OGH 11Os20/16z

OGH11Os20/16z5.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Constantin M***** und weitere Angeklagte wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Juli 2015, GZ 55 Hv 51/15v‑124, in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich, der Angeklagten Diana M***** und Margareta M***** sowie deren Verteidiger Mag. Dr. Kier und Dr. Pflug zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00020.16Z.0705.000

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen II./A./2./a./, b./ betreffend die Angeklagten Constantin M*****, Diana M***** und Margareta M*****, demgemäß auch in den diesbezüglichen Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung hinsichtlich Diana M*****) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten haben durch die zu II./A./2./a., b./ beschriebenen Tathandlungen das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (idF BGBl I 2015/112) begangen und werden hiefür und für die ihnen weiterhin zur Last liegenden Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB wie folgt verurteilt:

Constantin M***** zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, Diana M***** zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten und Margareta M***** zu einer Freiheisstrafe von 7 Monaten.

Die Freiheitsstrafen werden jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Diana M***** wird die Vorhaft von 25. März 2015, 14:30 Uhr bis 13. April 2015, 8:00 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen, Constantin M***** mit der Berufung wegen Strafe auf diese Entscheidung verwiesen und seiner Berufung wegen des Ausspruchs nach § 369 Abs 1 StGB nicht Folge gegeben.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, in Ansehung weiterer Mitangeklagter auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuld- und Freisprüche sowie hinsichtlich Nachgenannter ebensolche Freisprüche enthaltenden Urteil wurden Constantin M*****, Diana M***** und Margareta M***** jeweils des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (II./A./1./), mehrerer Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./A./2./a./aa./ und bb./ aF) und nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II./A./2./b./ aF), sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./A./3./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./B./) schuldig erkannt.

Danach haben sie – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – in W*****

II./ am 23. Dezember 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter

A./ Radisa D*****

1./ widerrechtlich gefangen gehalten, indem Diana M***** diesen in die Wohnung lockte, Constantin, Diana und Margareta M***** ihn über einen Zeitraum von zumindest 40 Minuten im Wohnhaus von Constantin und Margareta M***** festhielten, indem sie ihn in der Wohnung umstellten, Constantin M***** ihm ein ca 30 cm langes Klappmesser an die rechte Halsseite anhielt und dieser, (der abgesondert verfolgte) Rudolf M***** sowie der unbekannte Täter Faustschläge gegen die Rippen, das Gesicht und den Kopf versetzten und daran hinderten die Wohnung zu verlassen;

2./ im Zuge der zu II./A./1./ dargestellten Handlung mit Gewalt und gefährlicher Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper

a./ genötigt, und zwar

aa./ indem sie ihn umstellten, Constantin M***** ihm ein ca 30 cm langes Klappmesser am Hals anhielt, ihm mehrere Faustschläge gegen die Rippen, das Gesicht und den Kopf versetzte, ihm dabei drohte, er würde seinen Kopf verlieren und aufforderte, alles aus den Taschen, insbesondere Geld, herauszugeben sowie in weiterer Folge Rudolf M***** und der unbekannte Täter dessen Taschen durchsuchten, zur Duldung der Wegnahme von 40 Euro, einer Packung Zigaretten sowie dessen echten österreichischen und falschen rumänischen Führerscheins, indem der unbekannte Täter die Gegenstände auf den Tisch legte und Margareta M***** die Zigaretten an sich nahm;

bb./ indem sie ihn mit den Worten: „Wir schlagen dich nicht mehr, du musst aber unterschreiben, dass du dir von Diana 1.600 Euro ausgeborgt hast“, zu Handlungen, nämlich zur Verfassung eines Schuldscheins, der ihm von Diana M***** diktiert wurde sowie zur Unterfertigung eines Kaufvertrags;

b./ zu nötigen versucht, nämlich durch die im Zuge der zu II./A./2./a./bb./ erfolgte Aufforderung von Margareta M*****, das Geld zu besorgen, zur Beschaffung und zur Übergabe von zumindest 1.600 Euro;

3./ vorsätzlich am Körper verletzt, indem Constantin und Rudolf M***** sowie der unbekannte Mittäter diesem, der von Diana und Margareta M***** zusätzlich umstellt war, Schläge gegen dessen Körper versetzten, wodurch dieser eine Prellung und Hautabschürfung an der linken Gesichtsseite, eine Hautabschürfung an der rechten Halsseite, jeweils eine Prellung der rechten Brustkorbseite und des Bauchs sowie einen traumatisch bedingten Tinnitus erlitt;

B./ den anlässlich der zu II./A./2./[a./aa./] beschriebenen Handlung weggenommenen österreichischen Führerschein, sohin eine Urkunde, über die die Täter nicht verfügen durften, von 23. Dezember 2014 bis 19. Juni 2015 mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Schuldsprüche richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 8, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Constantin M*****.

