Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Adoptionssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Begründung
Mit dem am 13. 7. 2012 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrten Dr. R***** M***** (Erstantragstellerin), die Minderjährige (Zweitantragstellerin) und deren als „Drittantragstellerin“ bezeichnete leibliche Mutter unter Vorlage eines am 3. 7. 2012 von der Annehmenden und der obsorgeberechtigten leiblichen Mutter des Wahlkindes als dessen gesetzliche Vertreterin unterfertigten Adoptionsvertrags sowie weiterer Urkunden die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt „mit der Wirkung, dass die familienrechtlichen Beziehungen zwischen der Zweitantragstellerin und der Drittantragstellerin vollinhaltlich aufrecht bleiben.“
Das Erstgericht wies den Antrag ohne Durchführung eines weiteren Verfahrens ab. Dabei ging es von folgendem Sachverhalt aus:
Die Erstantragstellerin lebt seit 1998 in einer Lebensgemeinschaft mit der leiblichen Mutter des Wahlkindes. Der gemeinsame Wohnsitz liegt in Österreich. Am 14. 2. 2011 begründeten die beiden Frauen vor der zuständigen Bezirkshauptmannschaft eine eingetragene Partnerschaft. Nach der in Deutschland vorgenommenen Insemination mit dem Samen eines anonymen Spenders gebar die Mutter am ***** 2012 ihre Tochter V*****. Beide Frauen und das Kind sind österreichische Staatsbürgerinnen. Seit der Geburt des Kindes unterstützen einander die leibliche Mutter und die Erstantragstellerin in der Pflege und Erziehung, sodass zwischen der Erstantragstellerin und dem Kind eine starke emotionale Bindung wie zwischen leiblichen Eltern und Kindern besteht. Die Erstantragstellerin hatte sich vertraglich als „Co-Mutter“ zur Unterhaltsleistung für das durch die Insemination entstehende Kind verpflichtet und ausdrücklich ihre feste Absicht erklärt, dieses zu adoptieren.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass auf den Adoptionsfall entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerinnen österreichisches und nicht deutsches Recht anzuwenden sei. Nach § 8 Abs 4 EPG dürften aber eingetragene Partner die Kinder des jeweils anderen nicht an Kindesstatt annehmen. Auch die §§ 179 ff ABGB ließen die Adoption nicht zu.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und fügte hinzu, dass sich auch aufgrund der unionsrechtlichen Ausführungen der Antragstellerinnen keine abweichende Beurteilung ergebe. Insbesondere sei eine Einschränkung ihres Freizügigkeitsrechts nicht erkennbar. Ebenso wenig sei von der Grundrechtswidrigkeit der innerstaatlichen Rechtslage auszugehen. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 9 Ob 62/06t bereits ausgesprochen, dass die Adoption des Kindes durch die Lebenspartnerin der leiblichen Mutter rechtlich nicht möglich sei. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) werde den einzelnen Staaten in diesem Bereich ein großer Beurteilungsspielraum eingeräumt. Im Hinblick darauf habe der Oberste Gerichtshof in der angesprochenen Entscheidung auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehegt. Zuletzt sei er in der Entscheidung (richtig) 7 Ob 124/11b überdies zu der Ansicht gelangt, dass die Verweigerung der gemeinsamen Obsorge gleichgeschlechtlicher Partner nicht diskriminierend sei. Angesichts dieser eindeutigen Rechtsprechung sei die von den Antragstellerinnen angeregte Anfrage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) obsolet.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerinnen mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im stattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Erneut regen die Antragstellerinnen die Einleitung eines Vorlageverfahrens beim Europäischen Gerichtshof an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen mit der mittlerweile geänderten Rechtslage nicht mehr vereinbar sind. Das Rechtsmittel ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Die Antragstellerinnen wiederholen im Revisionsrekurs ihre Thesen zur Anwendbarkeit deutschen Rechts. Sie verweisen weiters auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts und gehen von der Grundrechtswidrigkeit der innerstaatlichen Rechtslage aus.
