European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:0020OB00271.00T.0628.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Am 2. 11. 1994 ereignete sich auf der Westautobahn im Gemeindegebiet von Preßbaum ein Verkehrsunfall, an dem der vormalige Kläger Christian B***** als Lenker des PKW Suzuki mit dem Kennzeichen W ***** und der vom Erstbeklagten gelenkte LKW‑Zug der A***** SpeditionsgesellschaftmbH, der bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversichert ist, beteiligt waren.
Christian B***** begehrte unter Zugeständnis eines 50‑%igen Mitverschuldens mit seiner am 10. 6. 1998 eingebrachten Klage S 300.000,‑- Schmerzensgeld, S 60.000,‑ ‑ Pflegekosten, S 588.000,‑- Verdienstentgang und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle kausalen zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wandten ua. Verjährung ein.
Der vormalige Kläger verstarb am 13. 12. 1998 in Polen. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes für Krakow‑Srodmiescie vom 23. 6. 1999 wurde ausgesprochen, dass die Erbschaft je zur Hälfte der Ehefrau und der Tochter des Verstorbenen zufalle; die Erben setzten das Verfahren als Erst‑und Zweitklägerin fort.
Über das Vermögen der vormals zweitbeklagten Partei, der Firma A***** SpeditionsGmbH, wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 8. 3. 1999, GZ 41 S 343/99 der Konkurs eröffnet, das bis daher durchgeführte Verfahren wurde betreffend die vormalige zweitbeklagte Partei mit Beschluss des Erstgerichtes vom 30. 9. 1999 für nichtig erklärt.
Das Erstgericht prüfte vorerst nur den Einwand der Verjährung, führte ein Beweisverfahren lediglich zu dieser Frage durch und gelangte zu folgenden Feststellungen:
Der vormalige Kläger wurde durch den Unfall verletzt. Er erlitt offene Schädeldachbrüche im Bereich des Scheitels und des Hinterhauptbeines rechts sowie ein Schädelhirntrauma.
Am 16. 11. 1994 erfolgte die Schadensmeldung der protokollierten Firma A***** SpeditionsGmbH an die zweitbeklagte Partei. Gegen den Erstbeklagten wurde zu 3 U 169/97b des Bezirksgerichtes Purkersdorf ein Strafverfahren wegen § 88 Abs 11 und 4 1. Fall StGB eingeleitet. Mit Schriftsatz vom 10. 4. 1995 schloss sich der vormalige Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Eichenseder, als Privatbeteiligter mit einem vorläufigen Schadensbetrag von S 1.000,‑- dem Strafverfahren an. Mit Schriftsatz vom 17. 5. 1996 teilte Dr. Eichenseder die Vollmachtskündigung mit. Mitte 1996 bevollmächtigte der vormalige Kläger Rechtsanwalt Dr. Remin mit seiner Vertretung. Am 14. 8. 1996 teilte Dr. Remin dem zuständigen Referenten der Zweitbeklagten das Vertretungsverhältnis mit. Am 14. 11. 1996 fand ein Treffen mit dem Sachbearbeiter der Zweitbeklagten statt, bei welchem besprochen wurde, dass eine Begutachtung des vormaligen Klägers erfolgen sollte. Die zweitbeklagte Partei gab sodann zwei Gutachten zur Frage der Verletzungen des vormaligen Klägers in Auftrag. Am 10. 2. 1997 trat Dr. Remin erneut mit dem Sachbearbeiter der zweitbeklagten Partei in Kontakt, anlässlich dieses Treffens erklärte der Sachbearbeiter, dass vor Beendigung des Strafverfahrens keine Zahlung möglich sei, weil die Verschuldensfrage noch nicht geklärt sei. Es erfolgte keine ziffernmäßige Geltendmachung des Schadenersatzanspruches des vormaligen Klägers, dessen Vertreter teilte lediglich einmal telefonisch mit, dass sich dieser auf mehrere Millionen Schilling belaufen würde.
Am 11. 3. 1998 erfolgte eine neuerliche Kontaktaufnahme durch den Vertreter des vormaligen Klägers mit der zweitbeklagten Partei, am 12. 3. 1998 teilte ein (anderer) Sachbearbeiter mit, dass der Anspruch seiner Meinung nach verjährt sei.
