European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00016.18S.0515.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Teil-Sachbeschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert und der Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin entschieden, dass der Sachbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die 3.‑, 6.‑ und 15.‑Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragstellerin deren mit 727,21 EUR (darin enthalten 80,20 EUR USt und 246 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer traf folgende Umlaufbeschlüsse:
A. „Die Verwaltung wird angewiesen, die Rechtsanwaltskanzlei T***** mit der Durchsetzung der Schadenersatzansprüche aus der mangelhaften Bauführung der Eigentümergemeinschaft gegen die Firma T***** GmbH und Herrn DI J***** D***** zu beauftragen.“
B. „Die Verwaltung wird angewiesen, die Rechtsanwaltskanzlei T***** mit der Durchsetzung der Schadenersatzansprüche bzw. den Anspruch auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses zu beauftragen.“
Die Antragstellerin beantragte, diese Beschlüsse wegen Kompetenzüberschreitung als nichtig oder wegen formaler Mängel als rechtsunwirksam aufzuheben. Bei den beiden Beschlüssen handle es sich um keine Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung, sondern um Maßnahmen als Ausfluss der jeweiligen Individualrechte der einzelnen Miteigentümer. Bei einem Schadenersatzanspruch wegen Schäden im Zusammenhang mit einer mangelhaften Bauführung im Zuge des Dachausbaus durch einen Miteigentümer wären die einzelnen Miteigentümer und nicht etwa die Eigentümergemeinschaft anspruchslegitimiert. Eine Übertragung der materiellen Ansprüche aller Miteigentümer an die Eigentümergemeinschaft sei mangels Einstimmigkeit ebenfalls nicht erfolgt. Die Beschlüsse seien darüber hinaus aus (einzeln dargestellten) formalen Gründen rechtsunwirksam, insbesondere hätten auch andere Personen als die im Grundbuch ausgewiesenen Eigentümer abgestimmt.
Die 3.‑, 6.‑ und 15.‑ Antragsgegner bestritten und beantragten die Abweisung des Antrags. Beim vorliegenden Schaden am Dachgeschossausbau handle es sich um einen Schaden am Haus selbst, somit an allgemeinen Teilen des Gebäudes. Zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die allgemeine Teile der Liegenschaft im Miteigentum beträfen und deren Erhaltung zur ordentlichen Verwaltung gehöre, sei die Eigentümergemeinschaft aktivlegitimiert. Der vorliegende Fall betreffe keinen Anspruch aus einem von einem Erwerber einer Wohnung mit einem Bauträger abgeschlossenen Vertrag. Im Zuge des Dachgeschossausbaus seien die Terrassen und Dachflächen, also unzweifelhaft allgemeine Teile des Gebäudes, derart mangelhaft errichtet worden, dass die Eigentümergemeinschaft für die Sanierung der Mängel mit Kosten von ca 300.000 EUR rechnen müsse. Der Errichter des Dachgeschossausbaus und Voreigentümer der Antragsstellerin sei vermögenslos, exekutive Maßnahmen seien daher nicht erfolgreich gewesen. Deshalb sei auch eine Haftung des damaligen Prüfingenieurs und Statikers, der den Ausbau begleitet habe, in Erwägung gezogen worden. Der Voreigentümer der Antragsstellerin habe den Dachgeschossausbau nicht konsensmäßig und daher rechtswidrig vorgenommen. Die in diesem Zusammenhang beschlossene Einleitung rechtlicher Schritte beschränke sich nicht nur auf Individualrechte der Miteigentümer, sondern umfasse, da allgemeine Teile betroffen seien, auch Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt und stellte fest, dass die angefochtenen Beschlüsse nichtig seien. Mehrheitsbeschlüsse könnten nur Maßnahmen der Verwaltung zum Gegenstand haben, die Eigentümergemeinschaft dürfe nicht in die Verfügungsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer eingreifen. Die Beschlussfassung zur „Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen bzw dem Anspruch auf Rückbau aufgrund des nicht konsensmäßigen (besser wohl: konsensgemäßem) Ausbaus des Dachgeschosses“ hätten einen Abwehranspruch (Unterlassungsanspruch) des einzelnen Wohnungseigentümers als Grundlage, dieser betreffe daher keine Verwaltungsmaßnahme. Eine gemäß § 18 Abs 2 WEG grundsätzlich mögliche Abtretung individueller Ansprüche an die Eigentümergemeinschaft sei hier nicht behauptet worden, auch könne in der Beschlussfassung eine solche nicht gesehen werden. Ebenso verhalte es sich bei dem Beschluss „zur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus der mangelhaften Bauführung der Eigentümergemeinschaft gegen die errichtende Gesellschaft bzw den die Bautätigkeit begleitenden Statiker“. Aus dem Text des Beschlusses selbst gehe keineswegs hervor, ob