OGH 5Ob200/18z

OGH5Ob200/18z13.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. F*, 2. A*, beide vertreten durch Dr. Vetter – Dr. Fritsch, Rechtsanwälte in Lustenau, gegen die Antragsgegner 1. G*, 2. A*, beide vertreten durch Blum Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, 3. R* GmbH, *, vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler, Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 3 WEG über die Revisionsrekurse der Antragsteller gegen den Teilsachbeschluss sowie des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 19. Juli 2018, GZ 3 R 160/18d‑27, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 16. Mai 2018, GZ 22 MSch 3/17i‑17, teilweise bestätigt, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss und Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123794

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin und die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsteller hiezu werden zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten dieses Revisionsrekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.

 

Begründung:

Die Antragsteller sowie der Erst‑ und die Zweitantragsgegnerin sind die Mit‑ und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft, die Drittantragsgegnerin ist seit Anfang April 2014 die bestellte Verwalterin. Die beiden Antragsteller halten insgesamt 214/678‑Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung 4 und dem EP 4, der Erst‑ und die Zweitantragsgegnerin halten insgesamt 464/678‑Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an den Wohnungen W 1, W 2, W 3 und den EP 1, 2 und 3.

Die Antragsteller begehrten – ohne nähere Differenzierung – gestützt auf § 34 Abs 3 WEG von allen drei Antragsgegnern die Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2008 bis 2014, die Feststellung ihrer Unrichtigkeit sowie der konkreten Betriebskostensalden für die Jahre 2008 bis 2014. Die Drittantragsgegnerin sei seit Anfang April 2014 zur Hausverwalterin bestellt und habe bereits zuvor die vom Erstantragsgegner überbrachten Belege buchhalterisch erfasst. Faktisch habe sich der Erstantragsgegner die Hausverwaltertätigkeit bis 2014 angemaßt. Ihre Rechnungslegungsansprüche seien nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist erst mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, als ihnen Einsicht in die Belege gewährt worden sei, was erstmalig im Juni 2014 der Fall gewesen sei. Die Unrichtigkeit der Abrechnungen habe sich überdies erst durch ein Gutachten in einem gegen die Antragsteller eingeleiteten Streitverfahren ergeben.

Das Erstgericht wies sämtliche Begehren mit der Begründung ab, die Antragsgegner seien nicht Verwalter der Liegenschaft gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung des gegen die Antragsgegner gerichteten Rechnungslegungsbegehrens für den Zeitraum 2008 bis 2012 als Teilsachbeschluss. Im Übrigen hob es den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und verwies die Sache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück.

Unstrittig sei die Fremdverwaltung der Liegenschaft durch die Drittantragsgegnerin ab 1. April 2014. Für Abrechnungen ab diesem Zeitpunkt sei diese passivlegitimiert, den Antragstellern stehe nach § 20 Abs 3, § 34 WEG ihr gegenüber ein Rechnungslegungsanspruch zu. Vor einer Abweisung des für diesen Zeitraum gegen den Erst‑und die Zweitantragsgegnerin gerichteten Begehrens bedürfe es der Abklärung, ob sie nicht lediglich als Miteigentümer dem Verfahren beigezogen werden sollten. Für den Zeitraum vor der Bestellung der Drittantragsgegnerin zur Fremdverwalterin hätten die Antragsteller nicht eindeutig erklärt, welchen Antragsgegner sie konkret zur Rechnungslegung heranziehen wollten. Mangels Feststellungen dazu, ob für die Liegenschaft Selbst‑ oder Fremdverwaltung bestanden habe, ob und was die Wohnungseigentümer in diesem Zusammenhang ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben bzw wer auf welcher (rechtlichen) Grundlage welche (Verwaltungs‑)Tätigkeiten (faktisch) wahrgenommen habe, sei eine abschließende Beurteilung der Passivlegitimation noch nicht möglich und das erstinstanzliche Verfahren insoweit ergänzungsbedürftig. Jedenfalls habe aber § 34 Abs 1 letzter Satz WEG Anwendung zu finden, wonach der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist verjähre. Nach Abs 2 leg cit sei das Kalenderjahr die Abrechnungsperiode, die Abrechnung demgemäß innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres jedem Wohnungseigentümer zu übermitteln und in geeigneter Weise Belegeinsicht zu gewähren. Der Lauf der Verjährungsfrist beginne mit der Fälligkeit der Abrechnung, somit sechs Monate nach Ablauf der Abrechnungsperiode, dies auch dann, wenn kein Verwalter oder vorläufiger Verwalter bestellt sei. Wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der zu übersendenden Abrechnung und der zur gewährenden Belegeinsicht und Erstellung von Kopien verjährten diese Ansprüche mit dem eigentlichen Abrechnungsanspruch. Da hier eine vom Kalenderjahr abweichende Abrechnungsperiode nicht behauptet worden sei, seien die auf § 34 iVm § 52 Abs 1 Z 6 WEG gestützten Rechnungslegungsansprüche für die Jahre 2008 bis 2012 zum Zeitpunkt der Antragstellung (26. Mai 2017) bereits verjährt gewesen. Ungeachtet der allenfalls auch fehlenden Passivlegitimation der Antragsgegner sei die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens gegen alle drei Antragsgegner in diesem Umfang zu bestätigen.

