OGH 5Ob64/09m

OGH5Ob64/09m1.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Peter M*****, und 2. Inge M*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, gegen die beklagte Partei Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft E***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch die Dr. Andreas Konrad & Mag. Johannes Schröttner OEG in Graz, wegen 65.360 EUR und Feststellung (Streitwert 70.360 EUR) sA, über die ordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 4. Dezember 2008, GZ 4 R 159/08x-15, mit dem das (richtig: Teil-)Zwischenurteil des Landesgerichts Leoben vom 29. Juli 2008, GZ 7 Cg 39/08a-9, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Jahr 1974 hatten die Kläger als Eigentumswohnungsanwärter und die beklagte Wohn- und Siedlungsgenossenschaft als Bauherrin einen Anwartschaftsvertrag abgeschlossen, der in seinen wesentlichen Punkten lautet:

„1. Die Bauherrin wird nach Bewilligung der erforderlichen Mittel vom Land S***** und eines Sparkasseninstitutes in W***** auf Parzelle Nr. 14/1 EZ 440 ein 18-Familienwohnhaus errichten und verpflichtet sich der (die) Eigentumswohnungsanwärter(in) vor Baubeginn einen Eigenmittelbetrag in der derzeitigen Höhe von S 41.818,00 auf das Konto der Bauherrin einzuzahlen.

...

4. Nach Bauvollendung wird die Bauherrin in Erfüllung ihrer Leistungspflicht dem (der) Eigentumswohnungsanwärter(in) eine Wohnung im obgenannten Haus zur entgeltlichen Nutzung bis zum Zeitpunkt, in welchem dem (der) Eigentumswohnungsanwärter(in) das Wohnungseigentum in rechtsverbindlicher Weise grundbücherlich übertragen werden kann und ihm (ihr) die Nutzung sodann kraft seines (ihres) Rechtes als Wohnungseigentümer zustehen wird, überlassen.

5. Dem (Der) Eigentumswohnungsanwärter(in) wird es frei gestellt, solange ihm (ihr) die Wohnung nicht ins grundbücherliche Eigentum übertragen ist, das Nutzungsverhältnis gegen Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten aufzukündigen.

...

9. Der (die) Eigentumswohnungsanwärter(in) ist nicht berechtigt, seine (ihre) Ansprüche aus dieser Vereinbarung an Dritte abzutreten. Es steht ihm (ihr) jedoch frei, von dieser Vereinbarung ... unter nachstehenden Bedingungen zurückzutreten

a) Erfolgt der Rücktritt aus dem Grund, weil die Durchführung des Bauvorhabens unterbleibt, hat die Bauherrin dem (der) Eigentumswohnungsanwärter(in) die erbrachten Eigenmittel binnen Monatsfrist zurückzuzahlen, ... .

b) Erfolgt der Rücktritt vor Bezugsfertigkeit der Wohnung, werden die vom (von der) Eigentumswohnungsanwärter(in) erbrachten Eigenmittel erst mit der Beziehbarkeit der Wohnung, frühestens jedoch binnen eines Monats nach Rücktritt zur Rückzahlung fällig ... .

c) Erfolgt der Rücktritt nach Bezug der Wohnung, werden die vom (von der) Eigentumswohnungsanwärter(in) erbrachten Eigenmittel erst mit jenem Zeitpunkt zur Rückzahlung fällig, zu welchem diese Beträge vom eintretenden Nachfolger ... geleistet werden.

... ."

Am 31. Mai 1974 unterfertigte der Erstkläger ein von der Beklagten gestelltes Anbot zu einer provisorischen Nutzungsvereinbarung mit nachstehendem relevanten Inhalt:

„I.

Herr Peter M***** ist Anwärter auf das Wohnungseigentum an der im 18-Familienwohnhaus W***** Nr. 322, 5. Obergeschoss Mitte gelegenen Wohnung Nr. 17 und hat sich verpflichtet, zu den Herstellungskosten dieser Wohnung, welche mit Hilfe der Wohnbauförderungsmittel der öffentlichen Hand errichtet wird, außer der Verzinsung und Tilgung der aufgenommenen Baudarlehen einen baren Eigenmittelbetrag von mindestens ca. S 62.923,34 zu leisten. Die Genossenschaft hat sich hingegen ihrerseits verpflichtet, dem vorgenannten Anwärter das Eigentum an der vorbezeichneten Wohnung gemäß § 13 Wohnbauförderungsgesetz 1968 binnen 12 Monaten ab Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung bzw bei allfälligem früheren Bezug zwölf Monate ab diesem Zeitpunkt zu übertragen.

