European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129143
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1. Der Antrag, dem Schiedsgericht die Vorlage der Bild/Ton‑Aufnahme der Schiedsverhandlung aufzutragen, wird abgewiesen.
2. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wird zurückgewiesen.
3. Die Ablehnung der Schiedsrichter Dr. C*, Mag. S*, LL.M., und Dr. T* wird zurückgewiesen.
Begründung:
Zwischen den Streitteilen ist seit August 2017 ein Schiedsverfahren beim Internationalen Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich (VIAC) zur AZ SCH‑5518 anhängig, das von einem Dreier‑Schiedsgericht geführt wird.
Am 21. April 2020 brachten die Schiedsbeklagten beim VIAC einen Ablehnungsantrag einerseits gegen das gesamte Schiedsgericht und andererseits nur gegen den Mitschiedsrichter Dr. T* ein.
Sie stützten ihren Antrag zusammengefasst auf die unfaire Verfahrensführung des Schiedsgerichts, die zu einer Ungleichbehandlung der Schiedsbeklagten geführt habe, und auf die Mimik des Mitschiedsrichters Dr. T* in der Schiedsverhandlung.
Nach Einholung von Stellungnahmen der Schiedsrichter und der Parteien gab das Präsidium des VIAC mit Beschluss vom 13. Mai 2020 dem Antrag der Schiedsbeklagten nicht Folge. Diesen wurde eine Ausfertigung des Beschlusses per E-Mail am 15. Mai 2020 zugestellt.
Mit dem am 12. Juni 2020 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Ablehnungsantrag begehren die Schiedsbeklagten als (fortan so bezeichnete) Antragsteller, die drei Schiedsrichter, hilfsweise nur den Schiedsrichter Dr. T* für die Fortführung des Verfahrens für befangen zu erklären. Sie beantragten, dem Schiedsgericht die Vorlage der Bild/Ton-Aufnahme der Schiedsverhandlung aufzutragen und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Die Antragsteller wiederholten dabei die vor dem VIAC geltend gemachten Ablehnungsgründe.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Einholung von Äußerungen und den verfahrensrechtlichen Anträgen:
1. Der Vierte Abschnitt der ZPO enthält die Bestimmungen über das Schiedsverfahren. Im Dritten Titel des Vierten Abschnitts („Bildung des Schiedsgerichts“) ist ua das Ablehnungsverfahren geregelt (§ 589 ZPO). Gemäß § 616 Abs 1 ZPO richtet sich das Verfahren in Angelegenheiten nach dem Dritten Titel nach den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes über das Verfahren erster Instanz. Diese Verfahrensvorschriften sind daher auch auf das Ablehnungsverfahren nach § 589 Abs 3 ZPO anzuwenden, für welches § 615 ZPO die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs bestimmt.
2. Nach § 8 Abs 2 AußStrG sind verfahrenseinleitende Anträge, sofern sie nicht sogleich ab- oder zurückzuweisen sind, spätestens gleichzeitig mit der Einleitung von Erhebungen den aktenkundigen Parteien zuzustellen. Daraus ergibt sich, dass im Fall einer (unverbesserbaren) Unschlüssigkeit, also insbesondere dann, wenn sich die begehrte Rechtsfolge nicht aus den vorgebrachten Tatsachen ableiten lässt (Schneider in Schneider/Verweijen § 8 AußStrG Rz 14), keine weiteren Erhebungen vorzunehmen sind und der Antrag sofort abzuweisen und daher auch nicht dem Antragsgegner zur Äußerung zuzustellen ist (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth § 8 AußStrG Rz 24). Abgesehen davon, dass im Akt die Stellungnahmen der Parteien und auch der Schiedsrichter gegenüber dem VIAC dokumentiert sind, können – wie noch auszuführen sein wird – die geltend gemachten Ablehnungsgründe die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter schon abstrakt nicht begründen. Wegen der Unbegründetheit des Antrags sind weitere Verfahrensschritte (Einholungen von Äußerungen, sonstige Erhebungen) durch den Senat nicht erforderlich. Auch wenn man (wie im Folgenden) die Richtigkeit der Vorwürfe unterstellt, wäre daraus noch keine Befangenheit des Schiedsgerichts abzuleiten.
3. Damit erübrigt sich auch der Vorlageauftrag zur Bild/Ton-Aufnahme der Schiedsverhandlung, sodass der diesbezügliche (Beweis-)Antrag abzuweisen ist.
4. Auch eine mündliche Verhandlung ist im Anlassfall nicht durchzuführen. Ihre Anordnung steht allein im pflichtgebundenen Ermessen des Obersten Gerichtshofs, ein verfahrensrechtlicher Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kommt den Parteien nicht zu. Der auf die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gerichtete Antrag der Antragsteller ist deshalb zurückzuweisen (18 ONc 1/17t).
