OGH 10Ob58/13x

OGH10Ob58/13x25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Mag. Lydia Lindner, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei Dr. A*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalt, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. September 2013, GZ 15 R 108/13b‑166, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 21. Dezember 2012, GZ 20 C 67/06i‑152, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00058.13X.0325.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten haben:

„1. Das Klagebegehren des Inhalts, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 633 EUR für den Zeitraum vom 1. 2. 2005 bis 31. 12. 2005, von 637 EUR vom 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2006, von 603 EUR vom 1. 1. 2007 bis 31. 12. 2007, von 622 EUR vom 1. 1. 2008 bis 31. 12. 2008, von 560,05 EUR vom 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2009, von 655,77 EUR vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010, von 32,17 EUR vom 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2011 und von 972,60 EUR vom 1. 1. 2012 bis 30. 6. 2012 jeweils abzüglich geleisteter Beträge zu bezahlen, wird abgewiesen.

2. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin ab 1. 12. 2014 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 470,93 EUR zu zahlen. Die bisher fälligen Beträge sind binnen 14 Tagen zu leisten, die in Zukunft fällig werdenden am 1. eines jeden Monats im Vorhinein.

3. Das Mehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin für die Zeit ab 1. 7. 2012 einen Betrag von 972,60 EUR und ab 1. 12. 2014 einen weiteren Betrag von 501,67 EUR an monatlichem Unterhalt zu zahlen, wird abgewiesen.

4. Die über die in Punkt 2. dieses Urteilsspruchs mit einem Betrag von 13.528,70 EUR bereits rechtskräftig vorgenommene Aufrechnung hinausgehende Aufrechnungseinrede des Beklagten wird abgewiesen.

5. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin den Betrag von 365,20 EUR an anteiliger Pauschalgebühr und Sachverständigengebühr des erstinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgehoben.“

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten 681 EUR an anteiliger Pauschalgebühr des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 3. 6. 1997 wurde die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten geschieden.

Mit der am 16. 2. 2005 bei Gericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten unter Berufung auf § 66 EheG Unterhalt von 581,38 EUR monatlich ab 1. 2. 2005 abzüglich geleisteter Zahlungen. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, der Beklagte leiste den angemessenen monatlichen Unterhaltsbetrag von 581,38 EUR zwar regelmäßig, zur Sicherung ihrer Hinterbliebenenpension sei sie aber zur Klagseinbringung gezwungen (ON 1).

Der Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete im Wesentlichen ein, der Klägerin stehe kein Unterhaltsanspruch gemäß §§ 66 f EheG zu, weil ihr eine Ganztagsbeschäftigung zumutbar sei. Der Beklagte habe außerdem umfangreiche weitere Sorgepflichten sowie einen erhöhten krankheitsbedingten Aufwand. Zudem müsse die Wohnkostenersparnis berücksichtigt werden, weil die Klägerin ihren Wohnbedarf in einer ihr selbst gehörenden Haushälfte, die zu 5/6 aus den Mitteln des Beklagten erworben worden sei, decken könne. Es sei zwar richtig, dass der Beklagte eine monatliche Unterhaltszahlung in Höhe von 581,31 EUR an die Klägerin erbringe, diese Zahlungen würden aber vom Beklagten nur unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung, An‑ und Aufrechnung der rechtsgrundlos bezahlten Beträge geleistet. Zugleich wendete der Beklagte verschiedene Gegenforderungen ein, welche jedenfalls mit dem pfändbaren Teil der Unterhaltszahlungen bzw gemäß § 293 Abs 3 EO mit dem gesamten Unterhaltsbetrag aufgerechnet werden könnten (ON 9, 82, 89 und 136).

Die Klägerin entgegnete, dass die vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen bereits verjährt seien, die Aufrechnung unzulässig sei und sie den Unterhalt jedenfalls gutgläubig verbraucht habe.

In der Tagsatzung am 6. 2. 2008 (ON 54) dehnte die Klägerin ihr Klagebegehren dahin aus, dass der Beklagte ab 1. 2. 2008 zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 748 EUR verpflichtet werde.

In der Tagsatzung am 17. 9. 2009 (ON 95) modifizierte die Klägerin das Klagebegehren dahin, dass der Beklagte zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 633 EUR für den Zeitraum vom 1. 2. 2005 bis 31. 12. 2005, von 637 EUR für den Zeitraum vom 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2006, von 603 EUR für den Zeitraum vom 1. 1. 2007 bis 31. 12. 2007 sowie von 622 EUR seit 1. 1. 2008 verpflichtet werde.

In der Tagsatzung vom 28. 6. 2012 (ON 139) dehnte die Klägerin das Klagebegehren dahin aus, dass der Beklagte noch weiters zur Zahlung von 560,05 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2009, von 655,77 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010, von 32,17 EUR vom 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2011 und von 972,60 EUR monatlich ab 1. 1. 2012 jeweils abzüglich geleisteter Beträge verpflichtet werde.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten nur schuldig, der Klägerin ab 1. 7. 2012 einen (laufenden) monatlichen Unterhalt in Höhe von 470,93 EUR abzüglich bereits geleisteter Beträge zu zahlen und wies sowohl das Mehrbegehren der Klägerin auf rückständigen und laufenden Unterhalt als auch die Aufrechnungseinrede des Beklagten ab. Es traf umfangreiche Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, der Unterhaltsanspruch der Klägerin betrage grundsätzlich 40 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich des eigenen Einkommens der Klägerin. Für die konkurrierenden Sorgepflichten des Beklagten für seine (nunmehrige) Ehefrau und seine Tochter C***** sei im Hinblick auf den krankheitsbedingten Mehraufwand, welchen der Beklagte getragen habe, ein prozentueller Abzug von 4 % bzw 5 % angemessen. Das der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legende Einkommen des Beklagten sei an Hand der vorliegenden Einkommenssteuerbescheide ermittelt worden, wobei auch die jährlichen Abgabengutschriften bzw Abgabennachforderungen berücksichtigt worden seien. Für die sich aus dem Gesundheitszustand des Beklagten ergebende teurere Lebensführung sei ein monatlicher Pauschalbetrag von 100 EUR zu berücksichtigen. Weiters seien mit Ausnahme der Zahnarztkosten die vom Beklagten geltend gemachten Krankheitskosten zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des Einkommens der Klägerin vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass der Klägerin eine Vollerwerbstätigkeit nicht zumutbar sei. Das von der Klägerin in ihrer Teilzeitbeschäftigung erzielte Einkommen sei überdurchschnittlich hoch und die Differenz zur Vollzeitentlohnung sei relativ gering. Bei der Ermittlung des Geldunterhaltsanspruchs der Klägerin sei nur das von ihr tatsächlich erzielte, nicht aber das von ihr im Falle einer Vollzeitbeschäftigung erzielbare Nettoeinkommen in die Berechnung einzubeziehen. Im Zusammenhang mit der vom Beklagten geltend gemachten Wohnkostenersparnis der Klägerin führte das Erstgericht aus, die Wohnkostenersparnis sei grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen. Dem Unterhaltsberechtigten müsse stets ein in Entgelt zu bemessender Unterhalt zukommen, weil er ja von der Wohnung allein nicht leben könne. Wo die Angemessenheitsgrenze liege, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der Bemessung der Wohnkostenersparnis im konkreten Fall müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagte den wesentlichen finanziellen Beitrag dazu geleistet habe, dass die Klägerin überhaupt Hälfteeigentümerin der Liegenschaft geworden sei. Andererseits sei aber auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin einige Eigenmittel in die Renovierung der Wohnung investiert habe.

Ausgehend von diesen Grundsätzen errechne sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin von jeweils 239,37 EUR für die Monate Jänner bis einschließlich März 2005, wobei die noch anzurechnende Wohnkostenersparnis den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin bei weitem übersteige. Unter Berücksichtigung der Wohnkostenersparnis betrage der monatliche Unterhaltsanspruch der Klägerin für April 2005 73,18 EUR, für Mai bis einschließlich Dezember 2005 jeweils 319,10 EUR, für das Jahr 2006 jeweils 121 EUR, für das Jahr 2007 jeweils 195,26 EUR, für das Jahr 2008 jeweils 166,36 EUR, für das Jahr 2009 jeweils 39,61 EUR, für das Jahr 2010 jeweils 10,85 EUR, für das Jahr 2011 0 EUR und für Jänner bis einschließlich Juni 2012 jeweils 470,93 EUR. Daraus ergebe sich, dass hinsichtlich des von der Klägerin für die Vergangenheit geltend gemachten Unterhalts weder eine Unterhaltsverletzung noch ein Unterhaltsrückstand gegeben sei. Der Beklagte habe durch seinen monatlich geleisteten Betrag von 581,31 EUR seine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung der Höhe nach jedenfalls erfüllt bzw übererfüllt. Es sei daher das Klagebegehren betreffend den geltend gemachten Unterhaltsrückstand abzuweisen.

Hinsichtlich des von der Klägerin (ab 1. 7. 2012) begehrten laufenden monatlichen Unterhalts könne nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, ob die vom Beklagten bisher regelmäßig geleisteten Zahlungen in Zukunft weiterhin erbracht werden, da der Beklagte sämtliche an die Klägerin getätigten Überweisungen ausschließlich mit Vorbehalt durchgeführt habe. Die Klägerin habe daher ein Recht auf einen Exekutionstitel über den ihr zustehenden vollen Unterhaltsanspruch. Dieses Rechtsschutzinteresse der Klägerin werde zudem durch § 258 Abs 4 ASVG untermauert, weshalb in diesem Umfang eine Klagsstattgebung zu erfolgen habe.

Zu den Gegenforderungen des Beklagten führte das Erstgericht zusammengefasst aus, dass die Klägerin hinsichtlich des vom Beklagten zu viel bezahlten Unterhalts zwar als schlechtgläubig zu qualifizieren sei, eine Aufrechnung eines Bereicherungsanspruchs (Rückforderungs-anspruchs) wegen in der Vergangenheit zu viel bezahlten Unterhalts gegen den laufenden Unterhaltsanspruch nach ständiger Rechtsprechung und Lehre aber abzulehnen sei.

Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Berufungen teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass das Klagebegehren hinsichtlich der in seinem Urteilsspruch jeweils näher angeführten Zeiträume in der jeweils angeführten Höhe als zu Recht und in der darüber hinausgehenden Höhe als nicht zu Recht bestehend festgestellt und die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung mit 14.512,24 EUR als zu Recht und mit 25.375,47 EUR samt 4 % Stufenzinsen aus 39.887,71 EUR als nicht zu Recht bestehend festgestellt wurde. Im Hinblick auf die bisher vom Beklagten geleisteten Beträge unterblieb der Ausspruch einer Leistungsverpflichtung des Beklagten für die Vergangenheit. Hinsichtlich der noch nicht bezahlten Unterhaltsbeträge wurde (wegen der zu Recht bestehenden Gegenforderung) das Begehren auf Zahlung eines monatlichen weiteren Unterhaltsbetrags von 43,03 EUR für die Zeit vom 1. 5. 2005 bis 31. 12. 2005 und in Höhe von 106,55 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2012 bis 30. 6. 2012 abgewiesen. Im Übrigen wurde der Beklagte schuldig erkannt, der Klägerin ab 1. 12. 2014 im Vorhinein jeweils am 1. eines jeden Monats einen Unterhaltsbetrag von 470,93 EUR zu bezahlen. Das Mehrbegehren, der Beklagte habe der Klägerin ab 1. 7. 2012 einen Unterhaltsbetrag von 972,60 EUR und ab 1. 12. 2014 einen weiteren Betrag von 501,67 EUR zu bezahlen, wurde abgewiesen.

Das Berufungsgericht führte im Wesentlichen aus, die Gesundheitsausgaben des Beklagten für seine (nunmehrige) Ehefrau und seine Tochter C***** seien weder außergewöhnlich noch führten sie zu überdurchschnittlichen Belastungen des Beklagten, welche sich durch eine Erhöhung der üblichen Prozentsätze auswirken müssten. Es handle sich durchwegs um Aufwendungen, die auch ein durchschnittlich gesunder Mensch im Jahresdurchschnitt haben könne, weshalb die allenfalls darüber hinausgehenden Beträge im Rahmen der Ausschöpfung der höchstmöglichen Prozentabzüge, nämlich 3 % für die Ehefrau sowie 4 % für die Tochter, bereits ausreichend berücksichtigt seien. Im Übrigen stehe den Gesundheitsausgaben des Beklagten für seine Ehefrau und seine Tochter sein weit überdurchschnittliches Einkommen in den einzelnen Jahren gegenüber. Auch die vom Erstgericht für den Beklagten selbst berücksichtigten Krankheitskosten könnten nur teilweise von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden.

Das Berufungsgericht teilte grundsätzlich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass im gegenständlichen Fall eine Wohnkostenersparnis sowie eine „fiktive Möbelmiete“ der Klägerin zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung sei zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs der Klägerin aus dem Titel der Wohnversorgung um 1/4 gerechtfertigt. Stehe dabei jenem Ehegatten, der die Eigentumswohnung benutze, aufgrund eigenen Einkommens nur ein Ergänzungsunterhalt zu, sei dieses Viertel nicht aus diesem zu ermitteln, sondern aus dem Eigeneinkommen und dem (ungekürzten) Ergänzungsunterhalt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei eine angemessene Berücksichtigung der Wohnkostenersparnis der Klägerin in Höhe eines Viertels ihres Geldunterhaltsanspruchs jedenfalls gerechtfertigt. Der Abzug der Betriebskosten durch das Erstgericht sei zu Recht erfolgt, weil diese nicht eine Wohnkostenersparnis betreffen, sondern Aufwendungen, die jeder zu tragen habe, unabhängig davon, ob es sich um Miete oder Eigentum handle.

Ausgehend von diesen Grundsätzen betrage der monatliche Unterhaltsanspruch der Klägerin für Februar und März 2005 jeweils 194,46 EUR, für April 2005 405,62 EUR, für Mai bis einschließlich Dezember 2005 jeweils 624,34 EUR, für das Jahr 2006 jeweils 423,21 EUR, für das Jahr 2007 jeweils 495,40 EUR, für das Jahr 2008 jeweils 497,35 EUR, für das Jahr 2009 jeweils 474,49 EUR, für das Jahr 2010 jeweils 467,24 EUR, für das Jahr 2011 jeweils 32,17 EUR (§ 405 ZPO) und für Jänner bis einschließlich Juni 2012 jeweils 687,86 EUR. Der Ausspruch einer Verpflichtung des Beklagten zur Leistung dieses der Klägerin zustehenden Unterhalts komme jedoch nicht in Betracht, weil der Beklagte den der Klägerin gebührenden Unterhalt ‑ wenn auch unter Vorbehalt ‑ bereits geleistet habe.

