AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W191.2244730.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Weber, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2021, Zahl 239788204-191237817, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. sowie IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 18, 46, 52, und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 auf drei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein serbischer Staatsangehöriger, reiste am 04.07.2002 mit Visum nach Österreich ein und stellte am 11.12.2002 einen Antrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung. Da er am 05.12.2002 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet hatte, wurde ihm am 22.01.2003 eine bis 31.01.2004 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt, die in weiterer Folge mehrmals verlängert worden ist.
1.2. Am 22.01.2014 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen Wien, 13 Hv 39/2013t, wegen der Verbrechen der betrügerischen Krida und des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gemäß §§ 156 Abs. 1 und 2, 161 StGB sowie gemäß § 153d Abs. 1, 2 und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
1.3. Am 11.11.2014 beantragte der BF beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35 (in der Folge MA 35) den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“, der ihm am 16.10.2014 erteilt wurde. Der BF stellte am 04.02.2020 einen Verlängerungsantrag.
1.4. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.11.2019, 122 Hv 16/2019w, wurde der BF wegen der Verbrechen der betrügerischen Krida und des gewerbsmäßig schweren Betruges gemäß § 278 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 153d Abs. 1, 2 und 3 StGB sowie §§ 12, 3. Fall, 146, 147 Abs. 3 und 148 2.Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
Der BF wurde am 08.09.2020 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.
1.5. Mit Schreiben vom 11.02.2020 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom Ergebnis der Beweisaufnahme – der geplanten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot – in Kenntnis gesetzt und ihm wurde die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
1.6. Mit Schreiben seines gewillkürten Vertreters vom 06.03.2020 gab der BF bekannt, dass er an erhöhtem Blutdruck und Zuckerkrankheit leide, ansonsten habe er keine gesundheitlichen Probleme.
Er befinde sich seit dem Jahr 2002 in Österreich und habe stets über einen Aufenthaltstitel verfügt. Sein letzter Aufenthaltstitel sei ein „Daueraufenthalt-EU“ gewesen, gültig bis 16.10.2019. Dessen Verlängerung habe er fristgerecht bei der MA 35 beantragt.
Er habe in Serbien acht Jahre lang die Schule besucht.
Seine Ehefrau, Frau XXXX , und seine beiden Kinder (elf und 13 Jahre alt) würden mit ihm und seiner Ehefrau in Wien leben. Seine Frau und seine Kinder seien serbische Staatsangehörige, würden jedoch über entsprechende Aufenthaltstitel verfügen. In Österreich sei ihm während der Verbüßung seiner Haftstrafe die Fußfessel bewilligt worden, und er habe mit Erwerbstätigkeit etwa 1.300 Euro verdient.
1.7. Am 16.09.2020 übermittelte die Landespolizeidirektion Wien dem BFA einen Bericht, wonach der BF verdächtigt werde, in gewerbsmäßiger Absicht und größerer Anzahl Aufenthaltsehen zwischen Drittstaatsangehörigen und EWR-Bürgern vermittelt zu haben, wobei durchschnittlich 10.000 Euro pro Vermittlung veranschlagt worden seien. Der BF wurde gemäß § 117 Abs. 3 FPG angezeigt.
1.8. Am 04.11.2020 wurde die Ehefrau des BF, XXXX , vom BFA einvernommen. Diese gab an, dass sie den BF am 28.07.2012 geheiratet habe und seit 14 Jahren mit ihm zusammenlebe. Von 2006 bis 2012 habe der BF sie regelmäßig in Serbien besucht, seit 2012 würden sie gemeinsam in Österreich leben. Sie verfüge über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“. Sie hätten zwei gemeinsame Kinder und würden in einem Haushalt leben. Sie arbeite derzeit bei einer Jobvermittlungsfirma. Der BF arbeite als Maler und verdiene etwa 1.300 Euro netto. Sie selbst verdient etwa 1.000 Euro und habe Fixkosten in Höhe von 868 Euro für Miete, Strom, Heizung, Internet, Handy und die Jahreskarte.
Die Mutter des BF lebe in Serbien, er kümmere sich auch um sie.
1.9. Mit Schreiben vom 05.11.2020 wurde der BF vom BFA erneut vom Ergebnis der Beweisaufnahme – Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot – in Kenntnis gesetzt, und wurde ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
1.10. Mit Verfahrensanordnung vom 29.04.2021 wurde der BF aufgefordert bekanntzugeben, wo er sich in jener Zeit aufgehalten habe, für die im Zentralen Melderegister kein Hauptwohnsitz aufscheint.
1.11. Mit Schreiben vom 11.05.2021 gab der BF bekannt, dass er sich in der gefragten Zeit in Serbien aufgehalten habe. Der Grund dafür sei die Geburt seiner beiden Kinder gewesen. Danach sei seine Familie nach Österreich gezogen. Zudem habe er seine kranke Mutter in Serbien gepflegt. Er legte die Geburtsurkunden seiner Kinder vor.
1.12. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 02.07.2021 wurde gegen den BF gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt I.) und in Spruchpunkt II. festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt V. wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.).
In Spruchpunkt III. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von „6 Jahr/en“ [sechs Jahren] befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde damit begründet, dass beim BF gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG „die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich“ sei.
Die Erlassung des Einreiseverbotes begründete das BFA mit der massiven, wiederholten Straffälligkeit des BF.
1.13. Der BF erhob mit Schreiben seines Vertreters vom 07.07.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG).
Begründend wurde ausgeführt, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass der BF seit 20 Jahren in Österreich lebe und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ verfüge. In Österreich würden seine Frau und seine beiden Kinder leben. Die Familie lebe in einem gemeinsamen Haushalt.
Zudem sei dem BF vom Gericht die Fußfessel bewilligt worden. Ein Einreiseverbot erscheine aufgrund seines langen Aufenthaltes nicht geboten.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Einvernahme der Ehefrau des BF vor dem BFA am 04.11.2020, den angefochtenen Bescheid sowie die Beschwerde.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
3.1. Der BF ist serbischer Staatsangehöriger, führt den Namen XXXX auch XXXX , geboren am XXXX . Seine Muttersprache ist Serbisch.
Der BF wurde in Serbien geboren und hat acht Jahre lang die Schule besucht.
3.2. Der BF ist seit 28.07.2012 mit der serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , verheiratet und hat zwei Kinder, XXXX . Die Familienangehörigen verfügen ebenfalls über Aufenthaltstitel in Österreich. Die Ehefrau des BF geht einer Arbeit in Österreich nach und verdient etwa 1.000 Euro pro Monat. Der BF wohnt mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in Wien.
3.3. Der BF verfügt laut Einschau in das Zentrale Melderegister über einen von 07.03.2019 bis 07.03.2029 gültigen serbischen Reisepass.
3.4. Der BF wies laut Ergebnis der Einschau in das Zentrale Melderegister seit 10.07.2002 – bis auf die Zeiträume 28.01.2008 bis 19.08.2009, 25.07.2011 bis 24.01.2012 und 07.03.2012 bis 04.04.2012, wo er nach eigenen Angaben in Serbien aufhältig war – einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet auf.
3.5. Der BF verfügte von 22.01.2003 bis 31.01.2004 eine gültige Aufenthaltsbewilligung, die in weiterer Folge mehrmals verlängert worden sind. Am 11.11.2014 beantragte der BF bei der MA 35 den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“, der ihm am 16.10.2014 erteilt wurde. Der BF beantragte am 04.02.2020 die Verlängerung seiner Aufenthaltskarte.
3.6. Der BF bezieht seit 15.01.2021 Arbeitslosengeld, davor war er von 31.01.2020 bis 12.11.2020 als Arbeiter beschäftigt. Der BF war von 02.03.2015 bis 10.12.2015 und von 12.01.2016 bis 19.08.2016 erwerbstätig. Ansonsten bezog er Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.
3.7. Strafgerichtliche Verurteilungen
3.7.1. Der BF wurde am 22.01.2014 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, 13 Hv 39/2013t, wegen der Verbrechen der betrügerischen Krida und des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gemäß §§ 156 Abs. 1 und 2, 161 StGB sowie gemäß § 153d Abs. 1, 2 und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Er wurde schuldig gesprochen, in Wien im Zeitraum von Juni 2009 bis September 2010 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren Personen als Geschäftsführer einer Handels- und Baugesellschaft Bestandteile des Vermögens der Gesellschaft verheimlicht und beiseite geschafft zu haben, indem er das Entgelt für die von Arbeitern, die auf sie angemeldet waren, erbrachten Leistungen einkassierte und diese Beträge nicht zur Bezahlung der Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern WKGG, BUAK, Finanzamt, etc. weiterreichte und dadurch die Befriedigung dieser Gläubiger im Umfang von zumindest 295.069,89 Euro geschmälert zu haben.
3.7.2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.11.2019, 122 Hv 162019w, wurde der BF wegen der Verbrechen der betrügerischen Krida und des gewerbsmäßig schweren Betruges gemäß § 278 Abs. 1 StGB, §§ 12 3. Fall, 153d Abs. 1, 2 und 3 StGB sowie §§ 12, 3. Fall, 146, 147 Abs. 3 und 148 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
Der BF wurde schuldig gesprochen, in Wien von Mitte 2016 bis Mitte 2018 dadurch, dass er Strohmänner anwarb, sie an den Geschäftsführer für dessen Scheinunternehmen vermittelte, sie mit seinem Bus von Serbien nach Österreich und retour transportierte, sie fallweise an seiner Wohnadresse anmeldete und mit dem Geschäftsführer die Anmeldung zahlreicher Personen auf dessen Scheinunternehmen zur Sozialversicherung vereinbarte, gewerbsmäßig zur Ausführung des gewerbsmäßig schweren Betruges sowie zum betrügerischen Anmelden zur Sozialversicherung oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse beigetragen zu haben.
Mildernd wurden das reumütige Geständnis und die Beitragstäterschaft, erschwerend die einschlägige Vorstrafe, der Rückfall innerhalb offener Probezeit, das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die Mehrzahl der Angriffe und die nichtstrafbestimmende Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit miteinbezogen.
Der BF verbüßte seine Haft mit einer Fußfessel.
Der BF wurde am 08.09.2020 bedingt aus der Haft entlassen.
4. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dem BFA und in der Beschwerde sowie der Kopie des Reisepasses des BF. Die Identität des BF steht fest.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF in Serbien und Österreich stützen sich auf die Angaben des BF sowie seiner Ehefrau im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie aus den eingeholten Registerabfragen des BVwG (Strafregister, Zentrales Melderegister, AJ-WEB Auskunftsverfahren).
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im FPG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des FPG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das FPG verweist, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchteil A):
5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 22.07.2021 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 27.07.2021 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
5.2.2. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war bezüglich der Rückkehrentscheidung nicht geeignet, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen.
Das Ausmaß des verhängten Einreiseverbotes war jedoch nach Abwägung der öffentlichen und persönlichen Interessen herabzusetzen.
5.2.3. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:
5.2.3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung):
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 5 FPG gestützt sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.
Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Dem BF wurde am 16.10.2014 von der MA 35 der unbefristete Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ erteilt, am 04.02.2020 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung. Der BF verfügt daher gemäß § 52 Abs. 5 FPG über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“.