II.

In vorläufiger Erfüllung ihrer Leistungspflicht überlässt demnach die Genossenschaft dem Eigentumsanwärter die vorstehend bezeichnete Wohnung ... im Gesamtflächenausmaß von 79,60 m² vom 31. Mai 1974 an bis auf Weiteres zur entgeltlichen Nutzung bis zu dem Zeitpunkt, in welchem dem Anwärter das Wohnungseigentum in rechtsverbindlicher Weise grundbücherlich übertragen werden kann und ihm die Nutzung sodann kraft seines Rechtes als Wohnungseigentümer zustehen wird.

..."

Mit der Errichtung des Wohnhauses beauftragte die Beklagte den Bauunternehmer Norbert K*****.

Die Gemeinde W***** erteilte die Benützungsbewilligung für das Wohnhaus mit Bescheid vom 24. Mai 1975.

Den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag unterfertigten die Kläger am 28. November 1977 und die Beklagte am 2. März 1978. Damit erwarben die Kläger je 81/2694 Mindestanteile, mit denen gemeinsames Wohnungseigentum an der Wohnung Top 17 verbunden war. Dieser Vertrag enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

,,§ 6.

Die Verkäuferin haftet dafür, dass das Kaufobjekt - mit Ausnahme der in § 2. angeführten Rechte - lastenfrei in das Eigentum der Käufer überzugehen hat, während jede weitergehende Haftung oder Gewährleistung, so für eine bestimmte Beschaffenheit oder Eigenschaft, den Bauzustand oder ein bestimmtes Ausmaß der Liegenschaft, ausgeschlossen wird.

§ 7.

Die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes, unter Übergang von Besitz und Genuss, Vorteil, Last und Gefahr auf die Käufer, gilt mit Unterfertigung dieses Vertrages durch die Verkäuferin als vollzogen.

Mit diesem Zeitpunkt erlischt das zwischen der Verkäuferin und den Käufern bisher an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft bestehende Nutzungsverhältnis. ...

..."

Im Herbst 2007 wurden anlässlich von Sanierungsarbeiten Baumängel infolge Verwendung eines ungeeigneten Schotters und zu geringer Zementanteile festgestellt, wodurch die statische Sicherheit des Bauwerks nicht mehr gegeben war. Aus diesem Grund untersagte die Gemeinde W***** mit Bescheid vom 8. November 2007 die weitere Benützung des Gebäudes.

Die Kläger begehrten mit ihrer am 28. Februar 2008 eingebrachten Klage von der Beklagten Schadenersatz in der Höhe von 65.360 EUR sA und die Haftungsfeststellung für künftige Schäden infolge Unbenützbarkeit ihrer Liegenschaftsanteile. Die Beklagte hafte für den Bauführer als ihren Erfüllungsgehilfen sowie für schuldhaft unterlassene Bauaufsicht. Die Verwendung eines qualitativ minderwertigen Schotters und zu geringer Mengen Zements wäre bei ordnungsgemäßer Bauaufsicht erkennbar gewesen.

Die Beklagte wandte ein, ein allfälliger Anspruch auf Schadenersatz sei verjährt. Die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren habe mit Übergabe der Wohnung an die Kläger im Jahre 1974 begonnen. Die Beklagte sei nicht Errichterin des Bauwerks, nicht für die Bauaufsicht zuständig und der Baumeister sei nicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen. Für ein Verschulden des Bauunternehmers und für eine bestimmte Beschaffenheit der Liegenschaft hafte sie nicht.

Das Erstgericht sprach mit (richtig: Teil-)Zwischenurteil - auf der Grundlage des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts - aus, dass das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, dass sich die beklagte Genossenschaft sehr wohl zur Herstellung des Wohnhauses verpflichtet habe und daher für das Verschulden des von ihr zur Vertragserfüllung herangezogenen Bauunternehmers gemäß § 1313a ABGB einstehen müsse. Die 30-jährige Verjährungsfrist habe erst mit Unterfertigung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags durch die Beklagte am 2. März 1978 zu laufen begonnen, weil den Klägern erst damit die Möglichkeit der Klage eröffnet gewesen sei. Die am 31. Mai 1974 zwischen dem Erstkläger und der Beklagten abgeschlossene Nutzungsvereinbarung habe dagegen den Beginn der langen Verjährungsfrist nicht ausgelöst, weil diese einerseits nur mit dem Erstkläger, aber nicht auch mit der Zweitklägerin als Wohnungseigentumsanwärterin abgeschlossen worden sei und andererseits den Klägern damit auch nicht das Recht zugestanden habe, eine Schadenersatzklage einzubringen. Da sich die Unbewohnbarkeit der Wohnhausanlage einerseits erst im September 2007 herausgestellt habe und andererseits der Beginn der langen Verjährungsfrist mit 2. März 1978 anzunehmen sei, bestehe das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht.