In Bezug auf den bestätigenden Teil seiner Entscheidung ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der analogen Anwendung der Verjährungsvorschrift des § 34 Abs 1 letzter Satz WEG auf den bloß faktisch verwaltenden Wohnungseigentümer oder Dritten. Hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses erfolgte kein Ausspruch des Rekursgerichts iSd § 64 Abs 1 AußStrG.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den aufhebenden Teil der Rekursentscheidung richtet sich der – von den Antragstellern beantwortete – „ordentliche Revisionsrekurs“ des Erst‑ und der Zweitantragsgegnerin, in dem sie auch insoweit eine Wiederherstellung der abweisenden Entscheidung des Erstgerichts beantragen.

Den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung bekämpfen die Antragsteller in ihrem von Erst‑ und Zweitantragsgegnerin beantworteten ordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit aufzuheben und auch in diesem Umfang dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Revisionsrekurs des Erst‑ und der Zweitantragsgegnerin ist unzulässig und ebenso wie die dazu erstattete Rekursbeantwortung zurückzuweisen. Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

I. Zum Rekurs des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin:

1. Ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, ist nach § 64 Abs 1 AußStrG nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist. § 64 Abs 1 AußStrG gilt allerdings nur für „echte“ Aufhebungsbeschlüsse (5 Ob 147/08s mwN; RIS‑Justiz RS0111919). Ein „echter“ Aufhebungsbeschluss liegt dann vor, wenn eine bestimmte Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz noch nicht abschließend erledigt wird, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll. Eine in Wahrheit abändernde Entscheidung wäre dann gegeben, wenn eine selbständig zu entscheidende Frage vom Gericht zweiter Instanz anders als vom Erstgericht entschieden wird (RIS‑Justiz RS0044035 [T1]; 5 Ob 147/08s mwN).

2. Das Rekursgericht hat die Frage einer Rechnungslegungspflicht aller (oder auch nur einzelner) Antragsgegner für den Zeitraum ab 2013 nicht abschließend erledigt, weil es davon ausging, es mangle an ausreichenden Feststellungen zur (allenfalls auch nur faktischen) Verwaltungstätigkeit der Antragsgegner in diesem Zeitraum. Folgerichtig trug das Rekursgericht dem Erstgericht in diesem Umfang die Verfahrensergänzung und eine neuerliche Entscheidung auf. Die Anfechtung eines „echten“ Aufhebungsbeschlusses ist aber – unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage – dann jedenfalls unzulässig, wenn das Rekursgericht – wie hier – einen Ausspruch nach § 64 Abs 1 AußStrG nicht gesetzt hat (RIS‑Justiz RS0109580).

