8.1 Zur Vertretung von Vereinen
Vereine sind juristische Personen. Sie können daher nur durch ihre Organe handeln. Vereine werden durch jene Personen vertreten, die in den Statuten als Vertretungsbefugte genannt sind.Wer den Verein nach außen vertritt, muss nach § 3 Abs. 2 Z 7 Vereinsgesetz 2002 den Statuten zu entnehmen sein.
Nach § 158 Abs. 4 BAO sind die Abgabenbehörden für Zwecke der Abgabenerhebung berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg Einsicht in das automationsunterstützt geführte zentrale Vereinsregister zu nehmen.
Vereinsbehörde ist die jeweils nach dem in den Statuten angegebenen Vereinssitz zuständige Bezirksverwaltungsbehörde bzw. Bundespolizeidirektion (vgl. § 9 Vereinsgesetz 2002).Die zur Vertretung des Vereins berufenen Personen haben nach § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.Weitere derartige Pflichten betreffen etwa- die Führung von Büchern und Aufzeichnungen,
- die Erfassung der Bareinnahmen mit einer Registrierkasse (§ 131b BAO),
- die Belegerteilungspflicht (§ 132a BAO),
- die Aufbewahrung von Unterlagen im Sinn des § 132 Abs. 1 BAO,
- die (zeitgerechte) Einreichung von Abgabenerklärungen,
- die Beantwortung von Bedenkenvorhalten und von Ergänzungsaufträgen.
8.2 Haftung gemäß § 9 BAO
8.2.1 Allgemeines
Die Vertreterhaftung nach § 9 BAO besteht für die den vertretenen Abgabepflichtigen treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.Diese Pflicht trifft auch Vertreter von Vereinen. Sie trifft jene Personen, die nach den Statuten zur Vertretung nach außen berufen sind (vgl. zB VwGH 10.9.1998, 96/15/0053; VwGH 29.6.1999, 98/14/0172). Maßgebend ist nicht, wer tatsächlich die Geschäfte des Vereines führt (wer etwa tatsächlich die Vereinsaufzeichnungen führt), sondern wer dazu nach den Statuten berufen ist. Zur Haftung bei (bloß) tatsächlicher Einflussnahme siehe § 9a BAO (Abschnitt 8.2a).
Die Haftung des § 9 BAO setzt voraus:- Stellung als Vertreter,
- Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen,
- Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung (Rz 801 ff),
- Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Vertreter (Rz 807 ff),
- Verschulden des Vertreters (Rz 820 ff) und
- Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit (Rz 827).
8.2.2 Uneinbringlichkeit
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung (zB VwGH 2009/15/0013; VwGH 17.12.2009, 2009/16/0092; VwGH 28.04.2011, 2011/16/0082; BFG 27.3.2015, RV/2100447/2014). Sie setzt die objektive Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen voraus (zB VwGH 19.2007/13/0003; VwGH 17.12.2009, 2009/16/0092).Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Einbringungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl. zB VwGH 22.9.1999, 96/15/0049; VwGH 27.4.2000, 98/15/0129; VwGH 29.5.200199/14/0277; BFG 22.4.2015, RV/5101247/2014).Aus der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (über das Vermögen des Vereines) allein ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit (vgl. zB VwGH 22.96/15/0049; VwGH 27.98/15/0129; VwGH 29.99/14/0277).
Uneinbringlichkeit ist im Insolvenzverfahren erst dann anzunehmen, wenn feststeht, dass die Abgabenforderung nicht befriedigt werden kann (zB VwGH 27.4.2000, 98/15/0129). Dies gilt unabhängig davon, ob die Abgabenforderung teilweise oder gänzlich uneinbringlich ist. Bei teilweiser Uneinbringlichkeit darf die Haftungsinanspruchnahme nur für den uneinbringlichen Teilbetrag erfolgen. Ergibt sich nachträglich, dass ein weiterer Teilbeitrag uneinbringlich geworden ist, so kann ein weiterer (diesen neuen Betrag umfassender) Haftungsbescheid erlassen werden. Dies setzt keine Abänderung des bisherigen Haftungsbescheides voraus.Eine Haftungsinanspruchnahme, die den gesamten offenen Abgabenbetrag umfasst, obwohl nur ein Teil objektiv uneinbringlich ist, ist gesetzwidrig (vgl. zB VwGH 29.6.1999, 99/14/0117). Die Überlegung, eine Minderung der Inanspruchnahme sei im Verfahren über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid möglich, rechtfertigt eine solche Vorgangsweise nicht. Ebenso wenig gestattet die Vermutung, während des Beschwerdeverfahrens würden weitere Teilbeträge voraussichtlich uneinbringlich werden, eine derartige rechtswidrige Vorgangsweise.Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ist - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - anzunehmen, dass der in der Insolvenzquote nicht mehr Deckung findende Teil der Abgabenforderung uneinbringlich sein wird (VwGH 26.06.2000, 95/17/0613). Die Abgabenbehörde muss aber das Ende des Insolvenzverfahrens nicht abwarten (vgl. zB VwGH 30.03.1998, 97/16/0501; VwGH 22.09.1999, 96/15/0049).Aus der Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens (nach § 71b IO) ergibt sich zweifelsfrei eine solche Uneinbringlichkeit (vgl. zB VwGH 24.10.2000, 95/14/0090). Auch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Verteilung des Massevermögens spricht für die Uneinbringlichkeit der nicht entrichteten Beträge (vgl. VwGH 89/17/0121; VwGH 26.95/17/0613). Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens (§ 123a IO) spricht für die Uneinbringlichkeit (vgl. VwGH 21.12.1999, 99/14/0041; BFG 4.3.2014, RV/7101162/2013).8.2.3 Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten
8.2.3.1 Pflichten, maßgebender Zeitpunkt
Haftungsrelevant ist nur, wenn sich die Uneinbringlichkeit aus der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ergibt (vgl. zB VwGH 18.10.1995, 91/13/0037, 91/13/0038; VwGH 02.07.2002, 96/14/0076). Die Verletzung anderer Pflichten ist für § 9 BAO nicht haftungsrelevant.Zu den abgabenrechtlichen Pflichten zählen weder die Pflicht, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen (vgl. zB VwGH 22.09.1999, 96/15/0049; VwGH 15.12.2004, 2004/13/0146), noch die Pflicht, die Entstehung von Abgabenforderungen beim Vertretenen etwa durch Betriebseinstellung zu vermeiden (zB VwGH 17.08.1998, 97/17/0096).
Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören insbesondere- die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet,
- die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen (zB VwGH 30.5.1989, 89/14/0043),
- die Erfüllung der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht (§§ 131b und 132a BAO),
- die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen (zB VwGH 30.5.1989, 89/14/0043; VwGH 29.5.2001, 2001/14/0006).
Die Pflicht des Vertreters, die vom Vertretenen (als Eigenschuldner oder als Haftungspflichtiger) geschuldeten Abgaben zu entrichten, besteht nur insoweit, als hiefür liquide Mittel vorhanden sind (vgl. zB VwGH 20.9.1996, 94/17/0420; VwGH 7.12.2000, 2000/16/0601).
Das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung hat nicht die Abgabenbehörde nachzuweisen; vielmehr hat der Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen (zB VwGH 2000/16/0601; VwGH 98/16/0348; VwGH 24.2006/13/0110; VwGH 23.2007/13/0137; VwGH 19.3.2015, 2013/16/0200). Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht entbindet die Abgabenbehörde nicht von jeglicher Ermittlungspflicht. Die Behörde hat bei entsprechenden Behauptungen und diesbezüglichem Beweisanbot die zur Entlastung des Vertreters angebotenen Beweise aufzunehmen und erforderlichenfalls Präzisierungen abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (zB VwGH 23.95/15/0145; VwGH 20.94/14/0147). Ergeben sich aus dem Akteninhalt deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen der für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel, ist die Abgabenbehörde nicht von ihrer Ermittlungspflicht entbunden (VwGH 28.05.1993, 93/17/0049). Ergebnisse derartiger (zB im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung durchgeführter) Ermittlungen sind bei der Entscheidung über die Haftungsinanspruchnahme (auch) von Amts wegen zu berücksichtigen.Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Verein die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB VwGH 27.98/15/0003; VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 25.11.2009, 2007/15/0277).
Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (zB VwGH 27.98/15/0003; VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 24.2007/13/0144; VwGH 22.4.2015, 2013/16/0208). Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. zB VwGH 25.10.1996, 93/17/0280; VwGH 25.94/17/0229).Bei Abgaben, bei denen sich die Fälligkeit aus § 210 Abs. 1 BAO (1 Monat ab Zustellung des Abgabenbescheides) ergibt, wie zB bei der veranlagten Körperschaftsteuer, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der sich aus dem erstmaligen Abgabenbescheid ergebenden Fälligkeit maßgebend (vgl. VwGH 21.5.1992, 88/17/0216).
8.2.3.2 Gleichbehandlungsgrundsatz
Reichen die Mittel des Vereines nicht aus, die offenen Schuldigkeiten zur Gänze zu entrichten, so ist der Vertreter grundsätzlich zur Befriedigung der Schulden im gleichen Verhältnis (anteilig) verpflichtet (Gleichbehandlungsgrundsatz). Er darf hierbei Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (zB VwGH 29.2000/14/0149; VwGH 15.12.2009, 2005/13/0040). Er ist jedoch nicht verpflichtet, den Abgabengläubiger besser als die übrigen Gläubiger zu behandeln (zB VwGH 17.98/17/0038). Die Betrachtung der Gläubigergleichbehandlungen hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (zB VwGH 28.2.2014, 2012/16/0001; VwGH 22.4.2015, 2013/16/0123).Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz bestehen für Abfuhrabgaben, nämlich für- Lohnsteuer (zB VwGH 22.02.2001, 2000/15/0227; VwGH 08.07.2009, 2009/15/0013; VwGH 05.04.2011, 2009/16/0106),
- Kapitalertragsteuer (zB VwGH 16.2.2000, 95/15/0046) sowie
- für Beträge gemäß § 99 EStG 1988.
Gelingt ein solcher Nachweis nicht, so kann die Haftung für den gesamten uneinbringlichen Abgabenbetrag geltend gemacht werden (zB VwGH 29.03.2001, 2000/14/0149; VwGH 23.03.2010, 2007/13/0137).
8.2.4 Verschulden des Vertreters
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB VwGH 22.02.2000, 96/14/0158; VwGH 07.12.2000, 2000/16/0601). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit (zB VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 24.02.2010, 2008/13/0228).Der Vertreter hat darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge getragen, dass der Vertretene die Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (zB VwGH 29.05.2001, 99/14/0277; VwGH 98/16/0348; VwGH 26.2007/13/0063; VwGH 22.4.2015, 2013/16/0208; VwGH 19.5.2015, 2013/16/0016). In der Regel wird nämlich nur der Vertreter jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (zB VwGH 29.99/14/0128; VwGH 25.2009/16/0246, AW 2009/16/0041; VwGH 05.04.2011, 2009/16/0106). Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB VwGH 07.89/14/0132; VwGH 23.2010/13/0042, 0044). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (VwGH 89/13/0212; VwGH 27.10.2008, 2005/17/0259, 2006/17/0002). Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht entbindet die Abgabenbehörde nicht von jeglicher Ermittlungspflicht (zB VwGH 10.11.1993, 91/13/0181; VwGH 20.94/14/0147; VwGH 27.2004/14/0030).Hat der Vertreter Dritte mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen betraut, ohne sich weiter darum zu kümmern, ob diese Verpflichtungen auch erfüllt werden, liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung vor (zB VwGH 26.6.2000, 95/17/0612). Kontrollen haben in solchen zeitlichen Abständen zu erfolgen, die es ausschließen, dass dem Vertreter Steuerrückstände verborgen bleiben (zB VwGH 26.5.1998, 97/14/0080; VwGH 26.6.2000, 95/17/0612). Dies gilt auch, wenn ein Wirtschaftstreuhänder mit den Abgabenangelegenheiten betraut ist (zB VwGH 22.12.1997, 93/17/0405; VwGH 19.11.1998, 98/15/0159; VwGH 29.5.2001, 2001/14/0006).Wird ein Vertreter an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, so hat er die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abzustellen und - wenn sich dies als erfolglos erweist - sein Funktion niederzulegen. Tut er dies nicht, so ist ihm ein relevantes Verschulden anzulasten. Dies gilt auch dann, wenn sich der Vertreter schon bei der Übernahme der Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnis für einverstanden erklärt und dabei in Kauf genommen hat, dass ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen unmöglich gemacht wird (zB VwGH 29.06.1999, 98/14/0172; VwGH 11.03.2010, 2010/16/0028).Rechtsunkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen vermag den Vertreter nicht zu exkulpieren (zB VwGH 25.02.2010, 2009/16/0246, AW 2009/16/0041); wer trotz Rechtsunkenntnis Erkundigungen unterlässt, handelt zumindest fahrlässig (zB VwGH 29.06.1999, 99/14/0128).Sind bei einer Mehrheit von Vertretern die Aufgaben verteilt, bewirkt dies nicht, dass die nicht mit Abgabenangelegenheiten betrauten Vertreter sich um die Tätigkeit des damit betrauten Vertreters nicht mehr zu kümmern brauchen. Jedem Vertreter obliegt die Überwachung der anderen (vgl. zB VwGH 21.5.1992, 88/17/0216). Der Umfang der Überwachungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (VwGH 18.11.1991, 90/15/0123).Eine Geschäftsverteilung kann einen Vertreter exkulpieren, wenn er sich nach Lage des Falles auf den intern für Abgabenangelegenheiten zuständigen Vertreter verlassen durfte. Dies gilt jedoch nicht, wenn für ihn Anlass zur Annahme bestand, dass der intern zuständige Vertreter seinen Aufgaben nicht oder unvollständig nachkommt (VwGH 26.1.1982, 81/14/0083, 81/14/0169).