Das Berufungsgericht verwarf die von der Beklagten wegen Nichtigkeit erhobene Berufung und gab dieser im Übrigen nicht Folge. Es war rechtlich der Ansicht, dass die lange Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB nach der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre mit dem schädigenden Ereignis beginne. Es komme dabei nicht auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts an (RIS-Justiz RS0034504; Arb 9770; JBl 1982, 389 mwN; I. Welser, Die lange Verjährungsfrist als zeitliche Haftungsschranke, ecolex 1993, 657; R. Welser, Schadenersatz statt Gewährleistung, 87 mwN; Welser/Jud, Die neue Gewährleistung § 933a Rz 37 mwN). Koziol hingegen vertrete die Auffassung, dass (auch) der Beginn der langen Verjährungsfrist erst mit der Entstehung des Schadens einsetze (Haftpflichtrecht I³, Rz 15/19 mwN aus der Lehre; ihm folgend Mader/Janisch in Schwimann³, § 1489 ABGB Rz 25; M. Bydlinski in Rummel³, § 1489 Rz 6; diese Frage offen lassend Ofner in Schwimann³, § 933a ABGB Rz 25; Dehn in KBB, § 1489 ABGB Rz 9; Mayrhofer, Schuldrecht I, 350). Im Fall der Geltendmachung eines Mangelschadens komme diesem Meinungsstreit jedoch keine Bedeutung zu, weil die Verjährung diesfalls frühestens mit der Übergabe der Sache zu laufen beginnen könne (R. Welser aaO 88; I. Welser aaO; Welser/Jud aaO Rz 38; Ofner aaO Rz 25; P. Bydlinski in KBB, § 933a Rz 11; Karasek, ÖNORM B 2110 Rz 1370). Auch wenn man die Verjährung schon mit der schädigenden Handlung beginnen lasse, könne diese Handlung nämlich nicht vor der Ablieferung der Sache liegen, weil bis dahin gar nicht feststehe, ob der Verkäufer oder Werkunternehmer (soweit dies möglich ist) den Mangel beheben werde. Die Verjährung des Schadenersatzanspruchs wegen mangelhafter Leistung könne deshalb frühestens mit Übergabe der Sache zu laufen beginnen. Da andererseits der Schaden des Käufers oder Bestellers schon in der Mangelhaftigkeit der Sache oder des Werkes liege, ändere sich am Beginn des Fristenlaufs auch dann nichts, wenn man hiefür den Eintritt des Schadens fordere, weil dieser mit der Ablieferung der vertragswidrigen Leistung eintrete (Welser/Jud aaO Rz 38).

Unter Übergabe der Sache sei - wie im Gewährleistungsrecht (RIS-Justiz RS0018982; 3 Ob 150/02h) - primär die körperliche Übergabe zu verstehen. Auch bei Liegenschaften komme es hiefür nicht auf die Einverleibung des Eigentumsrechts an (vgl RIS-Justiz RS0018977; RS0018982 [T2]). Werde eine Liegenschaft gekauft und vor Errichtung einer einverleibungsfähigen Urkunde übergeben, so würden die Wirkungen des Vertrags bereits mit dessen Abschluss eintreten. Die körperliche Übergabe sei bereits Erfüllung, soweit es sich nicht um die Herbeiführung der dinglichen Wirkung des Eigentumserwerbs handle (RIS-Justiz RS0011298; SZ 50/141). Bei einem erst zu errichtenden oder in Bau befindlichen Haus beginne daher die lange Verjährungsfrist mit der endgültigen Überlassung zum Gebrauch (vgl RIS-Justiz RS0018982 [T5]; 7 Ob 82/99f mwN). Ab der Übernahme in diesem Sinn stünden dem Besteller oder Erwerber nur mehr Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche zu (7 Ob 82/99f). Eine bloß provisorische Gebrauchsüberlassung reiche für den Fristbeginn aber nicht aus (Reischauer in Rummel³, § 933 ABGB Rz 3).