Soweit die zum Schuldspruch II./A./1./ ausgeführte Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) mit Blick auf die Expertise des gerichtsmedizinischen Sachverständigen, der ein gleichzeitiges Anhalten eines Messers am Hals des Radisa D***** sowie ein Versetzen von Faustschlägen gegen den Genannten durch den Angeklagten „für nicht sehr wahrscheinlich hält“ (ON 123 S 1), eine unterbliebene Erörterung der eine solche Simultaneität jedoch behauptenden Angaben des Opfers (ON 2 S 281, ON 53 S 19 jeweils iVm ON 123 S 38) releviert, verkennt sie, dass das Erstgericht von einer solchen (im Übrigen nicht entscheidungswesentlichen) Gleichzeitigkeit gar nicht ausgegangen ist („Sodann versetzten ...“, US 17). Hinsichtlich nicht getroffener Feststellungen kommt die Mängelrüge von vornherein nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0128974; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394).

Die isoliert zitierten Angaben des Zeugen Christian K*****, wonach es bei seinem Kontakt mit D***** „nicht danach ausgeschaut“ hätte, als würde dieser unter Bedrängnis stehen (ON 123 S 31), sowie jene der Lisa K*****, die den Vorwurf zuvor durch dessen Begleiter ausgeübter Gewalt als nicht wirklich schlüssig einschätzte, jedoch ebenfalls ausführte, auf Verletzungen des Genannten bei diffusem Licht gar nicht geschaut zu haben (ON 123 S 32 ff), geben jeweils bloß persönliche Meinungen, Ansichten, Wertungen oder Schlussfolgerungen wieder, die nicht gesetzlich vorgesehener Gegenstand einer Zeugenaussage sind und solcherart – auch unter dem Blickwinkel der Z 5 zweiter Fall – kein relevantes erörterungspflichtiges Beweismittel darstellen (RIS‑Justiz RS0097540, RS0097573, RS0097545; Kirchbacher, WK‑StPO § 154 Rz 8).

Die mit Verweis auf die – im Übrigen durch den Beschwerdeführer prozessordnungswidrig nicht in der (deutschen) Amtssprache wiedergegebene und somit als Argument ausscheidende – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 20. April 2006, 42780/98, I.H.u.a./Österreich, in Ansehung der Schuldsprüche II./A./2./a./ und b./ geübte Kritik (Z 8), das Schöffengericht hätte trotz unterbliebenen Vorgehens gemäß § 262 StPO und solcherart fehlender Möglichkeit des Angeklagten, seine Verteidigungslinie an die geänderte rechtliche Beurteilung des Erstgerichts auszurichten, den seitens der Anklage §§ 142, 143 zweiter Fall StGB bzw §§ 15, 144 Abs 1 StGB (ON 82 S 3 ff) unterstellten historischen Lebenssachverhalt den §§ 105 Abs 1, 15 StGB subsumiert (Schuldspruchpunkte II./A./2./a./ und b./) und die Anklage unter Verletzung von Art 6 Abs 3 lit a MRK iVm Art 6 Abs 1 MRK überschritten, verfehlt ihr Ziel.

Die Tatbildmerkmale der Nötigung sind in den hiezu im Verhältnis der Spezialität stehenden Straftatbeständen des Raubes und der Erpressung enthalten (Schwaighofer, WK2 StGB, § 105 Rz 1 und 93; Eder‑Rieder, WK2 StGB, Vor §§ 142–145 Rz 2, § 142 Rz 69, § 144 Rz 1, 4 f, 8, 17, 18/1, 47; RIS‑Justiz RS0113271) und in diesem Umfang unmissverständlich vom Anklagewillen umfasst (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 504; Lewisch, WK‑StPO § 262 Rz 28 ff). Der bekämpfte Schuldspruch II./A./2./a./ und b./ erfolgte demgemäß nicht wegen einer gegenüber der Anklage anderen Tat im materiellen Sinn (RIS‑Justiz RS0113755 [T14]).