sich die vermeintlichen Ansprüche, die hier geltend gemacht werden sollen, aus einem von der Eigentümergemeinschaft geschlossenen Vertrag oder aus einem von dem einzelnen Erwerber einer Wohnung mit dem Bauträger abgeschlossenen Vertrag ableiteten. Da sich aus dem zur Beschlussfassung gestellten Text eine eindeutige Qualifikation als Verwaltungsmaßnahme, die in den Aufgabenbereich der Eigentümergemeinschaft fallen würde, nicht ableiten lasse, und auch aus dem Begleitschreiben keine eindeutige Zuordnung dahin möglich sei, sei auch dieser Beschluss für nichtig zu erklären. Nur der Vollständigkeit halber sei – im Hinblick auf die von der Antragstellerin vorgetragenen Anfechtungsgründe – darauf hingewiesen, dass durch dessen fehlerhafte Bezeichnung ein Wohnungseigentümer bzw Wohnungseigentümerpartner von der Gelegenheit zur Äußerung ausgeschlossen worden sei. Diese Beeinträchtigung seiner Mitwirkungsbefugnis sei für das Abstimmungsergebnis auch dann als kausal anzusehen, wenn seine Stimme an den Mehrheitsverhältnissen rechnerisch nichts verändern hätte können.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der 3., 6. und 15. Antragsgegner Folge. Es änderte den Sachbeschluss des Erstgerichts mit einem Teil-Sachbeschluss dahin ab, dass der Antrag auf Nichtigerklärung des Umlaufbeschlusses, die Rechtsanwaltskanzlei mit der „Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses“ zu beauftragen, abgewiesen werde. Im Übrigen hob es den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das im erstinstanzlichen Verfahren gebrachte Argument der 3.-, 6.- und 15.-Antragsgegner, die Eigentümergemeinschaft sei deshalb zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen legitimiert, weil der Schaden allgemeine Teile der Liegenschaft betreffe, sei zwar unzutreffend, weil es für die Legitimation zur Geltendmachung von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche nicht darauf ankomme, ob allgemeine Teile des Hauses betroffen seien, sondern auf welcher vertraglichen Grundlage Ansprüche erhoben werden sollen. Den Rekurswerbern sei aber darin zuzustimmen, dass das Erstgericht zu prüfen gehabt hätte, auf welcher vertraglichen Grundlage Schadenersatzansprüche erhoben werden sollen. Es hätte nach Erörterung mit den Parteien und der Aufforderung, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten, diese Frage zu klären gehabt. Dass sich aus dem Text des Umlaufbeschlusses nicht ergebe, auf welcher vertraglichen Grundlage Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, rechtfertige die Nichtigerklärung des Beschlusses nicht. Die Beschlussfassung wäre nur dann nichtig, wenn die darin genannten Anspruchsgegner von einem einzelnen Wohnungseigentümer oder Wohnungseigentumsbewerber beauftragt worden seien. Der Mehrheitsbeschluss würde in diesem Fall in unzulässiger Weise in die Individualrechte des Wohnungseigentümers eingreifen. Das Fehlen der entsprechenden Feststellungen mache die Aufhebung des angefochtenen Sachbeschlusses, soweit er die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen betreffe, erforderlich. Im fortgesetzten Verfahren werde auch zu klären sein, gegen wen Schadenersatzansprüche aufgrund des konsenswidrigen Ausbaus des Dachgeschoßes erhoben werden sollen und ob diesen ein Vertrag zugrunde liegt oder ob es sich um einen deliktischen Schadenersatzanspruch handle. Im letzterem Fall würde es sich um eine Verwaltungshandlung handeln, weil die Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche die Verwaltung der Liegenschaft betreffe und der Eigentümergemeinschaft zustehe. Die Durchsetzung petitorischer Rechtsschutzansprüche sei hingegen keine Angelegenheit der Verwaltung im Sinne des § 18 WEG. Abwehransprüche gegen eine nicht der vertraglichen Sonderbeziehung entsprechende Nutzung des Nachbarobjekts stünden dem jeweiligen Wohnungseigentümer individuell zu. Der Anspruch auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschoßes sei daher keine Verwaltungsmaßnahme und stehe der Eigentümergemeinschaft nicht zu. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der „Durchsetzung des Anspruches auf Rückbau“ könne aber nur dahin verstanden werden, dass ein Rechtsanwalt mit der Prüfung der Durchsetzbarkeit derartiger Ansprüche betraut werden solle, und diese Prüfung umfasse auch die Frage, von wem solche Ansprüche geltend zu machen seien. Vorbereitende Schritte wie dieser könnten als Maßnahme der Verwaltung angesehen werden und fielen damit in den Zuständigkeitsbereich der Eigentümergemeinschaft. Insofern habe das Erstgericht zu Unrecht die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses ausgesprochen.
Mit dem vom Erstgericht bejahten formalen Mangel der Verletzung des Mitwirkungsrechts eines Wohnungseigentümers setzte sich das Rekursgericht nicht auseinander. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs sowohl hinsichtlich des Teil-Sachbeschlusses als auch des Aufhebungsbeschlusses zulässig sei. Der Revisionsrekurs hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses sei zulässig, weil keine gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft zustehe. Der Revisionsrekurs hinsichtlich des Teil-Sachbeschlusses sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Prüfung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen, die der Eigentümergemeinschaft möglicherweise nicht zustehen, als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung anzusehen sei.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Sie beantragt, diese dahin abzuändern, dass ihrem Antrag stattgegeben werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die 3.-, 6.- und 15.-Antragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu diesem keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
1. Die Rechtsfähigkeit der Eigentümer-gemeinschaft ist – abgesehen von den Fällen des § 18 Abs 2 WEG – auf Angelegenheiten der Verwaltung beschränkt. Mehrheitsbeschlüsse können und dürfen daher nur Maßnahmen der Verwaltung zum Gegenstand haben. Ein allfälliger, ihre Kompetenz überschreitender Beschluss der Eigentümergemeinschaft kann unbefristet bekämpft und zur Klarstellung der Rechtslage beseitigt werden (5 Ob 161/17p; 5 Ob 44/17g; 5 Ob 216/15y; RIS-Justiz RS0130070; RS0109840 [T3, T4]; RS0108763 [T2, T3]; RS0083156 [T17]).
2. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien sind die hier angefochtenen Beschlüsse Ausfluss der Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem von einer Wohnungseigentümerin (der Voreigentümerin der Antragstellerin) angeblich nicht konsensgemäß durchgeführten Dachgeschossausbau und den dabei zufolge mangelhafter Bauführung angeblich verursachten Schäden an allgemeinen Teilen des Gebäudes. Der vom Erstgericht mit A. bezeichnete Beschluss betrifft die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der Eigentümergemeinschaft aus der mangelhaften Bauführung gegen die Voreigentümerin und den Prüfingenieur und Statiker, der den Ausbau begleitete. Der vom Erstgericht mit B. bezeichnete Beschluss betrifft die Durchsetzung der Schadenersatzansprüche „bzw.“ den Anspruch auf Rückbau aufgrund des angeblich nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses.
3.1. In Bezug auf die Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses (nicht auch der daraus abgeleiteten Schadenersatzansprüche) wies das Rekursgericht den Antrag ab. Es qualifizierte den verfolgten Anspruch auf Rückbau zutreffend als petitorischen Rechtsschutzanspruch, der als solcher nicht der Eigentümergemeinschaft zusteht. Die Abwehr von Nutzungs- oder Eingriffshandlungen betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft beruht auf dem Anteilsrecht, also der dinglichen Rechtsposition der Mit- und Wohnungseigentümer, diese ist daher – als dem Eigentumsrecht entspringend – nicht der Verwaltung der Liegenschaft zuzuordnen (5 Ob 44/17g; 5 Ob 144/16m mwN; RIS‑Justiz RS0117352). In diesem Umfang bedürfte es daher zur Begründung der Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft der – hier evidentermaßen nicht erfolgten – Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG (RIS-Justiz RS0117352 [T3]). Dennoch verneinte das Rekursgericht eine Kompetenzüberschreitung, weil die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der „Durchsetzung“ des Anspruchs auf Rückbau nur dahin verstanden werden könne, dass ein Rechtsanwalt mit der Prüfung der „Durchsetzbarkeit“ derartiger Ansprüche betraut werden solle, und diese Prüfung umfasse auch die Frage, von wem solche Ansprüche geltend zu machen seien. Vorbereitende Schritte wie dieser könnten als Maßnahme der Verwaltung angesehen werden und fielen damit in den Zuständigkeitsbereich der Eigentümergemeinschaft.
