OGH 3Ob150/02h

OGH3Ob150/02h24.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Paul Martin M*****, vertreten durch Dr. Maximilian Motschiunig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 105.000 S = 7.630,65 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 1. Februar 2002, GZ 4 R 16/02y-49, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. April 2002, AZ 4 R 16/02y, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Wolfsberg vom 10. Oktober 2001, GZ 4 C 548/00h-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 665,66 EUR (darin 110,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger begann 1992 mit der Sanierung eines etwa 100 Jahre alten baufälligen Bauernhauses (im Folgenden nur Haus) mit feuchten Mauern. Die Innenmauern sind mit Ziegelmauerwerk errichtet, die Außenmauern teilweise mit Steinen. Im Zuge der Außensanierung wurde der Putz abgeschlagen und ein neuer Putz aufgebracht.

Ein Handelsvertreter der beklagten Partei bot dem Kläger am 16. Juni 1995 das A***** Trockenlegungssystem der beklagten Partei an, das er dahin erklärte, es funktioniere mit Magnetismus, die Feuchtigkeit in den Mauern werde hinuntergedrückt. Bei einem Besuch des Verkaufsleiters der beklagten Partei am 18. August 1995 reduzierte dieser den ursprünglich genannten Preis von 148.800 S für die Trockenlegung des Hauses ohne Keller auf 105.000 S, zumal eine von der Straße gut sichtbare Werbetafel angebracht und der Kläger bei Zufriedenheit in die Referenzliste aufgenommen werden sollte. An diesem Tag fertigte der Kläger den schriftlichen Auftrag. Die beigeschlossene "Garantieurkunde" der beklagten Partei enthält u.a. eine Gewährleistungsgarantie, wonach durch den Einbau des ...-Geräts die aufsteigende Bodenfeuchte innerhalb vier Jahren bis zur Mauerrestfeuchte abgesenkt wird, und eine Rücknahmegarantie folgenden Inhalts: "Wird nach Ablauf von 4 Jahren ab Aufstellung der Anlage die Mauerrestfeuchte nicht erreicht, so wird innerhalb von 14 Tagen der volle Kaufpreis rückerstattet. Voraussetzung dafür ist die Einhaltung der Betriebsanleitung und der 14-tägigen Kündigungsfrist, außerdem muss die ...-Gerätschaft innerhalb 14 Tagen retourniert werden. Zur Überprüfung des Austrocknungserfolges wird bei Aufstellung der Anlage ein Meßprotokoll erstellt, das als Grundlage für allfällige Ansprüche gilt. Zur Überprüfung des Austrocknungserfolges wird bei Aufstellung der Anlage ein Meßprotokoll erstellt, das als Grundlage für allfällige Ansprüche gilt."

Am 20. September 1995 führte ein Techniker der beklagten Partei Messungen nach zwei näher genannten Methoden durch und montierte nach Ausfüllen eines Messprotokolls drei Geräte. Das von der beklagten Partei angewendete System ist ein Verfahrensprinzip der sogenannten Magnetokinese; es fällt nicht in die Gruppe der allgemein anerkannten naturwissenschaftlichen Wirkgrundsätze gemäß der Ö-Norm B3355. Laut dieser Ö-Norm sind zur Feststellung der Wirksamkeit Messungen des Feuchtegehalts, der Restfeuchtigkeit bzw des Durchfeuchtungsgrades und der hydroskopischen Feuchte sowohl vor Beginn der Maßnahme als auch danach durchzuführen. Im Wohnhaus des Klägers wurden einige Messungen vorgenommen und nach einiger Zeit die drei Geräte gegen eines eingetauscht. Das von der beklagten Partei installierte System erreichte die nach der ÖNorm B3355 zugesicherte Senkung des Durchfeuchtungsgrads des Mauerwerks auf unter 20 % an vier Probeentnahmestellen nur an einer Stelle, während an drei weiteren Stellen dieser Wert wesentlich höher war. Der von der beklagten Partei zugesicherte Erfolg trat somit nicht ein.

Der Kläger begehrte mit seiner am 2. März 2000 eingebrachten Mahnklage die (Rück)Zahlung des von ihm bezahlten Betrags von 105.000 S sA aus dem Titel der Gewährleistung, des Schadenersatzes und des Irrtums. Die von der beklagten Partei installierte Anlage sei nicht dazu geeignet, eine Entfeuchtung des Mauerwerks zu bewirken.

Die beklagte Partei brachte zusammengefasst vor, der zugesagte Erfolg sei eingetreten. Der Anspruch sei überdies verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Parteien hätten einen Werkvertrag geschlossen, in dem sich sich die beklagte Partei verpflichtet habe, das Mauerwerk des Hauses des Klägers laut Ö-Norm B3355, Teil 1, auf unter 20 % Durchfeuchtungsgrad zu entfeuchten. Da dieser Erfolg nicht erreicht worden sei, sei der Kläger berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und den Werklohn zurückzufordern. Eine Verbesserung habe die beklagte Partei nicht angeboten. Der Kläger habe keine Möglichkeit zur Kontrolle des Durchfeuchtungsgrads gehabt, weil die Messmethoden der beklagten Partei keinen Rückschluss auf den Durchfeuchtungsgrad zuließen. Die beklagte Partei prüfe praktisch mit ihren Messungen selbst, ob sie Garantie zu leisten habe. Der Kläger sei dadurch in Irrtum geführt worden. Das Abmontieren des Geräts durch den Kläger im Frühjahr 2000 sei daher nicht entscheidungsrelevant.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Wesentlichen aus folgenden Erwägungen:. Leistungsgegenstand sei für den Kläger die Erwartung eines Trocknungserfolgs durch die von der beklagten Partei vorgeschlagene Maßnahme gewesen. Die beklagte Partei habe es sich selbst zuzuschreiben, durch die Wahl der Art ihrer Feuchtemessungen nun nicht in der Lage zu sein, den behaupteten Trocknungserfolg technisch einwandfrei nachzuweisen. Dem Kläger sei der Beweis gelungen, dass die von der beklagten Partei zugesagte Mauerrestfeuchte durch ihre Trocknungsmaßnahmen nicht erreicht worden sei. Im Hinblick auf den vorliegenden wesentlichen Mangel sei der Kläger gemäß § 1167 ABGB mit Recht vom Vertrag abgegangen. Hier gelte die dreijährige Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 1 ABGB, weil die Wirkung ausschließlich an unbeweglichen Teilen des Hauses eintreten sollte. Diese Frist sei gewahrt.

Die zweite Instanz ließ im Verfahren nach § 508 ZPO die Revision nachträglich zu, weil es nicht ganz ausgeschlossen sei, das Vertragsverhältnis der Streitteile rechtlich anders als das Berufungsgericht zu qualifizieren. Sollte es sich tatsächlich um einen Kaufvertrag über eine bewegliche Sache (Alternativenergiesystem) handeln, so wären auch andere Konsequenzen betreffend Gewährleistungsansprüche udgl zu erwarten. Dazu, wie nun eine solche Parteienvereinbarung bezüglich Einsatzes eines alternativen Energiesystems rechtlich zu qualifizieren sei und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, fehle höchstgerichtliche Rsp.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

a) Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

b) Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens, die in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint werden, können nach stRsp in der Revision nicht mehr gerügt werden (SZ 62/157 = JBl 1990, 535 uva; RIS-Justiz RS0043092; Kodek in Rechberger 2, § 503 ZPO Rz 3). Dieser Grundsatz gilt aber nach der Rsp (ua dann) nicht, wenn das Berufungsgericht die Mängelrüge mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (RIS-Justiz RS0043166; Kodek aaO). Davon kann hier keine Rede sein. Die zweite Instanz hat die in der Mängelrüge der Berufung gerügte Unterlassung der Beiziehung eines (weiteren) Sachverständigen nicht mit der Erwägung für unbegründet erachtet, ein taugliches Beweisthema sei in erster Instanz nicht angegeben worden.

c) Wenngleich nach dem Inhalt des Auftrags- und Lieferscheins der Kläger ein bzw. drei Geräte von der beklagten Partei "kaufte", hat die beklagte Partei den (näher bestimmten) Erfolg der Trockenlegung von feuchten Mauern eines Hauses zugesagt. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, es handle sich in Wahrheit um einen, eine unbewegliche Sache betreffenden Werkvertrag, erweist sich als zutreffend. Durch den Werkvertrag verpflichtet sich nämlich der Werkunternehmer gegenüber dem Werkbesteller zur Herstellung eines bestimmten Werks. Was als "Werk" iSd § 1151 ABGB den Gegenstand eines Werkvertrags bilden kann, wird im Gesetz nicht näher ausgeführt. Der Gesetzgeber hat darunter unter Hinweis auf den Sprachgebrauch ein Werk im weitesten Sinn, also nicht bloß körperliche Erzeugnisse, sondern auch irgend einen bestimmten anderen Erfolg verstanden (RIS-Justiz RS0021678). Das Werk kann sich auf bewegliche oder auf unbewegliche Sachen beziehen. Unbewegliche Sachen liegen auch dann vor, wenn Arbeiten an einer unbeweglichen Sache - in casu Mauern eines Hauses - vorgenommen werden (JBl 1987, 662). Die Erwägungen des Berufungsgerichts im Beschluss gemäß § 508 ZPO, es könne sich auch um einen Kaufvertrag über eine bewegliche Sache (Alternativenergiesystem) handeln, können das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht schlüssig begründen. Abgesehen davon, dass die Auslegung von Verträgen im Einzelfall grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstellt, entfernt sich die zweite Instanz dabei von den, von ihm selbst gebilligten Tatsachenfeststellungen erster Instanz, wonach eben ein bestimmter Erfolg, nämlich die Trockenlegung von Hausmauern, somit einer unbeweglichen Sache binnen vier Jahren geschuldet war, aber tatsächlich nicht eintrat, wie der beweispflichtige Kläger im Verfahren beweisen konnte.

