Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 4.179,75 EUR (darin 990,01 EUR USt und 1.343,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der 1975 geborene Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am 15. 4. 1996 schwer verletzt. Mit Teilanerkenntnisurteil des Landesgerichts Wels vom 10. 12. 1997 wurde festgestellt, dass ihm die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für sämtliche zukünftigen Schäden aus dem Unfall zu haften haben, wobei die Haftung der drittbeklagten Partei auf die Haftpflichtversicherungssumme beschränkt wurde.
Der Kläger erlitt bei dem Unfall einen Ausriss des rechten Armnervengeflechts mit nahezu völliger Lähmung des rechten Arms, eine Dauerfolge, die einer Einarmigkeit entspricht. Die Beeinträchtigung des Klägers durch den funktionslos baumelnden rechten Arm ist wesentlich beträchtlicher, als wenn der Arm überhaupt fehlen würde.
Aufgrund dieser Verletzung war der Kläger nicht mehr in der Lage, seinen erlernten Beruf als Chemiearbeiter bei der L***** AG auszuüben. Nach einer Umschulung zum EDV-Techniker arbeitete er acht Jahre lang bei der I***** GmbH (in der Folge nur: I*****), wo er Netzwerke plante und aufstellte, Angebote einholte und im Verkauf tätig war. Zuletzt war er Leiter der EDV-Abteilung. Mit 31. 5. 2005 kündigte der Kläger dieses Arbeitsverhältnis und gründete ein eigenes Unternehmen. Seit 1. 6. 2005 ist er als EDV-Dienstleister selbständig erwerbstätig.
Die in den Jahren seiner Tätigkeit bei der I***** erzielten Einkünfte des Klägers blieben hinter seinen Verdienstmöglichkeiten bei der L***** AG zurück. Sein jährlicher Verdienstentgang wurde ihm von der drittbeklagten Partei ersetzt. Im Jahr 2005 hätte der Kläger bei der L***** AG 20.097,86 EUR verdient. Hätte er das Arbeitsverhältnis bei der I***** fortgesetzt, hätte er einen Verdienstentgang von 2.000 EUR erlitten. Tatsächlich bezog er im Jahr 2005 aus unselbständiger Erwerbstätigkeit noch Einkünfte in Höhe von 2.373,58 EUR vom Land Oberösterreich und „8.738,78 EUR" (richtig wohl: 6.738,78 EUR; vgl Beilage H) von der I*****. Aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit erzielte er ein negatives Ergebnis von 17.126,53 EUR. Der Einkommenssteuerbescheid 2005 wies beim Einkommen des Klägers einen Negativsaldo von 8.319,61 EUR aus.
Der Kläger begehrte mit der am 16. 7. 2007 eingebrachten Klage von den beklagten Parteien den Ersatz seines Verdienstentgangs aus dem Jahr 2005, den er mit 20.097,86 EUR bezifferte. Er brachte vor, die Tätigkeit bei der I***** sei ihm nicht länger zumutbar gewesen, weil das Arbeitsklima sehr schlecht gewesen sei und er es dort nicht mehr ausgehalten habe. Er beabsichtige nicht, als selbständiger Unternehmer weniger zu verdienen, Anlaufverluste bei Gründung eines Unternehmens seien aber durchaus üblich. Schon nach wenigen Jahren werde er das gleiche Einkommen erzielen, wie vor dem Wechsel in die selbständige Erwerbstätigkeit. Im Sinne der unterhaltsrechtlichen Judikatur sei der Berechnung des Verdienstentgangs daher nicht das fiktiv erzielbare, sondern das tatsächlich erzielte Jahreseinkommen aus dem Jahr 2005 zugrunde zu legen.
Die beklagten Parteien wandten ein, der Umstand, dass der Kläger seine unselbständige Erwerbstätigkeit ohne zwingende Notwendigkeit aufgegeben habe, könne ihnen nicht zugerechnet werden. Das vom Kläger in Kauf genommene unternehmerische Risiko habe er selbst zu tragen und sei nicht auf die beklagten Parteien abwälzbar. Der Kläger sei daher so zu stellen, als würde er weiterhin das aus unselbständiger Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen lukrieren. Davon abgesehen wäre bei der Berechnung des Verdienstentgangs jedenfalls das im Jahr 2005 aus unselbständiger Tätigkeit erzielte Einkommen zu berücksichtigen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 2.000 EUR sA statt und wies das auf 18.097,86 EUR sA lautende Mehrbegehren ab. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es noch fest:
Am Beginn seiner Tätigkeit als EDV-Techniker bei der I***** gab es für den Kläger keine Probleme, sein persönliches Verhältnis zum Chef war aber nie besonders gut. Dieser war generell gegen die EDV-Abteilung eingestellt. Der Freund des Klägers, der mit ihm gemeinsam dort begonnen hatte, schirmte ihn zunächst gegenüber Chef und Mitarbeitern ab. Als dieser Freund innerhalb des Unternehmens versetzt wurde, folgte ihm der Kläger als Leiter der aus drei Personen bestehenden EDV-Abteilung nach. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Arbeitsklima für den Kläger zunehmend schlechter, dies vor allem in den letzten zwei bis drei Jahren vor seinem Ausscheiden. Seine Arbeit wurde vom Chef nicht anerkannt und teilweise sogar behindert. Er bekam nach langem Drängen ein Firmenauto, das ihm jedoch nach kurzer Zeit wieder weggenommen wurde. Es wurden ihm Mitarbeiter zugeteilt, die nicht qualifiziert oder nicht motiviert waren. Wenn der Kläger seinen Chef auf Probleme ansprach, bekam er keine sachliche Antwort. Auch zu mehreren Mitarbeitern konnte der Kläger kein positives Verhältnis aufbauen, obwohl er dies versuchte. Er hält es für möglich, dass seine Behinderung Ursache dafür war, dass ihn manche Mitarbeiter nicht als gleichwertig akzeptierten. Ausdrücklich ausgesprochene abfällige Bemerkungen sind dem Kläger aber nicht erinnerlich. Vor seinem Unfall hatte er allerdings nie den Eindruck, von anderen Personen nicht als vollwertig akzeptiert zu werden. Hilfe benötigte der Kläger nur, wenn er schwer tragen musste, so etwa ein- bis zweimal pro Woche beim Tragen von Bildschirmen. Da sich der Kläger insbesondere in den letzten zwei bis drei Jahren an seinem Arbeitsplatz bei der I***** als diskriminiert erachtete und mangels Anerkennung seiner Leistungen frustriert war, empfand er die Situation als unerträglich und entschloss sich, selbständig zu werden. Hiefür wählte er den Sommer 2005, weil er wusste, dass ein großes Unternehmen EDV-Betreuer suchte und er dieses als Kunde gewinnen konnte. Davor hatte er sich noch etwa einen Monat lang intensiv, aber erfolglos darum bemüht, in einem anderen Unternehmen eine vergleichbare Anstellung zu finden. Es ist möglich, dass seine ergebnislose Arbeitssuche mit seiner Behinderung zusammenhing. Nicht festgestellt werden kann, ob das für den Kläger unerträgliche Arbeitsklima, welches ihn zum Verlassen der I***** bewog, mit dieser Behinderung zu tun hatte.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass der durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erlittene Verdienstentgang des Klägers vom Schädiger nicht adäquat verursacht worden sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass das unzumutbare Arbeitsklima oder die Schwierigkeiten bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle mit der unfallskausalen Behinderung des Klägers im Zusammenhang stünden. Die negativen Folgen seines Entschlusses könnten daher nicht mehr dem Schädiger angelastet werden.
Das nur vom Kläger angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit Ausnahme eines geringfügigen Zinsenteilbegehrens zur Gänze stattgab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht erörterte nach Wiedergabe einschlägiger österreichischer und deutscher Judikatur rechtlich, die beklagten Parteien wären dafür beweispflichtig gewesen, dass der Kläger seinen Ersatzarbeitsplatz ohne Notwendigkeit, insbesondere ohne hiezu durch die Unfallsfolgen gezwungen gewesen zu sein, aufgegeben habe. Dieser Beweis sei ihnen misslungen, sei doch nach den Feststellungen offen geblieben, ob das vom Kläger als unerträglich empfundene Arbeitsklima mit seiner Behinderung im Zusammenhang gestanden sei. Es müsse daher auch nicht beurteilt werden, ob die beklagten Parteien für den geltend gemachten Verdienstentgang auch dann ersatzpflichtig wären, wenn der Verlust des Ersatzarbeitsplatzes nicht auf den Unfall zurückzuführen sei. Der vom Kläger durch die Aufgabe des Arbeitsplatzes erlittene Einkommensverlust sei eine adäquat kausale Schadensfolge. Es liege nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass ein Verletzter eine unfallbedingt aufgenommene Ersatztätigkeit wieder aufgebe und dadurch eine Einkommenseinbuße erleide. Der diesbezügliche Entschluss des Klägers eigne sich nicht zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen dem Unfall und dem im Jahr 2005 eingetretenen Verdienstentgang. Es liege kein Fall vor, bei dem der vom Kläger nun eingeschlagene berufliche Lebensweg von einer eigenständigen Entscheidung derart geprägt worden wäre, dass eine klare Zäsur zum Unfall und den zu beurteilenden Ersatzansprüchen zu erkennen sei.
Für die Beurteilung der Frage, ob der durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Jahr 2005 erhöhte Verdienstentgang ersetzt werden müsse, sei auf die in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Beweislastgrundsätze zur Erwerbsmöglichkeit eines Verletzten zurückzugreifen. Danach müsse der Schädiger, um bei - wie hier - verbliebener teilweiser Erwerbsfähigkeit eine Verletzung der Schadensminderungspflicht annehmen zu können, den Nachweis erbringen, dass der Geschädigte eine ihm nachgewiesene konkrete Erwerbsmöglichkeit oder eine zu einer solchen voraussichtlich führende Umschulung ohne zureichende Gründe ausgeschlagen habe. Diesen Beweis hätten die beklagten Parteien nicht angetreten. Der Nachweis einer bloß abstrakten Möglichkeit, durch eine anderweitige Beschäftigung den Verdienstausfall zu verringern oder auszugleichen, sei nicht hinreichend. Da die beklagten Parteien dem Kläger somit eine Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht nachgewiesen hätten, seien sie für den gesamten im Jahr 2005 eingetretenen, adäquat kausal auf den Unfall zurückzuführenden Verdienstentgang ersatzpflichtig.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage des Verdienstentgangs nach Verlust einer unfallbedingt angenommenen Ersatztätigkeit noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf; sie ist auch berechtigt.
Die beklagten Parteien machen geltend, der Kläger habe seinen Arbeitsplatz entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht verloren, sondern freiwillig aufgegeben, ohne hiezu durch den Arbeitgeber oder Arbeitskollegen genötigt worden zu sein. Es lägen keine objektiv zureichenden Gründe für die Beendigung der konkret vorhandenen Erwerbsmöglichkeit vor, die dem Schädiger noch zugerechnet werden könnten. Die Ansicht des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass das gesamte wirtschaftliche Risiko des Entschlusses des Klägers, sich selbständig zu machen, auf die Haftpflichtigen überwälzt werden würde, wobei letztere nur die Nachteile, wie den üblichen Anlaufverlust, zu tragen hätten, während allfällige Vorteile nur dem Kläger zugute kämen.
Hiezu wurde erwogen:
1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt ein adäquater Kausalzusammenhang auch dann vor, wenn eine weitere Ursache für den entstandenen Schaden dazu getreten ist und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge dieses Hinzutreten als wahrscheinlich zu erwarten ist, jedenfalls aber nicht außerhalb der menschlichen Erwartung liegt. Es kommt nur darauf an, ob nach den allgemeinen Kenntnissen und Erfahrungen das Hinzutreten der weiteren Ursache, wenn auch nicht gerade normal, so doch wenigstens nicht gerade außergewöhnlich ist (2 Ob 58/07d = ZVR 2008/225 [Kathrein]; RIS-Justiz RS0022918). Besteht die weitere Ursache in einer Handlung des Verletzten selbst, ist die Adäquanz nur dann zu verneinen, wenn mit dem dadurch bedingten Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen war (vgl 2 Ob 15/05b = SZ 2005/40; 2 Ob 58/07d; je mwN).
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die zur vorübergehenden Einkommenslosigkeit des Klägers führenden Vorgänge nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung lagen. Weder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen eines (wenn auch allenfalls nur subjektiv) als „unerträglich" empfundenen Arbeitsklimas, noch die Entscheidung, trotz der zu erwartenden Anlaufverluste ein eigenes Unternehmen zu gründen, machte den Geschehensablauf so außergewöhnlich, dass dessen Adäquanz in Frage gestellt werden müsste.
2. Die berufliche Neuorientierung des Klägers im Jahr 2005, die mit dem schädigenden Ereignis in einem adäquaten Kausalzusammenhang steht, bewirkte, dass sich der zunächst eingetretene Verdienstentgangsschaden vergrößert hat. Nach mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ist trotz Bejahung der Adäquanz in solchen Fällen die Zurechnung dieser Schadensfolge nicht mehr gerechtfertigt, wenn diese auf einem selbständigen, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht herausgeforderten Entschluss des Klägers beruhte, der sie deshalb auch allein zu verantworten hat (1 Ob 626/89 mwN; 3 Ob 115/06t; RIS-Justiz RS0022912). Wenngleich die - teilweise auch an eine umfassende Interessenabwägung geknüpfte (vgl 2 Ob 155/97a; 3 Ob 289/05d; 6 Ob 84/06f) - Zurechenbarkeit des Schadens bisweilen als eigenes Haftungskriterium verstanden wurde, so handelt es sich dabei letztlich doch nur um einen Aspekt der Schadensminderungspflicht (auch Rettungspflicht; vgl Reischauer in Rummel, ABGB3 II/2a § 1295 Rz 18 f und 21). Ergibt sich doch aus § 1304 ABGB auch die Verpflichtung des Geschädigten, den (ohne sein Zutun) eingetretenen Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein entsprechendes Verhalten möglich und zumutbar ist (2 Ob 4/08i mwN; RIS-Justiz RS0027043; Reischauer aaO § 1304 Rz 37 f). Nur eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht kann zur Kürzung der Ansprüche des Geschädigten führen (RIS-Justiz RS0027062), die sich aber im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung niederschlägt; der Geschädigte hat vielmehr die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen (2 Ob 4/08i mwN; Reischauer aaO § 1304 Rz 37; krit Karner in KBB2 § 1304 Rz 10).
3. In ständiger Rechtsprechung wird eine Verletzung der dem Geschädigten obliegenden Schadensminderungspflicht darin erblickt, dass es der Geschädigte schuldhaft unterlässt, einem ihm nach den Umständen zumutbaren Erwerb nachzugehen (RIS-Justiz RS0027143). Ebenso kann dem Geschädigten das Unterlassen eines zumutbaren Berufswechsels (nach Umschulung) anzulasten sein (vgl 2 Ob 227/07g mwN; ferner RIS-Justiz RS0030978, RS0031294; Reischauer aaO § 1304 Rz 40). Vor allem aber begründet es eine Verletzung der Schadensminderungspflicht, wenn der Geschädigte nach schuldhafter Lösung seines Dienstverhältnisses nur noch ein geringeres Einkommen erzielt (RIS-Justiz RS0026997). In diesem Sinne sind auch die Ausführungen in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 2 Ob 14/90 zu verstehen. Darin wurde unter anderem dargelegt, dass den (damaligen) Kläger am Verlust seines (dort einvernehmlich aufgelösten) Arbeitsplatzes dann ein Verschulden trifft, wenn er seine Anstellung aus freiem Entschluss aufgegeben hat. Dies entspricht auch der herrschenden Auffassung in Deutschland (vgl Dressler in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15 [2002] Kap 32 TZ 15 und 32; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden9 [2006] Rn 75).
4. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht könne ihm nicht vorgeworfen werden, weil ihm die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses bei der I***** nicht zumutbar gewesen sei. Die Beweislast für die Richtigkeit dieser Behauptung traf entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts aber den Kläger selbst:
Es trifft zwar zu, dass grundsätzlich den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass der Geschädigte die Schadensminderungspflicht schuldhaft verletzte (RIS-Justiz RS0027129). Diese allgemeine Regel findet aber dort eine Einschränkung, wo die Möglichkeit der Geringhaltung des Schadens naheliegt, konkrete Beweise aber vom Schädiger billigerweise nicht erwartet werden können, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre des Geschädigten liegen und daher nur ihm bekannt und auch nur von ihm beweisbar sind (RIS-Justiz RS0027129 [T5 und T8]). Solche allein aus seiner Sphäre stammende und daher auch nur von ihm beweisbare Umstände hat der Kläger hier geltend gemacht.
Den Beweis, dass ihm eine weitere Tätigkeit bei der I***** nicht länger zumutbar gewesen wäre, hat der Kläger freilich nicht erbracht. Dabei ist zu beachten, dass er nach erfolgreicher Umschulung zum EDV-Techniker bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses acht Jahre lang in diesem Unternehmen tätig war und dort zuletzt sogar die Funktion des Leiters der EDV-Abteilung bekleidete. Hinweise darauf, dass dieser Arbeitsplatz gefährdet gewesen wäre, liegen nicht vor. Es mag dem Kläger durchaus zuzubilligen sein, dass er die von ihm vermisste Anerkennung seines Vorgesetzten, die Zuteilung unqualifizierter Mitarbeiter und ganz allgemein ein (von ihm subjektiv so bewertetes) schlechtes Arbeitsklima als unbefriedigend empfand und in ihm den Wunsch nach beruflicher Veränderung weckte und festigte. Dies machte die Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit aber noch nicht unzumutbar. Die unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht maßgebliche Grenze der Zumutbarkeit wäre etwa (erst) dann überschritten gewesen, wenn aufgrund der als belastend empfundenen Umstände eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers entweder bereits eingetreten oder zumindest ernsthaft zu besorgen gewesen wäre. Für das Vorliegen einer derart gravierenden Belastungssituation bieten die Feststellungen aber keinen ausreichenden Anhaltspunkt. Löste der Kläger dennoch sein Arbeitsverhältnis ohne Aussicht auf eine gleichwertige unselbständige Erwerbsmöglichkeit auf und nahm er mit dem Entschluss, ein eigenes Unternehmen zu gründen, das (wenn auch nur vorübergehende) Anwachsen des Verdienstentgangsschadens in Kauf, verletzte er schuldhaft die ihn treffende Schadensminderungspflicht. Dies hat zur Folge, dass ihm die bei Fortsetzung seiner Tätigkeit erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen sind (vgl Pardey in Geigel, Haftpflichtrecht25 Kap 4 Rn 87).
5. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Berufungsgericht zitierten deutschen Judikatur:
In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs VI ZR 2/91 (= VersR 1991, 1293) wurde im Falle eines Verletzten, der in seinem Ersatzberuf ein höheres Einkommen als in seinem zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübten Beruf erzielt hatte, dieses Arbeitsverhältnis aber kündigte, weil er in das Unternehmen seines Bruders wechseln wollte, danach aber Einkommenseinbußen in Kauf nehmen musste, die Ersatzpflicht des Schädigers für diesen Schaden verneint. Lägen eindeutige Umstände dafür vor, dass der Verletzte mit der Entscheidung zu einem Berufswechsel seinen künftigen beruflichen Lebensweg vom Unfallereignis losgelöst und dem Bereich des eigenen Lebensrisikos überantwortet habe, handle der Verletzte auf eigenes Risiko (ähnlich BGH VI ZR 149/90 = VersR 1991, 596). Diese Erwägungen treffen im hier zu beurteilenden Fall auch auf den Kläger zu.
Aus der in r + s 2000, 199 veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, weil ihr ein nicht vergleichbarer Sachverhalt (Kündigung des zweiten Arbeitsplatzes durch den Dienstgeber) zugrunde lag.
6. Auch wenn der Kläger, wie er in erster Instanz behauptete, als selbständiger Unternehmer in zwei bis drei Jahren wieder ein gleichwertiges Einkommen wie aus unselbständiger Erwerbstätigkeit erzielen sollte, wäre dies nach den erörterten Grundsätzen für die Entscheidung nicht relevant. Die in diesem Zusammenhang in der Revisionsbeantwortung gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt schon aus diesem Grund nicht vor.
7. Aus den dargelegten Erwägungen ist das angefochtene Urteil in Stattgebung der Revision dahin abzuändern, dass die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt wird.
Dieses Verfahrensergebnis macht es erforderlich, auf die in der Berufung des Klägers enthaltene Kostenrüge einzugehen. Diese ist aber nicht berechtigt. Der Kläger hat in erster Instanz mit weniger als 10 % des Gesamtstreitwerts obsiegt, sodass die Anwendung des § 43 Abs 2 erster Fall ZPO zugunsten der beklagten Parteien nicht zu beanstanden ist (vgl Fucik in Rechberger, ZPO3 § 43 Rz 10). Der Schriftsatz vom 14. 8. 2007, mit welchem die Erteilung der Vollmacht (auch) durch den Erstbeklagten und die Zweitbeklagte mitgeteilt wurde, diente im Hinblick auf den mit dem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl verbundenen vorherigen Antrag des Beklagtenvertreters auf einstweilige Zulassung gemäß § 38 Abs 1 ZPO der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl RIS-Justiz RS0035737), weshalb er nach TP 1 Z 1 lit a RATG zu honorieren war.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der richtige Ansatz für die Kosten der Berufungsbeantwortung beträgt 517,30 EUR. Ferner gebührt nur ein Einheitssatz von 150 % (statt der verzeichneten 180 %).
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