In der zu AZ 3 U 169/97b des Bezirksgerichtes Purkersdorf am 27. 4. 1998 stattfindenden Hauptverhandlung wurde der Erstbeklagte wegen §§ 88 Abs 1 und 4 1. Fall StGB zu einer Geldstrafe von S 4.000,‑- verurteilt. Der vormalige Kläger hatte in dieser Hauptverhandlung seinen Schadenersatzanspruch auf S 3,000.000,‑- an Schmerzengeld und Verdienstentgang ausgedehnt. Mit diesen Ansprüchen wurde er auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Am 15. 4. 1996 erfolgte die Anregung einer allfälligen Sachwalterbestellung für den vormaligen Kläger. Mit Beschluss vom 30. 5. 1996 wurde Dr. Renate Pfennigstorff zur einstweiligen Sachwalterin mit dem Wirkungskreis "Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten sowie zur Vertretung gegenüber privaten Vertragspartnern" bestellt.
Aus dem anlässlich des Sachwalterschaftsverfahrens im Oktober 1996 eingeholten Gutachten ergibt sich zusammengefasst folgendes:
Der vormalige Kläger litt diagnostisch an einem Status post Schädelhirntrauma sowie an einer chronischen Alkoholkrankheit. Darüber hinaus war ein leicht- bis mittelgradiges organisches Psychosyndrom mit Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen feststellbar. Das Ausmaß der psychischen Leistungsbeeinträchtigung erreichte nicht den Grad einer geistigen Behinderung, wohl aber den einer psychischen Krankheit. Nur bei völliger Abstinenz wäre der vormalige Kläger in der Lage gewesen, all seine Angelegenheiten selbst und ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, nicht jedoch während Zeiten stärkeren Alkoholkonsums. Bei völliger Alkoholkarenz wäre eine Stabilisierung nicht auszuschließen gewesen, sodass der vormalige Kläger dauerhaft fähig gewesen wäre, alle seine Angelegenheiten selbst ohne Gefahr eines Nachteiles für sich zu besorgen. Um das zu erreichen, wäre regelmäßige ambulante Behandlung und strikte Alkoholkarenz notwendig gewesen, dies wurde dem vormaligen Kläger vom Sachverständigen vorgeschlagen, er machte jedoch davon keinen Gebrauch.
Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab, sprach dem vormaligen Kläger S 1.000,‑- samt 4 % Zinsen seit dem 10. 6. 1998 zu und wies das darüber hinausgehende Klagebegehren ab.
Rechtlich vertrat es die Ansicht, dass eine Hemmung der Verjährung gemäß § 27 Abs 2 KHVG nicht eingetreten sei, da der Schadenersatzanspruch nicht ziffernmäßig bestimmt geltend gemacht worden sei.
Auch die Bestellung eines Sachwalters für den vormaligen Kläger habe eine Hemmung der Verjährung nach § 1494 ABGB nicht ausgelöst, da weder eines Geisteskrankheit, noch eine Geistesschwäche oder Handlungsunfähigkeit des vormaligen Klägers aus dem vom Sachwalterschaftsgericht eingeholten Gutachten abgeleitet werden könne. Vielmehr ergebe sich, dass allfällige Umstände, die beim vormaligen Kläger bewirkten, dass er seine Agelegenheiten nicht ohne Gefahr für sich erledigen könne, auf übermäßigen Alkoholgenuss zurückzuführen seien und er in Zeiten der Abstinenz dazu fähig gewesen sei, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen.
Der Anschluss des vormaligen Klägers im Strafverfahren gegen den Erstbeklagten mit S 1.000,‑- habe die Verjährung nur für jene S 1.000,‑- unterbrochen, die Ausdehnung auf S 3,000.000,‑- sei bereits nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt und daher verspätet.
Daraus ergebe sich, dass der Klagsbetrag mit Ausnahme des Betrages von S 1.000,‑- verjährt sei, weshalb auch das Feststellungsbegehren abzuweisen gewesen sei.
Das Berufungsgericht hob das Urteil zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, dass die Erhebung der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstoße, wenn die Fristversäumung auf ein Verhalten des Gegners zurückzuführen sei; ein solcher Verstoß liege insbesondere dann vor, wenn Vergleichsverhandlungen über den Ablauf der Verjährungsfrist hinaus dauerten und der Kläger dadurch veranlasst worden sei, seine Forderung nicht geltend zu machen; scheiterten derartige Verhandlungen, so sei die Replik nur dann gerechtfertigt, wenn die Klage innerhalb angemessener Frist eingebracht worden sei. Die Replik des Verstoßes gegen Treu und Glauben müsse nicht ausdrücklich erhoben werden, es genüge, wenn sich ein entsprechender Sachverhalt im Prozess ergebe. Die zweitbeklagte Partei habe mit dem Klagevertreter Vergleichsverhandlungen geführt. Einerseits habe der Referent der zweitbeklagten Partei dem Klagevertreter mitgeteilt, dass vor Beendigung des Strafverfahrens mangels Klärung der Verschuldensfrage keine Zahlung möglich sei. Gleichzeitig habe die zweitbeklagte Partei aber zwei Sachverständige mit der Begutachtung des vormaligen Klägers beauftragt. Die mit Schreiben vom 12. März 1998 erstmals ausgesprochene Ablehnung des Anspruches wegen Verjährung sei sittenwidrig, weil die Verjährung aus einem - auch im eigenen Interesse der Zweitbeklagten gelegenen - Zuwarten des Gegners mit kostenintensiver Prozessführung bis zur Beendigung eines präjudiziellen Rechtsstreites abgeleitet werde. Im eigenen Interesse der zweitbeklagten Partei sei das Zuwarten deshalb gewesen, weil deren Mitarbeiter erklärt habe, "dass vor Beendigung des Strafverfahrens keine Zahlung möglich sei, da die Verschuldensfrage des Erstbeklagten noch nicht geklärt sei". Selbst wenn man diese Verhandlungen der Streitteile nicht als Vergleichsverhandlungen sehe, verstoße es gegen die guten Sitten, wenn aus einem solchen Zuwarten des Gegners die Verjährung des Anspruches abgleitet werde; ein vergleichbarer Sachverhalt liege der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 502/85 zugrunde, in dem das Zuwarten über ausdrückliches Ersuchen der beklagten Partei erfolgt sei und daher für die Dauer des Zuwartens des Klägers der Ablauf der Verjährungsfrist für den Schadenersatzanspruch gehemmt worden sei. Voraussetzung sei, dass die Klage binnen angemessener Frist nach Abschluss des Prozesses eingebracht werde. Im vorliegenden Fall sei die Klage nicht einmal 1 1/2 Monate nach Beendigung des Strafverfahrens und nicht einmal drei Monate nach Ablehnung der Ansprüche wegen Verjährung eingebracht worden, weshalb die Einrede gegen die guten Sitten verstoße und aus dem Zuwarten die Verjährung des Anspruches nicht abgeleitet werden könne.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zu der Frage, ob das Zuwarten mit der Klagseinbringung bis zur Beendigung eines Strafverfahrens im Interesse der Haftpflichtversicherung gelegen sei und daher der daraus abgeleitete Einwand der Verjährung gegen die guten Sitten verstoße, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Berufung der klagenden Parteien nicht Folge gegeben werde in eventu wird beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht die sachliche Entscheidung aufzutragen.
Die Erst- und die Zweitklägerin beantragten inihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
§ 1497 ABGB sieht eine Unterbrechung der Verjährung für den Fall vor, dass der Schuldner vom Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafprozess ist nach ständiger Rechtsprechung (SZ 43/23; ZVR 1974/79; EvBl 1974/63; JBl 1976, 590 uva) wie die Erhebung einer Klage zu behandlen, weshalb auch die zur Klagserhebung ergangene Judikatur heranzuziehen ist. Danach unterbricht die Klage die Verjährung nur für jene Ansprüche, welche in der Klage geltend gemacht wurden (8 Ob 94/72, ZVR 1974/171, 2 Ob 180/00k ua). Dies ist so zu verstehen, dass die Art des Schadens zu individualisieren ist. Die Verjährung wird des weiteren nur soweit unterbrochen, als der Anspruch der Höhe nach geltend gemacht wurde, nicht jedoch schlechthin dem Grunde nach (ZVR 1960/167, 2 Ob 180/00k). Demnach kann bei Geltendmachung eines Teiles eines Anspruchs innerhalb der Verjährungsfrist einer nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommenen Erweiterung des Anspruches bezüglich des erweiterten Anspruches grundsätzlich die Verjährungseinrede entgegengehalten werden; die Klagsausdehnung wirkt also nicht auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung zurück (SZ 56/157, SZ 52/122 ua).
Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger am 10. 4. 1995 - noch innerhalb der Verjährungsfrist - mit S 1.000,‑- als Privatbeteiligter am Strafverfahren gegen den Erstbeklagten angeschlossen. Dieser Betrag wurde vorerst nicht näher spezifiziert. In der Hauptverhandlung am 27. 4. 1998 dehnte er den Schadenersatzanspruch auf S 3,000.000,‑- aus und konkretisierte den Anspruch mit "Schmerzengeld und Verdienstentgang". Im Sinne der obigen Ausführungen wirkte diese Ausdehnung, welche hier gleichzeitig eine bis dahin nicht erfolgte Konkretisierung des Anspruches darstellt, nicht auf den Zeitpunkt des Beitrittes als Privatbeteiligter zurück. Sie ist daher nicht geeignet, eine Unterbrechung der Verjährung nach § 1497 ABGB herbeizuführen, und zwar - entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes ‑ auch nicht für den ursprünglich geltend gemachten Teilbetrag von S 1.000,‑ ‑. Dieser war zwar ziffernmäßig, nicht jedoch der Art des damit geltend gemachten Schadens nach bestimmt.
Im Einklang mit der ständigen Rechsprechung sind die Rekurswerber, wenn sie ausführen, dass eine Fortlaufshemmung der Verjährung nach § 27 Abs 2 KHVG nur dann eintreten kann, wenn der Anspruch ziffernmäßig geltend gemacht wurde (ZVR 1975/141; SZ 47/49; ZVR 191/72 ua); die telefonische Auskunft dass sich die Schadenersatzansprüche aus dem Unfall auf "mehrere Millionen Schilling" belaufen würden, stellt keine ziffernmäßige Geltendmachung des Anspruches dar weswegen - wie bereits das Erstgericht richtig ausgeführt hat - eine Hemmung der Verjährung nach § 17 Abs 2 KHG nicht eingetreten ist. Damit ist aber für die beklagten Parteien nichts gewonnen.
§ 1494 ABGB ordnet zugunsten handlungsunfähiger oder beschränkt handlungsfähiger Personen ohne gesetzlichen Vertreter eine Ablaufshemmung an: den durch § 1494 begünstigten Personen gegenüber ist zunächst der Beginn des Fristenlaufes gehemmt (§ 1494 erster Satz ABGB). Fällt der Hemmugsgrund weg, so beginnt der Fristenlauf. Tritt der Hemmungsgrund erst in einem Zeitpunkt ein, in dem schon ein Teil der Frist verstrichen ist, tritt eine Ablaufshemmung ein (§ 1494 zweiter Satz ABGB), die Frist kann nicht früher als zwei Jahre nach Wegfall des Hemmungsgrundes ablaufen (Mader in Schwimann, ABGB2, Rz 3 zu § 1494). Richtig führt das Erstgericht aus, dass im zeitlichen Geltungsbereich der Entmündigungsordnung der § 6 die Anwendung des § 1494 ABGB bei Personen welche wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche voll oder beschränkt entmündigt waren, anordnete; die Entmündigungsordnung wurde mit dem Sachwaltergesetz 1983, BGBl 1983/136, aufgehoben, in welchem keine dem § 6 EntmündigungsO entsprechende Bestimmung enthalten ist.
Dazu, inwieweit bzw. ob § 1494 ABGB auch weiterhin in jedem Fall auf unter Sachwalterschaft stehende Personen anzuwenden ist, fehlt oberstgerichtliche Rechtsprechung. Darin ist die Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zu erblicken, welche die Zulässigkeit des Rekurses begründet. Hingegen stellt sich die vom Berufungsgercht aufgeworfene Frage ‑ wie sich noch zeigen wird ‑ im vorliegenden Fall nicht.
Um den Schutzzweck des § 1494 ABGB zu gewährleisten, ist diese Bestimmung dann weiterhin (im Sinne des Wortlautes des § 273 Abs 1 ABGB) auf psychisch kranke oder geistig behinderte Personen anzuwenden, wenn die psychische Kranheit oder geistige Behinderung zumindest von solcher Art ist, dass deswegen zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen ein Sachwalter zu bestellen wäre (Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 1a zu § 1494, ähnlich Mader in Schwimann, ABGB2, Rz 2 zu § 1494). Umsomehr ist die Anwendung geboten, wenn deswegen tatsächlich ein Sachwalter bestellt worden ist.
Wenn das Erstgericht vermeint, dass sich aus dem der Sachwalterbestellung vorangegangenen Verfahren keine Anhaltspunkte für eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ergeben haben, welche eine Anwendung des § 1494 ABGB rechtfertigen würden, so ist dem nicht beizupflichten. Beim vormaligen Kläger war zum Zeitpunkt der Untersuchung im Oktober 1996 ein leicht bis mittelgradiges organisches Psychosyndrom mit Konzentrations- und auch Merkfähigkeitsstörungen gegeben, welches zwar nicht als geistige Behinderung, wohl aber als psychische Krankheit zu qualifizieren und aufgrund derer der vormalige Kläger nicht in der Lage war, all seine Angelegenheiten, insbesondere komplexere finanzielle Angelegenheiten und komplexere Behördenangelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich zu besorgen. Nur in Zeiten völliger Abstinenz wäre er in der Lage gewesen, seine Angelegenheiten selbt ohne Gefahr eines Nachteils zu besorgen; eine entsprechende Behandlung (Alkoholentzug) wurde zwar vorgeschlagen, aber von ihm abgelehnt. Der vormalige Kläger litt daher zumindest ab dem Zeitraum der Untersuchung durch den vom Sachwalterschaftsgericht beauftragten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Oktober 1996 an der psychischen Krankheit, aufgrund derer er einen gewissen Kreis seiner Rechte selbst zu verwalten unfähig war, und deretwegen er mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 14. l. 1997 einen Sachwalter mit dem Wirkungskreis Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten beigestellt bekam.
Auch wenn die Bevollmächtigung der gewillkürten Vertreter des vormaligen Klägers noch wirksam erfolgt sein sollte, so hat dies doch auf die Hemmung der Verjährung keinen Einfluss, da § 1494 ABGB nur die gesetzliche Vertretung als Grund für den Wegfall der Hemmung anordnet; nur eine solche steht einer Hemmung der Verjährung entgegen. Dass das Mandat des wirksam bestellten gewillkürten Vertreters durch die Bestellung des Sachwalters nicht erlischt, besagt daher nicht, dass damit auch der Hemmungsgrund wegfällt.
Zumindest seit Oktober 1996 war daher die Verjährung seiner bis dahin noch nicht verjährten Schadenersatzansprüche aus dem Unfall am 2. 11. 1994 aufgrund der psychischen Krankheit des vormaligen Klägers gemäß § 1494 ABGB in ihrem Ablauf gehemmt; die Verjährungsfrist konnte nicht früher als zwei Jahre nach Wegfall des Hemmungsgrundes - also nicht früher als zwei Jahre nach Bestellung des Sachwalters am 14. 1. 1997 - enden. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung am 10. 6. 1998 war der Anspruch daher noch nicht verjährt, dem Einwand der Verjährung kommt somit keine Berechtigung zu.
Da schon der Einwand der Verjährung an sich nicht berechtigt ist, erübrigt es sich zu prüfen, ob die Erhebung des Einwandes gegen Treu und Glauben verstößt.
Das Berufungsgericht hat daher - im Ergebnis richtig - Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung durch das Erstgericht angeordnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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