OGH 1Ob149/52

OGH1Ob149/525.3.1952

SZ 25/56

Normen

EO §§87 ff
EO §353
EO §§87 ff
EO §353

 

Spruch:

Exekution auf Erlag eines Betrages bei einem Dritten, der ihn dem betreibenden Gläubiger ausfolgen soll, ist nicht nach § 353 EO. zu führen, sondern nach den Grundsätzen zur Hereinbringung von Geldforderungen.

Entscheidung vom 5. März 1952, 1 Ob 149/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Neunkirchen; II. Instanz: Gericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Auf Grund des Vergleiches vom 10. März 1951, 1 R 75/51 des Oberlandesgerichtes Graz (8 Cg 114/49 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz) hat Johanna M. sich verpflichtet, der betreibenden Partei zu Handen Dris. W. als Treuhänder zum gänzlichen Ausgleich aller bis 28. Februar 1951 aufgelaufenen Forderungen und Gegenforderungen den Betrag von 18.000 S samt 4% Zinsen seit 1. Juli 1950 bis längstens 1. Juli 1951 zu erlegen mit der Auflage an Dr. W., diesen Betrag der betreibenden Partei nur Zug um Zug gegen Räumung des von ihr benützten Teiles der Liegenschaft EZ. 41, Grundbuch X., auszuhändigen.

Unter Hinweis auf den Umstand, daß die zu 12 E 74/51 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz geführte Exekution fruchtlos gewesen und am 26. September 1951 ein Betrag von 2000 S bezahlt worden sei, beantragte die betreibende Partei die Zwangsversteigerung der der verpflichteten Partei gehörigen Liegenschaft EZ. 41, Grundbuch X. Das Erstgericht hat diesen Exekutionsantrag bewilligt.

Dem Rekurs des Verpflichteten hat das Rekursgericht Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Exekutionsantrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung der obgenannten Liegenschaft abgewiesen. Das Rekursgericht führte aus, daß die von der betreibenden Partei gewählte Exekutionsart im vorliegenden Falle nicht zulässig sei. Denn es handle sich nicht um die Hereinbringung einer bereits fälligen Forderung der betreibenden Partei, sondern um den Anspruch auf Erlag eines Betrages bei einem Dritten, nämlich Dr. W., der laut obgenannten Vergleiches als Treuhänder zu fungieren habe.

Die Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages an einen Dritten könne jedoch nur im Wege der Exekution im Sinne des § 353 EO erzwungen werden, nicht aber gemäß § 133 EO.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstrichterlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung zu. Es ist richtig, daß in der früheren Rechtsprechung wie auch in der Lehre der Standpunkt vertreten wurde, daß die Verpflichtung zum Erlag einer Geldsumme an einen Dritten nur nach der Bestimmung des § 353 EO. erzwungen werden kann.

So wurde in der Entscheidung vom 16. März 1915, GlUNF. 7354, hiezu ausgeführt, daß das unterscheidende Moment zwischen den im zweiten und dritten Abschnitt des ersten Teiles der Exekutionsordnung behandelten Fällen in der Art des zur Vollstreckung gelangenden Anspruches liege und schon aus der Überschrift "Geldforderungen" hervorgehe, daß damit nur die Art gemeint sein kann, wie sich der Anspruch auf seiten des Gläubigers und nicht, wie er sich auf seiten des Schuldners darstellt.

Die Exekutionsmittel nach dem zweiten Abschnitt des ersten Teiles der Exekutionsordnung seien daher nur zulässig, wenn der betreibenden Partei selbst eine Geldforderung zusteht, während in den anderen Fällen daher die Exekutionsmittel des dritten Abschnittes zur Anwendung zu kommen haben. Wenn der betreibenden Partei nur ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages an eine dritte Person zustehe, sei auf seiten des Gläubigers kein Anspruch auf Befriedigung einer Geldforderung, sondern lediglich ein Anspruch auf eine positive Leistung vorhanden und könne daher dieser Anspruch nur nach den Bestimmungen des § 353 EO. erzwungen werden.

Im gleichen Sinn erging auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24. April 1930, Rspr. 1930 Nr. 315.

Diese in beiden Entscheidungen zugrunde gelegte Rechtsansicht vertreten auch ohne weitere Begründung Pollak, S. 1029, Neumann - Lichtblau, S. 1100, und Walker - Jaitner, S. 348. Diese Auffassung ist jedoch nicht unwidersprochen geblieben.

Schon in der Entscheidung SZ. XVIII/104 ist der Oberste Gerichtshof von dieser Rechtsansicht abgegangen und hat hinsichtlich der Durchsetzung des Anspruches auf Erlag einer Geldsumme, die der Verpflichtete der betreibenden Partei schuldete, folgendes ausgeführt:

"Die Verurteilung zum gerichtlichen Erlag, dem ein Erlag bei einem Dritten gleichsteht, hinsichtlich des aus einer Geldschuld geschuldeten Betrages unterscheidet sich von der Verurteilung zur Zahlung der Forderung an den betreibenden Gläubiger nur dadurch, daß der Verurteilte den schuldigen Betrag nicht unmittelbar an den Gläubiger abzuführen, sondern ihn bis auf weiteres nur zu erlegen hat. Hierin liegt materiellrechtlich allerdings keine Zahlung, allein in formalrechtlicher Beziehung kommt der Barerlag der geschuldeten Summe bei Gericht oder bei einem Dritten der Zahlung gleich. Deshalb ist, und das ist das Wesentlichste, in beiden Fällen der Gegenstand der vom Verpflichteten erzwungenen Leistung derselbe, nämlich eine Geldleistung und nicht eine andere Leistung. Dann aber unterscheidet sich die hiezu führende Exekution von der Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen nicht in ihrer Form, sondern allein in ihrem Ziele oder den Phasen, die sie zu durchlaufen hat; denn während die Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung mit der Pfändung des schuldnerischen Vermögens beginnt, die Zwangsversteigerung durchläuft und ihr Ziel mit der Erfolglassung des erzielten Erlöses an den betreibenden Gläubiger erreicht, geht die Exekution zur Erwirkung des gerichtlichen Erlages der geschuldeten Geldsumme nicht so weit, sondern macht vor Ausfolgung des Erlöses an den betreibenden Gläubiger halt.

Es sind daher zur Verwirklichung eines derartigen Anspruches auf gerichtlichen Erlag oder Erlag bei einem Dritten der dem betreibenden Gläubiger geschuldeten Summe alle zur Hereinbringung von Geldforderungen geeigneten Exekutionsmittel mit der alleinigen Abweichung zulässig, daß der zwangsweise hereingebrachte Betrag nicht zur Befriedigung des Gläubigers, sondern zum Erlag verwendet werden muß.

Es handelt sich somit bei diesem Erlag, zu dem der Verpflichtete verurteilt wurde, nicht um eine Handlung, u. zw. auch nicht um eine vertretbare Handlung, zu deren Erzwingung die Exekution nach § 353 EO. möglich wäre. Denn der gerichtliche Erlag der geschuldeten Geldsumme ist eine Handlung in keinem anderen Sinn als die Berichtigung einer Forderung, er ist eine Handlung, bestehend lediglich in einem Vermögensaufwand, und läßt daher kein anderes Exekutionsmittel zu als die Vermögenspfändung."

Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Da im gegenständlichen Falle die verpflichtete Partei eine Schuld, welche die betreibende Partei zu fordern hat, bei einem Dritten erlegen muß, wurde mit Recht von der ersten Instanz die Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung durch Zwangsversteigerung bewilligt.

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