II. Allgemeine Grundsätze zur Ablehnung von Schiedsrichtern:
5. Ein Schiedsrichter kann nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken, oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt (§ 588 Abs 2 ZPO).
6. Der Gesetzestext des § 588 ZPO idF des SchiedsRÄG 2006 verweist zwar anders als die Bestimmung des früheren § 586 ZPO nicht mehr auf die Regeln über die Befangenheit und die Ausgeschlossenheit von Richtern staatlicher Gerichte (§§ 19 f JN). Ungeachtet dessen sind die Gründe für die Ablehnung staatlicher Richter – unter spezieller Berücksichtigung der Besonderheiten der Schiedsgerichtsbarkeit – weiterhin als Richtlinien heranzuziehen (18 ONc 1/19w mwN).
7. Nach der Rechtsprechung zur Befangenheit und Ausgeschlossenheit von Richtern (§§ 19 f JN) sollen Ablehnungsregeln den Parteien nicht die Möglichkeit bieten, sich eines ihnen nicht genehmen Richters zu entledigen (RS0046087; RS0109379). Dennoch ist bei der Prüfung der Unbefangenheit eines Richters iSd § 19 JN im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen (RS0045949; RS0109379; RS0046052 [T12]). Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss, auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte, oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (RS0109379 [T4, T7]; RS0046052 [T10]).
8. Eine unsachgemäße Prozessleitung und prozessuale Fehler begründen aber für sich nicht den Anschein der Voreingenommenheit (18 ONc 2/19t mwN). Selbst wenn die vom Ablehnungswerber thematisierten prozessualen Entscheidungen oder Anordnungen des Schiedsgerichts tatsächlich als falsch und/oder ihre Prozessleitung als unsachgemäß anzusehen wären, würde dieser Umstand daher (für sich genommen) noch keine Ablehnung rechtfertigen. Anderes könnte nur für schwerwiegende Verfahrensverstöße (18 ONc 3/14g; 18 ONc 2/19t mwN) oder eine (dauerhafte und wesentliche) Bevorzugung bzw Benachteiligung gelten (18 ONc 2/19t mwN).
III. Zu den geltend gemachten Ablehnungsgründen:
9. Im Wesentlichen lassen sich die Vorwürfe der Antragsteller wie folgt gliedern: 1. Unfaire Verfahrensführung (bzw Ungleichbehandlung) im Zusammenhang mit der Anberaumung bzw Nichtabberaumung der Verhandlung am 15. April 2020, einschließlich der festgelegten Beginnzeit und der Vorbereitungszeit. 2. Durchführung einer Verhandlung im Wege einer Videokonferenz unter Außerachtlassung von entsprechenden Maßnahmen gegen eine Beeinflussung von Zeugen. 3. Mimik eines der Schiedsrichter während der Verhandlung.
10. Vorwurf der unfairen Verfahrensführung (bzw Ungleichbehandlung) im Zusammenhang dem Verhandlungstermin am 15. April 2020:
10.1 Verfahrensgang und Stellungnahmen:
10.1.1 Das Schiedsgericht verlegte am 15. Jänner 2020 auf Antrag der Antragsteller die ursprünglich für den 10. März 2020 anberaumte Schiedsverhandlung auf den 15. April 2020, 10:00 Uhr (14. Prozessleitende Verfügung). In einer organisatorischen Telefonkonferenz vom 19. März 2020 wurden die Reisebeschränkungen aufgrund von COVID-19 und daraus resultierende Auswirkungen auf die Abhaltung einer physischen Schiedsverhandlung erörtert. Ein Verzicht auf die Durchführung einer Verhandlung wurde von den Streitteilen in Aussicht gestellt.
Mit Schriftsatz vom 2. April 2020 sprachen sich die Antragsteller gegen die Durchführung einer Schiedsverhandlung im Wege einer Videokonferenz und für eine Präsenzverhandlung unter gemeinsamer Teilnahme aller beteiligten Personen zu einem späteren Zeitpunkt aus. Auf die Durchführung einer Verhandlung wurde nicht verzichtet. „Im Übrigen“ wurde von den Antragstellern in ihrem Schriftsatz darauf verwiesen, dass M* als einer ihrer Vertreter (und zu vernehmender Zeuge) im Kulturmanagementbereich tätig sei und sich nun auf notwendige behördliche Vorgänge zu konzentrieren habe, was „die nächsten Wochen betrifft“.
Am 8. April 2020 ordnete das Gericht wegen der Pandemie die Durchführung der bereits im Jänner 2020 für den 15. April 2020 anberaumten Schiedsverhandlung in Form einer Videokonferenz an und änderte die Beginnzeit wegen der Zeitverschiebung auf 15:00 Uhr MEZ (16. Prozessleitende Verfügung). Für M*, der in Los Angeles ansässig ist, hatte dies wegen der Zeitverschiebung eine Beginnzeit von 6:00 Uhr zur Folge.