Im konkreten Fall sei zwar unstrittig, dass die Beklagte den Klägern die Wohnung bereits im Jahr 1974 zur entgeltlichen Nutzung tatsächlich übergeben habe. Dabei habe es sich aber nach den Vertragsurkunden nicht um eine endgültige, sondern nur um eine provisorische Überlassung an die Eigentumswohnungsanwärter („in vorläufiger Erfüllung ihrer [der beklagten Partei] Leistungspflicht") gehandelt. Die Nutzung der Wohnung „kraft seines Rechtes als Wohnungseigentümer" sollte dem Erstkläger, mit dem diese provisorische Nutzungsvereinbarung abgeschlossen worden sei, erst mit der Begründung des Wohnungseigentums zustehen. Bis dahin sei beiden Vertragspartnern die Möglichkeit zur vorzeitigen Auflösung (Kündigung) der provisorischen Nutzungsvereinbarung vertraglich eingeräumt gewesen. In konsequenter Fortsetzung dieser Vertragsgestaltung hätten die Streitteile im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag, mit dem die Liegenschaftsanteile an die Wohnungseigentumsbewerber verkauft worden seien und das Wohnungseigentum begründet worden sei, vereinbart, dass „die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes und der Übergang von Besitz und Genuss, Vorteil, Last und Gefahr" auf die Käufer mit Unterfertigung dieses Vertrags durch die Verkäuferin „als vollzogen gilt". Erst mit dem Abschluss des Kaufvertrags und der Begründung des Wohnungseigentums am 2. März 1978 sei der Anwartschaftsvertrag erfüllt worden (vgl 5 Ob 66/90) und sei es damit zur im Sinn des § 933 ABGB relevanten „Ablieferung" (Übergabe) der Sache gekommen, worunter die einzelnen Wohnungseigentumsobjekte sowie die allgemeinen Teile der Wohnungseigentumsliegenschaft zu verstehen seien (vgl dazu Call, wobl 2006, 69 [70]). Dieser Zeitpunkt sei auch für den Beginn der langen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB in Bezug auf den Baumangel des Wohnhauses maßgebend, weil erst zu diesem Zeitpunkt der Vertrag in das Erfüllungsstadium getreten sei und die Kläger die Sache als Erfüllung angenommen haben (vgl RIS-Justiz RS0018234 [insb T15 und T16]). Von diesem Zeitpunkt ausgehend sei der mit am 28. Februar 2008 eingebrachter Klage geltend gemachte Schadenersatzanspruch der Kläger nicht im Sinne des § 1489 ABGB verjährt.

Der Einwand der Beklagten, das Erstgericht habe keinen Schaden der Kläger festgestellt, treffe ebenfalls nicht zu. Die Kläger hätten behauptet, dass Schotter und Zementanteile im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes mangelhaft gewesen seien und die mangelhafte Bausubstanz sowie die damit verbundene statische Unsicherheit den Schaden verursacht hätten. Dass das Bauwerk in statischer Hinsicht schon bei Übergabe der Wohnung an die Kläger im Jahr 1974 mangelhaft gewesen sei, habe die Beklagte in erster Instanz gar nicht bestritten und im Berufungsverfahren auch ausdrücklich zugestanden. Einer ausdrücklichen Feststellung über das Vorliegen dieses unstrittigen Mangelschadens im Ersturteil habe es daher nicht bedurft.