3. Bei einem Rekurs, der trotz fehlenden Ausspruchs des Berufungsgerichts, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, erhoben wird und daher unzulässig ist, sieht das Gesetz eine Rekursbeantwortung nicht vor, sodass diese zurückzuweisen ist (RIS‑Justiz RS0043897). Dies gilt auch für die Beantwortung eines nach § 64 Abs 1 AußStrG jedenfalls unzulässigen Revisionsrekurses (RIS‑Justiz RS0043897 [T4]). Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsteller war daher ebenfalls zurückzuweisen.

II. Zum Revisionsrekurs der Antragsteller:

1.1. Die Antragsteller meinen, entgegen der Auffassung des Rekursgerichts sei die Verjährungsfrist des § 34 WEG hier nicht anzuwenden, weil keine bestellte, sondern lediglich eine allenfalls faktische Verwaltung vorgelegen sei. Gemäß § 838a ABGB im Außerstreitverfahren geltend zu machende Rechnungslegungsansprüche bei Miteigentümergemeinschaft unterlägen ebenso wie der Rechnungslegungsanspruch der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Selbst‑ und Drittverwalter der 30‑jährigen Verjährungsfrist. Selbst wenn die kurze Verjährungsfrist des § 34 WEG zur Anwendung komme, könne diese erst dann beginnen, wenn der anspruchsbegründende Sachverhalt bekannt werde, hier erst durch das im Streitverfahren eingeholte Sachverständigengutachten.

1.2. Der erkennende Senat erachtet die ausführlich und schlüssig begründete Auffassung des Rekursgerichts für zutreffend, sodass auf sie verwiesen werden kann (§ 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 71 Abs 3 AußStrG).

2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor, zumal die Feststellungen eine abschließende rechtliche Beurteilung der Verjährungsfrage sehr wohl zulassen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

3. Die als erheblich angesehene Rechtsfrage der vom Rekursgericht vermissten Anleitung, welcher der Antragsgegner aus welchem Grund in Anspruch genommen werde, betrifft ausschließlich den aufhebenden Teil der Rekursentscheidung, während das Rekursgericht die Verjährungsfrage ohnedies unabhängig von der allenfalls nicht gegebenen Passivlegitimation einzelner Antragsgegner löste. Wie schon unter Punkt I. im Zusammenhang mit dem Revisionsrekurs der Antragsgegner dargestellt, ist der aufhebende Teil der Rekursentscheidung aber auch für die Antragsteller mangels Rechtskraftvorbehalts iSd § 64 Abs 1 AußStrG unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (derzeit) unanfechtbar. In diesem Umfang ist auf ihr Rechtsmittel schon mangels Zulässigkeit der Anfechtung nicht näher einzugehen.

4.1. Vorauszuschicken ist, dass der Streitgegenstand auch im wohnrechtlichen Ausßerstreitverfahren durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen vorgebrachten Tatsachen (Sachverhalt) bestimmt wird (RIS‑Justiz RS0039255, zum wohnrechtlichen Außerstreitverfahren [T6]). An die Bestimmtheit eines Begehrens im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (RIS‑Justiz RS0070562), es genügt, wenn das Verfahrensziel konkret umschrieben ist (RIS‑Justiz RS0070562 [T5, T12]).