10.1.2 Die Antragsteller erachteten in ihrem Ablehnungsantrag an das VIAC das Vorgehen des Schiedsgerichts als schikanös, zumal zur Vorbereitung der Schiedsverhandlung wegen Ostern nur drei volle Werktage zur Verfügung gestanden seien. Die im Kulturmanagement tätigen Antragsteller hätten zu diesem Zeitpunkt wegen der Krise alle Ressourcen einspannen müssen, um geplante Veranstaltungen zu retten, während die Antragsgegnerin derzeit keine Geschäftstätigkeit entfalte. Zudem sei die Verhandlung um 15:00 Uhr MEZ anberaumt worden, was für den in Los Angeles ansässigen Vertreter der Antragsteller eine Beginnzeit der Verhandlung um 6:00 Uhr Früh zur Folge gehabt habe. Das Schiedsgericht sei befangen, weil es das Ungleichgewicht zwischen den Parteien in Kauf genommen habe.
10.1.3 Die Antragsgegnerin äußerte sich vor dem VIAC dahingehend, dass die Vorgangsweise des Schiedsgerichts auch im Hinblick auf die Dauer des bisherigen Verfahrens prozessökonomisch und zweckmäßig gewesen sei. Es sei beiden Parteien möglich gewesen, sich auf die Verhandlung ausreichend vorzubereiten, zumal ihnen die Zeugenaussagen schon seit Mitte Februar 2020 vorgelegen seien. Die Uhrzeit des Beginns der Verhandlung sei den Parteien bereits seit 8. April 2020 bekannt gewesen. Auch der amerikanische Vertreter der Antragsteller habe daher ausreichend Zeit gehabt, sich auf die Verhandlung vorzubereiten.
10.1.4 Der Vorsitzende des Schiedsgerichts wies darauf hin, dass der Termin den Parteien bereits am 15. Jänner 2020 bekannt gegeben worden sei, sodass die Antragsteller von der Durchführung der Verhandlung nicht überrascht sein konnten. Bei der Festsetzung der Beginnzeit habe sich der Vorsitzende an eine im Jahr 2018 im Wege der Videokonferenz durchgeführte Verhandlung orientiert, wobei er die Verhandlung nun um eine Stunde später angesetzt habe. In einer weiteren Stellungnahme des Schiedsgerichts ergänzte dieses, dass die Parteien auf die Möglichkeit verwiesen worden seien, auch auf die Durchführung einer Verhandlung zu verzichten. Bereits am 19. März 2020 sei dazu eine Videokonferenz als Alternative in Aussicht gestellt worden. Dem Hinweis auf die Zeitverschiebung sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Verhandlung um fünf Stunden später als ursprünglich angesetzt, nämlich um 15:00 Uhr MEZ beginnen sollte.
10.1.5 Das Präsidium des VIAC wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Termin für die Verhandlung am 15. April 2020 infolge eines Fristverlängerungsantrags der Antragsteller bereits am 15. Jänner 2020 anberaumt worden sei. Die Abhaltung dieser Verhandlung habe die Parteien daher nicht überrascht. Die Tatsache, dass ein Zeuge bzw ein Parteienvertreter zu einer sehr frühen Tageszeit an einer Verhandlung teilnehmen müsse, reiche für eine Befangenheit nicht aus.
10.1.6 In ihrem Antrag an den Obersten Gerichtshof wiederholten die Antragsteller im Wesentlichen ihren bisherigen Standpunkt. Für die Entscheidung des Falls habe keine außergewöhnliche Eile bestanden, sodass die Anberaumung einer Schiedsverhandlung zu einem späteren Termin unter persönlicher Teilnahme aller Beteiligten das im Hinblick auf die frühe Beginnzeit der Verhandlung und die knappe Vorbereitungszeit schikanöse Vorgehen vermieden hätte.
10.2 Dazu ist auszuführen:
10.2.1 Gemäß § 594 Abs 2 erster Satz ZPO sind die Parteien fair zu behandeln. Bei diesem Gebot handelt es sich um eines der bedeutsamsten Verfahrensprinzipien, das während des gesamten Schiedsverfahrens zwingend zu beachten ist (Hausmaninger in Fasching/Konecny³ IV/2 § 594 Rz 97). Es umfasst als Teilaspekt die Gleichbehandlung der Parteien und ist Teil des verfahrensrechtlichen ordre public (Schwarz in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht II Rz 8/33). Die Bezugnahme auf „Fairness“ anstelle auf „Gleichheit“ in § 594 Abs 2 ZPO macht deutlich, dass nicht lediglich auf eine „formale Gleichheit“ abgestellt werden soll (RS0131691). Faire Behandlung bedeutet außerdem nicht, dass beide Parteien tatsächlich im gleichen Maße an dem Verfahren beteiligt waren. Entscheidend ist, dass einer Partei eine faire Möglichkeit zur Teilnahme am Verfahren eröffnet wurde (18 ONc 1/17t).
