OGH 5Ob265/02k

OGH5Ob265/02k3.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermine O*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Kamel K*****, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Euro 4.360,37 s. A., über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 5. September 2002, GZ 3 6 R253/02b-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 13. Mai 2002, GZ 2 C 1155/01a-11, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

1. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. 9. 2000, 12a EVr 7087/99, Hv 3052/00-30, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichtes Wien vom 23. 3. 2001, 21 Bs 64/01-42, wurde der Beklagte rechtskräftig schuldig erkannt, er habe die Klägerin ua A) vorsätzlich am Körper verletzt, indem er sie

1.) am 19. 6. 1998 an den Oberarmen packte, sie schüttelte und durch die Wohnung zerrte, mit Füßen auf sie eintrat, wodurch sie multiple Hämatome an den Armen und Beinen erlitt;

2.) am 30. 9. 1998 aus dem Auto zerrte, einen Hang hinunterstieß, an den Haaren im Gelände herumzerrte und dabei mit einem Gürtel auf sie einschlug und mit Füßen auf sie eintrat, wodurch sie multiple großflächige Hämatome und Striemen am ganzen Körper und mehrere kahle Stellen am Kopf erlitt;

B) vorsätzlich am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig am Körper

verletzt bzw an der Gesundheit geschädigt, indem er sie

1.) am 10. 7. 1998 an den Haaren riss, wodurch mehrere Haarbüschel ausgerissen wurden und kahle Stellen an der Kopfhaut entstanden und sie Schmerzen im Nacken erlitt;

2.) am 26. 7. 1998 aus dem Auto stieß, wodurch sie im Bereich des rechten Schlüsselbeines eine offene blutende Wunde erlitt. Er habe hiedurch

zu A) das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und

zu B) das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB begangen;

... und sei gemäß §§ 366 Abs 2, 369 StPO schuldig, der Privatbeteiligten (Klägerin) S 5.000,-- zu zahlen. Hinsichtlich ihres Mehrbegehrens wurde die Privatbeteiligte (Klägerin) gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde.

Die Klägerin hatte sich mit Schriftsatz vom 18. 7. 2000 (Seite 207 des Strafakts) dem Strafverfahren mit "vorläufig S 50.000,--" als Privatbeteiligte angeschlossen und sich die Ausdehnung ihrer Ansprüche ausdrücklich vorbehalten. An dieser Forderung ("vorläufig S 50.000,--") hielt bis zuletzt fest, ohne sie näher zu konkretisieren. In der Urteilsbegründung wurde ihr Privatbeteiligtenanspruch als Schmerzengeldforderung qualifiziert.

Die Streitteile waren verheiratet. Ihre am 18. 4. 1996 vor dem Standesamt Wien-Hietzing geschlossene Ehe wurde mit (seit 18. 10. 1999) rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4. 10. 1999, 3 C 238/98x-21, geschieden.