Vom BF geht, entsprechend den Voraussetzungen des § 52 Abs. 5 FPG, eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit aus. Dies aus folgenden Gründen:
Der BF wurde im Jahr 2014 wegen des Verbrechens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse sowie wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Innerhalb offener Probezeit wurde der BF erneut straffällig und steigerte die Intensität seines strafrechtlichen Verhaltens. Er wurde erneut wegen des Verbrechens des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse sowie als Beitragstäter des gewerbsmäßig schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
Derzeit liegt eine Anzeige vom 16.09.2020 gegen den BF gemäß § 117 Abs. 3 FPG aufgrund der gewerbsmäßigen Vermittlung von Aufenthaltsehen vor.
Der BF ist offenbar nicht bereit, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, ist ohne Rücksicht auf die Interessen anderer auf seinen finanziellen Vorteil bedacht und schädigt das österreichische Sozialsystem massiv.
Der BF nahm zu seinem eigenen Vorteil die massive finanzielle Schädigung Dritter in Kauf und hat die österreichischen Rechtsvorschriften auch nach jahrelangem Aufenthalt weder verinnerlicht noch eingehalten.
Aufgrund seiner derzeitigen Arbeitslosigkeit sowie der Begehung weiterer Straftaten binnen offener Probezeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der BF erneut rückfällig werden würde.
Das Verhalten des BF stellt daher eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).
Zu den in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.
Der EGMR bzw. die EMRK verlangen zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines „effektiven Familienlebens“, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. v. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hierfür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979). Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der VwGH feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Nach der Rechtsprechung des EGMR sind Kinder aus einer Familienbeziehung im Sinne des Art. 8 EMRK allein auf Grund ihrer Geburt und von diesem Zeitpunkt an ipso iure Teil dieser Familie. Mit der Trennung der Eltern endet nicht automatisch das Familienleben eines der Elternteile zu seinem minderjährigen Kind. Zur Beurteilung der Frage, ob ein „Familienleben“ im Sinne des Art. 8 EMRK besteht, ist im Einzelfall auf das tatsächliche Vorliegen enger persönlicher Bindungen („close personal ties“) abzustellen, wobei es insbesondere auf das nachweisliche Interesse des betreffenden Elternteiles am Kind und sein diesbezügliches Engagement ankommt (vgl. EGMR 03.12.2009, Zaunegger gegen Deutschland, Beschwerde Nr. 22028/04, Randnummer 37 und 38; VwGH 28.06.2011, 2008/01/0583).
Gemäß der Rechtsprechung des VfGH sind die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des BF auf das Kindeswohl zu berücksichtigen (vgl. VfGH 24.09.2018, E 1416/2018-14). Wie der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR 21.06.1988, Fall Berrehab, Appl. 10.730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16.969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.02.1996, Fall Gül, Appl. 23.218/94 [Z 32]).
Ferner ist es nach Auffassung des EGMR ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können. Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (vgl. VfGH 28.02.2012, B 1644/10 mit Hinweis auf EGMR 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99 sowie insbesondere EGMR 28.06.2011, Fall Nunez, Appl. 55.597/09; 02.10.2016, E 1349/2016).
Der VwGH hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis allerdings dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden (oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug) der Fall ist. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN; 08.04.2020, Ra 2020/14/0108).
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Kinderwohl nicht nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Rückkehrentscheidung gegenüber einer minderjährigen Person ergeht. Vielmehr ist es auch dann zu beachten, wenn die Rückkehrentscheidung sich gegen die Eltern einer minderjährigen Person richtet. […] Nach alledem ist Art. 5 der Richtlinie 2008/115 in Verbindung mit Art. 24 der Charta dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten vor Erlass einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung das Wohl des Kindes gebührend zu berücksichtigen haben, selbst wenn es sich beim Adressaten der Entscheidung nicht um einen Minderjährigen, sondern um dessen Vater handelt. […] Diese Vorschrift ist also an sich schon weit gefasst und auf Entscheidungen anwendbar, die – wie etwa eine gegen einen Drittstaatsangehörigen, der Vater eines Minderjährigen ist, erlassene Rückkehrentscheidung – nicht an den Minderjährigen gerichtet sind, aber weitreichende Folgen für ihn haben. (EuGH 11.03.2021, Rs C-112/30 ).
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der VwGH hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwN).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).
Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).
5.2.3.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien und als solcher Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Der BF ist Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“, die Rückkehrentscheidung war daher auf § 52 Abs. 5 FPG zu stützen.
5.2.3.1.2. Der BF hält sich seit dem Jahr 2002 mit einigen wenigen Unterbrechungen rechtmäßig in Österreich auf. Er war zeitweise am Arbeitsmarkt integriert, bezog jedoch überaus häufig Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe.
In Österreich leben die Ehefrau sowie die beiden minderjährigen Kinder des BF. Der BF lebt mit diesen in einem gemeinsamen Haushalt.
Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass eine Rückkehrentscheidung für den BF eine maßgebliche Beschränkung des Kontaktes zu seinen beiden Kindern und seiner Ehefrau mit sich bringen würde, die alle in Österreich aufenthaltsberechtigt sind.
Es muss jedoch angemerkt werden, dass die Kinder des BF mittlerweile bereits zwölf und 14 Jahre alt sind und daher nicht mehr derartig von ihrem Vater abhängig sind, wie dies bei unmündigen Minderjährigen der Fall wäre.
Die Ehefrau und die Kinder – die keine Kleinkinder mehr sind – können den Kontakt zum BF über Besuche in Serbien und moderne Kommunikationsmittel (z.B. Telefon oder Videotelefonie) aufrechterhalten.
Der BF hat – ohne Zweifel – großes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens in Österreich.
Zu Lasten des BF ist jedoch – wie bereits ausgeführt – sein mehrmaliges strafgesetzwidriges Fehlverhalten zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen (vgl. VwGH 03.05.2005, Ra 2005/18/0076; VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 28.09.2004, 2001/18/0187; VwGH 07.09.2004, 2001/18/0134; VwGH 25.09.2003, 99/18/0262).
Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Schon vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Den persönlichen Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte gegenüber (vgl. VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076; VwGH 09.09.2014, 2013/22/0246).
Die privaten und familiären Interessen des BF werden auch vor dem Hintergrund, dass der BF während offener Probezeit erneut massiv straffällig wurde und seine kriminelle Energie noch steigerte, geschmälert. Die sich seit Jahren aufbauende kriminelle Energie des BF, die strafgerichtlichen Verurteilungen zu teilweise unbedingten Freiheitsstrafen (unter anderem während offener Probezeit) und die erst kurze Zeit in Freiheit und des Wohlverhaltens vermögen keine positive Zukunftsprognose zu erteilen, zumal erneut eine Anzeige gegen den BF wegen der Vermittlung von Aufenthaltsehen vorliegt.
Nach Ansicht des BVwG überwiegen daher im Entscheidungszeitpunkt die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben. Es liegen nach den Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vor, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 46 und 52 FPG als unbegründet abzuweisen.
5.2.3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Aufgrund der mehrmachen, massiven Straffälligkeit (teilweise Begehung während offener Probezeit) und der negativen Zukunftsprognose war einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. als unbegründet abzuweisen.
5.2.3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Das BFA erkannte mit Bescheid vom 02.07.2021 einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.), weshalb die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu beanstanden ist.
5.2.3.4. Zum Einreiseverbot:
5.2.3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; […]
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Gemäß § 53 Abs. 5 FPG liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Letztlich liege auch eine negative Gefährlichkeitsprognose vor.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Der BF ist als serbischer Staatsangehöriger Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er wurde von einem inländischen Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten rechtskräftig verurteilt. Diese Strafen sind noch nicht getilgt (§ 53 Abs. 5 FPG).
Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot daher zu Recht auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten) gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens davon auszugehen sei, dass der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Der BF wollte sich durch das Verbrechen der betrügerischen Krida, das Verbrechen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse und das Verbrechen des gewerbsmäßigen, schweren Diebstahls eine (fortlaufende) Einnahmequelle verschaffen und nahm dafür die Schädigung von Dritten in Kauf. Sein Verhalten stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Einreiseverbot erforderlich macht. Der BF wurde innerhalb offener Probezeit erneut straffällig und steigerte sein kriminelles Verhalten auch noch. Da der BF erst vor kurzer Zeit rechtskräftig verurteilt wurde und zum Entscheidungszeitpunkt eine Anzeige gegen den BF wegen des Vermittelns von Aufenthaltsehen vorliegt, kann noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgegangen werden. Dazu bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens.
Der BF war ohne Rücksicht auf die Interessen anderer auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht und auch nach langem Aufenthalt und trotz seiner einschlägigen Vorstrafe nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.
Dieses Fehlverhalten bietet einen klaren Grund für die Annahme, dass vom Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Stellt man hier das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in Österreich dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegenüber, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der straffällige BF eine derartige Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, dass sein privates Interesse an einem Verbleib in Österreich zurückstehen muss. Die Trennung von seinen Kindern und seiner Ehefrau in Österreich ist dadurch, dass dem hohen öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Einreiseverbotes aufgrund der besonderen Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, gerechtfertigt.
Ein Eingriff in das Privatleben des BF durch die Erlassung eines Einreiseverbotes ist daher im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig.
Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig erwiesen hat, war die Beschwerde insoweit gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abzuweisen.
Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit sechs Jahren als nicht angemessen:
Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG kann für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes sind das konkrete Fehlverhalten und der Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe, aber auch die familiären und privaten Umstände des Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen.
Das dargestellte Verhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen.
Es wurde vom BFA bei einem Rahmen von bis zu zehn Jahren ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren verhängt, sohin über der Hälfte der maximal möglichen Dauer.
Die festgesetzte Dauer des Einreiseverbots im Ausmaß von sechs Jahren steht nach Ansicht des erkennenden Gerichtes bei Abwägung aller dargelegten Umstände nicht in angemessener Relation, da bei der Dauer eines zu verhängenden Einreiseverbotes auch das Kindeswohl zu berücksichtigen ist.
Ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren würde für die beiden minderjährigen Kinder bedeuten, dass ihr Vater sie für diesen Zeitraum nicht in Österreich besuchen könnte und darauf angewiesen wäre, dass die Kindesmutter und Ehefrau des BF den Kontakt zum BF aufrechterhalten würde, z.B. durch Besuche in Serbien oder Telefonate.
Ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren ist daher aufgrund des zu berücksichtigenden Kindeswohles nicht aufrechtzuerhalten. Ein Vater ist stets eine wichtige Bezugsperson für Kinder. Eine Trennung für sechs Jahre von seinen Kindern erscheint daher nicht verhältnismäßig.
Aufgrund der überaus starken familiären Anknüpfungspunkte war die Dauer des Einreiseverbotes und die damit fehlende Möglichkeit des BF, seine Angehörigen im Bundesgebiet zu sehen bzw. zu besuchen, ausschließlich im Sinne des Kindeswohles herabzusetzen.
Allerdings erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des BF eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als drei Jahre als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des BF nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens bestand.
Eine weitere Reduktion erscheint auch bei Berücksichtigung der familiären und privaten Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich bzw. an der Möglichkeit von Besuchen in den vom Einreiseverbot betroffenen Ländern nicht angemessen. Die zeitweilige Unmöglichkeit, seine Familie zu besuchen, als Konsequenz des Einreiseverbots ist im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten der vorliegenden Art in Kauf zu nehmen.
Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des BF getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher spruchgemäß in angemessener Weise auf drei Jahre herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben.
5.2.3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.
Dem BVwG liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich erörtert hätte werden müssen. Die Ausführungen in der Beschwerde sind daher nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH bezüglich Rückkehrentscheidungen und zu den Voraussetzungen für die Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbotes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie Interessenabwägungen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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