10.2.2 Gemäß Art 28 Abs 1 Satz 1 der Wiener Regeln 2013 hat das Schiedsgericht das Verfahren unter Beachtung der Wiener Regeln und der Vereinbarungen der Parteien, im Übrigen jedoch nach seinem freien Ermessen durchzuführen. In Übereinstimmung mit § 594 Abs 2 ZPO ordnen in Art 28 Abs 1 der Wiener Regeln 2013 die Sätze 2 und 3 an, dass die Parteien fair zu behandeln sind und ihnen in jedem Stadium des Verfahrens rechtliches Gehör zu gewähren ist.
10.2.3 Das Schiedsgericht hat das Verfahren daher im vorgegebenen Rahmen grundsätzlich nach freiem Ermessen zu führen, wobei es aber an den fundamentalen Grundsatz der fairen Behandlung der Parteien gebunden ist (18 ONc 1/17t).
10.2.4 Der Grundsatz des § 594 Abs 2 erster Satz ZPO gilt in allen Verfahrensstadien (18 ONc 1/17t), etwa auch bei der Anberaumung von Verhandlungen und bei der Behandlung von Vertagungsanträgen (vgl auch Hausmaninger in Fasching/Konecny³ IV/2 § 594 Rz 100; Schwarz in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht II Rz 8/41).
10.2.5 Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob das Schiedsgericht mit seinen 15. und 16. Prozessleitenden Verfügungen gegenüber den Antragstellern gegen das Gebot der fairen Behandlung verstoßen hat. Das trifft nicht zu.
10.2.6 Wie bereits das VIAC in seiner Entscheidung über den Ablehnungsantrag ausgeführt hat, konnten die bereits seit Monaten über den Verhandlungstermin informierten Parteien nicht von der Durchführung der Verhandlung überrascht werden. Ihnen stand daher auch genügend Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung. Stellt eine Partei einen Vertagungsantrag, kann sie nicht zwingend davon ausgehen, dass diesem auch stattgegeben wird. Ein Parteienvertreter muss daher stets einkalkulieren, dass ungeachtet seines Antrags die Verhandlung stattfinden wird. Nach richtiger Auffassung bemisst sich die Frage der angemessenen Vorbereitungszeit daher nach dem Zeitpunkt der Anberaumung des Termins und nicht nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über einen Vertagungsantrag. Damit hatten die Antragsteller ausreichend Zeit, sich auf den Termin vorzubereiten.
10.2.7 Auch die unterlassene Vertagung verwirklicht keinen Verstoß gegen das Fairnessgebot. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Interessen der den Vertagungsantrag stellenden Partei an der Vertagung größer sind als jene des Prozessgegners. Diese unterschiedliche Interessenslage bedeutet aber noch nicht, dass durch die Abweisung eines Vertagungsantrags ein „Ungleichgewicht“ in Kauf genommen worden ist und schon deshalb ein Verstoß gegen das Gebot der fairen Behandlung nach § 594 Abs 2 ZPO vorliegt. Im Übrigen wurde der Vertagungsantrag im Zusammenhang mit einer allfälligen Verhinderung von M* von den Antragstellern nicht substantiiert begründet, sondern lediglich vage vorgebracht, dass M* im Kulturmanagementbereich tätig sei und sich „in den nächsten Wochen auf notwendige behördliche Vorgänge konzentrieren muss“. Schon aufgrund dieses Vorbringens kann in der unterlassenen Vertagung keine unfaire oder unsachliche Vorgangsweise gesehen werden. Darüber hinaus wurde es M* durch die frühe Beginnzeit der Verhandlung (dazu unten) ermöglicht, sich bereits wieder am Vormittag (Ortszeit) des Verhandlungstags seiner Tätigkeit im Kulturmanagement zu widmen.
10.2.8 Die erforderliche faire Behandlung durch das Schiedsgericht wurde auch durch die Beginnzeit der Verhandlung (15:00 Uhr MEZ) nicht beeinträchtigt.
Die Zeitverschiebung zwischen Österreich und Kalifornien hatte wegen der Teilnahme von M* in Los Angeles und der erforderlichen Dauer der Verhandlung zur Folge, dass die gesamte Verhandlung für alle Beteiligten nicht zu „klassischen Bürozeiten“ stattfinden konnte bzw Abschnitte der Verhandlung entweder für die Teilnehmer in Europa oder für M* jedenfalls am Tagesrand durchgeführt werden mussten.
Zudem haben die Antragsteller durch die Vereinbarung des in Wien ansässigen Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich die mit der geographischen Entfernung verbundenen Nachteile (Anreise, Zeitverschiebung) in Kauf genommen. Im Vergleich zu den Strapazen einer Anreise von Los Angeles nach Wien bedeutet die hier gerügte Uhrzeit des Verhandlungsbeginns aber einen wesentlich geringeren Eingriff in den normalen Tagesablauf einer in den Vereinigten Staaten ansässigen Person, zumal diese an der Verhandlung über die Videokonferenz auch von zuhause teilnehmen kann (und sich damit die Wegzeit zum Arbeitsplatz erspart).