Richtig sei wohl, dass der Hersteller (Produzent, Erzeuger) von der Rechtsprechung - mit teilweiser Zustimmung der Lehre - nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers (Verkäufers) gesehen werde (RIS-Justiz RS0101969; RS0022662; 6 Ob 194/01z mwN). Der Händler hafte dem Käufer gegenüber nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten (Auswahl eines geeigneten Erzeugers, einwandfreie Lagerung der Ware, Hinweis auf Gefahren, ordnungsgemäße Verpackung). Da der Händler nach dem Inhalt des Kaufvertrags zur Herstellung der Kaufsache nicht verpflichtet sei, habe er für das Verschulden des Produzenten auch nicht einzustehen (RIS-Justiz RS0022662; 1 Ob 33/02p mwN). Mit dem Anwartschaftsvertrag habe sich aber die Beklagte als Bauherrin gegenüber den Klägern als Eigentumswohnungsanwärtern zur Herstellung des Bauwerks verpflichtet, das sie später mit dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag den Klägern im Umfang ihrer Anteile ins Eigentum übertragen habe. Die Beklagte habe damit eine spezifische Herstellungspflicht übernommen, wie dies auch für den Werkvertrag kennzeichnend sei. Dann sei aber auch - wie beim Werkvertrag - nicht entscheidend, ob die Herstellungspflicht selbst oder - wie hier - durch Heranziehung anderer Unternehmer erfüllt werde. Habe der Verkäufer auch die Herstellungspflicht übernommen, habe er die Sache unter seiner Verantwortung herzustellen oder herstellen zu lassen (vgl § 1165 ABGB). Die vom Verkäufer, der selbst die Herstellungspflicht (gegenüber den Wohnungseigentumsbewerbern) übernommen habe, zur Erfüllung dieser Verpflichtung herangezogenen Personen seien dann aber Erfüllungsgehilfen, für deren Verschulden der Verkäufer gemäß § 1313a ABGB einzustehen habe (SZ 67/101 = 1 Ob 564/94 mwN). Die Beklagte habe sich aus diesen Erwägungen ein Verschulden des von ihr mit der Errichtung des Baus beauftragten Unternehmers zurechnen zu lassen. Auch einer Feststellung zum Verschulden des Erfüllungsgehilfen habe es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bedurft. Es wäre gemäß § 1298 ABGB Sache der Beklagten gewesen, zu behaupten und nachzuweisen, dass (auch) ihren Erfüllungsgehilfen kein Verschulden am Eintritt des Schadens (Mangelschadens) treffe (RIS-Justiz RS0026563; SZ 65/136 ua). Diesen Beweis habe die Beklagte nicht einmal angetreten. Ob ihr auch eine Verletzung der Bauaufsicht anzulasten sei, habe daher keiner weiteren Prüfung bedurft.

Gemäß (dem auf den vorliegenden Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag anwendbaren) § 24 Abs 1 WEG 1975 seien Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet seien, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken, rechtsunwirksam. Diese Rechtsunwirksamkeit erstrecke sich auf derartige Vereinbarungen gemäß § 29 Abs 2 WEG 1975 auch dann, wenn sie vor Inkrafttreten des WEG 1975 (1. September 1975) geschlossen worden seien (SZ 57/50 mwN; RIS-Justiz RS0083103). Zu den gemäß § 24 Abs 1 WEG 1975 rechtsunwirksamen Vereinbarungen oder Vorbehalten gehörten insbesondere nach der Z 4 leg cit Vereinbarungen über Beschränkungen der (ua) nach § 932 ABGB (idF vor dem GewRÄG) zustehenden Rechte (JBl 1978, 652; SZ 57/50). Damit auch ein Verzicht des Wohnungseigentumsbewerbers auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (Faistenberger/Barta/Call, WEG 1975 § 24 Rz 21) oder ein genereller Ausschluss der Haftung für Baumängel (5 Ob 55/88 = RIS-Justiz RS0083446 [T1]) unzulässig (vgl auch Würth in Rumme1³, § 38 WEG 2002 Rz 7; RIS-Justiz RS0083446; RS0083443). Auf die Unzulässigkeit des Haftungsausschlusses hätten sich die Kläger in erster Instanz auch berufen (vgl RIS-Justiz RS0083310; RS0083316; RS0083436). Von der in § 24 Abs 1 Z 4 WEG 1975 normierten Rechtsfolge der Unwirksamkeit werde auch die Vereinbarung über die Beschränkung der Rechte der Kläger im Sinn des § 932 ABGB in der Nutzungsvereinbarung, auf die sich die Beklagte stütze, erfasst. Im Übrigen wäre der vereinbarte Haftungsausschluss auch deshalb unwirksam, weil mit einem derart gravierenden Baumangel, der schon nach rund 30 Jahren zu einem behördlichen Verbot der Benützung eines mehrstöckigen Wohnhauses wegen Abbruchreife führe, nicht gerechnet werden konnte (RIS-Justiz RS0038178). Der Berufung müsse daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Beginns der langen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB im Fall der Übergabe einer Eigentumswohnung an einen Wohnungseigentumsbewerber zur (provisorischen) Nutzung vor Abschluss des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags fehle.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die ordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger erstatteten eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte macht in ihrer Revision zusammengefasst geltend, dass die lange Verjährungsfrist bereits mit dem Zeitpunkt der faktischen Übergabe der Wohnung - gemeint: zur Nutzung im Jahre 1974 - zu laufen begonnen habe und daher bei Klageerhebung bereits abgelaufen gewesen sei. Eine andere Betrachtungsweise würde willkürlichem Handeln bzw dem Hinauszögern eines Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags Tür und Tor öffnen. Mit Abschluss des Anwartschaftsvertrags sei die Beklagte bereits gebunden gewesen und es habe ihr - vom Fall des Zahlungsverzugs des Erstklägers abgesehen - kein Rücktrittsrecht mehr zugestanden. Anwartschaftsvertrag einerseits sowie Kauf- und Wohungseigentumsvertrag anderseits dürften nicht aufgesplittet werden, weil schon der Anwartschaftsvertrag auf den Eigentumserwerb gerichtet gewesen sei. Wie sich die Beklagte das Wohnhaus beschafft habe, sei dagegen für ihre vertragliche Leistungspflicht gegenüber den Klägern unerheblich, weshalb sie nicht gemäß § 1313a ABGB für allfällige Fehler des beschäftigten Bauunternehmers einzustehen habe.

