European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00090.15D.0917.000
Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Beklagte beabsichtigte den Verkauf eines ca drei Hektar großen, als „Industriegrund I 1“ gewidmeten Grundstücks. Der Kläger interessierte sich für den Kauf von etwa 5.000 m². Er erhielt über Veranlassung der Beklagten von der für diese vermittelnden Immobilien GmbH (= Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten [im Weiteren: NIB]) ein Schreiben vom 14. Februar 2012, in dem zum Ausstattungszustand des Grundstücks ua angeführt war: „Strom: vorhanden, Starkstrom: vorhanden“. Mit diesem Schreiben erhielt der Kläger auch eine von der NIB verfasste Expertise ua mit dem Text: „Aufschließung: EUR 8,00/m² für Strom, Telefon, Wasser, Kanal“. Im Zuge der nachfolgenden Vertragsverhandlungen, die die Streitteile alleine führten, einigten sie sich auf einen Grundstückspreis von 28 EUR/m² und Aufschließungskosten von 8 EUR/m², welche neben der Aufschließung des Grundstücks mit Wasser und Kanal „auch die Herstellung eines Starkstromanschlusses für eine Stromleitung mit einer Leistung von 100 kW bis zur Grundgrenze des Klägers umfassen sollten“.
Die Beklagte beauftragte bereits vor Abschluss des Kaufvertrags Unternehmen mit der Durchführung von Aufschließungsarbeiten in Zusammenhang mit dem Wasser- und Kanalanschluss sowie der Verlegung von Kabeln für eine Straßenbeleuchtung und errichtete auch eine Zufahrtsstraße.
Der Kläger sandte der mit der Verfassung des schriftlichen Kaufvertrags beauftragten Rechtsanwalts GmbH (= Nebenintervenientin auf Seiten des Klägers [im Weiteren: NIK]) ein eMail vom 23. März 2012, in dem es ua lautete: „Der Grund ist 5.095 m² groß, der Preis je m² ist 28 EUR plus 8 EURO je m² für Aufschließungskosten: Straße, Wasser, Kanal, Strom, Starkstrom, Telefon, Fernwärme“.
Der am 30. März 2012 von beiden Seiten unterfertigte Kaufvertrag hat ua folgenden Inhalt:
„ 1. Kaufgegenstand
[…] Die Aufschließung des kaufgegenständlichen Grundstückes hinsichtlich Wasser, Abwasser und Strom erfolgt über das neue Weggrundstück Nr. [...]. Über dieses Grundstück erfolgt auch die Zufahrt. […]
4. Kaufpreis
„Der Kaufpreis für das gegenständliche Grundstück wird zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich festgesetzt und beträgt € 142.660,00 [...]. Als zusätzliche Gegenleistung für die Aufschließungskosten ist ein Betrag von € 40.760,00 [...] zu bezahlen, sodass sich der Gesamtbetrag mit € 183.420,00 [...] errechnet. […] “
Da die Streitteile in weiterer Folge über die Herstellung eines Starkstromanschlusses mit einer Leistung von 100 kW bis zur Grundgrenze des Klägers in Streit gerieten, ließ die Beklagte in Zusammenhang mit der Stromversorgung nur noch Leerverrohrungen verlegen. Bis jetzt ist weder ein gewöhnlicher Stromanschluss noch ein Starkstromanschluss für die insgesamt drei aus dem Industriegebiet verkauften Grundstücke der Beklagten vorhanden.
Die Herstellung eines Starkstromanschlusses mit einer Stromleitung mit einer Leistung von 100 kW erfordert für das Grundstück des Klägers ohne Erd-, Stemm- und Grab- und Wiederherstellungsarbeiten einen Kostenaufwand von 42.943,98 EUR.
Unstrittig ist, dass kein Handelsbrauch des Inhalts besteht, die Widmung als Industriegrund beinhalte die Aufschließung mit Starkstrom.