Die Antragsteller waren darüber hinaus in der Verhandlung zusätzlich auch durch die in Wien ansässige Rechtsanwältin Dr. J* vertreten.
Insgesamt erblickt der Senat daher auch im Umstand, dass wegen des Aufenthalts des Vertreters (und Zeugen) M* in Los Angeles die Verhandlung für ihn bereits früh morgens beginnen musste, keinen Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens.
11. Durchführung einer Verhandlung im Wege einer Videokonferenz.
11.1 Verfahrensgang und Stellungnahmen:
11.1.1 In ihrem Schriftsatz vom 2. April 2020 sprachen sich die Antragsteller gegen die vom Schiedsgericht angedachte Durchführung einer Verhandlung in Form einer Videokonferenz aus. Diese entspreche nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens. Es wäre nicht sichergestellt, welche Unterlagen die vernommene Person verwendet, und auch nicht, dass sich für den gesamten Ablauf der Schiedsverhandlung keine weitere Person in den diesbezüglichen Räumen befindet.
Das Schiedsgericht ordnete am 8. April 2020 mit seiner 16. Prozessleitenden Verfügung an, dass die Schiedsverhandlung in Form einer Videokonferenz stattfinden werde (Webex Meeting). Es ging dabei davon aus, dass es mangels Parteienvereinbarung dem Schiedsgericht im Rahmen der Gestaltung der Verhandlung überlassen bleibe, eine geeignete Abhaltungsform der Verhandlung auch ohne physisches Zusammentreffen zu wählen. Zudem sei in der mit der Zustimmung aller Parteien erlassenen und nicht gerügten 2. Prozessleitenden Verfügung die Einvernahme von Zeugen mittels elektronischer Kommunikationsmedien ausdrücklich vorgesehen. Die Antragsteller seien zudem schon einmal mit einer Teilnahme an einer Verhandlung im Wege einer Videokonferenz einverstanden gewesen bzw hätten dies selbst gewünscht.
11.1.2 Die Antragsteller erachteten in ihrem Ablehnungsantrag an das VIAC das Schiedsgericht als befangen, weil das Schiedsgericht keine Maßnahmen verfügt habe, um in der geführten Verhandlung die Aussagen der Zeugen vor unrechtmäßiger Einflussnahme sicherzustellen, zumal es das vom Schiedsgericht verwendete Videoprogramm zugelassen habe, dass die teilnehmenden Personen unbemerkt Nachrichten (Chatfunktion) empfangen könnten.
11.1.3 Die Antragsgegnerin wies in ihrer Stellungnahme vor dem VIAC darauf hin, dass die Entscheidung prozessökomisch gewesen sei. Wegen der mit COVID-19 verbundenen Reisebeschränkungen wäre das bereits seit 2017 anhängige Verfahren durch eine Abberaumung der Verhandlung auf nicht absehbare Zeit in die Länge gezogen worden.
11.1.4 Der Vorsitzende des Schiedsgerichts bezog sich auf den Inhalt der 16. Prozessleitenden Verfügung und ergänzte, dass der Austausch von Textnachrichten auch sonst nicht ausgeschlossen werde könne. Die Antragsteller hätten keine umsetzbaren Vorschläge unterbreitet, um die Beeinflussung von Zeugen zu verhindern. In einer weiteren Stellungnahme des Schiedsgerichts ergänzte dieses, dass WebEx eine international anerkannte Plattform für Videokonferenzen und Schiedsverhandlungen sei.
11.1.5 Die Mitschiedsrichterin Mag. S* wies ergänzend darauf hin, dass die Vorgangsweise des Schiedsgerichts bei der Abhaltung der Verhandlung keine unsachgemäße Prozessleitung oder prozessuale Fehler begründe. Eine Benachteiligung einer der Parteien sei damit nicht verbunden. Videokonferenzen seien gerade zu Beginn der COVID-19-Krise als geeignetes Mittel zur Durchführung von Verhandlungen gesehen worden. In anderen Verfahrensvorschriften seien Beweisaufnahmen im Wege von Videokonferenztechnik generell zulässig. Aus der Verwendung von WebEx würden sich keine zusätzlichen Risken ergeben.
11.1.6 Das Präsidium des VIAC wies in seiner Entscheidung darauf hin, es könne keine unfaire Verfahrensführung darin erblickt werden, eine Verhandlung aufgrund COVID-19 in Form einer Videokonferenz durchzuführen. Eine Verletzung von Verfahrensregeln sei auch im Zusammenhang mit den monierten unzureichenden Maßnahmen zum Schutz unrechtmäßiger Einflussnahme nicht erkennbar.