4.2. Die Vorinstanzen gingen hier ungeachtet des sehr allgemein formulierten Feststellungsbegehrens der Antragsteller davon aus, dass sie als klar erkennbares Verfahrensziel die formell und materiell richtige Rechnungslegung von den Antragsgegnern begehren, seien diese nun (wie die Drittantragsgegnerin ab 1. April 2014) formell bestellte, lediglich „kaufmännische“ oder aber zumindest faktische Verwalter der Wohnungseigentumsanlage. Jedenfalls soweit eine formelle Verwalterbestellung nicht erfolgte, stützen sich die Antragsteller dabei auf eine zumindest analoge Anwendung der §§ 20 Abs 3 iVm 34 WEG, folgerichtig brachten sie ihren Antrag im besonderen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ein. Das Rekursgericht entschied mit seinem bestätigenden Teilsachbeschluss nur über die Abweisung des gegen die Antragsgegner gerichteten Rechnungslegungsbegehrens für den Zeitraum 2008 bis 2012. Dass es dabei Antragsbegehren oder -vorbringen unrichtig ausgelegt hätte, machen die Antragsteller im Revisionsrekurs nicht geltend. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist somit lediglich die Klärung der Frage, ob § 34 Abs 1 WEG, wonach der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist verjährt, analog auch auf den Abrechnungsanspruch des Wohnungseigentümers gegenüber einem bloß faktisch verwaltenden Miteigentümer oder Dritten anzuwenden ist. Ob die Antragsgegner als faktische Verwalter überhaupt als passivlegitimiert für den geltend gemachten Abrechnungsanspruch anzusehen sind, ließ das Rekursgericht hingegen ausdrücklich offen. Auch die Frage, ob dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber dem bloß faktischen Verwalter unabhängig von der direkten Anwendbarkeit der §§ 20 Abs 3 und 34 Abs 3 WEG ein individueller Anspruch auf Rechnungslegung zusteht, bedarf hier schon mangels entsprechenden Einwands der Antragsgegner keiner Erörterung (vgl RIS‑Justiz RS0065553 [T3]).

4.3. Richtig ist, dass der Anspruch auf Rechnungslegung nach allgemeinem Zivilrecht – mangels gesetzlicher Anordnung einer kurzen Verjährungsfrist – erst in 30 Jahren verjährt (RIS‑Justiz RS0109276; RS0019397 [T1]; RS0034499). Nur wenn ein Rechnungslegungsanspruch bloßer Nebenanspruch zu einem der kurzen Verjährungsfrist unterliegenden Hauptanspruch ist, verjährt er mit diesem (RIS‑Justiz RS0034499 [T1]; RS0028102; RS0034930). Ein solcher Fall liegt beim Rechnungslegungsanspruch des einzelnen Miteigentümers gegenüber dem Verwalter nicht vor, weil er nicht als Nebenanspruch zu einem bestimmten Hauptanspruch gewertet werden kann.

4.4. § 34 Abs 1 WEG trifft als ausführendes Spezialrecht zu §§ 1012, 830, 837 ABGB (vgl RIS‑Justiz RS0019408) eine sowohl hinsichtlich der Verjährungsfrist als auch der Fälligkeit von den Grundsätzen des allgemeinen Zivilrechts abweichende Regelung. Die Abrechnung ist innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode jedem Wohnungseigentümer an die in § 24 Abs 5 WEG bestimmte Anschrift zu übermitteln, sodann ist dem Wohnungseigentümer in geeigneter Weise Einsicht in die Belege – bei Belegen auf Datenträgern Einsicht in Ausdrucke der Belege – zu gewähren. Wenn ein Wohnungseigentümer dies verlangt, sind für ihn gegen Kostenersatz Kopien (weitere Ausdrucke) der Belege anzufertigen. Der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung verjährt in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist. Als Abrechnungsperiode ist gemäß § 34 Abs 2 WEG das Kalenderjahr, falls nicht eine davon abweichende schriftliche Vereinbarung aller Wohnungseigentümer oder eine andere Festsetzung durch das Gericht vorliegt, was hier nicht behauptet wurde. Die Antragsteller haben ihren Antrag am 26. Mai 2017 bei Gericht eingebracht, sodass ihr Anspruch hinsichtlich der Abrechnungsperioden bis einschließlich 2012 im Fall der unmittelbaren – oder auch analogen – Anwendung dieser Bestimmung als verjährt anzusehen wäre.