Hinsichtlich des von der Klägerin (ab 1. 7. 2012) begehrten laufenden monatlichen Unterhalts ermögliche die für den Ehegattenunterhalt maßgebende Bestimmung des § 406 Abs 2 ZPO auch die Verurteilung zu Leistungen, die erst in Zukunft, also nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, fällig werden. Damit der Zuspruch für die Zukunft erfolgen könne, müsse der Schuldner seine Verpflichtung (einmal) verletzt haben oder es müsse eine solche Verletzung drohen. Der Bestimmung des § 406 ZPO sei somit die Zwecksetzung zu entnehmen, jegliche Gefährdung des Unterhalts hintanzuhalten und eine solche immer auch dann anzunehmen, wenn der Unterhaltspflichtige die Weitererbringung seiner Leistung dahingestellt sein lasse, in Zweifel ziehe oder sonst erkläre, dass er ohne Rechtspflicht leiste. Eine Unterhaltsfestsetzung für die Zukunft sei daher nicht nur gerechtfertigt, wenn effektiv eine Unterhaltsverletzung eingetreten sei, sondern auch dann, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Gefahr für die Zahlung des Unterhalts angenommen werden könne.

Im vorliegenden Fall habe der Beklagte zwar seit Februar 2000 regelmäßig 581,31 EUR monatlich an Unterhalt an die Klägerin bezahlt, er habe jedoch sämtliche Zahlungen jeweils nur unter Rückforderungsvorbehalt und unter ausdrücklicher Bestreitung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin geleistet. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass der Beklagte die Unterhaltszahlungen nicht als Rechtspflicht ansehe und sich insoweit ‑ wie sich aus seinem gesamten Vorbringen ergebe ‑ auch nicht als gebunden erachte. Aus einer solchen Verhaltensweise heraus müsse aber mit einer jederzeitigen Einstellung der Alimentation gerechnet werden, weshalb auch das Berufungsgericht keine Bedenken gegen die Festsetzung eines laufenden Unterhalts habe.

Weiters habe der Unterhaltspflichtige nach der Rechtsprechung, da seine unterhaltsberechtigte frühere Ehefrau einen öffentlich‑rechtlichen Versorgungsanspruch im Sinn des § 258 Abs 4 ASVG bzw § 19 PG geltend machen könnte, die Verpflichtung, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Versorgungsanspruch zu schaffen, soweit ihm dies möglich und zumutbar sei. Wenn der Beklagte daher nicht schon vor der Ehescheidung eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhaltsbeträgen schriftlich übernommen habe, hätte er der Klägerin den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs darüber anzubieten gehabt. Da er dies nicht getan habe, habe die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis an seiner Verurteilung für künftige Unterhaltsleistungen.

Zu den Gegenforderungen des Beklagten führte das Berufungsgericht zusammengefasst aus, dass diese im Ergebnis im Umfang von 13.528,70 EUR (= 14.512,24 EUR abzüglich 983,54 EUR) zu Recht bestünden. Es sei also dieser Betrag von 13.528,70 EUR auf den der Klägerin ab 1. 7. 2012 gebührenden Unterhalt anzurechnen, was bedeute, dass der Beklagte bis 30. 11. 2014 keinen Unterhalt zu leisten habe. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren sei abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die vom Berufungsgericht zur Frage der angemessenen Berücksichtigung der fiktiven Mietersparnis auf Seiten der Klägerin angestellten Überlegungen den Umstand, dass der Beklagte auch in einem ihm gehörenden Haus lebe und somit ebenfalls eine unentgeltliche Wohnmöglichkeit habe, nicht berücksichtigen.

Während die Klägerin diese Entscheidung unbekämpft ließ, erhob der Beklagte dagegen rechtzeitig Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch teilweise berechtigt.

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, nach der Rechtsprechung seien vom Unterhaltspflichtigen an den Unterhaltsberechtigten mit Unterhaltscharakter geleistete Zahlungen auf dessen Unterhaltsanspruch anzurechnen, auch wenn diese Zahlungen zu einer entsprechenden Klagsabweisung führten. Es hätte daher das Klagebegehren für die Vergangenheit, also bis 30. 6. 2012, zur Gänze abgewiesen werden müssen. Die Klägerin habe für die Vergangenheit einen Klagsanspruch gestellt, der nach ihren eigenen Behauptungen erfüllt gewesen sei. Das Klagebegehren sei daher insoweit unschlüssig. Auch das Begehren „abzüglich geleisteter Zahlungen“ für Ansprüche vor Schluss der Verhandlung mache das Begehren unschlüssig.

Die Klägerin habe keine ausreichenden Behauptungen für ihren Unterhaltsanspruch aufgestellt. Es bestehe nach ihrem Prozessvorbringen auch kein Rechtsschutzbedürfnis auf Schaffung eines Leistungstitels für die Zukunft trotz Zahlung des der Klägerin zustehenden Unterhalts durch den Beklagten. § 101 Abs 4 AußStrG sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für den gesamten Unterhaltsbereich analog anzuwenden. Danach sei die Gefährdung zukünftigen Unterhalts besonders streng zu beurteilen. Diesen Grundsatz habe das Berufungsgericht missachtet. Die Berechnung der Wohnkostenersparnis durch das Berufungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab. Die Wohnkostenersparnis liege in der Höhe einer fiktiv am Markt erzielbaren Miete bei möglicher Fremdvermietung. Bei der ermittelten Miete handle es sich um eine Nettomiete ohne Mehrwertsteuer und ohne Betriebskosten. Der fiktive Mietwert sei daher nicht um die Betriebskosten zu verringern. Der vom Berufungsgericht angenommene Prozentsatz für die Unterhaltsleistungen des Beklagten an seine Ehefrau und seine Tochter C***** von 3 % bzw 4 % widerspreche wegen der hohen krankheitsbedingten Aufwendungen für sie der Judikatur. Schließlich macht der Beklagte auch geltend, die Überzahlung eines gerichtlich nicht festgelegten Unterhalts sei auch bei An‑, Aufrechnungs‑ und Rückforderungsvorbehalt als Vorauszahlung oder Vorschuss im Sinn des § 293 Abs 3 EO anzusehen. Auch aus dieser Sicht sei die Gefahr einer zukünftigen Unterhaltsverletzung durch den Beklagten ausgeschlossen, stehe doch die Aufrechenbarkeit eines Betrags von mindestens weiteren 23.535 EUR sA einem höchstmöglichen monatlichen Unterhalt der Klägerin von 424,97 EUR gegenüber.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Anspruch der Klägerin auf rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1. 2. 2005 bis 30. 6. 2012:

1. Auszugehen ist davon, dass der beklagte Unterhaltsschuldner im Hinblick auf § 35 EO Anspruch darauf hat, dass die zum Grund des Anspruchs gehörende Frage geklärt wird, in welchem Ausmaß er die ihm auferlegte Leistung bereits erbracht hat und ob bestimmte Zahlungen als Erfüllung der ihm auferlegten Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen sind. Hat der Schuldner nämlich Zahlungen vor Schaffung des Titels geleistet, darf ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt werden, als sie sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt, zumal im Exekutionsverfahren gemäß § 35 Abs 1 EO diese in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen nicht mit Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden können (4 Ob 20/09h ua; RIS‑Justiz RS0000588 [T2, T3]). Die vom Unterhaltspflichtigen bis zum Tag der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung geleisteten Zahlungen und Naturalleistungen müssen daher auf den Unterhaltsanspruch in Anrechnung gebracht werden. Bei einer Unterhaltsfestsetzung für die Vergangenheit sind daher alle Geld‑ und Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter in Anschlag zu bringen und vom (errechneten) tatsächlichen Unterhaltsbetrag in Abzug zu bringen. Nur dieser Rest ist dann in einem Gesamtbetrag als rückständiger Unterhalt zuzusprechen (vgl 1 Ob 25/04i; 4 Ob 2084/96s ua).

2. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Beklagte (auch) im maßgeblichen Zeitraum ab 1. 2. 2005 bis zur Entscheidung des Erstgerichts monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von jeweils 581,31 EUR an die Klägerin geleistet hat. Es ist ebenfalls nicht mehr strittig, dass diese unter Rückforderungsvorbehalt geleisteten Zahlungen des Beklagten selbst den vom Berufungsgericht für den Zeitraum vom 1. 2. 2005 bis 30. 6. 2012 jeweils errechneten Unterhaltsanspruch der Klägerin insgesamt erheblich überstiegen haben. Dieser Umstand muss aber nach zutreffender Rechtsansicht des Beklagten zur Abweisung des auf die Gewährung von rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 1. 2. 2005 bis 30. 6. 2012 gerichteten Teils des Klagebegehrens der Klägerin führen (vgl 1 Ob 25/04i ua).

Insoweit erweist sich die Revision des Beklagten als berechtigt.

II. Zum Anspruch des Klägers auf laufenden monatlichen Unterhalt ab 1. 7. 2012:

1. Nach § 101 Abs 4 AußStrG ist die Verpflichtung zur Leistung noch nicht fälligen Unterhalts zulässig, wenn die Unterhaltspflicht bereits verletzt wurde oder verletzt zu werden droht. Für den Ehegatten‑ und Scheidungsunterhalt gilt allerdings entgegen der Ansicht des Beklagten die im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung des § 406 zweiter Satz ZPO (vgl Fucik in Fasching/Konecny ² III § 406 Rz 34). Danach kann bei Ansprüchen auf Alimente auch zu Leistungen verurteilt werden, welche erst nach Erlassung des Urteils fällig werden. Die ständige Rechtsprechung verlangt als Voraussetzung für den Zuspruch noch nicht fälliger Unterhaltsbeträge, dass der Unterhaltspflichtige seine Verpflichtungen verletzt habe oder doch zu verletzen drohe (vgl Fucik in Fasching/Konecny ² § 406 Rz 29; Rechberger in Rechberger , ZPO³ § 406 Rz 8 jeweils mwN; RIS‑Justiz RS0041109; RS0047184 ua). Künftiger Unterhalt kann daher insbesondere auch begehrt werden, wenn der Ehemann mit Unterhaltsleistungen nicht säumig war, jedoch die Unterhaltspflicht mit der Behauptung bestreitet, die Ehefrau habe den Unterhaltsanspruch verwirkt (RIS‑Justiz RS0037998) oder die Weitererbringung seiner Unterhaltsleistung dahingestellt sein lässt, in Zweifel zieht oder sonst erklärt, dass er ohne Rechtspflicht leiste ( Klauser/Kodek , ZPO 17 § 406 E 9). Nach der Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0038005) hat der Unterhaltspflichtige, nachdem seine frühere Ehefrau einen öffentlich‑rechtlichen Versorgungsanspruch (zB nach § 258 Abs 4 ASVG oder § 19 PG) geltend machen könnte, die Verpflichtung, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch zu schaffen. Die frühere Ehefrau hat daher ein Rechtsschutzbedürfnis an der Verurteilung des früheren Ehemanns zu den künftig fällig werdenden Unterhaltsleistungen.

1.1 Die Klägerin begründete ihr Unterhaltsbegehren schon in der Klage ausdrücklich damit, dass sie zur Sicherung ihrer Hinterbliebenen-pensionsansprüche einen Exekutionstitel benötige. Dieser öffentlich‑rechtliche Gesichtspunkt rechtfertigt nach der Rechtsprechung (vgl SZ 54/6) ‑ unabhängig von einer aus bereits tatsächlich erfolgten oder angedrohten Unterhaltsverletzungen zu besorgenden künftigen Unterhaltsbeeinträchtigung ‑ das Begehren der Klägerin auf Schaffung eines gerichtlich vollstreckbaren Titels für die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge.

1.2 Darüber hinaus hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sämtliche Unterhaltszahlungen des Beklagten jeweils unter Rückforderungsvorbehalt und ausdrücklicher Bestreitung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin erfolgten. Auch in der Revision bestreitet der Beklagte weiterhin jedenfalls die Höhe des der Klägerin von den Vorinstanzen zugesprochenen Unterhalts. Da der Beklagte seine bisherigen Unterhaltszahlungen nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht als Rechtspflicht ansieht und sich daher insoweit auch nicht als gebunden erachtet, muss mit einer jederzeitigen Einstellung der Alimentation gerechnet werden. Der Klägerin ist daher auch aus diesem Grund ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung ihres Unterhaltsanspruchs auch für die Zukunft zuzubilligen, um sie von der ständigen Sorge um ihren fortlaufenden Unterhalt zu befreien (vgl EvBl 1976/69, 131; EFSlg 29.996; 1 Ob 588/88 ua).

2. Zur Frage der Höhe des der Klägerin ab 1. 7. 2012 zustehenden laufenden monatlichen Unterhalts ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht in seiner Entscheidung einen monatlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. 1. 2012 bis 30. 6. 2012 in Höhe von jeweils 687,86 EUR, ab 1. 7. 2012 jedoch nur noch in Höhe von jeweils 470,93 EUR feststellte. Da sich für eine solche Änderung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab 1. 7. 2012 im Urteil des Berufungsgerichts keine Begründung findet, ist wohl davon auszugehen, dass das Berufungsgericht offenbar der Ansicht war, dass die Abweisung des Mehrbegehrens der Klägerin auf Gewährung eines weiteren laufenden Unterhalts ab 1. 7. 2012 in Höhe von 501,67 EUR monatlich durch das Erstgericht (vgl Punkt 1. des erstgerichtlichen Urteilsspruchs) durch die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr bekämpft worden sei (in diesem Sinne auch die Stellungnahme des Berufungssenats zu der vom erkennenden Senat gemäß § 419 ZPO erfolglos angeregten Berichtigung des Berufungsurteils). Ob diese Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, zumal die Klägerin in der Anfechtungserklärung in ihrer Berufung (ON 155) ausdrücklich nur Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteilsspruchs (= Zuspruch eines laufenden monatlichen Unterhalts ab 1. 7. 2012 in Höhe von 470,93 EUR) unbekämpft ließ und auch in ihrem Berufungsantrag eine Abänderung des Ersturteils im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens begehrte, kann im Revisionsverfahren nicht mehr geprüft werden, weil die Klägerin die Entscheidung des Berufungsgerichts unbekämpft ließ und daher der Zuspruch eines den Betrag von 470,93 EUR monatlich übersteigenden laufenden Unterhalts an die Klägerin im Revisionsverfahren ohnedies nicht mehr in Betracht kommt. Es sind daher auch die im Folgenden inhaltlich zu behandelnden Revisionsausführungen des Beklagten zur Frage der Höhe des der Klägerin ab 1. 7. 2012 zustehenden laufenden monatlichen Unterhalts vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Klägerin vom Berufungsgericht ohnedies nur ein laufender monatlicher Unterhalt in Höhe von 470,93 EUR und nicht ‑ wie vom Berufungsgericht eigentlich ermittelt ‑ in Höhe von 687,86 EUR zugesprochen wurde.

3. Der grundsätzliche Einwand des Beklagten, das Begehren der Klägerin auf Gewährung eines laufenden monatlichen Unterhalts von 972,60 EUR sei nicht ausreichend begründet, trifft nicht zu. Der Beklagte räumt selbst ein, dass die für den Unterhaltsanspruch maßgebenden finanziellen Verhältnisse der Parteien bekannt sind. Die Behauptungs‑ und Beweislast hinsichtlich der zu einer Minderung der Unterhaltspflicht führenden Umstände (hier: Sorgepflichten des Beklagten für seine Ehefrau und seine Tochter) trifft den Unterhaltsschuldner (vgl 1 Ob 81/10h mwN ua). Bei der Frage, in welchem Umfang der Unterhaltsanspruch eines Unterhaltsberechtigten durch konkurrierende Sorgepflichten des Unterhaltsschuldners vermindert wird, handelt es sich um eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage.

4. Die weiteren Einwände des Beklagten gegen den vom Berufungsgericht zwar mit dem Betrag von monatlich 687,86 EUR ermittelten, aber tatsächlich nur mit dem Betrag von monatlich 470,93 EUR berücksichtigten laufenden Unterhaltsanspruch der Klägerin ab 1. 7. 2012 sind ebenfalls nicht berechtigt.

4.1 Nach der ständigen Rechtsprechung kann die bei der Unterhaltsbemessung angewendete Prozentkomponente als Maßstab zur Gleichbehandlung gleichartiger Fälle herangezogen werden (RIS‑Justiz RS0047419). Es handelt sich dabei um Richtsätze als Orientierungshilfe. Die Prozentkomponente ist daher keine starre rechnerische Größe, sondern im Rahmen des Ermessensspielraums, auch abhängig von der Höhe des zugrunde zu legenden Einkommens, in gewissen Grenzen einer Anpassung an die Umstände des Einzelfalls zugänglich (6 Ob 233/98b). Unterhaltsberechtigte Kinder werden in der Regel mit Abstrichen von je 4 % von den angegebenen Prozentsätzen berücksichtigt (4 Ob 506/92 ua), während bei konkurrierender Sorgepflicht für einen Ehegatten aus aufrechter Ehe in der Regel ein Abzug von bis zu 3 % als gerechtfertigt erachtet wird (vgl Zankl/Mondel in Schwimann/Kodek , AGBG 4 I § 66 EheG Rz 56 mwN). Ein krankheitsbedingter Mehraufwand, den der Unterhaltsschuldner zu tragen hat, ist nach der Rechtsprechung angemessen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage (vgl RIS‑Justiz RS0047506; RS0085165) oder als Abzug weiterer Prozentpunkte (RIS‑Justiz RS0110231) zu berücksichtigen.

4.2 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die über die durchschnittlichen Gesundheitsausgaben allenfalls darüber hinausgehenden ‑ von den Vorinstanzen im Einzelnen festgestellten ‑ Ausgaben des Beklagten für seine Ehefrau und seine Tochter seien auch im Hinblick auf das weit überdurchschnittliche Einkommen des Beklagten im Rahmen der Ausschöpfung der höchstmöglichen Prozentabzüge, nämlich 3 % für die Ehefrau und 4 % für die Tochter, bereits ausreichend berücksichtigt, ist nicht zu beanstanden (vgl RIS‑Justiz RS0047506).

4.3 Hinsichtlich der Frage der Anrechnung einer „Wohnkostenersparnis“ auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin hat das Berufungsgericht zutreffend auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verwiesen, wonach ein Unterhaltsberechtigter, der nicht auch für die Kosten seiner Wohnversorgung aufzukommen hat, regelmäßig nicht mehr des gesamten Geldunterhalts bedarf, um seinen vollständigen Unterhalt zu decken (RIS‑Justiz RS0047254, RS0047463). Die Wohnkostenersparnis ist angemessen zu berücksichtigen, und zwar durch Anrechnung auf den Geldunterhaltsanspruch (3 Ob 44/08d mwN). Wo diese Angemessenheitsgrenze liegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (2 Ob 246/09d mwN). Dem Unterhaltsberechtigten hat stets ein in Geld zu leistender Unterhalt zuzukommen, weil er ja von der Wohnung allein nicht leben kann. Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung daher lediglich um bis zu einem Viertel zu. Steht dabei jenem Ehegatten, der die Eigentumswohnung benutzt, aufgrund eigenen Einkommens nur ein Ergänzungsunterhalt zu, ist dieses Viertel nicht aus diesem zu ermitteln, sondern aus dem Eigeneinkommen und dem (ungekürzten) Ergänzungsunterhalt, kommt es maßgeblich doch darauf an, dass diesem Ehegatten ausreichend Geldmittel zur Verfügung stehen, um seine Bedürfnisse jenseits des Wohnens angemessen befriedigen zu können (6 Ob 43/12k).

4.4 Der erkennende Senat erachtet die vom Berufungsgericht ausgehend von den dargelegten Grundsätzen berechnete Wohnkostenersparnis für angemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwar der Beklagte den wesentlichen finanziellen Beitrag (5/6) dazu geleistet hat, dass die Klägerin Hälfteeigentümerin der Liegenschaft geworden ist, die Klägerin aber neben den restlichen Anschaffungskosten erhebliche Eigenmittel in die Renovierung der von ihr genutzten Wohnung investiert hat.

4.5 Ausgehend von diesen Erwägungen kann sich der Beklagte nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls nicht dadurch beschwert erachten, dass der Klägerin vom Berufungsgericht ein laufender monatlicher Geldunterhalt von 470,93 EUR zuerkannt wurde.

III. Zu den Gegenforderungen:

1. Zu den vom Beklagten gegen die Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen ist grundsätzlich zu bemerken, dass eine prozessuale Aufrechnungseinrede nur Erfolg haben kann, wenn die Aufrechnung nach materiellem Recht zulässig ist. Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen für die materiell‑rechtliche Kompensation, nämlich Gegenseitigkeit, Fälligkeit, Gültigkeit und Gleichartigkeit auch im Falle einer Aufrechnungseinrede gegeben sein müssen ( Rechberger/Simotta , Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts 8 Rz 648; Deixler‑Hübner in Fasching/Konecny 2 III § 391 ZPO Rz 41 ff).

1.1 Nach § 1439 ABGB findet die Kompensation zwischen einer richtigen und nicht richtigen sowie einer fälligen und noch nicht fälligen Forderung nicht statt. Die gesetzliche Aufrechnung setzt somit die Fälligkeit beider Forderungen, also sowohl der Forderung des Aufrechnenden gegen den Aufrechnungsgegner als auch der Forderung des Aufrechnungsgegners gegen den Aufrechnenden voraus. Vor Fälligkeit beider Forderungen ist die Aufrechenbarkeit grundsätzlich nicht gegeben. Nur für die Forderung des Aufrechnungsgegners, gegen die aufgerechnet werden soll, ist die Fälligkeit dann nicht zu fordern, wenn der Aufrechnende berechtigt ist, vorzeitig zu zahlen (SZ 58/50 mwN). Bei Aufrechnung im Prozess muss daher die Fälligkeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten sein (vgl Dullinger in Rummel , ABGB³ § 1439 Rz 7; Griss in KBB³ § 1439 Rz 3 ua).

1.2 Bei Berücksichtigung dieser Ausführungen ergibt sich, dass von einer Fälligkeit der Forderung der Klägerin auf laufenden monatlichen Unterhalt ab 1. 7. 2012 bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht ausgegangen werden kann. Eine Aufrechnung einer fälligen Gegenforderung mit einer nicht fälligen Hauptforderung ist jedoch ohne Zustimmung des Gläubigers unzulässig (vgl RIS‑Justiz RS0033753). Die Aufrechnungseinrede des Beklagten erweist sich daher schon aus diesem Grund als insgesamt nicht berechtigt.

2. Gemäß § 411 Abs 1 zweiter Satz ZPO ist die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand einer vom Beklagten zur Kompensation geltend gemachten Gegenforderung der Rechtskraft (nur) bis zur Höhe des Betrags teilhaft, mit welchem aufgerechnet werden soll. Die Entscheidung über die Aufrechnungseinrede begründet nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bis zur Höhe des Betrags, mit dem aufgerechnet wurde, die Rechtskrafteinrede (RIS‑Justiz RS0041281 [T1]).

2.1 In dem Umfang, in welchem das Berufungsgericht ‑ von der Klägerin unbekämpft ‑ eine Aufrechnung der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung gegen die noch nicht fällige Klagsforderung vorgenommen hat, ist daher Teilrechtskraft eingetreten. Unter Berücksichtigung dieser Teilrechtskraft war daher entsprechend der Entscheidung des Berufungsgerichts auszusprechen, dass der Beklagte schuldig ist, der Klägerin ab 1. 12. 2014 jeweils am 1. eines jeden Monats im Vorhinein einen Unterhaltsbetrag von 470,93 EUR zu zahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren der Klägerin war hingegen abzuweisen.

Es war somit in teilweiser Stattgebung der Revision des Beklagten spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich für alle drei Instanzen auf § 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Dabei war von einem gleichteiligen Prozesserfolg der Streitteile auszugehen. Der vom Beklagten im Revisionsverfahren erzielte geringfügige Teilerfolg rechtfertigt keinen Kostenzuspruch für seine Rechtsmittelschrift. Hinsichtlich der Pauschal‑ und Sachverständigengebühren war gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO vorzugehen.

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