OGH 6Ob194/01z

OGH6Ob194/01z16.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexandra K*****, vertreten durch Dr. Günter Reimeir, Rechtsanwalt in Fügen, gegen die beklagten Parteien 1. Johann K*****, 2. Anton L*****, und 3. R*****GmbH, ***** alle vertreten durch Dr. Klaus Dengg und andere Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wegen 20.348,39 EUR (280.000 S) und Feststellung, über die Revision der drittbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. April 2001, GZ 2 R 66/01z-32, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Jänner 2001, GZ 41 Cg 118/00x-27, in Ansehung der drittbeklagten Partei abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die drittbeklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 938,05 EUR (darin enthalten 156,34 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 4. 6. 1982 geborene Klägerin wurde am 17. 5. 1997 als Besucherin des von der Drittbeklagten betriebenen Schwimmbades durch austretendes Chlorgas schwer verletzt. Die Erst- und Zweitbeklagten waren bei der Drittbeklagten als Bademeister angestellt. Mit dem Bau des Schwimmbades hatte die Drittbeklagte einen Generalunternehmer beauftragt, der seinerseits je einen Subunternehmer mit der Errichtung der Wasseraufbereitungsanlage und der Solaranlage zur Erwärmung des Wassers beauftragte. In der Sommersaison 1997 wurde das Schwimmbad am 8. 5. 1997 in Betrieb genommen. Der erste Badebetrieb fand am 11. 5. 1997 statt. Die Klägerin erwarb eine Saisonkarte. Gegen 14,00 Uhr begab sie sich bei den Startsockeln des Sportbeckens ins Wasser. Durch in diesem Bereich an die Wasseroberfläche aufsteigende Chlorgasblasen erlitt sie bei Einatmen von Chlorgas ein toxisches Asthma mit persistierender bronchialer Überreagibilität. Die Bronchialschleimhaut wurde geschädigt. Die Lungenvolumsparameter sind auf Dauer um etwa 25 % eingeschränkt.

Die Klägerin begehrt ein Schmerzengeld von 270.000 S, ein Spesenpauschale von 10.000 S und die Feststellung der Haftung der drei Beklagten für künftige Schäden. Der Unfall sei auf das Verschulden der Beklagten zurückzuführen. Die Erst- und Zweitbeklagten hätten bei ordnungsgemäßer Überwachung der Anlage erkennen können, dass die Umwälzpumpen zu geringe Mengen förderten und wären verpflichtet gewesen, die verschmutzten Filter zu reinigen. Sie hätten trotz zahlreicher Hinweise auf auftretendes Chlorgas die Räumung des Schwimmbades viel zu spät angeordnet. Die Drittbeklagte hafte für deren Verschulden gemäß § 1313a ABGB. Sie selbst treffe ebenfalls ein Verschulden, weil sie branchenfremde, untaugliche Personen ohne entsprechende Ausbildung zur Wartung und zum Betrieb der technischen Anlage eingesetzt habe. Der Unfall hätte durch den Einbau eines Motorventils im Bereich der Solaranlage verhindert werden können. Wer durch den Betrieb einer technischen Anlage eine Gefahrenquelle eröffne, habe für die Beschränkung der Gefahr zu sorgen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritten den Verschuldensvorwurf. Die Filter seien durch einen unvorhersehbaren starken Maikäferflug innerhalb kürzester Zeit verstopft gewesen, wodurch die Chlorgasprobleme hervorgerufen worden seien. Die Gefahr sei auch bei Einhaltung der größtmöglichen Sorgfalt nicht erkennbar gewesen. Der Unfall sei auf höhere Gewalt zurückzuführen. Die Anlage sei technisch in Ordnung gewesen. Die Beklagten hätten alle Überprüfungspflichten eingehalten. Die Drittbeklagte habe mit der Errichtung der Anlage ausschließlich befugte Fachleute beauftragt. Sie treffe auch kein Auswahlverschulden hinsichtlich der beiden anderen Beklagten. Diese seien besonders vertrauenswürdig gewesen und entsprechend eingeschult worden. Die Ablegung einer Bademeisterprüfung sei für ihren Aufgabenbereich nicht vorgesehen. Die beiden seien von Vertretern der Drittbeklagten entsprechend kontrolliert worden. Wer ein Schwimmbad besuche, habe sich auf die damit verbundenen Gefahren eingelassen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen alle drei Beklagten ab.

