BVwG W242 2152418-2

BVwGW242 2152418-27.12.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W242.2152418.2.00

 

Spruch:

 

W242 2152418-2/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2022, zu Recht:

 

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Dauer des Einreiseverbots auf zehn Jahre herabgesetzt.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang:

Zum Vorverfahren:

 

Der Beschwerdeführer stellte nach seiner Einreise ins Bundesgebiet am 22.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Bescheid vom 03.03.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine bis 03.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

 

Der gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides eingebrachten Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 27.04.2017, GZ. L508 2152418-1/4E, statt, erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Zum gegenständlichen Verfahren:

 

Mit Schreiben vom 03.09.2019 teilte ein Landesgericht dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass der Beschwerdeführer am selben Tag in Untersuchungshaft genommen wurde.

 

Mit Aktenvermerk vom 06.09.2019 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des dem Beschwerdeführer erteilten Status des Asylberechtigten ein.

 

Am 19.12.2019 erkundigte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der Haftrichterin nach dem Stand des Verfahrens woraufhin eine Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 02.01.2020 mitteilte, dass sich der Beschwerdeführer noch immer in Haft befinde, das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen und mit einer Anklageerhebung frühestens Ende Jänner/Anfang Februar 2020 zu rechnen sei.

 

Mit Schreiben vom 27.02.2020, eingelangt am 28.02.2020, verständigte die Staatsanwaltschaft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 15, 75 StGB erhobenen Anklage.

 

Mit Schreiben vom 03.03.2020 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer vom gegen ihn eingeleiteten Aberkennungsverfahren, forderte ihn auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens dazu sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen Stellung zu nehmen und gab ihm die Möglichkeit, Unterlagen zu seinem Berufsleben, seinen Sprachkenntnissen, seiner Wohnsituation und seinem Gesundheitszustand vorzulegen.

 

Auf Ersuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2020 teilte die Justizanstalt, in welcher der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt inhaftiert war, am 05.03.2020 mit, dass es am 19.11.2019 zu einer Ordnungswidrigkeit gekommen sei, sich der Beschwerdeführer ansonsten jedoch entsprechend der Hausordnung verhalten habe, als Konfession den evangelischen Glauben nach dem Augsburger Bekenntnis angegeben habe und übermittelte eine Besucherliste.

 

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 18.03.2020 führte der Beschwerdeführer aus, dass er weder an Krankheiten leide, noch ein Rehabilitations- oder Pflegebedarf bestehe. Im Bundesgebiet lebten seine Mutter, seine Schwester, sein Bruder, dessen Ehefrau und deren gemeinsame Kinder. Er sei bis zu seiner Festnahme einer Beschäftigung nachgegangen, habe in Österreich den Pflichtschulabschluss erworben und das Abendgymnasium besucht. Im Herkunftsstaat habe er einen Onkel, eine Tante und eine Großmutter. Eine weitere Tante lebe mit ihrer Familie in den USA, ein Onkel mit Familie lebe in Dänemark. Er habe zu seinen Verwandten im Iran keinen Kontakt und sei im Iran nach wie vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt.

 

Am 29.07.2021 langten beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Urteil eines Landesgerichts vom 20.11.2020, wonach der Beschwerdeführer wegen absichtlich schwerer Körperverletzung (§§ 87 Abs. 1 und 2 erster Fall, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt wurde, sowie das Berufungsurteil eines Oberlandesgerichts vom 13.07.2021, mit dem der Berufung des Beschwerdeführers insofern stattgegeben wurde, als eine Freiheitsstrafe von 46 Monaten verhängt wurde, ein.

 

Mit Schreiben vom 27.09.2021 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zu seiner Verurteilung, seinen persönlichen Verhältnissen sowie den Länderinformationen zum Iran Stellung zu nehmen und Unterlagen zu seinem Berufsleben, seinen Sprachkenntnissen, seiner Ausbildung und seinem Gesundheitszustand vorzulegen.

 

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 06.10.2021 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass er derzeit keiner Beschäftigung nachgehe, vor Antritt seiner Haftstrafe bei seiner Mutter gelebt habe und keinerlei Mietzinszahlungen geleistet habe. Die Straftat, die zu seiner Verurteilung geführt habe, stehe in krassem Widerspruch zu seinem bisherigen Leben. Die Zeit, die er in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten worden sei, habe erzieherisch auf ihn eingewirkt, sodass kein Grund für die Annahme bestehe, dass er in Zukunft wieder straffällig werden könne. In seinem Herkunftsstaat sei sein Leben insbesondere wegen der Konversion zum Christentum gefährdet. Seine Verurteilung in Österreich reiche aus, um ihn auch im Iran festzunehmen, wobei die Verhältnisse in den dortigen Gefängnissen katastrophal seien.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.10.2021 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten ab und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Schließlich erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen der absichtlich schweren Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden sei. Aufgrund des besonders brutalen Verhaltens des Beschwerdeführers sei der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Allgemeinheit. Auch das günstige und positive Gesamtumfeld (bisherige Bemühungen zur Integration, familiärer Zusammenhalt und höfliches Auftreten) hätten den Beschwerdeführer nicht von seinem äußerst brutalen Verhalten abhalten können. Dem Beschwerdeführer sei daher der Status des Asylberechtigten abzuerkennen.

 

Dem Beschwerdeführer sei der Asylstatus im Familienverfahren in Bezug auf seine Mutter zuerkannt worden. Eigene Fluchtgründe des Beschwerdeführers seien nicht hervorgekommen. Nach den Länderfeststellungen würden nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung für das Regime deutlich von der breiten Masse abheben würden (Kirchenführer, in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen) Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befasse. Eine beabsichtigte Missionierungstätigkeit habe der Beschwerdeführer aber nicht glaubhaft machen können. Der mittlerweile 21-jährige Beschwerdeführer sei ein gesunder arbeitsfähiger Mann, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte im Iran eine Existenz aufbauen könne, weshalb nicht anzunehmen sei, dass er im Falle der Rückkehr in eine Notlage geraten würde. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz lägen daher nicht vor.

 

Zu seinen volljährigen Geschwistern und seiner Mutter bestehe kein besonderes Abhängigkeits- oder Naheverhältnis. Er sei – bis auf vier kurze Unterbrechungen – bisher keiner rechtmäßigen Beschäftigung nachgegangen und habe fast ausschließlich von staatlichen Transferleistungen gelebt. Zwar habe er bis August 2019 die Abendschule eines Realgymnasiums für Berufstätige besucht und beherrsche die deutsche Sprache, jedoch sei er wegen Verbrechenstatbeständen rechtskräftig verurteilt worden und verbüße aktuell eine Freiheitsstrafe. Darüber hinaus sei gegen ihn ein Waffenverbot verhängt worden. Der Beschwerdeführer habe seine Kindheit in seinem Herkunftsstaat verbracht, beherrsche die Landessprache, sei arbeitsfähig und gesund, weshalb nichts darauf hindeute, dass es ihm im Falle der Rückkehr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren und eine Existenz aufzubauen. Insgesamt wiege das äußerst brutale und grundlose Vorgehen des Beschwerdeführers gegenüber unschuldigen Menschen deutlich schwerer als sein Wille zur Integration in das österreichische Bildungs- und Berufssystem, weshalb die Rückkehrentscheidung zulässig sei.

 

Aufgrund des Zusammentreffens zweier anlasslos mit einer Waffe begangener Gewaltverbrechen, deren Motivation der Beschwerdeführer bis zuletzt nicht nachvollziehbar dargelegt habe, stelle sein weiterer Aufenthalt eine Gefahr für öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die privaten und familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte ergebe, dass die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbots gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

 

Mit Schreiben vom 10.11.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sein Leben aufgrund der Konversion zum christlichen Glauben gefährdet sei, zumal Konvertierte im Iran mit der Todesstrafe rechnen müssten. Auch die Tatsache, dass sämtliche Familienmitglieder des Beschwerdeführers zum Christentum konvertiert seien genüge, um den Beschwerdeführer im Iran festzunehmen und zu inhaftieren, wobei Misshandlungen und Folter in iranischen Gefängnissen üblich seien. Die vom Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 06.10.2021 vorgelegten Urkunden seien vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nur unzureichend berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer habe sich mit seinen strafbaren Handlungen ausführlich auseinandergesetzt. Es bestehe kein Grund zur Annahme, dass er in Zukunft wieder straffällig werden würde. Er habe noch vor seiner Inhaftierung damit begonnen, dem Opfer Ratenzahlungen im Form von Schmerzengeld zu bezahlen und sei während der Haft bestrebt gewesen, Schadensgutmachung aus dem von ihm lukrierten Hausgeld zu leisten. Zudem könne er in der Justizanstalt ein ordnungsgemäßes Führungsverhalten vorweisen. Die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet seien jedenfalls höher zu werten, als jene der Republik. Hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl außerdem den Strafakt des Beschwerdeführers beigeschafft, hätte es das darin befindliche Gutachten eines forensischen Psychologen einsehen können, aus dem hervorgehe, dass keine Auffälligkeiten im Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers vorlägen und der ausgeprägte Wille des Beschwerdeführers zur Integration in das österreichische Bildungs- und Berufssystem eine positive Voraussetzung für ein mögliches zukünftiges deliktfreies Leben darstelle. Schließlich beantragte der Beschwerdeführer die Beziehung eines psychologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer eine günstige Zukunftsprognose aufweise und kein Grund zur Annahme bestehe, dass er in Zukunft wieder straffällig werden würde sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und legte diverse Urkunden vor.

 

Die Beschwerdevorlage vom 12.11.2021 samt Verwaltungsakt langte am 17.11.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2022 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W253 abgenommen und mit Wirksamkeit vom 01.04.2022 der Gerichtsabteilung W242 neu zugewiesen.

 

Am 07.04.2022 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ladung für die am 01.06.2022 anberaumte mündliche Verhandlung sowie ein Schreiben, in dem auf die anberaumte mündliche Verhandlung verwiesen und ihnen Gelegenheit gegeben wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung die Einvernahme von Zeugen unter Angabe einer ladungsfähigen Adresse und des genau bezeichneten Beweisthemas zu beantragen sowie die als Beweismittel beabsichtigten Urkunden und Dokumente im Original und als Kopie vorzulegen, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass fremdsprachigen Dokumenten eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen ist.

 

Aufgrund der Vertagungsbitte des Beschwerdeführers vom 12.04.2022 wurde die für 01.06.2022 anberaumte mündliche Verhandlung mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.04.2022 auf 08.06.2022 verlegt.

 

Am 26.04.2022 übermittelte der Beschwerdeführer mehrere Unterlagen betreffend seine Wohnsituation.

 

Am 17.05.2022 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Einstellungszusage des Beschwerdeführers als Lehrling für Elektrotechnik ein.

 

Am 08.06.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer den Beschluss über seine für 30.07.2022 geplante bedingte Entlassung sowie weitere Unterlagen vorlegte und ausführlich zu seiner Identität und seinen persönlichen Lebensumständen, seiner Verurteilung, der aktuellen Situation in Österreich sowie seinen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde. Zudem wurde ein Zeuge zum Glaubensleben des Beschwerdeführers einvernommen.

 

Am selben Tag langte beim Bundesverwaltungsgericht eine schriftliche Stellungnahme des in der Verhandlung einvernommenen Zeugen ein.

 

Am 21.09.2022 übermittelte der Beschwerdeführer einen Lehrvertrag, eine Anmeldung zum Taufkurs sowie eine Bestätigung über die Entlassung aus der Justizanstalt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum. Seine Identität steht fest. Er ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Perser an. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Erstsprache ist Farsi.

 

Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise in der Stadt Shiraz im Bezirk XXXX . Er besuchte im Iran mehrere Jahre die Schule und schloss diese mit Matura ab. Er hat Verwandte im Iran, zu denen kein Kontakt besteht.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

 

Zum (Privat-)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Der Beschwerdeführer reiste im November 2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am 22.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Erkenntnis vom 27.04.2017 erkannte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zu und begründete dies damit, dass seiner Mutter Asyl gewährt wurde und ihm daher in Anwendung der Bestimmungen über das Familienverfahren als deren minderjährigem Sohn derselbe Schutzstatus zuzuerkennen war.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers, seine Schwester mit ihrem Ehemann sowie sein Bruder, dessen Ehefrau und deren zwei gemeinsame Kinder leben in Österreich. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu ihnen.