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, vom neuen Weggrundstück auf das von ihm erworbene Grundstück einen Starkstromanschluss für die Widmungskategorie Industriegrundstück zu errichten oder sich durch Zahlung eines Betrags von 42.943,98 EUR sA von dieser Verpflichtung zu befreien. Grundlage des Kaufvertrags seien das Anbot und die Expertise der NIB gewesen. Das Grundstück sei als Industriegrund mit vorhandenem Strom und Starkstrom angeboten worden; daher sei die für Industriegrund notwendige Infrastruktur Vertragsbestandteil geworden. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den in dieser Vertragsgrundlage dargestellten Ausstattungszustand der Liegenschaft herzustellen. Die Beklagte habe die Errichtung eines Starkstromanschlusses ausdrücklich zugesichert. Dennoch habe sie sich plötzlich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger habe nur Anspruch auf eine Leerverrohrung für die Stromversorgung. Für die vertraglich noch geschuldete Leistung wären 42.943,38 EUR aufzuwenden, was sich mit der Einschätzung der Beklagten decke. Die Beklagte habe die Herstellung einer Leitung für eine 100 kW-Leistung zugesagt. Ihr sei die Verpflichtung zur Herstellung eines Starkstromanschlusses bewusst gewesen. Sie habe bereits entsprechende Maßnahmen getroffen, diese jedoch aus finanziellen Gründen nicht zu Ende geführt.
Die Beklagte bestritt und wendete ein, zwischen den Parteien sei keine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen worden, welche Leistungen unter dem Titel „Aufschließung“ erbracht werden sollten. Sie habe daher Aufschließungsmaßnahmen im üblichen und dem vereinbarten Entgelt angemessenen Ausmaß vorgenommen; dem entsprechend habe sie für die Errichtung einer Zufahrtsstraße sowie für einen Kanal- und Wasseranschluss gesorgt und auch die Leerverrohrungen für den Stromanschluss verlegen lassen. Um ihren guten Willen zu zeigen, habe sie zudem ein 100‑kW‑Kabel in ausreichender Länge besorgt, das aber der Kläger verlegen (lassen) müsse. Typischerweise würden Aufschließungsarbeiten, die der Verkäufer einer Liegenschaft durchführen lasse, nur die Vorbereitung der jeweiligen Anschlüsse umfassen, nicht aber die Anschlüsse selbst. Der Begriff „Aufschließungskosten“ sei gemäß §§ 914, 915 ABGB in der die Beklagte geringer belastenden Form (bloß Strom und nicht Starkstrom) und nach der Textierung im Punkt 4. des Kaufvertrags zu verstehen. Das Klagebegehren sei zu unbestimmt formuliert.
Das Erstgericht gab der Klage auf der Grundlage der eingangs wiedergegebenen (auf das in dritter Instanz Wesentliche beschränkten) Feststellungen mit unbedeutenden Modifikationen statt und bemaß die Leistungsfrist mit vier Monaten. Die Parteien hätten die Herstellung einer Stromleitung und eines Stromanschlusses ganz konkret vereinbart; bei Starkstrom handle es sich nur um eine besondere Qualität von Strom. Es sei der Vertragswillen beider Parteien zur Herstellung eines Starkstromanschlusses von 100 kW bis zur Grundgrenze des Klägers eindeutig dokumentiert.
Der Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Es überging die Tatsachen- und Beweisrüge mangels gesetzmäßiger Ausführung und erachtete die Rechtsrüge als nicht berechtigt. Die Feststellungen zur Einigung der Streitteile zum Starkstromanschluss seien nicht überschießend, weil der Kläger eine vertragliche Vereinbarung dazu behauptet habe. Es sei auch die Rechtsansicht, der Vertragswille beider Seiten sei auch auf die Herstellung eines Starkstromanschlusses gerichtet gewesen, unter Berücksichtigung der gesamten zum Vertragsabschluss führenden Umstände nicht zu beanstanden.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klageabweisung, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Sie wendet sich wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung gegen das Berufungsurteil (erkennbar) im gesamten Umfang und macht zusammengefasst geltend, der Urteilsspruch sei widersprüchlich und unbestimmt. Dieser definiere zwar eine Leitungsführung (zwingend über eine gewisse Wegstrecke), verwende jedoch in weiterer Folge den gegenteiligen (weil auf einen lokalen Punkt bezogenen) und unbestimmten Begriff eines Starkstromanschlusses. Ein Strombezug erfordere aber sowohl eine Leitung in einer gewissen Ausführung als auch die Möglichkeit einer generell kostenpflichtigen Anschlussberechtigung bei einem Energieversorger; diese Anschlusskosten seien ganz unabhängig von den Kosten der Leitung zu sehen. Selbst wenn man von der Sichtweise des Erstgerichts ausgehe, sei die Beklagte nur verpflichtet, eine Stromleitung zu legen, weil Aufschließung nur die Herstellung einer Leitung von einem Trafo bis an die Grundgrenze bedeute; davon seien weder der Netzanschluss, noch die Netzbereitstellung oder das Entgelt dafür oder andere Leistungen/Zahlungen umfasst. Da diese Unterscheidung sowohl vom Erst- als auch vom Berufungsgericht unbehandelt geblieben sei, lägen der bekämpften Entscheidung undefinierbare Begriffe zugrunde, die eine ausreichende Bestimmbarkeit und Exequierbarkeit verhindern würden.
Dem tritt der Kläger in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen. Die NIK beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt, weil der von der Beklagten in allen drei Instanzen erhobene Einwand, das Klagebegehren sei mangels ausreichender Bestimmtheit nicht exequierbar, zutrifft.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorweg ist festzuhalten:
1.1. Die Revision weist entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung keine formalen Mängel auf, die ihre Zurückweisung erfordern würden.
1.2. In der Revision kommt die Beklagte nicht mehr auf die vom Erstgericht übergangene Lösungsbefugnis zurück, was auch der Kläger nicht beanstandete. Ebenso wenig thematisiert sie ihre in erster Instanz erhobenen Einreden wegen laesio enormis und Irrtum und die in der Berufung geltend gemachten überschießenden Feststellungen.
Darauf ist daher in dritter Instanz nicht mehr einzugehen.
1.3. Sie bemängelt auch nicht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts über die nicht gesetzmäßige Ausführung ihrer Beweisrüge in der Berufung.
Somit ist den weiteren rechtlichen Überlegungen der vom Berufungsgericht übernommene Sachverhalt zugrunde zu legen.
1.4. Die Beklagte, die bisher die Ansicht vertrat, sie schulde im Rahmen der von ihr herzustellenden Aufschließung mit (Stark-)Strom nur die Schaffung einer Leerverrohrung von der Trafostation zur Grundgrenze des Klägers, gesteht in der Revision ‑ auf der Basis des derzeit angenommenen Sachverhalts ‑ erstmals zu, sie sei (nur) zur Legung einer Starkstromleitung von einer Trafostation bis an die Grundgrenze verpflichtet.
2.
Bei anderen als Geldleistungsklagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens jedenfalls dann genüge getan, wenn man unter Berücksichtigung des Sprach‑ und Ortsgebrauchs und nach den Regeln des Verkehrs daraus entnehmen kann, was begehrt ist; welche Anforderungen an die Konkretisierung des Klagebegehrens zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0037874 [T39]). Zur Bestimmtheit eines Begehrens ist nicht erforderlich, dass alle Identifizierungsangaben im Begehren selbst erschöpfend wiedergegeben werden; es kann auch auf Urkunden oder auf andere Unterlagen verwiesen werden, wenn diese zu einem Bestandteil des Begehrens gemacht werden (RIS‑Justiz RS0037420). Auch bei der Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen gelten die Erfordernisse der Bestimmtheit (RIS‑Justiz RS0109436 [T1]). Im Exekutionstitel müssen vertretbare Handlungen so genau umschrieben werden, wie dies tunlich ist (RIS‑Justiz RS0000808 [T9]). Ein auf vertretbare Handlungen lautender Titel muss nicht nur durch deren genaue Beschaffenheit, sondern auch durch den Ort der Leistung genau umschrieben sein (RIS‑Justiz RS0000489). Ein Klagebegehren ist in der Regel unbestimmt, wenn ein stattgebendes Urteil nicht Grundlage einer Exekution sein könnte (4 Ob 118/12z; RIS‑Justiz RS0037452).
Diesen Anforderungen wird sowohl das vom Kläger gestellte Klagebegehren als auch der Zuspruch der Vorinstanzen nicht gerecht.
3. Der Kläger strebt die ‑ von den Vorinstanzen als berechtigt erachtete ‑ Verpflichtung der Beklagten an, „auf [dem von ihm erworbenen] Grundstück […] vom Weggrundstück [...] einen Starkstromanschluss für die Widmungskategorie Industriegrundstück zu errichten.“ Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte dazu, „vom Weggrundstück […] bis zur Grundgrenze des [vom Kläger erworbenen] Grundstücks […] einen Starkstromanschluss für die Widmungskategorie Industriegrundstück zu errichten.“
3.1. Anders als dem vom Kläger formulierten Urteilsbegehren lässt sich dem Zuspruch durch die Vorinstanzen nicht entnehmen, dass der Starkstromanschluss auf dem vom Kläger gekauften Grundstück errichtet werden soll, weil dieser nach dem Urteilsspruch nur bis zu dessen Grundgrenze zu führen ist; demnach würde der „Starkstromanschluss“ noch auf dem Weggrundstück enden, wobei völlig unklar bleibt, in welcher Gestalt (zB durch aus dem Boden herausstehende Kabel oder in einem Wandlermessschrank [vgl Beilage ./3 Pos 1.0040]).
3.2. Die Beschreibung des sonst nicht näher definierten Starkstromanschlusses durch den Verweis auf die Widmungskategorie Industriegrundstück stellt keine taugliche Individualisierung der von der Beklagten geschuldeten Leistung dar.
Das Steiermärkische Raumordnungsgesetz (Stmk ROG) 2010 in der auch hier schon anwendbaren Fassung des § 30 Abs 1 Z 5 nennt in der Aufzählung der als Baugebiete in Betracht kommenden Gebiete die Begriffe „Industriegebiet 1“ und „Industriegebiet 2“; eine Widmungskategorie „Industriegrundstück“ findet darin aber keine Erwähnung. Darüber hinaus enthält das Stmk ROG keine Bestimmung, der sich entnehmen ließe, über welche Spezifikationen die Stromversorgung eines Grundstücks in einem Industriegebiet (als Bauland [vgl § 28 Abs 1 iVm § 30 Abs 1 Stmk ROG 2010]) verfügen müsste. Das gilt auch für das Steiermärkische Baugesetz (Stmk BauG).
Über die hier verwendete Definition „Widmungskategorie Industriegrundstück“ lässt sich daher nicht ermitteln, wie der von der Beklagten herzustellende Starkstromanschluss genau beschaffen sein muss.
3.3. Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klageerzählung vom Kläger gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440). Bedenkt man die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihm die Herstellung einer Leitung für eine 100 kW‑Leistung zugesagt, könnte dem Klagebegehren eine Spezifikation des Starkstromanschlusses in diesem Sinn unterstellt werden (vgl RIS‑Justiz RS0041254; RS0041165). Eine ausreichende Bestimmtheit des Klagebegehrens und des Urteilsspruchs würde damit allerdings dennoch nicht erreicht werden.
3.4. Es fehlt nämlich an jeder Klarstellung sowohl im Vorbringen des Klägers als auch im Begehren/Spruch (zB durch Auflistung der einzelnen dafür notwendigen Handlungen/Leistungen), was unter „Errichtung eines Starkstromanschlusses“ zu verstehen ist und wie der „Anschluss“ konkret beschaffen sein muss. Es wird dieser Formulierung aber im allgemeinen Sprachgebrauch ‑ jedenfalls im hier gegebenen Zusammenhang mit der Aufschließung eines neu geschaffenen Grundstücks ‑ kein eindeutiger Wortsinn beigemessen. Auch ein Rückgriff auf gesetzliche Bestimmungen stellt die notwendige Klarheit über die Bedeutung der Formulierung nicht her. Im Anschluss daran bleibt auch offen, wer dabei allenfalls anfallende Anschlusskosten zu tragen hat.
3.4.1. Die titulierte Verpflichtung kann einerseits dahin verstanden werden, dass die Stromleitung bis an die Grundgrenze reicht und für den Käufer so zum Anschluss bereit steht; dies als (Mindest-)Variante, die dem nunmehrigen Standpunkt der Beklagten entspricht, sich aber auch mit dem ‑ allerdings aus den dargelegten Gründen unbestimmten ‑ Urteilsspruch vereinbaren (arg „vom [...] bis [...] zu errichten“) und sich schließlich auch mit dem Oberbegriff „Aufschließung“ (neu geschaffener Grundstücke) durchaus in Einklang bringen lässt. Nur am Rande sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass diese Auslegung auch den Angaben des Klägers als Partei entspricht, in denen er mehrfach (nur) davon sprach, dass er den Starkstrom „an seine Grundgrenze“ bekommen werde und dass die Beklagte gesagt habe, der Starkstrom würde „an der Grundgrenze“ sein.
3.4.2. Ebenso kann damit aber auch gemeint sein, dass es darüber hinaus schon zur Verbindung mit dem Stromnetz kommen und es dem Käufer bereits möglich sein muss, Strom auf seinem Grundstück (ohne weitere Maßnahmen, zB durch bloßes Anstecken an eine Steckdose) zu beziehen. Das würde der Definition des (allerdings von den Streitteilen nicht gebrauchten) Begriffs eines „Netzanschlusses“ nach § 7 Z 48 ElWOG als physische Verbindung der Anlage eines Kunden oder Erzeugers von elektrischer Energie mit dem Netzsystem nahe kommen und unter Umständen bereits die Fälligkeit des Netzbereitstellungsentgelts zur Folge haben, das nach §§ 51, 55 Abs 1 ElWOG „Entnehmern“ (vgl § 7 Z 14 ElWOG) bei Erstellung des Netzanschlusses verrechnet wird.
3.4.3. Zwischen diesen beiden Extremvarianten sind aber auch zahlreiche „Mittellösungen“ denkbar, zB jene, die dem Angebot (des [vermutlichen] Netzbetreibers für die „Netzanschluss-Vorbereitung“) Beilage ./3 zugrunde liegt und noch weitere Maßnahmen erfordert, um Strom beziehen zu können, nämlich (am Grundstück des Klägers?) die Errichtung des Wandlermessschranks.
3.5. Es wird nicht übersehen, dass der Kläger den Aufwand für die Erfüllung der seines Erachtens bestehenden Verpflichtung der Beklagten mit 42.943,98 EUR behauptet und damit exakt mit jenem Betrag, der der Endsumme des ‑ nicht vom Kläger vorgelegten ‑ Angebots Beilage ./3 entspricht. Das drängt zwar die Schlussfolgerung auf, der Kläger gehe davon aus, die darin angebotenen Leistungen seien von der Beklagten zu erbringen; allerdings stellen Urkunden nur Beweismittel dar, die Prozessvorbringen nicht ersetzen können (RIS‑Justiz RS0037915). Eine ausdrückliche Erklärung des Klägers, den Inhalt dieser Urkunde zu seinem Vorbringen zu erheben, liegt aber nicht vor.
3.6. Selbst wenn der Inhalt des Angebots Beilage ./3 in das klägerische Vorbringen übernommen werden sollte, wäre für den Kläger nichts gewonnen.
Denn den gesamten Behauptungen des Klägers ist nicht zu entnehmen, welchem Vertragsteil die weitere Maßnahme (Errichtung des Wandlermessschranks) obliegen soll; daher kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger dafür zu sorgen, also eine Voraussetzung für das Entstehen der Leistungspflicht der Beklagten zu schaffen hat, die im Urteilsspruch zu berücksichtigen wäre (vgl dazu auch § 7 Abs 2 EO).
3.7. Zusammenfassend kommt somit eine ‑ grundsätzliche zulässige (RIS-Justiz RS0041254; RS0041165) ‑ Anpassung des Urteilsspruchs unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers hier nicht in Betracht.
Das erhobene Klagebegehren und der Spruch der Vorinstanzen leiden daher an Unbestimmtheit, die den Mangel der Exequierbarkeit zur Folge hat.
3.8. Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zu vertretbaren Handlungen begehrt (zB das Einziehen eines Stromkabels in die bestehende Leerverrohrung) hätte die Exekution gemäß § 353 EO zu erfolgen. Im Exekutionsantrag nach § 353 EO hat die betreibende Partei aber zu behaupten, dass der Verpflichtete die ihm laut Exekutionstitel obliegenden Handlungen nicht oder nicht vollständig vorgenommen hat; sie muss genau anführen, zur Vornahme welcher Handlungen sie an Stelle des Verpflichteten ermächtigt werden soll; das Bewilligungsgericht hat dann zu prüfen, ob diese Handlungen durch den Exekutionstitel gedeckt sind (RIS-Justiz RS0000808). Der von den Vorinstanzen geschaffene Titel und das Begehren des Klägers würden daher die Bewilligung einer Exekution nach § 353 EO nicht ermöglichen.
3.9. Wenn der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags an Dritte durchsetzen will (vgl die Positionen 2 und 3 der Beilage ./3), so bedarf es auch dazu eines darauf lautenden Exekutionstitels, der nach den Bestimmungen über die Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung zu exequieren ist (3 Ob 96/91; Klicka in Angst² § 353 EO Rz 7; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner § 353 EO Rz 13).
4. Die Unbestimmtheit und mangelnde Exekutionsfähigkeit eines Klagebegehrens ist von Amts wegen auch noch im Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0000245; RS0037469). Ehe ein Klagebegehren als unbestimmt abzuweisen ist, muss jedenfalls - auch vom Berufungsgericht - ein Verbesserungsversuch durchgeführt werden (RIS-Justiz RS0036355). Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und die Notwendigkeit einer Präzisierung nicht selbst erkannte (RIS-Justiz RS0037166 [T12] uva). Eine Erörterung der mangelnden Bestimmtheit der Klage erübrigte sich nicht, obwohl die Beklagte schon in erster Instanz entsprechende Einwände erhoben hat, haben doch beide Vorinstanzen keinen Verbesserungsauftrag erteilt. Sie haben damit zu erkennen gegeben, dass sie die Einwände der Beklagten für nicht berechtigt erachten (3 Ob 222/12m; RIS-Justiz RS0037300 [T35]).
Es bedarf somit schon aus diesem Grund der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und der Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht. Abgesehen davon sind ‑ wie noch zu zeigen sein wird ‑ im zweiten Rechtsgang ergänzende Feststellungen erforderlich.
5. Sollte der Kläger (auch) die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser Kosten an Dritte in sein Urteilsbegehren aufnehmen, wird mit ihm auch zu erörtern sein, auf welcher rechtlichen Basis eine solche Verpflichtung bestehen soll. Das gilt im besonderen für die in der Beilage ./3 unter Position 3 vorgesehene Refundierung für die von einem Dritten „vorfinanzierte Trafostation“ und der „20 kV Kabeleinbindung“, wird das Netzbereitstellungsentgelt nach § 55 Abs 1 ElWOG doch „für den bereits erfolgten sowie notwendigen Ausbau des Netzes zur Ermöglichung des Anschlusses verrechnet“.
6. Für den Fall, dass der Kläger ein ausreichend bestimmtes Begehren formulieren sollte, wird das Erstgericht auch für eine Verbreiterung des Sachverhalts zur Frage der angenommenen mündlichen Vereinbarung der Parteien zu sorgen haben.
6.1. Ziel der einfachen Auslegung im Sinn des § 914 ABGB ist die Feststellung der Absicht der Parteien (8 ObA 70/05k; 2 Ob 31/07h uva). Die Auslegung, die immer nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen kann, hat sich nicht auf den bloßen Wortlaut zu beschränken, sondern muss den Gesamtzusammenhang der Vereinbarung, aber auch die Umstände, unter denen die Erklärungen abgegeben wurden (das Erklärungsverhalten), berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0017817 [T3];
Heiss in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 914 Rz 65). Es ist dabei das gesamte Verhalten der Vertragsteile, das sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigem Tun oder Nichttun zusammensetzen kann, zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0017915 [T29]; 2 Ob 131/07h).
Bei der Erforschung des wahren Parteiwillens handelt es sich um eine gemischte Frage (quaestio mixta), bei der zwischen der Sammlung von Indizien für den Parteiwillen als Tatsachenfeststellung und deren rechtlicher Bewertung zu unterscheiden ist (10 Ob 299/00v = RIS-Justiz RS0017797 [T11]; Rummel in Rummel/Lukas 4 § 914 ABGB Rz 43 mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0043419).
6.2. Gerade im vorliegenden Fall einer strittigen mündlichen Vereinbarung genügt es daher nicht, das Ergebnis der Gespräche der Parteien in Gestalt einer „Feststellung“ als Einigung bestimmten Inhalts festzuhalten, weil es sich dabei in Wahrheit um die rechtliche Beurteilung primär der wechselseitigen Äußerungen der Streiteile handelt; diese wurden jedoch nicht festgestellt, was im weiteren Verfahren ‑ nach Erörterung mit den Parteien ‑ nachzuholen sein wird.
Davon ausgehend wird zu beurteilen sein, was die Streitteile bei ihrer mündlichen Vereinbarung ‑ also vor den späteren Streitigkeiten, die ihre Ursache erkennbar in der hohen Angebotssumme der Beilage ./3 (die erst nach der mündlichen Einigung und auch nach der Vertragsunterfertigung erstellt wurde) haben ‑ redlicherweise darunter verstanden haben/verstehen mussten.
7. Eine Auseinandersetzung mit dem von der Revision auch thematisierten Handels-/Unternehmensbrauch erübrigt sich, weil unstrittig ist, dass kein Handelsbrauch des Inhalts besteht, die Widmung als Industriegrund beinhalte die Aufschließung mit Starkstrom.
8. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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