OGH 3Ob187/20a

OGH3Ob187/20a20.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers vj *, vertreten durch Mag. Britta Schönhart‑Loinig, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Antragsgegner Dr. *, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. August 2020, GZ 45 R 296/20t‑57, womit der Teilbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 25. Mai 2020, GZ 2 Fam 31/18p‑50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130684

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang der Abweisung des Unterhaltsantrags aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der volljährige Antragsteller ist der Sohn des Antragsgegners, einem Notar. Er studiert zielstrebig an einer Universität. Ihm gehören zwei Eigentumswohnungen. Die am Studienort gelegene bewohnt er selbst. Ihr im Februar 2017 erfolgter Kauf wurde von seiner Mutter, die von seinem Vater geschieden und selbst Notarin ist, finanziert. Seine nicht von ihm selbst bewohnte Eigentumswohnung erhielt der Antragsteller im Jahr 2014 im Erbweg.

[2] Der Antragsteller wohnt an den Wochenenden und in den Ferien bei seiner Mutter, die auch für ihn kocht und ihm die Wäsche macht. Er ist seit 1. 9. 2016 in ihrem Notariat angestellt.

[3] Der Antragsgegner erzielt ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, das grundsätzlich eine Unterhaltsfestsetzung in Höhe des 2,5‑fachen des Regelbedarfs rechtfertigt. Er leistet dem Antragsteller seit Dezember 2017 keine Unterhaltszahlungen mehr. Er ist weiters für die ebenso bereits volljährige und studierende Schwester des Antragstellers sorgepflichtig. Dieser gehört selbst eine Eigentumswohnung.

[4] Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner einen monatlichen Unterhalt von 1.175 EUR vom 1. 12. 2017 bis 1. 12. 2018 und von 1.450 EUR ab dem 1. 1. 2019. Durch ihre Betreuungsleistungen erfülle seine Mutter ihm gegenüber gemäß § 231 Abs 2 ABGB ihre Unterhaltspflicht. Sein Einkommen aus der Beschäftigung im mütterlichen Notariat sei nicht auf seinen Unterhaltsanspruch anzurechnen, weil er dieser Beschäftigung gezwungenermaßen nur wegen der Unterhaltsverweigerung des Antragsgegners nachgehe. Zwar habe er diese Beschäftigung bereits vor der Unterhaltseinstellung ausgeübt, er habe aber damals vom Antragsgegner noch monatlich 900 EUR an Unterhalt erhalten; aufgrund der Unterhaltsverweigerung hätten sich die Verhältnisse geändert. Auch seine beiden Eigentumswohnungen spielten bei der Bemessung seines Unterhalts keine Rolle. Die von ihm bewohnte Wohnung sei von seiner Mutter finanziert worden. Sie übernehme auch die Betriebskosten beider Wohnungen, zumal er selbst nicht in der Lage sei, diese aus seinem Einkommen zu tragen. Nach der Rechtsprechung erbrächten Dritte einem Unterhaltsberechtigten im Zweifel nicht Leistungen in der Absicht, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten. An der von ihm nicht selbst bewohnten Wohnung habe seine Mutter ein Fruchtgenussrecht, sodass lukrierte Erträge aus der Vermietung dieser Wohnung ihr zugeflossen seien. Dies sei im Übrigen aber nur solange der Fall gewesen, bis seine ebenso studierende Schwester in die Wohnung eingezogen sei. Sie sei einkommenslos, von ihr verlange er selbstredend keine Miete. Sie sei auf die Wohnung angewiesen, da der Antragsgegner ihr den Zutritt zu seinem Haus verwehre. Ihr gehöre zwar selbst eine Eigentumswohnung, diese sei aber vermietet, sodass sie dort nicht wohnen könne. Selbst wenn man hinsichtlich seiner von ihm nicht selbst bewohnten Wohnung lukrierbare Mieteinkünfte annehmen würde, flössen diese wegen des Fruchtgenussrechts der Mutter zu und stellten somit keinesfalls weitere Einkünfte von ihm dar. Der Vereinbarung des Fruchtgenussrechts liege zugrunde, dass er bei seiner Mutter aufgrund der Einstellung der väterlichen Unterhaltszahlungen ein Darlehen zur Finanzierung seiner Ausbildung bzw seines Lebensbedarfs aufgenommen habe. Dieses sollte durch die der Mutter zufließenden Mieteinnahmen zurückbezahlt werden.

[5] Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Unterhaltsantrags. Dem monatlichen Einkommen des Antragstellers von rund 600 EUR aus seiner Beschäftigung im Notariat der Mutter seien Einkünfte des Antragstellers aus seiner Tätigkeit für das Unternehmen „E*“ hinzuzuzählen sowie fiktive Einkünfte aus der Vermietung seiner zweiten Wohnung. Diese Wohnung stehe leer; sie hätte bereits um rund 600 EUR vermietet werden können. Auf Basis des Anspannungsgrundsatzes müsse sich der Antragsteller den lukrierbaren Mietzins zurechnen lassen. Seine Schwester hätte eine Wohnmöglichkeit im Haus des Antragsgegners. Ihr gehörte zudem selbst eine Eigentumswohnung, in der sie wohnen könnte. Sie wäre daher auch ohne die Wohnung ihres Bruders nicht obdachlos. Die zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter geschlossene Fruchtgenussvereinbarung habe nur den Zweck, zu Lasten des Antragsgegners eine Verminderung des Unterhaltsanspruchs des Antragstellers zu vermeiden. Zudem wäre, weil bereits Eigenpflege des Antragstellers vorliege, auch seine Mutter, deren Einkommen in etwa gleich hoch sei wie jenes des Antragsgegners, geldunterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht wäre auf beide Elternteile aufzuteilen. Dass die Mutter dem Antragsteller die Wäsche mache und er sie am Wochenende und in den Ferien besuche, zähle nicht.