11.1.7 In ihrem Antrag an den Obersten Gerichtshof wiederholten die Antragsteller ihren bisherigen Standpunkt.
11.2. Dazu ist auszuführen:
11.2.1 Sowohl von den abgelehnten Schiedsrichtern als auch im Beschluss des VIAC-Präsidiums wird darauf verwiesen, dass durch den Einsatz der Videokonferenztechnik kein Verfahrensverstoß vorliegt. Abgesehen davon, dass – wie bereits ausgeführt – prozessuale Fehler für sich nicht den Anschein der Voreingenommenheit begründen, machen die Antragsteller hier keine konkreten Verfahrensverstöße geltend, sondern rügen wegen der Videokonferenz ganz allgemein eine Verletzung gegen die Grundsätze eines fairen Verfahren bzw gegen das rechtliche Gehör. Derartiges lässt sich aus ihren Ausführungen aber nicht ableiten.
11.2.2 Der Einsatz von Videokonferenztechnologie ist im gerichtlichen Verfahren für Verhandlungen und/oder Beweisaufnahmen weit verbreitet und anerkannt (siehe zB Art 8 EuBagatellVO; Art 10 Abs 4 EuBewVO; §§ 277, 289a, 289b ZPO; §§ 153, 165, 172, 247a und 250 StPO; § 128a dZPO; vgl auch Wurm, Die Videokonferenz in nationalen und grenzüberschreitenden Verfahren, RZ 2019, 231; Sautner, Videotechnologie im Strafverfahren: Kommunikation, Dokumentation und Reproduktion, JBl 2019, 210). Diese Verbreitung der Videokonferenztechnologie als anerkannter Standard der Verfahrensführung strahlt auch in das Schiedsverfahren aus. Eine Verhandlung und Beweisaufnahme im Wege einer Videokonferenz wird jedenfalls bei Zustimmung der Parteien als zulässig angesehen (zB G. Horvath in Czernich/Deixler‑Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 17.31 mwN; Niklas, Schiedsverfahren via Internet nach den Regeln der ZPO, https://www.it-law.at/wp-content/uploads/2014/09/ Schiedsverfahren-via-Internet-nach-den-Regeln-der-ZPO.pdf [2003]).
11.2.3 Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurden Videokonferenzen als ein Mittel zur Wiederaufnahme des durch die weitgehend zum Erliegen gekommenen Verfahrensbetriebes (weiter) gefördert (vgl § 3 1. COVID-19-JuBG; dazu ua Scholz-Berger/Schumann, Die Videokonferenz als Krisenlösung für das Zivilverfahren, ecolex 2020, 469; Verordnung BGBl II 2020/99 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs für die Durchführung von Videokonferenzen in Strafverfahren). Auch für das Schiedsverfahren wird eine Verhandlung im Wege einer Videokonferenz wegen der Pandemie befürwortet (zB Flecke‑Giammarco/Bücheler/Zahner, Arbitrating in Uncertain Times – Institutional Responses to COVID-19, SchiedsVZ 2020, 133 [136]).
11.2.4 Durch den Einsatz dieser (bei gerichtlichen Verhandlungen weit verbreiteten und weltweit anerkannten) Videokonferenztechnologie liegt kein Verstoß gegen Art 6 EMRK vor (vgl für das Strafverfahren: EGMR 2. 11. 2010, Bsw 21.272/03, Sakhnovskiy/Russland), auch wenn eine der Parteien mit einer solcher Verhandlung nicht einverstanden ist. Dabei ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass Art 6 EMRK nicht nur den Anspruch auf rechtliches Gehör, sondern auch das Recht auf Justizgewährung umfasst, das wiederum eng mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz verknüpft ist. In einem Verfahren über civil rights muss daher nicht nur auf die Wahrung des Gehörs der Parteien Bedacht genommen werden. Das Gericht muss auch gewährleisten, dass Parteien privatrechtliche Ansprüche effektiv durchsetzen bzw abwehren können. Eine Verfahrensführung durch Videokonferenz kann Kosten und Zeit sparen und fördert damit die Rechtsdurchsetzung unter gleichzeitiger Wahrung des rechtlichen Gehörs. Gerade bei einem drohenden Stillstand der Rechtspflege im Zuge einer Pandemie bietet die Videokonferenztechnologie eine rechtsstaatlich gedeckte Möglichkeit, die Ansprüche auf effektive Rechtsdurchsetzung und auf rechtliches Gehör harmonisch zu vereinen.
11.2.5 Dieser grundsätzlichen Unbedenklichkeit des Einsatzes von Videotechnologie können – entgegen der Ansicht der Antragsteller – dabei nicht pauschal allfällige damit verbundene Nachteile im Hinblick auf einen möglichen Missbrauch beim Zeugenbeweis entgegengehalten werden. Ein solcher Missbrauch (etwa die Beeinflussung des Zeugen) könnte auch bei einer Präsenzverhandlung nicht gänzlich ausgeschlossen werden, es sei durch moderne Technologie (vgl zB Thiele, Tweets aus dem Gerichtssaal – Der Einsatz von „textbasierten Internetdiensten“ für die Live‑Berichterstattung aus Gerichtsverhandlungen, RZ 2016, 130; Parzmayr, Die Grenzen der Öffentlichkeit im Zivilprozess, ÖJZ 2016/86 [640]), sei es aber auch durch herkömmliche Absprachen oder durch die Information eines noch zu vernehmenden Zeugen über die bisherigen Verfahrensergebnisse durch eine der Parteien.
11.2.6 Zum anderen ist den Argumenten der Antragsteller zu entgegnen, dass eine Zeugenvernehmung im Wege einer Videokonferenz dem Schiedsgericht und den Parteien durchaus Kontrollmöglichkeiten gegen Missbrauch bietet. Diese gehen zum Teil über jene einer herkömmlichen Verhandlung hinaus, weil alle Beteiligten die (technische) Möglichkeit haben, die vernommene Person frontal und nahe zu beobachten und auch deren Vernehmung aufzuzeichnen. Besteht dabei die Gefahr, dass eine vernommene Person Chatnachrichten auf ihren Bildschirm bekommt, kann sie angehalten werden, direkt in die Kamera zu blicken. Besondere vorbereitende Maßnahmen durch das Schiedsgericht (wie von den Antragstellern vermisst) sind dafür nicht erforderlich. Entsprechendes gilt für die Möglichkeit, den Zeugen (etwa bei einem Verdacht der Beeinflussung durch Dritte) aufzufordern, den Raum mit der Kamera „auszuschwenken“ bzw ihn anzuhalten, dass seine Hände stets sichtbar sein müssen.
11.2.7 In der Durchführung einer Verhandlung im Wege einer Videokonferenz liegt jedenfalls kein uU die Befangenheit begründender schwerwiegender Verfahrensverstoß oder eine Verletzung der Grundsätze eines fairen Verfahrens. Auch der Einsatz der Videokonferenztechnik kann daher den Ablehnungsantrag nicht stützen.
12. Mimik des Schiedsrichters Dr. T* :
12.1 Verfahrensgang und Stellungnahmen:
12.1.1 Nach dem Protokoll von der mündlichen Schiedsverhandlung am 15. April 2020 lehnte der in Los Angeles ansässige Vertreter der Antragsteller M* zu Beginn der Verhandlung das Schiedsgericht als befangen ab, weil der Verhandlungsbeginn (für ihn) mit 6:00 Uhr angesetzt worden sei. Es sei eine Frechheit, jemanden für 6:00 Uhr zu laden. Weiters warf er dem Vertreter der Antragsgegner Dr. M* und einem weiteren Anwalt (Dr. T*) vor, einen Zeugen zum Nichterscheinen aufgefordert zu haben, weil dieser Zeuge nicht lügen könne. „Die Lügerei übernehmen die Herren * und *“ (Anmerkung: Angesprochen wurden die beiden Anwälte). Die weitere Vertreterin der Antragsteller rügte anschließend (im Sinne ihrer bisherigen schriftlichen Ausführungen) eine Vernehmung durch die Videokonferenz. Es sei nicht verständlich, warum diese so kurzfristig angesetzt worden sei. Kein staatliches Gericht würde so handeln. Darauf unterbrach sie ihren Vortrag und bemerkte, dass der Mitschiedsrichter Dr. T* bei ihren Ausführungen mit den Augen gerollt habe. Dieser sei befangen.
12.1.2 Die Antragsteller vertraten in ihrem Ablehnungsantrag, dass das Augenrollen des Mitschiedsrichters nicht nur unangemessen sei, sondern geradezu die Befangenheit offenbarte, zumal die Vertreterin zu diesem Zeitpunkt die Verletzung elementarster Grundregeln eines fairen Verfahrens gerügt habe. Seitens des Schiedsgerichts sei die Befangenheit weder bestritten worden, noch seien irgendwelche Maßnahmen getroffen worden. Damit habe sich das gesamte Schiedsgericht zum wiederholten Male als parteiisch erwiesen.
12.1.3 Die Antragsgegnerin äußerte sich vor dem VIAC dahingehend, dass ihr Vertreter kein Augenrollen bei Dr. T* bemerkt habe.