 

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 20.11.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen der absichtlich schweren Körperverletzung (§ 87 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB; §§ 15, 87 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

 

Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

In der Nacht zum 01.09.2019 kam es in einer Diskothek zu einer Rangelei zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Schwager, der ihn begleitet hatte, einerseits, sowie einer Freundesgruppe andererseits, die von zwei Türstehern und dem damaligen Geschäftsführer beendet wurde, indem sie schlichtend eingriffen und den Beschwerdeführer sowie seinen Schwager aufforderten, das Lokal zu verlassen. Nach einer Auseinandersetzung zwischen dem Schwager des Beschwerdeführers und dem vor dem Lokal positionierten Türsteher betraten der Beschwerdeführer und sein Schwager erneut die Diskothek, um sich bei der gegnerischen Gruppe der vorangegangenen Auseinandersetzung zu rächen.

 

Der Beschwerdeführer verlangte beim Betreiber des im Eingangs-/Ausgangsbereichs positionierten Kebabstandes ein Messer, was dieser allerdings mit deutlichen Worten ablehnte. Anschließend begab sich der Beschwerdeführer in Richtung Tanzfläche. Währenddessen versuchte der Schwager des Beschwerdeführers eine Glasflasche abzuschlagen, was ihm misslang. Dies bemerkte ein Türsteher und stieß den auf einen anderen Türsteher zugehenden Schwager des Beschwerdeführers mit beiden Händen weg, woraufhin dieser das Lokal verließ.

 

Der Beschwerdeführer hingegen versuchte zunächst eine Whiskey-Flasche an einem Holztisch abzuschlagen und nahm anschließend eine 0,33 Liter Bierflasche, die er an einer Tischkante abschlug. Den scharfkantig gezackten Bierflaschenhals hielt er in der rechten Hand nah einem seinem Körper verborgen und ging zielgerichtet in jene Richtung, in der sich die Kontrahenten der Rangelei befanden. Der im dortigen Bereich aufhältige Geschäftsführer der Diskothek bemerkte das aggressive Verhalten des Beschwerdeführers, sprach ihn daraufhin mit den Worten „Was ist los?“ an und versetzte ihm zum Selbstschutz mit der flachen Hand einen Distanzstoß gegen die Brust.

 

Daraufhin schlug der Beschwerdeführer dem völlig überraschten Geschäftsführer der Diskothek ohne Vorwarnung und grundlos mit dem Bierflaschenhals mit voller Wucht zweimal gegen den sensiblen Halsschlagader- und Unterkieferbereich sowie gegen die Stirn. Dieser stürzte durch den Angriff zu Boden und begann sofort stark zu bluten. In der Folge zog ein Türsteher den Beschwerdeführer sofort von seinem Opfer weg, indem er von hinten seine Oberarme umklammerte. Der Beschwerdeführer versuchte dabei mehrfach mit dem abgeschlagenen Flaschenhals Stichbewegungen gegen den linken Unterbauch des Türstehers auszuführen, dem es gelang, die Stiche mit der linken Hand abzublocken. Erst als sich der Türsteher zu Boden fallen ließ und den Beschwerdeführer dadurch fixieren konnte, ließ dieser den abgebrochenen Flaschenhals los.

 

Der Geschäftsführer der Diskothek erlitt durch den Angriff des Beschwerdeführers – neben oberflächlichen Schnittwunden – eine zehn bis zwölf Zentimeter lange, ins Unterhautgewebe reichende Schnittverletzung linksseitig am Hals, eine etwa acht Zentimeter lange tiefe ins Unterhautfettgewebe reichende Schnittwunde links am Kinn sowie eine fünf bis sechs Zentimeter lange Schnittwunde an der Stirn. Diese Schnittwunden mussten operativ durch einstündiges Nähen wundversorgt werden.

 

Mehr als ein Jahr nach der Tat hat der ehemalige Geschäftsführer der Diskothek sechs deutlich sichtbare Narben im Gesichts- und Halsbereich, wobei eine Narbe bei Drehen des Kopfes schmerzempfindlich ist. Eine Narbenkorrektur ist nicht zielführend, weil in diesem Fall eine Verschlechterung des optischen Erscheinungsbildes zu erwarten ist.

 

Der Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers betrug im Zeitpunkt der Tat zwischen 1,4 und 1,5 Promille.

 

Schmerzengeldansprüche des Opfers in Höhe von EUR 1.300,00 beglich der Beschwerdeführer noch vor der Verurteilung.

 

Bei der Strafzumessung wertete das Gericht als mildernd den bisher tadellosen Lebenswandel, die alkoholbedingt leicht reduzierte Schuldfähigkeit, dass es betreffend den Türsteher beim Versuch blieb, das Alter unter 21 Jahren sowie das Nachtatverhalten des Beschwerdeführers, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, die Verwendung einer Waffe, die heimtückische Art der Tatbegehung betreffend den Geschäftsführer der Diskothek, der keinerlei Möglichkeit zur Gegenwehr hatte.

 

Der gegen dieses Urteil eingebrachten Berufung gab ein Oberlandesgericht mit Urteil vom 13.07.2021 Folge und verhängte gegen den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe von 46 Monaten.

 

Die Strafreduktion von zwei Monaten begründete das Oberlandesgericht damit, dass zusätzlich als mildernd zu berücksichtigen war, dass das Verfahren auch unter Berücksichtigung SARS-CoV-2-pandemiebedingter Einschränkungen aus nicht vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen, nämlich wegen Verfahrensstillständen zwischen dem Abschluss der Ermittlungen bis zur Einbringung der (ersten) Anklageschrift und der trotz Rechtswirksamkeit der (ersten) Anklageschrift nicht begonnenen Durchführung der Hauptverhandlung unverhältnismäßig lange dauerte. Weiters führte das Oberlandesgericht aus, dass Heimtücke nicht vorliegt, weil die Tat nicht heimlich oder überraschend unter einem verwerflichen Vertrauensbruch begangen wurde und neben der Schmerzengeldzahlung Entschuldigung des Beschwerdeführers als Schadensausgleich schuldmildernd ist.

 

Eine auch nur teilweise bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe schloss das Oberlandesgericht fallbezogen aus, weil mit Blick auf das Zusammentreffen zweier anlasslos mit einer Waffe begangener Gewaltverbrechen, deren Motivation der Beschwerdeführer bis zuletzt nicht nachvollziehbar darlegen konnte, und dem hohen Grad der Schuld des Beschwerdeführers trotz dessen Unbescholtenheit, dem bereits verspürten Haftübel und dem günstigen Prognose-Gutachten nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen wird.

 

Der Beschwerdeführer befand sich von 01.09.2019 bis 11.09.2020 sowie von 10.09.2021 bis 30.07.2022 in Haft. Am 30.07.2022 wurde der Beschwerdeführer nach Verbüßung der Hälfte der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen.

 

Während der Haft hielt sich der Beschwerdeführer durchgehend an die Hausordnung, war als Hausarbeiter beschäftigt und nahm am Ausbildungsprogramm Afit-JA! teil, das junge Menschen darauf vorbereitet, nach der Haft in eine Ausbildung integriert zu werden. Der Beschwerdeführer nahm verlässlich an den Terminen des Ausbildungsprogramms teil und hielt sich an die Vereinbarungen mit dem Sozialen Dienst.

 

Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch, hat in Österreich am 08.09.2017 den Pflichtschulabschluss erworben und besuchte anschließend ein Abendgymnasium. Im Jahr 2016 war der Beschwerdeführer Taufwerber in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX , besuchte dort regelmäßig Gottesdienste sowie einen Taufkurs und Vorbereitungskurs für die Konfirmation, setzte diese Besuche jedoch in weiterer Folge nicht mehr fort.

 

Von 23.11.2018 bis 21.12.2018 arbeitete der Beschwerdeführer bei einem Unternehmen für Energietechnik. Von 01.05.2019 bis 19.05.2019, von 01.08.2019 bis 28.08.2019 sowie von 09.10.2020 bis 02.11.2020 war er als Kellner in verschiedenen Gastronomiebetrieben tätig. Von 03.05.2021 bis zu seinem Haftantritt am 10.09.2021 war der Beschwerdeführer als Lehrling für Elektrotechnik beschäftigt. Seit 08.08.2022 setzt er die vor dem Haftantritt begonnene Lehre zum Elektrotechniker fort.

 

Der Beschwerdeführer lebt seit seiner Haftentlassung gemeinsam mit seiner Mutter in einer Mietwohnung. Der Beschwerdeführer besucht gelegentlich Gottesdienste einer Baptistengemeinde. Er hat sich am 17.03.2022 zu einem Taufkurs beim Evangelischen Pfarramt A.B. XXXX angemeldet, nahm bisher jedoch nicht daran teil.

 

Zur Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Der Beschwerdeführer hat keine Verhaltensweisen verinnerlicht, die im Iran als Abfall vom Islam und Hinwendung zum Christentum gewertet werden würden. Er tritt auch nicht spezifisch gegen den Islam oder religionsfeindlich auf. Im Iran ist niemandem bekannt, dass der Beschwerdeführer in Österreich angegeben hat, nicht mehr dem Islam anzugehören.

 

Im Falle der Rückkehr in den Iran wird der Beschwerdeführer keine religiöse Betätigung vornehmen, die ihn der Gefahr aussetzen würde, mit der Anwendung von psychischer und/oder physischer Gewalt bedroht zu werden.

 

Der Beschwerdeführer ist auch nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund der politischen Aktivitäten seines Vaters mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

 

Schließlich steht fest, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran aktuell seine grundlegenden Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft in ausreichendem Maße befriedigen kann und daher keine Gefahr besteht, dass er im Falle der Rückkehr in eine ausweglose oder existenzbedrohende Notlage geraten würde.

 

Zur maßgeblichen Situation im Iran:

 

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 23.05.2022 wiedergegeben:

 

1. Politische Lage

Letzte Änderung: 23.05.2022

Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 14.9.2021b; vgl. ÖB Teheran 11.2021). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der 'velayat-e faqih', der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel 'Revolutionsführer' (GIZ 12.2020a; vgl. BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vgl. US DOS 12.4.2022, FH 28.2.2022, AA 14.9.2021b). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021a; vgl. FH 28.2.2022), ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die höchste Autorität des Landes (FH 28.2.2022). Er steht somit höher als der Präsident. Des Weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdaran bzw. IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative (ÖB Teheran 11.2021; vgl. FH 28.2.2022, US DOS 12.4.2022). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen und unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 28.1.2022).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: An der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Am 18.6.2021 fanden in Iran Präsidentschaftswahlen statt (Tagesschau.de 18.6.2021; vgl. AA 14.9.2021a). Gewonnen hat die Wahl der konservative Hardliner und vormalige Justizchef Ibrahim Raisi mit mehr als 62% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 50% und war somit niedriger als jemals zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik. In der Hauptstadt Teheran lag die Wahlbeteiligung bei nur 26%. Zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt (Standard.at 19.6.2021; vgl. DW 19.6.2021). Wie bei jeder Wahl hat der Wächterrat die Kandidaten im Vorhinein ausgesiebt (Tagesschau.de 18.6.2021; vgl. AA 28.1.2022). Raisi wurde mehr oder weniger von Revolutionsführer Khamenei ins Amt gehievt (ZO 23.6.2021). Raisi ist seit 5.8.2021 Staatspräsident. Am 25.8.2021 hat das Parlament seinen Vorschlag für das Kabinett gebilligt, und damit hat die neue Regierung ihr Amt angetreten (AA 14.9.2021a.). In Folge der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2021 befindet sich die gesamte Befehlskette in konservativer bzw. erzkonservativer Hand (Oberster Führer, Präsident/Regierungschef, Leiter der religiösen Judikative, Regierung, Parlament, Wächterrat, Expertenrat) (ÖB Teheran 11.2021).

Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Amtsträger im Staat (FH 28.2.2022). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive, zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt (GIZ 12.2020a), da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 12.2020a; vgl. OD 19.1.2022).

Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren (GIZ 12.2020a). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80% der Sitze im Parlament gewonnen (AA 28.1.2022). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6%, was als die niedrigste Wahlbeteiligung in die Geschichte der Islamischen Republik einging (FH 28.2.2022; vgl. AA 28.1.2022) mit einem Rekord an ungültigen Stimmen. Es herrscht breite Politikverdrossenheit aufgrund nicht eingelöster Versprechen der vorigen Regierung Rohani zu wirtschaftlichen Reformen, Westöffnung und Korruptionsbekämpfung (ÖB Teheran 11.2021).

Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern, davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. GIZ 12.2020a, FH 28.2.2022, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 12.2020a). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der 'Gesamtinteressen des Systems' zu achten (AA 14.9.2021a; vgl. GIZ 12.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 12.2020a).

Präsident, Parlament und Expertenrat werden also in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Den OECD-Standards entspricht das Wahlsystem jedoch schon aus dem Grund nicht, dass sämtliche Kandidaten im Vorfeld durch den von Revolutionsführer und Justizchef ernannten Wächterrat zugelassen werden müssen (AA 28.1.2022; vgl. FH 28.2.2022).

Das Regime reagierte auch unter der moderaten Regierung von Ex-Präsident Rohani in den letzten Jahren auf die wirtschaftliche Krise und immer wieder hochkommenden Unmut und Demonstrationen mit hartem Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtsaktivisten, religiöse und ethnische Minderheiten und Umweltaktivisten. Die Regierung Raisi ist noch dabei, ihre Machtstruktur auf allen Ebenen zu festigen. Sie hat jedoch bereits stärkere Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Sinne der 'islamischen Gesellschaftsordnung' (Rolle der Frauen fokussiert auf Gebärfunktion), der Ablehnung 'westlicher' Kultur, der Unterdrückung von Kritik (Internetzensur) und eine stärkere Ausrichtung auf Russland und China und deren politische Modelle angekündigt (ÖB Teheran 11.2021).

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2. Sicherheitslage

Letzte Änderung: 23.05.2022

Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage in Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im Juli 2021 Proteste gegen die Wasserknappheit in der Provinz Khuzestan und im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 19.5.2022).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 19.5.2022). In Iran kommt es, vor allem in Regionen mit einem hohen Anteil an Minderheiten in der Bevölkerung, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 19.5.2022b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 19.5.2022b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie verüben immer wieder Anschläge und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 19.5.2022).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, Personal der Justiz und Angehörige des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 19.5.2022b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte im Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen, kriminellen Banden und den Sicherheitskräften (EDA 19.5.2022). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 11.2021). Gelegentlich kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Auch für unbeteiligte Personen besteht das Risiko, unversehens in einen Schusswechsel zu geraten (EDA 19.5.2022).

Obwohl die iranische Führung den Taliban in Afghanistan misstrauisch gegenübersteht, begrüßte sie im August 2021 nicht nur das Ende des Bürgerkriegs in Afghanistan, sondern auch den Abzug der US-geführten Koalition aus dem Land, insbesondere von den Ostgrenzen Irans. Iranische Beamte haben Taliban-Vertretern im April 2022 erlaubt, in die afghanische Botschaft in Teheran zurückzukehren. Dennoch sind die Taliban-Mitarbeiter nur befugt, konsularische Aufgaben wahrzunehmen, da Iran, wie alle anderen Regierungen auch, die Taliban nicht offiziell als Regierungsbehörde Afghanistans anerkannt hat. Das Misstrauen Irans gegenüber den Taliban besteht weiterhin, was zum Teil durch mehrere Bombenanschläge auf afghanische schiitische Moscheen, die von den Sicherheitskräften der Taliban nicht verhindert werden konnten, sowie durch angebliche Misshandlungen von Schiiten durch die Taliban genährt wurde. Ende April 2022 kam es im Bezirk Islam Qala westlich von Herat zu Zusammenstößen zwischen iranischen Grenzschützern und afghanischen Streitkräften, weil die Afghanen in der Nähe der Grenze Straßen gebaut hatten. Die afghanischen Behörden reagierten darauf mit der Beschlagnahmung eines iranischen Militärfahrzeugs, woraufhin Iran zusätzliche reguläre Boden- und Hubschrauber-Militäreinheiten (keine Kräfte der Islamischen Revolutionsgarden) an die Grenze entsandte. Iran schloss den Grenzübergang vorübergehend und spielte die militärische Aufstockung als Teil der routinemäßigen Grenzsicherheitsmaßnahmen herunter. Beamte des iranischen Außenministeriums kritisierten gleichzeitig die Afghanen wegen 'möglicher mangelnder Fähigkeiten' und der Unfähigkeit, die Grenzpunkte zwischen den beiden Ländern zu unterscheiden. Beide Seiten versuchten daraufhin, die Spannungen zu entschärfen, indem sie ankündigten, dass der amtierende Taliban-Minister für Flüchtlinge und Rückführungen Anfang Mai eine Delegation nach Iran führt, um die Grenzzusammenstöße und die angebliche iranische Misshandlung afghanischer Flüchtlinge zu besprechen (SC 4.5.2022).

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3. Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 23.05.2022

In Iran leben ca. 86 Millionen Menschen (CIA 10.5.2022), von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 3.5.2018, vgl. USCIRF 4.2022). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten 'Buchreligionen' (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben in ihren Gemeinden relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als 'mohareb' (Waffenaufnahme gegen Gott) verfolgt und mit der Todesstrafe bestraft werden (AA 28.1.2022; vgl. ÖB Teheran 11.2021). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Religiöse Minderheiten werden mit Argwohn betrachtet und als Bedrohung für das theokratische System gesehen (CSW 22.3.2022). Auch unterliegen Anhänger religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 28.1.2022). Somit werden auch anerkannte religiöse Minderheiten (Zoroastrier, Juden, Christen) diskriminiert, sie sind in ihrer Religionsausübung jedoch nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Sie haben gewisse rechtlich garantierte Minderheitenrechte, etwa eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 11.2021). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 3.5.2018; vgl. FH 3.3.2021, IRB 9.3.2021, USCIRF 4.2022). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vgl. FH 28.2.2022, BAMF 3.2019), und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 28.2.2022). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. AI 29.3.2022; OD 19.1.2022).

Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha'i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt (ÖB Teheran 11.2021; vgl. OD 19.1.2022). Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Mitunter wird von bedrohlicher Diskriminierung von Nicht-Schiiten seitens des familiären oder gesellschaftlichen Umfelds berichtet. Auch oppositionelle schiitische Geistliche und muslimische Sekten sind der Verfolgung ausgesetzt (ÖB Teheran 11.2021). Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Das Parlament höhlte das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit im Jänner 2021 weiter aus, indem es zwei neue Paragrafen in das Strafgesetzbuch aufnahm, wonach die 'Diffamierung staatlich anerkannter Religionen, iranischer Bevölkerungsgruppen und islamischer Glaubensrichtungen' sowie 'abweichende erzieherische oder missionarische Aktivitäten, die dem Islam widersprechen' mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und/oder einer Geldstrafe geahndet werden können. Im Juli 2021 wurden drei Männer, die zum Christentum konvertiert waren, auf dieser Grundlage zu langjährigen Haftstrafen verurteilt (AI 29.3.2022; vgl. OD 19.1.2022).

Die Regierung überwacht weiterhin die Aussagen und Ansichten hochrangiger schiitischer religiöser Führer, die die Regierungspolitik oder die Ansichten des Obersten Führers Ali Khamenei nicht unterstützten. Diese werden durch Behörden weiterhin mit Festnahmen, Inhaftierungen, Mittelkürzungen, Verlust von geistlichen Berechtigungsnachweisen und Beschlagnahmungen von Eigentum unter Druck gesetzt (US DOS 12.5.2021). Die Inhaftierung von Angehörigen religiöser Minderheiten, welche ihre Kultur, ihre Sprache oder ihren Glauben praktizieren, ist weiterhin ein ernstes Problem (HRC 11.1.2021; vgl. AI 29.3.2022).

Atheisten laufen prinzipiell ebenfalls Gefahr – im Extremfall wegen der 'Beleidigung des Propheten' auch zum Tode – verurteilt zu werden, auch wenn derartige Fälle in den letzten Jahren nicht bekannt wurden. In der Praxis werden kaum mehr Verurteilungen wegen Apostasie registriert. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 11.2021).

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3.1. Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Letzte Änderung: 23.05.2022

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist in Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch, aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 11.2021). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel 'mohareb' ('Waffenaufnahme gegen Gott'), 'mofsid-fil-arz/fisad-al-arz' ('Verdorbenheit auf Erden'), 'Handlungen gegen die nationale Sicherheit' (ÖB Teheran 11.2021; vgl. DIS/DRC 23.2.2018), 'Organisation von Hauskirchen' und 'Beleidigung des Heiligen', wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 28.1.2022). In der Praxis werden kaum mehr Verurteilungen wegen Apostasie registriert, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 11.2021; vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (OD 2021). Quellen zufolge fand 1990 die einzige 'offizielle' Hinrichtung eines Christen wegen Apostasie in Iran statt (IRB 9.3.2021). Der christliche Glaube gilt als gefährlicher westlicher Einfluss und als Bedrohung der islamischen Identität der Republik. Dies erklärt, warum insbesondere Konvertiten, die sich dem Islam ab- und dem christlichen Glauben zugewandt haben, wegen 'Verbrechen gegen die nationale Sicherheit' verurteilt werden (OD 19.1.2022). Hierzu ist zu erwähnen, dass der Oberste Gerichtshof in Iran im November 2021 entschieden hat, dass neun christliche Konvertiten, die wegen ihrer Beteiligung an Hauskirchen zu fünf Jahren Haft verurteilt wurden, nicht wegen 'Handelns gegen die nationale Sicherheit' angeklagt werden sollten. In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs heißt es, dass: 'Die bloße Verkündigung des Christentums und die Förderung der 'evangelikalen zionistischen Sekte', was beides offensichtlich bedeutet, dass das Christentum durch Familientreffen [Hauskirchen] propagiert wird, ist kein Ausdruck der Zusammenkunft und der geheimen Absprache, um die Sicherheit des Landes zu stören, weder im Inneren noch nach außen' (Artikel18 25.11.2021). Die neun Konvertiten sind 2022 offiziell freigesprochen worden. Die Abteilung 34 des Teheraner Berufungsgerichts schloss sich der Argumentation des Richters des Obersten Gerichtshofs an, der im November letzten Jahres entschieden hatte, dass die Verkündigung des Christentums nicht als Verstoß gegen die nationale Sicherheit Irans zu werten ist. Der Präzedenzfall ist überzeugend, so Mansour Borji, Leiter der Interessenvertretung von Artikel 18, da die Richter im Freispruch neun Gründe ausführlich dargelegt haben, die mit der iranischen Verfassung und der islamischen Tradition im Einklang stehen. Es könnte jedoch einige Zeit dauern, bis das Urteil rechtskräftig wird. Einer der neun Angeklagten sitzt bereits wieder im Gefängnis, wegen einer sechs Jahre alten separaten Anklage wegen Verbreitung des Christentums, für die er zuvor freigesprochen wurde. Zwei andere Angeklagte, die per Video zur Freiheit der Religionsausübung aufgerufen hatten, wurden wegen Propaganda gegen den Staat angeklagt. Die iranischen Christen begrüßten das Urteil, bleiben aber vorsichtig. Laut Borji ist dieses Urteil anders als alle anderen seiner Art, die er bisher gesehen hat (CT 1.3.2022). Die iranische Regierung ist jedoch dafür bekannt, dass sie ihre eigenen Regeln nicht befolgt (CT 21.12.2021).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar - noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 28.1.2022; vgl. OD 19.1.2022). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Die Probleme, die durch Konversion auftreten können, sind breit gefächert. Sie beginnen in der Schule, wo Kinder aus konvertierten Familien einen Verweis, oder die Verwehrung des Hochschuleintritts riskieren, sollten sie den Fächern Religionsunterricht, Islamische Lehre und Koranstunde fernbleiben (ÖB Teheran 11.2021).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit Konversion vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese Konversion ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich 'konvertierte' Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 11.2021).

Die Versammlung in – meist evangelikalen – Hauskirchen oder Hausgemeinden wird laut Behörden 'kontrolliert', de facto aber untersagt, weshalb die einzelnen Gemeinden meist klein bleiben und ständig den Standort wechseln, um Razzien auszuweichen. Dennoch sind Hauskirchen inzwischen relativ weit verbreitet (ÖB Teheran 10.2020). Die Schließungen der 'Assembly of God'-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen (DIS/DRC 23.2.2018; vgl. IRB 9.3.2021). Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018). Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da diese zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen wollen, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es ist jedoch unklar, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen. Allerdings wurde eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Razzien gegen Hauskirchen werden weiterhin durchgeführt (AI 29.3.2022).