Der Senat hat erwogen:
1. Gemäß § 26 Abs 1 IPRG sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, maßgebend.
Im vorliegenden Fall sind sowohl die Annehmende als auch das Kind österreichische Staatsbürgerinnen, weshalb gemäß § 9 Abs 1 IPRG ‑ auch für die Beurteilung besagter Zustimmungsrechte ‑ österreichisches Recht zur Anwendung gelangt. Auf die Rechtsmittelausführungen der Antragstellerinnen, die darauf abzielen, dass trotz dieser (eindeutigen) Gesetzeslage ‑ die Stiefkindadoption unter gleichgeschlechtlichen Partnern ermöglichendes ‑ deutsches Recht anzuwenden sein soll, muss schon deshalb nicht weiter eingegangen werden, weil nunmehr auch das österreichische Recht diese Möglichkeit bietet.
2. Nach § 1503 Abs 1 Z 1 ABGB trat das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz (KindNamRÄG) 2013, BGBl I 2013/15, soweit nichts anderes bestimmt wurde, mit 1. 2. 2013 in Kraft. Die Materialien (ErläutRV 2004 BlgNR XXIV. GP 34) führen dazu aus, dass „die neuen namens- und kindschaftsrechtlichen Regeln mit 1. 2. 2013 angewendet werden sollen; dies gilt auch für zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Verfahren“. Der Oberste Gerichtshof vertritt für anhängige Rechtsmittel dazu in bereits gefestigter Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass die neuen Regelungen ab ihrem Inkrafttreten vom Rechtsmittelgericht zu beachten sind, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (vgl 6 Ob 41/13t; 1 Ob 55/13i; 4 Ob 58/13b; RIS-Justiz RS0128634).
Zu den kindschaftsrechtlichen Regelungen gehören auch jene über die Annahme an Kindesstatt. Bei der Behandlung des vorliegenden Revisionsrekurses sind daher die einschlägigen, seit 1. 2. 2013 geltenden Bestimmungen des KindNamRÄG 2013 zu beachten. Dies ist hier aber in zweifacher Hinsicht nur von untergeordneter Bedeutung: Einerseits, weil die im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren maßgeblichen adoptionsrechtlichen Vorschriften durch das KindNamRÄG 2013 inhaltlich nicht geändert wurden; andererseits, weil mittlerweile entscheidende Änderungen durch das am 1. 8. 2013 in Kraft getretene Adoptionsrechts-Änderungsgesetz (AdRÄG) 2013, BGBl I 2013/179, eingetreten sind.
3. Ehe auf die mit diesen Änderungen verbundenen Rechtsfolgen einzugehen ist, bedarf es noch folgender Klarstellung:
Die leibliche Mutter der Minderjährigen wird in sämtlichen Schriftsätzen als „Drittantragstellerin“ bezeichnet, ohne dass ihre Antrags- oder Rechtsmittelbefugnis begründet wird. Nun ergibt sich bereits aus § 192 Abs 1 ABGB (§ 179a Abs 1 ABGB aF), dass die gerichtliche Bewilligung der Annahme an Kindesstatt nur auf Antrag eines Vertragsteils erwirkt werden kann. Die leibliche Mutter des Wahlkindes ist aber in den Vertrag nicht eingebunden, sie ist nicht „Vertragsteil“ iSd § 192 Abs 1 ABGB (7 Ob 510/94; 1 Ob 100/01i; 2 Ob 239/09z; RIS-Justiz RS0014464; Höllwerth in Schwimann , ABGB 4 I § 179a Rz 2). Die Parteistellung der leiblichen Eltern im Adoptionsverfahren ergibt sich nur aus ihrem Zustimmungsrecht nach § 195 Abs 1 Z 1 ABGB (§ 181 Abs 1 Z 1 ABGB aF), das hier im Falle der leiblichen Mutter jedoch gemäß § 195 Abs 2 ABGB (§ 181 Abs 2 ABGB aF) entfällt. Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Versagung der Bewilligung in Rechte des zustimmenden Elternteils nicht eingreift und es diesem daher mangels Beschwer an der Rechtsmittelbefugnis fehlt (7 Ob 510/94; 1 Ob 100/01i; Höllwerth aaO § 181 Rz 3).