Im Übrigen genügt der bloße Hinweis des jegliches – somit auch in Richtung § 105 Abs 1 StGB weisendes – strafbare Verhalten leugnenden (ON 113 S 5, 23 ff, ON 123 S 40) Angeklagten, er hätte bei Kenntnis des durch das Erstgericht nach § 105 Abs 1 StGB in Aussicht genommenen Schuldspruchs „seine Verteidigung auf das Vorliegen der erlaubten Zweck‑Mittel‑Relation nach § 105 Abs 2 StGB ausrichten“ können, nicht. Vielmehr hätte es eines Vorbringens bedurft, das plausibel macht, weshalb ihm durch die unterlassene Anhörung die Möglichkeit genommen worden sein soll, sich zum Strafvorwurf näher oder anders zu verantworten und entsprechende Fragen oder Anträge zu formulieren, dass also mit Blick auf den veränderten rechtlichen Gesichtspunkt die Verteidigung eine andere gewesen wäre (RIS-Justiz RS0113755 [T7]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 545; Lewisch, WK‑StPO § 262 Rz 89, 91); zumal er – seiner gänzlich leugnenden Verteidigungsstrategie folgend – in Anbetracht des vom Anklagevorwurf nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB relevierten historischen Sachverhalts zur (mit § 105 Abs 2 StGB übereinstimmenden) „Mittel‑Zweck‑Relation“ nach § 144 Abs 2 StGB weder Vorbringen erstattete noch Beweisanträge stellte.

Das weitere aus Z 8 erstattete Vorbringen, das eine Verletzung des § 262 StPO auch in Ansehung des Verhältnisses von Vollendung und Versuch releviert, weil die Anklage die im Punkt II./A./5./ angelasteten Tathandlungen unter §§ 15, 144 Abs 1 StGB subsumiert hätte (ON 82 S 4 f), während zu II./A./2./a./ ein Schuldspruch wegen Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (US 7) ergangen wäre, ignoriert, dass sowohl der Anklagetenor als auch die mit diesem eine Einheit bildende Begründung (ON 82 S 11 bis S 13; RIS‑Justiz RS0097672, RS0097762, RS0113142 [T8]; Lewisch, WK‑StPO § 262 Rz 24; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 503) unmissverständlich vom Anklagewillen getragene vollendete und versuchte Nötigungshandlungen (Arg: „genötigt und zu nötigen versucht“ [ON 82 S 4]) umfassen. Die zu II./A./2./a./bb./ und zu II./A./2./b./ nach § 105 Abs 1 StGB und nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB ergangenen Schuldsprüche (US 7) erforderten infolge deutlichen Hinweises in der Anklageschrift kein Vorgehen gemäß § 262 StPO.

Auch der Einwand (Z 8), der wegen § 83 Abs 1 StGB ergangene Schuldspruch II./A./3./ (US 6 f) überschreite die Anklage, weil dieser weder der Vorwurf des Vergehens der Körperverletzung zu entnehmen noch der Angeklagte vom Erstgericht gemäß § 262 StPO zu einer solchen Subsumtion gehört worden wäre, versagt.

Der Beschwerdeführer übersieht, dass – erneut unmissverständlich vom Willen auf Strafverfolgunggetragen – die Begründung der Anklageschrift auch den Vorwurf beinhaltet, D***** vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, weil der Angeklagte dem Opfer ein Messer an die rechte Halsseite hielt und ihm mehrere Faustschläge versetzte, dieses in der Folge durch gefährliche Drohung mit zumindest „weiteren Verletzungen am Körper“ zur Unterfertigung verschiedener Urkunden genötigt wurde wobei D***** durch die angewandte Gewalt Hämatome, eine Hautabschürfung, eine Rötung an der rechten Halsseite und verminderte Hörfähigkeit am linken Ohr erlitt (ON 82 S 10 bis S 12). Überdies wurde dieser Vorwurf in der Hauptverhandlung (auch unter Beiziehung des gerichtsmedizinischen Sachverständigen sowie [wie auch in der Nichtigkeitsbeschwerde releviert] teils selbst durch den Verteidiger des Angeklagten) ausführlich erörtert (ON 113 S 24 f, 61 f, 70, 72, 77 f, 80 f; ON 123 S 17 bis 22, 29, 33 f, 38 f). Solcherart findet der historische Lebenssachverhalt Deckung in der Anklage und war auch hier ein Vorgehen gemäß § 262 StPO nicht geboten. Welche andere Verteidigungsstrategie der gänzlich leugnende (ON 113 S 5 und 24) Angeklagte bei einem Vorgehen gemäß § 262 StPO gewählt hätte, legt er einmal mehr prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0113755 [T8]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 545; Lewisch, WK‑StPO § 262 Rz 91) nicht dar.

Die zu Schuldspruch II./A./I./ erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert mit Blick auf die Feststellung, wonach D***** „im Zuge der Verbringung zusammengebrochen war“ (US 19), dass infolge „dieser Bewusstlosigkeit“ die zur Tatbestandserfüllung geforderte Mindestdauer des verpönten Zustands nicht beurteilt werden könne, weil an einer zur Willensbetätigung nicht mehr fähigen Person das Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB nicht begangen werden könne.

Dieses – im Übrigen spekulative – Vorbringen übergeht (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584), dass die Tatrichter eine (mit einem „Zusammenbruch“ nicht zwingend verbundene) Bewusstlosigkeit des D***** nicht festgestellt haben. Es legt überdies nicht dar, weshalb selbst bei einer allfälligen kurzfristigen Bewusstlosigkeit des Genannten die nach Art und Gewicht der konkreten Tatumstände zu beurteilende Mindestdauer nicht erreicht und solcherart bloß eine „kurzfristige“ Anhaltung bestanden hätte (Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 19 ff).

Aus welchem Grund eine allenfalls zuvor durch den Angeklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern herbeigeführte Unfähigkeit des Opfers zu willkürlichen Ortsveränderungen die Verwirklichung des Vergehens nach § 99 Abs 1 StGB ausschließe (RIS‑Justiz RS0092794; Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 9), leitet der Beschwerdeführer nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab.

Die Rechtsrüge übergeht weiters, dass der Schöffensenat mit Blick auf die Feststellungen zur objektiven Tatseite und den Urteilstenor (RIS‑Justiz RS0114639), wonach der Beschwerdeführer gemeinsam mit Mitangeklagten den zuvor in ein Wohnhaus gelockten, somit zur willentlichen Fortbewegung fähigen (Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 7) D***** durch die konstatierten Tathandlungen über einen Zeitraum von zumindest 40 Minuten hinderte, die Wohnung bzw das Wohnhaus zu verlassen (US 5, US 21) und ihn dadurch widerrechtlich gefangen gehalten haben, davon ausging, dass dem Opfer dessen Freiheitsentziehung „bewusst“ war und sich somit auch der Vorsatz des Beschwerdeführers („sein Vorsatz“) darauf bezog.

Weshalb die Konstatierung, der Angeklagte und die Mitangeklagten Diana und Margareta M***** wussten, dass sie durch die zu II./A./1./ angeführten Handlungen D***** widerrechtlich (somit einwilligungslos [Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 28]) gefangen hielten, worauf es ihnen auch ankam (US 21), nicht auch die innere Tatseite in Ansehung der fehlenden Einwilligung des Opfers in den Freiheitsentzug umfasse (Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 27), ist nicht ersichtlich.

Soweit die weitere Kritik (Z 9 lit a) in Ansehung des Schuldspruchs II./A./1./ die Freiheitsentziehung als Nötigungsmittel qualifiziert und solcherart Erstere durch Letztere konsumiert wähnt, legt sie nicht dar, inwieweit die zumindest 40 Minuten aufrechterhaltene (US 5, 21) Freiheitsentziehung eine „typische Begleittat“ zu den, auch auf andere Weise, nämlich durch Körperverletzungen und gefährliche Drohungen mit ebensolchen, gesetzten Nötigungshandlungen nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB (II./A./2./a./ und b./) sei und der Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit des Tatopfers nicht deutlich über das zur Verfolgung der Nötigungsziele erforderliche Ausmaß hinausgehe (RIS‑Justiz RS0090976, RS0093064, RS0090763; Schwaighofer, WK2 StGB § 99 Rz 48).

Der mit Verweis auf Burgstaller/Fabrizy, WK2 StGB § 83 Rz 46 erhobene Einwand (Z 9 lit a), die „leichte“ Körperverletzung (II./A./3./) sei bei Ausübung der Nötigungshandlungen (II./A./2./) eingetreten und durch §§ 105 Abs 1, 15 StGB konsumiert, leitet (weil die zitierte Literaturstelle andere Konstellationen betrifft) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb bei Eintritt einer solchen Verletzung als Folge der durch den Nötigenden ausgeübten Gewalt nicht eintätiges Zusammentreffen zwischen dem Vergehen der Nötigung und jenem der Körperverletzung nach § 83 StGB anzunehmen sei (RIS‑Justiz RS0092599, RS0115230, RS0090754; aA Burgstaller/Fabrizy, WK2 StGB § 83 Rz 47).

In diesem Umfang war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

In Ansehung der wegen der Vergehen nach § 105 Abs 1 StGB (II./A./2./a./aa./ und bb./) und nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II./A./2./b./) ergangenen Schuldsprüche (US 7) weist die Subsumtionsrüge (Z 10) allerdings zutreffend darauf hin, dass diese gleichartigen, während eines relativ kurzen Zeitraums wiederholt gleiche Tatbestände verwirklichenden Tathandlungen von einer einheitlichen Motivationslage, nämlich das für (unrechtmäßig angefertigte) rumänische Führerscheine bezahlte Geld von D***** zurückzuerlangen, getragen waren und solcherart als tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinn das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB nur einmal verwirklichen (RIS‑Justiz RS0120233, RS0122006; Ratz, WK2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 83 ff [89]).

Dieser Rechtsfehler betrifft – wie die Generalprokuratur ebenso zutreffend ausführt – auch die Schuldsprüche II./A./2./a./aa./ und bb./ sowie II./A./2./b./ der Mitangeklagten Diana M***** und Margareta M***** und erfordert deren Aufhebung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Demgemäß war das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Constantin M***** sowie aus deren Anlass in der Unterstellung der zu den Schuldsprüchen II./A./2./a./aa./ und bb./ sowie II./A./2./b./ angelasteten Tathandlungen unter die Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB, demgemäß auch in den Strafaussprüchen (bei Diana M***** einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufzuheben und zu erkennen, dass die Angeklagten hiedurch jeweils nur ein Vergehen der Nötigung (11 Os 51/11a, SSt 2011/56) begangen haben.

Bei der daher erforderlichen Strafneubemessung war bei allen davon betroffenen Angeklagten das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, bei Constantin M***** und Diana M***** das Vorliegen einschlägiger Vorstrafen erschwerend, mildernd hingegen bei Margareta M***** die Tatsache, dass sie bislang einen ordentlichen Lebenswandel führte. Die in der Berufung des Angeklagten M***** ins Treffen geführte überlange Verfahrensdauer infolge verspäteter Ausfertigung des verkündeten Urteils kann mit Blick auf die nicht unangemessene Gesamtdauer des Verfahrens und die Tatsache, dass die vierwöchige Frist zwar deutlich überschritten wurde, es sich aber um keine Haftsache handelte, (noch) nicht ersehen werden. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht folgt aus §§ 16, 295 Abs 2 StPO.

Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass bei Diana und Margareta M***** die Probezeit mit Rechtskraft des Ersturteils zu laufen begonnen hat (§ 49 StGB; RIS‑Justiz RS0092039; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 55).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte Constantin M***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Der Berufung gegen den Zuspruch eines Betrags von 1.320 Euro an das Verletzungsopfer, den das Erstgericht dem Grunde und der Höhe nach auf einen Spitalsbericht sowie auf die Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen zu stützen vermochte (US 29 f), war nicht Folge zu geben, zumal sich das Vorbringen der Berufung darin erschöpft, den Zuspruch als „verfehlt“ bzw „zu Unrecht erfolgt“ zu bezeichnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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