Primär ist der Vertreter zur Haftung heranzuziehen, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist (vgl. zB VwGH 20.9.1996, 94/17/0122; VwGH 25.1.1999, 94/17/0229). Kommen mehrere Vertreter als Haftungspflichtige in Betracht, ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen - allenfalls auch in welchem Ausmaß - in Anspruch genommen wird, im Haftungsbescheid entsprechend zu begründen (zB VwGH 20.9.1996, 94/17/0122; VwGH 24.2.1997, 96/17/0066, AW 96/17/0316).8.2.5 Kausalität
Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist.Bei schuldhafter Pflichtverletzung darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (zB VwGH 16.12.1999, 97/15/0051; VwGH 20.98/15/0084; VwGH 30.2007/13/0047; VwGH 28.2.2013, 2012/16/0029; VwGH 19.5.2015, 2013/16/0016).
8.2.6 (Zeitlicher) Umfang der Haftung
Die Vertreterhaftung besteht insbesondere für Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Sie besteht aber auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten, deren Zahlungstermin bereits vor der Tätigkeit des betreffenden Vertreters gelegen ist (zB VwGH 12.11.1997, 95/16/0155; VwGH 07.12.2000, 2000/16/0601; VwGH 20.01.2010, 2009/13/0019).Die Möglichkeit der Geltendmachung der Haftung erlischt nicht dadurch, dass der Vertreter seine Tätigkeit zurücklegt. Entscheidend ist, wann der Haftungstatbestand vom Vertreter verwirklicht ist. Die Geltendmachung der Haftung kann auch nach Beendigung seiner Tätigkeit erfolgen (vgl. zB VwGH 28.10.1998, 97/14/0160; VwGH 16.12.1999, 97/15/0051).Die Haftung kann auch nach Auflösung des Vereines geltend gemacht werden (vgl. zB VwGH 29.6.1999, 98/14/0171).
8.2a Haftung nach § 9a BAO
Die in § 9a Abs. 2 BAO normierte Haftung besteht ab 1. Jänner 2013. Sie kommt erstmals für ab diesem Zeitpunkt erfolgte Verletzungen der Pflichten des § 9a Abs. 1 BAO in Betracht (zB BFG 12.5.2014, RV/3100357/2013).Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden (§ 9a Abs. 1 BAO).Solche Personen haften für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.
Die Haftungsbestimmung des § 9a Abs. 2 BAO erweitert die Vertreterhaftung (§ 9 BAO) auf Personen, die entweder faktische Geschäftsführer sind (somit die de facto an der Stelle des Vertreters die abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters bzw. die abgabenrechtlichen Pflichten des Vertretenen erfüllen bzw. verletzen) oder die den Vertreter dahingehend beeinflussen, dass abgabenrechtliche Pflichten verletzt werden.8.3 Haftung nach § 11 BAO
Nach § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte, für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.Diese Haftung setzt eine rechtskräftige Verurteilung im finanzbehördlichen bzw. im gerichtlichen Finanzstrafverfahren voraus (vgl. VwGH 14.12.1994, 93/16/0011; VwGH 27.1.1999, 98/16/0411). Vor einer solchen Verurteilung darf die Haftung somit nicht geltend gemacht werden.
8.4 Haftung nach § 15 BAO
Die Haftung nach § 15 BAO besteht ua. dann, wenn nach einem Wechsel in der Person desgesetzlichen Vertreters (zB der nach den Statuten zur Vertretung des Vereins befugten Person) der Vertreter erkennt, dass bereits abgegebene Erklärungen zur Festsetzung von Abgaben (zB Umsatzsteuererklärungen gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994) unrichtig oder unvollständig sind oder dass die Einreichung solcher Erklärungen pflichtwidrig unterlassen wurde. Die Haftung für die vorenthaltenen Abgabenbeträge besteht nur dann, wenn der Vertreter den erkannten Verstoß nicht binnen drei Monaten (vom Zeitpunkt der Kenntnis an gerechnet) dem der Abgabenbehörde erster Instanz anzeigt.Haftungsrelevant sind nur Erklärungen, für die eine Verpflichtung zur Einreichung bestand und die zur Festsetzung von Abgaben eingereicht wurden.Aus § 15 BAO ergibt sich keine Verpflichtung zur Prüfung der Erklärungen. Der Nachweis für das Erkennen der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Abgabenerklärung obliegt der Abgabenbehörde.