European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00179.23M.0319.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Revision des Klägers:
[1] 1.1. Die vom Kläger – einem in der Hauptsache vor den Vorinstanzen mit seinem Honoraranspruch siegreichen Rechtsanwalt – allein bekämpfte, seinen Antrag gemäß § 408 ZPO abweisende Entscheidung ist mit Revision anfechtbar und als selbständiger Streitgegenstand zu werten (RS0041183; RS0041177 [T1]; 7 Ob 271/02g mwN).
[2] 1.2. Nach § 408 ZPO muss der behauptete Schaden aus der „offenbar mutwilligen“ Prozessführung des Gegners resultieren; es geht somit um Schäden, die durch das mutwillige (bewusst aussichtslose) Verhalten einer Prozesspartei im Verfahren entstehen und aufgrund der genannten Bestimmung im mutwillig geführten Prozess vereinfacht durchgesetzt werden können (8 Ob 2/16a mwN); § 408 ZPO schafft keine eigenständige schadenersatzrechtliche Grundlage, sondern setzt einen Schadenersatzanspruch nach bürgerlichem Recht voraus, der dem Grunde und der Höhe nach bewiesen werden muss (RS0041173). Eine über die Kostenersatzpflicht hinausgehende Verpflichtung zum Ersatz der durch die Prozessführung verursachten Schäden kommt im Rahmen des § 408 ZPO nur dann in Betracht, wenn der Rechtsstandpunkt des im Verfahren Unterlegenen entweder der tatsächlichen Voraussetzungen entbehrt oder schon an sich unhaltbar ist, sodass sein gegenteiliger Standpunkt als schlechthin aussichtslos erscheinen muss oder er den Prozess gar überhaupt wider besseres Wissen oder mutwillig führt (vgl RS0022840 [T11]).
[3] An sich ist aber jedermann berechtigt, sich zur Durchsetzung eigener oder zur Abwehr fremder Ansprüche in einen Rechtsstreit einzulassen (RS0022840 [T21]; vgl schon § 19 Satz 1 ABGB). Eine gutgläubige Anrufung des Gerichts wird daher vermutet, sodass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Prozess mutwillig geführt wurde, ein (zu Lasten des Geschädigten) strenger Maßstab angelegt werden muss (RS0022777). Der Geschädigte muss behaupten und beweisen, dass der Schädiger den Prozess im dargelegten Sinne qualifiziert schuldhaft rechtswidrig führte (6 Ob 129/16p mwN).
[4] Ob ein im Verfahren vertretener Standpunkt mutwillig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0079881; RS0044262 [T43]; vgl RS0022840 [T12]).
[5] 1.3. Die Vorinstanzen haben die Rechtsverteidigung des Beklagten als nicht offenbar mutwillig qualifiziert, weil zwar die Beweisergebnisse letztlich für den Standpunkt des Klägers gesprochen hätten, jedoch dessen allesamt erfolglose Vertretungshandlungen (etwa sieben kurz aufeinanderfolgende Provisorialanträge und drei Rekurse) für den Beklagten ausreichend Anlass gegeben hätten, die für die Frage des Anwaltshonorars relevante Frage gerichtlich klären zu lassen, ob die Aufklärung durch den Kläger über Chancen und Risken der Vertretungshandlungen hinreichend konkret und deutlich gewesen sei.
[6] Dies hält sich im Rahmen der Rechtsprechung und des den Gerichten im Einzelfall notwendigerweise zukommenden Beurteilungsspielraums.
[7] 1.4. Die Revision des Klägers zeigt dagegen keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf. In der Revision behauptete Wissentlichkeit falscher Behauptungen hat keine Grundlage in den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen. Dass sich das Kriterium der Zweckentsprechung bei Stundensatzvereinbarungen nicht stelle, weil es nur auf den tatsächlichen Aufwand beim Anwalt ankomme, hat keine Grundlage in der Rechtsprechung: Auch hier ist vielmehr zu prüfen, ob nachgewiesene Stunden der Arbeitszeit nicht nur üblich sind, sondern auch in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit stehen (vgl 8 Ob 92/14h mwN).
[8] 1.5. Der vom Kläger behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor.