Von Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen, Mitgliedern der protestantischen und evangelischen Kirche wird immer wieder berichtet (ÖB Teheran 11.2021; vgl. FH 28.2.2022, CSW 22.3.2022). Im August 2020 wurden 35 neu Konvertierte verhaftet und im selben Monat sind vier weitere Konvertierte wegen Anschuldigungen wie 'Teilnahme an Versammlungen der häuslichen Kirchen', 'Verbreitung vom zionistischen Christentum' und 'Gefährdung der inneren Sicherheit' zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt worden (ÖB Teheran 11.2021). Derzeit befinden sich in Iran ca. 20 Christen wegen des Vorwurfs einer Bedrohung der nationalen Sicherheit in Haft, und seit 2012 wurden mehr als hundert Personen wegen dieser Straftat verurteilt (Vatikan News 7.12.2021; vgl. OD 3.12.2021, CT 1.3.2022). Die Aussichten für iranische Christen, insbesondere für christliche Konvertiten, trüben sich weiter ein. Inhaftierten Christen, besonders christlichen Konvertiten, wird oft eine Entlassung gegen Kaution angeboten. Dabei geht es meist um hohe Geldbeträge, die Berichten zufolge zwischen 2.000 und 150.000 US-Dollar liegen. Die betroffenen Christen oder deren Familien werden dadurch gezwungen, ihre Häuser oder Geschäfte mit Hypotheken zu belasten. Personen, die gegen Kaution freigelassen werden, schweigen oft, da sie den Verlust ihres Familienbesitzes fürchten müssen. Das iranische Regime drängt sie, das Land zu verlassen und damit ihre Kaution aufzugeben (OD 19.1.2022). Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit (ÖB Teheran 11.2021; vgl. Landinfo 16.10.2019). Darüber hinaus wird Christen mitunter der Konsum von Alkohol (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens vorgeworfen (ÖB Teheran 11.2021).

Organisatoren von Hauskirchen laufen Gefahr, wegen 'Verbrechen gegen Gott' angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte (DIS/DRC 23.2.2018). Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Landinfo 16.10.2019, UK HO 2.2020, DIS/DRC 23.2.2018), es kommt aber auch vor, dass einfache Mitglieder inhaftiert werden (OD 19.1.2022; vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen. Wenn es sich um einen prominenten Fall handelt, werden die Betroffenen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden unter der Bedingung wieder freigelassen, sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen ist, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden in der Regel aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018). Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden steht, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob es auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder das Unterrichten von anderen Personen im Glauben, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden in der Regel nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018; vgl. Landinfo 16.10.2019).

Die Rückkehr von Konvertiten nach Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein 'high-profile'-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber durchaus zu Problemen führen (DIS/DRC 23.2.2018). Die iranischen Behörden sind in erster Linie daran interessiert, die Ausbreitung des Christentums zu stoppen, und verfügen allem Anschein nach nicht über die notwendigen Ressourcen, um alle christlichen Konvertiten zu überwachen (UK HO 2.2020). Die von der Regierung ausgeübte Kontrolle ist in städtischen Gegenden am höchsten. Ländliche Gebiete werden weniger stark überwacht. In der Anonymität der Städte haben Christen jedoch mehr Freiheiten, Treffen und Aktivitäten zu organisieren als in ländlichen Gebieten, in denen die soziale Kontrolle stärker ist (OD 19.1.2022).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 11.2021).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung hat, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein kann (DIS/DRC 23.2.2018). Open Doors gibt im Weltverfolgungsindex 2022 an, dass die Taufe als öffentliches Zeichen der Abwendung vom Islam gesehen wird und deshalb verboten ist (OD 19.1.2022).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (USDOS 12.5.2021). Der Besitz christlicher Literatur in Farsi, besonders in größeren Stückzahlen, legt den Verdacht nahe, dass sie zur Weitergabe an muslimische Iraner gedacht ist (OD 19.1.2022). Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Projekt seitens des Erschad-Ministeriums zur Übersetzung der 'Katholischen Jerusalem Bibel' ins Farsi genehmigt und durchgeführt wurde. Auch die Universität für Religion und Bekenntnis in Qom, die Religionsstudien betreibt, übersetzte noch im Jahr 2015 den 'Katechismus der Katholischen Kirche' ins Farsi. Beide Produkte sind heute noch ohne Probleme in Büchergeschäften erhältlich (BAMF 3.2019).

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4. Grundversorgung/Wirtschaft

Letzte Änderung: 23.05.2022

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der monatliche Mindestlohn für eine vierköpfige Familie mit einer erwerbstätigen Person liegt bei umgerechnet etwa 130 Euro im Monat (aufgrund von Inflation und Wechselkursveränderung stark schwankend). Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt umgerechnet bei ca. 180 Euro pro Monat (AA 28.1.2022).

Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 11.2021; vgl. BS 2020). Gründe sind die US-Sanktionen und deren extraterritoriale Anwendung und damit Zurückhaltung europäischer Unternehmen vor Geschäften mit Iran, aber auch die Folgen der Covid-19-Pandemie. Viele Privatunternehmen mussten aufgrund fehlender Devisen und Importmöglichkeiten von Rohstoffen, Bestandteilen oder Ausrüstung die Produktion drosseln oder schließen (ÖB Teheran 11.2021).

Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen, aber auch ein beträchtlicher 'Braindrain', der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft beeinträchtigt (ÖB Teheran 11.2021). Angesichts der Kaufkrafteinbußen können viele Menschen ihre Lebenserhaltungskosten nur sehr knapp abdecken, jede Verschlechterung führt zu Verzweiflung (ÖB Teheran 11.2021). So kam es zu lokal begrenzten kurzzeitigen Protesten und Streiks, etwa wegen Gehaltsrückständen und schlechten Arbeitsbedingungen oder aufgrund des Preisdrucks in der Produktion (ÖB Teheran 11.2021; vgl. HRC 13.1.2022).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 12.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80% der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20% ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 12.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 12.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung. Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020) und Tausende wurden verletzt (FH 3.3.2021). In mehreren Provinzen, darunter auch in Khuzestan, hielten Demonstranten ab Mitte Juli 2021 Kundgebungen wegen Wassermangels und schlechter Lebensbedingungen ab. Die Sicherheitskräfte reagierten darauf, indem sie die Teilnehmer festnahmen und im weiteren Verlauf des Monats tödliche Gewalt anwendeten. Während dieser Proteste sollen mindestens elf Personen durch Sicherheitskräfte getötet worden sein (FH 28.2.2022). [Bezüglich der Unruhen vgl. Sie bitte das Kapitel zur Versammlungsfreiheit].

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 12.2020b; vgl. BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mithilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 12.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).

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4.1. Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 23.05.2022

Dem Arbeitsministerium ist die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten 'Hohen Versicherungsrat' (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Der Hauptversicherer ist die 'Organisation für Sozialversicherung' (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in das System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden (ÖB Teheran 11.2021). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Beitragsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von ca. 9 Euro pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 500.000 IRR (ca. 1,5 Euro) sog. Yarane (AA 28.1.2022). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversicherung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020).

Iranischen Bürgern stehen unterschiedliche Arten von Versicherungsschutz zur Verfügung. Bei der obligatorischen Versicherung werden Arbeitnehmer von den Arbeitgebern versichert. 7% der Prämie werden von den Arbeitnehmern und 23% von den Arbeitgebern gezahlt. Weiters steht den Eigentümern der Unternehmen eine freiwillige Abdeckung zur Verfügung. Es gibt drei Prämiensätze von 12%, 14% und 18%, die zulasten der Versicherten gehen. Das System deckt alle Angestellten und Freiberuflichen ab, wobei Letztere zwischen verschiedenen Stufen wählen können. Ein freiwilliger Versicherungsschutz ist für zuvor versicherte Personen zwischen 18 und 50 Jahren verfügbar. Dieser ist vollständig von der versicherten Person zu zahlen. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Generell ist für Angestellte die Mitgliedschaft im Sozialversicherungssystem verpflichtend. Die Sozialversicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Zuschüsse und Leistungen werden auf Basis des Gehalts (insbesondere der letzten zwei Jahre) der zu versichernden Person berechnet, sowie auf Basis der monatlichen Zahlungen bei privat versicherten Personen. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgeben, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag bezahlen (IOM 2021). Die Mittel für die Altersrente werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variieren je nach Beitragsjahren. Die Altersrente wird über die Pensionskasse für Beamte, über die Organisation für soziale Sicherheit sowie über 16 weitere Pensionsfonds in Iran bereitgestellt. Die Hinterbliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt. Zu den Angehörigen zählen Witwe/Witwer, Kinder (das heißt Söhne bis zum Alter von 20 Jahren und Töchter bis zur Heirat) und Eltern. Die Rente des Ehepartners beträgt 50% der Alters- oder Invalidenrente der versicherten Person, während sie für Waisen 25% und für Eltern 20% beträgt. Die kombinierte Hinterbliebenenrente darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder über der Rente des Verstorbenen liegen. In Iran gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung der Inflation jährlich neu berechnet wird. Darüber hinaus zahlt der Staat (praktisch) jeder Familie eine Wohnungs- und Lebensmittelzulage in Form von monatlichen Geldtransfers (yaraneh-ye naqdi). Familienbeihilfe wird im Rahmen von Sozialversicherungssystemen für Eltern gewährt, die mindestens 720 Tage gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Die Familienbeihilfe wird gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist, oder - wenn es studiert - bis das Studium abgeschlossen ist. Die Familienbeihilfe wird monatlich gezahlt und als das Dreifache des gesetzlichen täglichen Mindestlohns eines ungelernten Arbeitnehmers für jedes Kind berechnet. Die Leistungen werden jährlich angepasst (Landinfo 12.8.2020).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 28.1.2022). Als Teil des iranischen Sozialwesens haben alle iranischen Bürger das Recht auf kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung. Alle Bürger können über die Wohlfahrtsorganisation TAMIN EJTEMAEI eine Sozialversicherung beantragen. Darüber hinaus können Leistungen von Arbeitgebern oder privaten Anbietern und Organisationen angeboten werden (IOM 2021).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt, um die 'sadeqe', die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße (GIZ 12.2020b). Die staatliche Wohlfahrtsorganisation betreibt Selbsthilfegruppen für Familien in schwierigen Situationen, die in Familienzentren organisiert sind. Einige erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche. Ein Projekt mit einem Mikrofinanzierungsansatz umfasst 50.000 Menschen - nicht nur Frauen, sondern auch Landbevölkerung und andere. Ziel ist es, die Armut zu verringern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf weiblichen Ernährern. Es gibt ca. drei Millionen Familien, die von Frauen geführt werden. 180.000 von ihnen werden von der staatlichen Wohlfahrtsorganisation betreut. Das Budget ist begrenzt und nicht alle Bedürftigen erhalten Hilfe. Die Leistungen gehen nicht unbedingt an die Frauen, sondern können beispielsweise die Bildung für Kinder abdecken (Landinfo 12.8.2020).

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5. Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 23.05.2022

Seit der Islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert allen Bürgern das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung (ÖB Teheran 11.2021). Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt (ÖB Teheran 11.2021; vgl. IOM 2021). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 11.2021; vgl. Landinfo 12.8.2020). Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 11.2021). Neben den medizinischen Universitäten wird ein Teil der Dienstleistungen von Versicherungsunternehmen und den Provinz- und Bezirkseinheiten erbracht. Die dezentralen Einrichtungen (Gesundheitshäuser, ländliche Gesundheitszentren) bieten in den Räumlichkeiten der medizinischen Universitäten kostenlose Dienstleistungen an. An anderer Stelle bezahlt die erkrankte Person einen kleinen Betrag, um eine medizinische Behandlung zu erhalten (IOM 2021). Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesellschaft zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern in Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern (Landinfo 12.8.2020).

Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 11.2021). Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitszentrum kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2021).

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung - die Qualität schwankt jedoch (GIZ 12.2020c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung, gerade bei Notfällen oder Unfällen, ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischen Standards. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen zumeist auf relativ hohem Niveau möglich (AA 11.5.2022a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen. Folgende Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan sowie Sistan und Belutschistan. Es ist davon auszugehen, dass sich eine Vielzahl an Haushalten keine ausreichende Gesundheitsversorgung leisten kann. Gesundheitsdienste sind geografisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 11.2021)

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen 'Behvarz' (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird. In Städten übernehmen sogenannte 'Gesundheitsposten' in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 11.2021). Bis zu 90% der Bevölkerung in ländlichen Regionen haben Zugang zu Basisgesundheitsdienstleistungen. Auch in städtischen Regionen gibt es eine Vielzahl an Gesundheitszentren (IOM 2021). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft in Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz) (Landinfo 12.8.2020). Im Jahr 2020 wurden 161 Projekte zum Bau ländlicher Gesundheitszentren abgeschlossen. Somit wurde der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen verbessert. Daneben hat das Überweisungssystem bei Hausärzten dazu beigetragen, dass Servicepakete für Prävention, Pflege und Behandlung auch in ländlichen Gebieten angeboten werden (IOM 2021).