Diesen Revisionsausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

1.1. Vorauszuschicken ist, dass die Beklagte die rechtlichen Prämissen der Vorinstanzen, wonach die Kläger mit ihrer Leistungsklage inhaltlich einen Schadenersatzanspruch geltend machen, auf welchen § 1489 ABGB grundsätzlich anwendbar ist (vgl dazu RIS-Justiz RS0017735), genauso wenig bezweifelt wie die vom Berufungsgericht angenommene Unwirksamkeit des im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag enthaltenen Gewährleistungsausschlusses. Auf diese in der Revision nicht aufgegriffenen - selbstständigen - Rechtsfragen muss daher nicht eingegangen werden (RIS-Justiz RS0043338; 5 Ob 193/08f mwN; 5 Ob 148/07m mwN; Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 503 ZPO Rz 189 f mwN).

1.2. Die Beklagte beruft sich zunächst darauf, nur den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag auch mit der Zweitklägerin abgeschlossen zu haben. Das Erstgericht hat allerdings ausdrücklich festgestellt, dass der Anwartschaftsvertrag „zwischen den Streitteilen" abgeschlossen worden sei (Ersturteil S 4) und es kann im Übrigen auch kein Zweifel daran bestehen, dass der gemeinsame Wohnungserwerb der Kläger auf der Grundlage der von der Beklagten im Anwartschaftsvertrag übernommenen Leistungspflichten, namentlich der zugesagten Projektabwicklung durch die beklagte Genossenschaft erfolgte.

2. Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt geworden, so erlischt nach § 1489 Satz 2 ABGB das Klagerecht nach dreißig Jahren. Der Oberste Gerichtshof ist betreffend diese lange Verjährungsfrist des § 1489 ABGB - wie schon vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt - ungeachtet teilweiser Kritik der Lehre (vgl die Nachweise bei M. Bydlinski in Rummel³, § 1489 ABGB Rz 6; s weiters Ertl, Die Verjährung künftiger Schadenersatzansprüche, ZVR 1993, 33; vgl aber auch I. Welser, Die lange Verjährungsfrist als zeitliche Haftungsschranke, ecolex 1993, 657) davon ausgegangen, dass diese immer schon mit dem schädigenden Ereignis zu laufen beginne (vgl RIS-Justiz RS0034504). Ob demgegenüber die lange Verjährungsfrist doch erst mit der (späteren) Entstehung des Schadens zu laufen beginnen könne (so insbesondere Koziol, Haftpflichtrecht I³, Rz 15/19), muss im gegebenen Zusammenhang nicht weiter erörtert werden, weil diese Zeitpunkte nach Ansicht des erkennenden Senats im hier vorliegenden Fall nicht auseinander fallen. Entscheidend ist daher zunächst, worin die „schädigende Handlung" der Beklagten zu sehen und wann diese erfolgt ist:

3.1. Der hier von den Klägern geltend gemachte Schaden besteht im Grunde darin, dass sie von der Beklagten für die von ihnen aufgewendeten finanziellen Mittel eine „Eigentumswohnung" übertragen erhielten, die infolge schwerer Baumängel nicht werthältig war. Dieser Nachteil realisierte sich aber weder mit dem Anwartschaftsvertrag über die damals - wie die Beklagte selbst einräumt (Revision S 7) - noch gar nicht fertiggestellte Wohnung noch mit der provisorischen Nutzungsvereinbarung, die lediglich ein Gebrauchsrecht vermittelte, sondern frühestens mit dem Abschluss des Kauf- und Wohungseigentumsvertrags, weil erst dieser die Grundlage für den Eigentumserwerb der Kläger am nicht vertragskonformen Leistungsgegenstand (wertgeminderte Eigentumswohnung) bildete. Bis dahin stand den Eigentumswohnungsanwärtern auch der Rücktritt vom Anwartschaftsvertrag (gemäß dessen Punkt 9.) zu, sodass bis zum Abschluss des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags kein (endgültiger) Vermögensnachteil aus der Übertragung (dem Erwerb) der Eigentumswohnung durch die (von der) Beklagte(n) vorliegen und folglich auch (noch) nicht im Klageweg geltend gemacht werden konnte.

3.2. Die von der Beklagten in ihrer Revision angezogene Entscheidung 6 Ob 299/71 (= MietSlg 23.564) betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt und setzt sich mit Fragen der Doppelveräußerung auseinander. Sonstige für ihren Rechtsstandpunkt sprechende Entscheidungen vermag die Beklagte nicht ins Treffen zu führen.

Der erkennende Senat teilt somit die Ansicht der Vorinstanzen, dass die lange Verjährungszeit erst mit Abschluss des Kauf- und Wohungseigentumsvertrags zu laufen begann und bei Klageerhebung folglich noch nicht verstrichen war.

4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in 1 Ob 564/94 (= SZ 67/101) auf Basis einer unter Bedachtnahme auf den Anwartschaftsvertrag vergleichbaren Vertragsgrundlage angenommen, dass es sich dabei gerade nicht um einen jener typischen Kaufverträge handelt, bei denen der Verkäufer die zu verkaufende Ware von einem Dritten erwirbt, der diese selbst oder durch Gehilfen herstellen lässt, und der deshalb nicht als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers zu beurteilen ist. Die Beklagte ist im Anwartschaftsvertrag als Bauherrin aufgetreten und hat in dieser Funktion ausdrücklich zugesagt, ein Familienwohnhaus zu errichten sowie den Eigentumswohnungsanwärtern in dem zu errichtenden Haus eine Wohnung zu übereignen. Zum Zweck der Errichtung des Hauses haben die Eigentumswohnungsanwärter der Beklagten als Bauherrin, die auch Fördermittel lukrieren sollte, Eigenmittel zur Verfügung gestellt. Die Beklagte traf bei dieser Vertragslage eine spezifische Pflicht, den Kaufgegenstand in eigener Verantwortung herzustellen bzw herstellen zu lassen (vgl § 1165 ABGB) und das Gesamtprojekt im zugesagten Sinn abzuwickeln. Liegt dann - wie hier aufgrund der massiven Baumängel unzweifelhaft - eine (gravierende) Schlechterfüllung der von der Beklagten übernommenen Herstellungspflicht vor, dann hat sie - worauf die Kläger bereits in ihrem vorbereitenden Schriftsatz (S 5 in ON 4) grundsätzlich zutreffend hingewiesen haben - gemäß § 1298 ABGB zu behaupten (und zu beweisen), dass sie an der vorgelegenen Verletzung ihrer Leistungspflicht kein (eigenes) Verschulden (auch in ihrer Funktion als Bauherrin) trifft (vgl Reischauer in Rummel³, § 1298 ABGB Rz 2; Karner in KBB², § 1298 ABGB Rz 1; ferner 2 Ob 2140/96m = HS 27.636, dazu Iro, Gewährleistung und Schadenersatz beim Kauf von Gesellschaftsanteilen, RdW 1996, 513). Dieser Behauptungspflicht der Beklagten wird im Fall der hier übernommenen Herstellungspflicht durch ihren bloßen Hinweis, sie habe für ein Verschulden des beschäftigten Unternehmers nicht einzustehen und es treffe sie insoweit kein Auswahlverschulden, nicht entsprochen. Schon aus diesen Gründen muss der Revision der Beklagten ein Erfolg versagt bleiben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 2 iVm § 393 Abs 4 ZPO.

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