2. Zur Revision des Beklagten:
[9] 2.1. Der Beklagte wiederholt in seiner Revision wörtlich bereits in der Berufung erstattete Einwände gegen das erstgerichtliche Urteil, wonach dieses unschlüssig und widersprüchlich und daher nichtig sei.
[10] Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Einwand bereits auseinandergesetzt und ihn verworfen, wobei es zusätzlich rechtlich dafürhielt, dass das Fehlen einer generellen Pauschalhonorarvereinbarung (vgl unten Pkt 2.4.) nicht gegen die Vereinbarung der Erbringung und Verrechnung einer konkreten Leistung um einen pauschalen Betrag spreche.
[11] Nichtigkeiten, die im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufen sein sollen und schon vom Gericht zweiter Instanz verneint wurden, können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (vgl RS0042925). Gegen die zusätzliche rechtliche Begründung des Berufungsgerichts wendet sich die Revision nicht.
[12] 2.2. Der Beklagte wiederholt in seiner Revision ebenfalls wörtlich bereits in der Berufung erstattetes Vorbringen zur Angemessenheit und Notwendigkeit einzelner Leistungen. Dazu hat bereits das Berufungsgericht auf einen Verstoß gegen das Neuerungsverbot hingewiesen; die Revision nimmt auch dazu nicht Stellung und zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[13] 2.3. Welchen Inhalt das zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Klienten bestehende Auftragsverhältnis hat, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (vgl RS0113156).
[14] Auch die konkludente Erteilung eines Auftrags an einen Rechtsanwalt ist möglich (6 Ob 177/22f mwN); diese hängt aber von den strengen Voraussetzungen des § 863 ABGB ab. Es darf daher kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgenwille in bestimmter Richtung vorliegt (RS0013947 [T1]; RS0014150). Auch ob eine solche schlüssige Beauftragung des Klägers durch den Beklagten erfolgte, ist eine Frage des Einzelfalls und bildet – den Fall einer (hier nicht vorliegenden) unvertretbaren Fehlbeurteilung ausgenommen – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl 2 Ob 69/18p; RS0109021 [T5]).
[15] 2.4. Die Vorinstanzen haben dazu unter Schilderung der Entwicklung der (erfolglos gebliebenen) Vergabe‑Rechtssache des Beklagten und der daraus von ihm später abgeleiteten Ansprüche zusammengefasst festgestellt, dass der Kläger vereinbarungsgemäß stundenbasiert mit Stundensatz von 400 EUR netto pro Stunde, Abrechnung im 10‑Minuten‑Takt tätig wurde, was dem Beklagten auch bewusst war bzw bewusst sein musste; bezüglich der Vereinbarung eines Pauschalhonorars und einer Honorarobergrenze für diese Tätigkeiten wurden Negativfeststellungen getroffen.
[16] Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Beweisrüge des Beklagten nicht Folge und folgerte rechtlich, dass sich daraus – auch vor dem Hintergrund, dass eine ursprüngliche, sich auf die eigentliche Vergaberechtssache beziehende schriftliche Vereinbarung gleichen Inhalts für die späteren klagsgegenständlichen Leistungen nicht gegolten haben möge – hinreichend klar eine zumindest schlüssige Honorarvereinbarung ergebe.
[17] Auch dies ist im Einzelfall vertretbar und wirft keine erheblichen Rechtsfragen auf.
[18] 2.5. Die Revision will demgegenüber davon ausgehen, dass die Parteien keine Honorarvereinbarung getroffen hätten, sodass der Beklagte nur Honorar nach RATG bzw angemessenes Honorar nach § 1152 ABGB verlangen könne. Sie legt damit nicht die oben dargelegten Feststellungen zugrunde, sodass die Behauptung, das Erstgericht setze eine Vereinbarung voraus, ohne Feststellungen zu deren Zustandekommen zu treffen, ins Leere geht.
[19] 2.6. Soweit die Revision des Beklagten dahin zu verstehen ist, dass sie sich gegen die zu Pkt 2.2. wiedergegebenen Feststellungen wendet, genügt der Hinweis, dass der Oberste Gerichtshof nur Rechts‑ und nicht Tatsacheninstanz ist und Fragen der Beweiswürdigung an ihn nicht herangetragen werden können (vgl RS0042903 [T2, T7, T8, T10]; RS0043414 [T11]; RS0069246 [T1, T2]).
[20] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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