OGH 4Ob47/06z

OGH4Ob47/06z20.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei d***** S.P.A., *****, vertreten durch Dr. Harald Burmann und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei H*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Leistung und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 26. Jänner 2006, GZ 4 R 18/06d-9, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 23. Dezember 2005, GZ 4 Cg 181/05h-5, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels endgültig, die Klägerin hat die Kosten ihrer Rechtsmittels vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin produziert Sonnenbrillen und vertreibt sie über ein System von Großhändlern und Generalimporteuren. Zu Werbezwecken ließ sie drei Lichtbilder von prominenten Sportlern anfertigen, die diese Brillen tragen.

Die Beklagte vertrieb die Brillen in Österreich. In ihrem Werbematerial verwendete sie die Lichtbilder, die zuvor (offenkundig elektronisch) leicht verändert worden waren. Weder die Brillen noch das Werbematerial hatte sie von der Klägerin oder vom österreichischen Generalimporteur bezogen.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten zu verbieten, die Lichtbilder oder Teile (Ausschnitte) davon im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu verwenden. Die Lichtbilder seien in ihrem Auftrag hergestellt worden. Sie „habe" daran das „Copyright und damit die Werknutzungsrechte"; der Verwendung durch die Beklagte habe sie weder selbst noch „vermittels der österreichischen Generalvertretung" zugestimmt. Eine „mittelbare Belieferung" sei ausgeschlossen, weil zwei der Brillenmodelle von der österreichischen Generalimporteurin nie nach Österreich eingeführt worden seien. Es sei „daher" davon auszugehen, dass die Beklagte das Werbematerial nicht von einem „zur Weitergabe befugten Händler oder Großhändler" erhalten habe. Die Lichtbilder seien ein Werk iSv § 3 UrhG. Auf freie Werknutzung nach § 42 UrhG könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie „die Vervielfältigung" mit dem Zweck vorgenommen habe, „das Werk mit Hilfe des vervielfältigten Stücks" der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Klägerin stünden „daher" die Schutzrechte nach den §§ 73 ff UrhG und der Unterlassungsanspruch nach § 81 UrhG zu. Die unmittelbare Übernahme von Lichtbildern aus einem fremden Werbeprospekt sei auch sittenwidrig iSv § 1 UWG.

Die Beklagte wandte Unschlüssigkeit der Klage ein, soweit sich die Klägerin auf ihr originär zustehende Urheberrechte berufe. Urheber könne nämlich nur eine natürliche Person sein. Der Klägerin stünden auch keine Werknutzungsrechte zu. Weiters habe die Beklagte „die Brillen" in einem EU-Staat bei einem hiezu befugten Händler erworben, der diese Brillen „einschließlich Werbematerial" bei einem in der Klage angeführten Großhändler erworben habe. Mit der Veräußerung der Lichtbilder für Werbezwecke an die Großhändler sei das Verbreitungsrecht nach § 16 Abs 3 UrhG erloschen. Der Großhändler und der unmittelbare Vertragspartner würden iSd Entscheidung EuGH RS C-244/00 (van Doren/Lifestyle) vorerst nicht genannt. Ein allfälliger Verstoß gegen Urheberechte eines Dritten erfülle nicht den Tatbestand von § 1 UWG.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Klage (der Antrag) sei unschlüssig, da nicht angeführt werde, von wem die Klägerin das angebliche Werknutzungsrecht erworben habe. Die Berufung auf § 1 UWG scheitere an der Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber dem Urheberrecht.

Das Rekursgericht erließ die beantragte Verfügung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Aufgrund einer „eidesstattlichen" Erklärung, die keine Angaben zur Person des Urhebers und zu den Erwerbsvorgängen enthielt, nahm es ohne Feststellung konkreter Tatumstände als „bescheinigt" an, dass die Klägerin über ein Werknutzungsrecht verfüge. Im Provisorialverfahren sei „ein Vollbeweis durch Zurückgehen bis zum originären Rechtserwerb" nicht erforderlich. Demgegenüber habe die Beklagte keine (eigene) Werknutzungsbewilligung bescheinigt. Nur befugte Weitergabe durch einen Zwischenhändler hätte ihr (mangels Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs) ein Recht verschaffen können.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Verhältnis zwischen urheber- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen einer weiteren Klärung bedarf; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Die Klägerin macht in erster Linie abgeleitete Ansprüche aus dem

Urheberrecht an den Lichtbildwerken und aus dem Leistungsschutzrecht

an den Lichtbildern geltend. Diese Ansprüche bestehen nach

österreichischem Recht grundsätzlich nebeneinander (4 Ob 179/01d =

ÖBl 2003, 39 [Gamerith] - Eurobike mwN; 4 Ob 115/04x = MR 2005, 25 -

Schöne Oberösterreicherinnen).

Da ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegt, ist zunächst zu prüfen, welches materielle Recht auf diese Ansprüche anzuwenden ist. Nach dem Schutzlandprinzip des § 34 IPRG ist das grundsätzlich österreichisches Recht (RIS-Justiz RS0076884). Dieses Recht ist auch auf Ansprüche eines Werknutzungsberechtigten anzuwenden (4 Ob 44/92 = SZ 65/88 - Schott II). Das heißt aber noch nicht, dass die Lichtbilder vom räumlich-persönlichen Schutzbereich des österreichischen Urheberrechtsgesetzes erfasst sind. Diese Frage ist in einem weiteren Schritt nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen der §§ 94 ff UrhG zu prüfen. Für die in diesem Zusammenhang relevanten Tatsachen ist die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen behauptungs- und bescheinigungspflichtig.

1.1. Nach § 94 UrhG sind Werke (§ 3 UrhG) jedenfalls dann geschützt, wenn der Urheber österreichischer Staatsangehöriger ist. Nach § 98 Abs 1 UrhG gilt das entsprechend für den Schutz von Lichtbildern. Da dieses Schutzrecht (anders als das Urheberrecht) auch juristischen Personen zustehen kann, ordnet § 98 Abs 2 UrhG ergänzend an, dass in diesem Fall der Sitz in Österreich genügt.

Die §§ 94 und 98 UrhG werden durch das unmittelbar anwendbare Diskriminierungsverbot nach Art 12 EG-V bzw Art 4 EWR-Abkommen modifiziert. Denn das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte fallen wegen ihrer Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Austausch von Gütern und Dienstleistungen in den Anwendungsbereich dieser Rechtsakte. Damit ist das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art 12 EG-V (Art 4 EWR-Abkommen) anwendbar (grundlegend EuGH 20. 10. 1993, verbundene RS C-92/92 und C-326/92 , Slg 1993 I 5145 - Phil Collins; zuletzt etwa EuGH 6. 6. 2002, RS C-360/00 , Slg 2002 I 5089 - Ricordi, und EuGH 30. 6. 2005, RS C-28/04 , Slg 2005 I 5781 - Tod's; vgl mwN Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht [2001], Allgemeiner Teil, Kapitel 2 Rz 6 ff; speziell zum EWR Walter, Das Diskriminierungsverbot nach dem EWR-Abkommen und das österreichische Urheber- und Leistungsschutzrecht. Überlegungen anlässlich der Entscheidung des EuGH in Sachen Phil Collins, MR 1994, 101 und 152). Ein Urheber aus einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft (bzw einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens) kann daher in jedem anderen Mitgliedstaat (Vertragsstaat) die Gewährung jenes Schutzes verlangen, der nach dessen nationalem Recht inländischen Urhebern zusteht (EuGH aaO; Walter in Walter aaO Rz 7; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht3 [2005] Rz 137, 875 ff).

Der umfassende Schutz nach § 94 (iVm § 98 Abs 1) UrhG ist daher nicht auf österreichische Staatsangehörige und juristische Personen mit Sitz in Österreich beschränkt. Vielmehr genügt die Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Walter aaO Rz 17).

Die Klägerin hat allerdings weder Urheber noch Hersteller genannt. Damit fehlen die für die Beurteilung des Gemeinschafts- oder EWR-Bezugs erforderlichen Tatsachenbehauptungen. Die Anwendung des österreichischen Urheberrechts kann daher nicht auf die durch das Diskriminierungsverbot modifizierten §§ 94 und 98 UrhG gestützt werden.

1.2. Nach § 95 (iVm § 98 Abs 1) UrhG erstreckt sich der Schutz des Gesetzes auch auf in Österreich erschienene Lichtbildwerke (Lichtbilder). Dazu gibt es aber ebenfalls keine Tatsachenbehauptungen. Die Klägerin kann sich daher auch nicht auf diese Bestimmungen stützen.

1.3. Der Schutz könnte sich somit nur aus internationalen Übereinkommen oder aus faktischer Gegenseitigkeit iSd § 96 (iVm § 98 Abs 1) UrhG ergeben. Dabei ist zwischen den beiden Anspruchsgrundlagen zu unterscheiden.

Das Leistungsschutzrecht des Herstellers wird weder von der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (RBÜ [Pariser Fassung], BGBl 1982/319) noch vom Welturheberrechtsübereinkommen (WUA [Pariser Fassung], BGBl 1982/203) erfasst (4 Ob 3/92 = MR 1992, 67 [Walter] - Nintendo; ebenso OLG Frankfurt/Main GRUR Int 1993, 872, 873 - Beatles; Schack, aaO Rz 840). Es ist auch kein „verwandtes Schutzrecht" nach Art 14 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS, BGBl 1995/1). Die Anwendung des Urheberrechtsgesetzes könnte daher nur auf faktische Gegenseitigkeit (§ 96 iVm § 98 UrhG) oder ein besonderes Übereinkommen gestützt werden. Um diese Voraussetzungen prüfen zu können, müsste aber wiederum der Hersteller genannt sein.

Da das nicht geschehen ist, kann die Anwendbarkeit des Urheberrechtsgesetzes auf das Leistungsschutzrecht auch nicht aus § 96 iVm § 98 UrhG oder aus einem internationalen Übereinkommen abgeleitet werden. Daher ist dieses Schutzrecht nicht in die weitere Prüfung des Unterlassungsanspruchs einzubeziehen.

Anders verhält es sich mit dem urheberrechtlichen Schutz im engeren Sinn. Für Werke der Literatur und der Kunst, somit auch für Lichtbildwerke, hat die Berner Übereinkunft praktisch universelle Geltung (Dillenz/Gutmann, Praxiskommentar zum Urheberrecht2 [2004] § 96 UrhG Rz 10 mwN; aktuelle Liste der Vertragsstaaten unter http://www.wipo.int/treaties ). Ausdrückliche Behauptungen zur räumlich-persönlichen Anwendbarkeit dieses Übereinkommens sind daher nicht erforderlich. Vielmehr müsste die Beklagte einwenden, dass das Übereinkommen aufgrund einer besonderen Sachverhaltskonstellation nicht anwendbar ist. Da dieser Einwand nicht erhoben wurde, ist von der Anwendbarkeit der Berner Übereinkunft auszugehen. Ein Urheberrecht an den Lichtbildern würde daher nach dem österreichischen Urheberrechtsgesetz geschützt.

2. Nach österreichischem Recht liegt ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbildwerk schon dann vor, wenn das Lichtbild Ergebnis einer eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers ist. Ein besonderes Maß an Originalität ist nicht erforderlich; es genügt, dass die Persönlichkeit des Urhebers aufgrund der von ihm gewählten Gestaltungsmittel (Motiv, Blickwinkel, Beleuchtung etc) zum Ausdruck kommt (4 Ob 179/01d = ÖBl 2003, 39 [Gamerith] - Eurobike; RIS-Justiz RS0115748). Auf dieser Grundlage besteht kein Zweifel, dass die strittigen Lichtbilder nach österreichischem Recht Urheberrechtsschutz genießen können.

3. Allerdings kann die Klägerin (als juristische Person) nicht selbst Urheber sein. Ihre Klagebefugnis kann sich daher nur aus einer (unmittelbaren oder mittelbaren) Übertragung der Verwertungsrechte durch den Urheber ergeben. Dabei muss es sich nach österreichischem Recht um ein (ausschließliches) Werknutzungsrecht handeln, eine bloße Werknutzungsbewilligung reicht nicht aus (RIS-Justiz RS0035080; Dillenz/Gutmann aaO § 24 UrhG Rz 2 f mwN). Auch die Berner Übereinkunft (Pariser Fassung) erfasst nur ausschließliche Rechte (Art 2 Abs 6 RBÜ), sie sieht keinen darüber hinausgehenden (Mindest-)Schutz vor.

3.1. Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass ein Werknutzungsrecht im Bestreitungsfall nur dann schlüssig behauptet ist, wenn ein Tatsachenvorbringen zum Rechtserwerb erstattet wird (4 Ob 106/91 = wbl 1992, 241 - Videokassetten; RIS-Justiz RS0076441). Die bloße Behauptung, über ein Werknutzungsrecht zu verfügen, reicht daher nicht aus. Diese strenge Rechtsprechung ist durch den besonderen Charakter des Werknutzungsrechts gerechtfertigt. Ob eine ausschließliche Rechtsübertragung und nicht bloß eine Werknutzungsbewilligung vorliegt, kann nur der konkreten Vereinbarung (der konkreten Vereinbarungskette) entnommen werden. Die von der Berechtigten in Anspruch genommene Drittwirkung hängt daher nicht nur von der Existenz, sondern auch vom Inhalt ihrer schuldrechtlichen Beziehung zum Urheber ab.

Zu dieser Beziehung kann es zwar nach Maßgabe des anwendbaren Urhebervertragsrechts Vermutungen geben, die im konkreten Fall ein weiteres Tatsachenvorbringen entbehrlich machen können. Die im österreichischen Recht entwickelten Vermutungen zur Reichweite der Rechtsübertragung (RIS-Justiz RS0077654) können aber nicht ohne weiteres herangezogen werden. Denn aus dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht ableiten, dass ihr schuldrechtliches Verhältnis mit dem Urheber österreichischem Recht unterliegt. Ohne Nennung des Urhebers und ohne Darstellung der mit ihm bestehenden schuldrechtlichen Beziehung kann daher im vorliegenden Fall kein Werknutzungsrecht angenommen werden.

3.2. Dennoch beschränkte sich die Klägerin trotz Bestreitung ihres Werknutzungsrechts auf die Behauptung, dass die Lichtbilder in ihrem Auftrag hergestellt worden seien und dass sie daran sämtliche Werknutzungsrechte „habe". Die Person des Urhebers und die konkreten Umstände des Rechtserwerbs nannte sie nicht. Damit hat sie das von ihr in Anspruch genommene Werknutzungsrecht nicht schlüssig behauptet.

Fehlt einem Klagebegehren die gesetzliche Grundlage (ist die Klage also unschlüssig), so kommt auch dessen Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht. In diesem Fall fehlt nämlich von vornherein die vom Gesetz geforderte Anspruchsbescheinigung (RIS-Justiz RS0004881; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung [2000] § 378 EO Rz 3). Ungeachtet dessen hat das Rekursgericht den Bestand eines Werknutzungsrechts als „bescheinigt" angenommen. Dabei hat es aber das Wesen der Bescheinigung im Provisorialverfahren verkannt. Dass der Anspruch lediglich zu bescheinigen ist, vermindert nur das Beweismaß; die nach allgemeinen Grundsätzen erforderlichen Tatsachenbehauptungen müssen trotzdem aufgestellt werden (RIS-Justiz RS0005225, RS0005449; vgl G. Kodek in Burgstaller/ Deixler-Hübner, Kommentar zur Exekutionsordnung, § 389 Rz 5). Bescheinigt können nur Tatsachen werden, nicht Rechtsfragen oder Rechtspositionen. Ein Anspruch ist daher nur dann bescheinigt, wenn er schlüssig behauptet ist und die ihn tragenden Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Hier fehlen schon konkrete Behauptungen. Von den Vorinstanzen im Rahmen des Klagegrundes getroffene Feststellungen wären zwar auch dann zu verwerten, wenn sie über das Vorbringen hinausgehen (RIS-Justiz RS0040318). Auch das Rekursgericht hat allerdings keine konkreten Erwerbsvorgänge als bescheinigt angenommen. Seiner Begründung lässt sich nur entnehmen, dass es die Beilage ./A als unbedenklich ansieht. Dort heißt es aber nur, dass „das Copyright und die Verwertungsrechte bei [der Klägerin] liegen." Auch das ist nur eine nicht weiter substanziierte Rechtsbehauptung.

Die Annahme des Rekursgerichts, dass das Werknutzungsrecht „bescheinigt" sei, ist somit in Wahrheit eine Rechtsausführung, die keine Deckung im behaupteten und bescheinigten Sachverhalt hat. Daran ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden.

3.3. Aus diesen Gründen kann der Unterlassungsanspruch schon mangels schlüssiger Behauptung eines Werknutzungsrechts nicht auf das Urheberrecht an den Lichtbildnern gestützt werden. Auf die von der Beklagten eingewendete „Erschöpfung des Urheberrechts" kommt es daher nicht an. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist allerdings klarzustellen, dass nach § 16 Abs 3 UrhG nur das ausschließliche Recht der Verbreitung konkreter Werkstücke erlischt, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht werden (RIS-Justiz RS0113877). Hier geht es aber um die Übernahme von Lichtbildern in eigenes Werbematerial der Beklagten. Das ist nicht eine Verbreitung von konkreten Werkstücken iSv § 16 UrhG, sondern eine von § 15 UrhG erfasste Vervielfältigung. Das Vervielfältigungsrecht erlischt aber selbstverständlich nicht durch Inverkehrbringen eines oder mehrerer Werkstücke. Konsequenz davon wäre ja, dass jedes Inverkehrbringen eines Werkstücks letztlich zur Gemeinfreiheit des Werkes führte. Damit würde das Urheberrecht ad absurdum geführt.

4. Durch die Verneinung des urheberrechtlichen Schutzes ist der Beklagten aber nicht geholfen. Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch nämlich auch auf § 1 UWG gestützt. Da sich die angebliche Verletzungshandlung in Österreich ausgewirkt hat, ist hier nach § 48 Abs 2 IPRG jedenfalls österreichisches Recht anzuwenden.

4.1. Auch Gewerbetreibende verschiedener Wirtschaftsstufen können miteinander im Wettbewerb stehen (RIS-Justiz RS0077701). Dass sie denselben Abnehmerkreis haben, ist nicht erforderlich, eine mittelbare Beeinträchtigung (ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis) genügt (RIS-Justiz RS0077701 T1; 4 Ob 2/97s = ÖBl 1998, 26 - Entec; 4 Ob 2/00y - Knetpresse). Im konkreten Fall liegt ein solches mittelbares Wettbewerbsverhältnis vor, wirkt sich doch die Werbung der Beklagten auf die Vertragshändler der Klägerin und damit mittelbar auf die Klägerin selbst aus.

4.2. Das Erstgericht und die Beklagte sind der Auffassung, dass das Wettbewerbsrecht wegen der Spezialität des Urheberrechts nicht herangezogen werden könne. Das trifft aber für die hier zu beurteilende Problematik nicht zu.

(a) Der Oberste Gerichtshof hat zwar mehrfach ausgesprochen, dass nach § 1 UWG nur der Berechtigte, nicht aber ein Mitbewerber Verstöße gegen das Urheberrecht geltend machen kann (4 Ob 93/01g = MR 2001, 381 [Walter] = ÖBl 2001, 220 [Mayer] - Internet-Nachrichtenagentur I; 4 Ob 30/02v = ecolex 2002, 822 - EDV-Firmenbuch II). Das Urheberrecht räume nur bestimmten Personen (Urheber, Werknutzungsberechtigter) Ausschließlichkeitsrechte ein, stelle aber keine allgemein verbindlichen Verhaltensnormen auf (wie etwa das Gewerbe-, Lebensmittel- oder Arzneimittelrecht). Die Verletzung eines fremden Urheberrechts könne daher nicht als Rechtsbruch iSd Rechtsprechung zu § 1 UWG angesehen werden. Dagegen spreche auch die Möglichkeit, dass der Urheber die Nutzung nachträglich genehmigen könne.

(b) Unabhängig von einem Rechtsbruch verstößt aber auch die glatte

Übernahme fremder Arbeitsergebnisse gegen § 1 UWG (stRsp RIS-Justiz

RS0078341, zuletzt etwa 4 Ob 207/04a = wbl 2005, 237 - ÖSAG mwN). Als

Kennzeichen einer solchen „glatten Übernahme" wird vor allem gesehen,

dass das Nachahmen mittels eines meist technischen

Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparung eigener Kosten geschieht,

das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird (4 Ob 78/94 =

ÖBl 1995, 116 - Schuldrucksorten; 4 Ob 207/04a = wbl 2005, 237 -

ÖSAG). Gegenstand dieser Rechtsprechung war insbesondere die

Übernahme fremden Werbematerials (RIS-Justiz RS0078341 T8 und T 16;

vgl insb 4 Ob 384/80 = ÖBl 1981, 16 - Isomat Fill; 4 Ob 28/91 = ÖBl

1991, 217 - Umweltspezialist für Tiefbauprodukte; 4 Ob 130/93 = wbl

1994, 134 - System der Besten; zuletzt etwa mwN 4 Ob 89/02w - Pensionsvorsorge).

Diese Situation liegt hier vor: Die Klägerin ließ Lichtbilder für ihre Werbeprospekte herstellen, was für sie - zumal angesichts der abgebildeten Personen - zweifellos mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand verbunden war. Die Beklagte übernahm dieses Werbematerial in nur leicht veränderter Form und ersparte sich dadurch die Kosten für von Lichtbilder vergleichbar prominenter Personen.

(c) Der Anspruch wegen glatter Übernahme von Arbeitsergebnissen beruht allein auf § 1 UWG. Das unterscheidet diese Fallgestaltung von der oben dargestellten Rechtsprechung zum Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch. Die - vom Obersten Gerichtshof abgelehnte - Begründung des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs knüpfte dort am Unwerturteil des Urheberrechts an.

Für die Begründung des Anspruchs ist es daher irrelevant, ob (auch) ein Schutzrecht besteht. Es ist allerdings zu prüfen, ob Schutzrechte eines Dritten dem Anspruch entgegenstehen können.

Dafür spricht vordergründig die in der Rsp verbreitete Formulierung, dass das Verbot der glatten Übernahme für „ungeschützte" Arbeitsergebnisse gelte (RIS-Justiz RS0078341; zuletzt etwa 4 Ob 207/04a - ÖSAG). Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Schutz nicht besteht, wenn und weil Arbeitsergebnissen oder Teile davon möglicherweise auch zugunsten einer anderen Person urheberrechtlich geschützt sind. Denn die Bezugnahme auf „ungeschützte" Arbeitsergebnisse folgt daraus, dass der Rückgriff auf § 1 UWG in der Regel nicht erforderlich ist, wenn der Kläger ohnehin über eine immaterialgüterrechtlich geschützte Position verfügt. § 1 UWG gewährt daher - unter gewissen Voraussetzungen - einen das Immaterialgüterrecht ergänzenden Rechtsschutz (vgl die Argumentation in 4 Ob 140/01v = MR 2001, 385 [Walter] - Internet-Nachrichtenagentur

II).

Im konkreten Fall ist die Klägerin - ausgehend von ihrem Vorbringen - immaterialgüterrechtlich nicht geschützt. Die Beklagte greift aber schon durch die glatte Übernahme des Werbematerials in ihre Rechtssphäre ein. Das mit der Übernahme verbundene Unwerturteil ist dabei um so stärker, je individueller und eigenartiger das Arbeitsergebnis ist. Wenn diese Eigenart so stark ausgeprägt ist, dass auch Urheberrechtsschutz bestehen könnte, ist die Übername daher um so eher als sittenwidrig anzusehen.

Mögliche Rechte eines Dritten sind bei dieser Sachlage kein Grund, der Klägerin den Schutz nach § 1 UWG zu verweigern. Anders als in den bisher zur Spezialität des Urheberrechts ergangenen Entscheidungen ist die Klägerin hier durch die Übernahme ihres Werbematerials unmittelbar betroffen; sie stützt sich also gerade nicht auf den (bloßen) Eingriff in fremde Rechte. Unter dieser Voraussetzung hat die abstrakte Möglichkeit, dass der Berechtigte der Beklagten in der Zukunft eine Werknutzungsbewilligung erteilen könnte, kein entscheidendes Gewicht. Dieses Argument hat nur dann Bedeutung, wenn auch der Anspruch selbst an der Verletzung des fremden Rechts anzuknüpfen versucht.

5. Da die Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen hat, ist die Entscheidung des Rekursgerichts im Ergebnis richtig. Die einstweilige Verfügung war daher zu bestätigen. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 EO.

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