3.2. Für die Beurteilung, was Gegenstand des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft und der Anfechtung durch Wohnungseigentümer ist, kann nur der schriftlich zur Kenntnis gebrachte Text des Beschlusses maßgeblich sein. Ein vom Wortlaut nicht gedeckter oder sogar davon abweichender subjektiver Parteiwille der an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer ist irrelevant (RIS-Justiz RS0130029). Die vom Rekursgericht vorgenommene Beschränkung des von der Verwalterin zu erteilenden Auftrags auf die bloße Prüfung der Durchsetzbarkeit des Anspruchs und damit auch der Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft findet im klaren Wortlaut des Beschlusses keine Deckung. Der weisungsgemäß zu erteilende Auftrag auf „Durchsetzung“ des Anspruchs geht über die bloße Prüfung der Berechtigung des Anspruchs hinaus und umfasst auch dessen Geltendmachung und Verfolgung. In Bezug auf jene Beschlussteile, die die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen betreffen, legt auch das Rekursgericht seiner Entscheidung offenbar dieses (andere) Verständnis eines Auftrags zur Durchsetzung eines Anspruchs zugrunde. Die Prüfung der Sachlegitimation (im Zuge der Prüfung der Anspruchsberechtigung) mag zwar implizit ein Teilaspekt des Auftrags sein, dieser kann im gegebenen Zusammenhang aber nicht isoliert betrachtet und selbständig beurteilt werden. Stehen mehrere geplante Maßnahmen nach den Umständen des Einzelfalls in einem untrennbaren Zusammenhang, ist von einem einheitlichen Beschlussgegenstand (und nicht von zwei getrennten Beschlussgegenständen) auszugehen, sodass sich eine Kompetenzüberschreitung auch auf allenfalls isoliert als Verwaltungsmaßnahme zu qualifizierende Teil-Maßnahmen erstreckt (vgl 5 Ob 216/15y; 5 Ob 51/15h). Gegenstand des Beschlusses war die Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau als eine Gesamtmaßnahme, nicht einzelne (abstrakt selbstständige) Teil-Maßnahmen wie etwa die Prüfung bloß der Sachlegitimation als ersten Schritt. Selbst wenn die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit einer solchen Prüfung an sich als eine Vorbereitungshandlung für die eigentliche Verwaltungsmaßnahme und spätere Willensbildung dazu und damit selbst als Verwaltungsmaßnahme qualifiziert werden könnte (vgl 5 Ob 112/15d; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 WEG Rz 29), würde dies an der Kompetenzüberschreitung der Gesamtmaßnahme nichts ändern.
3.3. Der Auftrag zur Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses durch einen Wohnungseigentümer ist demnach die Verfolgung eines petitorischen Anspruchs und damit keine Maßnahme der Verwaltung. Der diesbezügliche, ihre Kompetenz überschreitende Beschluss der Eigentümergemeinschaft ist daher zur Klarstellung der Rechtslage zu beseitigen.
4.1. In Bezug auf die Durchsetzung der Schadenersatzansprüche aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses und der mangelhaften Bauausführung trug das Rekursgericht dem Erstgericht auf, zu klären, ob und wenn ja auf welcher vertraglichen Grundlage Schadenersatzansprüche erhoben werden sollen. Im Falle eines vertraglichen Schadenersatzanspruchs wäre die Beschlussfassung (nur) dann nichtig, wenn die im Beschluss genannten Anspruchsgegner von einem einzelnen Wohnungseigentümer oder Wohnungseigentumsbewerber beauftragt worden seien. Die Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche betreffe hingegen die Verwaltung der Liegenschaft und stehe der Eigentümergemeinschaft zu.