12.1.4 Dr. T* führte aus, er wisse nicht, was seine Augen gemacht hätten, als Dr. J* das Wort ergriffen habe. Dem sei jedoch ein „extensiver Vortrag“ von M* vorausgegangen, im Zuge dessen dieser mehrfach Verfahrensbeteiligte in einer dem Gerichtsverfahren nicht entsprechenden Form verbal angegriffen habe. Dr. J* habe danach erneut verfahrensrechtliche Fragen zur Sprache gebracht, zu denen sowohl sie als auch das Schiedsgericht sich schon schriftlich klar positioniert hätten. Er sei daher besorgt gewesen, dass es noch lange dauern könnte, bis sich alle Beteiligten mit der Sache selbst beschäftigen könnten. Er schließe es nicht aus, dass sich diese Gedanken in seinem Mienenspiel, etwa durch Stirnrunzeln oder hochgezogene Brauen gespiegelt hätten. Er habe einen Sachverhalt rechtlich zu würdigen, das werde er gemeinsam mit seinen Mitschiedsrichtern tun. Auch nach eingehender Gewissenserforschung könne er keine Befangenheit bei sich entdecken.
12.1.5 Der Vorsitzende des Schiedsgerichts wies darauf hin, dass ihm eine besondere Mimik von Dr. T* beim Vortrag von Dr. J* nicht aufgefallen sei. In einer weiteren Stellungnahme des Schiedsgerichts ergänzte dieses, dass während des Vortrags von Dr. J* der Mitschiedsrichter Dr. T* bei der aufgezeichneten Verhandlung nicht im Bild gewesen sei.
12.1.6 Die Mitschiedsrichterin Mag. S* wies in einer weiteren Stellungnahme darauf hin, dass sie während der Verhandlung keinerlei unsachliche Äußerungen oder Handlungen von Dr. T* wahrgenommen habe, die auf negative Voreingenommenheit gegenüber den Antragstellern oder deren Vertreter schließen ließen.
12.1.7 Das Präsidium des VIAC begründete seine nicht stattgebende Entscheidung in diesem Punkt damit, dass ein allfälliges Augenrollen oder Mienenspiel von Dr. T* für sich allein keinen ausreichenden Grund für eine Ablehnung sei. Berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Mitschiedsrichters könnten dadurch nicht geweckt werden.
12.1.8 In ihrem Antrag an den Obersten Gerichtshof wiederholten die Antragsteller im Wesentlichen ihren bisherigen Standpunkt. Dr. T* habe durch sein Augenrollen offenbar zu verstehen gegeben, dass er von den Verfahrensgarantien nicht viel halte, über die die Vertreterin der Antragsteller gerade ausführte.
12.2.1 Der Ablehnungsantrag stützt sich hier auf die Mimik des Mitschiedsrichters, die seine Befangenheit nach Meinung der Antragsteller „geradezu offenbart“.
12.2.2 Selbst wenn man die behauptete Mimik („Augenrollen“) als negative Reaktion des Schiedsrichters auf die Ausführungen der Vertreterin der Beklagten interpretiert, wäre daraus noch nicht auf eine Befangenheit von Dr. T* zu schließen, die es ihm unmöglich macht, objektiv über die Streitsache zu urteilen (vgl VwGH 2006/19/0409 [kritische Mimik eines Entscheidungsorgans]). Auch mangels weiterer Anhaltspunkte (vgl 12 Os 97/94 = RS0096992 [Gestik, Mimik]) deckt eine solche Reaktion nicht die Schlussfolgerung, dass der Schiedsrichter deshalb die elementarsten Grundregeln eines fairen Verfahrens missachtet und nicht mehr objektiv und sachlich urteilen kann oder wird.
12.2.3 Damit kann sich der Ablehnungsantrag nicht auf die behauptete Mimik des Mitschiedsrichters stützen.
13. Gesamtschau
13.1 Die Antragsteller erachten das Schiedsgericht aufgrund der vorgebrachten Gründe für sich im Einzelnen, aber auch in einer Gesamtschau gesehen als befangen.
13.2 Der Senat hat sich mit den einzelnen Vorwürfen der Antragsteller auseinandergesetzt. Selbst wenn man von der Richtigkeit der einzelnen Vorwürfe ausgeht, lässt sich daraus bereits im Ansatz jeweils kein Ablehnungsgrund begründen.
Auch eine Gesamtbetrachtung mehrerer nicht gegebener Ablehnungsgründe (hier also von der aufrecht gelassenen Anberaumung und Durchführung einer Schiedsverhandlung in Form einer Videokonferenz am 15. April 2020 um 15:00 Uhr MEZ in Kombination mit der Mimik von Dr. T*) begründet keinen Ablehnungsgrund (2 Ob 106/17b). Auch in einer Gesamtschau könnte nämlich bei objektiver Betrachtungsweise nicht der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen, sodass aufgrund der Vorwürfe eine Befangenheit nicht zu befürchten ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich das Schiedsgericht im Verfahren und bei seiner Entscheidung von unsachlichen Motiven leiten lässt.
IV. Ergebnis:
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die von den Antragstellern geltend gemachten Ablehnungsgründe nicht vorliegen. Der Ablehnungsantrag ist daher zurückzuweisen. Ein gesonderter Ausspruch über den so bezeichneten Eventualantrag erübrigt sich, ist dieser doch ohnedies vom Hauptantrag mitumfasst.
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