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen noch immer out-of-pocket-Zahlungen von den versicherten Personen geleistet werden (ÖB Teheran 11.2021). Es ist jedoch anzuführen, dass der Anteil derartiger Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50% der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58%, während sie bis 2016 auf 35,5% zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30% zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert (Landinfo 12.8.2020). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 12.2020c). Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können (Landinfo 12.8.2020).

Alle iranischen Staatsbürger, inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt zwei verschiedene Arten von Krankenversicherungen, jene über den Arbeitsplatz oder eine private Versicherung. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/ . Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Um eine Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig. Zusätzliche Dokumente können später gegebenenfalls angefordert werden (IOM 2021).

Allen iranischen Bürgern stehen mehrere Arten eines primären Krankenversicherungsschutzes zur Verfügung, darunter Tamin-Ejtemaei, Salamat, Khadamat-Darmani und Nirouhaye - Mosalah. Der Krankenversicherungsschutz umfasst medizinische Behandlungen und die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen. Im Allgemeinen ist der primäre Krankenversicherungsschutz begrenzt. Für weitere medizinische Dienstleistungen kann zusätzlich eine private Krankenversicherung abgeschlossen werden (IOM 2021). Die 'Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste' (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die 'Imam Khomeini Stiftung', um nicht versicherte Personen - etwa mittellose Personen oder nicht anerkannte Flüchtlinge. Registrierte afghanische Flüchtlinge können sich in der staatlichen Krankenversicherung registrieren (ÖB Teheran 11.2021).

Da es keine allgemein akzeptierte Definition für schutzbedürftige Personen gibt, ist es schwierig, diese Gruppe zu spezifizieren. Dennoch gibt es einige NGOs, die sich auf einen bestimmten Kreis Betroffener spezialisieren. Allgemein gibt es zwei Arten von Zentren, die Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen in Iran leisten, nämlich öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen, sich oft an kleinere, spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, die Projekte zu Gender, alten Menschen, Menschen mit Behinderung (inklusive psychischer Probleme), ethnische und religiöse Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlung etc. Die Imam Khomeini Relief Foundation bietet Dienstleistungen für Frauenhaushalte, Waisen, Familien von Häftlingen usw. an, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Der Zugang zu öffentlichen Angeboten ist für alle Bürger gleich. Dennoch gibt es zusätzliche Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen, die von den Gemeinden/Organisationen abgedeckt werden (IOM 2021).

Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen (IOM 2021; vgl. Landinfo 12.8.2020, HRC 13.1.2022). Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlender Zahlungskanäle zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insulin gekommen (ÖB Teheran 11.2021). Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen steigen aber die Preise der Medikamente, die aus dem Ausland eingeführt werden, sodass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Viele Medikamente werden in Iran selbst produziert, jedoch oftmals nicht in entsprechender Qualität (ÖB Teheran 11.2021). Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2021).

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6. Rückkehr

Letzte Änderung: 23.05.2022

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei einer Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. Ausgenommen davon sind Personen, die seitens iranischer Sicherheitsbehörden als ernsthafte Regimegegner identifiziert wurden und an denen ein Verfolgungsinteresse besteht (AA 28.1.2022). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 28.1.2022). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 11.2021).

Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 28.1.2022).

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala, unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch üblich, dass Personen die Grenze zwischen dem Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018).

Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Iraner oder Ausländer, die bestimmte Straftaten im Ausland begangen haben und in Iran festgenommen werden, werden nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Auf die Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss; die Gerichte erlassen eigene Urteile. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind jedoch keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 28.1.2022).

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2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde erhoben durch:

 

- Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in das Protokoll der Erstbefragung vom 22.11.2015, die schriftlichen Stellungnahmen vom 18.03.2020 und 06.10.2021, die Urkundenvorlagen vom 26.04.2022, 17.05.2022 und 21.09.2022, sowie in die Beschwerde vom 10.11.2021;

- Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zu Iran;

- Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegten Urkunden;

- Einvernahme des Beschwerdeführers und des Zeugen Johannes XXXX am 08.06.2022;

- Einsichtnahme in das Urteil des Landesgerichts XXXX , GZ. XXXX , vom XXXX 2020 und das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts XXXX , GZ. XXXX , vom XXXX 2021;

- Einsicht in das Grundversorgungsinformationssystem;

- Einsicht in das Strafregister.

 

Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und seinen dahingehend glaubhaften Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Bereits im Vorverfahren (vgl. Gerichtsakt zu L508 2152418-1) wurde festgestellt, dass der BF seine Identität durch die Vorlage unbedenklicher Urkunden belegen konnte. Im gegenständlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte, die auf eine diesbezügliche Änderung hindeuten würden, sodass seine Identität nach wie vor feststeht.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seinem derzeitigen Familienstand, seiner Herkunft und seiner Schulbildung im Iran sowie seinen Verwandten im Iran stützen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2022. Die Feststellungen zu seiner Erstsprache stützen sich ebenfalls auf seine Angaben während des Verfahrens sowie den Umstand, dass der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi einvernommen werden konnte, ohne dass dabei Verständigungsschwierigkeiten hervorgekommen wären.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers am 08.06.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem Umstand, dass keine Unterlagen vorgelegt wurden, aus denen gesundheitliche Beeinträchtigungen oder eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit hervorgehen würden.

 

Zu den Feststellungen zum (Privat-)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Die Feststellungen zur Einreise und Aufenthalt des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Erstbefragungsprotokoll vom 22.11.2015.

 

Die Feststellungen zur Asylzuerkennung beruhen auf dem im Gerichtsakt erliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.04.2017, GZ L508 2152418-1/4E.

 

Die Feststellungen zur Mutter und den Geschwistern des Beschwerdeführers sowie deren Familien und Aufenthalt in Österreich stützen sich auf seine Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie in den schriftlichen Stellungnahmen vom 18.03.2020 und 06.10.2021. Das Gericht hat keine Veranlassung, an diesen durchwegs gleichgebliebenen Angaben zu zweifeln.

 

Die Feststellungen zu seiner Verurteilung ergeben sich aus einem amtswegig eingeholten Auszug aus dem Strafregister und den Urteilen eines Landesgerichts sowie eines Oberlandesgerichts vom 20.11.2020 und 13.07.2021.

 

Die Haftaufenthalte des Beschwerdeführers stützen sich auf einen amtswegig eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister, das Urteil eines Strafgerichts vom 20.11.2020, aus dem hervorgeht, dass die zu diesem Zeitpunkt verbüßte Vorhaft auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde sowie die im Verwaltungsakt erliegenden Vollzugsinformationen der Justizanstalt. Die bedingte Entlassung ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegt Beschluss eines Landesgerichts vom 31.05.2022 sowie dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

 

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers beruhen auf dem im Akt erliegenden A2-Deutschzertifikat des ÖSD, dem Pflichtschulabschlusszeugnis, wonach der Beschwerdeführer im Unterrichtsfach Deutsch mit „Befriedigend“ beurteilt wurde sowie den Angaben des Beschwerdeführers während des Verfahrens. Die Feststellungen zum Besuch des Abendgymnasiums stützen sich auf die insoweit glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers während des Verfahrens.

 

Der Besuch der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B., des Taufkurses und des Vorbereitungskurses für die Konfirmation im Jahr 2016 sowie dessen vorzeitige Beendigung gründen auf den Ausführungen der Pfarrerin dieser Pfarrgemeinde in ihrem Schreiben vom 15.10.2021. Da der BF in der mündlichen Verhandlung angab, dass ihm der Inhalt dieses Schreibens bekannt sei und diesbezüglich keine Änderungen oder Ergänzungen vorbrachte, ist davon auszugehen, dass die darin enthaltenen Ausführungen zutreffen.

 

Die beruflichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Sozialversicherungsdatenauszug in Verbindung mit seinen damit übereinstimmenden und daher glaubhaften Angaben sowie den vorgelegten Beschäftigungsbestätigungen.

 

Die Feststellungen zur Wohnsituation des Beschwerdeführers beruhen auf einem amtswegig eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister, in welchem die Mutter des Beschwerdeführers als Unterkunftgeberin aufscheint.

 

Der gelegentliche Besuch von Gottesdiensten einer Baptistengemeinde ergibt sich aus den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen S. Die Anmeldung zum Taufkurs stützt sich ebenfalls auf die Angaben des Zeugen S. sowie die diesbezüglich vorgelegte Bestätigung. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Taufkurs bisher noch nicht begonnen hat, gründet ebenfalls auf den Ausführungen des Zeugen S.

Zu den Feststellungen zur Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Soweit der BF die Unzumutbarkeit der Rückkehr in den Iran zunächst damit begründete, dass sein Leben dort wegen der Aktivitäten seines Vaters in Gefahr sei, kommt seinen Ausführungen aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht aufgrund der bereits im vorangegangen Asylverfahren vorgebrachten politischen Einstellung seines Vaters, die letztlich zu dessen Ermordung geführt haben soll, zuerkannt wurde. Wie aus dem im vorangegangenen Asylverfahren erlassenen Bescheid vom 03.03.2017 hervorgeht, erachtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründen in Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters für nicht glaubhaft. Ebenso wenig stützte das Bundesverwaltungsgericht die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auf diese Gründe. Über die Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurde daher bereits rechtskräftig abgesprochen. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Sachverhalt nunmehr anders beurteilt werden müsste, zumal der Beschwerdeführer weiterhin an seinem ursprünglichen Vorbringen festhält und keine neuen Beweismittel oder Tatsachen ins Treffen führen konnte, die auf Gegenteiliges hindeuten würden. Schon aus diesem Grund ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr aufgrund der behaupteten politischen Einstellung seines Vaters einem Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit ausgesetzt wäre.

 

Darüber hinaus ergab ein Vergleich des Vorbringens des Beschwerdeführers im vorangegangenen Asylverfahren mit seinen Angaben im gegenständlichen Verfahren Ungereimtheiten. So begründete der Beschwerdeführer seine Flucht in der im vorangegangenen Asylverfahren durchgeführten Erstbefragung am 22.11.2015 damit, dass er überhaupt nichts von den Problemen seines Vaters mit dem System gewusst habe. Seine Mutter habe dann Nachforschungen deswegen anstellen wollen, seine Schwester habe daraufhin allerdings Probleme bekommen. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.02.2017 erwähnte der Beschwerdeführer demgegenüber weder Probleme seiner Schwester noch Nachforschungen seiner Mutter. Im gegenständlichen Verfahren sprach der Beschwerdeführer am 08.06.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht von einem Säureangriff auf seine Schwester, ließ von seiner Mutter betriebene Nachforschungen aber ebenfalls unerwähnt. Schon aufgrund dieser Widersprüche entstand für das Gericht der Eindruck eines unglaubhaften Fluchtvorbringens.

 

Weiters brachte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 22.11.2015 vor, dass nach der Flucht seines Bruders bewaffnete Soldaten zu ihnen nach Hause gekommen wären, um seinen Bruder zu suchen. Daraufhin seien sie für zwei Tage festgenommen worden. Von einer solchen Hausdurchsuchung durch bewaffnete Soldaten sowie einer daraus resultierenden zweitägigen Festnahme seiner Familie war jedoch weder im weiteren Verlauf des vorangegangenen Asylverfahrens noch in der im gegenständlichen Verfahren am 08.06.2022 durchgeführten Beschwerdeverhandlung die Rede. Auch unter Berücksichtigung dieser Ungereimtheiten erscheinen die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen nicht glaubhaft.

 

Schließlich brachte der Beschwerdeführer im vorangegangen Asylverfahren am 15.02.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor, als er die Volksschule besucht habe, sei seine Mutter häufig angerufen und ihr mitgeteilt worden, dass sich der Beschwerdeführer von der Politik fernhalten solle, weil er sonst getötet werde und seine Leiche nicht mehr auffindbar wäre. Demgegenüber erwähnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht weder die telefonisch geführten Gespräche mit seiner Mutter, noch die ihr gegenüber im Zuge dieser Gespräche geäußerten Drohungen. Ebenso wenig wurde im gegenständlichen Verfahren ausgeführt, dass seine Probleme schon in der Volksschule begonnen hätten. Vielmehr brachte der Beschwerdeführer am 08.06.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass er erst im Alter von 16 Jahren in das Büro der Schulbasiji gerufen worden sei, wo sie ihm mitgeteilt hätten, dass sie von den Problemen seines Vaters mit der Revolution wüssten, auch bekannt sei, dass „sie alle“ mit der Revolution Probleme hätten und er selbst unter Beobachtung stünde. Während der Beschwerdeführer im vorangegangenen Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Protokoll gab, er sei in der Mittelschule und im Gymnasium von den Schülern, die zu den Basiji zählten, verprügelt worden, sprach er im gegenständlichen Verfahren in der mündlichen Verhandlung zusätzlich von Schlägen, die ihm nicht von den Basiji in der Schule, sondern von Erwachsenen zugefügt worden seien. Derartige Angriffe von Erwachsenen blieben im vorangegangenen Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hingegen völlig unerwähnt. Außerdem erwähnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren Verletzungen, die ihm durch die Schläge zugefügt worden seien („Eines Tages wurde ich derart geschlagen, dass ich blaue Flecken unter den Augen hatte […]“), während diese wiederum im vorangegangen Asylverfahren keine Erwähnung fanden. Im Hinblick darauf, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu den auf ihn verübten Angriffen in der Schule im vorangegangenen Asylverfahren sich sohin nicht mit den diesbezüglichen Angaben im gegenständlichen Verfahren in Einklang bringen lassen, ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht.

 

Schließlich führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.06.2022 aus, dass seine Schwester am selben Tag, als er derart geschlagen worden sei, dass er blaue Flecken unter den Augen davongetragen habe, angegriffen worden sei und seine Mutter daraufhin seinen Großonkel kontaktiert habe, der zunächst ein Versteck für sie organisiert und anschließend die nötigen Geldmittel für die Flucht beschafft habe, womit der Beschwerdeführer zum Ausdruck brachte, dass er danach nicht mehr zur Schule zurückgekehrt wäre. Dies lässt sich allerdings nicht mit seinem Vorbringen zur Schulbildung im Iran in Deckung bringen, weil der Beschwerdeführer dazu ausführte, er habe im Iran maturiert und demnach die Schule nicht vor dem endgültigen Abschluss verlassen haben kann. Auch dies ist ein Beleg dafür, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit nicht glaubhaft sind und damit eine im Falle der Rückkehr drohende Gefährdung seiner körperlichen Unversehrtheit oder gar seines Lebens nicht wahrscheinlich sind.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Geschwister nach der angeblichen Tötung seines Vaters im Jahr 2003 weitere 12 Jahre in ihrem Herkunftsort im Iran lebten und der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht darlegte, welche politischen Aktivitäten sein Vater gesetzt haben soll, die die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden auf sich zogen. Außerdem gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass er vier Onkel und vier Tanten väterlicherseits habe, die nach wie vor in seinem Herkunftsort im Iran leben würden. Auch dies deutet daraufhin, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen in Zusammenhang mit angeblichen oppositionellen Aktivitäten seines Vaters nicht glaubhaft sind.

 

Dem Beschwerdeführer ist es aus folgenden Gründen auch nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass er im Falle der Rückkehr wegen des Abfalls vom Islam und einer allfälligen Hinwendung zum Christentum der Gefahr eines Eingriffs in seine körperliche Unversehrtheit ausgesetzt wäre:

 

In der mündlichen Verhandlung am 08.06.2022 führte der Beschwerdeführer aus, dass er, nachdem er in Österreich angekommen sei, davon erfahren habe, dass sein Bruder zum Christentum konvertiert sei und ihn zur Baptistenkirche von „Vater Johannes“ mitgenommen habe. Sie hätten einiges von „Vater Johannes mit auf den Weg bekommen und gelernt und seien dadurch darauf gekommen, dass das Christentum sowohl der Weg der Rettung als auch der Weg der Vergebung sei. Weiters brachte der Beschwerdeführer zur Frage seines Rechtsvertreters, ob er seinen christlichen Glauben in Österreich auslebe und wenn ja, wie, vor: „Ja, ich lebe wie ein Christ mit Vergebung, Liebe und mit dem Glauben an Jesus Christus“. Der Beschwerdeführer legte damit nicht dar, dass er den christlichen Glauben in irgendeiner Form tatsächlich ausübt, etwa durch religiöse Riten, regelmäßige Gebete oder andere religiöse Aktivitäten. Ebenso wenig wurden regelmäßige religiöse Aktivitäten durch Urkunden belegt und konnte der Beschwerdeführer auch nicht dartun, dass er sich die nötigen Glaubensinhalte auf andere Weise angeeignet hätte, zumal die soeben geschilderten Ausführungen zur behaupteten Konversion äußerst vage und oberflächlich blieben. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer mit dem christlichen Glauben derart intensiv auseinandergesetzt hätte, dass von einem Abfall vom Islam und einer aus innerer Überzeugung erfolgten Hinwendung zum Christentum ausgegangen werden könnte.

 

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen unterschiedlicher christlicher Glaubensgemeinschaften lässt sich auch nicht ableiten, ob und welcher christlichen Konfession sich der Beschwerdeführer tatsächlich zugehörig fühlt. So geht etwa aus einem von der Pfarrerin einer evangelischen Pfarrgemeinde A.B. am 15.10.2021 verfassten Schreiben hervor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2016 regelmäßig Gottesdienste, einen Taufkurs und einen Vorbereitungskurs auf die Konfirmation besucht, sich letztlich aber dafür entschieden habe, auch andere christlichen Konfessionen – insbesondere einer Baptistengemeinde – ins Blickfeld zu nehmen. Aus dem vom in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2022 einvernommenen Zeugen S., einem Mitglied einer Baptistengemeinde, am 06.06.2022 verfassten Schreiben ergibt sich, dass der Bruder des Beschwerdeführers ihn und seine Mutter nach ihrer Flucht einige Male in die Kirche mitgebracht habe, es dem Beschwerdeführer und seiner Mutter jedoch später aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich gewesen sei, die Gottesdienste der 40 km entfernten Baptistengemeinde zu besuchen. In der mündlichen Verhandlung führte der Zeuge S. aus, dass er mit dem Beschwerdeführer etwa eineinhalb Jahre nach seiner Ankunft über den Taufunterricht gesprochen habe, letztlich sei der tatsächliche Beginn der Taufvorbereitung anfangs an der Entfernung und den Sprachproblemen und später daran gescheitert, dass der Beschwerdeführer beruflich viel unterwegs gewesen sei. Es sei nach wie vor beabsichtigt, dass der Beschwerdeführer den Taufunterricht besuche, wobei er diesen auch in der nur 15 km entfernten Zweigstelle absolvieren könne. Am 21.09.2022 übermittelte der Beschwerdeführer wiederum eine mit 17.03.2022 datierte Bestätigung über die Anmeldung zum Taufkurs bei der zuvor erwähnten evangelischen Pfarrgemeinde A.B.

 

Auch wenn der Beschwerdeführer laut Angaben des Zeugen S. gelegentlich Gottesdienste der Baptistengemeinde besucht und dies auch nicht in Abrede gestellt wird, ist eine konstante Ausübung des christlichen Glaubens weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, noch aus den Angaben des Zeugen S. oder aus den vorgelegten Urkunden abzuleiten, zumal diese von verschiedenen christlichen Konfessionen stammen und der Beschwerdeführer Interesse an Taufvorbereitungen beider Konfessionen bekundete, bisher aber noch keine Taufvorbereitung begonnen und sich damit offenbar auch noch nicht für eine christliche Konfession entschieden hat. Zudem ist aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Gottesdienste nur gelegentlich besucht und auch sonst keine religiösen Aktivitäten wie beispielsweise das Lesen der Bibel, Gebete oder Gespräche mit Mitglieder der Glaubensgemeinschaft über religiöse Themen ins Treffen führte, die auf eine selbständige Aneignung der notwendigen Glaubensinhalte hindeuten würden, abzuleiten, dass der christliche Glaube bisher nicht Bestandteil seiner Identität geworden ist und erscheint eine Hinwendung zum Christentum sohin insgesamt betrachtet nicht glaubhaft. Daran vermögen auch die Angaben des Zeugen S. nichts zu ändern, der abgesehen von den gelegentlichen Gottesdienstbesuchen und der geplanten Taufvorbereitung, die er jedenfalls befürworten werde, keine Angaben zum Glaubensleben des Beschwerdeführers machen konnte. Vielmehr gab der Zeuge S. ausdrücklich zu Protokoll, dass er – abgesehen von den Gottesdiensten – keine eigenen Wahrnehmungen dazu habe und sich hauptsächlich bei den Geschwistern des Beschwerdeführers nach dessen Wohl erkundigt habe, während er mit dem Beschwerdeführer selbst „nicht so viel“ telefoniert habe.

 

Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann, der den überwiegenden Teil seines Lebens im Iran verbrachte, wo er bis zum 16. Lebensjahr aufwuchs und sozialisiert wurde, die Landessprache beherrscht und über eine abgeschlossene Schulausbildung verfügt, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass er im Falle der Rückkehr in eine ausweglose oder existenzbedrohende Notlage geraten würde.

 

Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

 

Die den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Berichte wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt bzw. in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebracht. Dem Beschwerdeführer wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass aufgrund dieser Berichte die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Ihm wurde die Möglichkeit gegeben in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und dazu Stellung zu nehmen und hat der Beschwerdeführer davon in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2022 zuletzt Gebrauch gemacht. Der Beschwerdeführer ist den Länderberichten nicht substantiiert entgegengetreten.

 

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

 

Zu A)

Aberkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Der mit "Aberkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."

Der mit "Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 6 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs müssen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vier Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Ein Fremder muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden sowie drittens gemeingefährlich sein und viertens müssen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung seine persönlichen Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2020/19/0003, mwN).

 

Unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" im Sinn von § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen, wobei es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt (vgl. (vgl. VwGH 04.11.2021, Ra 2021/14/0330, mwN).

 

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird betont, dass es auf die Strafdrohung allein bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, nicht ankommt. So genügt es demnach nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. (vgl. VwGH 11.11.2021, Ra 2021/19/0312, mwN).

 

Die Tat erweist sich mit Blick auf die konkreten Tatumstände und die Strafbemessungsgründe objektig und subjektiv als besonders schwerwiegend:

 

Der Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Fall wegen teilweise vollendeter, teilweise versuchter absichtlich schwerer Körperverletzung (§ 87 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB; §§ 15, 87 Abs. 1 StGB) rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 46 Monaten verurteilt, weil er in einer Diskothek deren damaligen Geschäftsführer mit dem scharfkantig gezackten Flaschenhals einer Bierflasche, die er zuvor an einer Tischkante abgeschlagen hatte, gegen den sensiblen Halsschlagader- und Unterkieferbereich sowie gegen die Stirn schlug, dadurch zahlreiche Schnittverletzungen verursachte, die dauerhaft sichtbare Narben zur Folge hatten und anschließend den einschreitenden Türsteher, der den Beschwerdeführer von seinem Opfer wegzog, attackierte, wobei dieser die Angriffe des Beschwerdeführers abwehren konnte.

 

Ausgangspunkt für die Begehung dieser Straftaten war, dass sich der Beschwerdeführer an einer ebenfalls in der Diskothek anwesenden gegnerischen Gruppe, mit der zuvor eine Auseinandersetzung stattgefunden hatte, rächen wollte, wobei er den Geschäftsführer, der bemerkt hatte, dass sich die Situation zuspitzt und deeskalierend eingreifen wollte, völlig grundlos angriff.

 

Der im Urteil als mildernd gewertete bisher ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers, sein Alter unter 21 Jahren zum Zeitpunkt der Tatbegehung, sowie die überlange Verfahrensdauer sind in Anbetracht der fallgegenständlichen Tatumstände und des aufgezeigten gravierenden Fehlverhaltens nicht geeignet, in subjektiver Hinsicht ein besonders schweres Verbrechen zu verneinen. Ebenso wenig vermag der durch die Bezahlung von Schmerzengeld und die Entschuldigung des Beschwerdeführers bei seinem Opfer bewirkte Schadensausgleich die besondere Schwere des Verbrechens zu verneinen, weil die Folgen der Tat aufgrund der dadurch verursachten Narben, die teilweise schmerzempfindlich sind, das äußere Erscheinungsbild des Opfers nachhaltig veränderten, dauerhaft sichtbar sein werden und auch nicht korrigiert werden können.

 

Darüber hinaus kommt die Schwere des Verbrechens insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass sich der Beschwerdeführer für die Tatbegehung selbst eine Waffe aneignete, indem er eine Bierflasche an einer Tischkante abschlug, nachdem der im Eingangsbereich der Diskothek positionierte Kebabstandbetreiber die Herausgabe eines Messers mit deutlichen Worten abgelehnt hatte, damit eine an der zuvor stattgefundenen Auseinandersetzung völlig unbeteiligte Person, die überhaupt nicht bemerkt hatte, dass der Beschwerdeführer einen gefährlichen Gegenstand bei sich hatte, angriff, dadurch tiefgreifende Schnittverletzungen im Gesichts- und Halsbereich verursachte, die zu dauerhaft sichtbaren Narben führten und seine Aggression selbst dann nicht kontrollieren konnte, als sein Opfer blutend zu Boden ging, sondern mit demselben Gegenstand den einschreitenden Türsteher attackierte und es diesbezüglich nur deshalb beim Versuch blieb, weil dieser die Angriffe des Beschwerdeführers erfolgreich abwehren konnte.

 

Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten gezeigt, dass er nicht davor zurückschreckt, auch ohne nachvollziehbaren Grund völlig unbeteiligten Personen schwerwiegende Verletzungen zuzufügen, die zu dauerhaften Folgen führen. Ein solches Verhalten ist keinesfalls mit den rechtlichen Werten in Österreich vereinbar.

 

Da sich die Straftat der absichtlich schweren Körperverletzung gegen das objektiv besonders wichtige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit richtet, stellt die vom Beschwerdeführer begangene Straftat daher objektiv und im konkreten Fall aufgrund der beschriebenen Tatumstände auch subjektiv ein besonders schweres Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 dar.

 

Die Gemeingefahr des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem bereits dargestellten der Verurteilung zugrundeliegenden gravierenden Fehlverhalten, insbesondere der völlig grundlosen Begehung von zwei Verbrechen unter Anwendung einer Waffe und des Umstandes, dass das Opfer des Beschwerdeführers von seinem bewaffneten Angriff völlig überrascht wurde und daher keine Möglichkeit zur Gegenwehr hatte. Der Beschwerdeführer hat auch in Kauf genommen, dass die Handlungen geeignet waren, eine Gesundheitsgefährdung in großem Ausmaß herbeizuführen, die im schlimmsten Fall mit dem Tod des Opfers hätten enden können, zumal der Beschwerdeführer die Schläge teilweise gegen den sensiblen Bereich der Halsschlagader des Opfers richtete.

 

Bereits im Zuge der Strafbemessung wurde ausgeführt, dass das bloße Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers aufgrund der leugnenden Verantwortung der subjektiven Tatseite nicht als Milderungsgrund des reumütigen oder der Wahrheitserforschung dienendes Geständnisses berücksichtigt werden kann. Der Beschwerdeführer führte zwar im gegenständlichen Verfahren mehrmals aus, dass er den Unwert seiner Tat einsehe und diese ernsthaft bereue, brachte allerdings zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor, dass der Alkoholeinfluss ausschlaggebend für die Tatbegehung gewesen sei und er keine Aggressionstherapie oder dergleichen benötige, weil er an keiner psychischen Erkrankung leide. Auch wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung beteuerte, nie mehr Alkohol zu konsumieren, lässt dies erkennen, dass er den Auslöser für die Tatbegehung nicht in seinem eigenen Verhalten begründet sieht und nach wie vor nicht bereit ist, die Verantwortung für die subjektive Tatseite zu übernehmen.

 

Zugunsten des Beschwerdeführers ist zwar zu berücksichtigen, dass er bemüht ist, sich in das österreichische Berufs- und Bildungssystem zu integrieren und über ein umfassendes soziales und familiäres Umfeld in Österreich verfügt, da er mit seiner Mutter zusammenlebt und regelmäßig Kontakt zu seinen ebenfalls in Österreich aufhältigen Geschwistern und deren Familien pflegt. Jedoch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Tatbegehung eine schulische Vorbildung sowie mehrjährige Berufserfahrung in Österreich vorweisen konnte, intensiven Kontakt zu seinen Geschwistern pflegte und mit seiner Mutter in gemeinsamen Haushalt zusammenlebte und ihn dies nicht davon abhalten konnte, jemanden derart schwer zu verletzen, dass dadurch dauerhaft sichtbare Folgen zurückbleiben. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer die Tat im Beisein seines Schwagers verübte und selbst dann nicht von seinem Racheplan abließ, als dieser das Lokal aufgrund der drohenden Eskalation der Situation und des Einschreitens eines Türstehers bereits verlassen hatte.

 

Soweit der Beschwerdeführer während des Verfahrens auf seine vorzeitige Haftentlassung samt Hafterleichterungen sowie sein Verhalten während der Haft und die seit Entlassung unbestrittene strafrechtliche Unbescholtenheit verwies, ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitende Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über bedingte Strafnachsichten oder eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug, zu beurteilen ist (vgl. VwGH 05.04.2022, Ra 2022/14/0001, mwN).

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der für eine Aberkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 anzustellenden Prognose zur Beurteilung der (weiteren) Gemeingefährlichkeit ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. etwa VwGH 2022/18/0200, mwN).

 

Angesichts der besonderen Schwere des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, dass dauerhafte Folgen bei seinem Opfer herbeiführte, die im Falle des Versuchs einer Korrektur sogar zu einer Verschlechterung des äußeren Erscheinungsbildes führen würden sowie des Umstandes, dass trotz der erstmaligen Verurteilung und des aufgrund des jungen Alters des Beschwerdeführers herabgesetzten Höchststrafmaßes eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verhängt wurde, erweist sich auch der seit der bedingten Entlassung verstrichene Zeitraum von vier Monaten und einigen Wochen jedenfalls als zu kurz, um von einem Wegfall der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers ausgehen zu können.

 

Aus dem im Strafverfahren eingeholten und vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Sachverständigengutachten geht hervor, dass das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers keine Auffälligkeiten zeige, die Persönlichkeitsmerkmale und individuellen Ressourcen des Beschwerdeführers, sein starker Integrationswille in schulischer und beruflicher Hinsicht und die familiäre Unterstützung starke Indikatoren dafür seien, dass der Beschwerdeführer in Hinkunft die attestierte Neigung zur Impulsivität mit hoher Wahrscheinlichkeit regulieren und kontrollieren werde können und nicht davon auszugehen sei, dass er am Beginn einer kriminellen Karriere stehe. Wie bereits erörtert lagen bereits zum Zeitpunkt der Tatbegehung berufliche und schulische Integrationsbemühungen vor und konnte der Beschwerdeführer auch auf sein familiäres Umfeld schon zu diesem Zeitpunkt zählen. Zudem führte bereits das Strafgericht erster Instanz aus, dass das Gutachten lediglich Fragen der bedingten Strafnachsicht oder der bedingten Entlassung betreffe, auf deren Beurteilung es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch aus fremdenrechtlicher Sicht nicht ankommt. Schließlich ging auch das zweitinstanzliche Strafgericht davon aus, dass das positive Prognose-Gutachten nicht ausreiche, um davon ausgehen zu können, dass der Beschwerdeführer keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen wird. Unter Berücksichtigung dieser Umstände und des seit der Haftentlassung vergangenen kurzen Zeitraumes von vier Monaten und wenigen Wochen ist trotz des im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens, das dem Beschwerdeführer eine positive Zukunftsprognose bescheinigt, nicht von einem Wegfall der Gefährlichkeit auszugehen.

 

Somit lässt sich sowohl aus der Schwere der Verurteilung als auch im Hinblick auf die mangelnde Verantwortungsübernahme betreffend die subjektive Tatseite und die konkreten Tatumstände im Entscheidungszeitpunkt keine positive Prognose ableiten.

 

Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde beantragte Beziehung eines psychologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer eine günstige Zukunftsprognose aufweise und kein Grund zur Annahme bestehe, dass er in Zukunft wieder straffällig werden würde, konnte unterbleiben, weil das Vorliegen einer Gefahr für die Allgemeinheit der rechtlichen Beurteilung unterliegt (vgl. VwGH 01.06.2022, Ra 2022/18/0075, mwN) und damit nicht zu den Aufgaben eines Sachverständigen zählt.

 

Schließlich ist nach der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als vierte Voraussetzung zu prüfen, ob die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen.

 

Dahingehend ist die Frage zu klären, ob der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat der weiterhin einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre.

 

In der mündlichen Verhandlung am 08.06.2022 wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt.

 

Wie beweiswürdigend umfassend ausgeführte, konnte der Beschwerdeführer weder eine drohende Verfolgung aufgrund von politischen Aktivitäten seines Vaters glaubhaft machen, noch kann davon ausgegangen werden, dass er aus innerer Überzeugung und ernsthaft am christlichen Glauben interessiert ist, zumal er sich bisher weder eindeutig zu einer bestimmten christlichen Konfession bekannt hat und seine religiösen Aktivitäten lediglich sporadischer Natur sind und keine regelmäßige nachhaltige Manifestation in seinem täglichen Leben erkennen lassen.

 

Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach aufgrund der Konversion seiner Mutter und Geschwister von einer ihm drohenden Verfolgung auszugehen sei, findet weder Deckung in den Länderfeststellungen noch sind Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass das Glaubensleben seiner Angehörigen im Iran bekannt geworden wäre, sodass auch daraus keine dem Beschwerdeführer drohende Gefahr abzuleiten ist.

 

Zur vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtung, im Iran der Gefahr einer neuerlichen Verurteilung wegen der in Österreich erfolgten Verurteilung ausgesetzt zu sein, ist anzumerken, dass gegenständlich keine Hinweise darauf bestehen, dass der Beschwerdeführer wegen der Delikte für die er in Österreich bereits verurteilt wurde, in seinem Herkunftsstaat neuerlich strafrechtlich verfolgt werden würde, weil von einer behaupteten Kenntniserlangung der iranischen Behörden in Bezug auf die gegenständliche Verurteilung des Beschwerdeführers, wegen der diesbezüglich in Österreich bestehenden Verschwiegenheitspflichten bzw des Datenschutzes nicht ausgegangen werden kann. Mangels Kontakts zu seinen Verwandten im Iran ist auch nicht anzunehmen, dass diese von der Verurteilung in Österreich Kenntnis erlangt hätten und ihn an die iranischen Behörden verraten könnten.

 

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung und der Schwere der dieser zugrundeliegenden Tathandlungen überwiegen daher die öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer Straftaten und damit auch an der Aufenthaltsbeendigung die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Weiterbestehen des Schutzes Österreichs, zumal ein besonderer Schutzbedarf mangels Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nicht ersichtlich ist.

 

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auf das beim EuGH zu C-663/21 anhängige Verfahren über ein (vom Verwaltungsgerichtshof eingereichtes) Ersuchen um Vorabentscheidung hier nicht weiter Bedacht zu nehmen war. Da die nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorzunehmende Güterabwägung zu Lasten des Beschwerdeführers ausgefallen ist, kommt es fallbezogen auf den Ausgang des beim EuGH anhängigen Verfahrens nämlich nicht an (vgl. VwGH 15.03.2022, Ra 2022/20/0035, Rn. 27).

 

Der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist daher zu folgen und der Status der Asylberechtigten abzuerkennen.

 

Da sich die Aberkennung des Status der Asylberechtigten sohin als rechtmäßig erweist, hat die belangte Behörde auch gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 zu Recht festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. angefochtenen Bescheides):

 

Vorweg ist aufgrund der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Beschwerdeführer im Familienverfahren festzuhalten, dass sich die an die Aberkennung von Asyl nach § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 AsylG 2005 anschließende Beurteilung nach § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nur auf den Beschwerdeführer, nicht aber auf die Bezugsperson zu beziehen hat (vgl. VwGH 09.11.2022, Ro 2021/14/0001, Rn. 48).

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderen einem Fremden zuzuerkennen, dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Nach § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht; ebenso ist vorzugehen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann (§ 8 Abs. 6 AsylG 2005).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.04.2022, Ra 2021/20/0448).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3).

 

Für den vorliegenden Fall ist Folgendes festzuhalten:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation des Beschwerdeführers wird zudem festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden, mobilen, jungen, arbeitsfähigen Erwachsenen, bei welchem die Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer verfügt über eine mehrjährige Schulbildung im Iran, die er mit Matura abgeschlossen hat. Er lebte bis zu seinem 16. Lebensjahr im Iran, hat somit den Großteil seines Lebens im Heimatland verbracht und wurde dort sozialisiert. Zudem beherrscht er die Landessprache auf muttersprachlichem Niveau.

 

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Dabei kann er neben der im Iran erworbenen Schulbildung auf die in Österreich erworbene Berufserfahrung als Kellner sowie im Bereich der Elektrotechnik zurückgreifen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer aus einem Staat stammt, auf dessen Territorium einerseits die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Andererseits gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Es steht dem Beschwerdeführer auch frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer zumindest anfänglich Unterstützung von seiner in Österreich aufhältigen Mutter und seinen Geschwistern aus der Ferne erhalten wird, zumal der Beschwerdeführer auch in Österreich Unterstützung von seiner Mutter erhielt, indem sie ihm eine Unterkunft zur Verfügung stellte. Überdies ist es dem Beschwerdeführer unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Im Übrigen steht es dem Beschwerdeführer offen, den Kontakt zu seinen Verwandten, die nach wie vor im Iran in seinem Herkunftsort wiederaufzunehmen.

 

Im Hinblick auf die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer im Iran mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert bzw. von dort wegen der Krise herrschenden Einschränkungen des Wirtschaftslebens und der daraus resultierende Versorgungslage betroffen ist, kann ein Rückkehrhindernis nur dann vorliegen, wenn der Beschwerdeführer aufgrund der Bedingungen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, von einem unter § 8 Abs 1 AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. Bei der Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückführung die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe, sind die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien (vgl. VwGH 14.8.2019, Ra 2019/20/0347, mwN) zu beachten.

 

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0250, mwN).

 

Bei der Frage, ob im Fall der Rückführung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK besteht, kommt es somit nicht darauf an, ob infolge von zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus gesetzten Maßnahmen sich die Wiedereingliederung im Heimatland wegen schlechterer wirtschaftlicher Aussichten schwieriger als vor Beginn dieser Maßnahmen darstellt, solange die Sicherung der existentiellen Grundbedürfnisse weiterhin als gegeben anzunehmen ist (vgl. VwGH 11.11.2020, Ra 2020/14/0390; VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0314; VwGh 20.01.2021, Ra 2020/19/0334 jeweils mwN).

 

Eine derartige Extremgefahr kann für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran nicht angenommen werden. Es ist zum einen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als arbeitsfähiger Mann ohne bestehende schwerwiegende Erkrankungen im Iran dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert wäre. Selbst bei Zugrundlegen der vom iranischen Staat getroffenen Maßnahmen zur medizinischen Versorgung besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, welcher der Beschwerdeführer angehört.

 

Weiters ist die Versorgungslage für die Bevölkerung im Iran auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen nicht derart desolat, dass auch nur annähernd von einer allgemeinen Gefahrenlage gesprochen werden könnte.

 

Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Insbesondere ist auf die Ausführungen oben zu verweisen, wonach er die behaupteten Rückkehrbefürchtungen (Verfolgung wegen politischer Aktivitäten seines Vaters; Konversion zum Christentum) nicht glaubhaft machen konnte und daher auch keine ernsthafte Gefahr einer Inhaftnahme im Iran besteht.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist daher im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und er nicht in eine - allfällige, Anfangsschwierigkeiten überschreitende - dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte IV. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und ihm von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und ihm keine Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Der Beschwerdeführer ist weder ein begünstigter Drittstaatsangehöriger noch kommt ihm ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 MRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

 

Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 30.09.2022, Ra 2022/20/0240, mwN).

 

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 18.08.2019, Ra 2019/18/0212, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen worden (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340, mwN).

 

Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 06.10.2020, Ra 2019/19/0332, mwN).

 

Zugunsten des Beschwerdeführers ist das Familienleben mit seiner Mutter zu werten, mit der er im gemeinsamen Haushalt zusammenlebt und die ihn – seinen Angaben zufolge – auch sonst unterstützt. Er hält seit etwa sieben Jahren aufgrund des ihm zuerkannten Status des Asylberechtigten durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf und spricht sehr gut Deutsch. Darüber hinaus ist es dem Beschwerdeführer gelungen, in Österreich beruflich Fuß zu fassen, indem er zunächst in verschiedenen Gastronomiebetrieben als Kellner arbeitete und derzeit eine Lehre als Elektrotechniker absolviert. Außerdem erwarb er einen Pflichtschulabschluss, besuchte anschließend ein Abendgymnasium und bemühte sich damit auch um seine Weiterbildung. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer mit seinen Geschwistern, die ebenfalls in Österreich leben, über ein umfassendes soziales Umfeld verfügt. Dem Beschwerdeführer ist damit durchaus eine Integration in Österreich gelungen.

 

Maßgeblich relativiert werden die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib in Österreich und seine Aufenthaltsdauer allerdings durch seine strafgerichtliche Verurteilung und die dieser zugrundeliegenden Straftaten. Insbesondere die Brutalität, mit der der Beschwerdeführer vorging, indem er eine Flasche abschlug und anschließend mit dem spitzen Flaschenhals anlasslos zwei Menschen attackierte, sowie der Umstand, dass es der Beschwerdeführer dabei in Kauf nahm, die betroffenen Personen besonders schwer zu verletzen und letztlich bei einem der Opfer dauerhaft sichtbare Narben im Hals- und Gesichtsbereich, die chirurgisch nicht korrigiert werden können, verursachte, zeigen die besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers auf.

 

Zudem hat der Beschwerdeführer Schulbildung in seinem Herkunftsstaat, ist dort aufgewachsen, wurde dort sozialisiert und beherrscht die Landessprache, weshalb davon auszugehen ist, dass er nach wie vor Bindungen zum Herkunftsstaat hat und mit den im Iran herrschenden Gepflogenheiten trotz der Abwesenheit von sieben Jahren vertraut ist.

 

Bei Gesamtbetrachtung der dargestellten Umstände, insbesondere der strafgerichtlichen Verurteilung, der besonders verwerflichen Art der Tatbegehung sowie der nach wie vor bestehenden Bindungen zum Herkunftsstaat überwiegen trotz der langen Aufenthaltsdauer und des durchgehend rechtmäßigen Verbleibs im Bundesgebiet, der beruflichen Integration und der in Österreich bestehenden privaten und familiären Bindungen des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer Straftaten und damit an der Beendigung des weiteren Aufenthalts des Beschwerdeführers seine persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG liegt durch die angeordnete Rückkehrentscheidung daher eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vor. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging somit zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Die in der mündlichen Verhandlung beantragte Einvernahme der Schwester des Beschwerdeführers zum Beweis der engen familiären Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Familie sowie dem christlichen Glauben seiner Familie konnte unterbleiben, weil schon aufgrund der vorgelegten Urkunden und des Vorbringens des Beschwerdeführers von einer Bindung des Beschwerdeführers zu seinen Angehörigen auszugehen war und es auf das Glaubensleben seiner Familie fallbezogen nicht ankam (vgl. zur Abweisung von Beweisanträgen etwa VwGH 28.05.2021, Ra 2021/20/0070, mwN).

 

Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG.

 

Die Abschiebung ist nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für den Iran nicht.

 

Wie bereits mehrfach festgestellt und ausgeführt, droht dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran keine Gefahr für sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit.

 

Die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran ist daher zulässig und die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

 

Da derartige Umstände weder vom Beschwerdeführer behauptet wurden noch im Ermittlungsverfahren hervorkamen, wurde die Frist für die freiwillige Ausreise zu Recht mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

 

Auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ist sohin als unbegründet abzuweisen.

 

Einreiseverbot (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat gemäß § 53 Abs. 3 Z 5 FPG insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Bei der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049).

 

Bei der Entscheidung betreffend die Verhängung eines Einreiseverbots ist – abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden – darauf abzustellen, wie lange die vom Fremden ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen, wobei im Allgemeinen auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039). In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann allerdings eine Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0275, mwN).

 

Weiters ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002; vgl. auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 53 FPG, K12).

 

Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

 

Das BFA stützt das gegen den Beschwerdeführer verhängte unbefristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 3 Z 5 FPG. Die darin enthaltenen Voraussetzungen für die Verhängung des Einreiseverbots sind unbestrittenermaßen jedenfalls erfüllt, zumal der Beschwerdeführer – wie den Feststellungen zu entnehmen ist – zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt wurde. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziert bereits gemäß § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

 

Vor dem Hintergrund seines bisherigen strafrechtswidrigen Verhaltens beeinträchtigt der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe und an Sicherheit für die Person.

 

Es muss daher unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Dies nicht zuletzt, da für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten manifestierenden Gefährlichkeit des Fremden in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0027), wobei das Fehlverhalten des Fremden sowie die daraus abzuleitende Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über bedingte Strafnachsichten oder eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug zu beurteilen ist (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).

 

Der Beschwerdeführer begründete die Tatbegehung in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit, dass er diese unter Alkoholeinfluss begangen habe und wurde die mittelgradige Alkoholisierung des Beschwerdeführers auch im Rahmen der Strafbemessung als mildernd berücksichtigt. Allerdings ist darin – wie bereits erörtert – in Bezug auf die subjektive Tatseite keine Verantwortungsübernahme zu sehen, zumal sich der Beschwerdeführer bewusst dafür entschied, eine beträchtliche Menge Alkohol zu konsumieren. Darüber hinaus ging der Beschwerdeführer – wie ebenfalls mehrfach dargelegt – äußerst aggressiv vor, indem er sich zunächst mit einem abgeschlagenen Flaschenhals bewaffnete, sein Rachevorhaben gegenüber der gegnerischen Gruppe mit der zuvor eine Auseinandersetzung stattgefunden hatte, ohne zu zögern fortsetzte, als sein Schwager das Lokal bereits verlassen hatte und letztlich den völlig unbeteiligten Geschäftsführer des Lokals angriff, der versuchte, die angespannte Situation zu deeskalieren, dabei vom bewaffneten Übergriff überrascht wurde und dementsprechend keine Chance hatte, dem äußerst gefährlichen Angriff zu entgehen. Angesichts der bleibenden Narben, die der Beschwerdeführer durch seinen Angriff verursachte und des Umstandes, dass diese selbst durch eine chirurgische Behandlung nicht abgeschwächt oder korrigiert werden können, weil dies zu einer (weiteren) Verschlechterung des äußeren Erscheinungsbildes führen würde, vermögen die mildernd berücksichtigten Schmerzengeldzahlungen und die Entschuldigung des Beschwerdeführers die verursachten Dauerfolgen nicht wiedergutzumachen. Im Übrigen ist der seit Haftentlassung verstrichene Zeitraum von vier Monaten und einigen Wochen aufgrund der trotz Unbescholtenheit verhängten Freiheitstrafe von drei Jahren und zehn Monaten und der beträchtlichen Schwere der begangenen Straftaten zu kurz, um von einer positiven Zukunftsprognose ausgehen zu können.

 

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann daher nicht vorgeworfen werden, wenn es im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes grundsätzlich erforderlich macht.

 

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

 

Im Hinblick auf die ohne jede Notwendigkeit und ohne nachvollziehbaren Anlass unter Verwendung einer Waffe erfolgte ausufernde Gewaltanwendung, die trotz bisherige Unbescholtenheit eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten nach sich zog, kann trotz des Vorliegens einer einzigen Verurteilung nicht von einem Einreiseverbot abgesehen werden (vgl. zur Gefährdungsprognose und Interessenabwägung in Zusammenhang mit einer ähnlichen Verurteilung VwGH 08.09.2022, Ra 2022/21/0051).

 

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbots ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich um seine berufliche und soziale Integration bemühte, über familiäre und verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfügt und der Ersthaft eine erhöhte spezialpräventive Wirkung zuzubilligen ist. Vor diesem Hintergrund erweist sich die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verhängte unbefristete Dauer des Einreiseverbots als zu hoch angesetzt und war daher auf zehn Jahre herabzusetzen.

 

Eine Herabsetzung des Einreiseverbots auf weniger als zehn Jahre erweist sich im vorliegenden Fall jedoch angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers als nicht angemessen, da der Beschwerdeführer ein hohes Gewalt- und Aggressionspotenzial zum Ausdruck gebracht hat, indem er aus einem vergleichsweise völlig nichtigen Grund anderen Personen zum Teil massive Verletzungen zugefügt hat, welche sie möglicherweise ihr ganzes Leben begleiten und einschränken werden.

 

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher insoweit stattzugeben, als die Dauer des Einreiseverbots auf zehn Jahre herabgesetzt wird.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.

 

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten im Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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