Mit der am 9. 10. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten aufgrund der vom Strafgericht abgeurteilten Körperverletzungen bzw Misshandlungen unter ausdrücklicher Erwähnung des bereits erfolgten Schmerzengeldzuspruches von S 5.000,-- ein angemessenes Schmerzengeld in Höhe von (vorerst und vorbehaltlich weiterer Ausdehnung) S 60.000,-- = Euro 4.360,37 s.A. In weiterer Folge trat sie insbesondere dem vom Beklagten erhobenen Verjährungseinwand entgegen. Der Privatbeteiligung im Strafverfahren komme die Unterbrechungswirkung im Sinne des § 1497 ABGB zu. Außerdem habe der Beklagte durch die Nichtbekämpfung des Privatbeteiligtenzuspruches den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach anerkannt. Schließlich seien aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung mit dem Beklagten bzw seiner rechtsfreundlichen Vertretung bis zum 27. 9. 2001 intensive Vergleichsgespräche (im Korrespondenzweg) geführt worden, die eine "Ablaufhemmung eigener Art" hinsichtlich der Verjährungseinrede bewirkt hätten. Der Klagevertreter habe schon am 7. 5. 2001 ein Aufforderungsschreiben an die Gegenseite abgesendet. Da dem Klagevertreter die Entscheidung des Oberlandesgerichtes im Strafverfahren erst im Mai 2001 zugestellt worden sei und anschließend noch Vergleichsverhandlungen stattgefunden hätten, stelle die Klagseinbringung am 9. 10. 2001 keine "ungehörige Fortsetzung" iSd § 1497 ABGB dar.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte dessen Abweisung und machte geltend, der bereits im Strafverfahren zuerkannte Betrag von S 5.000,-- sei vom Klagebegehren in Abzug zu bringen; der eingeklagte Schmerzengeldanspruch sei auch jedenfalls überhöht. Im übrigen erhob der Beklagte ausdrücklich die Einrede der Verjährung, weil sich sämtliche der Klage zugrundeliegenden Vorfälle bereits mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung abgespielt hätten. Zu dem von der Klägerin vorgebrachten Unterbrechungstatbestand der Privatbeteiligung im Strafverfahren wendete der Beklagte ein, dass eine Geltendmachung innerhalb angemessener Frist auf dem Zivilrechtsweg nicht erfolgt sei und somit die Unterbrechungswirkung nicht habe erhalten werden können. Die Klagseinbringung sei nämlich erst mehr als ein Jahr nach der Verweisung der Ansprüche auf den Zivilrechtsweg und zudem mehr als sechs Monate nach der Rechtskraft des Strafurteils erfolgt. Das von der Klägerin behauptete Anerkenntnis werde bestritten, zumal hinsichtlich des über S 5.000,-- hinausgehenden Anspruchs eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg erfolgt sei, wogegen die Klägerin ihrerseits kein Rechtsmittel eingebracht habe. Das erwähnte Aufforderungsschreiben sei nicht an den damaligen Rechtsfreund des Beklagten gesendet worden. Prinzipiell trete eine Hemmung der Verjährung erst mit einer sachlichen Stellungnahme ein und nicht schon mit einem Anspruchsschreiben. Zum Zeitpunkt des Antwortschreibens des damaligen Beklagtenvertreters (vom 6. 9. 2001) seien - weil eine Hemmung der Verjährung erst mit einer sachlichen Stellungnahme des Schuldners eintrete - die Ansprüche betreffend dreier in der Klage genannter Vorfälle bereits verjährt gewesen. Hinsichtlich des letzten Vorfalls sei der Anspruch ebenfalls verjährt, weil schon nach Vorliegen des Schreibens vom 6. 9. 2001 die Klage hätte eingebracht werden können.

In der mündlichen Streitverhandlung vom 20. 3. 2002 hat das Erstgericht die Verhandlung auf den Grund des Anspruches beschränkt; mit Urteil vom 13. 5. 2002 wies es dann das Klagebegehren ab. Eine Wiedergabe seiner über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehenden Feststellungen erübrigt sich aus den später noch auszuführenden rechtlichen Erwägungen.

Das Erstgericht nahm im Hinblick auf den zwischen den Straftaten des Beklagten und der gegenständlichen Klage verstrichenen Zeitraum von mehr als drei Jahren die Verjährung des geltend gemachten Schmerzengeldanspruchs an. Klage wäre nur im Fall einer Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung rechtzeitig. Nun komme zwar der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren gegen den Verletzer der gerichtlichen Klagsführung gleich, doch sei über die Privatbeteiligtenansprüche der Klägerin vom Strafgericht am 26. 9. 2000 abschließend entschieden worden. Erfolge die gerichtliche Geltendmachung nicht in der Frist, laufe also die Verjährung weiter. Die von der Klägerin behaupteten Vergleichsverhandlungen seien nicht bewiesen. Der Beklagte sei nämlich nicht in Vergleichsverhandlungen eingetreten, sondern habe lediglich seine Bereitschaft erklärt, die Sache durch die Zahlung von S 15.000,-- zu bereinigen. Selbst bei Erhalt des entsprechenden Schreibens hätte die Klägerin noch Zeit gehabt, die Klage vor Ablauf der Verjährung anzubringen. Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es mit Zwischenurteil aussprach, das Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht. Es ging dabei von folgenden Erwägungen aus:

1. Der Beklagte habe seinen Verjährungseinwand - unter Zubilligung der von der Klägerin wegen der Privatbeteiligung im Strafverfahren relevierten Unterbrechung der Verjährung - damit begründet, dass eine Geltendmachung innerhalb angemessener Frist (ab der Verweisung der Ansprüche auf den Zivilrechtsweg bzw ab Rechtskraft des Strafurteils) auf dem Zivilrechtsweg nicht erfolgt sei und somit die Unterbrechungswirkung nicht erhalten werden habe können (ON 3). Da nun gemäß § 1501 ABGB auf die Verjährung ohne Einwendung der Parteien von Amts wegen kein Bedacht zu nehmen sei, treffe stets den Beklagten die Behauptungs- und Beweislast für die Einrede der Verjährung. Wer aber die Verjährung einwendet, habe auch jegliche die Einrede begründenden Tatsachen (Beginn usw) vorzubringen und zu beweisen (RIS-Justiz RS0034198, EvBl 1981/3, SZ 59/129, SZ 71/201). Wende man diese Judikatur auf das Beklagtenvorbringen an, so ergebe sich, dass sich der Beklagte nur auf das Tatbestandselement der "nicht gehörigen Fortsetzung der Klage" nach § 1497 ABGB berufen hat, nicht jedoch (überhaupt) auf das gänzliche oder teilweise Fehlen des Unterbrechungstatbestandes des "Belangens". Die betreffende Verjährungseinrede des Beklagten sei somit nur unter dem Aspekt der nicht gehörigen Fortsetzung der Klage, nicht aber auch unter demjenigen einer mangelnden vorangegangenen Unterbrechung der Verjährung durch die Privatbeteiligung zu überprüfen (vgl EvBl 1981/3, SZ 59/129, SZ 71/201).

2. Wesentlich für die Beurteilung der Frage, ob dem im Strafverfahren auf den Zivilrechtsweg verwiesenen und danach die Schadenersatzklage einbringenden Privatbeteiligten im Einzelfall eine gehörige Fortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB zuzugestehen ist, erscheine die Festlegung des Zeitpunktes, ab dem die "Fortsetzung" durch Klagseinbringung abzuverlangen, d.h. der Zeitraum des Zuwartens zu bemessen ist. Dazu werde in der weit überwiegenden Judikatur des OGH auf die rechtskräftige Beendigung des Strafverfahrens abgestellt (SZ

29/72 =ZVR1957/183, ZVR 1960/52, ZVR 1969/28, ZVR1972/201, EvBl

1974/63; Arb 9702 = RdA 1978, 361). Diese Auffassung erscheine auch

deshalb sachgerecht, weil der Privatbeteiligte die Entscheidung, ob und inwieweit er Klage erhebt, berechtigterweise erst dann treffen soll, wenn der Ausgang des Strafverfahrens und damit die prozessualen Rahmenbedingungen seiner Klagsführung definitiv feststehen (Bindungswirkung eines verurteilenden Erkenntnisses laut 1 Ob 612/95 ua oder Beweisrisiko; anzurechnender Privatbeteiligtenzuspruch oder gänzliche Verweisung auf den Zivilrechtsweg). Der maßgebliche Zeitpunkt sei also hier der 23.3.2001 (Berufungsentscheidung im Strafverfahren).

3. "Nicht gehörige Fortsetzung" im Sinne des §1497 ABGB sei nach herrschender Auffassung dann anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nichts gelegen ist (SZ 49/106, SZ 54/177; RdW 1998, 265; RIS-Justiz RS0034765). Dabei sei nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen. Die Gründe müssten im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (SZ 64/156, l Ob 115/00v, RIS-Justiz RS0034849; Mader in Schwimann2 Rz 25, 35 zu § 1497). Werden keine beachtlichen Gründe für die Untätigkeit vorgetragen - diesbezüglich treffe den Kläger die Behauptungs- und Beweispflicht -, sei lediglich von der Aktenlage auszugehen (SZ 64/156, RIS-Justiz RS0034710). Nur eine ungewöhnliche Untätigkeit könne aber dazu führen, dass eine Klage als nicht gehörig fortgeführt gilt (1 Ob 115/00v).

Für die hier relevante Konstellation der Einbringung einer Schadenersatzklage nach vorangegangener Privatbeteiligung im Strafverfahren sei ebenfalls ein Einschreiten des Klägers "innerhalb angemessener Frist" zu verlangen, wobei zB im Einzelfall ein Zuwarten in der Dauer von bis zu fünfeinhalb Monaten akzeptiert worden sei (RIS-Justiz RS0034528). Es handle sich dabei jedenfalls immer um eine Einzelfallentscheidung mit einem gewissen Ermessensspielraum. Unter den spezifischen Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung sei davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrer Klagsführung vom 23. 3. 2001 (rechtskräftige Beendigung des Strafverfahrens) bis zum 9. 10. 2001, somit ca. sechseinhalb Monate zuwarten durfte. In diesem Zusammenhang sei zunächst hervorzuheben, dass ja bis 19. 6. 2001 die 3-Jahres-Frist des § 1489 ABGB überhaupt noch nicht abgelaufen war, was doch zu einer Relativierung der Bedeutung des erörterten sechseinhalb-monatigen Zeitraumes führen müsse. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im genannten Zeitraum, und zwar schon ab 7. 5. 2001 mit Aufforderungsschreiben an die Beklagtenseite herangetreten ist, wobei der Beklagte mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 6. 9. 2001 - also hinsichtlich des Vorfalles vom 30. 9. 1998 noch innerhalb der 3-Jahres-Frist des § 1489 ABGB - einen unpräjudiziellen Vorschlag erstatt und um allfällige Stellungnahme ersucht habe. Wenngleich - im Sinne des Standpunktes des Beklagten - der Hemmungstatbestand der Vergleichsverhandlungen erst ab dem Antwortschreiben des damaligen Beklagtenvertreters anzusetzen wäre (SZ 29/72 = ZVR 1957/183, 1 Ob 23/90), sei diese grundlegende Zahlungsbereitschaft des Beklagten bei der gegenständlichen Ermessensausübung doch mit ins Kalkül zu ziehen (vgl im übrigen die vom Beklagten in AS 207 des Strafaktes erklärte Bereitschaft, für die psychischen Schäden der Klägerin Schmerzengeld in Höhe von S 50.000,-- zu zahlen). Weiters sei der Zeitraum von sechseinhalb Monaten jedenfalls kürzer als der zu 2 Ob 232/82 als zu lange qualifizierte Zeitraum von 7 Monaten. Letztlich sei im Urteil die Ehescheidung zwischen den Streitteilen angesprochen und ergebe sich aus dem Akteninhalt, dass die Ehe am 4. 10. 1999 geschieden wurde. Dieser Umstand würde die Verjährungshemmung gemäß §1495 ABGB entfalten (IPRE 1/7, RIS-Justiz RS0034679). Im Lichte dieser Überlegungen sei der Klägerin eine "gehörige Fortsetzung der Klage" zu attestieren, sodass der Verjährungseinwand des Beklagten ins Leere gehe.

4. Zu den sonstigen die Verjährungsfrage tangierenden Parteienbehauptungen (Hemmung infolge Vergleichsverhandlungen, Ablauf der diesbezüglichen Korrespondenz, Anerkenntnis dem Grunde nach durch Nichtbekämpfung des Privatbeteiligtenzuspruches) müsse nicht detailliert Stellung genommen werden. Allerdings könne aus dem Umstand, dass der Beklagte in seiner im Strafverfahren erhobenen Berufung die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche der Klägerin nicht erwähnte, keinesfalls ein Anerkenntnis abgeleitet werden.

5. Dass dem Grunde nach die Bindungswirkung der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beklagten zum Tragen kommt, sei im Verfahren nie strittig gewesen und entspreche der nunmehr ständigen Judikatur des OGH, die auf der Entscheidung des verstärkten Senates zu 1 Ob 612/95 beruht (MGA JN/ZPO15 E 15 ff zu § 191 ZPO; Rechberger in Rechberger ZPO2 Rz 13 zu § 411; RIS-Justiz RS0113561, RS0074219). An der betreffenden Auffassung habe der OGH im übrigen auch schon in einer weiteren Entscheidung eines verstärkten Senates (zu 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60) ausdrücklich festgehalten.

6. Da die Verhandlung in erster Instanz auf den Grund des Anspruches beschränkt wurde (§§ 189 Abs l, 393 Abs 1 ZPO), sei es dem Berufungsgericht verwehrt, Fragen der Anspruchshöhe zu erörtern und zu überprüfen. Infolge des Scheiterns der Verjährungseinrede, die den Grund und nicht die Höhe des Anspruches betreffe (MGA ABGB35 E 9 zu §1501), habe somit in Abänderung des Ersturteils ein Zwischenurteil zu ergehen; eine separate Aufhebung und Zurückverweisung in Ansehung des "Betrages des Anspruches" (§ 393 Abs 1 ZPO) erübrige sich aufgrund der angeführten Verhandlungsbeschränkung. Ein Zwischenurteil dürfe auch gefällt werden, wenn noch strittig ist, ob der Anspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht (§ 393 Abs 1 ZPO), ebenso wenn noch strittig ist, ob ein Schaden durch Teilzahlung oder dgl getilgt worden ist oder getilgt werden kann (MGA JN/ZPO15 E 14 zu leg cit). Vom Beklagten verursachte und verschuldete Körperverletzungen bzw Gesundheitsschädigungen der Klägerin stünden bindend fest (wirklich eingetretener Schaden), die betragsmäßige Ausmittlung des daraus abzuleitenden Schmerzengeldanspruches falle in das Verfahren über die Höhe (vgl MGA JN/ZPO15 E 22 zu § 393 ZPO). Gleichartiges gelte für die Berücksichtigung des Privatbeteiligtenzuspruchs in Höhe von S 5.000,-- im Zuge der endgültigen Abrechnung; eine Gesamtschau des Klagebegehrens und der Klagserzählung ergebe jedenfalls die Interpretation, dass die Klägerin den Klagsbetrag zusätzlich zum bereits titulierten Anspruch von S 5.000,-- verlangt.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der höchstgerichtlichen Judikatur habe nämlich nicht entnommen werden können, ob der iSd § 1489 ABGB erhobene Verjährungseinwand in einen unstrittigen Aspekt der Unterbrechung und einen strittigen Aspekt der "nicht gehörigen Fortsetzung" (§ 1497 ABGB) "zerlegt" werden darf. Die diesbezüglichen Entscheidungen (EvBl 1981/3, SZ 59/129, SZ 71/201) behandelten nur Differenzierungen nach verschiedenen Ansprüchen sowie nach verschiedenen Verjährungstatbeständen. Der zu RIS-Justiz RS0034198 formulierte Rechtssatz laute (eher weitgehend) dahin, es genüge, wenn die Einwendung der Verjährung allgemein (ohne Anführung von bestimmten Tatsachen) erhoben werde; in einem solchen Fall sei der gesamte Prozessstoff zu berücksichtigen. Müsste man aber auch die Frage der Unterbrechung durch die Privatbeteiligung einer Beurteilung unterziehen, so wäre auch die neuere Judikatur zur Unterbrechungswirkung heranzuziehen (ZVR 2001/92 = RdW 2001/754 = RZ-EÜ 2001/73; JBl 2002, 42 = ZVR 2002/39 = RZ-EÜ 2001/84; RIS-Justiz RS0115182).

Mit der jetzt vorliegenden Revision strebt der Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung an. Er meint, alle für einen Verjährungseinwand notwendigen Tatsachen - dass sich alle Vorfälle, aus denen die Klägerin ihren Anspruch ableitet, bereits mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung abgespielt haben - behauptet zu haben, weshalb es Sache der Klägerin gewesen wäre, die Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung darzulegen. Tatsächlich habe sie nur die Hemmung der Verjährung durch angebliche Vergleichsverhandlungen geltend gemacht und in diesem Zusammenhang die Frage der "gehörigen Fortsetzung" iSd § 1497 ABGB "eher beiläufig" erwähnt. Es sei daher sehr wohl zu prüfen, ob die Klägerin schon mit ihrem Privatbeteiligtenanschluss im Strafverfahren den jetzt klagsgegenständlichen Anspruch geltend machte und ob sie dieses Verfahren gehörig fortsetzte. Ersteres sei nach der vom Berufungsgericht selbst zitierten Judikatur zu verneinen; es könne aber auch von einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens nicht die Rede sein, weil eine Klagsführung auf Grund der Ergebnisse des Strafverfahrens sehr einfach und damit rasch möglich gewesen wäre. Das Anmelden von Ansprüchen der Klägerin könne nicht mit dem Führen von Vergleichsgesprächen gleichgesetzt werden.

Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung aus den schon vom Berufungsgericht ausgeführten rechtlichen Erwägungen die Bestätigung des angefochtenen Zwischenurteils beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den noch darzulegenden Gründen zulässig; sie ist im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur "gehörigen Fortsetzung" der gerichtlichen Anspruchsverfolgung iSd § 1497 ABGB und das daraus gewonnene Ergebnis, die gegenständliche Klage sei rechtzeitig eingebracht worden, keinen Angriffspunkt für eine Revision der Entscheidung bietet. Die Frage der gehörigen Fortsetzung eines Verfahrens iSd § 1497 ABGB lässt sich nämlich immer nur nach den Umständen des Anlassfalls beurteilen (SZ 43/176; RZ 1992, 262/85; 5 Ob 562/88 ua; Schubert in Rummel2, Rz 10 zu § 1497 ABGB). Dementsprechend würde die Anrufung des OGH gemäß § 502 Abs 1 ZPO grobe Beurteilungsfehler des Berufungsgerichtes voraussetzen, die nach der Sachlage nicht erkennbar sind.

Nicht zu folgen ist allerdings der Argumentation des Berufungsgerichtes, es wäre Sache des Beklagten gewesen, im Rahmen seines Verjährungseinwands auch darzulegen, dass die Klägerin keine die Verjährung ihres Schmerzengeldanspruchs unterbrechende gerichtliche Verfolgungshandlung gesetzt hat. Diese Behauptungs- und Beweislast trifft nämlich denjenigen, der die dem Verjährungseinwand

ausgesetzte Forderung geltend macht (3 Ob 527/92 = EvBl 1993/135; 2

Ob 48/94 = ZVR 1998/89; 2 Ob 242/99y = ecolex 2001/307). Demnach

hätte sich iSd vom Berufungsgericht zitierten Judikatur (2 Ob 180/00k = ZVR 2001/92; 2 Ob 271/00t = JBl 2002, 42; 2 Ob 186/01v) doch die Frage gestellt, ob der Privatbeteiligtenanschluss der Klägerin im Strafverfahren gegen den Beklagten die Verjährung der jetzt eingeklagten Schmerzengeldforderung unterbrochen hat. Letztlich kommt jedoch dieser Frage (bei deren Beantwortung auch zu erwägen wäre, ob nicht das Adhäsionserkenntnis des Strafgerichtes eine ausreichende Tatbestandswirkung erzeugte) keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der vom Beklagten geltend gemachten Verjährung steht nämlich die Bestimmung des §1495 ABGB entgegen.

Nach § 1495 ABGB kann zwischen Ehegatten die Verjährung weder angefangen noch fortgesetzt werden. Diese Verjährungshemmung gilt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut grundsätzlich für alle Forderungen zwischen Ehegatten; ausgenommen (besonders geregelt) sind nur Ansprüche eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (3 Ob 17/94 = SZ 67/62). Sie ist daher auch auf Schadenersatzansprüche anzuwenden.

Ebenfalls klar aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass § 1495 ABGB eine Fortlaufshemmung normiert. Sie hindert also Beginn und Lauf der Verjährung (Klang in Klang2 VI, 647; Koziol/Welser I12, 206). Vor der Scheidung der Ehe der Streitteile konnte demnach die Verjährung gar nicht beginnen (vgl SZ 67/62; 8 ObA 67/97d).

Das führt zurück zur Behauptungs- und Beweislast desjenigen, der die Verjährung einwendet. Die Judikatur verlangt von ihm das Vorbringen und den Beweis jener Tatsachen, die seine Einrede zunächst einmal schlüssig begründen (vgl 5 Ob 653/79; 1 Ob 26/86 = SZ 59/129 ua). Es ist daher auch der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist von demjenigen zu behaupten und zu beweisen, der sich darauf beruft (EvBl 1993/135 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; ZVR 1998/89; 2 Ob 242/99y = ecolex 2001/307). Folgerichtig sind bei der Prüfung des Verjährungseinwands auch Verfahrensergebnisse zu berücksichtigen, aus denen sich ergibt, wann die wegen des ehemaligen Ehebands der Streitteile gehemmte Verjährung frühestens begonnen haben kann. Bezogen auf die erst am 18. 10. 1999 rechtskräftig gewordene Scheidung der Ehe der Streitteile ist damit jedenfalls im Ergebnis der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zuzustimmen, dass die Klagsforderung nicht verjährt ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte