OGH 3Ob96/91

OGH3Ob96/9113.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Ursula W*****, Kinderfachärztin, ***** vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dkfm. Ludwig Bruno W*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Jürgen Hadler, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Erwirkung des Erlags von 509.024 S, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 16.August 1991, GZ 4 R 379/91-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 17.Juli 1991, GZ E 5337/91-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gemäß Punkt IV des Notariatsaktes vom 26.6.1986 verpflichtete sich der Verpflichtete gegenüber der betreibenden Partei, die in den Punkten II (und III) genannten Verbindlichkeiten beider Streitteile in einer näher festgelegten Weise an die jeweiligen Gläubiger zu erstatten, Löschungserklärungen zu beschaffen und Haftungsentlassungen zugunsten der betreibenden Partei zu erwirken.

Gemäß Punkt V erster Absatz desselben Notariatsaktes verpflichtete sich der Verpflichtete, sollte er seine in Punkt IV übernommenen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß erfüllen, ab dem Zeitpunkt der Verletzung dieser Verpflichtungen zusätzlich die auf den Liegenschaftsanteilen der betreibenden Partei sichergestellten Forderungen zweier Bausparkassen im Gesamtbetrag von 1,3 Millionen Schilling aus eigenem zu tilgen und die betreibende Partei diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten. Sollten die in Punkt IV enthaltenen Verpflichtungen durch den Verpflichteten jedoch ordnungsgemäß erfüllt werden, würden die Verbindlichkeiten gegenüber den beiden Bausparkassen von der betreibenden Partei allein und ohne Ersatzforderungen gegenüber dem Verpflichteten erfüllt (Punkt V zweiter Absatz des Notariatsaktes).

Gemäß Punkt VI des Notariatsaktes erklärte der Verpflichtete seine ausdrückliche Zustimmung, daß der Notariatsakt unter anderem auch in Ansehung der von ihm übernommenen Verpflichtung zur Zahlung von 1,3 Millionen Schilling (Punkt V) wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich gemäß § 3 NO sofort vollstreckbar sein solle.

Die betreibende Partei stellte in ihrem Exekutionsantrag die Behauptung auf, daß der Verpflichtete seine Verpflichtungen gemäß Punkt IV des Notariatsaktes nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, sodaß er nun die im Punkt V des Notariatsaktes festgelegten Leistungen zu erbringen habe. Unter Verweisung auf einen beigelegten Kontoauszug einer der beiden Bausparkassen behauptete die betreibende Partei weiters, daß bei dieser Bausparkasse per 31.12.1990 ein zu zahlender Betrag von 509.024 S offen sei.

Zur Erwirkung des Erlages von 509.024 S an diese Bausparkasse beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Exekution durch die Ermächtigung, den Erlag auf Kosten des Verpflichteten vorzunehmen, und den Auftrag an ihn auf Zahlung der hiedurch entstehenden und vorläufig mit 509.024 S bemessenen Kosten binnen vierzehn Tagen. Zur Hereinbringung dieser Kosten und der Exekutionskosten beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Fahrnisexekution.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Revisionsrekurs (gemeint der ordentliche Revisionsrekurs) zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß der Anspruch gemäß Punkt V des Notariatsaktes erst für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen gemäß Punkt IV des Notariatsaktes entstehen sollte, weshalb die genannten Voraussetzungen mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde im Sinne des § 7 Abs.2 EO nachgewiesen werden müßten. Die bloße Behauptung der Nichterfüllung der Verpflichtung nach Punkt IV genüge nicht. Ob die Verpflichtung zum Erlag an einen Dritten überhaupt nach § 353 EO vollstreckt werden könne, müsse daher nicht geprüft werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 3 Ab.2 NO kann die in einem Notariatsakt enthaltene Verpflichtung, wenn sie von dem Eintritt einer Bedingung abhängig ist, nur vollstreckt werden, wenn der Eintritt der Bedingung durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen wird. Ähnlich wie nach § 7 Abs.2 EO gilt diese Nachweispflicht nur für aufschiebende Bedingungen (Kralik, Die Vollstreckbarkeit der Notariatsurkunden, Erster Kongreß des Österreichischen Notariats (1964), 41).

Bei der aufschiebenden Bedingung tritt das von der Bedingung abhängig gemachte Recht erst mit der Erfüllung, beim Ausfall der Bedingung aber überhaupt nicht ein. Bei der auflösenden Bedingung entsteht das Recht zunächst, endet jedoch mit der Erfüllung der Bedingung, während es bei ihrem Ausfall bestehen bleibt (Gschnitzer in Klang2 III 654); in diesem Fall ist es daher nicht Sache der betreibenden Partei zu beweisen, ob die Bedingung schon eingetreten ist und den betriebenen Anspruch vernichtet hat, sondern solches muß der Verpflichtete mittels Oppositionsklage geltend machen. Die Abgrenzung zwischen einer aufschiebenden und einer auflösenden Bedingung ist im Einzelfall oft schwierig (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 696). Ob bei der Setzung einer Bedingung das eine oder das andere gemeint ist, ist Auslegungsfrage. Das näher Gelegene ist die aufschiebende Wirkung, im Zweifel wird also die aufschiebende Wirkung als gewollt anzusehen sein (Gschnitzer aaO 655). Eine Umdeutung einer aufschiebenden Bedingung in eine auflösende kommt unter Umständen in Betracht, wenn schon für die Zeit vor dem Bedingungseintritt echte Erfüllungsansprüche vereinbart sind und der bedingt Berechtigte durch unbestimmte Zeit etwas unterlassen oder fortgesetzt tun soll (Gschnitzer aaO 655, 656; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 897).

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung von Punkt V des strittigen Notariatsaktes, daß die dort festgelegten Verpflichtungen von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht wurden.

Die strittige Verpflichtung sollte erst entstehen, wenn der Verpflichtete andere im Notariatsakt festgelegte Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß erfüllt hatte ("sollte...., ist er weiters verpflichtet..."). Daß nicht an eine sofort entstehende Verpflichtung gedacht war, von der sich der Verpflichtete durch die Erfüllung anderer Verpflichtungen befreien konnte, ergibt sich auch aus der Formulierung, daß er die angeführten Verbindlichkeiten erst "ab dem Zeitpunkt der Verletzung..." zu tilgen habe. Die Regelung in Punkt V Abs.2 des Notariatsaktes kann demgegenüber nur als das klärende Festhalten der Rechtslage betrachtet werden, die auch ohne entsprechende Vereinbarung gegeben wäre, nämlich, daß die betreibende Partei die auf ihren Liegenschaftsanteilen pfandrechtlich sichergestellten Forderungen der beiden Bausparkassen allein erfüllen müsse und hieraus keine Ersatzforderungen ableiten könne. Es liegt keine Verwirkungsabrede wie bei einem vereinbarten Terminsverlust vor, sondern die Vereinbarung im Punkt V hat eher den Charakter einer Vertragsstrafe. Der Verpflichtete verlor nicht gewisse eingeräumte Rechte aus dem Vertrag, wenn er in Verzug geriet, sondern im Falle der Säumigkeit mit der Herbeiführung der Haftungsbefreiung der betreibenden Partei für bestimmte Verbindlichkeiten sollte neu und nur für diesen Fall eine weitere Verpflichtung dieser Art entstehen.

Wenn für verneinende aufschiebende Bedingungen manchmal gesagt wird, daß sie unter gewissen Umständen als auflösende Bedingung aufzufassen seien, so kann es zum einen darum gehen, daß für die betreibende Partei eine Beweisführung der rein negativen Tatsachen nicht möglich ist (negativa non sunt probanda) und daher aus diesem Grund die Beweislast auf die verpflichtete Partei übergeht, die dann den entsprechenden Negativbeweis mittels Impugnationsklage zu führen hat. In anderen Fällen kann aus dem Zweck des Vertrages der Parteiwille erschlossen werden (siehe etwa das Beispiel bei Heller-Berger-Stix 200). Keiner dieser Gründe kommt hier zum Tragen. Die betreibende Partei kann leicht beweisen, ob sie von den in Punkt IV genannten Verbindlichkeiten endgültig befreit wurde. Anhaltspunkte für einen aus dem Text des Notariatsaktes allein nicht ableitbaren abweichenden Vertragszweck sind nicht gegeben.

Der vorliegende Fall läßt sich auch nicht mit den Fällen vergleichen, in denen nur die Fälligkeit eines an und für sich auf jeden Fall festgelegten Anspruches von einer Mahnung des Berechtigten oder dem Verzug des Verpflichteten mit Teilleistungen abhängt. In solchen Fällen genügt die Behauptung der betreibenden Partei, ohne daß Beweisführungen nötig wären (SZ 25/228 für den Fall einer vereinbarten Mahnung; Judikat 100 = GlU 6577 für den Fall eines vereinbarten Terminsverlustes). Wenn die Fälligkeit einer Darlehensrückzahlungsverpflichtung aber nicht nur von der Nichtzahlung der laufenden Darlehenszinsen, sondern der Unterlassung weiterer Leistungen abhängt, sind die Nachweise zu erbringen (SZ 3/119; EvBl 1956/112). Umsomehr muß dies für den vorliegenden Fall gelten, wo der betriebene Anspruch überhaupt erst entstehen sollte, falls die erwähnten anderen Leistungen nicht erbracht würden.

Zutreffend hat daher das Gericht zweiter Instanz erkannt, daß der vorliegende Exekutionsantrag wegen des fehlenden Nachweises der Entstehung des betriebenen Anspruches abzuweisen ist.

Die in der Entscheidung zweiter Instanz angedeuteten Zweifel, ob der Exekutionsantrag auch wegen der Wahl des falschen Exekutionsmittels unberechtigt wäre, sind hingegen nicht berechtigt. Der Verpflichtete ist nach Punkt V des Notariatsaktes nicht schlechthin zur Zahlung eines bestimmten Betrages an einen Dritten verpflichtet, sondern er ist verpflichtet, bestimmte Forderungen, welche Dritten gegenüber der betreibenden Partei zustehen, zu tilgen und die betreibende Partei schad- und klaglos zu halten. Nur für den ersten Fall wäre nach jetzt herrschender Ansicht nur eine Exekutionsführung nach den Bestimmungen über die Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung möglich (Wahle, Besprechung von RSpr 1930 Nr 315; Heller-Berger-Stix 2555; SZ 18/104; SZ 25/56). Hier geht es aber in erster Linie um die Haftungsbefreiung der betreibenden Partei, wobei die Form der Tilgung nicht in der Zahlung bestehen muß; ein solcher Anspruch kann nach § 353 EO vollstreckt werden (vgl die Lastenfreistellungsfälle SZ 25/255 oder EvBl 1970/319).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

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