4.2. Das Rekursgericht ging dabei zutreffend davon aus, dass es für die Legitimation zur Geltendmachung von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen nicht– wie die 3.-, 6.- und 15.-Antragsgegner argumentierten – darauf ankommt, ob allgemeine Teile des Hauses betroffen sind, sondern auf welcher vertraglichen Grundlage Ansprüche erhoben werden sollen. Vertragliche Schadenersatzansprüche muss grundsätzlich der jeweilige Vertragspartner (also entweder der Wohnungseigentümer oder die Eigentümergemeinschaft) geltend machen, auch wenn die Mängel allgemeine Teile des Hauses betreffen (RIS‑Justiz RS0013430; RS0108157). Schadenersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft aus einem eigenen Vertrag oder der Eigentümergemeinschaft nach § 18 Abs 2 WEG abgetretene vertragliche Schadenersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer kommen hier nach dem Vorbringen der Parteien und den Verfahrensergebnissen nicht in Betracht. Die Geltendmachung eines Anspruchs der Eigentümergemeinschaft aus einem Vertrag oder eine Abtretung von Ansprüchen einzelner Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft wurde in erster Instanz (wie auch in den Rechtsmittelverfahren) nicht nur nicht explizit behauptet, es gab und gibt auch keine Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärungsbedürftigkeit. Auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren besteht nur eine eingeschränkte Amtswegigkeit. Die Pflicht des Gerichts zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts endet dort, wo ein Vorbringen der Parteien (wegen des Neuerungsverbots: in erster Instanz)– wie hier – überhaupt nicht vorliegt. Die Parteien trifft in diesem Sinn zwar keine förmliche Beweislast, aber doch eine qualifizierte Behauptungspflicht (RIS-Justiz RS0083783; RS0069653; vgl auch RS0029344, RS0070480). Für die vom Rekursgericht als erforderlich angesehene Klärung der möglichen vertraglichen Grundlage für die durchzusetzenden Schadenersatzansprüche besteht daher weder Anlass noch Berechtigung.
4.3. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts fällt die Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche – abgesehen vom Fall der Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG – nicht in die Rechtszuständigkeit der Eigentümergemeinschaft. Zur Rechtslage vor der WRN 2006 wurde mehrfach ausgesprochen, dass zur Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche die Eigentümergemeinschaft legitimiert ist (1 Ob 163/03g [Amtshaftungsanspruch]; 5 Ob 41/05y; vgl auch 5 Ob 185/07b). Seit der WRN 2006 gilt aber nach dem Willen des Gesetzgebers, dass die Eigentümergemeinschaft für Forderungen aus dem Titel des Schadenersatzes zwar rechtsfähig ist, die Klagelegitimation aber erst durch die Abtretung der Forderung seitens der Wohnungseigentümer erwirbt (§ 18 Abs 2 WEG). Der originären und unmittelbaren Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft ist durch die WRN 2006 insofern der Boden entzogen, als für eine inhaltsgleiche Kompetenz nunmehr eine Abtretung durch die ursprünglich berechtigten Wohnungseigentümer nach § 18 Abs 2 WEG 2002 idF der WRN 2006 notwendig ist (5 Ob 50/07z; Löcker aaO§ 18 Rz 29c, 101).
4.4. Die Eigentümergemeinschaft ist demnach zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses und/oder der mangelhaften Bauausführung nicht legitimiert. Die möglichen eine Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft begründenden Fälle, nämlich ein Schadenersatzanspruch der Eigentümergemeinschaft aus einem eigenen Vertrag oder die Abtretung vertraglicher oder deliktischer Schadenersatzansprüche nach § 18 Abs 2 WEG 2002 idF der WRN 2006, liegen nach dem Parteivorbringen und den Verfahrensergebnissen nicht vor. Die auf die Durchsetzung von Schadenersatzforderungen bezogenen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft überschreiten damit jedenfalls deren Kompetenz und sind zur Klarstellung der Rechtslage zu beseitigen. Eine Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der fehlenden Konkretisierung und Differenzierung nach der Anspruchsgrundlage im jeweiligen Beschlusstext und der Verknüpfung des Anspruchs auf Rückbau mit dem Schadenersatzanspruch im Text des mit A. bezeichneten Beschlusses erübrigt sich daher.
5. Dem Revisionsrekurs ist somit Folge zu geben und der Sachbeschluss des Erstgerichts zur Gänze wiederherzustellen. Aus Anlass eines Revisionsrekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 64 AußStrG kann der Oberste Gerichtshof auch gleich in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache – wie hier – zur Entscheidung reif ist (§ 70 Abs 2 AußStrG).
6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Es entspricht der Billigkeit, der im Revisionsrekursverfahren obsiegenden Antragstellerin Kostenersatz zuzuerkennen. Zu berücksichtigen war, dass entgegen dem Kostenverzeichnis der Antragstellervertreter der Streitgenossenzuschlag (nur) 15 % beträgt, weil der Antragstellerin im Revisionsrekursverfahren lediglich drei Antragsgegner gegenüberstehen (vgl 5 Ob 61/16f), der Erhöhungsbetrag gemäß § 23a RATG für den Revisionsrekurs (nur) 2,10 EUR und die Pauschalgebühr im Revisionsrekursverfahren (nur) 246 EUR beträgt (TP 12a GGG).
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