Inhaltlich macht die leibliche Mutter somit kein eigenes subjektives Recht geltend; sie agiert ausschließlich im Interesse der Minderjährigen, deren gesetzliche Vertreterin sie ist. Ihr Einschreiten kann daher sinnvollerweise nur dahin gedeutet werden, dass sie im gegenständlichen Adoptionsverfahren ‑ trotz der missverständlichen Bezeichnung als „Drittantragstellerin“ ‑ nicht als (formelle) Partei (vgl 3 Ob 128/08g; Rechberger in Rechberger, AußStrG² § 2 Rz 4), sondern als gesetzliche Vertreterin ihres Kindes (der Zweitantragstellerin) tätig wird (von diesem Verständnis scheint auch das Rekursgericht ausgegangen zu sein, das ohne nähere Erläuterung den Rekurs als nur von der Erstantragstellerin und ‑ insoweit allerdings wieder missverständlich ‑ von der „Drittantragstellerin“ erhoben ansah).
4. Die durch das KindNamRÄG 2013 in § 197 Abs 2 zweiter Satz ABGB übernommene Regelung des § 182 Abs 2 zweiter Satz ABGB aF über die Wirkungen der Einzeladoption lautete:
„ Wird das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen, so erlöschen diese Beziehungen lediglich hinsichtlich des leiblichen Vaters (der leiblichen Mutter) und dessen (deren) Verwandten; [...] “
Im Falle einer Einzeladoption erloschen die familienrechtlichen Beziehungen demnach nur gegenüber dem Elternteil (bzw dessen Verwandten), der das gleiche Geschlecht wie der Adoptierende hatte, während die Beziehungen zum andersgeschlechtlichen leiblichen Elternteil aufrecht blieben (vgl 9 Ob 62/06t mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien; Höllwerth aaO § 182 Rz 9). Damit war die Annahme durch die Lebenspartnerin der Mutter, wie sie in dem zu 9 Ob 62/06t entschiedenen Fall angestrebt worden war, gesetzlich ausgeschlossen (vgl Hopf in KBB³ § 179 Rz 2). Der Oberste Gerichtshof gelangte in der zitierten Entscheidung daher auch zu dem Ergebnis, dass die Adoption des Kindes durch die Lebenspartnerin der leiblichen Mutter rechtlich unmöglich sei. Er betonte ferner, dass die Bestimmung auch einer Prüfung unter dem Blickwinkel der Verfassungsgemäßheit (Grundrechtsbetrachtung) standhalten würde und verwies auf die diese Ansicht (noch) stützende Rechtsprechung des EGMR (Entscheidung vom 26. 2. 2002, Nr 36515/97 [ Fretté/Frankreich ]).
5. Am 1. 1. 2010 trat das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft (Eingetragene Partnerschaft‑Gesetz ‑ EPG), BGBl I 2009/135, in Kraft, womit ein rechtlicher Rahmen für das Zusammenleben homosexueller Paare geschaffen wurde. Das EPG enthielt aber keine Bestimmungen, die sich auf Kinder bezogen oder die das Kindschaftsrecht änderten. Demnach sollten auch die Adoption eines Kindes durch die beiden eingetragenen Partner ebenso wie die Adoption des Kindes einer Partnerin oder eines Partners durch den anderen Teil ausgeschlossen bleiben ( Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth , EuPR [2011] § 1 EPG Rz 3). § 8 EPG regelt die Rechte und Pflichten der eingetragenen Partner. Abs 4 dieser Bestimmung lautete:
„ Die eingetragenen Partner dürfen nicht gemeinsam ein Kind an Kindesstatt oder die Kinder des jeweils anderen an Kindesstatt annehmen. “
Der Gesetzgeber begründete die Verweigerung von Adoptionsmöglichkeiten im Wesentlichen damit, in der Frage des „im Begutachtungsverfahren vielfach geforderten Adoptionsverbots“ frei entscheiden zu können. Eine Stiefkind- oder Paaradoption wäre darüber hinaus nach dem österreichischen Adoptionsrecht schon deshalb ausgeschlossen, weil diese Konstellationen, bei denen das Kind zwei rechtliche Väter oder zwei rechtliche Mütter hat, nicht zulasse (ErläutRV 485 BlgNR XXIV. GP 9 f; zur Problematik der Regelung vgl Gitschthaler aaO § 8 EPG Rz 6 ff; Höllwerth aaO § 179 Rz 12 ff; Guerrero , Gleichgeschlechtliche Familien, juridikum 2010, 391; Aichhorn , Verbot der Stiefkindadoption für Homosexuelle, EF-Z 2013/4, 9). Durch die gleichzeitige Novellierung des § 2 Abs 1 FMedG unterstrich der Gesetzgeber seine Absicht, gleichgeschlechtlichen Paaren (rechtlich) gemeinsame Kinder zu verweigern (zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs vgl 3 Ob 147/10d und 3 Ob 224/12f; vgl ferner Gitschthaler aaO § 8 EPG Rz 6).
6. Aufgrund einer Beschwerde der zu 9 Ob 62/06t erfolglos gebliebenen Antragsteller stellte die Große Kammer des EGMR mit Urteil vom 19. 2. 2013, Bsw 19010/07, eine Verletzung von Art 14 MRK (Diskriminierungsverbot) iVm Art 8 MRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) fest. Begründet wurde dies mit der auf ihrer sexuellen Orientierung beruhenden Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren, bei denen ein Partner das leibliche Kind des anderen adoptieren möchte. Hingegen wurde keine Verletzung von Art 14 MRK iVm Art 8 MRK bei Vergleich der Situation der Beschwerdeführer mit jener eines verheirateten Paares, wo einer der Partner das Kind des anderen annehmen möchte, erkannt (dazu näher EF‑Z 2013/80, 115 [ B. Simma ]; Fucik, ‑ EGMR und BVerfG haben entschieden, ÖJZ 2013/22, 193; Clavora , Das Wesen der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft ‑ Teil II: Eingetragene Partnerschaft, Zak 2013/245, 132 [133]; Maierhöfer , Homosexualität, Ehe und Gleichheit: Ein Missverständnis im Dialog der Gerichte, EuGRZ 2013, 105 [107 f]; Baumgartner in JBl 2013, 307 f [Glosse zu VfGH 9. 10. 2012, B 121/11, B 137/11]).
7. Der österreichische Gesetzgeber setzte dieses verurteilende Erkenntnis mit dem AdRÄG 2013 im innerstaatlichen Recht durch Novellierung (ua) des § 197 ABGB (§ 182 ABGB aF) und des § 8 Abs 4 EPG um. In den Gesetzesmaterialien wird als Ziel des AdRÄG 2013 die Vermeidung einer weiteren Verurteilung Österreichs durch den EGMR im Hinblick auf die Möglichkeiten der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare definiert. Es solle erreicht werden, dass die familienrechtlichen Beziehungen des leiblichen Elternteils zum Kind nicht durch die Annahme des Kindes durch den gleichgeschlechtlichen Partner dieses Elternteils aufgehoben werden. Außerdem solle durch eine neue Gliederung der betroffenen Bestimmungen die Verständlichkeit des Gesetzestextes verbessert werden (Vorblatt und ErläutRV 2403 BlgNR XXIV. GP 4; zur Neuregelung vgl Beck , AdRÄG 2013: Zulässige und unzulässige Adoptionen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, ÖJZ 2013/73, 699; Pesendorfer , Das Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013, iFamZ 2013, 174).
7.1 Der neue § 197 Abs 4 ABGB lautet:
„ Nimmt ein Ehegatte, ein eingetragener Partner oder ein Lebensgefährte das Kind seines Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten an, so erlöschen die familienrechtlichen Beziehungen nach Maßgabe des [hier nicht relevanten] Abs 2 lediglich zum anderen Elternteil und zu dessen Verwandten. “
Durch diese Regelung werde, so der Gesetzgeber, nunmehr auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften die Stiefkindadoption ermöglicht, ohne dass die familienrechtlichen Beziehungen des Kindes zum eingetragenen Partner oder Lebensgefährten des Wahlelternteils erlöschen. Damit werde der Judikatur des EGMR entsprochen. Vom Begriff „Kind“ könnten bei der Stiefkindadoption unter Ehegatten sowohl das leibliche Kind als auch das Wahlkind erfasst sein; bei eingetragenen Partnern und Lebensgefährten müsse es sich dagegen immer um das leibliche Kind des Partners handeln (ErläutRV 2403 BlgNR XXIV. GP 5).
7.2 § 8 Abs 4 EPG nF lautet nunmehr:
„ Die eingetragenen Partner dürfen nicht gemeinsam ein Kind an Kindesstatt oder die Wahlkinder des jeweils anderen an Kindesstatt annehmen. “
Auch zu dieser Neuregelung betonte der Gesetzgeber, dass damit dem Urteil des EGMR entsprochen und das Verbot der Stiefkindadoption in einer eingetragenen Partnerschaft beseitigt werden solle (ErläutRV 2403 BlgNR XXIV. GP 5 f).
8. Nach der Übergangsbestimmung des § 1503 Abs 3 ABGB traten die im ABGB getroffenen Neuregelungen mit 1. 8. 2013 in Kraft. Sie sind in dieser Fassung auch auf Annahmen an Kindesstatt anzuwenden, bei denen der schriftliche Vertrag vor dem 31. 7. 2013 geschlossen wurde. In § 45 Abs 2 EPG wurde nur festgehalten, dass die neuen Bestimmungen mit 1. 8. 2013 in Kraft getreten sind.
Im Hinblick auf das ausdrücklich definierte Ziel des Gesetzgebers, weitere Verurteilungen durch den EGMR zu vermeiden, können diese Übergangsvorschriften in ihrem Gesamtzusammenhang sinnvoll nur dahin ausgelegt werden, dass die neue Rechtslage nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann zur Anwendung gelangen soll, wenn der Adoptionsvertrag von eingetragenen Partnern vor dem 31. 7. 2013 abgeschlossen wurde. Im vorliegenden Fall stammt der Adoptionsvertrag vom 3. 7. 2012, weshalb über seine Bewilligung nach neuem Recht zu entscheiden ist.
Dem steht nicht entgegen, dass die neue Rechtslage erst nach der Beschlussfassung erster Instanz in Kraft getreten ist. Dieser Zeitpunkt ist zwar grundsätzlich auch für die Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht maßgeblich (6 Ob 297/05b mwN; 4 Ob 148/11k; RIS-Justiz RS0048768). Änderungen des zwingenden Rechts sind aber, sofern nicht das Übergangsrecht etwas anderes bestimmt (was hier eben nicht zutrifft), vom Rechtsmittelgericht ohne Weiteres von Amts wegen seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (1 Ob 55/13i; RIS-Justiz RS0106868). Das bedeutet, dass der Oberste Gerichtshof ‑ insoweit auch in Übereinstimmung mit den obigen Ausführungen zum Übergangsrecht des KindNamRÄG 2013 ‑ bei der Erledigung des vorliegenden Rechtsmittels von der neuen Rechtslage auszugehen hat.
9. Dies muss zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen führen. Das Erstgericht wird das Verfahren nach den §§ 86 ff AußStrG durchzuführen und danach unter Zugrundelegung der geänderten Rechtslage erneut über den Antrag auf Bewilligung der Annahme an Kindesstatt zu entscheiden haben.
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