Es traf folgende weitere Feststellungen:

Im Schwimmbad der Drittbeklagten wird das Badewasser über Bodenkanäle mit nicht verstellbaren vertieften Düsen eingebracht und über allseitige Überlaufrinnen in den Ausgleichsbehälter abgeleitet. Das Schmutzwasser wird durch vier Umwälzpumpen nach Zusatz von Flockungsmitteln in einen Mehrschichtfilter gedrückt. Zum Schutz der Pumpen vor Fremdkörpern ist vor jeder Pumpengruppe ein Grobfilter mit einem sogenannten Filterkorb angebracht. Das aus dem Filter austretende "Reinwasser" wird zunächst zum Teil über eine auf dem Dach des gegenüber liegenden Schulhauses angebrachte Solaranlage ohne zwischengeschalteten Tauscher erwärmt. Die Förderpumpe für die Solaranlage wird durch einen Temperaturfühler nach Erreichen der eingestellten Wassertemperatur abgeschaltet, worauf ein unmittelbar am Kollektor angebrachtes Ventil den Großteil des darunter liegenden Heizungsstranges belüftet. nach Wiedereinschalten der Solaranlagenpumpe wird die gesamte Luftfüllung des Stranges in die Reinwasserleitung und letztlich in das Schwimmbecken gepresst. Nach der Erwärmung des Reinwassers wird dem Hauptstrom über eine Dosierpumpe ein ph-Heber (Natronlauge oder Soda) zugegeben. Im Anschluss daran findet die Aufteilung der den drei Beckenbereichen zugeordneten Mengenanteile des Förderstromes statt, wobei in jeder der drei Zuleitungen ein Förderstrommesser eingebaut ist. Nach der Mengenmessung wird wiederum getrennt in jede dieser Leitungen die Chlorlösung zudosiert, und zwar durch einen Injektor, der, vergleichbar einer Wasserstrahlpumpe, einen Unterdruck erzeugt, durch den Chlorgas angesaugt und gleichzeitig mit dem Treibwasser zur Chlorlösung vermischt wird. Nach dieser Einmischung des Desinfektionsmittels ist die Aufbereitung abgeschlossen. Das aufbereitete Wasser wird den am Boden der jeweiligen Becken eingelassenen Bodenkanälen zugeleitet. Durch einen relativ groß gewählten Querschnitt dieser Kanäle wird bei allen davon direkt gespeisten Düsen ein beinahe gleichmäßiger Ausströmdruck erreicht. Dass am Unfallstag ungelöstes Chlorgas austrat und zur Verletzung der Klägerin führte, ist auf ein Zusammentreffen zweier Faktoren zurückzuführen: Nach dem Wechsel des Grobfilters am Vorabend des Unfalles kam es zu einer starken Verschmutzung dieses Grobfilters durch ein starkes Auftreten von Maikäfern und durch Pflanzenteile. Dadurch wurde der Durchstrom von Wasser eingeschränkt. Sowohl die durchtretende Wassermenge als auch das im Schwimmbecken selbst vorhandene Wasser hätten allerdings ausgereicht, das Chlor aufzulösen. Durch die bereits beschriebene massive zeitweise Lufteinpressung beim jeweiligen Aus- und Einschalten der Pumpe der Solaranlage trat jedoch im Bereich des Bodenkanales die Chlorlösung mit dem molekulargelösten Chlorgas nicht über den gesamten Bereich des Schwimmbeckens aus, sondern wurde mit der Kraft des eingepressten Luft-Wasser-Gemisches "gestrippt", das heißt, dass der Großteil des vorher gelösten Chlorgases ausgepresst wurde und mit der Druckluft in großen Blasen an die Wasseroberfläche gestiegen ist, und zwar aus den ersten Düsen, die im Bereich der Startsockel des Sportbeckens liegen. Die Chlorgaskonzentration im Badewasser wurde nicht überschritten, weshalb auch kein Chlorgasalarm durch das Chlorgaswarngerät ausgelöst wurde.

Das Entlüften der Solaranlagenleitung nach dem Abschalten der Förderpumpe und damit das Auspressen von Luft nach Wiedereinschalten dieser Anlage könnte durch den Einbau eines Motorventils verhindert werden. Die Kosten dieses Einbaus hätten ca 10.000 S betragen. Ein ähnlicher Vorfall ist in Österreich noch nicht aufgetreten und auch aus anderen Ländern nicht bekannt.

Die Auflagen der Betriebsanlagengenehmigung vom 10. 6. 1996, die den Erst- und Zweitbeklagten zur Kenntnisnahme übersandt wurde, sehen vor, dass die an der Chlorgasanlage beschäftigten Arbeitnehmer über die Gefahren, die erforderlichen Schutzmaßnahmen, die Maßnahmen zur Gefahrenabwendung, über das Verhalten bei Chlorgasunfällen sowie in Erste-Hilfe-Leistungen unterwiesen werden müssen. Unter anderem ist eine Betriebsanleitung für die gesamte Chlorgasanlage zu erstellen, die Verhaltensvorschriften für Chlorgasgebrechen zu enthalten hat und den Abnehmern zur Kenntnis zu bringen ist. Eine solche Betriebsanleitung wurde den Erst- und Zweitbeklagten auch ausgehändigt. Diese von der Herstellerfirma der Wasseraufbereitungsanlage stammende Betriebsanleitung weist unter anderem darauf hin, dass die Anzeige, ob der Grobfilter verschmutzt ist, über das vor der Pumpe montierte Vakuummanometer erfolgt und der Grobfilter gereinigt werden muss, wenn die Anzeige des Vakuummanometers "ca 4 mWS" beträgt, jedoch mindestens alle 10 Tage. Aus der Ö-Norm M 6217 geht hervor, dass der Vakkummanometer einmal täglich zu kontrollieren ist.

Der Lufteintrag in die Rohrleitungen, zu dem es beim jeweiligen Aus- und Einschalten der Solaranlage kam, führte immer wieder zum Ausfall des Durchflussmengenmessers. Der betreffende technische Mangel der Anlage war bekannt. Warum das Motorventil nicht eingebaut worden war und ob dieser Einbau in den Aufgabenbereich jenes Subunternehmens, das die Solaranlage herstellte oder jenes, das die Wasseraufbereitungsanlage herstellte, gefallen wäre, kann nicht festgestellt werden. Die Erst- und Zweitbeklagten kontrollierten zwar täglich die gesamte Anlage einschließlich des Standes des Durchflussmengenmessers. Dass dieser mangelhaft funktionierte, wurde ihnen aber erst nach dem Unfall bewusst. Die Grobfilter wurden von den Erst- und Zweitbeklagten nach Inbetriebnahme des Schwimmbades täglich, und zwar jeweils abends ausgewechselt. Die Grobfilter waren auch am Abend vor dem Unfall gewechselt worden. Da die Umwälzpumpen in voller Funktion waren, liefen die zusätzlichen Aggregate, vor allem die Druckerhöhungspumpen der Chloranlage auf den eingestellten Werten weiter. Bei Abweichen der Förderstrommessanzeigen wäre aber jedenfalls die erste notwendige Handlung auch die Kontrolle des Grobfilters gewesen. Abweichungen auf dieser Anzeige weisen wesentlich deutlicher auf eine massive Veränderung in der Hydraulik hin als der Vakuummanometer.

Die Drittbeklagte suchte für die Sommersaison 1997 neue Bademeister. Ihr Geschäftsführer nahm mit den Erst- und Zweitbeklagten Kontakt auf, die schließlich entsprechende Dienstverträge mit der Drittbeklagten abschlossen. Das Dienstverhältnis dauerte vom 21. 4. 1997 bis 15. 9. 1997. Der Aufgabenbereich der Bademeister war "1. die Wartung und Bedienung der gesamten technischen Anlagen, 2. die Beaufsichtigung der gesamten Schwimmbadanlage, 3. Kassiertätigkeiten,

4. Reinigungsarbeiten und 5. Pflege der Außenanlage und Wartung". Der Erstbeklagte arbeitete vorher während der Sommersaison als angelernter Maurer und während der Wintersaison als Schilehrer. Der Zweitbeklagte ist gelernter Koch. Beide waren im Sommer 1997 erstmals als Bademeister tätig. Sie besuchten am 12. 4. 1997 ein Seminar über den Umgang mit Chlor und ein Seminar für Bäderpersonal. Der Zweitbeklagte hatte im Jahr 1974 einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. Er erhielt am 28. 5. 1997 eine Giftbezugslizenz für den Bezug von Chlorflaschen. Im folgenden Schuljahr besuchte der Zweitbeklagte einen Lehrgang zur Ausbildung von Sportbadewarten, den er mit gutem Erfolg abschloss. Der Erstbeklagte ist wieder in seinem Beruf als Koch tätig. Neben dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 10. 6. 1996 folgte die Drittbeklagte den Erst- und Zweitbeklagten auch eine Betriebsanleitung über die Wasseraufbereitungsanlage und EG-Sicherheitsdatenblätter für Chlor aus. Die Erst- und Zweitbeklagten hatten "relativ wenig Ahnung" von einer Wasseraufbereitungsanlage. Sie wurden von einem Vertreter der Errichterin dieser Anlage bei Inbetriebnahme des Schwimmbades drei Tage hindurch eingeschult und auf die Bedienungsanleitung hingewiesen. Sie führten hiebei die Überprüfung der Anlage selbständig durch. Sie lernten den Wechsel des Grobfilters und wurden auch auf die Vakuumsanzeige hingewiesen. Sie schätzten jedoch die Bedeutung dieser Anzeige zunächst nicht richtig ein. Am Unfallstag trat im Schwimmbad bereits am späten Vormittag ein schlechter Geruch auf. Gegen 13,00 Uhr geriet erstmals ein Bub im Bereich der Sprungsockel des Sportbeckens beim Auftauchen in Luftblasen, die nach Gas rochen. Da er zu husten begann, suchte er in Begleitung anderer Kinder den Zweitbeklagten auf. Die Kinder erklärten, dass es "komisch" rieche und führten den Zweitbeklagten zu den Sprungsockeln. Diesem fiel aber nichts Besonderes auf. Er nahm keinen starken Chlorgeruch wahr, führte aber sofort eine Wassermessung durch, die keine erhöhten Chlorwerte ergab. Kurz danach kamen zwei Buben zum Zweitbeklagten, die Atembeschwerden hatten, husteten und erklärten, sie bekämen keine Luft mehr. Gegen 13,30 Uhr begann auch eine Freundin der Klägerin stark zu husten und über Atemnot zu klagen, als sie aus dem Wasser kam. Auch sie suchte die Bademeisterkabine auf. Die Klägerin begleitete sie ein Stück, kehrte dann aber wieder zum Sportbecken zurück. Als sie gegen 14,00 Uhr bei einem der Startsockel aus dem Wasser stieg, bekam sie Atembeschwerden und ging ebenfalls zur Bademeisterkabine. Im Auftrag des Zweitbeklagten drehte nun der Erstbeklagte sofort die Chlorgaszufuhr ab und nahm die Anlage außer Betrieb. Die Schwimmer wurden aufgefordert, aus dem Wasser zu kommen. Die Rettung wurde alarmiert. Schließlich wurde das Schwimmbad geräumt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass den Erst- und Zweitbeklagten kein Vorwurf treffe, weil sie die Filter ohnehin täglich gereinigt hätten und der Ausfall des Durchflussmengenmessers systembedingt gewesen und immer wieder vorgekommen sei. Sie hätten richtig reagiert und beim Auftreten der ersten Beschwerden sofort das Badewasser kontrolliert. Da keine Auffälligkeiten bestanden hätten, habe bei ihrem Ausbildungsstand nicht verlangt werden dürfen, trotzdem sofort das Becken zu sperren. Ein Zusammenhang zwischen den ihnen gemeldeten Beschwerden und der Verstopfung der Grobfilter sowie der Lufteinpressung in das Wasseraufbereitungssystem bei Ab- und Einschalten der Solaranlage sei für sie zumindest zu einem früheren Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen. Es sei daher auch eine Haftung der Drittbeklagten nach § 1313a ABGB zu verneinen. Dieser sei auch keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten vorzuwerfen, weil sie einen Generalunternehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung der Badeanlage betraut habe. Sie habe auf das problemlose Funktionieren der Anlage vertrauen dürfen. Sie habe auch für eine hinreichende Ausbildung der Bademeister gesorgt.

Das Berufungsgericht änderte die die Drittbeklagte betreffende Entscheidung dahin ab, dass es die Drittbeklagte mit Teilurteil zur Zahlung von 210.000 S an die Klägerin verpflichtete, dem Feststellungsbegehren gegenüber der Drittbeklagten stattgab und das Mehrbegehren von 70.000 S abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Hinsichtlich der Erst- und Zweitbeklagten hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht (ohne Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses) zurück. Die Haftung der Drittbeklagten ergebe sich schon aufgrund der unbekämpft gebliebenen Feststellungen. Ob die Verstopfung der Grobfilter als eine der Ursachen für die erhöhte Chlorkonzentration rechtzeitig erkennbar gewesen sei, betreffe die Frage eines Fehlverhaltens der Erst- und Zweitbeklagten, während die weitere Ursache, nämlich das massive Einblasen von Luft aus den zur Solaranlage führenden Rohrleitungen, auf die Bauweise der Wasseraufbereitungsanlage zurückzuführen sei, und zwar auf das Fehlen des Motorventils, dessen Einbau diese Luftzufuhr bei Einschalten der Solaranlage verhindert hätte. Die Drittbeklagte habe für die Sicherheit des Schwimmbadbetriebes, die durch diesen technischen Mangel gefährdet worden sei, gegenüber den Benützern des Schwimmbades im Rahmen vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten zu sorgen gehabt. Ob die im Zuge der Errichtung einer Anlage eingesetzten fachkundigen Unternehmen als Erfüllungsgehilfen im Sinn des § 1313a ABGB auch im Hinblick auf die Sicherheit des späteren Betriebes zu behandeln seien, werde in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Zahlreiche Schutz- und Sicherungspflichten könnten jedoch nur durch vorweggenommene Handlungen erfüllt werden, die insbesondere bei gefahrträchtigen Anlagen bis in die Phase der Planung und Errichtung reichten. Soweit eine vertragliche Verpflichtung anzunehmen sei, den Vertragspartnern eine sichere Anlage zur Verfügung zu stellen, wäre eine Differenzierung zwischen Gehilfen, die bei der Planung und Errichtung der Anlage beschäftigt seien und Gehilfen, die später im Betrieb tätig seien, nicht sachgerecht, weil Gesetzeszweck des § 1313a ABGB die Interessenverfolgung gegenüber dem Geschädigten sei und zu diesen Interessen auch die Errichtung eines einwandfreien und sicheren Werkes gehöre. Dem Schutzzweck des § 1313a ABGB werde nur dann Rechnung getragen, wenn der Unternehmer unabhängig von der Frage der "culpa in elogendo" für das Verschulden des beigezogenen "Sachverständigen" bei der Errichtung einer Anlage wie für eigenes hafte. Die Drittbeklagte habe daher ohne eigenes Verschulden für die objektive Fehlerhaftigkeit der Wasseraufbereitungsanlage, insbesondere das Fehlen eines die Lufteinpressung vermeidenden Motorventiles, einzustehen. Sie habe den von ihr gemäß § 1298 ABGB zu erbringenden Beweis der Schuldlosigkeit für ihre Erfüllungsgehilfen nicht substantiiert angetreten, sodass sie schon als Folge der objektiv fehlerhaften Wasseraufbereitungsanlage für den Schaden der Klägerin hafte. Die Verletzungen der Klägerin rechtfertigten ein Schmerzengeld von 200.000 S; die pauschal geltend gemachten Unkosten seien nach § 273 ZPO mit 10.000 S festzusetzen. Aufgrund der möglichen Spätfolgen habe die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Drittbeklagten für künftige Schäden. Die ordentliche Revision gegen das Teilurteil sei zulässig, weil die Frage der Erfüllungsgehilfenhaftung für die Errichtung einer objektiv fehlerhaften Anlage von allgemeiner Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sei. Soweit die Feststellungen des Erstgerichtes die Frage der Verantwortlichkeit der Erst- und Zweitbeklagten für die zu geringe Fördermenge des dem Schwimmbecken zugeführten Wassers und die Frage der verspäteten oder zeitgerechten Reaktion auf die Anzeichen von Chlorgasvergiftungen beträfen, seien sie einerseits überhaupt nicht oder unzureichend begründet (wie etwa die abendliche Reinigung der Grobfilter), andererseits für die rechtliche Beurteilung nicht ausreichend. Zu wenig geklärt sei insbesondere, inwieweit den beiden Bademeistern die beträchtliche Verringerung der Durchflussmenge anhand der Messgeräte auffallen hätte können, wobei auch ihr Ausbildungsstand eine Rolle spiele, für dessen objektive Mangelhaftigkeit jedenfalls die Drittbeklagte einzustehen hätte. Insoweit sei die Sache noch nicht entscheidungsreif.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den der Klage stattgebenden Teil des Teilurteils gerichtete Revision der Drittbeklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt. Das Fehlen eines Motorventils im Bereich der Solaranlage hat entscheidend dazu beigetragen, dass der Leitungsstrang nach Abschalten der Pumpe der Solaranlage belüftet wurde, wodurch es nach Wiedereinschalten der Pumpe zu massiven Lufteintragungen aus der Solaranlage kam. Dies hat schon das Erstgericht unbekämpft festgestellt. Es ist bereits von einem technischen Mangel der Anlage ausgegangen, auch wenn es an einer anderen Stelle ausführte, dass der Unfall nicht durch ein "Gebrechen der Anlage" hervorgerufen wurde. Diese Ausführungen können nur dahin verstanden werden, dass die Solar- und Wasseraufbereitungsanlage insgesamt zwar nicht schadhaft war, aber insoweit objektiv "fehlkonstruiert", als ein Motorventil fehlte, das die Luftansammlung und damit auch den Unfall verhindert hätte. Die dementsprechenden Erwägungen des Berufungsgerichtes finden daher ihre Grundlage in den Feststellungen des Erstgerichtes, sodass entgegen den Revisionsausführungen weder von einer Nichtigkeit des Berufungsurteils im Sinn des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO noch auch von einer dem Berufungsgericht unterlaufenen Aktenwidrigkeit die Rede sein kann.

Richtig ist allerdings, dass im bisherigen Verfahren keine Beweise zur Frage aufgenommen wurden, ob für die die Solar- und Wasseraufbereitungsanlage errichtenden Subunternehmer erkennbar gewesen wäre oder erkennbar hätte sein müssen, dass das Fehlen des Motorventils und die Luftansammlung ein Sicherheitsrisiko darstellen und einen derartigen Unfall mitverursachen können. Diese Frage wurde im Verfahren erster Instanz nicht erörtert, weil die Klägerin ihr Begehren auf ein Verschulden der Hersteller der Anlage aufgrund einer fehlerhaften Konstruktion, für welche die Drittbeklagte als Vertragspartnerin der Klägerin im Rahmen der Erfüllungsgehilfenhaftung verantwortlich sei, gar nicht gestützt hat. Es liegt insofern eine überraschende, mit den Parteien bislang nicht erörterte Rechtsansicht der zweiten Instanz vor. Dieser Verfahrensmangel ist jedoch nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung:

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Schuldner für ein Verschulden jedes Erfüllungsgehilfen, gleichgültig ob dieser selbständig oder unselbständig tätig ist, haftet und von dieser Haftung nur befreit wird, wenn er beweist, dass dem Erfüllungsgehilfen kein Verschulden zur Last fällt (RIS-Justiz RS0028563). Richtig ist auch, dass zu den Vertragspflichten eines Schwimmbadbetreibers gegenüber den Besuchern die Gewährleistung der gefahrlosen Benützung der Badeanlage zählt. Deshalb haftet die Drittbeklagte den Besuchern des Schwimmbades gegenüber jedenfalls für ein allfälliges, zur Schädigung führendes Verschulden ihrer

Bademeister nach § 1313a ABGB (vgl 7 Ob 590/92 = JBl 1993, 396; 6 Ob

160/00y = JBl 2001, 590; RIS-Justiz RS0017185), was auch nicht

strittig ist. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass der Werkbesteller, der das Werk seinerseits Dritten zur Benützung zur Verfügung stellt, für ein Verschulden des Werkunternehmers oder dessen Erfüllungsgehilfen bei Herstellung des Werkes ohne eigenes Verschulden haftet, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher allerdings noch nicht vertreten. Nach Lehre und Rechtsprechung erfährt zwar § 1313a ABGB eine Ausweitung seines Anwendungsbgereiches durch die Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Liegt ein solcher Vertrag vor, so haftet der Schuldner nicht nur dem Gläubiger für seinen Gehilfen, sondern auch jenen dritten Personen, denen er zwar nicht zur Erbringung der Hauptleistung verpflichtet ist, denen gegenüber ihn jedoch die Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten treffen (Koziol, Haftpflichtrecht II² 338 mwN). Dies könnte im vorliegenden Fall zwar unter Umständen zu einer Haftung der Hersteller der Anlage gegenüber der Klägerin führen, nicht aber zu einer Haftung der Drittbeklagten gegenüber der Klägerin für ein allfälliges Verschulden der Hersteller der Anlage. Der Hersteller wird von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - mit teilweiser Zustimmung der Lehre - nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers beurteilt (RIS-Justiz RS0101969; RS0022662; Harrer in Schwimann, ABGB², § 1313a Rz 19 mwN), ebenso nicht der Zulieferer als Erfüllungsgehilfe des Erzeugers (7 Ob 516/88 = JBl 1988, 650; vgl die zusammenfassende Darstellung von Rechtsprechung und Lehre zum Problem der "Vorverlegung" der Erfüllungsgehilfenhaftung auf die Vorbereitung der Erfüllung künftiger Schuldverhältnisse bei F. Bydlinski, Zur Haftung für Erfüllungsgehilfen im Vorbereitungsstadium, JBl 1995, 477, 558 ff). Ob die Drittbeklagte der Klägerin für die Konstruktion der Anlage, die das konzentrierte Auftreten von Chlorgas im Schwimmbecken mitverursachte, haftet, kann im vorliegenden Fall aber auf sich beruhen. Denn auch bei Verneinung der Ausdehnung der Erfüllungsgehilfenhaftung auf den Hersteller im Sinn des Berufungsgerichtes ist bereits aufgrund der bisherigen Feststellungen des Erstgerichtes die Haftung der Drittbeklagten aus folgenden Erwägungen zu bejahen:

Die Drittbeklagte hat mit der Überwachung eines Badebetriebes und insbesondere mit der Technik der Schwimmbadwasseraufbereitung und Erwärmung völlig unerfahrene Personen mit der Wartung, Bedienung und Überprüfung der Anlage betraut. Die Vorbereitung auf diese Aufgabe erschöpfte sich in einer eintägigen Ausbildung, die lediglich unter anderem dem Umgang mit Chlor gewidmet war sowie einer sich über drei Tage verteilenden Einschulung seitens des Vertreters der Herstellerfirma, bei der den Erst- und Zweitbeklagten, aber nicht einmal die Bedeutung der Vakuumanzeige klar wurde. Sie maßen offenbar auch dem Durchflussmengenmesser keine wichtige Funktion bei, der einen deutlichen Hinweis auf Veränderungen in der Hydraulik liefern hätte können. Sie und auch die verantwortlichen Vertreter der Drittbeklagten nahmen offenbar in Kauf, dass dieser ohnehin immer wieder (nämlich im Zusammenhang mit dem Aus- und Wiedereinschalten der Solarpumpe) ausfiel. Umso eher wäre daher ihr Augenmerk auf die Reinhaltung der Grobfilter zu richten gewesen, vor allem bei einer besonderen Verschmutzung des Wassers, wie sie im vorliegenden Fall durch das massive Auftreten von Maikäfern und verwehten Pflanzenteilen vorlag. Schon der Hinweis des ersten Opfers des konzentriert austretenden Chlorgases, das hustend zu ihnen kam und der Bericht der Kinder über einen "komischen" Geruch bei den Sprungsockeln wäre als ernst zu nehmendes Anzeichen auf einen möglichen Austritt von Chlorgas und auf ein nicht ordnungsgemäßes Funktionieren der Wasseraufbereitungsanlage zu werten gewesen. Bei hinreichender Ausbildung der Erst- und Zweitbeklagten über die Funktionsweise und die Gefahren der Anlage hätten sie wissen müssen, dass sich gerade im Bereich der Sprungsockeln, wo sie von den Kindern hingeführt wurden, Auslassventile des Rohrsystems der Anlage befinden. Auch wenn die Wassermessung keine erhöhten Chlorwerte anzeigte, lag doch der Schluss nahe, dass die in diesem Bereich immer wieder (beim Einschalten der Solaranlage) entstehenden Luftblasen auch von Desinfektionsmitteln gebildete giftige Gase enthalten und in diesem Zusammenhang eine Verschmutzung der Grobfilter eine Rolle spielen könnte. Eine sofortige Nachschau bei diesen Filtern wäre angezeigt gewesen. Spätestens in dem Moment, als noch andere Kinder mit Husten und Atemnot herbeieilten, wäre aber mit einer sofortigen Räumung und Sperre des Beckens, aus dem die Kinder kamen oder zumindest mit einem sofortigen Abschalten der Chlorgaszufuhr vorzugehen gewesen.

Aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen geht bereits hervor, dass die Kontrolle der Messgeräte in den Aufgabenbereich der Erst- und Zweitbeklagten fiel. Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgabe setzte voraus, dass die Anzeigen auf den Geräten und deren Funktionsweise auch verstanden wird und daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden können. Gerade die immer wieder auftretenden Schwierigkeiten beim Durchflussmengenmesser und die beobachtete Lufteinbringung in das Sportbecken hätte die Erst- und Zweitbeklagten bei entsprechendem Verständnis der Funktion der Wasseraufbereitungsanlage und der Solaranlage zu einem sofortigen Handeln zwecks Gefahrenabwehr veranlassen müssen.

Ob ein entsprechendes Vorgehen von einem durchschnittlich sorgfältigem und hinreichend ausgebildetem Badepersonal zu erwarten ist und dieses in der Lage ist, die bei einigen Besuchern unabhängig voneinander aufgetretenen Symptome auf austretendes Chlorgas zurückzuführen, ist eine Rechtsfrage, die ohne weitere diesbezügliche Erhebungen schon jetzt zu bejahen ist. Der rechtlichen Beurteilung gehört auch die Frage an, ob der Unfall der Klägerin vorhersehbar war oder ein "unvorhersehbares Ereignis" (also einen bloßen Zufall im Sinn des § 1311 ABGB) darstellte. Ob der Umstand, dass die Erst- und Zweitbeklagten all diese Zusammenhänge zunächst auch nicht ansatzweise herstellten und nicht auf austretendes konzentriertes Chlorgas schlossen, keine weiteren Maßnahmen setzten und sich trotz der sich häufenden Symptome von Atemnot und Husten mit einer Wasserprobe begnügten, auf ein ihnen vorwerfbares subjektives Verschulden zurückzuführen ist, ist hier nicht zu prüfen. Nach dem festgestellten Sachverhalt bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ihnen die Drittbeklagte die Zuständigkeit für die technischen Belange des Bades übertrug, ohne für eine entsprechende Ausbildung zu sorgen, obwohl bekannt war, dass die beiden bisher in ganz anderen Berufen tätig waren. Sie hat den Ausbildungsstand der Erst- und Zweitbeklagten nicht kontrolliert und sich nicht vergewissert, ob die beiden einer möglichen Gefahrensituation und einem verantwortungsbewussten Umgang mit den hochgiftigen Substanzen, die zur Reinhaltung der großen Wassermengen erforderlich sind, gewachsen waren. Damit ist der Drittbeklagten ein Organisations- und Überwachungsverschulden anzulasten. Gegen die Drittbeklagte ist daher die Rechtssache bereits jetzt im Sinn einer Bejahung ihrer Haftung spruchreif. Das Teilurteil des Berufungsgerichtes ist daher zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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