Spruch:
Der Revision der Klägerin und der Revision des Nebenintervenienten auf Seiten der Klägerin wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1. Die Klagsforderung besteht mit 11.826,97 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht mit 8.533,97 EUR zu Recht.
3. Die Beklagte ist daher schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen 3.293 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 6. 2012 zu zahlen.
4. Das Widerklagebegehren des Inhalts, die Widerbeklagte sei schuldig, der Widerklägerin 15.095,03 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 3. 2013 zu zahlen, sowie es werde festgestellt, dass die Widerbeklagte der Widerklägerin für sämtliche künftige Schäden aus dem fehlerhaften Fenster- und Türeneinbau beim Objekt *****, im April 2010 hafte, wird abgewiesen.“
Der Revision der Beklagten wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ließ im Rahmen der thermischen Sanierung ihres Reihenhauses Fenster und Türen der Klägerin einbauen, wobei den Einbau ein Subunternehmen des Nebenintervenienten der Klägerin vornahm. Der Einbau der Fenster fiel zeitlich mit einer Vollwärmedämmung der Fassade zusammen, die von einem dritten Unternehmer ausgeführt wurde. Nach dem Hervorkommen von Mängeln beim Fenstereinbau (keine der ÖNORM B 5320 entsprechende RAL-Montage zur Abdichtung der Bauanschlussfugen, Verunreinigung und Beschädigung von Fensterteilen, wobei mehrere Verbesserungsversuche scheiterten) vereinbarten die Klägerin und die Beklagte, dass die fehlenden Abdichtungen der Bauanschlussfugen von der die Fassadendämmung anbringenden Drittfirma herzustellen sind. Ob die Beklagte später einen entsprechenden Auftrag erteilt hat, konnte nicht festgestellt werden, jedenfalls erfolgte keine nachträgliche Abdichtung der Bauanschlussfugen.
Die Klägerin begehrte den der Höhe nach unstrittigen Werklohn von 11.826,97 EUR sA.
Die Beklagte wendete aufgrund der bestehenden Mängel mangelnde Fälligkeit des Werklohns ein. Die Verbesserung durch Dritte erfordere abzüglich „Sowiesokosten“ ein Deckungskapital von 26.922 EUR. Davon wendete sie einen Teil in Höhe des Klagsbetrags compensando ein, hinsichtlich des Mehrbetrags in Höhe von 15.095,03 EUR sA erhob sie Widerklage. Weiters erhob sie ein Feststellungsbegehren auf Haftung der Klägerin für zukünftige Schäden.
Das Erstgericht bejahte die Fälligkeit des Werklohns, da die auf das Deckungskapital gerichtete Widerklage das Sicherungsbedürfnis der Werkbestellerin wegfallen habe lassen. Es stellte das Klagebegehren als zu Recht, die Gegenforderung als mit 5.955,77 EUR zu Recht bestehend fest und verurteilte die Beklagte folglich zur Zahlung von 5.871,20 EUR sA. Die Widerklage wies es zur Gänze ab, das Feststellungsbegehren mangels rechtlichen Interesses.
Das Berufungsgericht verneinte die Fälligkeit des Werklohns und wies die Klage ab. Die Widerklage sei mit ihrem Leistungsbegehren nicht berechtigt, da die berechtigten Verbesserungskosten nur 8.533,97 EUR betrügen und daher den compensando eingewandten Teil nicht überschritten. Hingegen sei ein rechtliches Interesse der Beklagten (Widerklägerin) an der Feststellung der Haftung zu bejahen, diesem Begehren sohin stattzugeben. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob „bei einer auf die Zahlung des vereinbarten Werklohns gerichteten Klage allein durch die vom Werkbesteller erhobene, auf Zahlung des Deckungskapitals gerichteten Widerklage, weil der Werkunternehmer die Verbesserung verweigert, dessen Einwand der mangelnden Fälligkeit bzw sein Verbesserungsinteresse untergeht“.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten, jeweils mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen, sowie die Revision der Beklagten mit dem Antrag, dem Zahlungsbegehren der Widerklage mit 13.608,40 EUR Folge zu geben.
Die Beklagte, die Klägerin und der Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin beantragen in ihren jeweiligen Revisionsbeantwortungen, die jeweiligen Revisionen zurückzuweisen bzw ihnen nicht Folge zu geben. Die Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten hat am Revisionsverfahren nicht teilgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Sämtliche Revisionen sind zur Klärung der Rechtslage zulässig, jene der Klägerin und des Nebenintervenienten teilweise berechtigt, jene der Beklagten nicht berechtigt.
1. Fälligkeit des Werklohns
1.1. Sowohl die Klägerin als auch der Nebenintervenient argumentieren, Fälligkeit des Werklohns sei aus zwei Gründen zu bejahen. Zum einen ergebe sich aus einer Feststellung des Erstgerichts, dass die Beklagte auf die Ausführung der Verbesserung durch die Klägerin persönlich verzichtet und diese einen dritten Unternehmer beauftragt habe. Zum anderen schließe ein Begehren auf Zahlung des Deckungskapitals ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1052 ABGB aus.
1.2. Der letztgenannte Einwand ist berechtigt, sodass die Frage des Verzichts auf sich beruhen kann:
1.3. Die Fälligkeit des Werklohns kann nur solange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt (RIS-Justiz RS0019929; RS0018756 [T8]). Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers findet seine Rechtfertigung darin, den Unternehmer zu einer geschuldeten Verbesserung seines mangelhaften Werks zu bestimmen. Wo eine solche Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht kommt, ein durch das Gewährleistungsrecht aufrechter Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmer nicht oder nicht mehr besteht, ist auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen (RIS-Justiz RS0021925). Es entfällt insbesondere, wenn der Besteller die zunächst geforderte Verbesserung des Werks nicht zulässt oder sonst vereitelt (RIS-Justiz RS0021814), oder wenn er das noch unvollendete Werk von einem Dritten vervollständigen lässt (1 Ob 93/11z) oder vervollständigen lassen will (6 Ob 312/00a).
1.4. Dies ist hier nach dem Widerklagsvorbringen der Fall, schließt doch das Begehren auf Zahlung des Deckungskapitals denknotwendig ein, dass Verbesserung nicht (mehr) von der Klägerin begehrt, sondern einem Dritten in Auftrag gegeben werden wird.
1.5. Die Fälligkeit des Werklohns ist daher eingetreten, das Klagebegehren besteht insoweit (der Höhe nach unstrittig) zu Recht.
2. Gegenforderungen
2.1. Festgestellt ist, dass die Abdichtung der Bauanschlussfugen ursprünglich brutto rund 2.578,20 EUR (ohne Glattstrich als „Sowiesokosten“) gekostet hätte. Dadurch, dass das Wärmedämmverbundsystem hergestellt wurde, verteuert sich die Sanierung auf netto 16.233 EUR, weil nunmehr die Fassade entfernt und neu aufgebracht werden müsste.
2.2. Die Vorinstanzen erkannten nur den niedrigeren Betrag zu, wobei das Berufungsgericht die Ansicht vertrat, das Verschulden an den Mehrkosten trage die für die Herstellung der Fassadendämmung verantwortliche Drittfirma, weil sie ihre Warnpflicht verletzt habe. Zwar sei das Verhalten der Klägerin ebenfalls schuldhaft und schadenskausal, jedoch der Schaden nicht adäquat verursacht worden.
2.3. Die Frage der Adäquanz kann jedoch dahingestellt bleiben, weil zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass die Beklagte die fehlende Abdichtung der Bauanschlussfugen (fachgerecht) durch die Drittfirma im Zuge der Herstellung des Wärmedämmverbundsystems mitausführen lasse. Eine derartige Beauftragung der Drittfirma durch die Beklagte ist jedoch nicht festgestellt. Die Schadensvergrößerung gründet daher auf einer Unterlassung der Geschädigten selbst. Diese Unterlassung fällt ihr schon deshalb zur Last, weil sie sich gegenüber der Klägerin verpflichtet hatte, die Fugen im Zuge des Aufbringens der Wärmedämmung abdichten zu lassen. Damit wurde ihre nach § 1304 ABGB bestehende Schadensminderungsobliegenheit (2 Ob 4/08i mwN; RIS-Justiz RS0027043) durch Vereinbarung konkretisiert. Deren schuldhafte Verletzung führt zum Wegfall der Haftung für den dadurch verursachten Teil des Schadens (2 Ob 205/08y; RIS-Justiz RS0124232), hier also für die Mehrkosten, die sich aus dem Aufbringen der Dämmung ohne vorherige Sanierung ergeben. Damit hat es im Ergebnis bei der Haftung der Klägerin und Widerbeklagten für die ursprünglich niedrigeren Sanierungskosten zu bleiben.
2.4. Zu diesen Sanierungskosten in Höhe von 2.578,20 EUR kommen allerdings noch die vom Erstgericht festgestellten und auch vom Berufungsgericht grundsätzlich zuerkannten 5.955,77 EUR an Deckungskapital für die Behebung der ‑ neben der nicht normgerechten Fenster- und Türenmontage ‑ an den gelieferten Elementen vorhandenen Beschädigungen, einschließlich Herstellung einer ordnungsgemäßen Montage der Außenfensterbänke und Ersatz des verursachten Mehraufwands an Dämmmaterial.
2.5. Insgesamt ergibt sich daher eine berechtigte Gegenforderung in Höhe von 8.533,97 EUR. Dieser Betrag wird auch von der Klägerin und vom Nebenintervenienten der Höhe nach nicht mehr in Zweifel gezogen. Der Zinsenlauf beginnt am 9. 6. 2012, weil die letzte Verbesserung erst am 8. 6. 2012 versucht wurde.
3. Feststellungsbegehren
3.1. Der Nebenintervenient bestreitet das rechtliche Interesse am Feststellungsbegehren. Die vom Berufungsgericht zu dessen Begründung herangezogenen Behauptungen der Beklagten hätten nämlich gegen das Neuerungsverbot verstoßen und seien deshalb unbeachtlich.
3.2. Voraussetzung für die Begründetheit eines geltend gemachten Feststellungsbegehrens ist das Vorliegen eines Feststellungsinteresses (RIS-Justiz RS0039177). Nach der Rechtsprechung ist die Einbringung einer schadenersatzrechtlichen Feststellungsklage, die nicht nur dem Ausschluss der Gefahr der Anspruchsverjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde und dem Umfang nach dient, zulässig, wenn künftige Ersatzansprüche nicht ausgeschlossen werden können (RIS-Justiz RS0039018; RS0038976; RS0038865; 8 Ob 53/14y). Der Umstand, dass der Sachverständige künftige Schäden nicht mit Bestimmtheit ausschließen kann, rechtfertigt ein Feststellungsbegehren. Ein Feststellungsinteresse wäre lediglich zu verneinen, wenn zukünftig eintretende Schäden aus einem bestimmten Schadensereignis schlechthin und absolut auszuschließen sind (RIS-Justiz RS0038971 [T1, T5]). Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung ist vom Kläger durch Geltendmachung konkreter Umstände zu behaupten und (erforderlichenfalls) zu beweisen (RIS-Justiz RS0039239). Der Mangel rechtlichen Interesses an der Feststellung ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0039123).
3.3. Die Beklagte hat zum rechtlichen Interesse an der Feststellung in erster Instanz bloß vorgebracht, es könnte sein, dass bei der Sanierung eine Beschädigung der Fenster und Türen nicht vermeidbar sei und daher auch neue Fenster und Türen angeschafft werden müssten, um die Behebung vornehmen zu können. Darüber hinaus seien über den (Wider-)Klagsbetrag hinausgehende Mängelbehebungs-kosten nicht auszuschließen, deren Höhe aber nicht vorhersehbar. Tatsächlich haben aber die Vorinstanzen die Kosten der Sanierung festgestellt. Die Beklagte hat daher ihr Interesse an einer Feststellung der Haftung der Klägerin für weitere Schäden nicht ausreichend dargetan. Ihr weiteres Vorbringen zu diesem Thema in der Berufung verstößt ‑ wie in der Revision des Nebenintervenienten richtig aufgezeigt ‑ gegen das Neuerungsverbot. Das Feststellungsbegehren der Beklagten (Widerklägerin) ist daher abzuweisen.
4. Den Revisionen der Klägerin und des Nebenintervenienten ist somit teilweise Folge zu geben, der Revision der Beklagten hingegen nicht Folge zu geben.
5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.
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