Dem Kläger war eine Berufung auf die vertraglich eingeräumte vierjährige Gewährleistungs- und Rücknahmegarantie wegen Fristablaufs (Vertragsabschluss am 18. August 1995, Aufstellen der ursprünglich drei Geräte am 20. September 1995, erstes Schreiben des Klagevertreters mit dem Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags am 1. Oktober 1999) nicht versagt. Grundsätzlich beginnt die Gewährleistungsfrist auch in den Fällen der dreijährigen Gewährleistungsfrist mit der körperlichen Übergabe zu laufen (vstSenat SZ 63/37). Nach den Vereinbarungen der Streitteile musste der zugesagte Erfolg erst vier Jahre nach Vertragsabschluss, somit frühestens am 20. September 1999 eintreten. Erst zu diesem Zeitpunkt - als maßgeblicher Zeitpunkt der Übergabe des "Werks" - konnte beurteilt werden, ob das Werk (Absenkung der aufsteigenden Bodenfeuchte bis zur Mauerrestfeuchte, somit entsprechend der maßgeblichen ÖNorm B3355 Erreichung eines Durchfeuchtungsgrads [Quotient aus Feuchtigkeitsgehalt und maximaler Wasseraufnahme, ausgedrückt in Prozent des mit Wasser gefüllten zugänglichen Porenraumes] des trocken gelegten Mauerwerks von höchstens 20 % sowie Beibehaltung eines solchen Werts) gelungen war oder nicht. Vor dem 20. September 1999 konnte daher schon begrifflich keine Gewährleistungsfrist abgelaufen sein. Innerhalb der erst nun in Gang gesetzten Gewährleistungsfrist (anzuwenden sind § 1167 iVm § 933 ABGB, jeweils idF vor dem GewRÄG, weil der Vertrag vor dem 31. Dezember 2001 geschlossen wurde) wurde aber der Mangel gerichtlich geltend gemacht (Beginn der Gewährleistungsfrist 20. September 1999, Klagseinbringung 2. März 2000, somit rechtzeitig selbst bei Annahme einer bloß sechsmonatigen Gewährleistungsfrist). Damit erweisen sich alle Rechtsmittelausführungen der beklagten Partei über eine Verfristung der Gewährleistungsfrist bzw. eine Verjährung des Rückforderungsanspruchs als verfehlt.

Nach der Garantie der beklagten Partei war dem Kläger ausdrücklich das Recht zur Wandlung eingeräumt. Selbst wenn man nicht von dieser Garantie ausgehen wollte, hat jedenfalls die beklagte Partei nichts vorgetragen, was nur die Geltendmachung eines anderen Gewährleistungsbehelfs rechtfertigen könnte. Wieso der Kläger die Betriebsanleitung nicht eingehalten habe, was eine Voraussetzung für die Garantie war, bleibt auch die Revision auszuführen schuldig. Ob der Kläger das Gerät im Frühjahr 2000, somit lange nach Ablauf der Frist, innerhalb der der Erfolg der Mauertrocknung einzutreten hatte, öffnete, ist unerheblich. Da die Beibehaltung eines Werts von 20 % Vertragsinhalt war, ist es bedeutungslos, ob allenfalls das Werk vor Ablauf der vierjährigen Frist gelungen war.

Auf den Rechtsgrund eine Vertragsanfechtung wegen Irreführung sowie die vom Kläger in der Revisionsbeantwortung behauptete Sittenwidrigkeit des Vertrags muss nicht mehr eingegangen werden. Wie das Gerät tatsächlich funktioniert (Wirkungsweise), wie es funktionieren sollte, ob mit dem Gerät der zugesagte Erfolg an sich erreicht werden könnte und schon oft bei anderen Trockenlegungsmaßnahmen erfolgreich eingesetzt wurde, ist bedeutungslos, weil der zugesagte Erfolg nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen eben nicht eingetreten ist.

Die Revision der beklagten Partei ist demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.

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