[6] Das Erstgericht verpflichtete mit seinem Teilbeschluss den Antragsgegner zu Unterhaltszahlungen zuzüglich Zinsen beginnend mit Dezember 2017 in einer im Beschluss jeweils genannten Höhe zwischen 220 und 310 EUR pro Monat (Spruchpunkt 1). Das Unterhaltsmehrbegehren wies es für den Zeitraum 1. 12. 2017 bis 31. 3. 2020 ab (Spruchpunkt 2). Die Entscheidung über das über den zuerkannten monatlichen Unterhaltsbetrag von 250 EUR ab 1. 4. 2020 hinausgehende Begehren behielt sich das Erstgericht vor (Spruchpunkt 3).

[7] Das Erstgericht ging vom eingangs ausgeführten unstrittigen Sachverhalt aus und traf grundsätzlich darüber hinaus folgende Feststellungen:

„Für die Wohnung des Antragstellers in * [die er selbst nicht bewohnt; Anm] wird auf das Konto der Mutter des Antragstellers eine Miete in Höhe von 620 EUR monatlich überwiesen. Die Mutter des Antragstellers hat sämtliche Mieteinnahmen erhalten und auch die Kosten der Wohnung getragen.

Der Antragsteller hat ein für den Unterhalt anrechenbares Einkommen von rund 1.167,62 EUR im Jahr 2017, 1.235,41 EUR im Jahr 2018 und von 1.341,41 EUR seit 2019. Dieses setzt sich zusammen aus (fiktiven) Mieteinnahmen von 620 EUR monatlich und dem Einkommen des Antragstellers aus einer Beschäftigung bei seiner Mutter von durchschnittlich monatlich 547,62 EUR im Jahr 2017, 615,41 EUR im Jahr 2018 und von 721,41 EUR im Jahr 2019.

Der Antragsteller ist seit 1. 4. 2020 in Kurzarbeit.“

[8] In rechtlicher Hinsicht wandte das Erstgericht folgende Formel zur Ermittlung des Restgeldunterhaltsanspruchs des Antragstellers an:

 

[9] Der „Regelbedarf“ für Kinder ab 19 betrage vom 1. 7. 2017 bis 30. 6. 2018 569 EUR, vom 1. 7. 2018 bis 30. 6. 2019 580 EUR und vom 1. 7. 2019 bis 30. 6. 2020 590 EUR.

[10] Der „Ausgleichszulagenrichtsatz“ betrage im Jahr 2017 985 EUR, im Jahr 2018 1.007 EUR, im Jahr 2019 1.033 EUR und im Jahr 2020 1.070 EUR.

[11] Der „Geldunterhalt“ in der Formel sei der sich aus der Prozentkomponente oder dem Unterhaltsstopp ergebende Betrag, hier somit – weil aufgrund des überdurchschnittlich hohen Einkommens des Vaters der Unterhaltsstopp beim 2,5‑fachen des Regelbedarfs greife – vom 1. 7. 2017 bis 30. 6. 2018 1.422,50 EUR, vom 1. 7. 2018 bis 30. 6. 2019 1.450 EUR und vom 1. 7. 2019 bis 30. 6. 2020 1.475 EUR. Dadurch, dass der Antragsteller keine Miete für seine, von seiner Mutter finanzierte, Eigentumswohnung zu bezahlen habe, verringere sich aber der Unterhaltsbedarf. Gemäß ständiger Rechtsprechung werde für die gesamten Wohnungskosten (Miete, samt Wohnungsbenützungskosten) ein Wert von 25 % des Unterhalts angenommen. Da der Antragsteller für die sonstigen für die Wohnung zu bezahlenden Kosten weiterhin aufkommen müsse, würden zur Ermittlung des „Geldunterhalts“ vom 2,5‑fachen Regelbedarf nur 18 % abgezogen. Dies erscheine als realistischer Wert in Anbetracht der Relation der Mietkosten zu den gesamten Wohnungskosten.

[12] Das Einkommen des Antragstellers bei „E*“ finde bei der Unterhaltsbemessung keine Berücksichtigung, da es sich um eine kurzfristige Beschäftigung mit Ferialpraxischarakter handle.

[13] Das Einkommen des Antragstellers bei seiner Mutter sei bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Seine Behauptung, er übe diese Beschäftigung nur aus, weil sein Vater keinen Unterhalt bezahle, gehe ins Leere, da er bereits seit 1. 9. 2016, also bereits rund ein Jahr bevor sein Vater die Unterhaltszahlungen eingestellt habe, bei seiner Mutter angestellt sei.

[14] Dem Einkommen des Antragstellers sei als fiktive Mieteinnahme für die nicht von ihm selbst bewohnte Wohnung ein Betrag von 620 EUR hinzuzurechnen. Dieses zusätzliche Einkommen wäre für ihn nämlich leicht erzielbar gewesen. Die Fruchtgenussvereinbarung gehe zu seinen Lasten, da er auf ein leicht erzielbares Einkommen freiwillig verzichtet habe.

[15] Im Wege der Formel errechnete das Erstgericht für Dezember 2017 einen Unterhalt des Antragstellers von 310 EUR, für Jänner bis Juni 2018 von 270 EUR, für Juli bis Dezember 2018 von 280 EUR, für Jänner bis Juni 2019 von 220 EUR, von Juli bis Dezember 2019 von 230 EUR und ab Jänner 2020 von 250 EUR. Dieser Unterhalt erscheine in Hinblick auf die gehobenen Verhältnisse des Vaters einerseits und um eine pädagogische Überalimentierung zu vermeiden andererseits als angemessen. Schließlich solle weiterhin ein Anreiz auf einen Vollzeitjob nach Abschluss des Studiums aufrecht bleiben und der zur Verfügung stehende Betrag noch niedriger sein als ein Einstiegsgehalt, was hier der Fall sei.

[16] Das nur vom Antragsteller angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, die im Umfang des Unterhaltszuspruchs (Spruchpunkt 1) in Rechtskraft erwachsen ist.

[17] Zur Frage einer Unterhaltsminderung wegen des Wohnens in einer eigenen Eigentumswohnung führte das Rekursgericht aus, im Bereich des Ehegattenunterhaltsrechts entspreche es mittlerweile der ständigen Rechtsprechung, dass auch eine Eigentumswohnung im Alleineigentum des Unterhaltsberechtigten dazu führe, dass er nicht mehr des gesamten Unterhaltsbeitrags bedürfe und die Wohnkostenersparnis angemessen zu berücksichtigen sei. Trage der Unterhaltsberechtigte nur einen Anteil an den gesamten Wohnkosten, etwa die Wohnungsbenützungskosten, sei dies bei der veranschlagten Bedarfsminderung angemessen zu berücksichtigen; ein völliges Abgehen von der Anrechnung erschiene sachlich nicht leicht begründbar. Da auch der Kindesunterhalt durch Bedarf und Leistungsfähigkeit determiniert werde, könne auch für diesen nichts anderes gelten. Das zeige der Vergleich mit der Situation, in der das Kind in einer Mietwohnung lebe und seine Eigentumswohnung vermiete. Hier wäre zwar sein Unterhaltsbedarf in der üblichen Höhe anzunehmen, gleichzeitig wären ihm aber die Mieteinnahmen als Eigeneinkommen anzurechnen. Das Erstgericht habe den Unterhaltsstopp mit Rücksicht auf die Wohnkostenersparnis des Antragstellers richtig in abgesenkter Höhe angesetzt.

[18] Zur Frage der Hinzuzählung fiktiver Mieteinnahmen aus der Vermietung der zweiten Eigentumswohnung des Antragstellers zu seinem Erwerbseinkommen führte das Rekursgericht aus, dass grundsätzlich nur tatsächliche Einkünfte des unterhaltsberechtigten Kindes zu berücksichtigen seien. Eine Anspannungsobliegenheit zur Erzielung möglicher und zumutbarer Einkünfte vor dem Abschluss oder Scheitern der Berufsausbildung bestehe nicht. Eine Ausnahme bestehe allerdings für leicht erzielbare Vermögenserträgnisse, wobei es bei der Vermietung darauf ankomme, ob sie dem Unterhaltsberechtigten zumutbar sei. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen seien die Kapitalerträgnisse auch dann zu berücksichtigen, wenn sie das Kind ohne Not aus der Hand gegeben habe. Dass der Antragsteller mittlerweile seine Schwester umsonst in seiner Eigentumswohnung wohnen lasse, mache ihm die Vermietung nicht unzumutbar, weil er ihr die Wohnung ohne jegliche rechtliche Verpflichtung überlasse.

[19] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage zu, ob eine Wohnmöglichkeit im Wohnungseigentum des unterhaltsberechtigten Kindes auch dann bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist, wenn sie nicht dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen ist.

[20] Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit einem auf vollinhaltliche Stattgebung seines Unterhaltsantrags gerichteten Abänderungs-, hilfsweise einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag. Als Rechtsmittelgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel geltend gemacht.

[21] Der Antragsgegner beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[22] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Er ist im Sinne des Eventualbegehrens auch berechtigt.

[23] I. Zur vom Antragsteller bewohnten Eigentumswohnung:

[24] Der Antragsteller führt im Revisionsrekurs gegen die Herabsetzung seines Unterhaltsanspruchs deshalb, weil er durch eine eigene Eigentumswohnung wohnversorgt sei, unter anderem ins Treffen, diese sei von seiner Mutter finanziert worden, die jedoch durch seine Betreuung bereits ihren Unterhaltsbeitrag leiste. Eine Berücksichtigung dieser Wohnversorgung hätte eine sachlich ungerechtfertigte Bevorzugung des unterhaltspflichtigen Antragsgegners zur Folge.

[25] Der Revisionsrekurswerber befindet sich damit im Ergebnis im Recht.

[26] I.1. Nach § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Er erfüllt auf diesem Wege seine Unterhaltspflicht zur Gänze (RS0047436 [T3]). Dies gilt auch bei einem volljährigen Kind (Hopf/Stefula in KBB6 § 231 Rz 10 mwN). Auch wenn das Kind während der Woche auswärts untergebracht ist und sich nur an Wochenenden, zu den Feiertagen oder während der Ferien beim haushaltsführenden Elternteil befindet, dieser aber tatsächlich für das Kind Betreuungsleistungen, wie etwa Sorge für dessen Kleidung und Wäsche, erbringt, so leistet dieser Elternteil dadurch seinen vollen Beitrag zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes (RIS‑Justiz RS0047434; vgl auch RS0047443). Dies gilt auch, wenn das auswärtige Wohnen in einer eigenen Wohnung stattfindet (2 Ob 196/02s; Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB4 § 231 Rz 39), und auch im Fall von immer noch regelmäßig „nach Hause“ kommenden Studenten (Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 231 Rz 92; Limberg in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.06 § 231 Rz 27).

[27] Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Mutter des Antragstellers übernimmt nach den Feststellungen „an den Wochenenden die Betreuungsleistungen dadurch, dass sie für ihn kocht und die Wäsche wäscht“. Dass der Antragsteller, wie von ihm vorgebracht, zudem die Ferien bei ihr verbringt, wurde zwar nicht festgestellt, vom Antragsgegner aber nicht substantiiert bestritten, sodass auch davon ohne weiteres auszugehen ist. Die Mutter des Antragstellers ist diesem damit nicht geldunterhaltspflichtig.

[28] I.2. Stellt der Geldunterhaltspflichtige dem Unterhaltsberechtigten eine Wohnung zur Befriedigung seines Wohnbedarfs zur Verfügung, ist der so geleistete Naturalunterhalt – in angemessenem Umfang, nach jüngerer Rechtsprechung grundsätzlich mit dem fiktiven (marktüblichen) Mietwert – auf den Geldunterhaltsanspruch anzurechnen, weil dadurch der Unterhaltsbedarf des Kindes teilweise gedeckt ist (9 Ob 48/13v [Pkt 1. und 3.] = EF‑Z 2014/46 [Gitschthaler]; 10 Ob 110/15x [Pkt 4.] = EF‑Z 2016/73 [Gitschthaler]; RS0130891; Neumayr, Glosse zu 2 Ob 224/08t in iFamZ 2009/226). Voraussetzung für diese Anrechnung ist, dass die Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen ist (10 Ob 110/15x [Pkt 4.]; 1 Ob 93/19m [Pkt 1.1.] = RS0130891 [T8]). Ist zwar der Geldunterhaltspflichtige über die zur Verfügung gestellte Wohnung verfügungsberechtigt, die Bedarfsdeckung aber ausnahmsweise wirtschaftlich zur Gänze dem betreuenden Elternteil zuzurechnen, etwa weil dieser sämtliche Kreditraten trägt, so hat nach der Rechtsprechung keine Anrechnung zu erfolgen (1 Ob 143/12d [Pkt II.3.]; 6 Ob 61/13h). Letzteres wird von Gitschthaler (in EF‑Z 2014/46 und EF‑Z 2014/146 [insb FN 6]) abgelehnt. Die Frage der Darlehensrückzahlungen bei Eigentumswohnungen im hier interessierenden Zusammenhang spiele im Unterhaltsverfahren grundsätzlich keine Rolle. Sie sei im Aufteilungsverfahren zu lösen, erhöhe der leistende Ehegatte doch durch die Darlehensrückzahlungen den Wert der Wohnung, wofür ihm regelmäßig ein Ausgleich zustehe.

[29] Auf die Thematik ist hier nicht weiter einzugehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine vom geldunterhaltspflichtigen Antragsgegner dem Kind zur Verfügung gestellte Wohnung. Ihr Ankauf wurde nach den Feststellungen von der Mutter des Antragstellers finanziert. Selbst wenn der Antragsgegner, wie von ihm beiläufig und nicht weiter substantiiert vorgebracht, die Einrichtung der Wohnung finanziert haben sollte, ist dies in Relation zum Kaufpreis – der nach dem im Akt erliegenden Kaufvertrag 186.500 EUR betrug – keinesfalls ein ins Gewicht fallender Beitrag zur Wohnraumbeschaffung durch Finanzierung des Wohnungskaufs.

[30] I.3. Bewohnt das Kind eine ihm selbst gehörende Wohnung, ist in der Literatur strittig, ob der Geldunterhaltspflichtige ihm deshalb weniger Unterhalt schuldet.

[31] I.3.1. Gitschthaler bejaht dies und führt als Grund an, dass auch hier durch die Wohnversorgung der Unterhaltsbedarf des Kindes vermindert sei. Würde das Kind die Wohnung nicht selbst bewohnen, könnte es Mieteinkünfte erzielen, die sodann als Eigeneinkommen zu berücksichtigen wären. Der Umstand, dass das Kind die Wohnung selbst bewohne, könne nicht zu Lasten des geldunterhaltspflichtigen Elternteils gehen. Diese Ausführungen beziehen sich allgemein auf eine eigene Wohnung des Kindes, als Beispiele nennt Gitschthaler eine geerbte oder geschenkte (Gitschthaler, Das in der eigenen Wohnung wohnversorgte Kind, EF‑Z 2012/36; ders, Unterhaltsrecht4 Rz 11).

[32] I.3.2. Schwimann/Kolmasch lehnen demgegenüber ab, wegen der durch eine eigene – vom Geldunterhaltspflichtigen nicht zur Verfügung gestellte – Wohnung des Kindes gegebenen Bedarfsdeckung dessen Unterhaltsanspruch zu mindern. Es lasse sich auch im Fall einer ohne Übernahme von Belastungen geerbten oder von einem Dritten geschenkten Eigentumswohnung schwerlich behaupten, dass das Kind keinen Unterhaltsbedarf für Wohnen mehr habe, weil auch hier zur Erhaltung der Wohnmöglichkeit Kosten abzudecken seien, die in der Höhe durchaus Mietaufwendungen vergleichbar sein könnten. Auch bloß die Ersparnis gegenüber einem normalen Mietaufwand in Anschlag zu bringen, lehnen diese Autoren ab. Der Unterhaltsschuldner werde grundsätzlich gerade nicht bloß zur Deckung konkret anfallender Aufwendungen verpflichtet, sondern es stehe der generalisiert betrachtete Gesamtbedarf im Mittelpunkt. Bei Berücksichtigung auch eines solchen Falles müsste sich folgerichtig im Grunde jede bedarfsdeckende Leistung eines Dritten, für die das Kind kein marktkonformes Entgelt zahlt, unterhaltsmindernd auswirken. So müsste auch dann zugunsten des Unterhaltspflichtigen von der Deckung des Wohnbedarfs des Kindes ausgegangen werden, wenn der betreuende Elternteil die Unterhaltsleistungen nicht für die anteiligen Mietkosten der gemeinsamen Wohnung, sondern in anderer Weise für das Kind verwendet und die Miete vollständig aus eigenen Einkünften bezahlt. Dass dies nicht gerechtfertigt sein könne, liege auf der Hand (Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, 203 f).

[33] I.4. Dieser Meinungsstreit bedarf hier keiner abschließenden Erörterung, weil jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall, dass die dem Kind nunmehr gehörende Wohnung diesem wirtschaftlich betrachtet von einem Dritten – nämlich der Mutter – ohne Absicht, den Geldunterhaltspflichtigen zu entlasten, zugewendet wurde, unter Zugrundelegung der bisherigen ständigen Rechtsprechung keine Verminderung des Unterhaltsanspruchs anzunehmen ist:

[34] I.4.1. Regelmäßige – auf Freiwilligkeitberuhende – Sach- oder Geldleistungen eines Dritten können nach der Rechtsprechung unter Umständen zum Erlöschen der Unterhaltspflicht führen. Dies setzt aber voraus, dass der Dritte mit seiner Leistung die Absicht verfolgt, ganz oder auch nur teilweise die Unterhaltspflicht des Schuldners zu erfüllen. Das rechtliche Schicksal des Unterhaltsanspruchs des Kindes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil hängt somit entscheidend vom Motiv für eine solche Leistung ab (1 Ob 179/12y [Pkt 3.]; 3 Ob 227/18f [Pkt 1.1.] mwN; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 140 ABGB Rz 26 ff).

[35] I.4.2. Zuwendungen naher Verwandter werden nach der Rechtsprechung im Zweifel in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung erbracht und nicht in der Absicht, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten (RS0047325). Ist keine Absicht des Dritten nachgewiesen, durch seine Leistung an das unterhaltsberechtigte Kind den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, so hat die Leistung nach der Rechtsprechung grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtung (10 Ob 17/13t [Pkt 3.]; 3 Ob 227/18f [Pkt 1.1.]). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Zuwendende die Absicht hat, dass das Kind etwas zusätzlich erhält (3 Ob 280/06g; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, 127), mit anderen Worten die Zuwendung als „Zubuße“ zu verstehen ist (7 Ob 568/93).

[36] I.4.3. Auch der das Kind betreuende Elternteil kann in diesem Sinne dem Kind – außerhalb seiner eigenen Unterhaltspflicht – Leistungen erbringen (vgl Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 140 ABGB Rz 28). Zumal die Mutter des Antragstellers bereits nach § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB ihren Unterhalt zur Gänze leistet, ist sie eine Dritte im Sinne der in Punkt I.4.1. zitierten Rechtsprechung. Wegen ihrer Stellung als Verwandte des Antragstellers ist im Sinne der in Punkt I.4.2. zitierten Rechtsprechung bei ihr davon auszugehen, dass sie in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung die Wohnung finanzierte und nicht in der Absicht, den geldunterhaltspflichtigen Antragsgegner zu entlasten.

[37] Es macht nun keinen Unterschied, ob ein Dritter, der dem studierenden Kind – wie offenkundig hier dieMutter – etwas zusätzlich zuwenden möchte, ihm eine Wohnung mietet oder – erkennbar zu seiner längerfristigen Absicherung – eine Wohnung kauft. In beiden Fällen dient die Zuwendung der Wohnversorgung des Kindes. In beiden Fällen ist im Zweifel nicht davon auszugehen, dass durch die Zuwendung der geldunterhaltspflichtige Elternteil entlastet werden soll. Auch im vorliegenden Fall besteht kein Grund zur Annahme, dass die Mutter, als sie ihrem Sohn die Wohnung finanzierte, beabsichtigte, hierdurch ihren geschiedenen Ehegatten mittelbar zu begünstigen, zumal nunmehr das Kind ja wohnversorgt sei und einen geringeren Unterhaltsbedarf habe. Vielmehr liegt die Intention der Mutter, ihrem Sohn ohne Schmälerung von dessen Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater etwas zusätzlich zuzuwenden, auf der Hand.

[38] I.4.4. Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation, dass nach einer Scheidung der das Kind betreuende Elternteil diesem den Kauf einer Wohnung finanziert, in der dieses sodann als Student während der Woche wohnt, sieht der Senat daher keine Veranlassung, aufgrund der nunmehr gegebenen Wohnversorgung des Kindes die Unterhaltspflicht des anderen Elternteils zu mindern. Jedenfalls in dieser Konstellation kann nicht unbeachtet bleiben, auf welchem Wege und mit welcher Motivation das Kind zur Eigentumswohnung kam.

[39] Ob in anderen Fällen des Erhalts einer Eigentumswohnung, etwa wenn das Kind eine Wohnung erbt, mit eigenem Geld kauft oder in der Lotterie gewinnt, das Bewohnen dieser Wohnung durch das Kind selbst zu einer Minderung der Geldunterhaltspflicht führt, ist hier nicht zu beurteilen.

[40] I.5. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist damit aufgrund der besonderen Verhältnisse im vorliegenden Fall nicht unterhaltsmindernd zu berücksichtigen, dass der Antragsteller durch eine eigene Eigentumswohnung wohnversorgt ist. Die von ihm bewohnte Wohnung ist daher bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt zu lassen.

[41] II. Zur zweiten Eigentumswohnung des Antragstellers:

[42] Der Antragsteller zieht in seinem Revisionsrekurs die Beurteilung der Vorinstanzen in Zweifel, dass er sich fiktiv aus der Vermietung seiner zweiten, von ihm nicht selbst bewohnten Eigentumswohnung erzielte Mieteinkünfte als weiteres Einkommen zurechnen lassen müsse, weil die Erzielung solcher Mieteinkünfte leicht möglich und ihm auch zumutbar gewesen wäre, und dass er sich nicht auf die Fruchtgenussvereinbarung berufen könne. Er befindet sich damit im Sinne des von ihm hilfsweise erhobenen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrags im Recht.

[43] Dabei ist vorweg darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht zwar feststellte, dass für diese Wohnung auf das Konto der Mutter des Antragstellers eine Miete von 620 EUR monatlich „überwiesen wird“, es in seiner rechtlichen Beurteilung aber festhielt, dass die Mutter „laut Kontoauszug“ für die Wohnung 620 EUR monatlich an Miete „erhalten hat“, wobei es zudem von „fiktiven Mieteinnahmen“ sprach. Zum Vorbringen des Antragstellers, in der Wohnung wohne seit dem Auszug des Mieters R* K*, welcher 620 EUR an Miete gezahlt habe, unentgeltlich seine Schwester, traf das Erstgericht im Übrigen keine Feststellung. Damit bleibt unklar, ob das Erstgericht davon ausgeht, dass nach wie vor R* K* die Wohnung bewohnt und auch – wenngleich an die Mutter des Antragstellers – Miete zahlt, oder ob es – ab einem nicht präzisierten – Zeitpunkt bloß von „fiktiven Mieteinnahmen“ ausgeht.

[44] Das Rekursgericht nahm von einer Klärung dieser Frage ausdrücklich Abstand und ließ eine diesbezügliche Tatsachenrüge des Antragstellers mit der Begründung unerledigt, es komme nicht darauf an, wem allfällige Mieteinnahmen zu welchen Zeiten zukamen. An anderer Stelle ging das Rekursgericht in tatsächlicher Hinsicht sehr wohl davon aus, dass der Antragsteller „mittlerweile“ seine Schwester umsonst in der Wohnung wohnen lässt und dass „richtigerweise wohl“ davon auszugehen sei, „dass die Einnahmen aus der Vermietung (zumindest eine Zeit lang) der Mutter des Antragstellers zuflossen“. Es ist damit auch unklar, von welchem Sachverhalt das Rekursgericht ausgeht.

[45] II.1. Es besteht grundsätzlich keine Anspannungsobliegenheit des an sich nicht selbsterhaltungsfähigen Kindes, sich um Erträgnisse oder Einkünfte zu bemühen. Davon macht die Rechtsprechung eine Ausnahme, wenn es sich um „leicht erzielbare“ Erträgnisse und Sozialleistungen handelt und die Erzielung dem Kind auch nicht aus einem anderen Grund unzumutbar ist. Verletzt das Kind diese Obliegenheitspflicht, so wird es so behandelt, als hätte es ihr entsprochen (vgl RS0047835; RS0102053; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, 174; 184).

[46] II.2. Ob sich ein Kind fiktive Einkünfte aus der Vermietung einer ihm gehörenden Wohnung unterhaltsrechtlich zurechnen lassen muss, war bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs:

[47] II.2.1. In 6 Ob 569/91 wurde ausgesprochen, dass die Vermietung oder eine sonstige entgeltliche Überlassung von Räumlichkeiten, hinsichtlich deren dem Unterhaltsberechtigten das Verfügungsrecht zusteht, die er aber als Wohnung in Eigennutzung genommen hat, grundsätzlich unzumutbar sei. In diesem Fall seien fiktive Mieteinnahmen nicht als eigene Einkünfte zu berücksichtigen.

[48] II.2.2. In 6 Ob 2080/96t wurde entschieden, dass zwar nicht nur tatsächlich erzielte Einkünfte aus nutzbarem Vermögen, sondern auch unterbliebene, aber zumutbarerweise erzielbare Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen seien. Die Anrechnung fiktiver Mieteinnahmen setze aber voraus, dass eine Vermietung von Räumlichkeiten durch die unterhaltsberechtigten Kinder zumutbar wäre. Im damals beurteilten Fall bewohnten die Kinder die Räumlichkeiten selbst, weshalb der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf die Entscheidung 6 Ob 569/91 die Zumutbarkeit der Vermietung der Räumlichkeiten verneinte.

[49] II.2.3. In 9 Ob 261/97s findet sich lediglich ein Hinweis, dass nach der Entscheidung 6 Ob 2080/96t „auch dem Unterhaltsberechtigten erzielbare Einkünfte aus einer zumutbaren Vermietung als Eigeneinkommen anzurechnen sind“.

[50] II.2.4. Obgleich keine der drei soeben zitierten Entscheidungen den Fall einer dem Kind gehörenden und von ihm nicht bewohnten, aber unvermietet gelassenen Wohnung betraf, wurde in der Entscheidung 6 Ob 70/01i unter Hinweis auf sie als Beispiel dafür, dass einem Kind Bemühungen um leicht erzielbare Einkünfte zugemutet werden könnten, ausgesprochen, ein Kind dürfe die Vermietung seines von ihm nicht benötigten Hauses nicht unterlassen. Im konkreten Fall ging es damals allerdings gar nicht um Immobiliarbesitz, sondern um ein in mündelsicheren thesaurierenden Investmentfondsanteilen angelegtes Vermögen in Höhe von 1,9 Millionen ATS. Der Oberste Gerichtshof vertrat dazu die Ansicht, das Kind hätte „leicht durchführbare und zumutbare Schritte zur Erzielung von Einkünften zu setzen“. Weil bei der tatsächlich erfolgten Veranlagung in Investmentfondsanteile keine Auszahlung der jährlichen Erträge, sondern deren sofortige Wiederveranlagung erfolgte, entschied der Oberste Gerichtshof, dass das Kind sich im Sinne einer Anspannungsobliegenheit nicht darauf berufen dürfe, dass es infolge der vertraglichen Bindung des Vermögens über keine eigenen Einkünfte verfügt.

[51] II.2.5. In 8 Ob 31/10g sprach der Oberste Gerichtshof unter Bezugnahme auf 6 Ob 70/01i lediglich aus, dass zwar bereits judiziert worden sei, dass sich ein unterhaltsberechtigtes, über Vermögen verfügendes Kind ab einer gewissen Größe des Vermögens den daraus erzielbaren Zinsertrag anrechnen lassen müsse, der Vermögensstamm aber nicht heranzuziehen sei. Im damaligen Fall hatten die Vorinstanzen einen fiktiven Zinsenertrag aus dem vom Sohn an die Mutter ohne Gegenleistung zugewendeten Erlös aus dem Verkauf einer Liegenschaft als anzurechnendes Eigeneinkommen berücksichtigt. Der Oberste Gerichtshof ging auf die Thematik nicht weiter ein, weil die Höhe (Angemessenheit) dieses Betrags im Revisionsrekurs nicht mehr bestritten worden war.

[52] II.2.6. In 1 Ob 29/16w wurde unter Bezugnahme auf 6 Ob 70/01i und 9 Ob 261/97s ausgesprochen, dass grundsätzlich keine Anspannungsobliegenheit des an sich nicht selbsterhaltungsfähigen Kindes bestehe, sich um Erwerbseinkünfte zu bemühen. Im konkreten Fall ging es aber nicht um Immobiliarbesitz, sondern um den möglichen Bezug verschiedener Sozialleistungen.

[53] II.2.7. Entgegen der Prämisse der Vorinstanzen hat der Oberste Gerichtshof damit bislang nicht entschieden, dass einem Kind ohne weiteres die Vermietung einer ihm gehörenden, aber nicht von ihm bewohnten Eigentumswohnung leicht möglich und zumutbar sei, ansonsten es so behandelt werde, als hätte es diese Mieteinkünfte. Die diesbezügliche – damals nicht entscheidungswesentliche – Aussage in 6 Ob 70/01i gibt die Rechtsprechung unrichtig wieder.

[54] II.3. Ob es einem unterhaltsberechtigten Kind (objektiv) leicht möglich und (subjektiv) zumutbar ist, eine ihm gehörende, von ihm nicht zu Wohnzwecken benutzte Wohnung zu vermieten, kann nur im Einzelfall entschieden werden.

[55] II.3.1. Im vorliegenden Fall kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Vermietung der Wohnung (objektiv) leicht möglich wäre. Immerhin war die Wohnung unstrittig an R* K* zumindest einige Zeit vermietet. Der Antragsteller hat gegen eine Vermietung immer nur den Wohnbedarf seiner Schwester ins Treffen geführt, nie dass es ein Problem wäre, für die Wohnung neuerlich einen Mieter zu finden. Auch dass bei einer Vermietung der Wohnung ein Mietzins von 620 EUR erzielbar wäre, kann nach den Umständen des Falles als unstrittig zugrundegelegt werden.

[56] II.3.2. Nicht beurteilt werden kann hingegen derzeit die Berechtigung des inhaltlich vorliegenden Einwands des Antragstellers, ihm sei aufgrund des Wohnbedarfs seiner Schwester eine Vermietung der Wohnung (subjektiv) unzumutbar.

[57] Wenn innerhalb der Familie Bedarf an einer Wohnung besteht, kann es unter Umständen tatsächlich unzumutbar sein, diese nicht dem wohnbedürftigen Angehörigen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, sondern einem Dritten, wenngleich gegen Entgelt, zu vermieten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die familiären Beistandspflichten nach einem Teil der Literatur auch zwischen Geschwistern gelten (Mader, Die Geschwister in der Familie, in Harrer/Zitta, Familie und Recht [1992] 85 [95 ff]; Stefula, Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 609 [616 f]). Die Richtigkeit dessen kann hier unerörtert bleiben. Selbst wenn man nämlich die gegenteilige herrschende Auffassung vertreten wollte (Barth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 137 ABGB Rz 9; Hopf/Höllwerth in KBB6 § 137 Rz 3; Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 137 Rz 6 FN 16 ua), oder zwar von einer Beistandspflicht zwischen Geschwistern ausgehen, diese aber als nicht soweit reichend ansehen sollte, dass sie die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung über längere Zeit gebiete (vgl Stefula 617), kann sich im Einzelfall doch jemand auch ohne Rechtspflicht sittlich verpflichtet sehen, die Wohnung der Schwester oder dem Bruder zur Verfügung zu stellen, sodass ihm aus diesem Grund die Vermietung an einen Fremden unzumutbar sein kann. Gerade im familiären Bereich respektiert das Gesetz immer wieder auch „zumindest angenommene“ sittliche Verpflichtungen (vgl zB § 784 ABGB und RS0047325).

[58] Es kommt damit entgegen der Ansicht des Rekursgerichts nicht darauf an, ob der Antragsteller aufgrund einer Rechtspflicht seiner Schwester die Wohnung überließ (bzw möglicherweise nach wie vor überlässt). Vielmehr kann ein von ihm angenommener und nachvollziehbarer sittlicher Grund allein oder aufgrund anderer Umstände im Rahmen einer Gesamtabwägung zur Annahme führen, dass ihm die Vermietung an einen Dritten nicht mehr (subjektiv) zumutbar ist bzw war.

[59] II.4. Der Antragsteller hat vorgebracht, dass seine Schwester seine Wohnung zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses benötige und sie einkommenslos sei. Dies impliziert die Behauptung, die Schwester könne sich eine anderweitige Wohnversorgung nicht leisten. Der Antragsgegner hat hingegen vorgebracht, dass seine Tochter schon deshalb nicht auf die Wohnung ihres Bruders angewiesen sei, weil sie beim Antragsgegner selbst wohnen könne und sie zudem eine eigene Wohnung habe, was die Behauptung impliziert, diese sei unvermietet bzw ein allfälliges Mietverhältnis beendbar. Zu all dem – auch zur Frage, ob die eigene Wohnung der Schwester vermietet ist und was gegebenenfalls mit der daraus erzielten Miete geschieht – fehlen klare Feststellungen, sodass nicht beurteilt werden kann, ob der Antragsteller (allenfalls) aus einem sittlich nachvollziehbaren Grund seiner Schwester die Wohnung unentgeltlich überlässt und damit auf – die Unterhaltspflicht seines Vaters mindernde – Mieteinkünfte verzichtet.