4.5. Bei der vom Rekursgericht erwogenen Gesetzesanalogie ist zu prüfen, ob nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung angenommen werden muss, dass der geregelte und der ungeregelte Fall in den maßgeblichen Voraussetzungen des Tatbestands übereinstimmen, sodass die vom Gesetzgeber an den geregelten Tatbestand geknüpfte Rechtsfolge auch beim ungeregelten Tatbestand eintreten soll (RIS‑Justiz RS0008826). Die Analogie setzt eine planwidrige Lücke voraus. Das Gesetz muss, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie ergänzungsbedürftig sein, ohne dass diese Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RIS‑Justiz RS0008866). Der Umstand, dass es sich bei § 34 Abs 1 WEG um eine Spezialbestimmung handelt, hindert deren analoge Anwendung nicht, wenn ihr ein analogiefähiges, wenn auch zum allgemeinen Grundsatz „engeres“ Prinzip zugrundeliegt (RIS‑Justiz RS0008937). Demgemäß hat der Fachsenat etwa zu 5 Ob 276/02b die analoge Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG auf die Rückerstattung von Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeiträgen ungeachtet des Umstands bejaht, dass die Analogie zu den die Ausnahme bildenden kurzen Verjährungsfristen mit Vorsicht zu handhaben ist (RIS‑Justiz RS0086687 [T1, T2]).

4.6. Verjährungsbestimmungen dienen vorrangig dem Schuldnerschutz (RIS‑Justiz RS0120562), aber auch öffentlichen Interessen, zumal Zustände, die lange Zeit bestehen, ein gewisses Indiz der Richtigkeit für sich haben und lange zurückliegende Sachverhalte übermäßigen Beweiserhebungsaufwand erfordern, was sowohl die Gerichte als auch die Partei mit erheblichen Kosten belastet (RIS‑Justiz RS0114326). Demgemäß dient das Verjährungsrecht auch der Prozessökonomie (vgl RIS‑Justiz RS0097976). Die Verkürzung der Verjährungsfrist im § 34 Abs 1 WEG auf drei Jahre erfolgte erst mit dem WEG 2002, wobei die Materialien diesbezüglich dem Vorschlag von Call folgten (ErlRV 989 BlgNR 21. GP  73). Call bezeichnete die 30‑jährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB im Hinblick auf die jährliche Rechnungslegungspflicht des Hauseigentümers und des Wohnungseigentumsverwalters als „lebensfremdes Fossil in der Rechtsordnung“, das dringend beseitigt gehöre, zumal bei Anwendung der langen Verjährungsfrist Forderungen die „Lebenszeit“ einer modernen Wohnanlage nahezu überdauerten. Auch die den Unternehmer treffenden Aufbewahrungsfristen (nunmehr § 212 Abs 1 UGB und § 132 Abs 1 BAO – sieben Jahre) sprächen gegen eine derart lange Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rechnungslegung. Dass all diese – der Entscheidung des Gesetzgebers zur Verkürzung der Verjährungsfrist für den Rechnungslegungsanspruch des Wohnungseigentümers zugrundeliegenden – Argumente in vergleichbarem Ausmaß für einen derartigen Anspruch gegenüber dem bloß faktischen Verwalter gelten, bedarf keiner weiteren Erörterung.

4.7. In der bereits vom Rekursgericht herangezogenen Entscheidung 5 Ob 197/16f (= immolex 2017/44 [krit Hagen]) nahm der erkennende Senat zur Frage der Durchsetzung eines auf die Abrechnungspflicht iSd §§ 20 Abs 3, 34 WEG gestützten Anspruchs auf Rechnungslegung gegen einen die Verwaltungstätigkeit bloß faktisch ausübenden Mit‑ und Wohnungseigentümer oder Dritten Stellung und sprach aus, dass diese analog § 52 Abs 1 Z 6 WEG auf dem außerstreitigen Rechtsweg zu erfolgen hat, sofern nicht ohnehin ein Verwalter bestellt ist. Die Gleichstellung des bloß faktischen mit dem förmlich bestellten Verwalter (auch) im Wohnungseigentum findet in der Regelung des § 837 ABGB eine entsprechende Stütze, der dem auftragslos verwaltenden Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft dieselben Rechte und Pflichten zuordnet wie dem bestellten Verwalter (so auch 5 Ob 303/03z). Auch die Literatur (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 20 WEG Rz 9) vertritt die Auffassung, für die Anwendung des Pflichtenkatalogs des § 20 WEG sei es unerheblich, auf welche Weise die Bestellung des Verwalters zustande gekommen ist oder allenfalls nur ein der Bestellung vergleichbarer Zustand herrsche, sodass die Regelung auch für den die Verwaltung faktisch ausübenden (in der Regel Mehrheits‑)Miteigentümer nach § 837 ABGB wie auch für jeden anderen, der ohne förmlichen Bestellungsakt die Verwaltung tatsächlich führe, gelte.

4.8. Die der Entscheidung 5 Ob 197/16f zugrundeliegenden Erwägungen sind auch für die hier zu beurteilende Frage fruchtbar zu machen, liegt doch dem Rechnungslegungsbegehren unabhängig davon, ob der Verwalter nun förmlich mittels Beschluss der Eigentümergemeinschaft bestellt wurde oder die Verwaltung lediglich faktisch mit Duldung der übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer ausübt, eine idente Interessenlage zugrunde. Dieses Ergebnis entspricht auch dem auf die Überlegungen von Call gegründeten Willen des historischen Gesetzgebers des WEG 2002. Im Zusammenhang mit Wohnungseigentum unterliegt der Anspruch auf Rechnungslegung des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber dem auch nur faktisch verwaltenden Mit‑ und Wohnungseigentümer oder auch Dritten daher der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 34 Abs 1 letzter Satz WEG analog.

4.9. Ausgehend von der Anwendung der nur dreijährigen Verjährungsfrist ist das Rekursgericht aber zutreffend von einer Verjährung der Rechnungslegungsansprüche für die Abrechnungs‑perioden 2008 bis 2012 ausgegangen. Nach der unmissverständlichen gesetzlichen Regelung ist für den Beginn der Verjährungsfrist das Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums entscheidend. Entgegen der Auffassung der Antragsteller beginnt die Verjährung grundsätzlich mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem das Recht „zuerst hätte ausgeübt werden können“, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht (RIS‑Justiz RS0034343). Abzustellen ist auf die objektive Möglichkeit zu klagen, subjektive oder nur in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse haben grundsätzlich auf den Beginn der Verjährungsfrist keinen Einfluss, sofern das Gesetz – wie etwa in § 1489 ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen – nicht eine Ausnahme macht und auf die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten abstellt (RIS‑Justiz RS0034248 [T7]). Auf die Frage, wann die Antragsteller von der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Abrechnungen erfahren haben, kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist daher nicht an, die in dem Zusammenhang monierten sekundären Feststellungsmängel liegen daher nicht vor.

4.10. Gründe für eine – erstmals im Revisionsrekurs angesprochene – Unterbrechung der Verjährung sind nicht zu erkennen. Die im Revisionsrekurs behauptete Unterbrechungswirkung der zu 23 C 149/14m des Bezirksgerichts Feldkirch erhobenen Klage käme nur dann in Betracht, wenn diesem Verfahren ein identer Anspruch zugrunde gelegen wäre (RIS‑Justiz RS0034556 [T1]), was nicht der Fall ist. In diesem Verfahren machte die Eigentümergemeinschaft als klagende Partei gegen die Antragsteller als Beklagte eine Betriebskostennachzahlung geltend, ein Abrechnungsanspruch der – dort – Beklagten in Bezug auf Verwalterrechnungen für die Jahre 2008 bis 2012 war nicht Gegenstand dieses Streitverfahrens.

5. Damit hat das Rekursgericht den Rechnungslegungsanspruch für die Jahre 2008 bis 2012 zutreffend als verjährt angesehen. Damit war dem Revisionsrekurs der Antragsteller keine Folge zu geben.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 zweiter Satz AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die danach maßgeblichen Billigkeitserwägungen können erst in dem die Sache erledigenden Endsachbeschluss angestellt werden (RIS‑Justiz RS0123011 [T1, T3]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte