätte der BF in Österreich, weil er seit über 10 Jahren keinen Kontakt mehr zu seinen früheren Verwandten und Freunden in Indien hätte. Aufgrund der langen Aufenthaltsdauer bestehe eine Aufenthaltsverfestigung und sein ihn Österreich bestehendes Privat- und Familienleben sei nach Art. 8 EMRK geschützt. Einen Reisepass hätte der BF von der indischen Botschaft nicht erhalten, weil diese grundsätzlich Reisepässe nur dann ausstelle, wenn der Aufenthalts in Österreich gesichert sei. Der BF sei sozial integriert und verfüge über ausreichende Deutschkenntnisse, um sich beruflich im Inland betätigen zu können.
19. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.10.2017, Zl. Fr 2017/22/0014-2, wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Fristsetzungsantrag des BF mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
20. Eine für den 19.12.2017 anberaumte mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte nicht durchgeführt werden, da der rechtsfreundliche Vertreter unmittelbar vor Verhandlungsbeginn fernmündlich mitteilte, dass krankheitsbedingt weder der BF noch ein Vertreter teilnehmen könne.
21. Am 03.01.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein rechtsfreundlicher Vertreter teilgenommen haben. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist bei der Verhandlung nicht erschienen.
22. Mit Eingabe vom 05.01.2018 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter eine Meldebestätigung in Kopie.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)
Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:
a) Zur Person der beschwerdeführenden Partei
1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Bundesstaat Punjab (Indien). Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Indien und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Sikh.
Der BF spricht eine Landessprache Indiens als Muttersprache, ist gesund und arbeitsfähig. Der BF ist verheiratet und hat einen 17jährigen Sohn. Die Ehegattin und der gemeinsame Sohn leben in Indien, abwechselnd im Heimatdorf des BF und im Heimatdorf der Ehegattin.
Der BF hat regelmäßig telefonischen Kontakt zu seiner Mutter, die im Heimatdorf des BF nach wie vor lebt und zu seinem Sohn. Der BF hat in Indien drei Schwestern, die jeweils mit ihren Familien in verschiedenen Dörfern leben.
Der BF verfügt über eine abgeschlossene 8jährige Grundschulbildung und hat in Indien als Tagelöhner gearbeitet. Der BF verfügt über Grundstücke in seinem Heimatdorf, deren Verpachtung den Unterhalt für seine Mutter, seine Gattin und seinen Sohn in Indien gewährleistet.
2. Der Beschwerdeführer stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmalig am 28.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.01.2009, Zl. 06 14.107-BAW, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.03.2010, Zl. C14 404336-1/2009, gemäß §§ 3, Abs. 1 Z. 1, 10 Abs. 1 Z2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
Der BF verblieb daraufhin im österreichischen Bundesgebiet und stellte am 29.07.2014 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 21.08.2014, zugestellt am 29.09.2014, Zl. 395515902-14834615, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2014, zugestellt durch Hinterlegung am 07.11.2014, Zl. W220 2012898-1/3E, als unbegründet abgewiesen.
3. Der BF hält sich seit Dezember 2006 durchgehend in Österreich auf. Der BF ist nach negativem Abschluss des Verfahrens über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz seiner Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachgekommen, obwohl gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung bestand. Der BF hielt sich während der Dauer der beiden Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, im Zeitraum zwischen den beiden Verfahren war sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig. Zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts in Österreich kam ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu. Insgesamt hielt sich der BF mehr als sieben Jahre (März 2010 bis Juli 2014 und November 2014 bis dato) unrechtmäßig in Österreich auf. Von 30.01.2007 bis 26.01.2009 war der BF nicht amtlich gemeldet.
4. Der BF verfügt über einfache Deutschkenntnisse und hat im Jahr 2016 vier Monate lang einen Deutschkurs besucht. eine Deutschprüfung hat er bislang nicht abgelegt.
Der BF hat in Österreich keine Familienangehörige oder Verwandte und verfügt auch sonst in Österreich über keine nennenswerten sozialen Bindungen, die über lose freundschaftliche Kontakte zu Einzelpersonen hinausgehen.
Der bestritt und bestreitet seinen Lebensunterhalt von Zuwendungen, die er für Gelegenheitsarbeiten, wie Reklamezustellungen und Aushilfen bei Marktfahrern, erhält. Derzeit erhält er auf diese Art und Weise zwischen Euro 500,-- und 600,--. Für seine Unterkunft bei einem Freund und dessen Sohn zahlt der BF Euro 200,-- pro Monat. Der BF stand während seines Aufenthalts nie und steht auch derzeit nicht in einem regulären Beschäftigungsverhältnis und verfügte auch nicht über eine Gewerbeberechtigung.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
5. Der BF hat kein Identitätsdokument vorgelegt, sich aus eigenem nicht darum bemüht, ein Identitätsdokument seines Herkunftsstaates zu erwirken und hat bei diesbezüglichen Versuchen der belangten Behörde nicht im erforderlichen Ausmaß mitgewirkt.
b) Zur Lage im Herkunftsstaat
1. Politische Lage
Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die – auch sprachliche – Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9 .2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9 .2016a).
Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9 .2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9 .2016a).
Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).
Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9 .2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).
Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP – Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).
Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9 .2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:
FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).
Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).
Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9 .2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations – ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9 .2016b).
Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.
Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9 .2016b).
Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).
Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 5.12.2016
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A33858992D23/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html , Zugriff 29.12.2016
- BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,
http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384 , Zugriff 5.12.2016
- CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2016): The World Factbook
- India,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html , Zugriff 9.1.2017
- Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017 , Zugriff 4.1.2017
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html , Zugriff 4.1.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2016): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html , Zugriff 5.12.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (11.2016): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 5.12.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html , Zugriff 5.12.2016
2. Sicherheitslage
Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).
Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011
Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).
Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).
(...)
3. Rechtsschutz/Justizwesen
In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig lange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 16.8.2016; vgl. auch:
USDOS 13.4.2016). Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption (AA 24.4.2015).
Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 27.1.2016). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberstes Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht ist in jedem Unionsstaat. Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen. Er führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Subordinate Civil and Criminal Courts sind untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten und in Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche wie auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge fungiert der 1st Class Judicial Magistrate und, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für minder schwere Strafsachen (ÖB 12.2016).
Das Gerichtswesen ist auch weiterhin überlastet und der Rückstau bei Gericht führt zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung. Eine Analyse des Justizministeriums ergab mit 1.8.2015 eine Vakanz von 34% der Richterstellen an den Obergerichten (USDOS 13.4.2016). Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 16.8.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).
Richter zeigten einen beträchtlichen Einsatz in der Bearbeitung von sogenannten "Public Interest Litigation" (Klagen im öffentlichen Interesse). Insbesondere in unteren Ebenen der Justiz ist Korruption weit verbreitet und die meisten Bürger haben große Schwierigkeiten, ihr Recht bei Gericht durchzusetzen. Das System ist rückständig und stark unterbesetzt, was zu langer Untersuchungshaft für eine große Zahl von Verdächtigen führt. Vielen von ihnen bleiben so länger im Gefängnis, als der eigentliche Strafrahmen wäre (FH 27.1.2016). Die Dauer der Untersuchungshaft ist entsprechend zumeist exzessiv lang. Außer bei von Todstrafe bedrohten Delikten soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung und eine Freilassung auf Kaution anordnen. Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70% aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 16.8.2016).
In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt (AA 16.8.2016).
Die Inhaftierung eines Verdächtigen durch die Polizei ohne Haftbefehl darf nach den allgemeinen Gesetzen nur 24 Stunden dauern. Eine Anklageerhebung soll bei Delikten mit bis zu zehn Jahren Strafandrohung innerhalb von 60, in Fällen mit höherer Strafandrohung innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Festnahmen erfolgen jedoch häufig aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr sowie im Rahmen der Sondergesetze zur inneren Sicherheit, z.B. aufgrund des Gesetzes über nationale Sicherheit ("National Security Act", 1956) oder des lokalen Gesetzes über öffentliche Sicherheit ("Jammu and Kashmir Public Safety Act", 1978). Festgenommene Personen können auf Grundlage dieser Gesetze bis zu einem Jahr ohne Anklage in Präventivhaft gehalten werden. Auch zur Zeugenvernehmung können gemäß Strafprozessordnung Personen über mehrere Tage festgehalten werden, sofern eine Fluchtgefahr besteht. Fälle von Sippenhaft sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt (AA 16.8.2016).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit terroristischem oder politischen Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse. Es gibt Fälle, in denen Häftlinge misshandelt werden. Hierbei kann die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit sowie die politische Überzeugung des Opfers eine Rolle spielen. Ein im Mai 2016 von der renommierten National Law University Delhi veröffentlichter empirischer Bericht zur Situation der Todesstrafe in Indien zeichnet ein düsteres Bild des indischen Strafjustizsystems. So haben beispielsweise 80% aller Todeskandidaten angegeben, in Haft gefoltert worden zu sein (AA 16.8.2016).
Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung, ausgenommen bei Anwendung des "Unlawful Activities (Prevention) Amendment Bill und sie haben das Recht, ihren Anwalt frei zu wählen. Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt (USDOS 13.4.2016). Das Gesetz erlaubt den Angeklagten in den meisten Zivil- und Kriminalfällen den Zugang zu relevanten Regierungsbeweisen, aber die Regierung behält sich das Recht vor, Informationen zurückzuhalten und tut dies auch in Fällen, die sie für heikel erachtet. Die Angeklagten haben das Recht, sich dem Ankläger zu stellen und ihre eigenen Zeugen und Beweismittel zu präsentieren, jedoch konnten Angeklagte dieses Recht manchmal aufgrund des Mangels an ordentlicher Rechtsvertretung nicht ausüben. Gerichte sind verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz. Angeklagte haben das Recht, die Aussage zu verweigern und sich nicht schuldig zu bekennen (USDOS 13.4.2016).
Gerichtliche Ladungen in strafrechtlichen Angelegenheiten sind im Criminal Procedure Code 1973 (CrPC, Chapter 4, §§61-69), in zivilrechtlichen Angelegenheiten im Code of Civil Procedure 1908/2002 geregelt. Jede Ladung muss schriftlich, in zweifacher Ausführung ausgestellt sein, vom vorsitzenden Richter unterfertigt und mit Gerichtssiegel versehen sein.
Ladungen werden gemäß CrPC prinzipiell durch einen Polizeibeamten oder durch einen Gerichtsbeamten an den Betroffenen persönlich zugestellt. Dieser hat den Erhalt zu bestätigen. In Abwesenheit kann die Ladung an ein erwachsenes männliches Mitglied der Familie übergeben werden, welches den Erhalt bestätigt. Falls die Ladung nicht zugestellt werden kann, wird eine Kopie der Ladung an die Residenz des Geladenen sichtbar angebracht. Danach entscheidet das Gericht, ob die Ladung rechtmäßig erfolgt ist, oder ob eine neue Ladung erfolgen wird. Eine Kopie der Ladung kann zusätzlich per Post an die Heim- oder Arbeitsadresse des Betroffenen eingeschrieben geschickt werden. Falls dem Gericht bekannt wird, dass der Betroffene die Annahme der Ladung verweigert hat, gilt die Ladung dennoch als zugestellt. Gemäß Code of Civil Procedure kann die Ladung des Gerichtes auch über ein gerichtlich genehmigtes Kurierservice erfolgen (ÖB 12.2016).
Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - was besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten betrifft (FH 27.1.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - India, http://www.ecoi.net/local_link/327703/468368_de.html , Zugriff 7.12.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):
Asylländerbericht Indien
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html , Zugriff 6.12.2016
4. Sicherheitsbehörden
Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde (BICC 6.2016) und untersteht den Bundesstaaten (AA 16.8.2016). Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Die einzelnen Einheiten haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreichen nationalen Strafrechten und der zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus. Innerhalb der Polizei gibt es eine Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department - CID), in die wiederum eine Sondereinheit (Special Branch) integriert ist. Während erstere mit nationalen und bundesstaatenübergreifenden Verbrechen betraut ist, hat die Sondereinheit Informationsbeschaffung und Überwachung jeglicher subversiver Elemente und Personen zur Aufgabe. In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frauen und Kindern beschäftigen. Kontrolliert wird ein Großteil der Strafverfolgungsbehörden vom Innenministerium (Ministry of Home Affairs) (BICC 6.2016).
Ein Mangel an Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Polizei entsteht neben den strukturellen Defiziten auch durch häufige Berichte über Menschenrechtsverletzungen wie Folter, außergerichtliche Tötungen und Drohungen, die mutmaßlich durch die Polizei verübt wurden (BICC 6.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Die Polizei bleibt weiterhin überlastet, unterbezahlt und politischem Druck ausgesetzt, was in einigen Fällen zu Korruption führt. (USDOS 13.4.2016). Versprochene Polizeireformen verzögerten sich 2015 erneut (HRW 27.1.2016).
Die Effektivität der Strafverfolgung und der Sicherheitskräfte ist im gesamten Land sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während es einerseits Fälle von Polizisten/Beamten gibt, die auf allen Ebenen ungestraft handeln, so gab es andererseits auch Fälle, in denen Sicherheitsbeamte für ihre illegalen Handlungen zur Verantwortung gezogen wurden (USDOS 13.4.2016).
Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt dem Präsidenten. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Armee zwar die "Beschützerin der Nation", aber nur im militärischen Sinne (BICC 6.2016). Das Militär kann im Inland eingesetzt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist (AA 16.8.2016; vgl. auch: BICC 6.2016), wie etwa beim Kampf gegen bewaffnete Aufständische, der Unterstützung der Polizei und der paramilitärischen Einheiten sowie dem Einsatz bei Naturkatastrophen (BICC 6.2016).
Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) herangezogen. Der AFSPA gibt den Streitkräften weitgehende Befugnisse zum Gebrauch tödlicher Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl. Bei ihren Aktionen genießen die Handelnden der Streitkräfte weitgehend Immunität vor Strafverfolgung. Der AFSPA kommt zur Anwendung, nachdem Regierungen der Bundesstaaten ihre Bundesstaaten oder nur Teile davon auf der Basis des "Disturbed Areas Act" zu "Unruhegebieten" erklären. Als Unruhegebiete gelten zurzeit der Bundesstaat Jammu und Kaschmir und die nordöstlichen Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya, Manipur, Mizoram und Nagaland (AA 16.8.2016 vgl. USDOS 25.6.2015).
Die unter anderem auch in den von linksextremistischen Gruppen (sog. Naxaliten) betroffenen Bundesstaaten Zentralindiens eingesetzten paramilitärischen Einheiten Indiens unterstehen zu weiten Teilen dem Innenministerium (AA 16.8.2016). Dazu zählen insbesondere die National Security Guard (Nationale Sicherheitspolizei NSG), aus Angehörigen des Heeres und der Polizei zusammengestellte Spezialtruppe für Personenschutz, auch als "Black Cat" bekannt, die Rahtriya Rifles, eine Spezialtruppe zum Schutz der Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen bei inneren Unruhen und zur Bekämpfung von bewaffneten Rebellionen, die Central Reserve Police Force (CRPF) - die Bundesreservepolizei, eine militärisch ausgerüstete Polizeitruppe für Sondereinsätze -, die Border Security Force (BSF - Bundesgrenzschutz), als größte und am besten ausgestattete Miliz zum Schutz der Grenzen zu Pakistan, Bangladesh und Myanmar. Sie wird aber auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung in anderen Landesteilen eingesetzt. Weiters zählen die Assam Rifles - zuständig für Grenzverteidigung im Nordosten-, die Indo-Tibetan Border Force (ITBP) als Indo-Tibetische Grenzpolizei sowie die Küstenwache, die Railway Protective Force zum Schutz der nationalen Eisenbahn und die Central Industrial Security Force, zum Werkschutz der Staatsbetriebe dazu (ÖB 12.2016). Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).
Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force)" unterstehen dem Büro des Premierministers. Die sogenannten Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten der Grenze zu China eingesetzt werden. Auch für das Handeln der Geheimdienste, das sogenannte Aufklärungsbüro ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und den Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst), bestehen gesetzliche Grundlagen (AA 24.4.2015; vgl. auch USDOS 25.6.2015).
Der "Unlawful Activities (Prevention) Act" (UAPA) wurde verschärft. Die Änderungen beinhalten u.a. eine erweiterte Terrorismusdefinition und in Fällen mit Bezug zu Terrorismus die Möglichkeit zur Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage von 90 auf 180 Tage und erleichterte Regeln für den Beweis der Täterschaft eines Angeklagten (die faktisch einer Beweislastumkehr nahekommen) (AA 24.4.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):
Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,
http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf , Zugriff 7.12.2016
- HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/295494/430526_de.html , Zugriff 21.12.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):
Asylländerbericht Indien
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html , Zugriff 4.1.2017
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html , Zugriff 7.12.2016
( )
5. Korruption
Korruption ist weit verbreitet (USDOS 13.4.2016). Indien scheint im Korruptionsindex 2015 von Transparency International auf Platz 76 (Anmerkung: 2014 Platz 85 von 175) von insgesamt 168 Ländern auf (TI 2016).
NGOs berichten, dass üblicherweise Bestechungsgelder bezahlt werden, um Dienstleistungen wie Polizeischutz, Schuleinschreibung, Zugang zu Wasserversorgung oder Beihilfen zu beschleunigen (USDOS 13.4.2016). Die unteren Bereiche des Gerichtswesens sind im speziellen von Korruption betroffen und die meisten Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte zu erhalten (FH 28.1.2015). Korruption ist auf allen Regierungsebenen vertreten (USDOS 13.4.2016).
Obwohl jedes Jahr Politiker und Beamte bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern erwischt werden, gibt es zahlreiche Korruptionsfälle, die unbemerkt und unbestraft bleiben (FH 27.1.2016). Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Dienst vor, in der Praxis kommen Staatsdiener mit korrupten Praktiken häufig straflos davon (USDOS 13.4.2016). Nationaler und internationaler Druck hat zu gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption geführt. Durch das vom Präsidenten im Jahr 2014 unterzeichnete Lok Pal und Lokayuktas Gesetz wurden unabhängige, staatliche Gremien eingerichtet, an die man Beschwerden wegen korrupter Beamter oder Politiker richten kann und die ermächtigt sind, die Beschwerden zu untersuchen und Verurteilungen vor Gericht zu verfolgen. Obwohl Modi und Angehörige seiner Regierung Unterstützung für das Gesetz signalisiert haben, gibt es wenig Belege dafür, dass es effektiv umgesetzt wird. Das 2005 geschaffene Recht auf Information (RTI) wird vor allem angewandt, um Transparenz zu steigern und korrupte Machenschaften aufzudecken, wobei es aber Fragen der Umsetzung gibt. Seit der Verabschiedung des Gesetzes sind mindestens 45 "Recht auf Informationsaktivisten" ermordet und mehr als 250 angegriffen oder belästigt worden (FH 27.1.2016).
Korruption behindert manchmal auch Regierungsprogramme zur Untersuchung behaupteter Korruption im Regierungsbereich. Einer speziellen Ermittlungsgruppe zufolge haben Beamte der Lokayukta, einem gesetzlichen Organ zur Korruptionsbekämpfung, Bestechungsgelder zum Schutz vor Korruptionsrazzien in Karnataka entgegengenommen. Dabei wurden zehn Personen verhaftet, einschließlich des Sohnes des Gerichtsombudsmannes (Ombudsman Justice Bhaskar) und dem Public Relations Officer von Lokayukta (USDOS 13.4.2016). Im Mai 2015 nahm die Lok Sabha (Volkskammer) Änderungen des Gesetzes zum Schutz von Informanten (Whistleblowers Protection Act) aus 2014 an. Mitglieder der Opposition kritisierten, dass dadurch die ohnehin schon begrenzten Auswirkungen des Gesetzes weiter aufgeweicht würden (FH 27.1.2016).
Zivilgesellschaftliche Organisationen lenkten die öffentliche Aufmerksamkeit unter anderem mit öffentlichen Demonstrationen und mittels Websites während des gesamten Jahres 2015 auf das Thema Korruption (USDOS 13.4.2016).
Die Zentrale Untersuchungsbehörde (Central Bureau of Investigation - CBI) registrierte im Untersuchungszeitraum [Anm.: Jänner bis November 2015] 583 Korruptionsfälle. Das CBI betreibt ein Webportal und eine gebührenfreie Hotline - um Beschwerden aufzunehmen (USDOS 13.4.2016). Eine neue Helpline, um Menschen im Umgang mit Bestechungsforderung durch Regierungsmitarbeiter in der Hauptstadt Delhi zu unterstützen, erhielt mehr als 4.000 Anrufe in den ersten Stunden ihres Bestehens. Diese Helpline steht 14 Stunden pro Tag zur Verfügung und soll helfen die alltägliche Korruption zu bekämpfen (BBC 9.1.2014).
Die Regierung ernannte Hauptüberwachungsbeamte (Chief Vigilance Offifers), um öffentlichen Beschwerden und Missstände im Banken-, Versicherungs- und anderen Sektoren, die durch private, öffentliche und körperschaftliche Gremien bedient werden, nachzugehen. Das Parlament verabschiedete im Dezember 2014 ein Gesetz zu Ombudsmannorganisation, Lok Pal, um Vorwürfe von Regierungskorruption zu untersuchen (USDOS 25.6.2015).
Einzelpersonen - oder NGOs im Namen von Einzelpersonen oder Gruppen - können sogenannte Rechtsstreitpetitionen von öffentlichem Interesse ("Public interest litigation petitions") bei jedem Obersten Gericht oder direkt beim Obersten Bundesgericht, dem "Supreme Court" einbringen, um rechtliche Wiedergutmachung für öffentliche Rechtsverletzungen einzufordern. Diese Beschwerden können Verstöße gegen staatliche Aufgaben durch einen Regierungsangestellten oder eine Verletzung von Verfassungsbestimmungen sein. NGOs schätzen diese Anträge sehr, um Regierungsangehörige gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen für Korruption und Parteilichkeit, zur Rechenschaft zu ziehen (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- BBC - British Broadcasting Corporation (9.1.2014): India's Delhi government's anti-corruption helpline gets thousands of calls, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25663763 , Zugriff 12.12.2016
- FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 – India, http://www.ecoi.net/local_link/327703/468368_de.html , Zugriff 12.12.2016
- FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Indian Kashmir, http://www.ecoi.net/local_link/310322/448267_de.html , Zugriff 5.12.2016
- TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, http://www.transparency.org/cpi2015/ , Zugriff 12.12.2016
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html , Zugriff 4.1.2017
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html , Zugriff 12.12.2016
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6. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).
Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).
Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).
Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).
Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).
Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).
In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
- AA – Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):
Asylländerbericht Indien
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html , Zugriff 28.12.2016
6.1. Meldewesen
Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
7. Grundversorgung/Wirtschaft
Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9 .2016).
Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)
Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9 .2016).
Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9 .2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9 .2016).
Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)
Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9 .2016).
In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).
Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).
Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).
Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).
Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).
Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html , Zugriff 23.12.2016
- BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile – Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384 , Zugriff 28.12.2016
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):
Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile , Zugriff 29.12.2016
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):
Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015,_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2 , Zugriff 29.12.2016
- FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf , Zugriff 9.1.2017
- HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html , Zugriff 9.1.2017
- International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,
http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126 , Zugriff 9.1.2017
- UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:
Background information, including actors of protection, and internal relocation,
https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf , Zugriff 29.12.2016
8. Rückkehr
Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):
Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015,_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2 , Zugriff 29.12.2016
2. Beweiswürdigung
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
a) Zum Verfahrensgang
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der Gerichtsakten des BVwG.
b) Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei
1. Die Feststellungen zu dem vom BF geführten Namen und Geburtsdatum gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im Asylverfahren. Sie beruhen auf jenen Daten, die der BF vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als seine Identitätsdaten angab. Die tatsächliche Identität des BF steht mangels Vorlage eines Identitätsdokuments nicht fest.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zum Wohnort und letzten Aufenthaltsort des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des BF im Erstverfahren wie im gegenständlichen Verfahren und den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Religionszugehörigkeit, zur Herkunft und zu den Lebensumständen des BF (Aufenthalt der Familie und Kontakt zu ihr, Ausbildung des BF, Arbeit in Indien) im Herkunftsstaat stützen sich auf die diesbezüglich gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesamt und seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Punjabi sowie auf die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Indiens.
2. Die Feststellungen zur Familiensituation in Indien stützt sich auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
3. Die Feststellung, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, stützt sich auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
4. Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen stützt sich auf die Angaben und den Eindruck, den der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermittelte.
5. Die Feststellungen betreffend die Erwerbssituation in Österreich und seiner persönlichen Situation in Österreich sowie zu durchgehenden Aufenthalts des BF seit 2006 im Bundesgebiet stützen sich auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
6. Die Feststellungen zur nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgten Mitwirkung, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten des BF stützen sich auf den Verwaltungsakt sowie insbesondere auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Dass der BF trotz Aufforderung keine Identitätsdokumente im Verfahren vorgelegt hat, ergibt sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bestritten. Der BF hat im gesamten Verfahren und auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptet, aus eigenem Initiativen gesetzt zu haben, um Identitätsdokumente von der indischen Botschaft in Wien zu erwirken. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es dem BF zumutbar war und ist, sich allfällig notwendige Dokumente von seiner Familie aus Indien schicken zu lassen, zumal der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, regelmäßig mit seiner Familie telefonisch in Kontakt zu stehen und sich seine Geburtsurkunde dort im Original befinde. Die unbelegte Behauptung in der Beschwerde, dass die indische Botschaft in Wien Reisepässe grundsätzlich nur dann ausstelle, wenn der Aufenthalt in Österreich gesichert sei, kann nicht Rechtfertigung dafür sein, nicht einmal einen Versuch bei der Behörde des Herkunftsstaates zu unternehmen.
Der BF hat auch darüber hinaus im Verfahren nicht in ausreichendem Ausmaß mitgewirkt. Den Ladungsbescheid zur Vorsprache bei der Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien am 09.09.2016 hat der BF nicht behoben und ist in weiterer Folge auch nicht zum Termin erschienen. Zur Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.09.2016 ist der BF nicht persönlich erschienen.
Der BF konnte nicht glaubhaft machen, im Rahmen der neuerlichen Ladung zur Vorsprache bei der Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien am 31.01.2017 mitgewirkt zu haben. So gab er auf konkrete Fragen an, er sei gegen 13 Uhr vor Ort gewesen und sei nicht drangekommen, weil schon so viele Leute anwesend waren und es sei im gesagt worden, die Zeit sei um. Auf konkrete Frage, wie lange er am 31.01.2017 bei der Botschaft gewesen sei, gab der BF an, vielleicht eine halbe Stunden dort gewesen zu sein. Als ihm vorgehalten wurde, dass er seinen Angaben zufolge somit bereits eine Stunde vor dem Ladungstermin 14.30 Uhr, die Botschaft wieder verlassen hätte, gab der BF an, es sei ihm gesagt worden, er sei zu spät gekommen, dies habe ihm auch sein Anwalt gesagt.
Der rechtsfreundliche Vertreter des BF gab auf entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass der BF – soweit erinnerlich – um 14 Uhr am 31.01.2017 in der Kanzlei erschienen sei und er den BF angewiesen hätte, sofort zur Botschaft zu gehen. Auch unter der Annahme, dass der BF tatsächlich zu spät bei der Konsularabteilung erschienen wäre, liegt dies im Verschulden des BF und es kann nicht von einer ausreichenden Mitwirkung gesprochen werden. Der BF behauptete in der mündlichen Verhandlung auf Anraten seines rechtsfreundlichen Vertreters die indische Botschaft vor drei oder vier Monaten (entspricht August/September 2017) aufgesucht und einen "Zettel" vorgelegt zu haben, welchen er letztlich dort befindlichen österreichischen Polizeibeamten in Zivil übergeben hätte. Auch damit vermochte der BF eine Mitwirkung nicht glaubhaft zu machen, zumal der BF nicht einmal in der Lage war, anzugeben, um welches Dokument es sich gehandelt hätte.
c) Zur Lage im Herkunftsstaat
1. Die oben getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus zitierten
herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage in Indien:
Sie gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
2. Die in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen und Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden dem BF zur Einsicht angeboten und ihm die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben oder für eine allfällige schriftliche Stellungnahme eine Frist zu beantragen. Eine einwöchige Frist für eine Stellungnahme wurde beantragt.
3. Die BF ist weder den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen noch den auf diesen beruhenden und in der mündlichen Verhandlung erörterten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat substantiiert entgegengetreten. Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zum Spruchteil A)
3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
1. Der mit "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" betitelte
§ 56 AsylG 2005 lautet:
"§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls
1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,
2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und
3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.
(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."
Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
Gemäß § 58 Abs. 8 AsylG 2005 hat das Bundesamt, wenn ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
Gemäß § 58 Abs. 9 AsylG 2005 ist ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
Gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nachkommt; darüber ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
Gemäß § 8 Abs. 1 der Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 (AsylG-DV 2005) sind folgende Urkunden und Nachweise– unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 – im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;
3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;
4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschafts-urkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.
Die Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments rechtfertigt bei Unterbleiben einer Antragstellung nach § 4 Abs. 1 Z 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV grundsätzlich eine auf § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 gestützte zurückweisende Entscheidung (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0206-7).
2. Im vorliegenden Fall hat es der Beschwerdeführer verabsäumt, dem gegenständlichen Antrag nach § 55 AsylG einen gültigen Reisepass bzw. ein sonstiges Identitätsdokument anzuschließen. Der Beschwerdeführer wurde zudem in den Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2016 und 21.11.2016 über die Rechtsfolgen der Nichtvorlage von Identitätsdokumenten belehrt. Da der Beschwerdeführer bis dato kein Identitätsdokument vorgelegt hat und auch keinen begründeten Antrag auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG-DV gestellt hat, und im Verfahren durch das Nichterscheinen zu Ladungen vor die Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates nicht ausreichend mitgewirkt hat, sind die Voraussetzungen für die Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 11 Z. 2 AsylG nach wie vor gegeben und war die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen.
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides:
1. Gemäß § 10. Abs.3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55, 56 oder 57 abgewiesen wird. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
2. Der BF hat keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen.
3. Der BF hält sich seit Dezember 2006 im österreichischen Bundesgebiet auf. Er einfache Deutschkenntnisse und keine Deutschprüfung abgelegt. Der BF war weder selbständig als Gewerbetreibender tätig und stand nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis. Er lebt von finanziellen Zuwendungen für Gelegenheitsarbeiten, die aktuell zwischen 500,-- und 600,-- Euro pro Monat betragen. Der BF ist krankenversichert und verfügt über eine Einstellungszusage, bedingt für den Fall, dass im eine unselbständige Beschäftigung erlaub sei.
Die Ausweisung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben, aber einen Eingriff in das Recht auf das Privatleben dar.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim Bundesverwaltungsgericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.
4. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet – unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände – ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165). Nach der Judikatur des VwGH ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (VwGH 17.10.2016 Ro, 2016/22/0005; 23.02.2017 Ra2016/21/0340).
Der BF hält sich insgesamt bereits seit 11 Jahren in Österreich auf, diese lange Dauer seines Aufenthalts ist grundsätzlich zentral als Verstärkung seines persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu werten. Die lange Aufenthaltsdauer wird jedoch dadurch relativiert, dass mehr als 7 Jahre dieses Aufenthalts unrechtmäßig waren, weil der BF trotz negativen Ausgangs des ersten Verfahrens auf internationalen Schutz im Bundesgebiet verblieb. Dabei missachtete er die im Jahr August 2010 erlassene rechtskräftige Ausweisung, die den Befehl an den BF darstellte, das Bundesgebiet unverzüglich, nötigenfalls unter Gewährung von Rückkehrhilfe, zu verlassen. Die jahrelange Nichtbeachtung der Entscheidung des Asylgerichtshofs ist zu Ungunsten des BF zu werten. Damit machte er deutlich, gerichtliche Entscheidungen nicht zu akzeptieren. Zusätzlich ist dem BF dadurch die jahrelange gravierende Missachtung des österreichischen Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts durch Nichtbefolgen der Ausreiseaufforderung vorzuwerfen. Beide Aspekte verstärken die öffentlichen Interessen am Erlass einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und relativieren gleichzeitig die Dauer seines Aufenthaltes. Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Seit rechtskräftigem zurückweisenden Abschluss des zweiten Antrages auf internationalen Schutz im November 2014 ist der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet neuerlich unrechtmäßig. Die zweifache Asylantragstellung ist ein Umstand, der gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sprechende Umstände in Anschlag gebracht wird (vgl. dazu VwGH B 20.07.2016, Ra 2016/22/0039; E 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). Wie oben dargestellt, hat sich außerdem ergeben, dass die Motivation des BF für die Anstrengung eines zweiten Asylverfahrens nicht darin gelegen haben kann, eine begründete Furcht vor Verfolgung aus Konventionsgründen oder die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK geltend zu machen. Dass der BF das Institut des Asyls für seine Zwecke gebrauchte und - in Umgehung der sonst geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften - zu einem Aufenthaltsrecht in Österreich zu gelangen, um einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, wird ebenso zu seinen Ungunsten – und damit die Aufenthaltsdauer relativierend – gewertet.
Unter den Gesichtspunkten, dass der BF über Jahre hinweg eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und das österreichischen Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht missachtete, sich mehr als sieben Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, ist die insgesamt lange Aufenthaltsdauer des BF stark relativiert und daher nicht zwingend von einem Überwiegen seines persönlichen Interesses am Verbleib auszugehen. Die genannten Umstände verstärken gleichzeitig das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]:
Der BF verfügt über keine relevanten sozialen Bindungen in Österreich, da er solche gar nicht namhaft gemacht hat und lediglich auf lose Freundschaften hinwies. Er lebt von Zuwendungen aus Gelegenheitsarbeiten. Darüber hinaus ist er aber weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation tätig, besucht keine Kurse und geht keinen kulturellen oder sportlichen Aktivitäten nach. Das vom BF in einem über zehnjährigen Aufenthalt in Österreich entwickelte Privatleben beschränkt sich daher auf seine Gelegenheitsarbeiten und lose freundschaftliche Kontakte. Die derzeit vom BF verrichteten "Schwarzarbeiten" sowie die bedingte Beschäftigungszusage können jedenfalls nicht als Aspekt eines schützenswerten, bestehenden Privatlebens gewertet werden.
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens:
Der BF begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung unbegründeter Asylanträge (und negativen Verfahrensausgängen) unsicher war. Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seiner bestehenden privaten Angelegenheiten, insbesondere einer allfälligen Fortführung seiner erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit, ist dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste: Er durfte sich hier bisher nur aufgrund zweier Anträge auf internationalen Schutz aufhalten, die zu keinem Zeitpunkt berechtigt waren (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).
Im Hinblick auf die unberechtigten Anträge auf internationalen Schutz musste sich der BF darüber im Klaren sein, dass er eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht werde aufrechterhalten können. Dabei fällt ins Gewicht, dass das Verfahren über den ersten vom BF gestellten Antrag auf internationalen Schutz bereits mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 17.03.2010 negativ beendet wurde, sodass die Vorläufigkeit seines Aufenthalts bereits in diesem Zeitpunkt verdeutlicht war. Insbesondere durch die negative Entscheidung im ersten Verfahren musste dem BF auch im Laufe des durch Stellung eines Folgeantrages im Juli 2014 ausgelösten, gegenständlichen zweiten Verfahrens die Unsicherheit seines Aufenthaltsstaus¿ bewusst sein. Unter dem Eindruck des negativen Verfahrensausgangs sowohl im ersten als auch im zweiten vom BF angestrengten Verfahren und der Unberechtigtheit der Anträge ist daher festzuhalten, dass sich das Privatleben des BF in Österreich in einem Zeitraum entwickelte, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein musste. Die Integrationsleistungen des BF werden in diesem Lichte zu seinen Gunsten gewertet, jedoch aufgrund des ihm bewussten Aspekts der Unsicherheit seines Aufenthalts minder gewichtig.
- Grad der Integration:
Der BF ist seit Dezember 2006 in Österreich aufhältig. Der BF kann sich auf Deutsch verständigen, und verfügt über eine Krankenversicherung. Nach dem in der Rechtsprechung des VwGH ist bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt darauf abzustellen, ob der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. zu diesem Maßstab abermals VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325 mit Hinweis darauf, dass in solchen Fällen nicht auf Aspekte einer "außergewöhnlichen, schützenswerten, dauernden Integration" abzustellen ist). Die Integrationsleistung des BF übersteigt – wenn auch mit den dargestellten Einschränkungen – diese Schwelle.
Im gegenständlichen Fall geht das erkennende Gericht aber nicht aufgrund nicht vorhandener Integrationsleistung während des langen Aufenthalts davon aus, dass die persönlichen Interessen des BF nicht überwiegen, sondern deshalb, weil einem Überwiegen des persönlichen Interesses Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren.
- Bindungen zum Herkunftsstaat:
Der BF ist im Jahr 2005 aus Indien ausgereist, damals war er 30 Jahre alt. Er verbrachte einen prägenden und überwiegenden Teil seines Lebens in Indien, wurde dort sozialisiert und spricht eine in seiner Heimat weit verbreitete Sprache auf muttersprachlichem Niveau. Der BF hat in Indien zudem eine Schulbildung absolviert und war in der Landwirtschaft und als Tagelöhner tätig, er war damit bildungs- und berufsmäßig in Indien integriert. Die Mutter, die Ehefrau, sein Sohn und Geschwister des BF leben nach wie vor in Indien. Der BF pflegt zu seiner Familie telefonischen Kontakt, er hat sohin bestehende familiäre Bindungen in Indien. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
- strafrechtliche Unbescholtenheit:
Der VwGH geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:
Der BF reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.
In Hinblick auf den gegenständlichen Fall ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Judikatur davon auszugehen, dass zwar ein einmaliges Vergehen in Form der illegalen Einreise zur Stellung eines Antrages auf internationalen Schutzes vorliegt, jedoch diese Verfehlung nicht maßgeblich bei einer Abwägung iSv Art. 8 Abs. 2 EMRK berücksichtigt werden kann. Faktoren der Einwanderungskontrolle und Erwägungen der öffentlichen Ordnung können zwar bei einer Abwägung iSv Art. 8 Abs. 2 EMRK berücksichtigt werden, dabei sind jedoch etwa zahlreiche Verfehlungen oder schwere bzw. beharrliche Vergehen gemeint.
Bereits unter dem Punkt "Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war" wurde die jahrelange Missachtung des österreichischen Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts durch Nichtbefolgung der Ausreiseaufforderung durch den BF in Anschlag gebracht, sodass an dieser Stelle, um eine mehrfache Gewichtig zu vermeiden, auf Obenstehendes verwiesen wird.
Durch die vom BF in der Beschwerdeverhandlung eingestandene "Schwarzarbeit" verstößt der BF gegen Verwaltungsvorschriften. Dabei ist dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" eine erhebliche Bedeutung zuzugestehen (vgl. VwGH bei Verstößen gegen das AuslBG, E 16.10.2012, 2012/18/0062; B 25.04.2014, Ro 2014/21/0054). Aufgrund der "Schwarzarbeit" des BF wird das gegen seinen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärkt.
Dem BF ist zudem eine Missachtung melderechtlicher Vorschriften vorzuwerfen (vgl. VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006), da er im Zeitraum vom 30.01.2007 bis 26.01.2009 14.10.2014 in Österreich nicht aufrecht gemeldet war, wobei ihm bewusst war, dass er sich ohne entsprechende Meldung im Bundesgebiet aufhielt.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Dem BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass dem BF die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass er in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätte. Zudem sei auf obenstehende Ausführungen die Schutzwürdigkeit des Privatlebens verwiesen (ohne die Erwägungen mehrfach zu verwerten).
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer:
Im gegenständlichen Fall ist vor dem Hintergrund der Auslastung des ho. Gerichts und der belangten Behörde zwar festzustellen, dass eine raschere Entscheidung bei Vorhanden entsprechender Ressourcen unter Umständen möglich gewesen wäre. Dennoch ist hierzu anzuführen, dass es sich bei der Frage des möglichen Organisationsverschuldens hinsichtlich der Verfahrensdauer um eines von mehreren Kriterien innerhalb der hier vorzunehmenden Interessensabwägung handelt – welchem zwar in der Vergangenheit besonderes Augenmerk geschenkt wurde – und das Ergebnis der Prüfung eines möglichen Organisationsverschuldens nicht für sich alleine und isoliert, sondern in einer Gesamtschau innerhalb sämtlicher abgewogener Kriterien zu sehen ist.
Das erste Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz dauerte ab der Antragstellung am 28.12.2006 bis zur Entscheidung des AsylGH am 17.03.2010 über die gegen den Bescheid des BAA erhobene Beschwerde, sodass dies in Ansehung der Abführung eines erstinstanzlichen sowie eines Beschwerdeverfahrens eine angemessene Verfahrensdauer darstellt. Das zweite Verfahren dauerte ab Antragstellung am 29.07.2014 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am 04.11.2014 vier Monate und erfolgte innerhalb der normierten Entscheidungsfrist.
5. Weitere Erwägungen:
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich – abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG – seit 01.01.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den BF grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen.
Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua, erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99, führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der EGMR führte weiters – wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend – aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
4.6. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (VwGH vom 16. Dezember 2015, Zl. Ra 2015/21/0119, VwGH vom 30. Juni 2016, Zl Ra 2016/21/0076-10, unter Verweis auf weitere Erkenntnisse) dargelegt, dass die Verhältnisse im Herkunftsstaat für den Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers nicht gänzlich ausgeblendet werden können und – ebenso wie die Frage, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr eine Existenzgrundlage schaffen könne – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind, wobei im Rahmen der Gesamtabwägung einem solchen Vorbringen nicht in jeder Konstellation Relevanz zukomme.
Im konkreten Fall ist unter Berücksichtigung der Feststellungen zur allgemeinen Lage in Indien (siehe oben Punkt II.c) festzuhalten, dass die Situation, die der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat vorfinden wird, unterscheidet. In Hinblick auf die persönliche Situation des BF – wie oben dargelegt, ist der BF gesund, arbeitsfähig, verfügt über Berufserfahrung, hat überdies in Indien die Schule besucht und auch bereits dort gearbeitet, zudem hat er durch seine Familie, zu der er nach wie vor Kontakt pflegt, in Indien familiäre Anknüpfungspunkte – ist letztlich festzustellen, dass die Situation im Herkunftsland im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führt.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen und würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Trotz der insgesamt langen Aufenthaltsdauer des BF in Österreich und trotz privater Interessen stehen den persönlichen Interessen des BF Umstände entgegen, die das gegen seinen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse gravierend verstärken (etwa: Angabe verschiedener Identitätsdaten, Schwarzarbeit, Verstoß gegen melderechtliche Vorschriften, langjähriger unrechtmäßiger Aufenthalt bei beharrlichem illegalen Verbleiben nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens) bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (etwa: Stellung zweier Anträge auf internationalen Schutz), sodass in einer Gesamtbetrachtung die persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich nicht überwiegen, sondern die öffentlichen Interessen gewichtiger sind und die Aufenthaltsbeendigung verhältnismäßig ist.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht bewirkt wird. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
5. Schließlich sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Indien unzulässig wäre.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Erkenntnis vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, (in einer Verfahrenskonstellation nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005) fest, dass eine Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens inhaltlich nicht von einer bereits ausgesprochenen Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes abweichen könne, sondern lediglich die notwendige Folge eines negativen Abspruchs über einen Antrag auf internationalen Schutz darstelle. In seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0101, konkretisierte der Verwaltungsgerichtshof diese Erwägungen, indem er ausführte, dass dies nur bei unveränderter Sachlage gelte. Stehe dagegen im Raum, dass sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat maßgeblich verändert – aus der Sicht des Fremden: verschlechtert – hätten, so sei eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob eine Abschiebung in den Herkunftsstaat (noch) zulässig sei.
Entsprechend dieser Judikatur ergibt sich verfahrensgegenständlich die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat bereits aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 17.03.2010. Unabhängig davon sind im vorliegenden Fall keine Abschiebungshindernisse im Sinne des § 50 FPG zu erkennen:
Aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat allein ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lage derart maßgeblich verschlechtert hätte, sodass der Beschwerdeführer im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, dass in Indien derzeit eine "extreme Gefahrenlage" (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.
Zudem haben sich die hier relevanten persönlichen Umstände des Beschwerdeführers nicht maßgeblich verändert, sodass nicht von einer völligen Perspektivenlosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist. Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, derzufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, ist es dem Beschwerdeführer als einem arbeitsfähigen, gesunden Mann zumutbar, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Er verfügt zudem über Berufserfahrung und über eine mehrjährige Schulbildung und Arbeitserfahrung sowie Familie in Indien, sodass nicht angenommen werden kann, der Beschwerdeführer geriete im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 50 FPG nicht.
Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Indien nicht. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien ist daher zulässig.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige besondere Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
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