[60] Selbst wenn der Antragsteller keinen sachlich gerechtfertigten Grund zur unentgeltlichen Überlassung der Wohnung an seine Schwester haben sollte, wäre die Nichterzielung von Mieteinkünften ihm dann nicht unterhaltsrechtlich anzulasten, soweit seine Mutter an der Wohnung ein obligatorisch wirksames Fruchtgenussrecht besitzt. Insofern wären Mieteinkünfte des Antragstellers nämlich von Vornherein ausgeschlossen.

[61] Das Erstgericht erklärte es für grundsätzlich nachvollziehbar, dass der Antragsteller mit seiner Mutter bereits vor der im Akt erliegenden schriftlichen Fruchtgenussvereinbarung vom September 2019 einen Fruchtgenuss vereinbarte. Es nahm aber einen „Anschein“ an, dass die Vereinbarung nachträglich geschlossen wurde, um eine Anrechnung der Mieteinnahmen im Unterhaltsverfahren zu erwirken. Das Erstgericht ließ damit im Dunkeln, ob es eine mündliche Fruchtgenussvereinbarung vor der schriftlichen Vereinbarung vom September 2019 ausschließt. Gleichfalls ist unklar, ob es das Erstgericht als erwiesen annimmt, dass die Fruchtgenussvereinbarung einzig deshalb getroffen wurde, um eine Anrechnung der Mieteinnahmen im Unterhaltsverfahren zu verhindern. Dass – was bereits feststeht – die Mutter des Antragstellers den Erwerb der von ihm bewohnten Wohnung finanzierte, sie – was vom Antragsteller vorgebracht wurde, wozu es aber keine klare Feststellung gibt – die Betriebskosten beider Wohnungen trägt und ihr jedenfalls – zumindest eine Zeit lang, nämlich solange R* K* die Wohnung mietete – tatsächlich Mieteinkünfte zugingen, lässt es denkbar erscheinen, dass sich die Mutter sehr wohl bereits vor der schriftlichen Fruchtgenussvereinbarung das Recht ausbedungen hat, dass allfällige Mieteinkünfte ihr zustehen.

[62] Auch zu diesen Themenbereichen fehlen weitestgehend klare Feststellungen, sodass die Frage, ob sich der Antragsteller allfällige bloß fiktive oder tatsächlich geleistete, aber von seiner Mutter vereinnahmte Mieteinkünfte aus der ihm gehörenden, aber nicht von ihm selbst bewohnten Wohnung bei der Unterhaltsbemessung zurechnen lassen muss, derzeit nicht beantwortet werden kann.

[63] Das Erstgericht wird daher (wofür – nach Erörterung mit den Parteien – die Aufnahme von Personalbeweisen erforderlich sein könnte) konkrete Feststellungen dazu zu treffen haben,

- wann und von wem und zu welchen Konditionen die dem Antragsteller gehörende, von ihm nicht bewohnte Wohnung genutzt wurde, und ob, wann und aus welcher Motivation der Antragsteller diese Wohnung seiner Schwester überließ und ob diese nach wie vor in der Wohnung wohnt;

- wann und von wem und zu welchen Konditionen die der Schwester des Antragstellers gehörende Wohnung genutzt wurde und zu deren allfälliger sonstiger Wohnversorgung (nach dem Vorbringen des Antragsgegners in dessen Haus) sowie zu deren Einkünften (dies in Hinsicht auf deren behauptete Einkommenslosigkeit und damit ihr Unvermögen, eine Miete zu zahlen);

- ob und wann der Antragsteller mit seiner Mutter mündlich (oder allenfalls durch bestimmte Umstände konkludent) vereinbarte, dass Einkünfte aus der Vermietung seiner Wohnung ihr zufließen sollen, gegebenenfalls die Beweggründe für die Vereinbarung.

[64] III. Sonstiges:

[65] III.1. Gegen die vom Erstgericht verwendete Formel zur Ermittlung des Restgeldunterhalts bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen erhoben die Parteien in den Rechtsmittelverfahren zutreffend keine Einwendungen (vgl Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9, 203 f; 2 Ob 77/97f).

[66] III.2. Dass die Beschäftigung des Antragstellers beim Unternehmen „E*“ wegen ihrer Kürze und ihres Ferialpraxischarakters unberücksichtigt zu bleiben hat, ist ein „erledigter Streitpunkt“ (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG2 I § 61 Rz 4 mwN). Gleiches gilt für die im Revisionsrekurs vom Antragsteller nicht mehr in Zweifel gezogene Ansicht der Vorinstanzen, dass er sich das Einkommen aus seiner Beschäftigung im Notariat seiner Mutter anrechnen lassen müsse und sich nicht darauf berufen könne, dieser Beschäftigung wegen der Unterhaltsverweigerung durch den Antragsgegner gezwungenermaßen nachzugehen.

[67] III.3. Hinzuweisen ist letztlich darauf, dass bei Unzumutbarkeit der Vermietung der dem Antragsteller gehörenden, nicht vom ihm selbst bewohnten Wohnung und Nichterweislichkeit einer wirksamen (nicht in bloßer Absicht der Schädigung des Antragsgegners abgeschlossenen) Fruchtgenussvereinbarung sich der Antragsteller jedenfalls die von seiner Mutter inkassierten Mieten – weil materiell-rechtlich ihm zustehend – bei der Unterhaltsbemessung zurechnen lassen müsste.

[68] III.4. Es war daher in Stattgebung des im Revisionsrekurs enthaltenen Eventualbegehrens mit Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang der Anfechtung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung vorzugehen.

[69] III.5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 AußStrG.

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